[AAR] Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Die AAR der anderen Art...

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[AAR] Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 19:18

Nach fast zwei Jahren Schreibarbeit in der zum nächsten Jahr geschlossenen Total War Zone, möchte ich hier in der Strategiezone nun mein Werk zum Ende führen.
Wenn sich jemand also für Mantel und Degen Abenteuer interessiert, der ist hier in meiner kleinen Geschichte richtig. Danke noch einmal an alle meine TWZ-Leser!
Über 1173 Posts und 36484 Klicks sind zusammen gekommen, ohne euch wäre das niemals möglich gewesen. Vielen, Vielen Dank! Nun hoffe ich das ich auch ein paar Leser hier gewinne und wünsche euch viel Spaß beim Lesen meiner Geschichte! Wundert euch nicht über die vielen Teile. Ein Teil war die übliche Dosis die ich in der alten TWZ gepostet habe.

Gruß Fritz alias Jan Paul

Bitte Postet im Kritikthread!!!!!!

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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 19:21

Viva Espania, die Geschichte eines Reiches.

Lieber Leser, ich möchte mich Ihnen vorstellen. Mein Name ist Sebastiano Komperon. Als katholischer Mönch der Dominikaner komme ich weit umher, ewig auf Wanderschaft um Menschen auf den richtigen Pfad zu bringen um ihr Seelenheil willen. Ich möchte ihre Vorurteile entgegenwirken, ist mir doch die Folter der Inquisition ein Gräuel und das überzeugende Wort ein mächtigeres Mittel. Meine Leidenschaft jedoch ist das dokumentieren meiner Epoche, das beschreiben meiner Landsleute, ihr Leben und Ihre Umwelt geprägt durch Staat und Kirche.
Meine Heimat ist Spanien und unter mächtigem Hurra wurde das neue Jahrhundert vor wenigen Monaten begrüßt. Carlos II ist unser Landesvater, ein mächtiger Monarch der den Verfall, verursacht durch Vater und Großvater, nicht nur aufgehalten hat, sondern den Staat und seine Macht konsolidieren konnte. Vergangen so scheint es sind die Zeiten wo man sich noch von Krämern wie den Fuggers Geld leihen musste, weil Piraten die Schatzflotten eroberten und eine überschwängliche Hofhaltung das Geld verschlang bevor es eingenommen werden konnte. Man darf auch die Holländer nicht vergessen, dieses gotteslästernde Pack von Händlern und Fischern die unsere ruhmreiche Armee vor einem Jahrhundert mit feigen Attacken zum Narren hielt. Auch wenn die Grenzen nun gezogen scheinen und Spanien auch keine dreißig Jahre andauernden Krieg durchleiden musste, sollte man sich in Acht nehmen.
Ich stieg in einer Herberge ab als ich auf den Weg nach Valencia war um Pater Piedro zu besuchen. Er wollte ein Reisetagebuch illustrieren, dass ich aus dem Krimkanat mit nach Spanien gebracht hatte. Der Calvados schmeckte mir vortrefflich und obwohl ich mich versuchte zu mäßigen, viel es mir schwer mich beim nachschenken zurück zu halten, zumal mir die Nachbarsgäste ständig zuprosteten. Vielleicht sah man mir an, dass ich ihnen nichts Böses wollte und nur für ihr Seelenheil Sorge tragen wollte. Auf einmal schlug die dicke Eichentür auf und kein Gast trat ein, sondern ein Dorfjunge, verschmutzt vom Staub der Straße, in Kleidung die wenig von ihrer ursprünglicher Form erkennen ließ. „Die Armee kommt durch den Ort!“ Viele Gäste stürzten zu dem Jungen. „Wie weit sind sie?“ Der Junge meinte eine Stunde werden sie noch brauchen. Die Wirtstochter gab ihm einen Kuss und ein Brot, während die Dorfbewohner aus der Schenke stürzten, während die Fremden verunsichert stehen und sitzen blieben.
Ein Reisender aus Salamanca, mit dem ich eben noch ein paar Worte wechselte, verstand nicht warum die Leute so aufgeregt auf die eigene Armee reagieren. Ich lächelte, kannte ich doch den genauen Grund von meinen vielen Reisen. „Wissen Sie für die Leute hier sind die Abgaben an Adel und Kirche schon kaum zu tragen, wenn aber eine Armee durch die Lande zieht, nehmen sich die Soldaten was immer sie habhaft werden können. Im eigenen Lande versuchen die Offiziere, sollten sie noch ein wenig Mensch in sich haben, das Schlimmste zu verhindern. Aber gelingen wird es ihnen wohl kaum.“ Der Wirt nickte zustimmend und befahl zwei Knechten die Weinfässer hinter dem Haus zu verstecken. „Habe beim letzten Mal drei Jahre gebraucht um mich vom Verlust wieder zu erholen, den mir unsere Armee beigebracht hat. Nun werde ich Ihnen schlechten Wein und Eintopf servieren, damit sie nicht völlig leer ausgehen. Sie ziehen anscheinend gen Portugal. Habe vor einer Woche eine Delegation Richtung Madrid zum Gast gehabt. Schweigsam wie sie waren, konnten sie keine gute Nachricht bei sich führen.“ Der Reisende betete. „Herrgott, gib uns Schutz vor dem Schlimmsten. Gerade jetzt wo es endlich mal Ruhe zu geben schien auf diesem blutigen Kontinent.“ Ich lehnte mich zurück. Zweifelsohne hat der Wirt Recht mit seiner Vermutung. Dies war der schnellste Weg nach Portugal. Es war gut gerüstet sowohl in der Armee als auch mit der Flotte. Der eigentliche Grund für diesen Konflikt schien mir aber England zu sein, war es doch mit Portugal verbündet. Es fürchtet das Bündnis Spanien-Frankreich und ließ nun Portugal seinen Kampf führen, indem es das Königreich mit Geld und Waffen unterstützte. Ich ging hinaus um nach den Regimentern des Königs Ausschau zu halten. Als ich mich zum Dorfrand begab, wurde ich doch schon die Vorhut wenige hundert Fuß vor dem Dorfe gewahr. Sie bestand wie bei jeder Armee aus Reiterei, in diesem Fall Dragoner und Kavallerie. Mit der trockenen Erde Spaniens überzogen, sahen sie eher weiß aus den Gelb wie die Uniform in Wirklichkeit war. Der Capitano nickte mir müde zu, als er vorbei ritt. Müde sahen seine Soldaten aus und schon brachten Frauen Krüge mit Wasser um sie zu erfrischen. Sie stiegen ab tranken und wuschen sich und wurden von Dorfbewohnern umringt die sie ausfragten. Ob nun wirklich Krieg mit Portugal herrscht und ob man requirieren werde. Der Capitano behielt nur mit Mühe seine Beherrschung, beantwortet alle Fragen bis es mir zu viel wurde und ich dem Soldatenführer hinzu sprang. „Leute lasst ab, von unseren tapferen Soldaten. Seht Ihr denn nicht wie müde sie sind? Nicht jedes spanische Dorf, nicht jede spanische Stadt ist so weit von der Grenze entfernt wie Euer Ort. Drum hindert nicht die Soldaten, sondern helft ihnen dabei sich auszuruhen, damit sie für andere Spanier Hilfe bringen!“ Capitano Rodriguez, wie er sich mir vorstellte, pflichtet mir bei, schlug mir auf die Schultern und bat mich bei ihm Platz zu nehmen. „Recht gesprochen Pater. Die Portugiesen haben Olivenza erobert, von Badajoz weiß man nichts. Auch Vigo im Norden soll bedroht sein.“ Seine Augen haften auf ein paar Soldaten, die damit begannen Hühner zusammen zu treiben. Sehr zum Ärger einer dicken Senhorita die all die Befürchtungen der Dorfbewohner nun bestätigt sah. „Sergeante! Greift ein, bevor die Ordnung verloren geht!“ Der Unteroffizier hastete zu den Soldaten und schlug mit einem dicken Stock auf sie ein. „Viehzeug, benehmt Ihr Euch? Hungert ihr? Reicht Euch Eure Ration nicht?“ Die Soldaten schraken auf und rannten wieder zu den Ihren. Ein paar Rufe von Dorfleuten ließen den Capitan hochleben. „Hört auf damit ihr Pack! Wir werden uns nehmen was wir brauchen, doch seit ohne Sorge wir werden es Euch mit klingender Münze zu vergelten wissen.“ Ein Zahlmeister der Armee begann nun mit den Soldaten die einzelnen Ställe und Höfe zu sondieren und auch wenn man darauf achtete nur einen Teil zu enteignen, war der wirtschaftliche Schaden für die Bauern doch sehr hoch. Sie wurden bezahlt, doch nur ein Mindestpreis, der kaum über den Verlust trösten konnte. Aber ein anderes Ereignis war Balsam für die Gemüter der Bauern. Ungefähr zwanzig Reiter trieben eine große Rinderherde vom Gut des Don Pizarres ins Dorf, begleitet vom Gezeter und Gebrüll des ehemaligen Eigentümers. „Gebt mir mein Vieh zurück Ihr Hunde! Ich werde Euch auspeitschen lassen. Er drohte den Soldaten, wollte schon mit seiner Krücke auf einem von Ihnen losgehen und fuchtelte damit so wild, dass er beinah von seinem Pferd fiel. Einem der Dragoner wurde es zu viel, sodass er seinen Säbel blank zog. Erschrocken zügelte der Don sein Pferd, das sich aufbäumte sodass er Mühe hatte im Sattel zu bleiben. Dann wurde er den Capitano gewahr und eilte zu ihm herüber. „Ihr müsst mir helfen, Eure Leute stehlen mir das Vieh, ich bin bekannt bei Hofe. Ihr wollt bestimmt nicht dass ich Euch beim König anzeige. Der Capitano schien ihn nicht zu beachten, sah an ihm vorbei und stand auf. Ich war verblüfft und erstarrt, wie fast alle Leute des Dorfes. Es war einer der Zufälle, die Geschichte machten, als ich eine prächtige Gruppe stattlicher Reiter auf uns zu kommen sah. Mit blinkenden Brustpanzern wallenden Federbüschen auf den Kopf umringten und schützten sie einen Mann den jeder im Lande kannte. Der Capitano salutierte, als König Carlos II vor ihm stand, vom Pferd stieg und ihn Meldung machen ließ. Als der Offizier geendet hat, schob der Monarch seinen Mann beiseite und ging auf dem Don zu der nun mächtig bleich wurde. „Ihr wolltet einen meiner Soldaten anzeigen weil er Euch zwang unsere Sache zu unterstützen?“ Der Don wollte etwas zu seiner Verteidigung erwidern doch der König hieß ihn mit einer Geste zu schweigen. Stellt Euch vor ich würde nun das Vieh zurückgeben, dass ja eigentlich mir gehört, befindet es sich doch in meinem Reich, auf meinem Land. Ich würde meine Soldaten zwingen den Armen das weg zu nehmen was sie zum Leben brauchen, sie verhungern lassen müsste ich und wer frage ich Euch bestellt dann die Felder, hütet mein Vieh, stellt mir Soldaten? Nein guter Mann auf die Leute hier in diesem Dorf kann ich nicht verzichten, auf Euch aber natürlich auch nicht. Drum rufe ich Euch zur Fahne, damit auch Ihr hoher Herr uns helft den Feind Spaniens zu besiegen.“ Der Don wurde bleich, warf sich zu Boden, hob seine Arme. „Bitte Gebieter ich habe Frau und Kinder!“ König Carlos lachte laut auf. „Auch ich habe der Königin ein paar abgerungen, was aber nicht heißt dass sie deshalb einen Feigling an ihre Seite wünscht. Nun ich werde an Euch ein Exempel statuieren müssen. Carlos mustert den Mann eingehend. Ihr braucht körperliche Ertüchtigung! Bringt den Mann für ein Jahr nach Cartagena. Ihm wird die Seeluft gut tun.“ Soldaten kamen und führten den Don ab. Ich wandte mich an Rodriguez der seine Soldaten befahl aufzusteigen. „Was passiert mit dem Mann?“ Der Capitan zuckte mit der Schulter. Wie es einem Exempel nun mal geht, das denkbar Schlechteste wird ihm wiederfahren. Er kommt auf eine Galeere. Carlos inspiziert mit Offizieren den Ort und nahm sehr zu Überraschung des Wirtes in der Dorfschenke Quartier. Befehle gelten und fast dreizigtausend Soldaten nahmen um den Ort herum Lager, schlugen Zelte auf, schaufelten Latrinen und legten Holz für die Wachfeuer bereit.




Zweiter Teil, in der Karibik zur gleichen Zeit.

Langsam stampfte die Galeone Aurelia durch die vom Sturmwind aufgepeitschte Karibik. Donnernd entluden sich die Blitze, der Regen fegte über die Decks, Männer flogen in Trauben gebündelt herum, stöhnten, fluchten und schrien wenn sie gegen verzurrte Ladung und Geschütze stießen, begleitet von dem Brüllen der Offiziere und Maate. Einige Waghalsige versuchten in die Wanten zu steigen um auch das letzte Hauptsegel zu reffen, bevor es aus seinen Liken flog. Sie schafften es tatsächlich und der Kapitän des Schiffes Estephan Emiliano Chilida ließ das Schiff nur noch mit Hilfe der Stagsegel vorwärtstreiben, damit es lenkbar blieb. Der Steuermann mit seinen nun immerhin 45 Jahren auf See wurde Zusehens ruhiger und auch Chilida entspannte sich. Der Höhepunkt des Sturms war überwunden er spürte in seinen Wetterfühligen Knochen die Veränderung. Zeit zur Muße blieb trotzdem nicht, Männer mussten an den Pumpen abgelöst werden, auch er selbst stellte sich immer wieder dazu, die Männer anfeuernd, schimpfend, drohend, lobend.
Antoni Du Bastard, räume den Mann von dem Deck weg, solange noch ein wenig Leben in ihm ist! Der Maat tummelt sich rief einige Männer zusammen und schleppten den Mann runter in das Orlogdeck, dem tiefsten Punkt des Schiffes. Dort würde es für ihn am ruhigsten sein, der Smutje gleichzeitig Schiffsarzt würde nach ihm sehen und schauen was er für ihn tun konnte. Es war nun der vierte Mann der aus der Mannschaft fehlte, zwei wurden von Bord gespült und einer mit einer Enteraxt erschlagen, die als man ihn fand noch in seinem Schädel steckte. Der Beweggrund hinter der Tat blieb verborgen, wie auch der Täter, doch Chilida würde den Mann finden und dann Gnade ihm Gott.
Langsam flaute der Sturm ab, die Männer zu Tode erschöpft von den zurück liegenden 24 Stunden Sturm, schliefen kaum das man sie in Ruhe ließ auf der Stelle ein. Chilida ließ sie wieder seiner Natur gewähren, wusste er doch, dass man ihnen nicht noch mehr abverlangen konnte. Nur die Pumpen lenzten weiter und so ging er nun zu den dort schuftenden Männern reichte jedem eine Pinte Rum und lobte sie für ihren Einsatz, bat darum durchzuhalten und versprach ihnen zwei Wachen Ruhe sowie das Schiff gelenzt sei.
Zwei Tage später waren die Männer soweit erholt, dass sie schon wieder frohen Mutes Scherzen und singen konnten, trotz der harten Arbeit und der drakonischen Strafen des Schiffsreglements. Sie standen nun nördlich von Kuba und südwestlich der Keys in der Floridastraße, einem der größten Schiffsfriedhöfe in der Welt. Währen sie vor zwei Tagen hier gewesen, es hätte den sicheren Untergang bedeutet. Chilida schien im stehen zu schlafen, keiner der Männer wagte es ihn in seiner Ruhe zu stören. Die einzigen zwei Menschen an Bord die dazu die Legitimation besaßen waren der erste Offizier Camilio Fallo und der Steuermann. Doch auch sie scheuten sich, wenn es um die direkte Ansprache des Kommandanten ging, doch nun konnten sie nicht anders, ein Matrose musste mit dem Lot in den Bug. Der Ausguck musste verschärft nach Untiefen sehen. Gerade als Fallo den Kapitän ansprechen wollte, nickte dieser und bat ihn das Nötige zu veranlassen. Fallo musterte ihn ungläubig, hob die Schultern und eilte die Kampagne runter um über das Hauptdeck auf das Vordeck zu gelangen. Nur Augenblicke dauerte es und einer der Maaten sang die ersten Werte aus. „Fünf Fuss unter Kiel!, Fünf Fuss unter Kiel! Sieben Fuss unter Kiel!“ Eintönig kamen diese kurzen Sätze und zusammen mit dem schönen Wetter und dem stettig aus einer Richtung kommenden Wind lullten sie das Schiff in eine seltsam anmutende Lethargie ein. So verging Stunde um Stunde und während sich die Aurelia durch das Labyrinth aus Sandbänken hindurch tastete, ging jeder Mann der seine Freiwache hat auf eigene Weise gegen die Langweile an. Manche suchten ihr Glück um nach Haien zu angeln, andere spielten Würfel und erzählten von ihren Abenteuern die sie während ihrer vielen Fahrten erlebten und Offizier Fallo brachte dem Schiffsjungen das Koppeln an Hand von Karte, Geländepunkten und Kompass bei. Warum der Leutnant sich die Mühe machte, schien in der Intelligenz des Jungen begründet zu sein, mußte er doch kaum einen Satz wiederholen geschweige den erklären. Auch Chilida mochte den Jungen war er doch fleißig,, lehrsam und ruhig. Stets darauf bedacht keinen Anstoß zu erwecken weder bei der Mannschaft noch bei den Offizieren. Fallo strich mit der flachen Hand über den Haarschopf des Jungen. „Heute Nacht schießen wir einen Stern mit dem Jakobsstab! Und ich erkläre Dir die Breitengradbestimmung… .“
„Schiff ahoi! Steuerbord voraus!“ gellte es aus dem Ausguck. Fallo, Chilida, Steuermann, Mannschaft sogar der Smutje der gerade aus dem Orlogdeck herauf gestiegen kam, wo er nach seinen Patienten sah, eilten zur Rehling um nach Steuerbord voraus das Segel zu entdecken.




Dritter Teil
„Mein Gott, warum hast Du mich so lange von dem Rücken eines Pferdes fern gehalten.“ Capitano Rodriguez drehte sich um. „Sie wollten uns ja unbedingt begleiten Pater. Sie haben vor ein paar Tagen noch damit angegeben wie sehr sie sich im Sattel zu Hause fühlen.“ Ich wurde rot vor Zorn. „Von welchem Sattel reden Sie guter Mann? Ich kenne Nonnen aus Hungerklöstern die passten nicht auf diese Sitzfläche. Ich werde nachher den Feldscher rufen müssen, damit er mir mein Hinterteil herausschneidet.“
Die Kavalleristen um uns herum lachten lauthals und weideten sich weiter an meinen Leiden mit Spott und Hohn. Ich tröstete mich damit, dass Gott mir diese Bürde auferlegte um ihnen Furcht und Sorge aus den Köpfen zu verbannen.
Drei Tage waren wir nun von dem kleinen Ort entfernt, an dem uns das Schicksal verband, mich und die Armee des Königs von Spanien. Während wir als Vorhut den Weg erkundeten und die Begegnung mit dem Feind suchten, folgte uns die Infanterie und Artillerie in Gewaltmärschen, blieb aber schon jetzt fast einen halben Tagesmarsch hinter uns zurück. Wir durchquerten jetzt dichte Wälder und erreichten endlich das Nordufer des Guadiana. „Wunderschön ist es hier!“ rief ich vor lauter Entzücken aus. Vögel zwitscherten, Hummeln und Bienen tummelten sich in den Wiesen und der Wind griff in die Kronen der Bäume, was ein lautes Rauschen zur Folge hatte. Ein Corporal der hier aus der Gegend abstammen mußte, erzählte mir eine Legende zu diesem Fluss. Der Guadiana ist der südlichste der drei Hauptströme (neben Tajo und Duero), die von Spanien nach Portugal fließen. Einer Legende nach waren diese drei früher Flussgeister, die einen Wettlauf zum Atlantik bestreiten wollten. Vorher legten sie sich gemeinsam im Gebiet des heutigen Spaniens noch schlafen. Am nächsten Tag soll der Guadiana als erster Geist aufgewacht sein, wodurch er sich die schönste und ebenste Strecke aussuchen konnte. Der Tajo war schon später dran, doch als letztes wachte der Duero auf. Dieser musste sich dann seinen Weg durch den steinigen Norden der Halbinsel bahnen, wodurch sein rauher Charakter erklärt wird. „Sie sehen also Pater, seit jeher ist der Guadiana, der schönste Strom Spaniens.“ Ich las in seinem Gesicht wie viele Erinnerungen er mit diesen Fluss verband und doch musste ich im Stillen lächeln. Strom? Das hier war ein Flüsschen im Gegensatz zum Dnepr oder gar der Wolga, im russischen Riesenreich, das ich vor einigen Jahren bereiste.

Die nächsten Stunden ritten wir also vor uns hin, ich erfreute mich an der schönen Landschaft und malte mir aus wie ergiebig doch mein Reisetagebuch diesmal werden würde. Mein Blick wanderte über das südliche Flussufer, wo mich etwas störte, trotz der Tatsache das ich dieses Gefilde das erste Mal sah. Ganz weit, sicher fünf wenn nicht sogar sechs Meilen entfernt standen Gebäude in Flammen, ihre dunklen Wolken wurden nur immer wieder von Bäumen und Sträuchern verdeckt. „Capitano schaut dort drüben auf der anderen Flussseite brennt ein ganzes Dorf!“ Rodriguez riss sein Pferd herum, ritt zu mir heran und lies es sich genau erklären. Erst als er sein Fernrohr auszog, konnte er meine Beobachtung bestätigen. „Der Feind ist nicht mehr weit!“ Capitano Rodriguez schickte Melder zum König und ließ eine Gruppe Freiwilliger zusammenstellen die auf der anderen Flussseite Aufklärung bringen sollte. Der Corporal war jetzt eine wichtige Figur in diesem Spiel und wurde als Führer der Expedition bestimmt. Auf meine Bitte hin mich anschließen zu dürfen, reagierte der Capitano sehr verhalten. „Sie werden weder sich, noch meine Gruppe in Gefahr bringen, außerdem steht ihnen ihre Abenteuerlust als Geistlicher nicht gut zu Gesicht.

Wir begleiteten die Gruppe bis zum Ufer des Flusses und mussten Dank des Corporals nicht lange nach einer Furt suchen. Um diese Jahreszeit führte der Guardiana nicht viel Wasser mit sich. Rodriguez ließ ein Biwak aufschlagen, schickte Posten aus und hieß die Leute vorsichtig zu sein. Während dessen war die Patrouille nur noch fünzig Fuss von dem gegenüber liegenden Flussufer entfernt. Ich war gerade dabei mein geschundenes Hinterteil vom Pferderücken zu heben, als ein dumpfer Schlag, über das Wasser hallte, Vögel aufkreischten und auseinander stoben. Schreie wurde ich gewahr, und schon von Neugier, Angst und Wut getrieben stürzte ich wie die anderen zum Fluss das Schlimmste vermutend. Zwei weitere Schläge dröhnten in kurzen Abstand, gefolgt von einer Salve aus Musketen, sodass von den dutzend Männern der Expedition nichts mehr übrig blieb. Fontänen stiegen Meter hoch um sie herum auf, als der Hagel aus den Kanonen des Feindes niederging. Die Portugiesen! Der Capitano hieß seine Männer ruhig sein. Noch wußte der Feind von ihrer Stärke nichts, würde sich nicht trauen den Fluss zu überqueren. Vereinzelte Schreie wurden wir gewahr, letzte Schüsse dann wurde es Still. „Sie haben sie zusammenkartäscht. Die Musketen hätten sie gar nicht gebraucht.“ Der Soldat der diese Worte sagte, bekam eine Ohrfeige vom Capitano. „Schweig Kerl, schweig oder Du gehst über den Fluss!“




Vierter Teil

Chilida, gab dieses Schiff einige Rätsel auf. Es kam aus einer ungewöhnlichen Richtung gesegelt, kaum ein Schiff wagte sich von Osten her in die Floridastraße. Der sichere Weg führte zwischen Hispaniola und Kuba hindurch. Da die Aurelia von Westen her kam, hatte sie den Wind im Rücken, sowie den Golfstrom der von West nach Osten führte. Das Schiff, hielt nicht direkt auf sie zu, konnte es gar nicht, musste es doch gegen den Wind aufkreuzen. Dabei zeigte es immer wieder seine Linie und bald wurden die ersten Details sichtbar. Fallo hielt sein Glas absolut ruhig, trotz des Wellengangs. Vorhin war es sich nicht ganz sicher doch jetzt sah er die drei Masten, das durchgängige Batteriedeck….

„Eine Fregatte!“ Automatisch schaute er auf die Flagge am Hauptmast, ein Portugiese also. Auch Chilida hatte die Flagge identifiziert. „In diesen Gewässern ein Schiff Portugals? Ihre Kolonien lagen doch viel weiter südlich auf dem südamerikanischen Kontinent. Fallo überlegte ebenfalls, was die Absichten des Portugiesen sein könnten. „Vielleicht sind sie auf Piratenjagd?“ Chilida ging die Kampagne hoch um in seine Kabine zu verschwinden. „Ich ziehe mich um, wir werden es bald von Ihnen hören.“

Das fremde Schiff war nun noch ungefähr 10 Kabellängen entfernt (Ungefähr 1,9km). Fall besah sich das Schiff eingehend, doch schien nichts Auffälliges an ihm zu sein. Die Stückpforten waren geschlossen, Seesoldaten standen auf dem Deck, schienen unbeteiligt und besahen ihrerseits neugierig die Aurelia, während einige portugiesische Seeleute die nächste Halse vorbereiteten.

Fallo hielt dem Schiffsjungen das Fernrohr hin. Auch dieser sah sich nach dem Schiff um. „Herr Leutnant?“ Fallo nickte ihm zu. „Dort steht nur der erste Offizier neben dem Kapitän. Wo sind die anderen zwei? Auch müssten doch viel mehr Volk zu uns herüber sehen. Schaut bei uns gafft alles was mindestens ein Auge hat. Fallo riss dem Jungen das Glas aus der Hand. Er hatte Recht. Bis jetzt hat er nur zwei Offiziere gesehen, wo war die anderen beiden? Wo die restliche Mannschaft? Es waren vielleicht zwanzig Leute zu sehen, die eifrig rüber winkten.

„Junge geh zum Kapitän, ich lasse klar Schiff zum Gefecht machen. Klar Schiff zum Gefecht! Steuermann übernehmen Sie das Ruder.“ Entsetzt eilten die Leute zu den Kanonen, lösten ihre Verzurrungen, bereiteten alles für die erste Breitseite vor. Chilida kam aus der Kabine angestürzt, besah sich selbst das andere Schiff noch einmal eingehend. „Wenn Sie unrecht haben Leutnant lasse ich Euch kielholen. Hart Steuerbord Steuermann! Bringt mich an seinen Bug vorbei, wenn wir Glück haben hat er seine Steuerbordseite nicht gefechtsklar.

Der Portugiese, ließ nun seine Maskerade fallen und rannte die Kanonen aus. Er mochte mit 32 Stücken bewaffnet sein, doch auch wenn Chilida den Gegner für stark hielt, musste er sich mit seiner Aurelia nicht verstecken. Sein Schiff transportiert nur die teuersten und wertvollsten Güter, war oft in Mission für den Vizekönig oder den Gouverneuren in den Kolonien unterwegs. Drum war sie gut bewaffnet und mit einer erfahrenen Besatzung versehen.
Er schaut herunter auf das obere Batteriedeck. 54 Kanonen wurden hektisch geladen. Fast vierhundert Mann bildeten ein kaum zu übersehenes Menschenknäuel. „24 Pfünder sind feuerbereit, gab einer der Maate bekannt.“ Chilida wurde wütend. „Was ist mit den 12 und 9 Pfündern?“ Sanchez ich lass Euch auspeitschen und auf einer Lebrakolonie aussetzen wenn ihr nicht in zwei Minuten klar meldet.“ Fallo ließ einige Matrosen mit Musketen bewaffnet in die Krähennester steigen. „Lasst die Backbordpforten dicht, wir werden uns stark überneigen.“ Chilida nickte, sein Schiff ging vor dem Bug des Porugiesen und nur noch drei Kabellängen war dieser entfernt.

Die Fregatte des Feindes versuchte der Bewegung der Aurelia zu folgen, damit sie nicht sein wehrlosen Bug kreuzen konnte. Chilida musste dem Feind seine Anerkennung aussprechen. Dieser schaffte es seine Bewegung zu kontern wenn auch nicht vollständig. Die Aurelia würde zuerst ihre Breitseite lösen und das aus nächster Nähe. Chilida nichte Fallo zu und dieser gab über sein Sprachrohr Befehl die Geschütze auszurennen. Nun war der Portugiese nur noch 150 Fuss von der Aurelia entfernt in einem Winkel wo er nicht schießen konnte, doch das würde sich gleich ändern. Der Steuermann brüllte….“Er geht wieder nach Backbord, er wird uns rammen!“ Chilida wurde bleich, während Fallo wenigstens ein paar Kanonen vorher abfeuern wollte. „Feuer frei!“ brüllte er. Unregelmässig und zögerlich im Angesicht des nur noch wenige Fuss vom eigenen Schiff entfernten Feindes spuckten die Stücke der Aurelia vor ihrem nahen Feind aus. Splitter, Planken und Segelfezten wirbelten auf dem Vorschiff des Gegners auf und Glück im Unglück neigte sich der Fockmast der Fregatte und kippte. Das schien seine Fahrt zu verlangsam und trotzdem brach er mit Getöse in die Seite der Aurelia, die immer noch Kanone für Kanone abfeuerte.

Schon flogen von den Portugiesen die Enterhaken rüber, während Chilida die Männer zur Abwehr einteilte. Die Gegner waren beim Entern im Vorteil hatten sie doch Marinesoldaten die schwer bewaffnet und gut ausgebildet waren,.doch mussten sie vorsichtig sein beim aufentern an der hohen Bordwand der Aurelia. Aus den Krähennestern des Feindes schossen Scharfschützen, doch blieb die eigene Mannschaft nichts schuldig und zwei Körper vielen aus den Mast des Feindes. An Bord war heilloses Chaos angebrochen und alles drängte auf die Kampagne um den Gegner am Entern des eigenen Schiffes zu hindern.





Fünfter Teil

Der Capitano, hat mich keines Blickes mehr gewürdigt, seit seine Männer in dem Hinterhalt gefallen waren. Er war wütend und gab sich selbst die größte Schuld für diesen Verlust. Nun hat er seine Leute auf Patrouillen geschickt um das eigene Ufer zu bewachen. Zwei berittene Batterien würden jeden Moment eintreffen um das Ufer und diese Furt zu sichern. Mit ihrer Hilfe und der eigenen Feuerkraft würden sie aushalten bis die Armee des Königs eintraf.

Zum Erstaunen der Männer war ich mir nicht fein genug, beim Schanzen zu helfen. So ließ ich mir eine Schaufel geben und füllte mit ihrer Hilfe einen Schanzkorb der einer Geschützbedienung Deckung geben soll. Zwei Trommler und ein Pfeifer, spielten die ganze Zeit, um so möglichst viel von den Geräuschen zu übertönen die das Schanzen verursachte. Hin und wieder wurden Portugiesen in ihren blaugrauen Uniformen sichtbar. Doch kein Schuss fiel, weder auf ihrer noch auf unserer Seite.
Ich wischte mir den Schweis aus dem Gesicht, lange würde ich die Arbeit nicht mehr durchhalten. Auf meinen Handflächen haben sich große Blasen gebildet und einer der Soldaten empfahl mir es gut sein zu lassen. Wird sehr Schmerzhaft für Sie, wenn diese aufgehen.

Ein leichter Kavallerist kommt angetrabt und versank in einer Staubwolke als er abrupt vor dem Capitano stoppte. Gewandt sprang er vom Pferd, und salutierte. „Eine Depesche vom König!“ Rodriguez nahm die Botschaft mit dem Siegel des Königs, und brach es um die Befehle zu lesen. Er rief nach einem Leutnant und gab ihm Anweisungen. „Uns wird Aufklärung befohlen. Wir müssen alle über den Guadiana.“ Corporal Ramirez hat mir erzählt dass es eine weitere Furt gibt die nur bei Niedrigwasser passierbar ist und in keiner Karte verzeichnet wird. Da er jetzt tot mit den anderen Kameraden vor dem Feindufer liegt, bleib uns nur auf das Glück zu hoffen, dass wir sie finden werden. Das fünfte Infanterieregiment wird uns in wenigen Stunden ablösen, dann brechen wir auf. Pater wenn Sie uns begleiten wollen, müssen Sie sich bewaffnen. Zivilisten haben jetzt keinen Platz mehr in meiner Schwadron. Ich stimmte zu, wenn ich auch wusste, dass ich den mir überlassenen Säbel nur zur Verteidigung verwenden würde.

Müde sahen die Infanteristen aus, die gehetzt und abgekämpft fast auf der Stelle umfielen. Hätte der Feind jetzt angegriffen…..nicht auszudenken was mit ihnen geschehen wäre. Sie hatten die letzten zwei Meilen im Laufschritt zurückgelegt, etliche Soldaten wurden mit der Peitsche angetrieben bis sie vor Entkräftung zusammengebrochen sind. Der Oberst der Infanterie beriet sich kurz mit unserem Capitano, inspizierte die Stellungen und ging hinüber zu den beiden Leutnants der Artillerie um Ihnen die Mitteilung zu machen, dass er jetzt das Kommando führen wird.

Der Capitano schien erleichtert als wir aufbrachen. „Ein unangenehmer Zeitgenosse dieser Oberst!“ Auch wenn ich in den Augen von Rodriguez Zustimmung las, schnauzte er mich an. „Ein bisschen mehr Respekt für einen Offizier des Königs!“ Ich entschuldigte mich und ließ mich in der Kolonne zurückfallen. Im leichten Trab brachen wir auf, erst einmal ne halbe Meile landeinwärts dann nach Nordosten dem Flussufer folgend. Wir wollten unsere Absicht nicht verraten, was aber unsere aufwirbelnde Staubwolke verursacht hätte. Emilio ein junger Kavallerist an meiner Seite, spottet wieder über mich. „Herr Vater ihr seid doch hoffentlich nicht verwundet worden? Bei ihrem Schmerzverzerrten Gesicht könnte man meinen, dass sie bereit von mehreren Kugeln getroffen worden seid.“ Ich wurde wieder rot vor Zorn und schlug mit meinem Säbel der sich aber noch in der Scheide befand nach ihm. „Habt Respekt vor einem Mann der Kirche!“ Emilio hielt nicht mit seinen Worten inne, sondern setzte noch einen drauf. „Wenn ihr so nachher auf den Feind eindrescht wird der Sieg allein durch Euch unser sein.“ Die Männer lachten. Stigmata an den Händen, ein wunden Po, man sollte Euch bemitleiden, wo ihr bereit jetzt so schwer von unserem Kampf gezeichnet seid. Jetzt hielt ich mich nicht zurück und prügelte mit der Säbelscheide auf ihn ein. Eine Warnung und wir hielten inne, als Rodriguez sein Pferd zügelte um nach der Quelle der Unruhe zu sehen.

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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 19:24

Sechster Teil

Schon sprangen die ersten Seesoldaten auf das Deck der Aurelia. Chilida feuerte seine Pistole einem der Angreifer ins Gesicht, der in einer roten Wolke verschwand und nach hinten geschleudert wurde. Doch es sah nicht gut aus, schon fingen die portugiesischen Soldaten damit an, sich zu organisieren, hielten mit ihren Bajonetten die Seeleute der Aurelia auf Abstand während immer mehr der Portugiesen auf das Deck sprangen. Immer wilder tobt der Kampf und immer wieder passierte es das der Druck der Hintermänner einen der eigenen Leute gegen die Bajonette des Gegners presste. Schon schlug eine Musketensalve in die eigenen Reihen und Chilida, sprang selbst auf den Gegner zu und stack einen von Ihnen mit seinem Degen in die Brust. Fallo feuerte mit einem kurzen Stutzen aus den Wanten heraus auf die hinteren Reihen des Gegners. Die Situation wurde immer brenzliger und wäre nicht der oft gescholtene Antoni gewesen, so wären sie vielleicht bald verzweifelt. Dieser nun war es der am anderen Ende des Kampagnendecks einen langen Neuner mit Hagel laden ließ. Schon war der Schiffsjunge bei Chilida und bat darum dass sich die eigenen Leute zurückziehen. Verwundert über die Eigenständigkeit Antonis, stimmte dieser zu und brüllte den erstaunten Leuten zu sich zurückfallen zu lassen. Dies passierte sehr schnell und ehe der Feind gewahr wurde was passierte, verschwanden schon die Spanier aus dem Schussbereich der geladenen Kartäsche.

Antoni hielt schon die Lunte über der Zündpfanne der Kanone als er mit einem Faustgroßen Loch im Kopf zusammensank. Seeleute wurden getroffen, die verzweifelt nach einer Möglichkeit suchten die Kanone abzufeuern, wieder schlug eine Salve in die Reihen und der Gegner schien endgültig die Oberhand zu gewinnen. Doch da war es der Smutje der wie aus dem Nichts zu der Kanone stürzte eine Lunte in ihr Zündloch steckte und diese sich auf der folgenden Sekunde mit Ohrenfell zerfetzenden Krach entlud. Es ist schwer das Grauen dieses Schusses zu schildern. Menschen wurden förmlich in der Luft zerissen, Körper über die Reling geblasen, Gliedmaßen in alle Richtungen weggeschleudert. Mit einem Schlag war der entscheidende Vorteil der Portugiesen dahin. Die Seesoldaten die das Gemetzel überlebten, versuchten auf das eigene Schiff zu entkommen, wurden aber von den Leuten der Aurelia vorher niedergemacht. Chilida schickte schon wieder Leute an die Kanonen und ließ eine weitere Salve in das Schiff des Gegners feuern, während andere Matrosen versuchten das Schiff vom Gegner klar zu machen. Immer wieder schlugen sie unter dem ständigen Feuer des Gegners auf Enterseile und Reste des Fockmastes ein, bis sich ganz langsam die Aurelia begann zu lösen. Fallo, der aus einem großen Riss am Kopf blutete, brüllte! „Wir sind frei, lasst uns ihm den Rest geben!“ Chilida nickte und ließ eine Wende vorbereiten um die Steuerbordseite mit ihren geladenen Kanonen ins Spiel zu bringen.

„An Deck! Zwei Segel Backbord voraus!“Chilida konnte es nicht fassen, wenn es weitere Gegner waren durfte er diesen Kampf nicht wagen, wenn es eigene sind die ihm zu Hilfe eilen wollten, stand er nachher als Feigling da. Fallo versuchte Einzelheiten bei den beiden Neuhinzugekommenen zu entdecken, aber sie waren zu weit entfernt als das er Einzelheiten ausmachen konnte. „Aus dieser Richtung kommen keine Spanier, ihr selbst habt Euch doch vorher noch gewundert.“ Chilida sah seinen Steuermann an, dem der Smutje, der ruhmreiche Smutje gerade den Arm verband. „Ihr habt Recht Steuermann, das kann nur der Feind sein, der versucht uns die Floridastraße zu sperren. Und jeder Spanier der von ihren Absichten nichts weiß, ergeht es so wie uns. Gut lasst uns so schnell wie möglich nach Süden segeln, notfalls setze ich die Aurelia auf Land, aber unsere Leute in Havanna müssen wissen was hier gespielt wird.





Siebter Teil

Ich muss zugeben, dass mir langsam flau wurde im Magen, wir ritten schon etliche Meilen und wurden immer noch nicht der Fuhrt gewahr. Obwohl wir immer wieder hielten, zu Fuss den Fluss absuchten, es machten sich keine Untiefen bemerkbar. Hatte der Corporal nur angeben wollen? Ich konnte es mir nicht vorstellen, schien er doch sehr mit seiner Heimat vertraut zu sein, als dass er solches nötig gehabt hätte. Friede seiner Seele. Die Soldaten neben mir sahen, dass ich mich bekreuzigte und machten es mir aus einem Reflex heraus nach. Ich nickte ihnen zu und sprach ein Gebet für uns, möge der Herr uns gewogen sein, behüten und beschützen.

Vorne wurden Stimmen laut, ein Schuss dröhnte und zwei Dragoner ließen ihre Pferde mit hoher Geschwindigkeit durch das Gebüsch am Wegesrand brechen. Es dauerte eine Weile dann tauchten ihre Uniformen wieder auf, mit samt einen Bündel Mensch das zwischen ihnen gehalten, einige Blessuren seiner Flucht, vielleicht auch seiner Ergreifung davon getragen hatte. Capitano Rodriguez stieg von seinem Pferd, ging zu dem Gefangenen und stellte sich vor. Als er zu Ende gesprochen hatte, sah er seinem Gegenüber auffordernd an, wurde aber tunlichst ignoriert. „Wenn ich mich Euch vorstelle, kann ich dann nicht ähnliches von Euch erwarten?“ Ihr solltet mir entgegenkommen, vermuten wir doch Spione des Feindes, die uns an ihm verraten könnten. Der Gefangene schwieg trotzig, er verstand anscheinend nicht. Rodriguez unternahm einen letzten Versuch. „Hängt ihn auf!“ Männer stürzten auf den Gefangenen der überrascht und verunsichert zusammenzuckte als sie ihn ergriffen. „Er versteht wirklich kein Wort!
Lasst ihn los!"

„Lasst es mich versuchen, Capitano!“ Ich habe nämlich einen Verdacht, den ich bald bestätigt wissen werde. So versuchte ich mein Glück nicht auf Portugiesisch was dem spanischen ja sehr ähnelt und so von dem Festgenommenen verstanden worden sein müsste, sondern im Englischen. Ich merkte sofort das er mich verstand. Und so stellte es sich heraus, dass es ein Deserteur war, der wegen Glücksspiel und einer anschließenden Schlägerei mit portugiesischen Soldaten in Streit gekommen war und von seinem Haufen floh. Ihm drohte die Katze oder schlimmer ein Rutenlauf, wovor er dann doch lieber entlaufen war. Für uns stand es nun also fest, England unterstützte Portugal beim Kampf gegen unser Vaterland aktiv.

Rodriguez, musterte den Gefangenen genau. Konnte man ihn vertrauen? Er hatte keine Uniform am Leib, nur ein paar Fetzen eines Unterhemdes, zerkratzte Haut von Dornenbüschen und ein paar fleckige Kniehosen. Ich sah die Zweifel in seinem Gesicht, seine Augen schienen den Fremden abzutasten auf der Suche nach einem Indiz das nur der Verräter an sich trug. Deserteure gab es in jeder Armee, er selbst stellte sie oft nach oder während einer Schlacht, oft war er auch derjenige der ihre Hinrichtung kommandieren musste. „Ich glaube das man ihm Vertrauen schenken kann Capitano. Wenn es nicht so wäre, müsste er schon ein Schauspieler aus dem Londoner Theatre Royal sein. Fragen wir nach der Furt, wenn er uns diese Information geben kann ist das doch mehr als genug.“ Er nickte. Und so fragte ich nach dem Übergang über den Fluss, worauf er bereitwillig antwortete.

Wieder waren wir also unterwegs. Und auch wenn der Capitano alle Vorsicht walten ließ, schien auch er zu wissen, wie notwendig die Information des Gefangenen war und wie sehr wir von Ihr abhingen. Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass wir bereits die Furt passierten ohne sie bemerkt zu haben. Kein Wunder dass sie auf keiner Karte eingezeichnet war, sie war so tief, dass sich kaum Strudel oder Verwirbelungen bildeten. Ein ausgewachsener Mann ging das Wasser an der höchsten Stelle bis zur Hüfte und nur ein Reiter konnte die Furt überqueren ohne die Gefahr für sein Leben.





Achter Teil

Chilida, machte trotz der neuen Gegner Inventur von Schiff und Mannschaft. Er hatte neben siebenundreißig Verwundeten, wovon die Mehrzahl wahrscheinlich der Tod holen wird, fünfzehn Gefallene zu beklagen, gute Seeleute die schwer zu ersetzen sind. Chilida musste an Antoni denken der sie alle gerettet hatte weil er wusste was zu tun war. Er zuckte mit den Achseln, nahm das Fernrohr aus der Halterung am Steuerrad und sah rüber zu den Schiffen des Gegners. Eins von Ihnen hielt auf den Portugiesen zu der merkwürdig tief am Bug im Wasser lag. Hatten die Kanonen der Aurelia ihn Leck geschlagen? Wie groß war das zweite Schiff? Immer noch war es zu weit entfernt und die kubanische Küste nicht in Sicht. So inspizierte er weiter die Schäden an der Galeone, hieß ein paar Männer an, das Deck von Blut und Menschenfleisch zu reinigen, brüllte Männer an Kanonen zu laden, und Schäden in den Segeln auszubessern.


Der Schiffszimmermann kniete an der von der neunpfündigen Kanone stark in Mitleidenschaft gezogenen Reling, nahm Maß und notierte sich Zahlen in einem kleinen schwarzen Buch. „Pietro!“ Der Schiffsjunge kam herbeigeeilt, grüßte den Kapitän flüchtig und half dem Zimmermann ein paar gesplitterte Planken aus der Reling heraus zu sägen. Verwundert sahen es die Matrosen, im Angesicht des Feindes wird das Schiff repariert obwohl es vielleicht in ein paar Stunden versenkt auf dem Meeresgrund oder aufgelaufen an der kubanischen Küste liegt? „Ihr da! Entert auf und bringt die Takelage des Besam in Ordnung! Ich komm sonst wie der Teufel unter Euch und verschlinge Euch!“ Fallo fluchte, bereitete ihm doch die Verletzung ziemliche Schmerzen.

Unter vollen Segeln bahnte sich die Aurelia ihren Weg Richtung Kuba, trotzdem würde es nur noch vier, vielleicht auch fünf Stunden dauern bis sie vom Feind eingeholt worden sind. Mittlerweile waren Typ und Größe des Gegners abschätzbar. Eine große Fregatte mit fünfzig oder mehr Kanonen. An Kampfkraft der Aurelia ebenbürtig, an Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit überlegen. Deshalb auch das zum ersten Gegner detachierte Schiff, die Portugiesen glaubten mit der Aurelia leichtes Spiel zu haben. Chilida ging auf und ab, sah ab und an zum Feind, um kurz darauf seinen Gang wieder auf zu nehmen. Fallo wusste genauso wie Chilida, dass sie es nicht bis Kuba schaffen würden und ein Kampf unausweichlich war. Auch die Mannschaft schien es zu ahnen, einige beteten, andere reinigten Entermesser oder luden Musketen.

„Männer!“ Chilida räusperte sich und sah auf den Horizont, wo jeden Moment die kubanische Küste auftauchen musste. „Ihr habt tapfer gekämpft, für ein Schiff das trotz all seiner Kanonen kein Kriegsschiff ist und für Männer die keine Soldaten sind. Wie ihr alle wisst ist es Portugal das uns überfällt und all unsere Schiffe die durch die Floridastraße Richtung Heimat fahren, erobern, kapern, plündern und versenken will. Hunderte, wenn nicht tausende Spanier werden sterben, bevor der Vizekönig gewarnt und die Portugiesen vertrieben worden sind. Drum befehle ich meinen Leutnant Fallo, zusammen mit ein paar Männern, in den Kutter zu steigen und in Richtung Kuba aufzubrechen, während wir den unausweichlichen Kampf schlagen werden. Ich erwarte von jedem von Euch, dass er seine Pflicht tut, kämpft und den Gegner den größt möglichen Schaden zufügt. Die Mannschaft bestimme ich, jeder der sich vor unserem Kampf drücken will, werde ich eigenhändig erschießen. Feigheit und Unehrenhaftigkeit werde ich im Keim ersticken. Sollten wir den morgigen Tag erleben, verdreifache ich Eure Heuer, wenn nicht…….dann werden unsere Kameraden uns ehren in dem sie von unserem Opfer berichten, dass wir für Gott, für Spanien und userem König zu erbringen bereit waren.





Neunter Teil
Capitano Rodriguez beriet sich mit seinen Leutnants, ob er einen Fehler nicht zwei Mal machen wollte, oder ihm etwas an der Aussage des Gefangenen einen Hinterhalt befürchten lässt, er zögerte damit seiner Schwadron die Überquerung des Flusses zu befehlen. Ich selbst ging hinunter zum Fluss, lag mich an das Ufer und schlürfte das kühle Nass. Wie viele Tage gab es in meinem Leben, wo ein Schluck solchen Wassers mir mehr bedeutete als das verdiente Paradies des Himmels. Ich wusch mein Gesicht, schüttete mir das Wasser unter die Kutte und freute mich über die Frische an meinem Körper.


Ich unterbrach meine Toilette, als ich Schläge vernahm und die Schreie des Gefangenen. Ich eilte in die Richtung und sah wie einer der Leutnants mit flacher Hand und Faust, in Bauch und Gesicht des Engländern schlug. Sein Gesicht wurde blutrot und auf seine flehenden Schreie wurde nur mit weiteren Schlägen reagiert, die mit dumpfen Klatschen ihm weitere Verletzungen zufügten. Die Soldaten standen interessiert dabei, ohne jegliches Mitgefühl oder Reue. Ich ging zu Capitano Rodriguez und verlangte den Grund zu wissen, für diese Bestrafung. Der Capitano schaute mich wütend an. „Er zeigt immer wieder auf das andere Ufer, drängt uns gerade dazu, diese Furt zu verwenden. Er ist ein Verräter ich spüre das in jeder Faser meines Leibes. Der Leutnant hielt inne, während ich meine Worte sprach, sodass sein Opfer Hoffnung schöpfte und mir zurief, dass er keinesfalls die Unwahrheit gesagt hätte.

„Capitano Rodriguez! Ich befinde Euer Verhalten für Schändlich und Grausam. Aber nicht nur das, auch für unüberlegt. Denn wenn dieser Gefangene in Euren Händen lügen würde, wäre er tot bevor sich die Portugiesen auf Euch stürzen könnten.“ Der Engländer spuckte einige Zähne aus seinem blutenden Mund und sein Kopf sackte vorn über. Der Leutnant ließ ihn los, worauf der geschundene Leib zu Boden sank. „Ich mache Euch einen Vorschlag Rodriguez! Ich werde für Euch die Furt passieren und Erkundigungen am anderen Ufer durchführen. Komme ich nicht bis Mittag Morgen zurück, wisst ihr dass ich gefangen oder getötet worden bin.“ Rodriguez schaute mich nachdenklich an. „Ihr könnt schwimmen Pater? Die Furt ist nicht ungefährlich.“ Ich nickte, war ich doch ein ausgezeichneter Schwimmer der im Gegensatz zu den meisten Zeitgenossen, Wasser nicht fürchten brauchte. „Gut dann gehen sie Pater und Gott möge Sie schützen!“ Ich wollte mich entkleiden und mein Bündel schnüren, damit ich besser schwimmen konnte, sollte es denn von Nöten sein, als ich mich an den Gefangenen erinnerte. „Gebt mir noch Euer Ehrenwort, dass der Mann hier nicht noch mehr geschunden wird. Weder von Euch noch von jemanden anderen.“ Der Capitano nickte und ließ den Gefangenen zur Seite schaffen. Man fesselte ihn zwar, aber ließ ihn ansonsten in Ruhe. Ich betete für ihn zu Gott, das es in meiner Abwesenheit so bleiben möge.

Ich schob also meinen nackten Leib in das Wasser und was kurz vorher noch für Erfrischung sorgte, brachte mich jetzt zum zittern. Ich bin kein großer Mann und das Wasser ging mir bis zur Brust. Kaum dass ich aus dem Uferbereich heraus kam, riss mich das Wasser fort und ich brachte erst nur unkontrollierte Schwimmstöße zu Stande, was mit einem Raunen unter den Soldaten quittiert wurde.
Ich fing mich sofort und führte kräftige Schwimmstöße aus, doch trieb ich sofort ab und bis ich das andere Ufer erreichen würde, rissen mich die Fluten bestimmt ne halbe Meile flussabwärts mit sich.
Es dauerte ungefähr ne halbe Stunde bis ich den hier ungefähr fünfhundert Fuss breiten Fluss durchschwamm. Längst waren die eigenen Leute hinter einer Biegung verschwunden und sowie ich das Ufer erreichte, wartete ich ob man nach mir suchte. Tatsächlich, fünf oder sechs gelbe Punkte erschienen zwischen Bäumen und Sträuchern, winkten mir zu und ich gab meinen Gruß zurück. So wusste Rodriguez nun dass ich es geschafft hatte. Ich erholte mich kurz und brach dann durch die Uferböschung um wieder flussaufwärts zum Südende der Furt zu gelangen.





Zehnter Teil

Fallo, befahl von der Galeone abzulegen, der große Kutter der Galeone, war mit reichlich Proviant und Wasser versehen um allen Eventualitäten vorzubeugen. Neidisch warfen Seeleute an Bord der Galeone ihre Blicke auf die Bootsbesatzung, als auch schon die Maate anfingen sie auf ihre Gefechtspositionen zu treiben. Obwohl der Kutter Mast und Segel hatte, verzichtete Fallo auf diese Möglichkeit um vom Gegner unbemerkt zu bleiben. So ließ er sich am Ruder nieder und befahlt der Mannschaft sich in die Riemen zu legen. Auch der Schiffsjunge war an Bord und saß am Bug neben dem Bootsmann, der den Schlag mit einer Pistole vorgab, indem er sie mit ihren Kolben auf eine Planke krachen ließ.

Die Aurelia kam nun immer mehr ab, hisste alle Segel und segelte Richtung Nordost, sich dem Feinde dabei langsam annähernd. Fallo wußte, dass niemand einen klaren Vorteil hatte in diesem Gefecht. Beide Schiffe hatten Rückenwind und egal welches Manöver sie auch tätigten, der Gegner würde ihn einholen. Auf der anderen Seite war die Galeone in der momentanen Situation in der Lage jede Bewegung des Feindes zu kontern und ein passieren an Bug und Heck zu verhindern. Doch noch hieß es warten, es würden noch zwei, mit ein wenig Glück auch drei Stunden vergehen bis der Feind in Reichweite der Kanonen ist.

Chilida schaute auf das große Stundenglas am Steuerrad. Noch sechs Stunden bis es dämmern würde, acht bis es Nacht ist. Kurz überlegte er noch einmal eine Flucht, aber der wolkenlose Himmel würde ihn auch in der Nacht für den Feind sichtbar machen. Er befahl auch die restlichen Boote der Galeone zu Wasser zu lassen und lies sie über ein langes Tau miteinander verbunden im Heckwasser des Schiffes hinterherziehen.

Fallo schaute nicht zurück, jede Kabellänge zwischen der Galeone und ihm, bedeuten ein Stück mehr Sicherheit für ihn und die Kutterbesatzung. Er musste lächeln, seit 24 Jahren fuhr er nun schon zur See, sieben Jahre bei Chilida und dieser Kutter wird nun sein erstes eigenes Kommando. Er ärgert sich über seine Gedanken. Erst muss die Galeone sinken, denn solange Chilida noch am Leben ist, würde ihm auch dieses kleine Fahrzeug nicht gehören. Er schämte sich und schaute nun doch wieder rüber zu dem großen Schiff. Sie war trotz ihres Alters imposant und er war sich sicher, dass auch der Feind ihr einen gewissen Respekt entgegen bringen wird. Dunkel leuchten ihre eichenen Planken in der Sonne, die roten Stückpforten mit den dunklen Kanonenschlündern, zeigten ihre vielen Zähne und die beigen Segel, dass sie vom Feind nicht flieht wird, sondern ihm entgegen strebt.

Chilida ließ die Kanonen der unteren Batterie mit Vollkugeln laden, die der oberen Batterie mit Kettenkugeln. Er war sich bewusst wie sehr der Kampf von der ersten Salve abhängen würde. Ketten wurden an den Rahen angebracht und bald würden auch die unteren Segel gerefft werden um mehr Platz an Deck zu bekommen und damit die Takelage nicht mehr so viel Schiffsvolk für ihre Bedienung fordern konnte. Musketen wurden an Deck gebracht, zwei Drehbasen zu den Krähennestern. Alles wollte durchdacht sein für diesen Kampf, alles muß bereit sein um den Gegner zu schlagen. Auf den Kampagnendeck wurden Entermesser, Beile, Handspaken, Pistolen und Piken verstaut um im Falle eines Enterkampfes alles bei der Hand zu haben. Auch die beiden Batteriedecks wurden mit Waffen für den Nahkampf versehen. Chilida schaute auf das Stundenglas, dann mit seinem Fernrohr auf das Schiff des Gegners. Nicht mehr lange und es würde losgehen.

„Bleibt ruhig Männer!“ Der Kapitän schritt von Geschütz zu Geschütz, nahm jeden der Vierundzwanzigpfünder in Augenschein, lobt die Bedienung wenn alles rechtens war, verhing Strafen wenn er Fehler entdeckte. „Nur Mut Leute, lasst uns unsere Haut teuer verkaufen!“ Chilida reichte seine Hand einem alten, vielleicht fünfzig Jahre alten Seebären, der wegen durchlittener Skorbut, kaum noch Zähne hatte und auf einem Augen erblindet war. „Na Louis alter Franzose, meinst Du wir werden es schaffen zusammen?“ Dem Seemann standen Tränen in den Augen. „Sicher mon Capitäne!“ Chilida wusste wie sehr die Männer auf ihn schauten und dass er stark bleiben muss. Jeden Zweifel, jedes Anzeichen seiner Furcht würde schlimmste Konsequenz haben für die Moral der Leute. Er ärgerte sich jetzt, nicht mehr Leutnants beschäftigt zu haben, es waren zwar mehr Maate und Bootsleute auf den Schiff als üblich, aber nun da Fallo von Bord gegangen war kein Offizier. Chilida musste am Leben bleiben solange bis die Aurelia gesiegt hatte oder gesunken ist.

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Fridericus Rex
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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 19:27

Elfter Teil

Mein Weg war alles andere als leicht, morastig Sumpfschlamm und ein dichter Schilfwald, der größer und dichter war als von mir vermutet, hinderte mich außerordentlich an meinem Fortkommen. Überall nisteten Flussvögel wie grauschwarze Rallen, Kormorane, Enten wie auch Wildgänse. Kam ich Ihnen zu nahe flogen Sie mit großen Geschrei auf und umkreisten in etlichen Meter Höhe mein Haupt, was mir bei meiner Mission nicht gerade hilfreich war. Ich musst so schnell wie möglich die Furt finden und aus diesem Sumpf endlich herauskommen. Jeder Schritt bereitet mir Mühe und mal sackte ich bis zum Knie ein, dann wieder bis zur Hüfte. Meine Kutte trug ich auf meiner Schulter und ich musste mich, sowie ich die Furt gefunden hatte, unbedingt reinigen.
Es dauerte ungefähr eine Stunde bis ich einen Pfad fand, der ausgetreten zur Furt führen musste. Ich eilte also zum Fluss und hörte wie ein Raunen von anderem Flussufer zu mir herüber wehte. Ich winkte, stieg in den Fluss um mich und meine Kleidung von dem Sumpfschlamm zu befreien, als ich gewahr wurde wie einer von Rodriguez Dragoner Anstalten machte den Fluss zu überqueren. Eilig winkte ich ab und erst nach dem Reiter und Pferd sich schon fünf Meter vom mir gegenüberliegenden Ufer entfernt hatten, kehrten sie um. Das ganze Szenario war nicht gerade unauffällig von statten gegangen und ich lauschte ob in meiner nähren Umgebung sich jemand näherte. Ich wartete ungefähr fünf Minuten und bis ich sicher war das niemand meine Anwesenheit und die meiner Gefährten bemerkte hatte, und folgte also wieder den von Pferd und Mensch ausgetrettenen Pfad ins Landesinnere.

Ich hatte ungefähr ne Meile zurückgelegt und suchte nach Spuren von Menschen die diese Gegend vor kurzen besucht hatten, fand aber keine. Doch ich wollte sicher sein und ging den Schilfgürtel nach Norden und Süden ab, bis die Dunkelheit hereinbrach und mich zwang einen Platz zum übernachten zu suchen. Wie gerne hätte ich ein Feuer gemacht, doch wäre das in meiner Lage und mit meinen Auftrag nicht zu vereinbaren gewesen. So legte ich mir meine Kutte zurecht, schnitt mir mit meinem Messer ein Bündel Schilf, auf dem ich mich lagern konnte und versuchte zu ruhen.

Überall hörte man Fische springen, Vögel schreien oder pfeifen, Grillen zirpen, ein Konzert der Natur das mir Gott bereitet um mich wachsam zu halten. Ich konnte so einfach keine Ruhe finden, geschweige den schlafen, und innerlich wurde ich von einer tiefen Vorsicht geplagt. Ich legte mich also Mal auf die eine, dann auf die andere Seite, stand wieder auf mit einem Fluch auf den Lippen, den ich als gottesfürchtiger Mann jedoch schnell wieder herunterschluckte und beschloss noch einmal mich in der näheren Gegend umzusehen. Der Himmel schien klar, und die Gegend wurde vom Schein des Halbmondes beleuchtet. Leise ging ich meines Weges als ich in weiter Entfernung einen Schein sah und eine dicke Wolke weißen Qualmes, die weithin sichtbar, zum Himmel aufstieg. Sollte ich versuchen die Sache aufzuklären? Solle ich mich und meine Mission gefährden, indem ich meiner Neugier nachgab?

Ich schlich mich also an, so leise ich konnte. Dichtes Gebüsch und ein tiefes Getreidefeld gaben mir Deckung, so dass ich bis auf hundert Fuss an einem Wäldchen heran kam über dem der Rauch aufstieg und durch dessen Bäume der Schein des Lagerfeuers zu sehen war. Pferde wieherten und Stimmen die ich vorher hörte, hielten inne um nach der Ursachen zu lauschen. Ängstlich blieb ich stehen, hockte mich nieder und kroch nur noch langsam dicht über den Boden gepresst, in die Richtung des Lagerplatzes.
Ich konnte mich auf fünfzig Fuss nähern und nahm drei Kavalleriesoldaten in Augenschein, die so gar nicht an diesen Ort passen wollten. Sie hatten Kürasse über Brust und Rücken geschnallt, ein Ausrüstungsgegenstand, den die spanische Armee noch nicht besaß. Aber auch zu den Portugiesen oder Engländern wollten die Uniformen nicht passen, doch wagte ich auch nicht näher heran zu gehen um das Rätsel über die Herkunft der Männer zu lösen.





Zwölfter Teil

Fallo überlegte kurz, es war schon fas eine Meile die sie von der spanischen Galeone trennte. Wenn er richtig gekoppelt hatte, dann war die kubanische Küste nicht mehr weit entfernt und müsste jeden Augenblick am Horizont sichtbar werden. Die Männer pullten ruhig und gleichmäßig immer zu dem etwas merkwürdigen Trommelinstrument ausholend. Der Schiffsjung stand am Bug und warf das Lot aus, sie machten fast drei Knoten und nicht mehr lange, dann konnten sie auch das Lateinersegel des Kutters am kurzen Mast hissen und die Männer an den Ruder würden eine verdiente Pause bekommen. Fallo zuckte zusammen, als der erste Kanonenschuss der Aurelia über das Wasser rollte. Die Fregatte konnte ihre Breitseite noch nicht lösen, musste sie doch noch etwas anluven um ihre Kanonen ausrichten zu können. Fallo wollte nicht zurück auf das Schiff blicken, was so viele Jahre Heimat für ihn gewesen war, doch nun hielt er das Fernrohr an das Auge um Einzelheiten des Kampfes zu verfolgen.

Chilida wollte das jeder Schuss saß, ruhig Stück für Stück löste die Batterien der Aurelia aus, schleuderten Kanonen und Kettenkugeln gegen den Gegner, der das Feuer bald erwidern würde, jetzt aber wehrlos den Beschuss hinnehmen musste. Ein Großsegel des Hauptmastes ging in Fetzen, und zwei Stückpforten des Gegners verbanden sich zu einer, mehr konnte Chilida nicht erkennen, doch zeigten sich nur wenig hochspritzende Fontänen um das Feindschiff, sodass man davon ausgehen konnte, dass die meisten spanischen Stücke getroffen hatten. Jetzt schossen die letzten Geschütze und auch wenn die ersten schon wieder nachluden, würden sie keine zweite Breitseite vor dem Feind lösen können.

Donnernder Krach und der Feind löste seine ganze Breitseite auf einmal. Wie ein Sturmwind schlugen die Kanonenkugeln des Gegners als eiserne Lawine in das Schiff. Chilida sah wie ein Geschütz nur wenige Fuß vor ihm getroffen aus seiner Lafette flog, Männer mit sich riss und auf der dem Gegner abgewandten Seite durch die Reling brach. Männer wurden auseinandergerissen, andere von dem Splitterhagel getroffen, den jede durch die Bordwand schlagende Kugel verursachte. Chilida holte tief Luft als das Chaos vorbei war, die Männer schon wieder die Geschütze ausrannten und das Feuer erwiderten. Langsam holte der Feind auf und Chilida sah mit Ärger, dass sich feindliche Matrosen bereits daran machten ein neues Segel am Großmast zu hissen.

„Sie scheint die erste Breitseite gut weggesteckt zu haben! Jetzt schießen sie schon wieder. Wenn es so weiter geht haben Sie eine gute Möglichkeit den Gegner zu besiegen.“ Die Männer an den Riemen pullten nicht mehr sondern sahen nun angestrengt zu den beiden Schiffen hinüber die vielleicht nur noch sieben- oder achthundert Fuß voneinander entfernt zu sein schienen. „Sie wollen die Aurelia entern. Wäre ein starkes Schiff für den Gegner mehr.“ Fallo stimmt den Bootsmann zu hielt aber alle an ihre Pflicht nicht zu vergessen. „Ihr dort hinten! Hisst das Segel, jetzt werden die Portugiesen keine Augen mehr für uns haben. Das Boot nahm unter den zusätzlichen Segeldruck merklich an Fahrt auf und Fallo hieß den Ruderern an, eine Pause zu machen. Ein letzter Blick auf die Schlacht und er sah wie die zweite Fregatte ihren Kurs änderte um in das Geschehen einzugreifen. Er schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf sein Boot und die darin befindlichen Männer.

Chilida konnte zufrieden sein, auch der zweite Beschuss des Gegners blieb für die Aurelia beinahe ohne Folgen und auch seine Männer schienen zu spüren das der Kampf gut für sie verlief. Der Gegner war jetzt gleich auf und versuchte die Aurelia an ihren Bug zu überholen. Wieder donnerten die eigenen Kanonen und diesmal konnte man auch ohne Fernrohr sehen, was für ein Gemetzel auf dem Schiff des Gegners statt fand. Immer wieder wurde jetzt ein helles Knallen zwischen dem Donnern der Geschütze hörbar. Ein Bootsmann drängte Chilida, sich in Deckung zu begeben, was dieser zögernd zuließ. Tatsächlich spritzen über all Splitter hoch, an den Stellen wo die Musketenkugeln ihren Flug beendeten. Auch die Drehbasen in den Krähennestern der Aurelia schossen auf den Feind und ihre Knallen brachte eine Kartätsche in Richtung des Gegners, die auf diese Entfernung aber nicht viel Wirkung haben konnte.

Fallo richtete das Boot noch ein wenig mehr nach Backbord aus und tatsächlich griff der Wind nun voll in das Segel. Er grunzte zufrieden und hieß Pietro an die Augen nach Süden zu richten, es musste doch jetzt endlich das Land auftauchen. „Leutnant seht die zweite Fregatte kommt unter vollen Segeldruck zur Schlacht. Fallo seufzte, war er doch schon vorher der Absicht des zweiten Gegners gewahr geworden. Gegen zwei Gegner hatte die Galeone keine Chance, es sei denn der erste Gegner würde sich vor deren eintreffen besiegen lassen. War es die wieder erwarten schwere Gegenwehr oder die erste glückliche Salve, der Gegner schien mit der Aurelia nicht fertig zu werden. Auch als er das spanische Schiff überholt hatte konnte er ihren Bug nicht kreuzen, weil Chilida der Bewegung folgte. Fallo gab die Hoffnung auf einen Sieg nicht auf, er bekreuzte sich und betete für das Schiff und seine Besatzung.

Der Gegner blieb Bord an Bord mit der Galeone und musste sich deren Feuer aussetzen, doch jedes Manöver der langsamen Galeone bremste sie und brachte sie dem zweiten Feindschiff näher. Nur schemenhaft konnte man das Schiff des Gegners ausmachen, soviel Pulverdampf stieg zwischen ihnen hoch und wurde mit jedem weiteren abfeuern der Geschütze größer. Jammernd fliegt eine Kugel durch die Schanze am Mitteldeck brach sich ihren Weg erst durch Holz dann durch Leiber. Verdutzt schien ein Mann zu sein als sein Rumpf zu Boden fiel, da seine Beine weggerissen wurden. Keiner hatte ein Blick für ihn nur Chilida stieg Übelkeit in der Kehle hoch. „Die Fregatte kriegt Schlagseite!" Chilida konnte es nicht glauben, doch der Steuermann hatte Recht. Sie sackte nach Steuerbord durch und ihre Geschütze schossen immer unregelmäßiger. Sie verlor auch an Fahrt und war nun gleich auf mit der Aurelia, der Kampf schien gewonnen zu sein und die Männer fingen an zu jubeln. „Schießt weiter ihr Hunde sonst macht uns der Zweite fertig, bevor wie den ersten zu den Fischen geschickt haben!“ Der Steuermann schüttelte seinen Kopf. „Das glaube ich nicht Herr, seht!“ Ungläubig drehte sich Chilida um. „Das darf und konnte doch nicht wahr sein!“

Fallo wurde blass, er glaubte schlecht zu sehen, rieb sich die Augen und schaute noch einmal zu der zweiten Feindfregatte rüber. „Sie verfolgt nicht die Aurelia! Sie verfolgt uns!“ Wir haben das Segel zu früh gesetzt, die kommen um uns fertig zu machen. „Wenn Kuba doch endlich auftauchen würde!“ Die Männer tauchten ohne Kommando die Ruder ein und pullten was das Zeug hielt. Jeder gewonnene Fuss zwischen Ihnen und den Feind bedeutete ein paar Sekunden längeres Leben, vielleicht sogar die Rettung. Tief bohrte sich der Bug des Kutters in das Wasser, Gischt spritze hoch und durchnässte den Jungen am Bug von Kopf bis Fuß. So sehr er sich anstrengt er konnte das Land nicht entdecken und Tränen stiegen ihm in die Augen, im Angesicht der sich nähernden Fregatte. Noch war sie ein paar Meilen entfernt, doch lange würde es nicht dauern bis ihre Jagdgeschütze Tod und Verderben über sie bringen würden.





Dreizehnter Teil

Ich blieb still liegen, selbst das Atmen versuchte ich zu unterdrücken. Zwei der Männer fingen bald wieder an zu reden in einer Sprache die ich noch nicht identifizieren konnte und auch die Pferde schienen sich wieder beruhigt zu haben. Langsam legte sich die Aufregung und langsam, ganz langsam, kroch ich weiter auf das Feuer zu. Die Flammen beleuchtete die Gesichter der Männer und ich musste zugeben, dass es wirklich sehr große stattliche Kerle waren. Einer von ihnen lachte, während der andere anscheinend verärgert über die Worte des ersten seinen Dreispitz vom Kopf nahm und damit dem ersten einen Schlag versetzte. Ein kurzes Knurren des Dritten, mir mit seinem Rücken zugewandten Mannes und sie beruhigten sich wieder und schauten still auf das Feuer, das munter vor sich hin prasselte und seine es nährenden Scheite knacken ließ.

Ich war vielleicht noch dreißig Fuß entfernt und beschloss in dieser Deckung liegen zu bleiben, als der mir mit seinem Rücken Zugewandte aufstand und etwas auf den Boden fallen ließ. Es war etwas kleines Schwarzes und obschon ich Böses ahnte, blieb ich doch starr vor Schreck liegen, als der Soldat eine lange Pistole auf mich richtete. „Wie wäre es Caballero wenn ihr aus Eurem Versteck kommt und Euch an unserem Feuer erwärmen würdet! Die Alternative steckt hier in meinem Lauf!“
Gedanken rauschten mir durch den Kopf und mir wurde die Entscheidung abgenommen als der Mann zielsicher auf mich zukam und mich mit starker Hand einfach hochriss und vor sich auf den Boden stellte. „Ein Padre!“ er war überrascht, genauso wie ich der sich nicht erklären konnte auf welcher Art und Weise entdeckt worden ist.

Auch die beiden Gefährten des Kavalleristen sprangen nun herbei mit blankgezogenen Säbeln. Er hieß sie auf seiner Sprache, ich glaubte es als Deutsch erkennen zu können, an sich wieder zu setzen und wiederwillig folgten sie seinem Befehl. „Nun denn Padre, was führt Sie zu uns auf diese ungewohnt diskrete Art und Weise? Oder lagt ihr auf dem Boden um den lieben Herrgott zu preisen?“ Die beiden anderen lachten rau und laut. Ich erwiderte nichts, denn endlich wurde ich über meine Entdeckung aufgeklärt, als ein kleines schwarzes Tier mir um die Beine sprang. „Platz Goliath!“ Freudig mit einem kleinen winzigen Schwanz wedeln folgte das kleine Wesen seinem Herren indem es neben seinem hohen Stiefeln Platz nahm. Sein Besitzer musterte mich eingehend mit seinen unter dem Dreispitz hervor funkelnden Augen und schubste mich in die Richtung des Lagerplatzes und hieß mich auf einem Baumstamm Platz zu nehmen.

Unsicher mustere ich die Drei, die mir keine Fragen stellten sondern ihr Gespräch weiter führten als wäre nichts geschehen. Ihr Anführer fing an sein kleines Tier zu streicheln, kramte dann in einem Beutel und zündete sich eine lange Meerschaumpfeife an. Es vergingen stille Minuten und endlich besiegte meine Neugier die mir innewohnende Furcht und ließ mich nach dem verräterischen Tier fragen, das brav an der Seite seines, im Vergleich, riesigen Herren kauerte. „Ein Prager Rattler nennt man diesen Hund. Ein tapferer kleiner Kerl, aus Mähren stammend. Es freut mich, dass ihr ein wenig auftaut Pater. Wenn es mir erlaubt es mich Euch vorzustellen, werde ich das gerne tun und meine beiden Gefährten sicherlich auch.“ Ich nickte und kaschierte meine Neugier so gut es ging.
„Mein Name ist von Knippenburg, Rittmeister in der Armee des Königs von Preußen, sehr angenehm Signior!“ Er lüftete seinen Dreispitz und mit Erstaunen nahm ich erst jetzt eine stählerne Haube darunter wahr. Einer der anderen Herren stand auf machte eine angedeutete Verbeugung und lüftete gleichfalls seine Kopfbedeckung. „Rittmeister von Neblingen, stets zu Euren Diensten Pater!“ Und zu guter letzt leistet mir auch noch der größte und jüngste der Soldaten seinen Gruß. „Leutnant Tamfelder, gleichfalls treuer Untertan des Hauses Hohenzollern.“ Ich stand also auch auf, verbeugte mich und stellte mich vor.

„Sebastiano Komperon, fahrender Geistlicher, Schriftsteller und Weltenbummler, ständig auf der Suche nach denjenigen, die für ihre Seele Frieden brauchen. Darf ich, die mir in meinem Land doch sehr fremd wirkenden Soldaten fragen, was der Grund ist für einen Besuch Spaniens? Von Neblingen antwortete, während er sich wieder auf seinen Sattel fallen ließ, der ihm schon vorher als Sitzmöglichkeit diente. „Wir haben für König Carlos, die Kavallerie seiner Armee geschult und reformiert, Wissen ausgetauscht und gegeben wie es unter befreundeten Nationen viel zu selten vorkommt, weil Furcht und Zwist, das Vertrauen stetig belauern und zu zerstören erachten. König Karlos und unser Herr König Friedrich Wilhelm von Preußen haben einen Pakt geschlossen, von Eurer Kirche nicht gern gesehen wie ich befürchten muss, beten wir zwar zum gleichen Gott, aber auf verschiedene Art und Weise.“

Er hielt inne als der Oberst seinen Pfeifenkopf am Stiefel leerte und bereits neuen Tabak aus den Beutel holte, kaum das er mit der Leerung geendet hatte. Ein kurzes Nicken und der Rittmeister fuhr fort. Doch leider wurde uns von unserem König Neutralität befohlen, was von Eurem König Carlos zugestanden und toleriert wird, sind doch auch wir von Feinden umgeben die nur nach einen Grund lauern um uns zu überfallen und Land, Gut und Volk zu nehmen. Komisches Bündnis, dass keiner Seite wirklichen militärischen Beistand bring. Aber wie sagt das Sprichwort, bin ich an Freunden reich, brauche ich kein Gold. Jetzt reisen wir als private, wie neutrale Gesellschaft und suchen uns in diesem Konflikt zu bilden. Seht uns diesen Eigennutz bitte nach, aber ein Soldat ist immer auf der Suche nach einem Schlachtfeld, auch wenn er nicht aktiv daran teilnehmen darf.“

Ich wusste nicht was ich von dieser seltsamen Reisegesellschaft halten sollte und beschloss ihnen nur die halbe Wahrheit zu sagen, leistete ich doch Gelübde nicht zu lügen denn lieber zu schweigen. Ich erklärte ihnen, dass ich auf der Suche nach den Portugiesen war um zu sehen wie weit sie schon darin fortgeschritten sind die heilige Erde Spaniens zu verwüsten. „Sollte ich sie treffen…..“ ich merkte das ich zornig wurde „so bleibt mir nur, ihnen ihr sündiges Handeln vor Augen zu führen und mit Gottes Hilfe ihnen Erleuchtung zu bringen.“ Leutnant Tamfelder lachte laut auf, was ein peinliches Schweigen seiner Gefährten zur Folge hatte. Auf meine Frage, was Ihn denn an meinen Worten belustigte, antwortete er munter. „Währet Ihr nur früher geboren worden, so hättet ihr Euer Volk vor vielen Verbrechen abhalten können, die es vor allem im Namen unseres lieben Herrgott an anderen Menschen gar Völkern und Ländern begangen hat.“





Vierzehnter Teil

Kapitän Chilida war ratlos, das Gefecht mit der Fregatte lief zufriedenstellend, aber was ist mit der Kutterbesatzung? Sollte er sie in Stich lassen, in der Hoffnung vielleicht doch noch davon zu kommen. Er sah in die Takelage wo zerfetzte Segel an gebrochenen Rahen hingen, Der obere Teil des Besam baumelte nur noch an der Takelage, kein Fetzen Tuch der nicht durchlöchert wäre. Mit diesen Schiff flieht keiner mehr. „Wie weit schätzt ihr Steuermann den Feind von unserem Kutter entfernt?“ Der Steuermann sah durch das lange Signalrohr. „Zwei Meilen vielleicht. Nicht mehr lange und sie werden mit ihren Buggeschützen das Feuer eröffnen.“

Fallo war außer sich, wenn ihm nur ein Ausweg einfallen würde. Immer noch war von der Küste Kubas keine Spur zu sehen und längst zweifelte er an seiner Berechnung die er zur Mittagssohne gemacht hatte. Er schaute nach vorne zu Pietro und dem Bootsmann die beide versuchten mit kleinen Bütten das über den Bug hereinbrechende Wasser wieder auszuschöpfen. Sie mochten jetzt ungefähr 4-5 Knoten schnell sein, was immer noch zwei Knoten unter der Geschwindigkeit der Fregatte liegen musste. War es eine Drohgebärde, eine Aufforderung zur Kapitulation, die Fregatte schoss jedenfalls schon jetzt einen ungezielten Weitschuss auf den Kutter, der etliche Kabellängen hinter den Boot ins Wasser schlug. „Ruhig Männer, die wollen uns nur den Schneid abkaufen.“ Wie zur Bestätigung schoss jetzt auch das zweie Geschütz am Bug der Feindfregatte und auch wenn die Kugeln weit hinter dem Boot ins Wasser schlugen, waren sie doch auf einer Linie mit ihm und Fallo gestand den Kanonieren zu, das sie ihr Handwerk verstehen.

Chilida hielt nun nichts mehr, seine Leute brauchten Hilfe, und das sofort. „Klar zur Wende! Sebastian schick Männer in die Masten damit wir sauber rum kommen!“ Die Aurelia wandte sich langsam nach Steuerbord vom Gegner ab, der gerade wieder etliche seiner Kanonen auf die Galeone abfeuerte. Er schien sein Leck unter Kontrolle bekommen zu haben, hatte sich doch seine Lage kaum verändert. Dennoch folgte er der Galeone nicht und schien vorerst genug vom Kampf mit ihr zu haben. Die Aurelia hatte genug Fahrt für dieses Manöver und mit donnernden Krach schlugen die Rahen um als sie aus den Wind ging. Chilida war zufrieden, wurde doch von seiner Mannschaft das Manöver sauber ausgeführt. Dennoch zweifelte er daran ob er rechtzeitig seinem Leutnant Hilfe bringen konnte. „Die Fregatte wendet!“ Wieder fuhr Chilida rum und wandte sich dem gerade vorher noch aus dem Gefecht zurückziehenden Gegner zu, der nun gleichfalls aus den Wind herausging und nach Süden ausholte.

„Wird er uns folgen?“ Chilida hatte sich eher selbst die Frage gestellt. Wollte das Feindschiff wirklich riskieren den Kampf fortzuführen? Chilida atmete auf als die Fregatte elegant aus ihrem Südkurs nach Westen ging und somit ihnen nicht folgen würde. Gerade jetzt merkte man das sie schon ziemlich viel Wasser unter Deck haben mußte, konnte man ihre Neigung jetzt genau erkennen. Der Steuermann pfiff durch die Zähne. "Verdammte Schweine, die kreuzen an unseren Heck vorbei." Erst jetzt schien Chilida die Absicht des Feindes zu begreifen und stellte fest, dass die Fregatte seit dem Beginn des Manövers nicht mehr geschossen hatte. Wahrscheinlich würde deren Kapitän jetzt ähnlich wie er von Geschütz zu Geschütz gehen um die Bedienungen einzuweisen. Chilida hat nicht mal die Heckkanonen besetzen lassen, so sicher war er gewesen, dass der Feind nun genug hatte. Jede Kugel aus einer der Kanonen des Gegners würde durch den Heckspiegel schlagen und über der ganzen Länge des Decks, brutale Zerstörung mit sich bringen. „Deckung!“ schrie Chilida und duckte sich hinter der Schanze am Heck des Schiffes. Stück für Stück donnerte es vom Feind herüber, überlegt und genau gezielt, knallten die Kugeln in das spanische Schiff.

Einen kurzen Moment trauerte Chilida um seine Kapitänskajüte, wie sie nach dem Gefecht aussehen würde, daran wollte er nicht denken. Männer schrien, Rohre der Geschütze brachen aus ihren Lafetten, begruben Menschen unter sich, die teilweise durch die heiß geschossenen Kanonenrohre, zusätzlich gemartert wurden. „Der Großmast fällt!“ Schreie der Seeleute, die noch vorher in seinem Krähennest gestanden und gekämpft hatten versuchten sich krampfhaft festzuhalten als sie mit dem Mast über Bord gingen. Schreiend schlugen sie zusammen mit den Trümmern ins Wasser, kaum einer wird diesen Sturz überlebt haben können. Und wenn dann würden sie nun ertrinken, was sicherlich kein gnädigeres Los sein konnte. Gerade in dem Moment wo Chilida Befehl zum kappen der Taue gab, die den Mast immer noch mit dem Schiff verbanden, wurde ihm schwarz vor Augen und alles verschwand in einem hellen Schein. Leicht wurde ihm und daraufhin war nur noch alles Nichts… .





Fünfzehnter Teil

Ich war beleidigt, wenn ich auch genau wusste, worauf der Leutnant hinaus wollte. Von Knippenburg richtete seine Augen auf den Leutnant und dieser wurde wieder ernst und starrte in das Feuer. Ich selbst fühlte mich nicht sonderlich wohl, wollte die Worte des Leutnants aber auch nicht unter den nicht vorhandenen Tisch fallen lassen.
„Auch Eure Nation wird, sollte sie einmal über mehr Macht verfügen, Gewalt und Mord in andere Länder tragen. Es scheint eine Gesetzmäßigkeit in der Geschichte zu sein, dass Macht Tod und Verderben über diejenigen bringt, die sich nicht gegen sie behaupten können. Doch möchte ich Euch auch darauf hinweisen, dass der deutsche Orden in Polen und Litauen genauso gewütet hat, wie die Konquistadoren in der neuen Welt.

Von Neblingen winkte ab. „Schwieriges Thema für eine so späte Stunde, lieber Herr Pater. Lasst uns lieber ruhen, damit jeder am Morgen ausgeruht seinen Weg gehen kann.“ Mit diesen Worten legte der Leutnant noch einmal trockenes Holz auf das Feuer und jeder für sich suchte es sich bequem zu machen. "Eine Frage noch die Herren, saht ihr Portugiesen in der Gegend?" Der Rittmeister schüttelte den Kopf. Noch haben wir keinen Kontakt gehabt aber wir hoffen weiter im Westen sie beobachten zu können."
Da ich nur meine Kutte bei mir trug, brachte der Obrist mir eine Pferdedecke und so kam auch ich langsam zu Ruhe. Die Nacht war kalt und trotz der Decke frierte ich sehr, wodurch ich nur wenig Schlaf fand. Es war kurz vor Sonnenaufgang als ich endgültig wach wurde, getrieben von meinen Auftrag und meiner inneren Unruhe. Langsam brach das Dämmerlicht über den Horizont und es würde noch einige Zeit dauern bis sich die Sonne zeigen würde. Dicker Dunst lag über der Landschaft und langsam erwachte auch die Natur. Ich wollte mich beeilen, meine Expedition würde an Wert verlieren, je mehr ich hier am Lager der Preußen meine Zeit verschwenden würde. Und so packte ich mein Bündel, legte die Pferdedecke zusammen und wollte gerade aus der Runde der Schlafenden heraustreten, als der junge Leutnant wach wurde. „Ihr wollt ohne Abschied gehen Pater?“ Ich entschuldigte mich und bat ihn zu verstehen, dass ich kein Freund großer Abschiede war und mir eher die Worte für das Wiedersehen aufheben möchte. So gab er mir dennoch die Hand und deutete eine Verbeugung an. „Nehmt mir meine Worte nicht übel Pater. Ich liebe den Frieden und die Stille, hätte kein Soldat des Königs werden dürfen, doch hatte mich mein Vater dazu gedrängt. Und wie ihr unserem obersten Vater folgt, so folge ich meinem.“ Ich winkte ab. „Sorgt Euch nicht, lieber Tamfelder. Ich werde Euch und Eure Gefährten in guter Erinnerung behalten.“

Ich trat nun aus dem Wäldchen und eilte wieder hinunter zum Fluss, suchte nach der Furt und begann noch einmal aufs Neue die Umgebung nach Menschen abzusuchen. Ich ging also den Pfad zur Furt ab, kontrollierte den Schilfrand nach Spuren, spähte nach Bauern die ihre Felder bestellten oder Reisenden die ich befragen konnte. Niemand war zu dieser Stunde in dieser Gegend. Die Sonne stand nun schon weit über den Horizont und ich eilte ans Flussufer und signalisiert zu der anderen Seite, dass alles in bester Ordnung sei. Rodriguez blieb Vorsichtig und in kleinen Gruppen überquerte seine Schwadron den Fluss. Sogar die Pferde hatten Mühe den Guadiana zu passieren, einer der Dragoner stürzte vom Rücken seines Pferdes als dieses den Halt am Grund der Furt verlor und blieb mit seinem Stiefel im Steigbügel des Sattelzeugs hängen. Bevor ich reagierte war es Rodriguez selbst der in voller Uniform ins Wasser sprang um dem Soldaten Hilfe zu bringen.
Mit schnellen Schwimmstößen erreichte er das Pferd schnitt den Riemen des Steigbügels durch und nahm den leblosen Körper des Soldaten ins Schlepp.

Kaum das der Capitano das Ufer erreichte, stürzte ich zu ihm und fing an den leblosen Körper die Brust einzudrücken. Keiner der Soldaten schritt ein um mein seltsames Tun zu unterbrechen, sie vertrauten mir und tatsächlich kam wieder das Leben in den schlaffen Körper und der junge Dragoner fing an sich zu übergeben. An das Pferd dachte in diesem Moment keiner mehr, und längst war es verschwunden. „Gebt ihm das Pferd vom Pater und wenn er noch einmal in den Fluss fällt, soll er ertrinken.“ Ich war erbost. „Und was ist mit mir? Worauf soll ich reiten?“ Rodriguez dachte kurz nach und suchte nach Worten. „Es wäre für uns alle besser, wenn ihr unsere Abteilung verlassen würdet Pater. Ihr werdet sicher dringender bei der Infanterie des Königs gebraucht. Ich lasse Euch eines der Maultiere bringen, auf dem ihr zur Armee zurückkehren könnt.“ Ich wollte meinen Protest äußern, doch der Capitano winkte ab und ging mit seinen Leutnants zum Fluss um das Überqueren der restlichen Dragoner zu überwachen. Erst jetzt wurde mir gewahr, dass der Gefangene fehlte. Auf meine Frage nach ihm wurde mir mitgeteilt dass auch er zu der Armee des Königs zurückgeschickt worden sei.

Ich fühlte mich von Rodriguez betrogen, hatte ich ihm doch einen wichtigen Dienst erwiesen. Spätestens nach meinen Einwand, bei der Behandlung des Gefangenen, merkte ich wie sehr ich in seiner Gunst gefallen bin. Nun ich nahm das Maultier kehrte aber nicht zum Nordufer des Flusses zurück, sondern machte mich allein auf das Westufer zu erkunden, auch auf die Gefahr hin auf die Portugiesen zu treffen. Die Dragoner ließen mich passieren und auch Rodriguez schien uninteressiert an meinem Vorhaben zu sein und ließ mich passieren. So nahm ich Abschied von den Reitern, betete für sie und wünschte ihnen allen viel Glück.

Langsam vor mich hin trabend, folgte ich dem Weg, der von der Furt in Richtung Landesinnere führte. Die Dragoner sprengten dagegen in Richtung Süden davon, eine große Staubwolke dabei bildend. Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte jemand so vorsichtig bei der Überquerung des Flusses sein und jetzt solch ein Zeichen in die Landschaft setzen? Ich hatte damit nichts mehr zu tun und ging nun alleine meines Weges. Dieser führte an vielen Feldern vorbei und endlich sah ich ein Dorf, deren weiß verputzte Häuser ungefähr eine Meile entfernt aufleuchteten. So eilte ich mich es zu erreichen und passierte gegen Mittag den Ortsrand, wo mich bellende Hunde begrüßten. Ein alter Mann kam mir entgegen grüßte und so gab ich ihm meinen Segen und bat ihn mir zu sagen wo ich Essen und Trinken bekommen könnte, hatte ich doch fast einen ganzen Tag nicht zu mir genommen. Nichts schien hier daraufhin zu deuten das der Feind im Lande stand und die Bewohner des kleinen Ortes gingen ihre Arbeit nach. So fragte ich ob man Fremde in der Nähe gesehen hätte und ob sie noch nichts vom Krieg mit Portugal vernommen hätten. Mit Erstaunen und Angst reagierten die Bauern und ein Schmied erzählte mir von einem Fremden, der gestern in den Ort geritten sei und danach fragte wo die nächste spanische Garnison stand, da er Hilfe brauchte, sei er doch von Räubern überfallen worden. „Und was habt Ihr erwidert?“
Der Schmied sah den Schreck in meinen Augen und zögerte mit seiner Antwort. Verlegen klopfte er den Dreck von seiner speckigen Lederschürze. „Ich habe ihnen von den vielen Reitersoldaten am Fluss erzählt die Kiko gesehen hatte als er Reusen aus den Fluss zog. Es mussten so um die 150 Soldaten gewesen sein, die sicherlich die Räuber stellen würden.“ Ich trat zu den Schmied, packte den kräftigen Körper am Leder seiner Schürze. Worauf er instinktiv meine Hand fasste und sie losriss. „Ist Euch nichts an dem Kerl aufgefallen? Hat er normal gesprochen? So wie wir jetzt miteinander?“ Der Schmied verneinte und gab zu das der Reiter einen Akzent hatte.“ Ich nahm das mir dargereichte Brot und Wasser, lud es in eine der Satteltaschen, mahnte die Dorfbewohner vorsichtig zu sein, könnten doch Portugiesen kommen die ihr Dorf plündern wollen, oder von ihnen Informationen forderten, wahrscheinlich mit Gewalt und folgenden Tod. Verschreckt eilten die Bauern zusammen und redeten hastig miteinander während ich dabei war mein Reittier zu besteigen und den Ort zu verlassen.

Was sollte ich nun tun. Mit einem Maultier die schnellen Reiter der Schwadron folgen? Niemals würde ich rechtzeitig bei Ihnen sein um sie warnen zu können, dass der Feind über ihren Standort Bescheid wusste. Ich erinnerte mich an die drei Preußen, sie waren meine Chance und auch wenn ich sie nicht mehr im Wäldchen antreffen würde, könnte ich sie doch mit ein wenig Glück einholen, waren sie doch in Richtung Westen unterwegs. Sie hatten schnelle Pferde und wenn sie auch neutral waren so hoffte ich, dass sie mir ein Pferd leihen würden.

So trat ich meinen Zossen in die Seiten und aufgeschreckt trabte es hastig voran, dabei laute Schreie ausstoßen. Den Hunger vergaß ich, nur einen flüchtigen Schluck aus dem Wasserschlauch gönnte ich mir. Langsam wurde mir bewusst wie wenig ich noch meinen Pflichten als Pater nachkam und mein Leben und mein Handeln immer mehr das eines Abenteurers glich. Doch innerlich wusste ich wie viel Leid ich noch erfahren würde und wie sehr mich die Menschen brauchen würden.
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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 19:29

Sechzehnter Teil

Fallo durfte nicht aufgeben, doch die Kräfte der Männer ließen nach und lange würden sie nicht mehr die Geschwindigkeit, mit der sie den Kutter durchs Wasser trieben, halten können. Schon die letzten Schüsse haben nur zwei Kabellängen entfernt ins Wasser geschlagen und riesige Fontänen hochgeschleudert. Fallo meinte dass es wohl schwere Achtzehnpfünder waren mit denen die Fregatte am Bug bestückt worden ist.

Pietro, der Schiffsjunge starrte immer wieder nach vorne, ließ seinen Blick über den Horizont gleiten, doch noch war nichts zu sehen außer dem Blau des Meeres. Doch halt was sah er da? Nicht auf den Horizont im Himmel war etwas was blinkte und immer wieder als Punkt auftauchte. „Dort hinten sind Vögel, es kann nicht mehr weit sein.“ Pietro freute sich, griff wieder zum Eimer und lenzte weiter das Boot zusammen mit dem Bootsmann.

Gerade als Fallo den Entschluss fasste einen der Männer abzulösen und auch den Bootsmann dazu anhielt einen Platz auf der Bank zu besetzen, traf sie ein Blitz der wie Wetterleuchten anmutete. Ein Windstoß packte das Boot und schaukelt es hin und her, gefolgt von einem rollenden Donner. Fallo sah in die Gesichter der ihm zugewandten Männer und ahnte schreckliches. „Die Aurelia ist in die Luft geflogen!“ Er drehte sich um an die Stelle wo er sie noch vor wenigen Minuten wenden sah und jetzt eine riesige Trümmerwolke, die umhüllt von weißem Pulverdampf in sich zusammensackte. Chilida war tot und mit ihm hunderte Freunde und Bekannte.

Kurz hielten die Ruderer inne, jeder in seinem Entsetzen über diesen Verlust gefangen. Wie konnte solch ein starkes Schiff sinken, ein Schiff das selbst im Sturm noch ein sicherer Hort gewesen ist, geführt von einem Mann der hart war, aber auch mehr zahlte als jeder andere Reeder? Die Trümmer spritzten ins Meer, sehr weit vom eigentlichen Unglücksort entfernt.

Noch bevor der Leutnant den Befehl zum weiterrudern geben konnte, war es der Feind der ihn gab. Wieder ein Schuss, wieder eine weiße Rauchwolke am Bug der Fregatte und heulend jammerte die Stückkugel Richtung Kutter, klatschte ins Meer prallte an der Oberfläche ab und keine fünfzig Fuss vom Boot sank sie endgültig auf dem Meeresgrund. „Leutnant, Leutnant! Sehr dort hinten spritzt Gischt hoch, das ist unsere Rettung!“ Der vom Bootsmann abgelöste Seemann war außer sich. Fallo ruderte weiter. „Was siehst Du Junge, worauf willst Du hinaus?“

Halten wir auf diese Untiefen zu, kann uns die Fregatte nicht folgen. Fallo begriff sofort. Die Karibik ist voll von Sandbänken und Riffen, die von jedem Seefahrer mit Angst und Schrecken bedacht wurden. Nun könnten sie die Rettung sein und so hieß er den Seemann der nun an seiner Stelle das Ruder hielt, den Kurs zu folgen den der Matrose im Bug vorgab.

Nun schoss die Fregatte wieder und diesmal ging der Schuss vierzig Fuss an der Backbordseite des Bootes ins Wasser. Auch ein zweites Geschütz spuckte ein Projektil aus, dass wimmernd heran rauschte und kurz hinter dem Heck des Bootes einschlug. „Die Schweine können schießen, dass es eine helle Freude ist, wären wir nicht die Zielscheibe.“ Der Seemann der die Worte sprach lachte bitter. „Schnauze Kerl oder Du kannst dir unseren Tod vom Wasser aus anschauen."

Immer wieder tauchten die Ruder des Kutters ins Wasser, der Bug tauchte tief ein, wurde wieder aus dem Wasser herausgedrückt um kurz darauf wieder von Bugwasser umspült zu werden. Es war die letzte Anstrengung zu den die Männer in der Lage waren, da half auch Fallo´s fluchen und schlagen nichts mehr. Er brüllte sie an, beleidigte sie, schlug mit seinem in der Scheide steckenden Degen auf sie ein, doch es half nicht, der Schlag wurde langsamer und langsamer. Noch hatte keiner der Kugeln getroffen doch würde es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie versenkt werden um dann im Meer zu ertrinken oder von Haien gefressen zu werden.

„Sie dreht bei! Mein Gott, Jesus, Maria! Sie ändert ihren Kurs.“ Kurz flammte Hoffnung in Ihnen auf doch dann begriff Fallo, sie selber sahen die Untiefen nicht aber die Fregatte schon, hatte sie doch hohe Masten von denen man das Riff überblicken konnte. So drehte sie nun bei und mit Schrecken sahen die Spanier in ihrer Nussschale zu wie sich auf dem Kriegsschiff die Stückpforten der Batterie öffneten und die Geschütze ausgerannt wurden. „Rudert weiter Jungs, wenn sie uns bis jetzt nicht getroffen haben, werden sie es auch jetzt nicht tun.“ Die Worte des Offiziers klangen nicht besonders glaubwürdig und der Kutter trieb nun endgültig durchs Wasser als die Männer die Riemen nicht mehr eintauchten um dem Tot entgegen zu sehen.

„Ich sehe Land!“ Pietro war außer sich, jetzt wo sie am Ende waren, sahen er Ihr Ziel. Vielleicht hatte auch deshalb das Kriegsschiff beigedreht, weil es sie nun hindern musste die immer näher kommende Küste zu erreichen. Donnernd feuerte das Feindschiff auf das Boot, löste fast zwanzig Kanonen aus, deren Kugeln nun rund um das Boot herum einschlugen. Zwei Kugeln kreuzten sich über den Köpfen der Männer schlugen vor den Bug ins Wasser und sprangen noch einmal in hohen Bogen davon bis sie endgültig im Meer versanken. Fallo sah nun seine Chance und der Kutter fuhr weiter in die Untiefen hinein. Sie hatten Glück, doch keiner war sich sicher ob es noch lange anhalten würde. Noch einmal brüllte der Gegner auf, spuckte sein Eisen auf sie aus, doch wieder, so dicht die Schüsse auch lagen, trafen sie nicht. Nur noch wenige Schläge und sie waren endgültig aus der Schussweite der Portugiesen heraus und dann würden sie Land erreichen und der spanische Vizekönig über den Krieg mit Portugal Bescheid bringen.





Siebzehnter Teil
Ich eilte nun also wieder zum Wäldchen zurück, sprang von meinem nicht gerade vortrefflichen Reittier, dass aber seltsamer Weise noch wenig Ermüdungserscheinung zeigte und suchte nach Spuren der preußischen Kavallerieoffiziere um ermessen zu können wie lange ihr Aufbruch schon her sein mag. Lange brauchte ich nicht zu suchen, sie mussten am späten Vormittag aufgebrochen sein, trieb sie ja auch nichts zu Eile an, die Spuren waren noch nicht trocken und so folgte ich ihnen wieder runter auf den Weg nach Westen der entlang des Guadiana führte.

Ich ritt fast drei Meilen und in der späten Nachmittagssonne beschloss ich nun doch Pause zu machen, war ich doch seit Tagen ohne rechten Schlaf unterwegs und mein Magen eine zusätzliche Quelle meines Leidens. Knurrte und grollte er mir doch, weil er nichts zur Beschäftigung hatte. So legte ich mich unter einer Weide am Rand des Weges und nahm die karge Kost zu mir, die mir die Dorfbewohner gereicht hatten. So sagte mir mein Kopf das ich weitereilen sollte, doch mein Körper brauchte einen Moment der Ruhe und so legte ich mich hin, deckte meine Augen ab in dem ich sie mit meinen Arm schützte und dämmerte vor mich hin.

„Ihr da, steht auf!“ Ich fuhr erschrocken auf und sah ein paar Gestalten in schweren Ledermänteln gekleidet und schwarzen Dreispitz auf den Kopf um mich herum stehend. Derjenige der mich anrief trat mir, um seinen Worten Gewicht zu verleihen, mit seinem Stiefel in die Seite, was mich empört über die rohe Behandlung auffahren ließ.
„Ihr vergeht Euch an einem Diener Gottes!“ Ein anderer, etwas klein und untersetzt, meckerte auf. „Und was soll das heißen? Haben wir als Gottes Kinder andere Rechte?“ Sie sprachen mit einem fremden Akzent und so schwante mir nichts Gutes bei den Burschen. Vier waren es an der Zahl und ihre von weißem Schaum bedeckten Pferde, zeigten dass sie sehr schnell geritten sein mussten. Eine sich langsam auflösende Staubwolke verriet mir, dass sie aus dem Osten kamen.

„Meint ihr er ist es?“ Ich schaute ihnen erschrocken in die Gesichter. Sie suchten mich? Wie kann das sein. „Schaut wie verdutzt er hereinschaut, er wundert sich um dem Grund. Nun Pater wir wollen Eure Heiligkeit nicht lange auf die Folter spannen. Wir haben jemand in dem Dorf, der unsere Sache unterstützen möchte, so dass er zu uns eilte um uns von Eurem Vorhaben zu berichten. Wir lagerten in der Nähe um, wie ihr Euch bereits gedacht, die portugiesische Armee zu schützen, bzw. zu warnen wenn ihr Gefahr droht. Zum Beispiel vor einer Schwadron Kavallerie in ihrem Rücken. Nun macht keinen Ärger wir sind zum äußersten ermächtigt und gewillt. Gebt ihm eins von unseren Pferden!"
Jeder von diesen Strolchen hatte ein zweites Pferd dabei um lange Distanzen ohne Unterbrechung überbrücken zu können. So gab man mir nun eines davon, hieß mich aufsteigen, fesselte meine Hände vorn zusammen und ließ die Ärmel darüber hängen, so dass meine Einschränkung von außen nicht gesehen werden konnte. Zu meiner Trauer wurde das Maultier in ein Feld geschleppt und sein Schrei zeigte mir an dass man es getötet hatte. „Ihr räudigen Schakale!“ Mein Protest wurde mit einem rauen Lachen quittiert und so packte man denn mein neues Reittier am Zügel und im Galopp ging es den Pfad weiter Richtung Portugal und oder seiner Armee. Ich hatte sehr viel Mühe mich auf den Rücken des Pferdes zu halten und so wurde meine Konzentration voll in Anspruch genommen.

Wir ritten schon sehr lange, als wir vor uns eine Staubwolke sahen. Ein kurzer Stopp und die Hallunken beratschlagten ihr weiteres Vorgehen. Sie wandten sich zu mir um und einer zeigte mir eine Pistole die unter dem Umhang versteckt auf mich gerichtet wurde. „Sprecht nur ein Wort Pater und ihr seid des Todes!“ Meine Kapuze wurde mir tief in das Gesicht gezogen, man gab mir die Zügel in die gefesselten Hände und so machte ich auf Außenstehende keinen gesonderten Eindruck. Wenn ich auch nicht ihr Kluft (Ledermantel und Dreispitz) teilte. Ich antwortete ihnen nicht und so ging der Ritt weiter bis wir auf eine Gruppe alter Bekannter stießen, was meine, mir aufgezwungene Eskorte jedoch nicht ahnte. Sie verlangsamten ihr Tempo und ritten an drei preußischen Kavalleristen vorbei, die mir vom Vortag noch gut bekannt waren und die ich ja selbst gesucht hatte.

„Ihr drei da wohin des Weges?“ rief einer der Schurken sie an. „Nun guter Mann, wir sind Kriegsberichterstatter des Königs von Preußen, doch gebt ihr uns vielleicht auch eine Auskunft über eure Person?“ Der Mann der gesprochen hatte, war von Nebling und ein warmer Schauer durchfuhr mein Herz. Ohne mit der Wimper zu zucken log einer der Spione, nun freundlicher den Rittmeister an.
Wir sind die Eskorte unseres geistlichen Begleiters hier. Der Pater ist stumm und soll nun in einem Kloster nahe Cardiz sein Auskommen finden. Wir sorgen nun dafür das er heil dort ankommt, weiß man doch nicht was für Gefahren hier auf diesen Straßen lauern. Zu meinen Unglück gaben sich die drei Preußen mit diesen Worten zufrieden. Zum Abschied bellte der Rattler und wedelte mit seinem Schwanz. So ritten wir erneut los und gerade als wir uns ein paar Fuss entfernt hatten, brüllte eine tiefe Stimme.

„Macht sofort Halt oder wir schießen Euch aus Eure Sättel!“ Die Kürassiere hatten für ihre Waffengattung untypische Karabiner im Anschlag, aber es hingen auch noch zwei lange Reiterpistolen am Sattel, sodass alle, drei Schuss in schnelle Folge feuern konnten, sollte es denn notwendig werden. Die Banditen stoppten. „Was wollt Ihr noch von uns? Haltet uns nicht auf, wir wollen bis zur Dunkelheit ein festes Quartier gefunden haben.“ Die grollende Stimme von Knippenburgs lies ihr Anstalten wieder anzutraben sofort in Keim ersticken. Ihr lasst den Pater absteigen, bringt ihn zu uns und wenn nur einer von Euch Mucken macht, schieße ich auf Euch zuerst, scheint ihr doch nicht nur das Wort in dieser sonderbaren Runde zu führen. Der Angesprochene nickte dem Untersetzten zu und dieser hieß mich nun absteigen, drückte mir aber den Lauf seiner Pistole ins Kreuz, was man aber nicht sehen konnte, da meine Kutte deren Lauf verdeckte.
Schritt für Schritt näherten wir uns den Offizieren und ich glaube, dass mein Gesicht Bände sprach und auch von den Preußen in rechter Weise gedeutet wurde.

„So nun da der Pater abgestiegen ist, last ihn zu uns rüber laufen! Recht so, eilt Euch nicht! Jeder Eurer Schritte sollte mit Bedacht ausgeführt sein!“ Von Knippenburg der diese Worte sprach, spannte nachdrücklich den Hahn des Karabiners und auch seine Gefährten taten es ihm gleich. Wir waren nur noch fünf Fuß von Leutnant Tamfelder entfernt und der Dicke Kerl in meinen Rücken gab mir einen Stoss, feuerte auf den jungen Offiziert was einen hellen Knall zur Folge hatte, gefolgt vom Donnern der Stutzen.





Achtzehnter Teil

Fallo und seine Mannschaft haben es geschafft und trotz des schweren Beschusses schien das Glück nun endgültig auf ihrer Seite zu sein. Daran konnte auch die zweite Fregatte nun nichts mehr ändern, die aus nordöstlicher Richtung auf sie zu zukam, während sie immer weiter in die Untiefen vor der Küste hinein segelten. Pietro, der Schiffsjung, war an den kurzen Mast hochgeklettert und warnte die Männer wenn er Flachwasser ausmachen konnte. Das war sehr schwer stand er doch nicht hoch genug und wurde so von den Reflexionen der untergehenden Sonne gestört. Auch hatte er keine Kraft sich ununterbrochen am Mast festzukrallen.

Fallo machte sich große Sorgen auch wenn sie nun nicht mehr unter unmittelbarer Gefahr des Feindes standen, so waren auch sie, wie klein ihr Kutter auch anmutete, von den Untiefen bedroht. Sie mussten draußen sein bevor die Sonne unterging, sonst hilft nur noch das Glück und das wollte er auf keinen Fall überstrapazieren. Die Männer ruhten sich aus, seit dem sie aus dem Schussbereich der Fregatte entkommen waren und nur das Segel trieb sie näher auf die Küste zu. Während alles versuchte neue Kraft zu gewinnen und Fallo sogar eine Buddel Rum durch die Reihen schickte, beobachtet der Bootsmann das Feindschiff, das mit gerefften Segeln dahintrieb und nun sogar Anker warf.

Warteten Sie darauf, dass der Kutter im Riff zerschellte? Der Bootsmann bat um das Fernglas von Fallo was der ihm ohne Bedenken reichte. Ein Seemann stimmte einen Shanty an und nach und nach stimmten alle im Boot mit ein. Das Lied handelte von einer Frau die ihren Mann erwartete, der auf See das Brot für sie und das gemeinsame Kind verdiente.
So ging Sie denn jeden Morgen zum Hafen und schaute auf die sich zeigenden Segel, doch das ihres Mannes war nicht dabei,
sie ging viele Tage zum Hafen hinunter und schaute auf einlaufende Schiffe hinaus, doch das ihres Mannes war nicht dabei,
und so vergingen die Wochen und sie sah wie Schiffe aus aller Welt entladen wurden, doch das ihres Mannes war nicht dabei.
Und so sah sie wie Schiffe nach einem Jahr wieder auf große Fahrt gingen, doch das ihres Mannes war nicht dabei.
Und so vergingen die Jahre und die Frau starb einen bitteren Tod und Kinder und Freunde begruben sie, doch ihr Mann der war nicht dabei.
Trauriges Lied und trotzdem spendete es den Männern Trost und lenkte von der allgegenwärtigen Gefahr ab. War das Leben eines Seefahrers schon ohne Krieg gefährlich und trostlos, so wurde es durch den Krieg kaum zu ertragen.

Der Bootsmann sah durch das Fernglas, doch verlor er immer wieder die Fregatte, weil er keine Übung darin hatte den Seegang auszugleichen. Fallo trat an ihn heran und fragte ob er etwas zu erkennen im Stande sei. Der Bootsmann nickte und sah Fallo direkt ins Gesicht. „Lasst es uns den Männern noch nicht sagen, aber sie haben auf der von uns abgewandten Seite Boote ausgesetzt.“ Fallo nickte, rudern konnten sie jetzt eh nicht mehr, dazu fehlte es an Kraft, also warteten sie bis sich die Dinge entwickelten. Ein Blick zur Sonne und es würde nicht mehr lange dauern bis sie unterging. Vom Segel mit mäßiger Geschwindigkeit getrieben kreuzte das Boot oft knapp an Felsen und Sandbänken vorbei. Pietro rief seine Anweisungen während ein Seemann mit dem Lot die Tiefe nahm.

Kuba´s Küste war nun schon deutlich zu sehen und die Mangroven schimmerten zusammen mit Palmen einladend in der Abendsonne. Fallo besah sich die Küste, konnte aber bis jetzt noch keinen Ankerplatz ausmachen.
Pietro schrie eine Warnung und viel mit dem Rücken voran aus dem Mast unsanft auf eine Ruderbank landend. Männer fielen übereinander und auch Fallo schlug mit der Brust gegen die Ruderpinne. Nachdem sich alle wieder gefangen hatten wurde nach einen Leck gesucht, doch war keins auszumachen. Die Männer betasteten ihre Körper und nur der Junge blieb wimmernd auf dem Boden des Kutters liegen. Zwei Männer wollten ihn heben, doch Fallo sprang herbei und befahl ihnen den Jungen in Ruhe zu lassen. Vorsichtig betastete er den jungen Körper, zog vorsichtig an seinen Gliedmaßen und so stellte er fest das Pietro sich einen Arm, vielleicht auch ein paar Rippen gebrochen hatte. „Den Arm richten wir an Land ein, ich weiß wie das geht, sprach der Bootsmann. Bei den Rippen hilft nur Zeit und Geduld. Der Bengel ist eisern und wird schon durchhalten.

Nun mussten doch noch die Ruder gebraucht werden und so konnten sie sich freirudern und es blieb nichts anderes übrig, als noch langsamer und vorsichtiger durchs Riff zu fahren. „Mein Gott haben wir Schwein gehabt, meine ein Seemann.“ Sein Nachbar stimmte nicht zu sondern deutete auf die Fregatte von denen nun drei Boote losmachten und in paralleler Richtung zur Küste fuhren. Fallo fluchte so laut, dass die Männer in seiner Nähe vor Schrecken Abstand suchten. Egal welche Lösung er auch fand, der Portugiese konterte sie mit Bravour. Auch wenn die Boote des Feindes einen längeren Weg hatten, so konnten sie das Riff mit voller Kraft umfahren und entlang der Küste ihnen den Weg verlegen, während sie nur langsam und vorischtig voran kamen. Nun war die große Frage wie hell die Nacht werden sollte, ob man sich traut die Fahrt durchs Riff fortzusetzen oder erst am Morgen. Dann jedoch würde der Feind ihnen zuvorkommen.





Neunzehnter Teil

Ich stürzte also zu Boden, während der Angreifer, getroffen durch den Karabiner Tamfelders, über mich fiel und sein lebloser, schwerer Körper mich zu Boden drückte. Er und ein zweiter Gegner wurden von den Kürassieren erschossen, die zwei anderen galoppierten davon. „Tamfelder, steigt ab ihr seid verletzt!“ Ich eilte zu ihm und half ihm vom Pferd zu steigen. Er stöhnte und kaum dass er auf den Boden stand, bat er seine Gefährten sich der anderen zwei Pinscher anzunehmen. War es die lange Friedenszeit Preußens die ihnen zu schaffen machte oder ihre neutrale Mission, von Knippenburg und von Neblingen zogen ihre Säbel blank und trieben, laut dabei schreiend ihre Pferde an, den beiden Flüchtenden hinterherjagend. Der kleine Rattler, versuchte zu folgen blieb aber nach wenigen Metern zurück, jaulte und lief mit eingeknickten Schwanz zu Tamfelder und mir zurück. Setzte sich neben den jungen, verwundeten Offizier und schnüffelte an dessen Wunde, laut dabei winselnd. Tamfelders grobe, große Hand streichelte zärtlich das winzige Tier, dass sich nur mit Mühe und zittrigem Leib beruhigt.

„Lasst mich Eure Wunde sehen, mein lieber Tamfelder. Was bin ich Euch für Euren hohen Einsatz dankbar. Gott möge Euch schützen.“ Ich half ihm die Schnallen von seinem, beeindruckend schweren Panzer zu lösen. Genau über dem Herz des Leutnant´s sicherkte Blut durch seine Uniform, ich war erstaunt dass der wackere Mann noch lebte. So machte ich denn seine Brust frei und besah die Wunde die zwar Blutete aber nicht tief ins Fleisch ging. Ich besah mir nun den Kürass näher und tatsächlich die aus nächster Nähe abgefeuerte Kugel, durchschlug den Panzer nicht, sondern drückte ihn nur ein. So konnte die Kugel den Leutnant nicht schwer verletzten und dieser hatte nun eine Wunde die leicht zu versorgen war. Tamfelder, war trotz der Schmerzen guter Dinge. „Geht bitte zu einem der Packpferde!! Dort müsste ein Krug Brandwein zu finden sein, mit der ihr die Wunde säubern könnt, so fern ihr mir diesen Dienst erweisen wollt.“

Von Knippenburg und von Neblingen ritten in vollen Galopp und trotz ihres schweren Gewichts hatten die starken Pferde keine Mühe den letzten der Gegner einzuholen. Noch waren sie vielleicht dreißig Fuss von dem hintersten der beiden Gegner entfernt, als eine Pulverwolke aufstieg gefolgt von einem scharfen Knall. Surrend passierte die Kugel von Knippenburgs Gesicht und nicht einen weiteren Schuss abwarten wollend gab er seinem Pferd die Sporen, damit es seine Geschwindigkeit noch einmal steigerte und seine letzten Reserven preis gab. Er mußte zugebend dass der Feind gut ausgebildet war und bemerkenswerte Schussleistungen vollbrachte. So war er nur noch ein paar Fuss entfernt und in dem Moment wo der Reiter ein weiteren Schuss aus einer weiteren Waffe lösen wollte schlug Knippenburg mit dem Säbel nach ihm und traf den mit der Pistole schon feuerbereiten Arm, sodass dieser wegknickte und der Mann wie ein getroffenes Tier mit hellen Schrei aus dem Sattel fiel. Knippenburg zügelte sein Pferd braucht aber noch fast fünfzig Fuss bis dieses zum Stehen kam und kehrte zu seinem Opfer zurück.

Von Neblingen hatte nicht so viel Glück, hatte er zwar ein gutes Pferd, das aber bei weitem nicht so kräftig schien wie jenes welches von Knippenburg gehörte. So vergrößerte sich der Abstand zum Feind immer mehr und so blieb er stehen, zog eine seiner schweren Reiterpistolen und schoss auf den Feind, der jedoch keine Reaktionen zeigte. Drum griff er zu der zweiten, spannte den Hahn, hielt ein wenig über den nun schon dreihundert Fuss entfernten Gegner und feuerte ihm Fortuna dabei um Hilfe flehend hinterher. Doch auch diesmal schien der Gegner unbeeindruckt und ritt weiter mit rasender Geschwindigkeit davon. Neblingen zuckte mit seinen Schultern und ritt nun wieder zum Pater und Tamfelder zurück. Als er den Obristen sah, war dieser bei seinem durch ihn gefällten Gegner und versuchte den stark blutenden Armstumpf abzubinden. Nebling sprang vom Pferd und half ihm dabei. Ein Stock wurde durch eine Binde geschoben und dieser nun so stark gedreht das die Haut schon einriss und der Armstumpf, an dem, mit Sehnen verbunden, immer noch Unterarm und Hand hingen, färbte sich Blau und wie ein versiegender Quell hörte das Blut auf heraus zu spritzen. „Ob man den retten möchte, muss man überlegen. Ein Medikus ist auf jeden Fall von Nöten. Wenn wir ihn aber den Spaniern überlassen, werden sie ihn mit Gewalt befragen und das wünsche ich meinen ärgsten Feind nicht. Könnt ihr Euch noch an die Babaresken erinnern die auf den Marktplatz von Barcelona zu Tode gefoltert wurden? Auch wenn sie sich Zivilisation nennen, handeln tun sie nicht danach."

Der Pater hatte nun die Wunde Tamfelders versorgt und dieser ruhte nun im Schatten eines Baumes und gemeinsam warteten sie auf die nun zurück kehrenden Kameraden. Der Pater erzählte von dem Verrat und Tamfelder hieß ihn, sein Pferd zu nehmen, damit er Rodriguez und seine Gruppe warnen könnte und sowie seine Gefährten eintreffen würden, kann man ihm folgen und das Pferd wieder einfordern. Der Pater dankte, schwang sich auf das riesige Pferd, das verwundert über den ihm unbekannten Reiter erst und nach einem harten Tritt Anstalten machte anzureiten. „Dank Euch Tamfelder, Euch und Eure Kameraden habt mir Rettung und Heil gebracht. Gott wird es Euch vergelten, sollte ich dazu nicht in der Lage sein.“ Tamfelder winkte vergnügt ab. „Ihr habt uns einen Dienst erwiesen, gabt ihr uns doch das Gefühl, von Nützen zu sein. Seid vorsichtig Pater, Hermes ist ein bockiger Gaul!“

So preschte ich also davon, in dem Moment wo Knippenburg und Nebling wieder eintrafen, den Gefangenen vorn über das Pferd gelegt. Tamfelder sprang auf, machte ihnen Meldung und so ließen sie sich nieder und berieten was sie nun mit dem Gefangenen machen sollten. „Sollten wir ihn nicht gleich hier und jetzt für sein Verbrechen strafen, dass er dem Pater antun wollte?“ Von Knippenburg schaute Nebling an. „Er ist Soldat und hat seine Pflicht dem Vaterland gegenüber geleistet, so wie ihr es auch tut Nebling!“ Er schüttelte den Kopf. „Da kann ich kein Verbrechen drin erkennen. Wir bringen ihn zu den Portugiesen, da er hier egal in welchen Ort sofort massakriert werden wird.“ Der Verletzte Gegner wimmerte, Schweiß stand auf seiner Stirn und mit dem selben Brantwein mit dem Tamfelder seine Verwundung versorgt hatte, wurde nun auch der Gefangenen behandelt, der aufschrie vor Schmerzen, sodass etliche Vögel in der Umgebung vor Schreck in den Himmel aufstiegen und gleichfalls ihr Wehklagen über diese Störung preis gaben. „Tamfelder ihr nehmt das Pferd von dem Verletzten und folgt dem Pater, während wir den Mann zu den Portugiesen bringen. Wir haben eine Legitimation in unserem handeln, hielten wir ihn doch für einen gewöhnlichen Straßenräuber, was unsere Neutralität nicht zu gefährden schien.“ Tamfelder wollte protestieren, trennte er sich doch sehr ungern von seinen Vorgesetzten, doch ein Blick des Obristen und er wusste dass es hier nichts zu feilschen gab.

Ich selbst ritt wie ein Sturmwind durch das Land und trotz der vielen zurück gelegten Meilen, schien Hermes nicht müde zu werden. So trug ich mich der Hoffnung meine Landsleute zu erreichen, bevor sie auf den vorbereiteten Gegner stießen. Staub trat mir in die Augen, Tränen liefen mir über die Wangen und so überlies ich es dem Pferd, den Weg entlang des Guadiana zu folgen. In Gedanken verloren ritt ich nun so eine Weile dahin, als sich fremde Geräusche in das Schlagen der Hufe mischte und so zügelte ich mit Mühe den Lauf des Pferdes, was sich wiederwillig fügt und dann doch endlich stehen blieb. Ich stieg ab, band es abseits des Weges an einem Baum fest und sondierte das Gelände. Ein Hügel verdeckte mir die Sicht auf das Geschehen, war aber mit Büschen übersät, sodass ich mich mit der Hoffnung trug unbehelligt und unentdeckt seinen Gipfel zu erklimmen.
Vor mir entwickelte sich eine Schlacht, ich sah Pulverdampf der über der Hügelkuppe aufstieg, hört wie Kanonen donnerten und Gewehre knallten, Männer schrien, Pferde stießen Schreie aus, ein Szenario das ich so noch nicht erlebt hatte. Vorsichtig tastete ich mich näher heran, kroch durch die Büsche um mich dem Geschehen anzunähern. Leise musste ich nicht sein, denn je näher ich kam, desto mehr übertönte der Gefechtslärm mein Handeln. Eine Granate, die hoch über meinen Kopf krepierte, ließ ihre Splitter herabregnen, doch blieb ich verschont vor Blessuren. Ich bekreuzigte mich kurz und eilte weiter bis ich endlich, mit großer Spannung und Erwartung, die Kuppel erreichte. Das was ich jedoch sah, ließ mich vor Schreck erstarren, Tränen stiegen mir in die Augen, ich kniete nieder und richtete meine Augen zum Himmel um Gottes Gnade für dieses Gemetzel einzuholen. Ich kam zu spät.





Zwanzigster Teil

Fallo hatte sich die Zeit genommen und lange überlegt, nun stand er von der Bank am Ruder auf, stellte sich in die Mitte des Kutters und bat die Männer ihm zuzuhören.
„Ihr habt viel geleistet und vor allem noch mehr erlebt, drum will ich Euch in meiner nächsten Entscheidung mit einbeziehen. Wir haben zwei Möglichkeiten…..“ er zeigte auf die Küste Kubas, die nur noch wenige Meilen entfernt zu sehen war. „Die erste ist das wir jetzt weiter rudern und auf unser Glück hoffen, das hieße darauf zu vertrauen das wir kein zweites Mal eine Untiefe überfahren. Unsere Chancen das uns dies gelingt sind denkbar schlecht.“ Fallo drehte sich um und zeigte auf die Fregatte des Gegners. „Die zweite Möglichkeit wäre uns zu ergeben, was dann für viele Seeleute Spaniens Tod und Gefangenschaft bedeuten würde. Wobei ihr das letzter erleben werdet und wahrscheinlich irgendwo auf einer portugiesischen Insel interniert werdet, für ungewisse Zeit mit ungewissen Ausgang für Euer Leben.“ Fall wandte sich bereits ab um sich wieder an das Ruder zu setzen. „Überlegt es Euch in Ruhe, wir stimmen dann nachher ab.“

Die Männer flüsterten aufgeregt miteinander, sahen mal zu dem Schiff des Feindes, mal zu der Küste Kubas hinüber. Wogen den wahrscheinlichen Tod im Riff , gegen eine lange Gefangenschaft im portugiesischer Hand auf. Auch der Bootsmann beteiligte sich lebhaft, denn er war es schließlich der die Männer davon überzeugte weiter durchs Riff zu fahren. „Ihr könnt nicht darauf hoffen, das der Krieg hier anständig geführt werden wird, weder von deren noch von unserer Seite. Gerade ihr als einfach Seeleute, werdet ohne jegliche Beachtung und ohne jegliche Privilegien sein, Lösegeld ist ebenfalls von Euren Familien kaum zu erwarten. Entweder ihr werdet in Minen, Steinbrüchen, Wäldern und Feldern schuften und sterben oder ihr geht das Risiko ein in Freiheit für Euer Vaterland zu sterben.“
Auch wenn die Worte ihre Wirkung nicht verfehlten, hielt sich doch der Patriotismus in Grenzen und nur wiederwillig stimmten die Leute den Vorschlag des Bootsmannes zu.

Fallo nickte. Er befahl einen leichten und kleinen Matrosen in den Mast zu steigen, einen wehmütigen Blick auf Pietro dabei werfend. „Nun dann langsam voraus! Bis zum Morgen müssen wir es an die Küste schaffen!“ Die Männer tauchten die Ruder ein und zogen diese dann langsam zu ihrer Brust. Das Segel wurde eingeholt, wollte man doch den Feind so wenig wie möglich von der eigenen Absicht verraten. So fuhren sie einige hundert Fuss und ein Ruf des Seemannes im Mast warnte vor einen großen Felsen voraus. Zum Glück zeichnete sich die Untiefe ziemlich deutlich ab in der untergehenden Sonne und Fallo beschloss Richtung Osten an dieser Klippe vorbei zu fahren. Ein Knoten wurde gelotet, langsam viel zu langsam kamen sie vorwärts. Zumal die Felswand länger wurde und sogar nach Norden reichte, also weg von der rettenden Küste. Doch Fallo wusste, das sie jeden Strohhalm nun ergreifen mussten.

Hatten sich die Spanier in der Hoffnung getragen, der Sicht des Feindes zu entgehen, so wurden sie nun enttäuscht. Die zweite Fregatte der Portugiesen, die immer noch mit leichter Schlagseite im Wasser lag, fuhr das Riff entlang auf gleicher Höhe mit dem Kutter bleibend, dabei die Läufe ihrer Kanonen zeigend. So wurde die Option nicht zur Küsten, sondern wieder ins offene Meer zu segeln, hinfällig. Fallo schaute in den Himmel wo nun langsam auch das letzte Abendrot im Westen verschwand und das Mondlicht es sich nun zur Aufgabe machte sie an den Feind zu verraten. So deutlich die Feindschiffe zu erkennen waren, so deutlich mussten auch sie zu erkennen sein, trotz ihrer geringen Größe und vielleicht zwei Meilen Abstand zur zweiten Fregatte.
„Dort vorn ist eine Lücke!“ Fallo ließ sich die neue Richtung geben und tatsächlich wurde hier das Felsenriff unterbrochen und man konnte wieder den Kurs in Richtung Küste ändern. Die drei Boote des Gegners waren nun nicht mehr richtig auszumachen, hatten sie doch schon die Küste in ihren Rücken und damit eine gute Deckung was Fallo verunsichern musste.

So tasteten sie sich Stunde um Stunde weiter durch diesen engen Kanal und langsam in einen kuriosen Kurs, näherten sie sich der Küste. Diego der kleine Seemann im Mast, hatte nun, das sich eine Wolke vor den Mond schob keine Sicht mehr wodurch seine Aufgabe unlösbar wurde. Fallo lies trotzdem langsam weiter rudern, denn nun wollte er nicht mehr aufgeben und das Lot musste als Sicherheit reichen. So wurde denn die Tiefe ausgesungen. „Zwei Fuss unter Kiel, Ein Fuss unter Kiel!“ Fall lies die Seeleute anhalten, ein Ruder wurde nun in das Wasser getaucht. Langsam wie ein Blinder tastete man sich Fuß für Fuß weiter. „Zwei Fuss unter Kiel! Drei Fuss unter Kiel. Jetzt stieß das Ruder ins Leere und so sehr sich der Offizier auch anstrengte, Fallo konnte keine Untiefe mehr erkennen. „Wir haben es geschafft Jungs!“ Ein Hurra ging durch das Boot und alles Hoffen schien gewirkt zu haben.

So wurde nun mit frischen Mut die Ruder eingetaucht und in der Ferne konnte man schon die Brandung hören mit der die Wucht des Meeres gegen die Beständigkeit des Landes kämpfte. Die Stimmung wurde besser, die Leute ruhiger. Fallo hieß nur noch 8 Leute an weiter zu rudern, der Rest durfte sich ausruhen. Noch vier Kabellängen und sie waren an Land!
Pietro der starke Schmerzen in der Brust hatte, wimmerte leise vor sich hin. „Das wird schon mein Junge!“ Der Bootsmann strich ihm durch den Haarschopf. „Hast uns gute Hilfe geleistet und ein tapferes Verhalten gezeigt. Du hattest beim Kapitän einen Stein im Brett und auch wenn Du nun auch nichts mehr davon hast, so freue Dich trotzdem daran. Gott sei der Seele Chilidas gnädig.

Das Boot fuhr jetzt durch die starke Brandung, wurde von großen Wellen angehoben und in schneller Fahrt ging es wieder hinab wenn sie vorüber zogen. Jeden Moment würden sie auf Land aufsetzen, die Leute konnten sich die Füße vertreten und sich ihres nun sicheren Lebens freuen.

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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 19:30

Einundzwanzigster Teil

Vor meinen Augen fanden Dinge statt, deren Grausamkeit, Brutalität und Widerlichkeit grenzenlos zu schein schien. Wie wenig hatte diese Realität mit einem Schlachtengemälde zu tun, mit den Erzählungen und Sagen? Glanz und Glorie feierte hier nur einer und das war der Teufel.
Rodrigues Schwadron ist mitten in eine gut versteckte Stellung des Feindes galoppiert und trotz seiner Vorsicht wurde er komplett überrascht. Hinter Büschen getarnt ragten hunderte von Musketenläufen die aus nächster Nähe das Feuer auf Rodriguez Männer eröffneten. Pferde schienen aufzuschreien, warfen ihr Reiter ab, bevor sich selbst stürzten, Männer fielen getroffen aus den Sattel und ihr Capitän stand in ihrer Mitte unfähig Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Doch das war erst der Anfang, denn die spanische Armee auf der anderen Seite wollte ihren Kameraden Hilfe bringen und versuchte nun über die Furt das andere Ufer des Guadiana zu erobern.

So schienen sich die rotgelben Uniformen in den Fluss zu ergießen und näherten sich in Reih und Glied dem Südufer des Flusses. Ihre Fahnen wehten, Trommeln und Pauken schlugen den Marschtakt. Jetzt brüllten auch die beiden Batterien auf und ihre Kugeln schlugen in Schilf, Gebüsche und Bäume der anderen Uferseite. Ich konnte leider nicht erkennen welche Wirkung dieser Beschuss hatte, doch konnte ich dafür die Wirkung der Antwort ausmachen. Donnernd entluden sich Geschütze und Kanonen der Portugiesen und rissen mit Kartäschen riesige Lücken in die Reihen meiner Landsleute unterstützt von den Geknatter unzähliger Musketen. Wie eine rote Wolcke spritzte Blutfontänen hoch, verwandelten sich gesunde, kräftige Menschenkörper in einen Blutbrei, Kugeln rissen Beine ab, Armee oder Köpfe. Doch das war erst die erste Welle der Spanier und nachdem sich wiederum ihre beiden Batterien am Nordufer des Guardiana entluden griff die spanische Infanterie mit gefällten Bajonett den von den Portugiesen verteidigten Schilfwald an.

Ich konnte den Nahkampf nicht weiter verfolgen, verdeckte doch leider das Schilf das Handgemenge. So sah ich wieder auf Rodriguez Männer die nun alle versuchten am Boden Deckung zu finden, einige stiegen auf ihre Pferde und versuchten so zu entkommen, doch wurde sie entweder von Muskettenkugeln getroffen oder von eigenen Männern behindert die gleichfalls versuchten ihrem Schicksal zu entkommen. Rodriguez kniete neben einem gefallenen Leutnant und schaute unbeteiligt ins Nichts, während einige Männer aus kurzen Karabinern und Pistolen das Feuer erwiderten. Warum die Portugiesen den restlichen Kavalleristen nicht den Gar aus machten, weiß ich nicht. Vielleicht weil sie nicht wussten wie sich der Kampf im Sumpf entwickeln würde. So gerne ich auch meine Freunden beigesprungen wäre, was sollte ich tun außer an ihrer Seite zu sterben. Ich quälte mich wegen meiner Feigheit, oder war es mein Überlebenswille der mich vor einer Dummheit behüten wollte?

Ich schrak hoch, wurde ich doch von hinten gepackt in einen Busch gezerrt und der Mund mir mit einer kräftigen Hand verschlossen. „Bleibt ruhig Pater!“ Der brave Tamfelder! Doch ehe ich ihn wegen seiner groben Tat rügen konnte, presste er mich auf den Boden und ein beben und donnern breitete sich unter uns aus, als auch schon dutzende wenn nicht hunderte von Reitern über uns hinweg ritten und ich betete das wir von keinen der vielen Hufe zertreten werden. Kaum das sie vorüber waren sprangen wir aus unseren Versteck und sahen nun wie die Kavalleriesoldaten des Feindes das Werk der Infanterie beendigten und mit krummen Säbeln auf die restlichen spanischen Reitersoldaten eindrangen und massakrierten. Diejenigen die fliehen wollten, wurden einfach niedergeritten. So endete nun Rodriguez Schwadron und der Feind hielt sich nicht lange damit auf ihren Sieg zu feiern und Infanterie und Kavallerie griffen nun in den Kampf am Ufer des Guadiana ein.

Langsam hatte sich die spanische Infanterie begonnen festzusetzen, einige der verborgenen Geschütze erobern können und wurde von nacheilenden Regimentern verstärkt. Die Portugiesen schienen kurz vor ihrer Auflösung gestanden zu sein, als ihre Kavallerie und die Infanterie eingriff die vorher Rodriguez Männern ein so grausames Ende beschert hat. Just in dem Augenblick wo die Spanier den letzten Stoß führen wollten, preschten die Portugiesischen Dragoner und Husaren in großen Haufen in die Flanke unserer Männer und nun waren sie es die weichen mussten. Während ein Regiment nach den anderen die Flucht ergriffe, blieb eines standhaft und in einem großen gelbroten Karee wehrten sie den Gegner ab, sodass sich die eigenen Soldaten wieder über den Fluss retten konnten. Was aus ihnen wurde konnte ich nicht mehr sehen verschwanden sie doch langsam im Schilfwald der das Ufer nur noch lückenhaft bedeckte, war das meiste von ihm doch zertreten oder von Kugeln und Schwertern abgemäht.





Zweiundzwanzigster Teil

Noch einmal mussten sich die Leute mit den Ruder plagen. Zeichnete sich doch noch kein Strand ab, nur Felsen und Klippen ragten weit in das Wasser hinein. So dauerte es nicht wenige Momente sondern sehr lange bis sie vollkommen erschöpft sich an einen kleinen Sandstrand heranarbeiteten. Kaum das sie am Ufer angelandet waren, wollte Fallo in das Innere des Landes aufbrechen, doch die Leute murrten. „Wir können nicht mehr Herr Leutnant. Gebt uns ein paar Stunden Ruhe!“ Fallo schaute den Mann zornig an, unter normalen Umständen hätte er ihn wegen seinen Wiederworten ausgepeitscht. „Ich werde nicht diskutieren, diejenigen die mir treu ergeben sind sollen bei mir bleiben, meinen Befehlen gehorchen und ihr Bestes leisten, alle anderen Können sich hier ausruhen und auf die Portugiesen warten. Fallo schaute den Bootsmann an, der gerade dabei war Wasser, Waffen und Lebensmittel aus dem Kutter auszuladen. „Ich bin dabei. Last uns für Pietro eine Trage bauen.“
Fallo schaute die Männer an und sieben rafften sich gleichfalls auf, während die anderen sich so wie sie waren an den Strand legten. Der Leutnant zählte 9 Musketen, 15 Entermesser und Enterbeile, 20 Galonen Wasser und Lebensmittel für vier Tage. Er lies alles auf die beiden Gruppen aufteilen und wandte sich mit einem angewiderten Blick von den, in seinen Augen, Verrätern ab.

Fallo wollte gerade Pietro auf die von ihnen aus Zweigen und jungen Bäumen geschnittene Trage legen lassen, als ihm einfiel das der Arm des Jungen immer noch nicht gerichtet worden ist. So besah man sich ihn genauer und der Bootsmann legte einen breiten Ledergürtel um die Brust des Jungen und zog die beiden Enden unter den Achseln nach hinten durch, während am Handgelenk eine Binde aus Stofffetzen fest geknotet wurde. Pietro sah dem allen anteilslos zu. Erst als man ihn auf ein Stück Holz beißen lies wurde ihm bewusst, das das einrenken der beiden Knochenstücke eine schmerzhafte Prozedur werden würde. Fallo und drei Männer zogen an den Lederriemen im Rücken des Jungen während der Bootsmann und andere Seemänner an der Stoffbinde ziehen würden die um das Handgelenk geschlungen wurde. Der Junge bäumte sich auf und schrie vor Schmerzen und erst nach drei Versuchen gab der Bootsmann sein okay. „Scheinen wieder aufeinander zu sitzen. Wir werden es aber erst dann genau wissen, wenn die Schwellung ein wenig abgeklungen ist.

Nachdem sich Pietro beruhigt hatte, brachen sie nun auf und machten sich daran das Innere der großen Insel zu erkunden. Fallo ließ zwei Männer mit Entermessern voraus gehen, damit sie einen Pfad durch das Dickicht schlugen. Er hatte keine sicher Information darüber wo sie sich nun befanden und wo man Hilfe finden kann. Er war zwar schon mehrere Mal in Havanna und Santiago de Cuba gewesen, aber viel mehr wusste er nicht über diese Insel. Er frage den Bootsmann, aber auch der konnte keine besseren Informationen liefern. Einer der Männer die Fallo treu geblieben sind, meinten das es ein paar Siedlungen im Süden geben muss, Santa Clara sei die größte von Ihnen. So brachen Sie nun auf und marschierten bis zum Anbruch des Morgengrauens weiter, als auch Fallo eingestand, dass er nicht mehr in der Lage war auch nur einen Fuss vor den anderen zu setzen. So ließen sie sich, so wie sie waren an einem kleinen Bach zwischen zwei Hügeln gelegen nieder, machten sich Lager aus Blättern und schliefen ein.

Waren es die Schmerzen in der Brust oder ein schlechter Traum der Pietro wach werden ließ. Er schrak in Schweiß gebadet auf und lauschte. Hatte er nicht etwas gehört? Er schaute sich um und tatsächlich stand ein großer schwarzer Körper zwischen den Mangroven und beobachtete ihre Gruppe. Er stand vorsichtig auf, auf seinen Arm aufpassend der nur notdürftig geschient worden ist. Er kroch zu Fallo und weckte ihn. Der Offizier wusste nicht gleich wo er ist, auch er war in einem tiefen Erschöpfungsschlaf gefallen aus dem er nur mühsam herausfand. „Was ist los mein Junge? Wie geht es Dir und Deinem Arm?“ Pietro winkte ab. „Dort draußen ist jemand?“ Fallo nickte und stand langsam auf, möglichst wenig Geräusche dabei machend. Eine Pistole versteckt unter seinem Lager, kam zum Vorschein und vorsichtig wurden auch die anderen geweckt. „Das diese Scheiße nicht mal aufhören kann.“ Der Bootsmann knurrte weitere Flüche und erst ein Blick des Leutnants lies ihn verstummen. Also durchsuchten sie die Umgebung fanden aber nichts. Fallo versuchte den Jungen zu trösten. Doch dieser wurde wütend. „Glaubt mir doch!“ Ich habe recht.
Vielleicht sich an anderen Leistungen des Jungens erinnernd beschlossen sie noch einmal genauer nachzusehen und selbst der Junge zweifelte an sich nachdem sie nichts fanden und gab auf.

So ließ Fallo den Leuten noch einen Moment Zeit um sich zu stärken und im Fluss die Schläuche und Flaschen mit Wasser zu füllen. Dann brach man wieder auf und bahnte sich mühsam den Weg durch das Unterholz, Schlingpflanzen und Sumpf. Vögel schrien, überall raschelten Tiere, aufgeschreckt durch die Menschen die sich mit ihren Werkzeugen durch ihr Reich hakten, dabei fluchten und über ihren Qualen stöhnten. Moskitos stachen die Männer, Blätter zerschnitten ihre Haut, Äste verletzten ihre Fußsohlen. Erst Mittags gestand Fallo den Männern wieder eine Pause zu. Pietro der darauf bestand nun selbst wieder gehen zu dürfen, hielt sich die Brust, konnte er doch noch immer, bedingt durch starke Schmerzen nur sehr flach atmen. So strich er weiter im Umkreis des Lagers durchs Holz und selbst nach einem Aufruf Fallos bat er sich weiter umsehen zu dürfen.

Ein geller Schrei des Jungen und die Männer sprangen auf. Blutleere Gesichter starrten in den Urwald, stocherten mit Musketen und Säbeln zwischen den Büschen herum, sahen aber nichts weder Pietro noch sonst irgendjemanden. Fallo brüllte: „Pietrooooooo!“ Auch die anderen Männer fielen ein den Jungen zu rufen, doch hörten sie nichts als das Kreischen der Tiere und das Rauschen des Windes.
Fallo rannte in die Richtung in der er den Jungen gesehen hatte, gefolgt von zwei seiner Männer die gute und schnelle Läufer waren und ebenfalls den Jungen gern hatten während die anderen hektisch ihr Lager abbrachen und die Vorräte verpackten. Es dauerte nicht lange und Fallo kehrte zurück, seine Männer fragten nichts, verriet doch sein Gesicht und die der beiden anderen Männer, dass sie nichts gefunden haben, was auf den Verbleib ihren Schiffsjungen hingedeutet hätte.





Dreiundzwanzigster Teil

Die portugiesische Armee behielt also letztendlich die Oberhand, ich sah wie ihre Soldaten die letzten Spanier über den Fluss trieben und ihnen auch nachgesetzt hätten, wären nicht die Kanonen der beiden Batterien ein unüberwindliches Hindernis gewesen. So scheiterten sie genauso wie die Spanier vor ihnen im Hagel von Kugeln aus Kanonen und Musketen und zogen sich zurück. So blieb nur noch eine unheimliche Stille über den Schlachtfeld liegen, genauso wie dem zähen Pulverqualm der in weiten Schleier überall die Sicht einschränkte.

Tamfelder wies mich an ruhig zu bleiben, konnten wir doch nicht die gesamte Umgebung überblicken. Auf meine Frage wo er sein Pferd habe, antwortet er mir dass er es neben meinen angebunden hätte. Ich fürchtete das sie entdeckt worden sein könnten, hatte doch die feindliche Kavallerie genau diesen Landstrich vorher mit hunderten Reitern passiert. Tamfelder teilte meine Besorgnis, ihm ging es vor allem um sein prächtiges Pferd dessen Verlust er kaum überwinden würde. So warten wir bis zum Einbruch der Dunkelheit im Busch und sahen portugiesischen Soldaten dabei zu wie sie spanische Soldaten pflederten genauso wie auch eigene Tote. So nahmen sie alles was ihnen von Nutzen sein konnte und wenn sie auf einen Verletzten trafen nahmen sie auch dessen Leben und dann sein Gut.

Endlich wurde es dunkel und Tamfelder und ich brauchten nicht mehr dieses schändliche Tun verfolgen. Wir warteten noch einen Moment und schlichen langsam die Hügelkuppe wieder runter um zu den Pferden zu kommen. Hermes witterte seinen Herren schon von der Weite und wieherte vor Freude und wäre der Strick nicht ordentlich von mir verknotet gewesen, so wäre das Ross dem Preußen entgegen geeilt. Auch die von Tamfelder stark geschundene Stute war noch an Ort und Stelle und so brauchte ich auch in diesem Fall nicht ohne Reittier auskommen. So berieten wir nun wie wir weiter vorgehen wollten, Tamfelder der eine Verantwortung für mich übernommen zu haben schien, wollte mich ungern alleine weiterreiten lassen, hatte er doch die Befürchtung dass mich der Feind gleich wieder in seiner Fuchtel haben könnte. So beschloss er mich bis zum Lager der Spanier zu begleiten und erst dann auf die Suche nach seinen Kameraden zu gehen.

Wege konnten wir nicht benutzen, zu viele Patrouillen strichen durch die Gegend und die Ufer des Guardiana wurden immer mehr in der Länge besetzt, da sich die beiden gegnerischen Armeen versuchten zu überflügeln. So blieb uns keine andere Möglichkeit als weiter Richtung Osten zu reiten um aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich heraus zu kommen und dann den Guardiana wieder zu überqueren. So ging es nun querfeldein und wir wurden von einem Dorf aufgehalten, dass in hellen Flammen stand. Es gab kein Gehöft das nicht brennen würde, kein Gebäude das unversehrt geblieben wäre. Nur die Kirche in der Mitte blieb unversehrt.

Eigentlich wollte wir außen herum reiten, doch Tamfelder war Neugierig, vielleicht gab es Überlebende die uns über die Lage des Feindes informieren konnten. „Wisst ihr, gewisse Risiken müssen sein, sonst hält uns das Schicksal den Erfolg vor." So ritten wir nun in den Ort hinein und im Gegensatz zu dem Ort den ich noch am Morgen passierte, waren hier nicht einmal mehr die Hunde zu hören. Erschossene Menschen lagen herum, viele Körper von Säbeln und Bajonetten verstümmelt. Die Soldateska hat hier eine Hölle geschaffen aus der keiner entkommen zu sein schien.

Es war für Tamfelder und mich schwer zu ertragen, dass unsere Suche nach Leben hier ohne Erfolg zu bleiben schien und so durchquerten wir den Ort mit sturen Blick nach vorn, das Schreckliche weitgehend aus unserem Empfinden verdrängend. Warum der Feind hier so gewütet hatte konnten wir uns nicht erklären. Auf dem Marktflecken, standen noch ein paar Wagen herrenlos herum. Auf einen von ihnen waren noch viele Äpfel die vom Feind unbeachtet geblieben waren, so ließen sich Tamfelder und ich uns nieder und aßen uns satt, genauso wie unsere Pferde, die sich daran machten ebenfalls den Boden nach dem herumliegenden Obst abzusuchen. Wir ließen sie gewähren und auch wenn das ein ungeeigneter Ort für eine Rast war, wollten wir uns stärken, konnten wir doch nicht wissen wann wir das nächste Mal die Gelegenheit dazu bekommen würden.

„Sagt mir mein lieber Leutnant, was hat Euch gereut Soldat zu werden, ihr schein mir doch vortrefflich für diesen Beruf geeignet. Der junge Mann, ein wahrer Mars von Statur und Aussehen lächelte nachsichtig. „Für mich kann das töten von Menschen kein Beruf sein, das ich ihn dennoch ausübe liegt darin begründet dass es meine Familie von mir erwartet.
Im Gegensatz zu meinen Kameraden trage ich kein`von`in meinen Namen wie Euch es vielleicht auch schon aufgefallen ist. Ich komme aus einer armen Bauernfamilie in der schon alle Männer seit jeher in der kurfürstlichen Armee ihren Dienst versahen, meist im 9. Kürassierregiment. Diese wurden auch meist von der Familie der Knippenburgs geführt und so verband unsere Familie ein gemeinsames Schicksal. Als mein Vater dann den Oberst von Knippenburg das Leben rettete, glaubte er ihm etwas schuldig zu sein und nahm mich in seine Fittiche damit etwas aus mir werden würde. Und so bin ich ein Bauernsohn mit Offiziersepauletten geworden den der Ehrgeiz der Familie treibt und nicht die eigene Überzeugung.“ Ich traute mich nicht recht ihn zu fragen und tat es doch neugierig geworden. „Wollte ihr mir sagen wie Euer Vater den Obristen das Leben retten konnte?“ Tamfelder lächele säuerlich. „Wenn ihr mir versprecht es für Euch zu behalten gerne. Nun mein Vater ritt mit seiner Scharr Patrouille als er aus dem Wald das wiehern eines Pferdes vernahm. So hieß ihn der Feldwebel nach dem Pferd zu suchen und zum Standort des Regiments zu bringen, während er selbst mit den Rest der Männer weiter ritt. Er drang tiefer in den Wald ein und sah ein Pferd das im Sumpf steckte, voll gesattelt und im Zaum. So schlussfolgerte er, dass auch ein Reiter in der Nähe sein musste und sah wie der Obrist nur noch mit dem Gesicht aus dem Moor ragte. So reichte er ihm ein Holzstock, was dieser aber nicht sehen konnte, rief ihm zu wurde aber nicht von dem Knippenburg verstanden. Blieb ihn also nichts übrig als selbst ins Moor zu steigen, legte aber vorher einen langen trockenen Baumstamm über das Moor der ihm Halt geben sollte. Und so stieg er hinein und zog ihn und den Obristen aus dem schwarzen Schlamm, brachte ihn zu uns nach Hause und gab ihm die Möglichkeit sich zu reinigen und seinen Stolz zu wahren hielt er doch diese Begebenheit eisern für sich. Knippenburg war betrunken gewesen, hatte der Obrist doch eine junge schöne Frau die er ständig verdächtigte ihn zu betrügen. Bis diese es aufgab ihm das Gegenteil zu beteuern und sich das Leben nahm. So hang sie sich auf in seiner Wohnung, was dieser nicht verwinden konnte und zum Säufer wurde.

Nun er konnte die Sucht besiegen, mein Vater half ihm dabei in dem er ihn bat sich meiner anzunehmen. So behandelt er mich wie seinen Sohn in dem er den strengen Erzieher spielt aus Ermangelung eigener Söhne. Nun habe ich zwei Väter und glauben sie mir wie oft ich einfach nur noch entfliehen wollte weil mir der Druck zu hoch wurde, da mir meine Kameraden den Vorzug des Obristen vorhielten und mich mieden.“ Er endete hier und ich konnte nachvollziehen wie schwer diese Verhältnisse auf ihn gedrückt haben müssen in den vielen Jahren. So schloss ich dieses für Tamfelder unliebsame Thema ab und bat ihn wieder mit mir aufzubrechen.





Vierundzwanzigster Teil

Also rafften die Männer ihre Sachen zusammen um eiligst weiterzuziehen. Sie mussten mit Gefahr rechnen die unbekannter Art und Weise besonders gefährlich zu sein schien, ängstigte sie doch die Leute von Leutnant Fallo sehr. So bahnte man sich also weiter den Weg durch den Dschungel, in der Hoffnung auf irgendeine Spur von Zivilisation zu stoßen. Fallos Gedanken rasten um Pietro, hätte er den Jungen weiter suchen sollen? Würden ihn seine Entführer töten, träge er nicht daran die Schuld? Er tastete nach der Pistole in seinem Gürtel und auch sein Säbel war schnell zur Hand, wenn man ihn denn brauchen würde. „Auf ein Wort Leutnant!“ Der Bootsmann trat an Fallo heran und klopfte ihm auf die Schulter. Fallo ließ es ihm durchgehen obwohl er normaler Weise Verbrüderung mit der Mannschaft ablehnend gegenüber stand. „Ihr braucht Euch nicht zu grämen, wenn wir auf eine Siedlung stoßen, stellen wir einen Suchtrupp zusammen und schauen was wir noch für den Jungen tun können. Ihr werdet in Havanna gebraucht, das hat die höchste Priorität. Fallo fauchte den Bootsmann wütend an. „Glaubt ihr denn, dass ich das nicht weiß? Geht an das Ende der Kolonne und passt auf, dass wir nicht überrascht oder verfolgt werden!“

Sie kamen nur langsam vorwärts und als sich die beiden vordersten Seeleute durch dichte Büsche geschlagen haben, breitete sich vor ihnen ein tiefer Abgrund aus. Fallo pfiff durch die Zähne. „Bis zur anderen Seite ist es ne viertel Meile! Jemand eine Idee wie wir da hinunter kommen?“ Der Steilhang führte fast siebzig Fuß steil nach unten, führte durch ein dichtes Dickicht aus Dschungelpflanzen und Mangroven und auf der anderen Seite genauso hoch, aber nicht ganz so steil wie es schien, wieder nach oben. Hörte man genau hin, so konnte man das Rauschen eines Baches vernehmen. Vögel kreisten in gleicher Höhe über den Baumwipfeln und schienen die Seeleute mit ihren Geschrei zu verhöhnen. Fallo überlegte kurz ob man dieses Hindernis umgehen konnte, doch mit bloßem Auge sah er kein Ende der Schlucht, was seine Hoffnung auf eine zügige Umgehung rechtfertigte. Fallo überprüfte ihre Ausrüstung und abgesehen von zwei Seilen, schien ihm nichts hilfreich für die Überquerung zu sein. So verband er sie dann, doch sie maßen nur ungefähr Fünfzig Fuss. „Egal, es wird schon gehen.“ Der Leutnant ging die Schlucht ein wenig ab um einen geeigneten Weg in den Abgrund zu finden. Doch nirgendwo schien ihm eine Stelle besonders vorteilhaft zu sein und so beschloss er den anderen voran geradewegs in den Abgrund zu steigen. Für seine Sicherheit sorgte er in dem er sich am Seil fest hielt und es einmal um seinen Unterarm schlang. Vorsichtig stieg er mit seinen Füssen voran hinunter, suchte nach Stellen in der Wand, die ihm Halt versprachen, verfolgt von den Blicken der Männer die ihm bald folgen sollten.

Nicht nur ihnen war es unheimlich die Wand herab zu steigen, auch Fallo dessen Beine ein schwankendes Deck kannten, fanden nur mühsam Halt und seine Hände schmerzten unter der Last seines Körpers. So legte er die ersten 10 Fuss zurück und angekommen auf einem kleinen Vorsprung konnte er ausruhen und Kraft für den Rest schöpfen. So befahl er den übrigen Männern ihm zu folgen. Sein Blick wanderte die Schlucht entlang und zur seiner Überraschung sah er Schweine die zwischen den Mangroven nach Wurzeln oder Tieren gruben. Fallo beschloss auf sie Jagd zu machen, sowie sie am Grund der Schlucht angekommen waren. Nun kamen auch die anderen auf dem Vorsprung an und Fallo stieg weiter in die Schlucht hinab um den anderen Platz zu machen. Ein Raunen ging durch die Männer als er den Halt verlor und nur mühsam sich am Seil festklammern konnte, Geröll und Steine vielen in den Abgrund dabei viel Lärm erzeugend, der von den Schweinen gehört wurde und sie in den Unterholz trieb.

Fallo war außer sich vor Schreck und nur Mühsam konnte er die Fassung wieder erlangen. Sein Herz pochte und dicke Tropfen Schweiß rannen ihm das Gesicht hinunter. Doch er faste sich ans Herz und suchte mit seinen Händen einen Vorsprung an dem er Halt finden konnte um seinen Abstieg fortzusetzen. So kamen sie Fuß für Fuß voran, doch Fallo hatte nun das Ende des Seiles erreicht und musste die restlichen zwanzig Fuss Felswand auch ohne diese Sicherheit überwinden. Auch die Männer über ihm hatten Schwierigkeiten, schrien sich gegenseitig Warnung zu oder rieten zum nächsten Schritt oder Halt. „Hey pass auf!“ Einer der Männer rutschte an einem Felsvorsprung ab, verlor den Halt und stürzte, auch er hing am Seil, doch pendelte er so weit zurück, dass er nun da er zurückschwang mit voller Wucht gegen die Wand prallte und nur noch am Arm hängend im Seil baumelte. Sein Gesicht war voller Blut und die Nase schien nur noch eine fleischige Masse zu sein aus der viel Blut sickerte und nach unten tropfte.

Die Männer schrien den Unglücklichen an, doch schien dieser das Bewustsein verloren zu haben. Doch blockierte er auch die anderen, die noch über ihm waren, trauten sie sich doch nicht ohne das Seil ihren Abstieg fortzusetzen. Einer von ihnen es war der Mann der Pietro im kurzen Mast des Kutters abgelöst hatte um nach Untiefen Ausschau zu halten, entschloss sich am Seil entlang wieder nach oben zu klettern um den Verletzten Hilfe zu bringen. Fallo war erleichtert stellte sich dieser Mann doch als sehr geschickt und behände heraus. Diego schien sich wie ein Affe, spielerisch am Seil hochzuziehen und erreichte nun den Mann, der durchtränkt vom eigenen Blut einen furchtbaren Anblick lieferte. Diego redete auf ihn ein, schüttelte ihn und endlich schien der Mann wieder zu sich zu kommen.

Er schrak auf, sah an sich herunter, nahm den Abgrund wahr und auch sein Blut, welches sein Hemd und auch die Hose tränkte, versuchte sich instinktiv zu befreien von dem was ihn hielt und löste seinen Arm aus dem Sicherungsseil. Diego schrie einen Warnschrei, Männer riefen über und unter ihm, doch der Unglückliche erst jetzt seine Lage begreifend, fand im Fels nun keinen Halt mehr und stürzte. Diego versuchte ihn zu greifen, doch der bullige Seemann war für den kleinen, drahtigen Matrosen zu schwer und so stürzte er die Wand entlang nach unten, dabei einen seiner Kameraden nur knapp streifend und fiel vorbei an Fallo in den Untergrund um mit dumpfen Geräusch aufzuschlagen.
„Madre mia!“ Fallo wollte nun die Sache hinter sich bringen, stieg weiter hinunter und meisterte den Rest der Wand mit Stöhnen und Fluchen. An seinen Fingerkuppen löste sich die Haut, in seinen Handflächen bildeten sich große Blasen. „Verfluchtes Land!“

Der Bootsmann folgte nun als letzter und hatte nachdem er das Sicherungsseil löste nun keine Möglichkeit mehr davon zu profitieren. Zwar hatte ihm Fallo befohlen es zurück zu lassen doch hatte der erfahrene Seebär das Gefühl man werde es sicher noch brauchen. So verließ er sich auf seinen Instinkt und seine Erfahrung um den Abstieg zu schaffen. Er war schon tausende Male in den Mast gestiegen und hatte etwa da ihm irgendwann ein Zweifel beschlichen dass er nicht lebend wieder sicheren Boden unter den Füßen bekommen würde?

So ließ er sich, dass schwere Seil hatte er gelöst und den Hang hinunter geworfen, die Felswand herab und gerade als er den Blick nach unten wandte sah er schwarze Männer die mit lauten Gebrüll auf ihn zustürmten. Ein Schrei fuhr aus seinem Mund, er stieg so schnell er konnte weiter den Hang hinab, rutschte ab und schlug auf den Vorsprung der den Männern zuvor als Rastplatz diente. Er fing sich aber gut und brüllte so laut er konnte. „Lauft! Wir werden angegriffen! Die Männer unter ihm begriffen nicht und erst als sie Felsen sahen die von oben auf sie herab geworfen wurden, ließen sie alles stehen und liegen und verschwanden zwischen den Büschen.

Nur Fallo zögerte kurz, schätze einen Felsen der herunter stürzte ein, wich ihm aus und griff nach einer der Musketen um auf die Männer zu schießen, die ihn und seine Gefährten ohne Grund bekämpften. Auch Diego schafte es eine Waffe mit der nötigen Munition zu ergattern und nun suchten sie Abstand zu der Wand um aus den Bereich der Werfer zu kommen. So lösten sie zwei Schüsse doch auf diese Entfernung und dem ungünstigen Winkel, konnte keiner von Beiden einen Treffer erzielen. Die Angreifen antworteten prommt in dem sie Speere warfen und Pfeile auf sie hernieder regnen ließen und so zogen sich nun auch Fallo und Diego endgültig zurück.

Der Bootsmann der seinen Kameraden flüchten sah war außer sich vor Angst. Immer wieder fehlten nur wenige Fingerbreiten, wenn ein Stein an ihm vorrüber stürzte, doch wuste er auch dass wenn ihm ein Feind folgte er ihn mit sich in den Abgrund reißen würde. So presste sich der Mann an die Felswand und versuchte selbst seinen stattlichen Bauch so weit einzuziehen wie es denn ging. Er konnte nur abwarten und beten. Er schloss die Augen und versuchte ruhig zu bleiben, irgendwann würden die Burschen über ihn der Sache überdrüssig werden. Es dauerte noch eine ganze Weile bevor der Steinregen aufhörte und der Bootsmann sich in Sicherheit wiegen konnte. Doch was sollte er tun. Weiter heruntersteigen in der Hoffnung das sie nicht wieder weiterwerfen würden? Nein er würde hier bleiben und abwarten, irgendwann würden die Banditen da oben schon verschwinden.

Ein Schlag; nur vier oder fünf Fuss über ihn. Er schaute über sich und Felssplitter kleine Steine und Dreck stürzten auf ihn herunter. Er begriff nicht sofort die Ursache, doch jetzt konnte er die Gefahr ausmachen die nun ihn ereilte. Die gerissenen Neger über ihm, hatten einen schweren Stein an Schlingpflanzen gebunden und warfen ihn über den Hang, damit er runter saußte und an den Fels prallte sowie er durch das Seil gebremst wurde. So hofften sie ihn damit zu erschlagen und schon beim zweiten Versuch hätte der Stein ihn getroffen, wenn er sich nicht zu Boden geworfen hätte.





Fünfundzwanzigster Teil

Wir ritten aus diesem schrecklichen Ort hinaus, weiter Richtung Osten, südlich des Flussufers des Guardiana entlang. Stille lag zwischen mir und meinem Begleiter, jeder für sich hing seinen Gedanken nach. Mein Pferd folgte brav dem Pfad, ich war weder durstig noch hungrig, dank der Stärkung im Ort. Nur die Müdigkeit machte mir zu schaffen und so war ich ständig kurz vor dem Einnicken und manchmal viel ich in einen kurzen Sekundenschlaf. „Pater wir müssen den Weg verlassen dort kommt jemand!“ Ich schrak auf, versuchte etwas in der Richtung die er mir zeigte zu erkennen, stellte aber nur eine aufgewirbelte Staubwolke fest. Ich folgte Tamfelder in einem am Wegrand befindlichen Busch, zog mein Pferd hinein und streichelte es damit es uns nicht durch wiehern verriet. Tamfelder lugte vorsichtig zwischen den Zweigen heraus und nach kurzer Zeit flüsterte er, dass er eine Kolonne Reiter ausmachen konnte, die sich schnell näherte.

Schon ritten portugiesische Husaren an uns vorbei, wahrscheinlich auf Aufklärungsmission unterwegs. Es mochten zwei Schwadrone sein, nahm die Kolonne doch kein Ende. Tamfelder behielt sie im Auge und endlich, der Feind war vorüber, wandte er sich mir zu. „Der von Euren Entführern, der uns entkommen ist, ritt an der Spitze zusammen mit einem hohen Offizier. Sie schienen gut gelaunt zu sein, was nichts Gutes bedeuten kann. Ich schlage vor Pater wir versuchen heraus zu finden was ihren Höhenflug verursacht hat und reiten in die Richtung weiter aus der sie gekommen sind.“ Ich nickte Tamfelder zu, wir warteten noch eine Weile und wollten gerade das Pferd besteigen, als wir ein Knacken hörten. Ich flüsterte. „Dort kommt jemand.“ Tamfelder nickte und zog einen langen Dolch aus einer Scheide die über seinem Rücken hing.

Die Geräusche kamen näher und vorsichtig versuchten wir ihre Quelle ausfindig zu machen. Diesmal versucht ich Aufklärung zu bringen und vorsichtig schob ich die Zweige zur Seite die meine Sicht hinderten. Überrascht starrte ich in das Gesicht eines Husaren, der ebenfalls geschockt, nicht wusste wie er auf einem vor ihm aus dem Gebüsch krauchenden Geistlichen reagieren sollte und urinierte weiter. Tamfelder hatte keine Bedenken sprang aus dem Busch und ehe der Feind der Gefahr gewahr wurde, trat sein Blut aus einer großen Wunde aus seinem Hals. Röchelnd fiel er zu Boden, nach Luft holend, die vom Blut gehindert wurde in seine Lungen zu gelangen. Sein Kampf dauerte zwei Minuten, er verendete voller Qual. Ich stand wie in Trance neben dem Toten, starrte dann Tamfelder ins Gesicht das Ausdruckslos blieb. „Ich habe Euch gesagt Pater, es ist wieder meiner Natur und wieder meines Wissens, doch es zu tun bin ich bereit, immer dann wenn ich es muss.“

Er bat mich wieder auf mein Pferd zu steigen, doch trotzig bestand ich darauf das wir den Mann begruben. Tamfelder schüttelte den Kopf. „Dann hätten sie die Toten im Dorf auch begraben müssen Pater. Beten sie für den Burschen und leisten sie Absolution!“ Ich nickte, wusste ich doch dass der Preuße Recht hatte. So betete ich für den portugiesischen Soldaten, hoffte für ihn dass er keine Frau und keine Kinder zurück ließ, sprach aber vorsichtshalber für sie ein Gebet. Tamfelder der erst ausdruckslos schien, betete mit und erwies seinem Opfer die letzte Ehre. „Sie haben schon öfter jemanden den Tod gebracht, nicht?“ Der junge Leutnant starrte mich an. Antwortete aber nicht. „Steigen sie auf das Pferd Pater wir müssen weiter!“
So ritten wir weiter den Weg entlang und als er zwischen zwei Hügeln zum Hohlweg wurde, beschlossen wir auf der dem Fluss zugewandten Seite des Weges entlang zu reiten, hätten wir doch sonst bei Gefahr nur in eine Richtung die Flucht ergreifen können.

Nun war die von Rodriguez Männern und mir entdeckte Furt nicht mehr weit und auch wenn wir nach hier und da weiter in das Land hineinritten um die Herkunft der Feinde zu entdecken, verloren wir doch nicht allzu viel Zeit dadurch. Tamfelder und ich wechselten wieder nicht viele Worte miteinander, jeder für sich suchte das erlebte zu verdauen. Mein Blick schweifte den Horizont entlang, hatte aber kein Blick für die Felder, die Bäume und die kleinen Hügel, die die Landschaft sehr anmutig machten. Nichts besonderes war zu entdecken….. oder doch? Ein großer Baum, es konnte eine Eiche sein, wurde von einer großen schwarzen Wolke umgeben, es mochten viele schwarze Vögel sein, doch was war der Grund dafür, dass sie ihn umkreisten?
Ich machte den Preußen darauf aufmerksam und wir beide entschlossen auch diesen Umweg in Kauf zu nehmen um die Ursache dieses seltsamen Umstandes zu ergründen.

Wir mussten eine Weile reiten, bis wir Einzelheiten ausmachen konnten und zu unserer Überraschung schien etwas an den Ästen festgebunden zu sein. Wir spekulierten nicht lange, sondern gaben unseren Pferden die Sporen und ritten näher an den seltsamen Baum heran über dessen Wipfel mehrere dutzend Aaskrähen zu sehen waren, die mit lauten Geschrei uns versuchten zu verjagen.
Tamfelder und ich wurden bleich. Fast fünfzig Männer und Frauen hingen an dem Baum, am Halse erhängt. Einige vom Wind erfasst, pendelten hin und her, seltsam lebendig dabei wirkend. Viele von ihnen wurden von den Vögeln stark zugerichtet. Tränen stiegen mir ins Gesicht, wie konnte Gott solch eine Sünde geschehen lassen? Ich schrak auf als ich Tamfelder sah der abrupt vom Pferd sprang und zum Baum hinüber rannte. Er klettere ihn hinauf, schrille Schreie dabei ausstoßend. Jetzt erkannte auch ich sein Ziel, riss meine Augen auf, Schwindel ergriff mich und nur mit Mühe konnte ich mich in meinem Sattel halten.

So stieg auch ich vom Pferd, rief Tamfelder an, dass er mir helfen soll und stieg mit seiner Hilfe in den Baum. Vorsichtig Ast für Ast folgte ich ihm und so schnitten ich zwei der Körper herunter, die von Tamfelder mühsam gehalten und auf den Starken Ast gezogen wurden. Ohne ihren Kürass und ohne ihre Uniform waren sie kaum zu erkennen, Schläge und die Schnäbel der Krähen hatten sie fast unkenntlich gemacht und so war nur Tamfelder dazu in der Lage seine Freunde unter diesen dutzenden von Toten zu entdecken. So brachten wir die beiden Freunde nach unten und während der preußische Offizier schluchzend neben ihm kniete, suchte ich Steine zusammen mit denen wir ihre sterblichen Überreste bedecken konnten. Nur mit Mühe konnte man dieses Grauen erfassen und ich schwor mir so schnell wie möglich an diesen Ort zurück zu kehren um auch den Rest dieser armen Menschen ein Grab zu verschaffen. Noch einmal wanderte mein Blick über die Toten Männer und Frauen und auf einmal bekamen einige von Ihnen Gesichter die mir bekannt waren. Es waren die Einwohner aus dem Dorf die mir noch vor einem Tag Wasser und Brot gereicht hatten
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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 20:55

Sechsundzwanzigster Teil

Fallo wusste nicht wie er seinem Bootsmann Hilfe bringen konnte, hatten doch auch die Schüsse aus ihren Musketen bis jetzt kaum Wirkung auf die Cimarron gezeigt und zweifelsohne waren die schwarzen Männer welche. Entlaufene Sklaven die unerbittlich von ihren Herren gejagt wurden und mit keinerlei Gnade rechnen durften wenn sie aufgegriffen wurden. Deshalb machten sie ihrerseits Jagd auf jeden Fremden, der ihre Anwesenheit in einem Gebiet oder gar ihre Unterschlüpfe verraten konnte. Dass der Leutnant diesen Zusammenhang erkannte, machte die Situation schwieriger, denn sie mussten so schnell wie möglich zu diesen Wilden Abstand gewinnen.

Der Bootsmann der Aurelia, versuchte nun weiter in den Fels nach unten zu klettern. Doch die Wilden hinderten ihn daran und immer wieder schlug der Stein neben dem Flüchtigen in die Felswand. Er hatte kein Blick dafür sondern wollte nur noch den sicheren Boden erreichen. Über ihm wurden die Rufe schriller und tatsächlich machten sich zwei der Eingeborenen daran ihm zu folgen. Doch Fallo und Diego schossen mit den Musketen auf sie und auch wenn sie nicht trafen, brachten sie die Cimarron´s dazu wieder hoch zu klettern und in Deckung zu gehen. Die Antwort kam auf die Stelle und wieder regnete es Steine, Sperre und Pfeile hinab, einer der Seeleute schrie auf, als ein Stein auf seine Schulter schlug und sie ihm wahrscheinlich brach.

Fallo´s Gedanken rasten um den Bootsmann, sollte er ihn zurück lassen? Hatte er nicht die Verantwortung für den Rest der Männer? Hatten sie nicht einen klaren Auftrag der über dem Schicksal und das Leben des Bootsmann lag?
Dieser hat wieder zehn Fuß geschafft und jetzt entschied sich Fallo dafür auf ihn zu warten. Sie feuerten ihn mit Rufen an, machten ihn Mut und beteten, dass er es schaffen möge. Wieder sauste der Stein über den Hang wurde durch die Lianen gebremst und rauschte in den Abgrund. Diesmal traf er den Bootsmann. Dieser schrie auf, stürzte konnte sich aber mit seiner linken Hand im Fels festklammern, während die Rechts stark verletzt zu sein schien. Trotzdessen hielt er nicht inne und griff weiter mit ihr in den Fels, bei jeder Belastung vor Schmerzen stöhnend. Fallo und Diego luden ihre Musketen, während die Männer anfingen so viel von der Ausrüstung zu retten wie es ihnen möglich war, lag sie doch noch am Fuß des Felsens.

Sie schossen abwechselnd und nun hatten sie Erfolg. Mit einem Schrei, fiel einer der Cimarron, den Stein, der gerade geworfen werden sollte, immer noch in den Händen haltend, herab und schlug nicht weit von seinen Kameraden auf den Boden auf. Er war auf der Stelle tot und die Wilden trauerten um ihn mit lautem Geheul. Wie ein Regen flogen Geschossen auf die Spanier nieder, doch hatten sie Glück und niemand kam zu Schaden. Auch ihre Ausrüstung wurden sie zum größten Teil habhaft, nur wenig wurde von den Steinen getroffen und zerschlagen. Darunter allerdings auch das Navigationsbesteck des Leutnants.

Nun konnte der Bootsmann den Boden erreichen, lief zu ihnen hinüber und verschwand mit den anderen im Unterholz. Jeder von ihnen wusste das die Gefahr noch nicht vorüber war, sondern nur im Moment nicht greifbar ist. Fallo befahl seinen Leuten sofort in den gegenüberliegenden Hang zu steigen und so viel Weg wie möglich zurück zu legen. Diego und er selbst würden weiter auf die entlaufenen Sklaven feuern bis sie ihre Versuche aufgaben ihnen zu folgen oder genug Vorsprung zwischen ihnen und den Fliehenden war. Mit Genugtuung stellte Fallo fest wie seinen Leute liefen um so schnell wie möglich von diesem unseligen Ort weg zu kommen.

Diego und er suchten Deckung zwischen Büschen nahe der Felswand, vielleicht fünfzig Fuss Abstand zueinander haltend. Und so brauchten sie auch nicht lange warten bis die ersten schwarzen Körper sich anschickten über den Abhang zu klettern um ihre verhassten Feinde zu folgen und zu töten. Er gab Diego ein Zeichen und beide warteten ab, bis sie weit in die Felswand gestiegen sind. Fallo legte den Lauf der schweren Muskete auf eine Astgabel ab, zielte über den Lauf auf einen der Sklaven und wartete. Jeder Fuß erhöhte die Chance ihn zu treffen und da sie nicht viel Munition besaßen, durfte er nichts verschwenden. Kaum dass noch fünfzehn Fuss den sehnigen Schwarzen vom Boden trennten, drückte Fallo ab und mit harten Schlag löste sich krachen der Schuss. Durch den Pulverqualm sah Fallo nicht ob er getroffen hatte, aber am Schrei des Mannes hörte er es. Ein Dumpfer ton und der Mann schlug auf den Boden. Auch Diego schoss und obwohl er keinen Erfolg hatte, schienen die Sklaven in der Wand unruhig zu werden. Einige wollten wieder nach oben klettern, aber ein besonders großer und stattlicher Kerl brüllte ihnen etwas zu und so setzten sie dann doch ihren Weg nach unten fort.

Es folgten immer mehr und auch wenn Fall so schnell nachlud wie er konnte, so würden bald die Ersten den Boden berühren, selbst wenn er mit jeder Kugel einen traf. Auch Diego ließ bereits wieder den Ladestock in den Lauf der Muskete fallen, legte Pulver in die Zündpfann, spannte den Hahn und schoss. Ein Mann der fast den Boden erreicht, viel die letzten zwei oder drei Fuss, landete zwar auf seinen Beinen, brach aber sofort zusammen und schleppte sich verletzt davon. Auch Fallo traf wieder und ein toter Körper mehr lag am Fuß des Felsens. Doch es war abzusehen das es nicht mehr lange dauern würde bis die ersten das Tal erreichten und so beschloss Fallo Diego den Befehl zum Aufbruch zu geben. Noch einmal verschwand dessen kleiner drahtiger Körper in einer Pulverwolke um dann um so schneller loszulaufen. Gefolgt vom Leutnant der kaum Schritt zu halten vermag.





Siebenundzwanzigster Teil

Ich sprach ein Gebet für alle diese armen Menschen, insbesondere aber für unsere beiden Freunde, die mir das Leben gerettet hatten. Sie die mich aus den Händen von Menschen gerissen hatten die zu solchen Taten in der Lage waren, sind selbst durch sie umgekommen. Was trieb die Portugiesen an zu solchen Taten? Tamfelder schüttete immer weiter Steine auf das Grab von von Neblingen und von Knippenburg, erst als ich ihn anpackte hielt er inne, schaute langsam zu mir hoch Tränen der Verzweiflung im Gesicht.

„Wie kann man auf solch Schändlichkeit die passenden Worte finden? Wie kann man selbst ein rechter Mann bleiben, wenn einem solch ein Verbrechen zugefügt wird? Wie sollte ich Männer und Frauen des Feindes schonen, tötet er doch jeden guten Willen in mir? Alles ist nun voller Durst nach Rache und glaubt mir Pater ich werde sie bekommen.“ Tamfelder stand auf, schaute mir in die Augen in denen einst Fröhlichkeit und Zuneigung zu finden war, verdrängt durch puren Hass.

„Kommt ich bringe Euch zu Eurem Lager und dann werde ich meine eigenen Wege gehen!“ Ich hoffte der junge Mann würde sich wieder fassen und betete zu Gott dass er nicht vom rechten Wege weichen möge. „Was habt ihr vor Leutnant? Werdet ihr nicht nach Preußen zurückkehren?“ „Ohne das die Mörder gestraft worden sind? Mit Freuden werde ich selber sterben aber bis dahin ist keiner dieser Henker eines natürlichen Todes gestorben, dass ist ein Schwur nicht auf Gott aber auf die beiden Männer hier und ihren Familien.

So schwang er sich auf Hermes und befahl mir regelrecht gleichfalls mein Pferd zu besteigen. Er trieb sein Ross an und ich hatte große Mühe ihm zu folgen. Noch vor dem Abend erreichten wir die Furt überquerten sie mit einiger Mühe und schlugen auf dem Nordufer des Guardiana unser Lager auf. In der ganzen Zeit wechselten wir kein Wort miteinander und insgeheim glaubte ich das Tamfelder mir die Schuld am Tode seiner Kameraden gab. Hatte ich denn Schuld an ihrem Tod? War ich es nicht der sie eingeplant hat in einem Spiel das nun schon so viel Tote gefordert hatte? War ich denn der Spieler?“ Ich schüttelte den Kopf, nein ich trug keine Schuld, es waren die schwachen Menschen auf dieser Welt und jeder für sich selbst wird dafür einst Rechenschaft ablegen müssen vor Gott.

Ich schlief unruhig und wachte immer wieder auf. Tamfelder saß schweigend am Feuer und zeichnete mit seinem Messer Figuren in den Sand. „Wollt ihr nicht ein wenig Kraft im Schlaf suchen, lieber Freund?“ Er schüttelte den Kopf und zeichnete weiter, selbst kurz vor Morgengrauen als ich aus meinen leichten Dämmerschlaf erwachte saß er so da. Es schien mir etwas in diesem Mann gestorben zu sein und ich hoffte für ihn dass er nicht einen Teil von sich dort am Baum verloren hatte.

Es wurde morgen und wir ritten weiter Richtung Osten als wir schon von weiten schon wieder Gefechtslärm hörten, Salven aus Musketen und Kanonen zeigten an dass sich wieder eine Schlacht zwischen den beiden Feindarmeen entwickelte. Sie ritten den Weg den der Pater vorher mit Rodriguez entlang geritten war, mit ihm und seinen Männern. So trafen sie dann auch auf eine Patrouille Lanzenreiter die sie sofort umringten, ihre Piken auf uns richteten zusammen mit geladenen Reiterpistolen. „Wer seid ihr!“ fragte uns ein Leutnant. Sein Blick musterte vor allem Tamfelder, der natürlich keine spanische Uniform trug und somit für ihn besonders verdächtig wirkte.

„Bringt mich bitte ins Lager des Königs Leutnant! Ich und dieser preußische Offizier haben wichtige Nachrichten für das Hauptquartier. Wir wissen auch was mit der Kavallerieschwadron des Hauptmanns Rodriguez passiert ist.“ Der Leutnant merkte auf. „Er lebt noch?“ Ich schüttelte den Kopf und der Leutnant der Lanzenreiter schien ehrlich bestürzt zu sein darüber. „Folgt mir ich bringe Euch zum General Zarossa.“
So ritt ich denn wieder mit der spanischen Kavallerie und obwohl der Leutnant das Gespräch mit mir suchte um Informationen über Rodriguez zu bekommen hielt ich es für besser zu schweigen. So gab er alsbald auf und ritt zurück an die Spitze der Kolonne.
Ich war verblüfft über die Größe des Lagers, die aufgeschütteten Schanzen, Palisaden und Kasematten in denen drohend Kanonenschlünder zu sehen waren. Noch waren wir weit von der ersten Furt entfernt dessen Versuch zu passieren bis jetzt bei jedem blutig gescheitert war der es versuchte. Ich ritt zum Leutnant und fragte ihn ob er etwas über das Gefecht wissen würde. Er zuckte mit der Schulter. „Ein Vorpostengefecht. Die Portugiesen schießen rüber und wir halt zurück. Machen sie sich keine Sorgen Pater!“ So ritten wir denn in das Lager hinein, wo hunderte von Zelten aufgebaut worden sind, Infanterieregimenter exerzierten, Feldküchen kochten, Feldschere ihre Arbeit nachgingen und Verwundete versorgten. In der Mitte stand ein großes, jedoch schlichtes Zelt, dass für König Carlos reserviert worden war umringt von den Zelten seines Stabes. Der Leutnant machte einem Major Meldung der zu uns geeilt kam. Sie wechselten ein paar Worte während der dienstältere Offizier uns musterte um die Wichtigkeit der Personen einzuordnen.

So dauerte es bis sie schließlich beim General Zarossa in dessen Zelt eingelassen wurden. Dieser kleine etwas rundlich wirkende Offizier, strahlte viel Energie aus und schien sehr unter der jetzigen Pattsituation zu leiden. Auf seinem Tisch lagen Karten und Berichte vom Quartiermeister. Wie ich vom Leutnant erfahren hatte führte er die Vorhut der königlichen Armee und so war ihm der größte Teil der Kavallerie und leichten Infanterie unterstellt. Er musterte uns, dabei seinen kurzen Bart streicheln der trotz seiner fünfzig Jahre immer noch bemerkenswert Schwarz geblieben war. „Nehmt Platz ihr Herren und berichten Sie! Wie ich gehört habe Pater seid ihr in Begleitung des Capitano Rodriguez gewesen?“ Ich nickte. „Ja bis wir das andere Ufer des Guardiana erreichten, dort entließ er mich mit der Bemerkung dass er für meine Sicherheit nicht mehr garantieren könne.“ Der General nickte nachdenklich. „Was sich ja ziemlich schnell als Richtig erwiesen hat. Traurig ein so unrühmliches Ende zu finden.“ Sein Blick fiel auf Tamfelder. „Und dieser Schlagetot? Wer ist der Mann?“ Tamfelder antwortete selbst. „Ich bin Offizier der preußischen Armee, mein Name ist Tamfelder.“ Eine leichte Verbeugung und er trat zurück. „So lassen wir bitte die Förmlichkeiten und ihr Pater fangt an mir Eure Geschichte zu erzählen. Vor allem wie ihr trotz der zerstörten Brücken über den Guardiana gekommen seid interessiert mich sehr.“ Ich nickte und begann.





Achtundzwanzigster Teil

Schon hatten die ersten Sklaven das Tal erreicht und stürmten den zwei Flüchtigen hinterher, mit lautem Geschrei. Fallo schlugen Büsche ins Gesicht, er stolperte über Wurzeln und strauchelte kurz, fing sich aber und lief weiter. Er war Seemann und dadurch alles andere als ein guter Läufer, aber er sah Diego noch und die gegenüberliegende Felswand über den Wipfeln der Bäume emporragen. Das Geschrei der Eingeborenen war nicht mehr weit, trotzdem wollte er sich nicht umdrehen, war er doch davon überzeug dabei langsamer zu werden.
Etwas traf ihm am Rücken und er schlug mit voller Wucht hin. Was ihn getroffen hatte wusste er nicht, er schrie vor Schmerzen, raffte sich auf und wandte sich seinen Verfolgern zu.

Einer von ihnen hat ihn fast erreicht und war drauf und dran ihn mit einem Speer aufzuspießen als Diego lauthals Heulend angelaufen kam und dem Angreifer den stumpfen Musketenlauf in das Gesicht rammte. Der Cimarron fiel um, hielt sich das Gesicht, aus dem das Blut zwischen seinen Fingern hervortrat und blieb am Boden kauernd liegen. Diego griff nach seinem Leutnant und obwohl dieser sehr viel größer und schwerer war, zog er ihn einfach hinter sich her. So kamen sie denn an der Felswand an und Diego schob seinen Offizier die Wand hinauf. Obwohl sie sehr viel einfacher in ihrer Struktur war und somit leichter zu besteigen, brauchte man doch all seine Sinne dabei und Diego hoffte das Fallo diese bald wieder erlangen würde.

Schon flogen Steine ihnen hinterher und Diego schlug mit seiner Muskete nach einem Wilden der Anstalten machte ihnen hinterher zu klettern. Fallo suchte sich langsam seinen Weg und ihm wurde langsam wieder klarer. Diego schrie vor Wut immer noch kämpfend als Fallo sich unschlüssig umdrehte. „Geht weiter Herr! Sonst war alles vergebens!“ Fallo nickte und stieg weiter in den Fels. Mühsam zog er sich rauf, als ihn eine Hand packte. Fallo schrak auf und schaute seinen Bootsmann ins Gesicht der Fallo unverschämt angrinste. „Dachte sie könnten etwas Hilfe gebrauchen und der kleine Krieger dort unten auch.“ Mit diesen Worten griffen Fallo´s Seeleute in den Kampf ein, warfen nun ihrerseits Steine auf die Wilden und schossen mit Musketen auf sie, sodass sie sich zurückzogen.

Fallo erklomm mit Hilfe der Seeleute die Steilwand und auch Diego der aus einer großen Wunde am Kopf blutete konnte sich retten. Erschöpft ließen sie sich nieder und auch die aufständischen Sklaven schien sich zurückgezogen zu haben, hatten sie doch empfindliche Verluste hinnehmen müssen. So beschlossen die Männer hier erst einmal zu lagern, sich etwas auszuruhen und am frühen Morgen des nächsten Tages wieder aufzubrechen um so viel Abstand wie möglich zu den Cimarron´s zu gewinnen. Es wurde der letzte Proviant verteilt, Wasser gereicht und die Leute schienen nun glücklich den Angriff überlebt und das Hindernis überwunden zu haben. Der Bootsmann teilte Wachen ein damit die anderen schlafen konnten. Ein Feuer wurde gemacht das wilde Tiere vertreiben soll, an eine von einem Fels verdeckte Stelle, die nicht von unten oder der gegenüberliegenden Seite ausgemacht werden konnte.

Der Abend brach nun herein, die Leute schliefen und nur zwei von Ihnen waren dazu verdammt Wache zu halten. So starrte jeder von Ihnen etwas abseits von der Feuerstelle ins Dunkel und horchte in die Wildnis hinaus, deren Geräuschkulisse durch nachtaktive Tiere beeindruckend war. Diego hatte starke Kopfschmerzen und so konnte er nicht recht ruhen, stand auf und schlenderte durch die nähere Umgebung. Auf der anderen Seite und im Tal wurden Feuer sichtbar die von den Cimarron´s angezündet wurden um den gleichen Zweck zu erfüllen wie das der Spanier. Diego dachte an Pietro und traurig wurde ihm ums Herz hatte der Leutnant erzählt wie grausam die selbst oft so schwer misshandelten Sklaven ihre Gefangenen behandelten. Von einer inneren Unruhe getrieben ging er zu den Wache haltenden Männer murmelten ihnen einige Worte zu, griff sich ein Entermesser und verschwand in der Dunkelheit.

Nach langer Zeit wurden die nächsten zwei Männer geweckt und aufgeschreckt aus ihren tiefen Schlaf fanden sie sich zuerst nicht zurecht, man wartete bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten gab einen kurzen Bericht und die beiden Männer die ihre Schicht hinter sich hatten vielen in den Schlaf kaum dass sie lagen. So verging die Nacht ruhig und am frühen Morgengrauen packte man die sieben Sachen die Ihnen geblieben sind zusammen löschte das Feuer und wollte aufbrechen als Fallo den fehlenden Seemann bemerkte. „Wo ist Diego?“ Die Wachen gaben ihm Bericht über sein Verschwinden und Fallo wurde wütend, tobte herum und hätte fast auf die beiden Männer der ersten Wache eingeprügelt haben sie ihn doch nicht daran gehindert das Lager zu verlassen. Der Bootsmann musste den Leutnant zurückhalten und nur mit Mühe war dieser zu beruhigen.

So brach dann die kleine Kolonne auf, ein jeder beflügelt durch die Angst vor den Sklaven und der im Schlaf gewonnen Kraft. So hackte man sich einen Weg durch das Gestrüpp in Richtung Süden. Fallo musste sich nun auf seinen Instinkt verlassen, hatte er doch nun nicht einmal mehr einen Kompass mit der er die Richtung festlegen konnte. Auch die Sonne war im Dschungel nur selten auszumachen trotzdem war er zuversichtlich bald auf Zeichen der spanischen Kolonisten zu stoßen.

Gerade als sie dabei waren das Lager zu verlassen, entstand im Tal ein großes Geheul und Fallo beeilte sich seine Leute in den Busch zu treiben, mußte er doch mit einer unmittelbaren Gefahr rechnen. Noch einen kurzen Blick über die Felswand geworfen und Fallo sah wie dutzende von Schwarzen durch das Tal liefen laute Schreie ausstoßend, was er zum Anlass nahm seine Leute noch mehr zur Eile anzutreiben. So hasteten sie nun im Laufschritt durch den Dschungel und erst als sie nichts mehr hörten außer ihren eigenen Atem hielten sie inne und verlangsamten ihren Schritt. Die Kleidung in Fetzten schauten die Leute wie Vagabunden aus, noch ein paar Meilen und es war kaum noch etwas Zivilisiertes an ihnen zu sehen wie Fallo trocken feststellte. Doch noch gab es keinen Grund sich für ihr Äußeres zu schämen und Fallo lächelte bei diesem kuriosen Gedanken.

Diego atmete schwer, war er doch fast eine Meile tief in den Busch gelaufen, nach dem er Nacht´s drei oder vier von den Sklaven mit seinem Messer im Schlaf überraschte und ihnen die Kehle im Schlaf durchtrennt hatte ohne das ihn andere dabei bemerkt hätten. Diego wußte das er so die Cimarron´s am ehesten daran hindern konnte seine Leute zu verfolgen im ihnen endgültig den Gar auszumachen. So beschloss er immer wieder ihnen aufzulauern solang noch ein wenig Leben in ihm steckte. Er horchte, der Wind griff in die Wipfel der Mangroven, Vögel krächzten und Affen schrien aus dem Dickicht der Bäume herunter. Er keuchte schwer und so beschloss er ne Weile auszuruhen. Er warf sich auf den Boden so wie er war, fasste sich an den Kopf wo das Blut halbgeronnen an seiner Stirn klebte. Er schüttelte den Kopf, lachte wahnsinnig und schien erst jetzt seine durch ihn verschuldete Situation zu begreifen. Er fiel zu Tode erschöpft in einen tiefen Schlaf.





Neunundzwanzigster Teil

Zarossa hörte mir zu und ich versuchte so detailiert wie möglich die letzten Tage wieder zu geben, er unterbrach mich nicht, zwirbelte seinen Bart und nickte als ich endete. „Sie haben gut erzählt Pater, man merkt dass sie auch ein Schreiberling sind. Um Rodriguez tut es mir leid, war ein guter wenn auch fantasieloser Mann. Nun mein lieber Tamfelder, euer Einsatz für das Leben des Paters wurde Euch vom Schicksal übel vergolten. Ich möchte Euch bitten noch ein wenig zu bleiben, wenn ihr an einem Angebot Eurer Zukunft betreffend interessiert seid.“ Er kam um seinen großen Eichentisch herum und brachte mich zu Ausgang seines Zeltes, er merkte dass ich zögerte Tamfelder zu verlassen doch er beruhigte mich, meine Gedanken erahnend. Ich kann verstehen, dass sie dem Leutnant verbunden sind und ich bin sicher dass sie sich bald hier wieder über den Weg laufen werden. Für sie gibt es viel zu tun, geht bitte zum Leibchirurgus des Königs und helft wo ihm wo ihr nur könnt, der Arme leitet unser Lazarett und schein damit überfordert. Ist halt was anderes Gliedmaßen abzusägen, anstatt Blutegel zu setzten und von der Ader zu lassen.“ Er lachte grimmig. Schob mich aus dem Zelt und ließ hinter mit das Leinentuch was den Eingang verdeckt fallen.

So stand ich nun und wusste erst einmal nicht viel mit mir anzufangen, doch der General hatte Recht es wurde an der Zeit meinen eigentlichen Pflichten als Priester nachzukommen und so eilte ich durchs Lager um die Lazarettzelte zu finden. Nach einigen herumfragen traf ich auf einen kleinen Trommlerjungen der sich dazu bereit erklärte mich zu führen. Ein lustiger Busche das, noch keine zwölf Jahre alt, schien er seine Sache ganz vortrefflich zu machen. So schlug er den einen Wirbel während er mich begleitete, dass man glauben könnte meine Person würde ein ganzes Regiment aufwiegen, was mir einige verwunderte Blicke seitens der Soldaten und Offiziere einbrachte und so mir die Schames Röte ins Gesicht stieg. „Bitte Junge, höre mit der Trommelei auf, es hört sich sehr vortrefflich an, doch gebühre ich es nicht.“ „Wie wäre es denn dann mit einem Lied auf der Flöte Pater? Könnt ich damit Euch erfreuen?“ Ich nickte, wusste ich doch dass der Junge nach meiner Anerkennung heischte. So spielte er auf der Querflöte einen lustigen Marsch und ich folgte ihm trotz seiner Kunst mit gebührendem Abstand änderte es doch nicht wirklich den Grad der Aufmerksamkeit die wir bei den Soldaten im Lager erregten. Zu meinem Ärger sah ich auch Konkubinen und Freudenweiber die sich an den Soldaten vergingen und damit sich selbst und auch sie versündigten. Krämer verkauften Waren, Barbiere boten ihre Künste an, sogar ein Maler sah ich der einen Offizier zu Pferde porträtierte. Das jede Armee unweigerlich solch ein Rattenschwanz hinter sich herziehen mußte war einfach widerlich.

Endlich kamen wir an das Zelt des Chirurgus, wo gerade operiert wurde. Der Mann ein fettleibiger Hühne mit rosigen Pausbacken, einer holländischen Brille neuester Mode tragend, sägte einem armen Sergeanten das Bein entzwei, welcher schrie und brüllte während starke Knechte ihn auf der Bahre hielten. So wurde er nicht nur durch seine Verwundung gestraft, sondern auch noch durch die Folter der Behandlung. Ob er überlebt weiß Gott allein, werden doch viele Verletzte an Wundbrand oder Infektion sterben. So sah mich zuerst das arme Opfer, rief mich an und flehte das ich ihm Hilfe bringen möge. So trat ich zu ihm, suchte ihn zu beruhigen doch gelang es mir wohl kaum, fraß sich doch die Knochensäge langsam durch seinen Oberschenkelknochen. Mir wurde schlecht und so nickte ich dem Medikus zu um ihn verständlich zu machen, dass ich vor dem Zelt auf ihn warten wollte. Ein Nicken mit dem Kopf, gab mir die Bestätigung und ich konnte diesen Marterort verlassen.
„Was kann ich für Euch tun Pater?“ ich schrak auf. Ich stellte mich ihm vor und erzählte von der Bitte des Generals, der ich nun entsprechen wolle und deshalb an ihn herantrat. Der Wundarzt schien sich aufrichtig darüber zu freuen.
„ Mein Name ist Jimenez Gerentes, es freut mich ihre Bekanntschaft zu machen Pater. Nicht viele nehmen Anteil an das Los dieser Männer und auch wenn ich am Hofe des Königs nicht mit solchen brutalen Verletzungen konfrontiert werde, sind sie doch ehrliche Patienten. Am Hofe gibt es meist nur Hypochonder, die unter ihrer eigenen Dekadenz zu leiden haben.“

„Sagt mir lieber Freund wie ich Euch in Eurer Arbeit unterstützen kann?“ Der Hofarzt überlegte kurz, nahm mich am Arm und ging mit mir zu einem scharlachroten, länglichen Zelt. Hier sind die Männer untergebracht, denen ich nicht helfen kann oder nicht helfen konnte. Nehmt Euch ihrer an, betet für sie, schreibt Briefe an die Familien, vergebt ihnen ihre Sünden!“ Ich erschrak, hier lagen an die hundert Männer mit verstümmelten Körper, Gestank von fauligen Fleisch erfüllte den Raum, tausende von Fliegen machten selbst das Sterben für diese armen Menschen zur Hölle. So ließ mich der Arzt alleine an diesem Ort, mir noch einmal auf die Schulter klopfend ging er ab. Ich drehte mich um faste mich doch ein Mann an meine Kutte und so ließ ich mich vor seinem Lager nieder, sah wie er Worte sprechen wollte, sie aber nicht mehr über die Lippen brachte. Eine Nonne brachte mir auf meinen Wunsch Wasser und so brachte ich dem Sterbenden ein bisschen Frische, tupfte ihm die Stirn mit einem feuchten Tuche, ein mühsames Lächeln huscht über seinen Lippen, dann fiel er in eine Ohnmacht. So eilte ich von einem Opfer der Schlacht zum nächsten, sprach tröstende Worte, betete und sang ein paar Kirchenlieder und summte Melodien aus meiner Kindheit. So fuhr ich fort, in meiner Arbeit bis zur Dunkelheit und nicht weniger als einem Dutzend Männern schloss ich die Augen und ließ sie im Massengrab vor dem Lager beerdigen. Ein kurzes Gebet war alles, was ich ihnen auf ihren Weg in die Ewigkeit mitgeben konnte.





Dreizigster Teil

Fallo und seine Männer konnten den ganzen Tag marschieren ohne das weitere Ereignisse ihr Fortkommen beeinträchtigen konnte. Der Dschungel schien unendlich zu sein und ihre Lage wurde nun durch einen Mangel an Proviant bedroht der nur notdürftig mit Wurzeln und Früchten beseitigt werden konnte. Zwei Mal lies Fall schon einen Mann zu den Gipfel eines Baumes klettern um nach dem Sonnenstand und einem Geländepunkt zu suchen an denen sich die Seeleute orientieren konnten. Er hatte jeglichen Überblick verloren. Den Männern sah man ihren Frust an und hätte es eine Alternative zum ständigen Marschieren gegeben, wären sie vielleicht sogar aufsässig geworden. Fallo merkte die Aggression bei den Leuten, versuchte vergebens Mut zu machen, indem er die Meilen die sie zurücklegten mit koppelte. Das er meist log und die wirklichen Wert verheimlichte, macht die Lage nicht wesentlich besser und so musste einfach stupide weiter Fuß vor Fuß gesetzt werden um dieser grünen Hölle zu entrinnen. Moskitos schienen in jeder Ritze ihrer Kleidung zu hocken, sie fraßen regelrecht die Körper der Männer auf, Schweiß vermischt mit Dreck klebte auf ihrer Haut, scheuerte und brachte Blasen und wunde Stellen, die den Menschen starkes Unwohl bereitete.

Diego schrak auf, hatte Mühe sich an seiner Lage zu erinnern und brauchte ne Weile um sich zurechtzufinden. Sein Kopf schmerzte und hastig tastete er nach seinem Entermesser was aber nach wie vor neben ihm lag. Die Sklaven hatten ihn nicht verfolgt oder zumindest nicht finden können. So raffte er sich auf und versuchte in das Tal wo sie lagerten zurück zu kehren. Es dauerte lange und er fand den Fluss wieder und folgte ihm stromaufwärts.
Immer wieder warf er sich auf den Boden wenn er ein Knacken im Geäst hörte oder den Schrei eines Affen. So kam er nicht schnell vorwärts und in dem Moment wo er das Tal erreichte waren die Cimarrons verschwunden. So rastete er, trank Wasser aus dem Fluss und wusch sich das Gesicht. Nahrung fand er kaum, nur ein paar Knollen die in einem der Wachfeuer lagen konnten ihn zumindest ein wenig sättigen. So suchte er nach Spuren und fand von ihnen zu viele als dass er den Feind verfolgen konnte. So kletterte er den Hang hoch, den Fallo und er am Vortag unter dem Angriff der Schwarzen erstiegen hatten und folgte der Richtung in der er annahm das seine Kameraden marschiert sein müssten. Er hastete durch das Dickicht, wurde immer wieder durch Schlingpflanzen zu Fall gebracht, Blätter zerschnitten seine Haut und trotzdem trieb ihn sein eiserner Wille weiter. Diego war Willensstark, ist ohne Eltern im Waisenhaus aufgewachsen, hat nie eine Bildung genossen und sich nur durch harte Arbeit ernähren können. Erst auf der Galeone Chilidas besserte sich sein Leben und er wurde ein anerkanntes Mitglied der Mannschaft, dem jeder mit Vertrauen und Wohlwollen begegnete. So achtete er sie als seine Familie und wollte sie zusammenhalten und schüzen komme was wolle.
Irgendwann schien jedoch auch seine Kraft ein Ende gefunden zu haben, er hielt inne warf sich so wie er war zwischen die Farne und Büsche auf den Boden und ruhte aus. Insekten krabbelten auf ihm herum, Mücken zerstachen seine Haut, es störte ihn nicht war er doch zu erschöpft und sein Empfinden dadurch beeinträchtigt.

„Kannst Du etwas sehen Kerl?“ Fallo schrie zu dem Mann im Gipfel der Mangrove hinauf, Vögel flogen erschreckt auf, ein paar Affen kreischten über Ihnen. „Ich sehe einen Berg vor uns Herr, wenn wir ihn erreichen können wir bestimmt weit in das Land hinein sehen.“ Fallo nickte freudig. „Komm wieder runter! Gut gemacht!“ Die Männer die sich ausruhten mit Wasser Wunden und Bisse von Insekten reinigten, wurden wieder mit Hoffnung erfüllt und stand vor einem Moment das Ausruhen im Vordergrund, war es jetzt der Aufbruch. Jeder von Ihnen wollte Klarheit finden, ein Zeichen dafür dass der Busch irgendwann ein Ende nahm und damit ihre Strapazen. So brachen sie also wieder auf, setzten wieder Schritt für Schritt die Füße voreinander, ohne dass das Hirn den Befehl dazu geben brauchte. Kein Gedanke hinderte sie mehr, wurden sie doch von der Erschöpfung vertrieben. Fallo redete mit dem Seemann der auf den Baum geklettert war und bat ihn die Entfernung zu schätzen. Er nickte. Fünf Meilen das ist heute nicht mehr zu schaffen. So suchte er nach einem geeigneten Lagerplatz und fand ihn nach einem langen Marsch in einer Lichtung wo zwei Findlinge standen auf denen man klettern konnte um dort einigermaßen vor Kriechtieren unbehelligt zu bleiben. Sie waren fast 9 Fuss hoch platt und schienen einmal ein Ganzes gebildet zu haben, jetzt trennte aber ein zwei Fuss breiter Spalt die riesigen Steine von einander. Männer suchten Holz und so machten sie Feuer und ließen sich nieder. Sie rätselten darüber was sie am nächsten Tag entdecken würden, Hoffnung und Mut kehrten wieder in ihre ausgelaugten Geister und so schlief einer nach den anderen ein. Nur einer musste Wache halten und so war es der Bootsmann der diese Rolle für die erste Wache übernahm.


Es waren Stimmen die in Diegos Bewusstsein drängten, er hörte sie ganz deutlich. So kauerte er hin und horchte, versuchte die Richtung zu ermitteln aus der sie gekommen war. Er hörte Geräusche von Menschen die sich ihren Weg durch den Dschungel bahnten, hörte wie sie miteinander redeten, einmal hörte er ein schrilles lachen und dann tauchten sie auf. Sklaven! Es mochten fast Dreißig sein. Sie folgten den Freunden und würden sie einholen! Diego wunderte sich wie er sie überholen konnte ohne sie zu bemerken, doch war ihm klar das er nur grob der Richtung gefolgt war in der er seine Freunde vermutete. Die Cimarron´s schienen es nicht eilig zu haben, lasen die Spuren der Seeleute ohne Mühe und verfolgten den Gegner mit normaler Schrittgeschwindigkeit, wohl wissend das ihre Beständigkeit und Ausdauer sie dem Feind einholen lassen würde.
So wartete der kleine, kräftige Mann bis die Gruppe vorbeigezogen war und kaum dass der letzte ihn passierte, hackte er mit seinen Messer voller Wucht in das Bein des letzten Gegners. Ein Schrei durchdrang den Dschungel und aufgeregt eilten seine Gefährten herbei um ihm Hilfe zu bringen, während sich Diego eilte davon zu kriechen. Rufe wurden laut, man schwärmte aus um den unsichtbaren Feind zu suchen und ein paar Mal streiften sie knapp Diegos Versteck, doch hatte er Glück und blieb ihnen verborgen. Heiser lachte er vor sich hin, stolz dem Feind Schaden gebracht zu haben, ohne Mitleid für den Sklaven der wohl nie wieder laufen wird. Dass sollte er auch nicht, denn nun wird er sie behindern und es ihnen unmöglich machen Fallo und seine Kameraden einzuholen. Der Angegriffene schrie immer noch schrill vor sich hin, während andere Sklaven versuchten sein Bein zu versorgen. So geschah dann das was Diego vermutete, die Gruppe teilte sich und vier Männer blieben bei dem Verwundeten während der Rest weiter die Spanier verfolgte. Diego überlegte ob er die große Gruppe verfolgen sollte, doch diesmal würden sie sich nicht so einfach überraschen lassen. So beschloss er die Zurückgebliebenen anzugreifen, solange er noch lebte oder keiner von ihnen übrig blieb.
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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 20:57

Einunddreißigster Teil

Der Adjutant des Generalquartiermeister, geschickt durch General Zarossa, wies mir ein kleines Zelt zu, das sich in der Nähe des Lazarettes befand. So hatte ich ein Stück Intimsphäre und konnte mich zu meinem Abendgebet zurück ziehen. Ein kleiner Feldaltar überlassen vom Kaplan der Armee, zierte den Raum und gab ihm ein würdiges Aussehen.
„Herr Pater? Darf ich eintreten?“ Der Trommlerjung betrat mein Zelt, nicht wirklich die Erlaubnis abwartend und wurde verlegen als er gewahr wurde, dass er mich bei meinem Gebet störte. „Ich…., ich wollte Ihnen nur meine Hilfe anbieten, falls sie etwas brauchen.“ Neugierig sah er sich bei diesen Worten im Zelt um. Ich musste lächeln. Stand auf und strich ihm über den Kopf. Gott würde es nicht stören, wenn ich mein Gebet für den Jungen unterbreche. „Du willst mir einen Gefallen tun?“ Der Junge nickt hastig. „Dann nenne mir Deinen Namen, damit ich mich auch Dir vorstellen kann.“ „Kiko werde ich gerufen Pater.“ Ich nickte. „Gut mein Junge und ich bin Pater Sebastiano, es freut mich einen so jungen, tapferen Streiter unseres Landes kennen zu lernen. Wenn du mir einen Gefallen tun möchtest, dann finde den preußischen Leutnant Tamfelder , gib ihm Nachricht wo er mich finden kann, sollte er denn mich aufsuchen wollen.“ So stürmte der Kleine los und überließ mich mein Gebet. So kniete ich vor dem Altar also wieder nieder und bat Gott um sein Gnade für die vielen Leidenden des Krieges.

General Zarossa, bat Tamfelder erst einmal Platz zu nehmen, auf einem der Scherensessel die vor seinem Kartentisch aufgestellt worden waren. Er reichte ihm ein reich verziertes Glas Rotwein, breitete eine Karte aus und bat Tamfelder die Stelle kenntlich zu machen wo die Furt über den Guardiana führte. Tamfelder zeichnete sie in der Karte ein und der General versank in Gedanken, es dauerte eine Weile bis er wieder das Wort ergriff. „Sie sind Offizier wie ich, so dass ich offen zu ihnen sprechen möchte. Wir führen hier einen brutalen Krieg, zwischen zwei verfeindeten Völkern, die eigentlich Brüder sein müssten. England benutzt Portugal als Mittel um in Europa einen neuen Krieg zu entfachen, je größer desto besser. Sie haben damit freie Hand um sich die Reichtümer der Welt zusammen zu rauben. Die brutale Aktion gegen Eure Landsleute passt in dieses Kalkül, denn zieht man Preußen in den Krieg, sind auch Österreich und Frankreich zur Stelle. Mann kann es wenden wie man will, England bleibt immer der Gewinner, eine Entwicklung die meinen König mit großer Sorge erfüllt. Der von Rodriguez Männern aufgegriffene Mann, gab an, der regulären Armee anzugehören, eine Aussage die zu der Versicherung des britischen Botschafters nicht so recht passen will. Nach seiner Aussage sollen nur Söldnertruppen auf der portugiesischen Seite kämpfen und sich damit der Kontrolle durch die britische Regierung entzogen haben. Wie dem auch sei, die portugiesische Armee ist uns zahlenmäßig gleichwertig und in Ausrüstung und Ausbildung sogar überlegen. Eine offene Feldschlacht können wir nur mit Glück und der Überraschung gewinnen. Unsere Truppen und die des Feindes, haben, er von Westen kommend, unsere von Osten kommend, alle Brücken über den Guardiana zerstört. Die von Euch und dem Pater genutzte Furt scheint dem Feinde unbekannt zu sein, eine Trumpfkarte die sorgfältig ausgespielt werden sollte. Ich sähe an Euren Augen, dass ihr meinen Monolog mit Ungeduld begegnet, ich bitte Euch mir noch ein wenig Zeit einzuräumen, möchte ich doch einen Vorschlag unterbreiten der Euch gefallen sollte. Aus meiner Zeit in Madrid wisst ihr, dass ich die Avantgarde des Königs befehlige und mir darum alle leichten Truppen der Armee unterstellt worden sind. Da England Söldner stellen kann, trage ich Euch gleichfalls eine Stelle in Aussicht, als Capitano einer Doppelschwadron. Sie hätten 250 Husaren unter ihrem Kommando und würdet zusammen mit anderen Truppenteilen die Sicherung des Brückenkopfes am Südufer des Guardiana übernehmen. Außerdem würde ich im Namen des Königs, Eurem Botschafter in Madrid bitten, den neuen Rang auch für die preußische Armee zu bestätigen. Solltet ihr Interesse haben so teilt es mir bis zum Morgengrauen mit, mein Adjutant wird für sie bis dahin erreichbar sein.“ Der General endete und wartete auf eine Reaktion Tamfelder´s, der nüchtern und distanziert blieb. „Ich bin einverstanden General!“ Zarossa nickte. „Ich halte Euch für einen klugen Mann Tamfelder, klug genug um nicht irgendwelchen Rachegelüsten zu erliegen, die einem größeren Ziel schaden könnten.“ Tamfelder nickte, deutete eine Verbeugung an und verließ das Zelt.

Nach dem er den Tag mit dem Adjutanten des Generals verbracht hatte, trat auch schon ein kleiner Trommlerbube an ihn heran und bat ihn ihm zu folgen. Verwundert lies Tamfelder sich davonziehen zu einem kleinen Zelt in dem noch Licht brannte. „Ihr Pater?“ Ich sah ihn wie er ins Zelt trat, geduckt wegen seiner stattlichen Größe, ungewollt und zögerlich wegen mir. „Ihr wolltet gehen ohne Euch von mir zu verabschieden Tamfelder?“ Tamfelder scharrte mit seinem Fuß auf dem Boden herum. „Habt ihr nicht selbst gesagt, dass ihr Euch eher auf das Wiedersehen freuen würdet, damals im Wald?“ Ich nickte. „Ja ich schon, aber ihr? Ich weiß wohl, dass ihr mir eine Mitschuld gebt am Tode Eurer Freunde. Ich kann Euch nicht dran hindern, aber ich wünschte mir ihr könntet dem Krieg die Schuld geben und nicht mir oder irgendjemand sonst.“ Tamfelder schüttelt den Kopf. Ihr habt Unrecht damit Pater, habt ihr doch Euch freudig diesen Zug des Verderbens angeschlossen um Eure Memoiren mit Schlachtenlärm und Kriegsgetöse aufzufrischen, oder liege ich falsch?“ Bestürzt über seine Worte, wusste ich ihm nicht in geeigneter Weise zu antworten. „Seht ihr Pater! Ich gebe Euch keine Schuld, ich gebe sie auch nicht dem Feind an sich. Doch wenn ich die Mörder finde, werden sie ein blutiges Ende finden.“ Tamfelder schaute mir jetzt grimmig ins Gesicht. „Wenn ihr den Teufel sehen wollt, so schaut jeden, aber auch wirklich jedem Menschen ins Gesicht, irgendwo werdet ihr ihn dort finden. Und auch Gott vermag uns nicht daran zu hindern zu morden und brennen, nein wir berufen uns auch noch auf ihn und sehen uns nach seiner Hilfe.“ Er lachte. „Wissen sie, ich resigniere weil ich den Menschen ein unrechtes Geschöpf nenne, auch wenn es einige zu geben scheint die gegen ihr böses Feuer anzukämpfen in der Lage sind. Ich möchte jetzt gehen lieber Pater, habt keine Sorge, ich gehe als Freund und bin mir sicher dass wir uns wiedersehen.“ Er wandte sich zum Ausgang des Zeltes zu. „Ich vergaß zu erwähnen ich bin jetzt spanischer Soldat!“





Zweiunddreißigster Teil

Der Bootsmann nahm seine Sache ernst und vielleicht auch darum setzte ihn die Müdigkeit besonders zu. Er ging auf dem Felsplateau auf und ab, warf trockenes Holz ins Feuer, kletterte sogar herunter um die Umgebung nach Verdächtigen abzusuchen. Sein Körper schrie nach Ruhe und er würde auf der Stelle einschlafen, wenn er ihm die Gelegenheit dazu gab. So starrte er in die Nacht hinaus, erfreute sich kurz an den beeindruckenden Sternenhimmel, an den wenigen vorbeiziehenden Wolken und schauderte wenn es knackte, Holz aus den Bäumen fiel oder Tiere schrien.
„Nun mein Freund, habt ihr etwas gesehen?“ Fallo wusste das seine Frage nicht gerade die intelligenteste gewesen war. Der Bootsmann schrak auf, schüttelte den Kopf, lächelte und fragte zurück. „Und ihr Herr, könnt ihr etwa nicht schlafen?“ „Ihr kennt das doch, wenn einem die Gedanken keine Pause können, ich hoffe wir bekommen morgen dort oben Klarheit. Gegen Mittag hoffe ich das wir den Gipfel erklommen haben.“ Der Bootsmann nickte. „Die Männer sind morgen bestimmt guter Dinge, sind sie doch ausgeschlafen.“ Fallo schüttelte mit dem Kopf. „Sie sind aber auch hungrig und der bisherige Marsch hat viel Kraft gekostet. Wir werden ja sehen was wir morgen erleben werden, man kann seinem Schicksal nicht entfliehen.“ Der Bootsmann zögerte. „Darf ich fragen, was sie, nachdem sie dem Gouverneur unsere Geschichte erzählt haben, machen wollen?“ Fallo zuckte mit seinen Schultern. „Darüber habe ich noch gar nicht nachgedackt. Vielleicht trete ich der Marine bei? Oder ich lasse mir einen Kaperbrief ausstellen und mache vor der Atlantikküste Südamerikas Jagd auf Portugiesen.“ Der Bootsmann nickte. „Meint ihr Leutnant, ihr hättet noch einen Platz für mich?“ Fallo lächelte. „Legt Euch hin Bootsmann ich löse Euch hiermit ab, alles andere werden wir sehen wenn wir diese grüne Hölle hinter uns gelassen haben.“

Diego wartete bis in der Nacht. Dann pirschte er sich wieder näher an die Negersklaven heran, die inzwischen ihren Kameraden versorgt und ein Feuer gemacht hatten. Zwei von ihnen sangen ein trauriges Lied, während ein Dritter an einer Trage arbeitete mit der sie den Verletzten am Morgen abtransportieren wollten. Der Lichtschein des Feuers erhellte ihre Gesichter und nun war Diego nur noch wenige Fuss von dem Lager entfernt zum Angriff entschlossen. „Doch kurz bevor er sich schreiend mit seinem Entermesser auf die Eingeborenen werfen wollte, hielt er inne. Der vierte Mann, wo ist er geblieben? Er warf sich auf den Boden. Solange er nicht wusste wo dieser sich aufhält, wollte er keinen Angriff wagen. War er eben noch der Jäger, war er nun vielleicht der Gejagte? Die Männer dort am Feuer waren sein Köder, den er schlucken sollte, dessen war er sich sicher. Nun so musste er sich und sie enttäuschen, er würde sich nun nicht mehr rühren. Am Tag würde er sehen, wo der letzte Mann geblieben ist und sowie er bei der Gruppe war, wird er sich auf sie stürzen. Seine Augen hatten etwas wahnsinniges, er wischte sich den Schweiß aus der verschmutzten Stirn und legte sich in den faulig stinkenden Dschungeldreck, den Liedern der Schwarzen, lauschend.

„Wir sollten aufbrechen, packt die Sachen zusammen!“ Fallo trat die Leute mit seinen Stiefeln, bis diese sich endlich aus ihren Träumen und Illusionen lösen konnten. Einige rieben sich die Augen, andere gähnten, alle schienen lockerer zu sein, als an den Tagen zuvor. Der Bootsmann lies die Sachen zusammenpacken, kontrollierte ob die Leute noch genug Wasser bei sich trugen und teilte ihnen ihre Plätze in der Kolonne zu. Fallo nickte und sie brachen in einen neuen Tag auf, der viele Anstrengungen mit sich bringen würde, aber auch ein klares Ziel. Wenn Sie diesen Berg ersteigen, konnten sie bestimmt zehn, vielleicht auch fünfzehn Meilen weit in das Land hinein sehen und endlich Zeichen von zivilisierten Leben entdecken. Sie mussten sich noch etliche Meilen durch den Dschungel kämpfen, ein Mann nun auch noch tragend müssen, weil er Früchte gegessen hatte, die keiner von ihnen kannte und anscheinend giftig gewesen sind. Am liebsten hätte Fallo ihn zurück gelassen, regte er sich doch sehr über das törichte Verhalten des Seemannes auf. Er schüttelte den Kopf hatte er nicht selber Hunger? Keiner von ihnen hat sich je durch einen Dschungel schlagen müssen, keiner wusste wirklich was giftig oder essbar war. Auch die Cimarron´s werden viel Lehrgeld gezahlt haben, bevor sie hier in dieser Wildnis überleben konnten. „Los Leute wir haben es bald geschafft! Dort vorne lichtet sich der Busch!“ Die Männer schienen erleichtert. Endlich konnten sie wieder freie Luft in ihre Lungen saugen, sich nicht mehr von unzähligem Ungeziefer zerfressen lassen müssen und den modrigen, fauligen Gestank des Urwaldes atmen.

Diego fiel immer wieder in Sekundenschlaf, wachte daraus wieder aus und schaute auf die Männer die nun schlafend am Feuer lagen. Das machte ihn nun völlig sicher, es war ein Falle für ihn. Kein Mensch konnte ruhig Schlafen, wenn sein Mörder in der Nähe auf der Lauer lag. Wo war der vierte Mann? Hörte er nicht ein knacken hinter sich? Er presste sich noch mehr in den Boden hinein und lauschte. Nein er hörte nichts. Er musste sich geirrt haben. Was wäre wenn die andere Gruppe gar nicht die Verfolgung Fallo´s aufgenommen hatte, sondern auch noch in der Nähe war? Wie sollten die Cimarron´s auch wissen, dass sie sich getrennt hatten? Vielleicht rechneten auch sie mit einem Hinterhalt, den die Spanier ihnen bereiten wollten. Diego schüttelte den Kopf, drückte mit beiden Händen gegen seine Stirn. Es tat so weh. „Bleib ruhig Diego, bleib ruhig. Hast Du nicht schon jede Situation in deinem Leben gemeistert und für Dich zufriedenstellend lösen können?“ Er beschloss sich zurück zu ziehen, wollte Übersicht gewinnen über diese für ihn nur schwer überschaubare Situation. So kroch er wieder langsam durch den Busch, jeden Lärm vermeidend. Musste er so vorsichtig sein? Er horchte. Es war still und so robbte er weiter. Ein Knacken! Er hat einen trockenen Ast zerdrückt, blieb liegen, horchte und starrte in die Dunkelheit. Hätte er die schwarzen Schatten gesehen die sich langsam von ihren Plätzen am Feuer erhoben, wäre er geflohen, so kroch Diego weiter. Er atmete schwer, schob mit seinen Füßen den Boden beiseite, seinen Oberkörper dadurch nach vorne schiebend. Langsam kamen die Cimarron näher, Sperre in der Hand. Auch sie lauschten, suchten nach Spuren die den Feind an sie verraten würden. Der vierte Mann stand kaum zehn Fuss hinter Diego auf, sein Körper tauchte aus dem Blättermeer. Längst hatte er seinen verhassten Feind ausgemacht, den Spanier der sein Freund verstümmelte. Ein Zeichen mit seiner Hand und die anderen folgten ihm so leise, dass sie durch das Dickicht schweben schienen.

Fallo´s Männer stiegen nun in den Berg hinauf, ungeduldig darauf wartend was sich hinter seinen Gipfel ihnen offenbaren würde, ein weiter nur schwer zu durchdringender Dschungel oder irgendeine Spur, von einer Siedlung oder Hazienda. Fallo kämpfte sich hoch, der Weg war steil und schwer, aber normal begehbar. Er kostete nur Kraft, die letzte die in den geschundenen Körpern noch inne wohnte. Der von zwei anderen Seeleuten getragene Mann, blieb nun nichts anderes übrig, er musste gestützt durch andere nun selbst gehen.
„Ich könnte Dich umbringen Fernando!“ stöhnte ein dürrer Seemann unter seiner Achsel hervor. „Schau die anderen sind schon eine Kabellänge vor uns. „Lass ihn in Ruhe Paolo! Ich habe gesehen wie auch Du nach den Früchten gegriffen hast, nachdem Fernando von ihnen probiert hatte. Ich hasse Euch beide, muss ich doch wegen Eurer Dummheit leiden.“ Fernando starrte gläsern vor sich hin, trat nur sehr langsam vorwärts, jedem Schritt mit verkrampften Gesicht und unter heftigen Stöhnen seinen kranken Körper abringend.“ „Der macht es eh nicht mehr lange Sanchez, warum lassen wir ihn nicht einfach hier?“ Der breitere, wenn auch etwas kleinere Seemann schlug mit seiner Faust nach dem Körper des anderen Trägers. „Ganz einfach weil der Leutnant es befohlen hat und ich Dich gleich umbringen werde, wenn Du nicht endlich die Klappe hältst.“





Dreiunddreizigstes Kapitel

Ich war bestürzt über Tamfelder´s Worte. Hat er mir denn nicht zugehört? Muss er unbedingt den Pfad der Rache begehen? Ich schüttelte den Kopf, er muss selber sehen wie er sein Leben meistert, sollte er meine Hilfe brauchen wird er mich finden. „Komm schon rein mein Junge!“ Kiko trat ins Zelt wie vorher auch seine große Trommel am Körper tragend. Warum schläfst Du noch nicht?“ Kiko schaute sich wieder um, hielt aber zu meinen wenigen Hab und Gut, respektvollen Abstand. Was ich glaube unter anderen Umständen nicht der Fall gewesen wäre. „Die Soldaten meiner Kompanie würfeln, trinken und haben Frauen im Zelt, da werde ich nicht gern gesehen.“ Ich nickte, glaubte ich doch zu wissen, was für ein Sündenfall so ein Zelt für niedere Ränge sein konnte. „Wenn Du möchtest Kiko, bringe ich Dich bei den Männern vom Lazarett unter, dort hast Du Deine Ruhe.“ Der Junge nickte. „Komm lass uns gehen!“ Ich ging diesmal voraus und wir kamen wieder am Sterbezelt vorbei, wo ich einen Menschen rufen hörte. So bat ich Kiko zu warten, damit ich nach dem Mann schauen konnte. Der Junge ist natürlich neugierig geworden und wollte unbedingt feststellen, wer dort im Zelt geschrien hatte, doch fürchtete ich, dass er den Anblick von so viel Leid nicht verkraften würde und bat ihn energischer werdend, draußen auf mich zu warten.

Ich trat an das Lager eines verwundeten Zivilisten. Er hatte eine Wunde am Becken, merkwürdiger Weise unbedeckt, wo sich bereits deutlich die Zeichen einer Infektion bildeten. Ich fragte den Mann ob ich ihm Wasser zu trinken geben sollte, doch er schüttelte den Kopf. Zu meiner Überraschung sprach er mich an. „Würdet ihr mir ein paar Dinge bringen, wenn ich Euch darum bitte? Ich bin ein belgischer Arzt, mein Name ist DeCoster.“ Er stöhnte als er versuchte sich aufzurichten. „Seht Ihr in mir einen Sterbenden? Ich hatte eine gutgehende Praxis in Brüssel geführt, als ich an die Universität von Madrid berufen wurde. Wäre ich am besten zu Hause geblieben!“ Er fuchtelte zornig mit seinen Händen herum, was eine merkwürdige Unruhe bei den anderen Dahinsiechenden auslöste. Ich war erstaunt über diesen Mann genauso wie über sein Verhalten. So fragte ich ihn was er hier bei der Armee denn dann um Gottes Willen zu suchen habe. Mürrisch mich geringschätzig musternd antwortete er mir. „Kaum das ich ein paar Wochen als Professor meinen Studenten Wissen vermitteln konnte, erfuhr ich vom Krieg und beschloss für die armen verwundeten Menschen auf den Feldern Hilfe zu bringen. Nach dem ersten großen Gefecht versuchte ich mit ein paar Freiwilligen, Verwundete aus der Furt zu bergen. Die Portugiesen beschossen uns, wollten sie doch verhindern, dass wir ihre Leute in Gefangenschaft nehmen. Aus Angst, dass wir sie befragen. So wurde ich von einer Kartäsche hier am Beckenknochen getroffen, der Hofarzt hat gegen meinen Rat, mit nicht gut gereinigten Besteck operiert und nun breitet sich Wundbrand aus.“ Ich nickte bedauernd und fragte ob ich für ihn beten soll. „Der Arzt schüttelte den Kopf energisch und griff mit auffallend kräftiger Hand nach meiner Kutte. So weit sind wir noch nicht Pater!“ Er schaute zum Eingang des Zeltes wo Kiko durch einen Schlitz in das Innere schulte. „Bringt mir Verbände sie müssen besonders sauber sein, am besten ausgekocht. Würdet ihr für mich ein paar Kräuter suchen wenn ich Euch darum bitte?“ Ich nickte, von der Energie des Todkrankens mitgerissen. „Ich beschreibe Euch ein Kraut das in meiner Heimat als Grünknöterich bekannt ist. Es müsste am Fluss zu finden sein, obwohl es in Sümpfen besonders gut wächst. Es wird mit helfen das Fieber zu senken und den Entzündungsverlauf zu verlangsamen.“ Er stöhnte und musste ziemliche Schmerzen haben. „Versucht Maden zu finden, am besten die von Fliegen, fragt in der Feldküche! Schaut nicht so ungläubig Pater, es wäre die erste Armeeküche Europas, wo ich keine gefunden hätte.“ Ich empfahl ihm ruhig zu sein und wollte ihn wieder zurück in sein Lager drücken. „Was fällt Euch ein? Ihr seid wie der Scharlatan von Hofchirurgus, der mir am liebsten schon die Lieder herunter gedrückt hätte. Tut meine Kunst belächeln, glaubt gar dass Medizin nur aus dem wetzen von Messern besteht.“
Ich bat ihm Ruhe zu geben. „Gut ich glaube selbst ihr seid hier fehl, ich werde ein paar starke Männer rufen, die Euch in meinem Zelt unterbringen werden. Ich eile mich Euch morgen das Gewünschte zu bringen.“ Der Arzt zog ein riesiges Monokel aus der Tasche und hielt es vor sein rechtes Auge. „Er dort! Wer ist das?“ Ich drehte mich um und sah wie Kiko uns weiter heimlich beobachtete. „Komm herein, Du verdirbst Dir ja die Augen Kerl!“ Noch ehe ich ihn hindern konnte, stand der Junge im Zelt ein wenig blass die vielen Sterbenden musternd. „Glaub mir mein Junge, die wenigsten würden sterben, wenn hier jemand sein Handwerk gelernt hätte! Keine Scheu trete heran, ich möchte Dich anschauen.“ Der Arzt besah sich den Trommlerjungen nun genauer. „Prächtig, Prächtig, gesund ist er und strotzt vor Kraft. Schade wenn er hier für die Ziele der Politik geopfert werden würde.“ Der Belgier lachte höhnisch. „Naja, ihr Spanier versteht es zu opfern, nicht wahr?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ihr solltet Eure Kräfte schonen, wir werden Euch das gewünschte bringen. Nun wartet bis man Euch umgelagert hat.“

Tamfelder ging durch das Lager. Er hatte Mühe in dieser großen Zeltstadt sein Quartier zu finden und irrte eine ganze Weile ziellos umher. Schreie gelten durch die Nacht, Zelte vom Kerzenlicht gelb erleuchtet, gaben Licht sodass man das nähere Umfeld gut überblicken konnte. Soldaten saßen um ein Lagerfeuer, würfelten oder spielten Karten. So suchte er nicht den rechten Weg, sondern schlug erst Mal die richtige Richtung ein. Als ein Mann ihm den Weg verlegte. „Geht nicht weiter! Sucht Euch einen anderen Weg!“ Tamfelder schien verwundert. Es war ein gemeiner Soldat oder Unteroffizier. Er versuchte an dem stämmigen nur mit einer Uniformhose bekleideten Kerl vorbei zu sehen. Geschrei hörte man hinter seinem Rücken, das Brüllen und Kreischen einer Frau. „Geht einen Schritt weiter und ich schlag Euch nieder Ausländer!“ Tamfelder stutzte. Wie konnte er wissen, dass er kein Spanier war? Sein Kürass blitzte im Schein des Feuers. Klar das war es also. „Ich werde mir meinen Weg selber suchen, hindert ihr mich dran, so müsst Ihr Eure Hand gegen mich erheben.“ Der Mann schien fest entschlossen dem Treiben in seinem Rücken, Deckung geben zu wollen und zog nun einen kurzen Säbel blank. Doch kaum das die Klinge aus der Scheide trat, schlug ihm Tamfelder mit flacher Hand gar auf heftigste in sein Gesicht, sodass der Wegelagerer eine Pirouette drehte und nur mühsam das Gleichgewicht halten konnte, während sein Säbel zu Boden fiel. Tamfelder war noch nicht fertig mit ihm, trat ihn voller Wucht gegen das Schienbein, rammte die Faust in seinen Magen und mit hohlen Knacken traf er mit der anderen sein Schlüsselbein, was nachzugeben schien. So sank sein Gegner nun zu Boden und regte sich nicht mehr. Der Preuße war nun fest entschlossen das unbekannte Treiben zu betrachten und wurde einer jungen Frau gewahr, die von ungefähr sieben Mann umringt worden ist. „Ihr da, was soll dieser Unfug zu dieser Stunde? Geht in Eure Zelte!“ Einige drangen weiter auf das Mädchen ein, versuchten es gegen den Boden zu drücken während drei andere ihm den Weg und die Sicht auf ihr Opfer verwehrten. Tamfelder zog seinen Kürassiersäbel blank, dessen breite, gerade Schneide blitzte. Der Soldatenmob zögerte, war doch keiner von ihnen bewaffnet. Tamfelder hatte die besten Chancen alleine der Sache her zu werden, notfalls einen von Ihnen dabei niederstechend und beschloss keine Hilfe zu rufen, würde sie bei dem abendlichen Lagerlärm eh kaum gehört oder als Hilfeschrei wahrgenommen werden und wenn so würde man einem Ausländer helfen?
So näherte er sich den Gegnern mit seiner Klinge, als er ein breites Lächeln auf ihren Lippen sah, das ihn verstörte. Ein Schlag und ihm wurde Schwarz vor seinen Augen, in den Ohren ein Rauschen und er sank ohnmächtig zusammen.





Vierunddreißigstes Kapitel

Diego´s Atem ging schneller, er konnte die Gefahr regelrecht spüren. Er robbte durch das Dickicht, presste sich an den Boden um möglichst unbemerkt zu bleiben und doch irgendetwas war da. Er horchte, aber außer den Geräuschen des Dschungels vermag er nichts Besonderes zu hören. So beschloss er weiter zu kriechen Stück für Stück, jede Hast würde ihn nur verraten. So kroch er weiter über den Boden, als der schwarze, dunkle muskulöse Körper eines Cimarron´s über ihm auftauchte, den Arm mit dem Speer dabei ausholend. Alles war zum Stoß bereit, als Diego sich abrupt umdrehte, die Augen voller Entsetzten weit aufgerissen. Doch für den Spanier war es zu spät, der Speer drang durch seinen Oberschenkel, er schrie, Blut spritzte aus der Wunde. Auch die anderen Sklaven erreichten ihn nun, doch kein weiterer Speer traf seinen Körper. Nur als er nach seinem Entermesser greifen wollte um seinen letzten Kampf zu schlagen, traf ein weiterer Spieß seine Hand und nagelte sie in den Boden. Diego brüllte und schrie, alle anderen Geräusche der Umgebung dabei laut übertönend.

Fallo und seine Männer waren endlich auf dem Gipfel des Berges angelangt, sie umarmten sich und voller Hoffnung hielten sie nach einem Ort Ausschau, der ihnen nun Rettung bringen sollte. Lachen war in der Luft und jeder für sich schaute über das alles zu bedecken scheinende Grün des Urwaldes. Fallo kramte in dem Gepäck und wirklich, er fand ein Fernrohr. So zog er es aus und versuchte sich einen Überblick zu schaffen. So wanderte der Dschungel durch die Linse, nichts was auch nur ein wenig auf Zivilisation deuten lies. Auch die Männer konnten nichts entdecken und die gerade noch auf dem Höhepunkt befindliche Stimmung, brach wieder ein und lies nichts mehr übrig als pure Resignation. Fallo wußte nicht mehr weiter, er setzte sich auf den spärlichen bewachsenen, felsigen Boden und überlegte. Instinktiv taten es die Männer ihm gleich. Worte wurden nicht mehr gewechselt, jeder für sich haderte mit der Ungerechtigkeit und seinem Schicksal. Kurz wurde die Ruhe unterbrochen als die drei Nachzügler die Gruppe erreichten und erschöpft zu Boden fielen. Keiner hat mehr groß an sie gedacht und auch jetzt regte sich kein großes Mitleid für Sie. Jeder dachte nur noch an sich selbst und das eigene Leben.
Wäre nicht der Hunger, so hätte man die Aussicht richtig genießen können. Unter ihnen das dichte Dickicht des Regenwaldes, eingegrenzt von Erhebungen die sich langsam nach Süden und Osten zu Bergen auswuchsen, an denen weit entfernt dichte Regenwolken abregneten. Wie lange würden sie noch aushalten? Zwei Tage, drei Tage? Fallo seufzte und schob das Fernglas wieder zusammen.

„Dort seht ihr denn nicht?“ Alle waren überrascht das ausgerechnet der kranke Fernando eine Entdeckung gemacht haben wollte. Erst als er heiser, aber energisch, auf den Dschungelrand am Fuße des Berges zeigt, wurden sie einen Menschen gewahr der ziemlich langsam versuchte den Berg zu besteigen. Fallo zog das Fernglas auseinander und tatsächlich ein Mann mit Kette um den Hals und Fußfesseln versuchte den Gipfel, auf dem sie selbst vor ner Weile angekommen waren, zu ersteigen. Er gab vier Männern einen Wink und schon machten sie sich auf, den Mann zu fangen. "Ein entlaufener Sklave! Der wird nicht den Cimarron Verstärkung bringen." Paolo der diese Worte sprach ließ ein Messer in seiner Hand aufblitzen. Sie ließen ihn noch ein wenig weiter auf den Berg steigen, damit er nicht zurück in den Dschungel entkommen konnte und versteckten sich zwischen den Steinen am Hang. Ein Schrei voller Schrecken entfuhr ihrem Opfer und die Männer stürmten auf den Schwarzen ein. Er versuchte nicht zu fliehen, sank nur auf die Knie und ergab sich nun stumm sein Schicksal.

Die Cimarron fesselten Diego, schoben einen Ast zwischen Beine und Arme und schleppten ihn davon. Seine Fesseln schnitten ins Fleisch und seine Wunde blutete heftig, in der immer noch, an beiden Enden von den Sklaven abgebrochene Speer, in seinem Bein steckte. Diego hatte Mühe einen klaren Gedanken zu fassen. Was würde mit ihm geschehen? Würden sie ihn zu Tode foltern, schreckliche Spiele mit ihm spielen, wie es ihnen nachgesagt wird? Würde er vielleicht Pietro wieder sehen bevor er aus dem Leben schied? Konnten Sie ihm den vorwerfen dass er sich, sein Leben und seine Freunde verteidigen wollte? Er grinste. Was sollen diese Gedanken, wollte er mit diesen Wilden, unzivilisierten Geschöpfen verhandeln? Dieses Vieh, das den Körper eines Menschen hatte, nicht aber deren Intelligenz und Hautfarbe? Einer der Männer die ihn trugen grinste ihm mit blitzend weißen Zähnen in sein Gesicht. Als ob er die Gedanken des Spaniers lesen könnte. Die Hand-, Knie und Fussgelenke schmerzten Diego noch mehr als der Speer in seinem Fleisch, schnitten sich doch mit jedem Wippen und Schaukeln die Fesseln tiefer in seine Gliedmaßen. Es dauerte so sehr lange bis er in eine gnädige Ohnmacht fiel.

Triumphierend schleppten die Seemänner ihre Beute an und warfen den Mann mit höhnischer Zufriedenheit vor den Füssen Fallo´s zu Boden. Ein Stöhnen zeigte ihnen, dass der Aufprall auf den Boden ihrem Gefangenen Schmerzen bereitete. „Kannst Du mich verstehen?“ Der Sklave antwortete nicht. Fallo griff an seine Kehle und drückte zu. „Ob Du mich verstehen kannst?“ Der Mann antwortete nicht, nur ein Röcheln wurde hörbar. „Gut dann hängt ihn auf!“ Männer kamen heran und die Augen des Sklaven weiteten sich, eine Bestätigung für die Vermutung Fallos das ihn der Sklave sehr wohl verstand. „Es wäre besser wenn Du Dich auf ein Gespräch mit mir einlässt! Du wärst doch sicher nicht geflohen, von dort wo Du her kommst, wenn Du nicht am Leben hängen würdest. Der Sklave nickte. „Kannst Du uns dahin führen woher Du geflohen bist?“ Der Sklave mit einem kantigen aber sonst sehr gleichmäßigen Gesicht schaute ihn das erste Mal direkt in die Augen. „Wenn ich das tue werden sie mich tagelang martern bis ich sterbe.“ Fallo schüttelte den Kopf. „Das können wir hier auch mit Dir machen. Besser Du bringst uns zu Deinen Besitzer!“ Der Schwarze weinte vor innerer Verzweiflung. Fallo kämpfte mit sich. „Wenn Du uns zurück bringst, werde ich mich dafür einsetzen, dass Du nicht zu schwer für Deine Flucht bestraft wirst. „Das könnt ihr nicht Herr, ihr wisst nicht wie sie ist.“ Fallo stutzte? „Wie wer ist?“ Der Mann zittert am ganzen Leib, aus Erschöpfung oder Furcht war schwer zu sagen. „Senora de Satera! Sie ist die Plantagenbesitzerin auf deren Land ich arbeiten musste.“ Fallo nickte. „Warum bist Du von dort geflohen?“ „Ich sollte in die Grube kommen, weil ich nicht mehr genug Zuckerrohr schneiden kann.“ Fallo stutzte? „Was meinst Du denn mit Grube?“ Der Mann schien wirklich nicht mehr recht gerade gehen zu können, sein Körper hat unzählige Narben von Peitschenhieben, die nur schlecht verheilt sind und große schlecht verheilte Wundmale hinterließen. Eine Schulter schien zu hängen, vielleicht durch die schwere Arbeit oder einen aus ihr resultierenden Unfall gebrochen. „Dort bringen sie die Sklaven um, die nicht mehr arbeiten können.“ Fallo war trotz dieser Tatsache, von der er auch wusste, entsetzt. Er konnte sich schwer vorstellen wie dieser Mann, nur weil er nicht mehr so viel Arbeit verrichten konnte wie die anderen, einfach so vernichtet wurde. „Bring uns zu Deiner Herrin, ich werde dafür sorgen, dass Dir nichts geschieht.“ Der Schwarze nickte hastig, schien er doch in den Worten des fremden Leutnants die einzige Hoffnung für sein Leben zu sehen. Die dem Gespräch lauschenden Seemänner waren erleichtert, es gab in dieser Wildnis also jemanden, der ihnen helfen konnte, der etwas zu essen hatte und wo sie ruhen konnten nach allen Strapazen, ohne Angst zu haben vor Überfällen der Cimarron oder Portugiesen.

Diego kam nur ab und zu wieder zu sich, schnell sorgten die nicht zu ertragenen Schmerzen dafür, dass sein Gehirn den Notaus schaltete und er immer wieder in eine erlösende Ohnmacht fiel. Wie lange ihn man durch den Busch geschleppt hat konnte er deshalb nicht sagen. Erst in einer runden Hütte aus Zweigengeflecht und Bambus kam er wieder zu sich, und verblüfft stellte er fest dass seine Wunden versorgt worden sind und er noch am Leben war. Wahrscheinlich würden sie ihn gesund pflegen, um ihn später umso brutaler zu ermorden. Diego war verzweifelt und wollte aufstehen als er zurückgerissen wurde. Etwas würgte ihn und er merkte das er mit einer Schlinge am Boden gefesselt worden ist. Seine Hände waren am Becken gefesselt, dass von Seilen umschlungen war. Auch die Füsse waren fest aneinander gebunden, so dass Diego keine Möglichkeit sah aufzustehen oder sogar zu fliehen. Gut hieß es also nun für ihn der Dinge zu harren, die dieses Gesindel ihm zu teil werden ließen.





Fünfunddreißigstes Kapitel

Der belgische Arzt schaffte es tatsächlich nach dem ihm das Gewünschte gebracht worden ist, sowohl das Fieber (ausgelöst durch die Infektion), als auch den Wundbrand zu stoppen. Die Maden, die Kiko tatsächlich in der Feldküche fand, fraßen das entzündete Fleisch aus der Wunde und wenn der Arzt recht hatte, würde man in wenigen Tagen der Therapie, kaum noch ein Symptom an ihm bemerken. Er schien ein versierter Mann zu sein und Kiko der Trommlerjunge bat ihn, ihm noch mehr von der Heilkraft der Kräuter und Pflanzen zu erzählen. DeCoster lächelte und schien damit einverstanden zu sein, sowie es die Zeit erlaubte.
Ich tat meine Arbeit im Sterbezelt und hoffte das der Belgier bald wieder zu Kräften kam um wenigsten einige vor dem baldigen Tod zu bewahren. Nach dem ich die Verwundeten regelmäßig besuchte, änderten sich auch die Gegebenheiten, zwei Nonnen halfen mir dabei die armen Leidenden mit Wasser zu erfrischen, sie zu säubern und zu waschen, von den Exkrementen zu befreien in denen sie schon Tage gelegen haben. Den Hofarzt auf diese Verhältnisse angesprochen, hob nur die Schultern und ging davon. Ihn interessierten anscheinen nicht mal die Lebenden richtig, sehnte er sich doch insgeheim wieder zurück an den Madrider Hof.
Ein noch nicht sehr alter Sergeant lag Aufgebart an der Zeltwand, warf sich hin und her als ob er seinen Schmerzen dadurch zu entkommen suchte. Man hatte ihm beide Arme amputiert und so schien er durch hin und her rollen sie spüren oder fühlen zu wollen. Ich hielt ihn still und seine glasigen Augen starrten mich an. „Sie sind weg Pater?“ Ich nickte ihm zu. „Was soll ich denn ohne sie machen? Wie soll ich ohne sie meine Arbeit auf dem Feld verrichten?“ Ich bat ihm still zu sein, doch über seine Wangen rollten die Tränen, er fing an zu weinen wie ein kleines Kind. Ich sprach ihm Trost zu und endlich schien der Mann wieder einen klaren Moment zu bekommen. „Werde ich sterben Pater? Ich meine hier?“ Ich nickte, stanken doch seine Wunden schon, sodass es nun nicht mehr lange dauern würde. „Könnt ihr meine Frau und mein Kind besuchen und von mir erzählen?“ Ich zögerte dem zuzustimmen, drehten sich doch auch andere Leidende zu mir und warteten meine Reaktion ab. „Ja das werde ich, gebt mir die Adresse! So schrieb ich denn von allen die Namen auf und versprach, ihren Familien Aufklärung zu bringen wie sie gefallen sind, wo sie begraben lagen und wo man sie ehren konnte. Ab diesen Tag führte ich Buch, kennzeichnete die Gräber und schwor mir das keiner der Familien, auch nur eines dieser Soldaten im Zweifel bleiben würde, wo ihre Männer geblieben sind.

Tamfelder kam langsam wieder zu sich. Sein Schädel dröhnte und er sah immer noch Sterne. Die stählerne Kappe unter seinem Dreispitz wie sie die Kürassiere seines Regiment zu tragen pflegen, hatte ihn schon öfters vor schweren Verletzungen bewahrt, diesmal schien sie ihm sogar das Leben gerettet zu haben. Erstaunt stellte er fest wo er gelagert wurde, es war in einem Hurenzelt, wo sich sogar eines der Freudenmädchen ihm angenommen hatte und ihm das Gesicht mit einem feuchten Tuch erfrischte. „Wie lange liege ich schon hier Senora?“ Tamfelder wollte aufstehen, doch bat ihn die junge, schwarzhaarige , etwas rundlich wirkende, aber auch nicht hässliche Frau ihn liegen zu bleiben, bis ein Arzt ihn sich besehen konnte. Doch Tamfelder raffte sich auf und war nicht mehr zu halten. „Wie bin ich hierher gekommen?“ Die Hure schien verlegen zu sein. „Ein junges Mädchen zeigte uns Euren leblosen Körper, da haben wir alle zusammen angepackt und Euch hierher gebracht. Zur rechten Zeit, denn später kamen noch ein paar von den Strolchen zurück, anscheinend um das Angefangene noch zu beenden. Wir sahen ihre Laternen von weitem als sie anfingen nach Euch zu suchen.“ Tamfelder überlegte. „Wo ist die Kleine? Ich würde gerne mit ihr ein paar Worte wechseln.“
Das Freudenmädchen schüttelte ihren Kopf. „Wir wissen es nicht, es ist davon gelaufen. Wir wollten das sie bei uns bleibt, wir hätten für sie sorgen können, aber das wollte sie nicht und weg war sie?“ Tamfelder fragte jetzt neugierig geworden nach? „Sie war sehr hübsch nicht wahr?“ Die Hure nickte zustimmend. Nur Tamfelders Stimme änderte sich und er trat auf sie zu und griff ihren Arm mit einer Kraft die Schmerzen verursachen musste. „Und ihr wolltet ihr helfen? Ihr wolltet aus ihr dasselbe machen, was ihr seid und sie an die Soldaten verkaufen! Ich bin Euch zu Dank verpflichtet für Euren Dienst den ihr mir geleistet habt, doch lüge mich nicht an, es macht mich wütend wenn man mich für dumm verkauft! Wenn ihr sie seht bringt sie zum Pater Sebastiano Komperon. Er wird sie bei sich aufnehmen, handelt ihr Euch meiner Anweisung zuwider Senora, dann Gnade Euch Gott. Hier dieser Beutel ist für Euch, will Euch nichts schuldig bleiben.“ Tamfelder wollte ihr ein paar Beutel Münzen zuwerfen doch fand er alles Wertvolle als gestohlen. „Ich werde mich erkenntlich zeigen, verlasst Euch drauf.“ Er machte eine angedeutete Verneigung und ging energisch ab, begleitet vom Gelächter der Huren.


Tamfelder hatte keine Zeit musste er doch schon längst beim Adjutanten Zarossas sein, um seine Doppelschwadron zu übernehmen. Ein kurzer Bericht über das ihm in der Nacht wiederfahrende, im Zelt des Adjutanten Olivarez, und man rief den Quartiermeister, der zusammen mit dem Lagerprofos Nachforschungen anstellen wollte um die Schuldigen ausfindig zu machen. Der Profos ein stattlicher Mann eher wie ein Lehrer wirkend denn wie ein Henker, notierte alles was Tamfelder wusste sehr akribisch und mit einer angedeuteten Verbeugung und einen kühlen musternden Blick verließ er Tamfelder und den Adjutanten Zarossa´s um seinen Nachforschungen anzustellen.
„Mein lieber Tamfelder wenn ihr mir nun folgen wollt! Es gibt nun wichtigere Dinge für Euch, schließlich haben wir einen Feind im Land der zu besiegen ist.“ Tamfelder musterte den Offizier, der hager und schlaf wirkte. Anscheinend durch den Dienst im Stab verweichlicht.
Ihr werdet direkt dem General unterstellt und bekommt Eure Befehle durch ihn und sonst niemanden, es sei denn dem König selbst. 256 Mann werden Euch überlassen, mit der besten Ausrüstung in der spanischen Armee, was unter uns gesagt nicht besonders viel heißen mag. Doch ich denke ich werdet Euch nicht schämen für die Männer, seid ihr Preußen doch berüchtigt aus jedem Mann einen Soldaten zu machen.“ Er lachte gekünstelt, sah Tamfelders steinerne Miene und schwieg wieder. So gingen sie denn auf den Exerzierplatz des Lagers wo seine Männer angetreten auf ihn warteten.

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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 21:00

Sechsunddreißigstes Kapitel

Für Fallo´s Männer erwies sich der gefangene Sklave als wahrer Segen, nicht nur dass er ihnen Früchte und Knollen zeigte, die man verspeisen konnte, nein er zeigte den Seeleuten auch wie man sie zubereitet. So aßen sich die Männer seit Tagen wieder das erste Mal richtig satt, wenn auch Fallo am Anfang vorsichtig war und dafür Sorge trug das der Sklave alles als erster probieren musste. Auch Fernando profitierte von dem Schwarzen, zeigte man ihm doch die Früchte die der arme Kranke gegessen hatte, worauf der Unfrei ihm einen Sud aus Wurzeln zu trinken gab, das ein wirksames Antidot in sich trug. So hatte dieser arme Mann ihnen das Leben gerettet, wenn nicht sogar wirksam in das Kriegsgeschehen zwischen Spanien und Portugal eingegriffen.

„Sag mir wie Du heißt!“ Der Sklave immer noch in Ketten gefesselt, da Fallo kein Risiko eingehen wollte, drehte sich zu ihm um. „Ich bin 413 Herr.“ Fallo schüttelte den Kopf. „Sag mir Deinen richtigen Namen, ich meine denjenigen den Du in Deiner Heimat getragen hast.“
Der Schwarze schien sich über das Gespräch mit dem Leutnant zu freuen. „Mein Name ist Ohini, Herr.“ Fallo ging neben ihm her. „Woher hast Du all das Wissen, über die Pflanzen und Wurzeln auf dieser Insel?“ Der Ausdruck im Gesicht des Angesprochenen, verfinsterte sich. „Ich war nicht immer auf der Plantage der Herrin. Vorher war ich Sklave eines Wissenschaftlers und Arztes, von dem ich viel gelernt habe. Er wollte unbedingt herausfinden ob er sich wirklich als weißer Mann gravierend von mir unterschied, brachte mir lesen und schreiben bei um meine Intelligenz zu testen und ließ mich auch an seinem übrigen Wissen teil haben.“ Fallo nickte und war erstaunt. Tatsächlich war der Mann wortgewandt und manierlich. Keine Spur eines Wilden zeigte sich mehr an ihm. „Was ist aus ihm geworden? Du wirst ja nicht freiwillig auf die Plantage gekommen sein.“ Ohini schüttelte seinen Kopf. „Er wollte mich freilassen, etwas was von anderen Sklavenhaltern nicht gerne gesehen wurde. Eines Tages fand man ihm erschlagen in seinem Haus vor. Zuerst wollte man mich dafür bestrafen, doch ich war für ihn in Havanna um Instrumente abzuholen die er in Spanien bestellt hatte. Sie nahmen mich sofort fest, versteigerten mich auf dem Sklavenmarkt und ich kam auf die Plantage der Herrin.“ Fallo bemerkte die Furcht in den Augen des Schwarzen. „Warum fürchtest Du sie so sehr?“ Ohini, schaute auf den Boden. „Sie ist ein Mensch, vom Teufel gemacht. Sie quält Menschen gerne und das Leid, dass sie ihren Opfer ist wie für andere Menschen der Wein.“ Fallo schlug Ohini auf die Schulter. „Du hast uns einen großen Dienst erwiesen, dass wird selbst sie anerkennen.“

Diego atmete schwer, er war nur einen Tag hier und zwei Cimarrons beschäftigten sich ausgiebig damit, ihn das Leben zu verleiden. Sie schlugen ihn mit Bambusrohr, steckten ihn Holzspäne unter die Fingernägel, oder drückten glühende Zweige auf seinen Beinen und Armen aus. Er schrie so lange bis er ohnmächtig wurde, doch holten sie ihn immer wieder zurück in dem sie ihn mit kaltem Wasser übergossen. Vor dem Eingang der Hütte und an deren Fenstern, standen andere entlaufene Sklaven (einige Frauen und Kinder waren sogar dabei), um diesem Schauspiel mit gewissem Abstand zu verfolgen. Diego röchelte, seine Lunge tat weh vom vielen Brüllen, ihm schwindelte und jede Pause der Pein brachte Übelkeit und Schmerz. Es dauerte Stunden bis sie von ihm abließen und er sich ein wenig erholen durfte. Warum ließ man ihm am Leben? Was waren das für Kreaturen die aus Spaß quälten?
Was war das hier für ein Land? Er wünschte sich, noch einmal das Meer rauschen zu hören, ein Mal noch die Möwen zuschauen, ihrem Kreischen lauschen, den Wind spüren wenn er nach einem greift. Tränen rollten über seinen Augen, wie lange würde man ihm das hier noch antun?

Es dauerte noch bis zum Abend, als Fallo merkte wie sich die Umgebung um ihn herum langsam veränderte. Der Urwalt schien nicht mehr so dicht zu sein, man kam schneller vorwärts und tatsächlich, schimmerte dort nicht das Licht auch von vorne durch die Stämme und Büsche des Waldes? Sonst war es nur von oben gekommen, also musste dort eine Lichtung sein, vielleicht auch ein Feld. Auch die anderen Männer beschleunigten nun ihren Schritt, eilten um das Rätsel zu lösen, nur der Sklave in der Mitte blieb stehen und Tränen füllten seine Augen. Fallo schaute zu ihm zurück während seine Leute an ihnen vorbei, auf die Lichtung zueilten. Einen kurzen Moment überlegte er ob man ihn nicht lieber frei lassen sollte, doch dann siegte der Spanier in ihm. Er gehörte ihm nicht, es wäre Raub. So wieß er den Bootsmann an, dass er Ohini im Auge behalten sollte, aber auch aufpassen das ihm kein Leid durch irgend einen Bewohner der irgendwo dort vor ihnen vermuteten Siedlung, geschehen soll.
Endlich traten sie aus dem Holz, vor ihnen breitete sich eine weite Wiese aus, von Kühen abgegrast, die zu einer Plantage gehören musste, die vielleicht eine Meile entfernt auf einem kleinen Hügel zu sehen war. Die Männer brachen in Jubel aus und erschrocken stürmte ein Reiter vor ihnen davon, vielleicht der Hirte der auf die Herde aufgepasst hatte. Fallo ließ sich in der Kolonne zurück fallen, bis der Bootsmann und Ohine ihn eingeholt hatten und fragte den Sklaven ob das Anwesen vor ihnen seiner Herrin gehörte. Dieser nickte und Fallo ignorierte das Zittern an seinem Körper.
Sie legten vielleicht eine halbe Meile auf einem Trampelpfad zurück, der zur Plantage führte, als Fallo eine Staubwolke bemerkte die sich ihnen näherte. Fallo wies seine Männer an dichter zusammen zu rücken und vorsichtshalber die Hähne ihrer Musketen zu spannen und die Entermesser bereit zu halten. Auch er selbst legte die Hand auf seinem Säbelknauf. Schon stürmten etwa zwanzig bewaffnete Reiter heran, zügelten etwa fünfzig Schritte entfernt ihre Pferde und riefen ihnen zu. „Wer seid ihr? Woher kommt ihr?“ Fallo rief zurück, dass sie Spanier seien und von portugiesischen Schiffen angegriffen und versenkt worden sind. Sie wollen nun dem Gouverneur berichten, damit man die nötigen Maßnahmen treffen kann. Der Mann besah sich die Gruppe genauer, nachdem er näher an sie heran geritten war. Auch Ohini bemerkte er, auch wenn dieser sich versuchte hinter den breiten Rücken des Bootsmannes zu verstecken. „Wie ich sehe habt ihr uns auch ein Stück Vieh zurück gebracht. Das wird die Herrin sehr freuen. Bringt ihn her!“ Fallo schüttelte den Kopf. „Ich will selbst mit Eurer Herrin sprechen, hat doch der Mann hier uns einen großen Dienst erwiesen. Der Reiter schien ein verschlagener Bursche zu sein, doch stimmte er zu. „Dann folgt mir Leutnant! Meine Herrin wird erfreut sein Eure Bekanntschaft zu machen.“





Siebenunddreizigstes Kapitel

Tamfelder war erstaunt über die Masse an Pferden und Reitern, die angetreten vor ihm standen. Sonnengebräunte Gesichter starrten ins Leere, straffe Körperhaltung, gereinigte Uniformen. Von Form her ungarischen Husaren entsprechend mit gelbroten Farben als Spanier für Freund und Feind identifizierbar. Die Pferde waren leicht und ausdauernd, trug ein Husar doch nur leichte Waffen wie Karabiner und Säbel bei sich, keine Rüstung oder zusätzliche Pistolen. Tamfelder´s Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf, Gedanken an die verstorbenen Freunde und Kameraden, an den Pater und den nächtlichen Überfall. Kurz auch an das junge Mädchen, dem er die Schande der Vergewaltigung nicht ersparen konnte. Gab es einen Gott? Warum vertilgt er dann nicht die Menschen die solche Dinge tun? Tamfelder schüttelte unmerklich den Kopf. Ich werde das Rachewerkzeug sein, und wenn ich den Rest meines Leben damit zubringe die Mörder zu suchen und zu töten.
„Lassen Sie die Männer absteigen Teniente!“ Einige spanische Befehle tönten und wie eins stiegen die Reiter ab und nahmen sowie sie den Boden berührten sofort eine respektable Haltung an. Bis jetzt gab es nichts was Tamfelder´s Unzufriedenheit geweckt hatte. So ging er denn die Reihen und Glieder ab, schaute sich jeden seiner Soldaten genau an, versucht anhand ihres Äußeres, auf ihr Können zu schließen, doch in den seltensten Fällen gelang es ihm. Ihre Uniformen waren zum Teil unterschiedlich, von verschiedenem Schnitt und auch manches Mal unvollständig, doch im Großen und Ganzen hatte der Adjutant des Generals recht. Wenn sie als Einheit operieren, würden sie eine nicht zu unterschätzende Macht bilden.
So ging denn Capitano Tamfelder vor seiner Schwadron in Stellung, baute sich breitbeinig vor den Männern auf und hielt eine Ansprache. „Ich bin jetzt Offizier der spanischen Armee, es spielt weder eine Rolle woher ich komme, noch wohin ich gehen werde, wenn wir den Sieg über die Feinde Spaniens davon getragen haben werden. Was für uns eine Rolle spielt ist die Zeit die wir miteinander verbringen werden. Sie werden als Truppe von meinen Entscheidungen abhängen und ich von ihren Leistungen. Ich werde niemals auch nur einen tapferen Soldaten sinnlos opfern, aber ich bin mir auch in Klaren darüber das wir trotzdem Verluste haben werden. Geben Sie ihr Bestes und ich werde sie in jeder Art und Weise unterstützen, mir zu jedem Reiter in der Schwadron eine Meinung bilden und diese ihm auch attestieren, egal ob nun positiv oder negativ. Feigheit wird von mir schwer bestraft, Plünderer werden von mir eigenhändig… .“ Tamfelder zog seinen Säbel aus der Scheide und machte dabei eine Pause. „…eigenhändig füsiliert. Verräter ohne jegliche Gnade behandelt. Für mangelnde Disziplin gibt es Strafen die ich persönlich von Fall zu Fall verhängen werde. Dazu gehört auch körperliche Züchtigung, bei schwerem Vergehen auch das Spießrutenlaufen. Führen Sie sich anständig, wird es nicht dazu kommen, aber sie sollten auch nicht den Fehler machen mich zu provozieren.“ Tamfelder schaute noch mal über die Männer, deren Gesichter ohne jeden Ausdruck blieben. Viele von Ihnen waren Ausländer wie er, doch die meisten waren Spanier.
„Tenientes! Lassen Sie alles zum Aufbruch vorbereiten. Gegen Mittag brechen wir auf!“ Die beiden Leutnants nickten brüllten Befehle und die Männer stiegen auf und verließen den Exerzierplatz des Lagers in einwandfreier Formation.

DeCoster war über einen Patienten gebeugt, reinigte ihm eine schwere Bauchverletzung, schnitt in ihm herum, beobachtet vom Trommler Kiko und meinerseits. Der Arzt schien sich schnell zu erholen, obwohl auch sein unbeugsamer Willen ihn trotz Schmerzen (die in seinem Gesicht zu lesen waren) zu solchen Leistungen trieb. Konnte er einen Menschen nicht retten, fühlte er diesen Zustand als totales Versagen und analysierte seine Behandlung auf der Suche nach Fehlern die er selbst zu verantworten hatte. Jetzt nähte er die Wunde zu, reinigte anschließend die Wunde noch einmal gründlich mit Alkohol und legte einen Verband an. Der Mann, schon zu Beginn der Operation in Ohnmacht gefallen, wird überleben, ein Nicken des Arztes signalisiert mir dieses Glück. Ich trug mich mit der Hoffnung das mein Zelthospiz, dank der Hilfe deCosters nun etwas leerer werden würde. Kiko war etwas blass geworden, aber meine Bitte, das Zelt zu verlassen, wurde von ihm überhört. „Wisst Ihr Pater, wenn ich älter bin möchte ich auch Arzt werden. Ich frage deCoster ob er mir Unterricht erteilt.“ Ich strich dem Jungen durchs Haar mit einem leisen Lachen. „Da wirst Du schon einige Jahre aufbringen müssen.“ Kiko schaute mir zornig in die Augen. „Sie werden es sehen Vater, meine Worte sind nicht umsonst gesprochen!“ Ich nickte und verließ den Raum.
Im Moment schien ich mir eine Pause gönnen zu dürfen und beschloss mich in mein Zelt zurück zu ziehen. Doch kaum lag ich ausgestreckt auf mein mir zugeteiltes Feldbett, trat auch schon ein Bote vor mein Zelt um mir eine Botschaft zu bringen. Ich nickte ihm zu, nahm die mir dargereichte Schriftrolle und las, den Boten dabei mit einem Nicken verabschiedend.

„Lieber Pater! Ich hoffe ihr habt Verständnis, für mein Verhalten und mein Benehmen Euch gegenüber und zeiht mir meine Fehler. Ich werde schon mittags nicht mehr im Lager sein, gilt es doch einen Auftrag zu meistern, der von höchster Wichtigkeit ist. Trotzdem möchte ich Euch um Hilfe bitten, müsst ihr doch Augen und Ohren für mich offen halten.
Gestern haben mich Schurken auf´s schändlichstes Überfallen und nur mit Glück konnte ich dem Schlimmsten entgehen. Ich wollte einem jungen Mädchen beispringen um die Schändung durch einige Uniformen tragenden Teufel zu verhindern. Doch leider schlug man mich von hinten nieder, noch bevor ich das widerwärtige Gesindel niederstrecken konnte. Nun bitte ich Euch das Mädchen ausfindig zu machen und auch dem Profos bei der Suche nach meine Attentäter zu unterstützen. Das Mädchen war ungefähr 18 Jahre alt, hatte schwarze lange Haare und ein sehr hübsches und wohlgeformtes Antlitz. Solltet ihr eine junge Frau finden auf die diese Beschreibung passt, so bitte ich Euch den Fund von den Freudenmädchen im Gesindelager bestätigen zu lassen, waren sie es doch, die das Mädchen und mich vor Ärgerem bewahrten.
Kommen wir nun zu einem der Täter. Er mochte in etwa Eure Größe sein, ein Tritt meinerseits dürfte Sorge dafür getragen haben dass dieser Schurke gar mächtig humpelt, auch Gesicht und vor allem das Schlüsselbein sollten deutliche Zeichen tragen, dass letztere wird wahrscheinlich auch ein Grund für den Mann sein, dass er bei Euren Ärzten Hilfe sucht. Macht ihn Dingfest und ruft den Profos damit er sich diesen Halunken annehmen kann!
Komme ich nun dazu mich von Euch zu verabschieden Pater, mein Auftrag kann ziemlich gefährlich werden und trotzdem möchte ich mich noch einmal von Euch verabschieden und meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass wir uns bald wiedersehen.

So bleibe ich denn in aufrichtiger und treuer Freundschaft mit ihnen verbunden.

Capitano Tamfelder





Achtunddreißigstes Kapitel

Diego kam wieder zu sich, dabei gleich wieder in eine Wolke aus Schmerz eintauchend. Niemand war da und er schloss noch einmal die Augen, vielleicht in der Hoffnung damit den Albtraum zu überwinden. Er öffnete sie wieder und alles schien ihm verschwommen und undeutlich zu sein. Tränen? Haben Sie ihn vielleicht auch noch geblendet? Ein Schatten huschte herbei, ein feuchtes, kaltes Tuch berührte ihn an der Stirn, wohltuende Erfrischung dabei bringend. „Ich bin bei Dir Diego! Pietro!“ Diego riss seine Augen auf, versuchte das Gesicht des Schiffsjungen zu erkennen, doch er war zu erschöpft und ließ seinen Kopf wieder fallen. „Mir haben sie nichts getan, vielleicht weil ich noch kein Mann bin. Ich würde Dich gerne befreien, aber ich kann es nicht…… .“ Der Junge fing an zu weinen, seinen Kopf dabei auf die Brust von Diego legend. „Bleib ruhig Pietro, Du lebst, allein dass gibt mir schon ein großes Stück Kraft wieder. Wir werden dieses Abenteuer durchleben, verlasse Dich darauf! Wie geht es dem Arm und Deinen Rippen?“ Diego versuchte sich zu strecken, die Fesseln hinderten ihn jedoch daran. „Hast Du die anderen gesehen, Fallo und seine Leute oder die Kameraden die am Strand zurückgeblieben sind?“ Pietro fing wieder an Diegos gemarterten Körper zu waschen, gab ihm zu trinken und reichte ihm Früchte die er irgendwo gesammelt oder gestohlen hatte. „Die vom Strand ja. Sie wurden gefoltert und getötet, ihre Köpfe sind aufgespießt worden auf langen Stäben. Sie haben sie überall im Lager aufgestellt. Mein Arm geht es soweit ganz gut auch meine Brust tut kaum noch weh.“ Diego atmete flach, holte tief Luft für eine weitere Frage, die ihm viel Kraft zu rauben schien. „Hast Du noch etwas entdecken können, was uns vielleicht helfen könnte?“ Pietro nickte. „Es sind Portugiesen im Dorf, sie haben auch verhindert das man Dich weiter foltert. Der Kapitän will uns auf sein Schiff bringen, den Grund dafür kenne ich aber nicht.“ Diego nickte. Das sie in die Hände des Feindes fallen, ist vielleicht noch das bessere Schicksal. Doch sollte man vielleicht auch nicht zu viel erwarten, konnten doch auch die Portugiesen grausame Menschen sein, die vielleicht Ihn und Pietro quälen würden um an Informationen heran zu kommen.

Die Plantage der Seniora de Satera, war groß. Ein großes, weiß getünchtes Herrenhaus, zwei Stockwerke hoch, reich verziert mit Stuck, spiegelten den Reichtum der Eigentümerin wieder. Fallo sah daneben noch ein weiteres, einfaches, großes Steinhaus, wahrscheinlich für die Männer, die Sklaven und Plantage bewachten. Ungefähr eine halbe Meile am Fuß des Hügels, fast ein Dutzend bedachte Käfige die für die Sklaven bestimmt waren.
Fallo und seine Männer, eskortiert von den Reitern, liefen riesige Zuckerfelder entlang, auf denen mit Peitschen und Stöcken angetrieben, hunderte von Sklaven ihre Arbeit verrichteten.
An einem von diesen Feldern, hing an einem Galgen, ein Sklave, an seine auf den Rücken festgebundenen Hände herunter. Die Schultern ausgekugelt, musste der Mann bis zu seinem Tod, furchtbare Schmerzen durchlitten haben. Der Anführer unserer Bewacher folgte Fallo´s Blick und grinste. „Die Seniora lässt sich nicht gerne von ihrem Eigentum zum Narren halten. Schon gar nicht von einem Dieb.“ Fallo fragte nach und erfuhr, dass der Mann Brot gestohlen hatte, dass für die weißen Bewohner der Plantage bestimmt gewesen war. Fallo verstand nun die Cimarron die so verbittert gegen sie gekämpft haben, hier war eine Hölle für sie, in der eine Teufelin das Sagen hatte. Sie sahen die leeren Käfige, Pranger und Galgen an denen die Sklaven bestraft werden, Bluthunde die bellten und Pferde der Schergen, die in ihren Ställen wieherten. „Wieviel Sklaven hat die Seniora?“ Der Anführer der Reiter dachte kurz nach. „Ungefähr fünfhundert würde ich meinen.“ Fall schüttelte den Kopf. Er konnte es nicht fassen, dass dieses alles hier Sklaverei bedeutete. Eine Sache mit der er sich nie befasst hatte.
Fallo´s Männer wurden von ihren Leutnant getrennt und zum Steinhaus gebracht, vielleicht um ihr schäbiges Aussehen, durch waschen und neue Kleidung vergessen zu machen. Ohini wurde vom Bootsmann dabei nicht aus den Augen gelassen um einen Zugriff der Aufseher zu verhindern. Auch Fallo konnte in einer kleinen Kammer im Gesindetrakt des Herrenhauses seine Toilette verrichten und bekam neue Kleider, die seinem Rang als Leutnant eher entsprachen, als die in Fetzen an seinem Körper herunter hängende Uniform. Kaum dass er fertig war und eigentlich aus dem Fenster des Raumes blicken wollte, kam auch schon unangekündigt ein alter, weißhaariger Diener herein, kurz eine Aufforderung dabei murmelnd, die Fallo veranlasste diesem alten, bucklig gearbeiteten Mann zu folgen. So wurde er durch lange Flure geführt, an Gemäldegalerien vorbei, Kabinette in denen Musikinstrumente oder Bücherregale standen, ein riesigen Saal der wohl für Feste und Bankette vorgesehen war, hinein in einen großen, abgesehen von einigen Sitzbänken und Stühlen nackten Raum hinein, indem er zu warten hatte. Der Lakai verließ den Raum und Fallo stellte sich an eine der großen Fenstertüren, um in einen großen, sehr gepflegten Park zu schauen, der wohl zur Inspiration und Erbauung der Dame des Hauses diente.

So merkte Fallo nicht wie hinter ihm eine große, dunkelhaarige Frau mittleren Alters den Raum betrat, gekleidet in einem schwarzen Kleid, nur mit wenig und bescheiden wirkenden Zierrat als Schmuck. Zwei große, kräftige Hunde begleiteten sie und durch ihr Tapsen auf dem Paket des Raumes aufgeschreckt fuhr Fallo herum, hastig sich vor der Herrin des Anwesens verneigend, dabei seinen Namen rufend. Senora deSatera hatte ein hübsches, aber emotionsloses Gesicht, große fast schwarze Augen musterten den Seemann vor ihr, ohne das dieser ihre Gedanken erraten konnte. Ihr eng sitzendes Mieder betonte sehr ihr Dekolletee, was unter anderen Umständen sehr Anziehend auf einen Mann wirken musste. Sie fächelte mit einem großen, gleichfalls schwarzen Fächer sich frische Luft zu, den Mann vor ihr immer noch mit kalten Blick abtastend, während dieser ungeduldig darauf wartete, dass sie das Wort an ihn richtete. Sie näherte sich ihm bis auf wenige Schritte, ihren Fächer dabei ohne Pause bewegend. „Nun Herr Leutnant, ihr seid ein stattlicher und attraktiver Mann, eine willkommende Abwechslung bringt ihr in mein bescheidenes Anwesen.“ Fallo wollte etwas erwidern doch unterbrach sie ihn mit einer Handgeste. „Seid mein Mann vor einigen Jahren am Fieber verstarb, ist es doch sehr selten geworden, dass ich mich abgesehen von einigen Freunden in der näheren Umgebung, mit einem kultivierten Mann unterhalten konnte. Man hat mir grob geschildert wie man Euch gefunden hatte, doch währe ich Ihnen verbunden, wenn sie mir einen kurzen Bericht über das Unglück was Euch wiederfahren musste, berichten würdet. Übrigens sagte man mir, dass ihr mir einen Sklaven wieder eingefangen habt, der von der Plantage entlaufen ist. Ein Dienst den ich zu schätzen weiß.“ Fallo verneigte sich. „Ich bitte Euch, von einer Bestrafung abzusehen, hat uns der Mann doch vor dem unweigerlichen Tod errettet. Habt Gnade mit ihm! Es war seine Angst vor Euren Aufsehern, die ihn zur Flucht getrieben hat.“ Die Herrin des Hauses, verzog keine Miene, doch verrieten Worte ihren Ärger. „Nun Leutnant, wie ich meinen Besitz verwalte, liegt ganz allein in meinem Ermessen…..“ sie hielt inne und ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. „…dennoch will ich Euren Ersuchen statt geben und verspreche, dass dem Mann weder durch mich noch durch einen meiner Aufseher ein Leid zugefügt wird.“ Fallo nickte dankbar und fing nun an von der Aurelia, die Fahrt im Boot und dem Dschungelkampf mit den Cimarron´s zu berichten, von der anschließenden Flucht und dem Treffen mit dem Sklaven, der sie alle vor dem Verhungern und ihren Verfolgern gerettet hatte. „Wir befinden uns also mit Portugal im Krieg, dass erklärt viel.“ Sie nickte Fallo zu, der verwundert auf eine Erklärung ihrer Feststellung wartete. „Ich erwarte eine Lieferung weiterer Sklaven aus Afrika, die für Plantagen in der näheren Umgebung und meiner eigenen gedacht waren. Das Schiff wurde durch uns finanziert um unabhängig von den Sklavenhändlern zu sein, die immer unverschämtere Preise verlangen, seit dem auch die Engländer einen großen Bedarf in ihren nordamerikanischen Kolonien haben. Es ist seit fast zwei Monaten überfällig und ich kann nun davon ausgehen, dass es durch den Feind aufgebracht oder versenkt worden ist.“ Fallo nickte. „Es tut mir sehr leid wegen Eures Verlustes, doch bitte ich Euch baldigst um ein Pferd, mit dem ich nach Havanna aufbrechen kann um den Gouverneur zu warnen.“ DeSatera nickte. „Ich werde Eurem Wunsch entsprechen, doch werdet ihr noch die Nacht hier in meinem Haus verbringen und Euch stärken für die Reise, die wohl zwei, vielleicht auch drei Tage dauern wird.“ Fallo wollte wiedersprechen doch ein kühler Blick, hieß ihn schweigen. „Keine Wiederrede Leutnant, ich bin für meinen Gast und seinem Auftrag verantwortlich und kann es nicht erlauben wenn ihr unausgeschlafen und hungrig von hier aufbrecht.“





Neununddreizigstes Kapiel

Tamfelder nutzte die Zeit vor dem Aufbruch, in dem er bei jedem Soldaten einzeln die Ausrüstung prüfte, die Packpferde mit dem Proviant kontrollierte und mit jedem einzelnen Mann seiner Truppe ein paar Worte wechselte. Alles schien seine Ordnung zu haben, trotzdem hatte Tamfelder ein schlechtes Gefühl. Er konnte nicht einordnen was es war, aber es lag ein fauliger Geruch über seiner Truppe. „Teniente! Kommt her!“ Ein junger, vielleicht erst drei- oder vierundzwanzig Jahre alter, schlanker, dafür aber breitschultriger Mann lief herbei, bremste vor seinem neuen Capitano um die letzten Schritte bedachter zu setzen und salutierte. „Zu Befehl Capitano!“ Tamfelder besah sich die an einigen Stellen abgenutzte und etwas schäbige Uniform, der Leutnant folgte dabei seinen Blick und wurde rot. Es dauerte bis Tamfelder ihn direkt ansah und musterte zum Schluss nun auch das braungebrannte scharfkantige Gesicht. Es war sehr ernst, nur die Augen verrieten Feuer. „Euer Name?“ Der Teniente salutierte wieder. „Jimenez!“ Tamfelder hieß ihn, sich rühren um ihn dann aufzufordern ein paar Schritte mit ihm zu gehen. „Wie lange seit ihr bei dieser Einheit Jimenez?“ Der Teniente antwortete augenblicklich. „Zwei Jahre! Capitano!“ Tamfelder lächelte. „Ihr braucht Euch nicht zu überschlagen, ein wenig Lockerheit sei Euch erlaubt mein Guter!“ Der Teniente nickte, ging aber genauso steif wie vorher neben seinem Vorgesetzten. „Damals war die Einheit allerdings zwei geteilt. Die Schwadronen wurden erst bei der Kriegserklärung zusammengeführt, weil man nicht genug Offiziere hatte.“ Tamfelder nickte. „Was ist mit meinem Vorgänger passiert?“ Der Teniente wurde blass. „Nun Capitano Alcarez, ist getötet worden. Hinterrücks, mit einem Messer niedergestochen. Nicht im Kampf wohlgemerkt. Sondern während des Schlafens in seinem Zelt. Er war ein ehrenwerter mann, etwas was man von den meisten Soldaten in der Armee des Königs nicht behaupten kann.“ Tamfelder hielt kurz im Gehen inne und schaute seinem Teniente in die Augen. „Wie meint ihr das?“ Der Teniente schaute zurück auf die Männer, die dabei waren ihre Pferde zu bepacken. Es ist viel Kroppzeug dabei, Gezwungene, verurteilte Straftäter aus Gefängnissen, Söldner die bei Gefahr ungern ihr Leben aufs Spiel setzen.“ „Hat Alcarez, die Männer zu streng behandelt? Vielleicht auch jemanden bei etwas unrechten erwischt?“ Der Teniente zuckte mit den Schultern. „Nicht das ich was besonderes wüsste. Kein Fall der irgendein Aufsehen erregt hätte.“ Tamfelder nickte den Tenienten zu. „Gut mein Lieber, ich hoffe wir werden uns gut verstehen. Geht noch einmal die Männer durch, ob wirklich an alles gedacht worden ist!“ Der Leutnant stand stramm, und eilte zu seinen Männern, den nachdenklichen Tamfelder dabei zurück lassend.

„Was sagt ihr zu diesem Brief DeCoster?“ Der Arzt überflog ein zweites Mal die Zeilen, gab den Brief mir dann zurück und zwirbelte dabei seinen spitzen Bart. „Nun ich würde meinen, dass es einfacher sein wird den Täter zu finden, als das Opfer. Doch glaube ich nicht, dass dieser so dumm sein wird, sich hier im Lazarett behandeln zu lassen. Ich habe aber eine Vorstellung, bei welchen Leuten wir nachfragen könnten. Doch sollten das nicht wir tun, sondern jemand der weniger Aufsehen erregen wird. Er rief Kiko herbei, der sich in einer Ecke seines Zeltes ein großes Buch mit Tier- und Pflanzenillustrationen ansah. Schnell huschte er herbei, hörte aufmerksam zu und nickte eifrig. Kaum dass er aus dem Zelt verschwand, machte ich mir Sorgen um ihn. Könnte es nicht sein, dass er durch Zufall auf den Täter traf und dieser Argwohn in sich tragen würde? Nun ich nahm mir vor für ihn zu beten, wechselte noch ein paar Worte mit DeCoster und ging zurück in das Hospizezelt.


Tamfelder ritt mit seinen Leuten landeinwärts, wie es vor ihm auch Capitano Rodriguez nur wenige Tage zu vor getan hatte. Ihm würde leichte Infanterie und berittene Artillerie folgen, mit deren Hilfe dann der Brückenkopf gesichert werden sollte. In einer seiner Satteltasche hatte er das Tagebuch seines Vorgängers, gefunden unter dessen persönlichen Eigentum, dass noch nicht an die Angehörigen geschickt worden ist. Es war sehr trocken und eine große Staubwolke bildete sich hinter der langen Reihe von Reitern. Ein Punkt der vom Feind wohl beobachtet werden wird. So wird er wohl noch mehr in das Landesinnere vorstoßen müssen, damit der Gegner nicht die Richtung und damit die Absicht Tamfelders erraten konnte. Auch für die Lagerinsassen sollte es so aussehen, als ob man zurück nach Madrid ritt und Tamfelder ließ absichtlich kuriose Gründe dafür im Lager streuen. Die Männer schienen disziplinierte Reiter zu sein, auch nach fünf Stunden Ritt war weder Müdigkeit noch Disziplinlosigkeit erkennbar. Tamfelder nickte Teniente Calva zu, der seine Hand als Antwort an seine Husarenmütze legte. Hermes konnte mit den Pferden der Schwadron durch aus mithalten auch wenn er schwerer war, ein ausgezeichnetes Pferd, das viel Beachtung bei den Reitern um ihn herum fand. So gab Tamfelder seinem Zossen noch einmal mehr die Sporen und die Kolonne erhöhte noch einmal ihre Geschwindigkeit. Heute würden Sie es trotzdem nicht mehr schaffen und so beschloss Tamfelder ein Lager zu suchen was zwar auf gleiche Höhe mit der Furt lag, aber weiter Landeinwärts.

Am frühen Abend entdeckten sie einen leicht aus dem Gelände herausragenden Hügel, an dessen, vom Fluss abgewandter Seite, er das Biwak errichten wollte. Die Landschaft war dicht bewachsen, viele Bäume nahmen die direkte Sicht auf den Guardiana, doch konnten sie auch dadurch Deckung finden. Außerdem würde eine auf dem Hügel platzierter Posten die nähere Umgebung überwachen können, zumal ein Gegner sollt er in der Nähe sein, ebenfalls zu ihm streben würde um eine bessere Aussicht zu haben. So fanden die Reiter endlich eine Pause nach ihrem schnellen und harten Ritt. Tamfelder schenkte ihnen eine viertel Stunde, bevor er sie anwies Zelte aufzuschlagen und Posten um das Lager herum zu postieren. Jimenez wurde durch Tamfelder angewiesen nur ihm bekannte Soldaten für die Wache einzuteilen, Leute die ihm zuverlässig erschienen und für die er garantieren konnte. Außerdem schickte er eine Gruppe von fünf Reitern los, um durch das nahe Gelände zu patroulieren. Nur mit Glück konnte man davon ausgehen, dass der Feind die Furt in seiner Flanke noch nicht entdeckt hatte.

„Was fragst Du mich so komisches Zeug?“ Der Barbier ärgerte sich. „Ich rasiere die Soldaten und operiere sie nicht.“ Kiko schaute ihn mit großen Augen an. „Ich meinte ja auch nur, ihr scheint mir sehr gebildet zu sein und ich habe Schmerzen hier oben an der Schulter.“ Der grobschlächtige Mann, nach Alkohol, Schweiß und Seife stinkend, die letztere wohl längere Zeit nicht an sich selbst angewendet, grollte trotzdem weiter. „Ist schon Recht und jetzt gehab Dich wohl. Frag den Leibarzt des Königs, der wird Dir bestimmt helfen.“ Er lachte über seinen Witz und schob Kiko dabei aus seinem Zelt. Kiko überlegte, es war der letzte Barbier gewesen, der im Lager arbeitete, DeCoster schien unrecht zu haben. Enttäuscht dass er nicht helfen konnte, beschloss er trotzdem sich im Soldatenlager weiter umzusehen. So ging er an den Reihen der Zelte entlang, während unten an der Furt wieder geschossen wurde. Kanonendonner grollte, einige Musketen bellten dazwischen, dann war wieder Ruhe. Die Feinde schienen sich auf diese Art und Weise sagen zu wollen, dass sie noch da waren. Kiko sah eine Gruppe Söldner um einen großen Tisch herum stehend, wo sie interessiert einem Würfelspiel folgten. Suppe dampfte neben ihnen über dem Feuer, ein dicker Junge rührte in ihr herum, immer wieder ängstlich zu den Soldaten rüber blickend. Kiko schlenderte herbei um sich mit ihm zu unterhalten. „Ich bin Kiko, wie heißt Du?“ Der Dick, etwas größer als er selbst, flüsterte zurück. „Carlos heißte ich.“ Er rührte weiter in der Suppe immer wieder die Männer am Tisch musternd. „Hast Prügel bekommen stimmt’s?“ Carlos nickte. „Ja erst verspotten sie mich, nennen mich ihren kleinen König und als ich die erste Suppe verschüttet hatte, schlugen sie mich fürchterlich.“ Kiko nickte verständnisvoll, er selbst wurde schon auf ähnliche Art und Weise bedacht. „Sag mal hast Du einen Mann gesehen, der humpelt und Schmerzen hier hat?“ Er zeigte auf sein Schlüsselbein. „Nein habe ich nicht, aber geh jetzt lieber, ich will nicht dass sie Dich auch noch schlagen und mich gleich obendrein.“ Kiko nickte. „Wenn Du jemanden siehst, auf den meine Beschreibung passen sollte, gib mir Bescheid ich bin oben im Lazarett.“ Carlos winkte ab. „Versschwinde endlich!“
Kiko dachte nicht daran sondern stellte sich frech zu den Soldaten. Sie nahmen wie er erwartet hatte keine Notiz von ihm und so schaute er zu wie die Würfel geworfen wurden. Ein hagerer, großer Kerl schien Pech zu haben, setzte alles auf einen Wurf, dabei seine wenigen Münzen in die Mitte des Tisches schiebend. „Willst Dich noch um Deinen letzten Sold bringen Ramilio? Der Mann fluchte, als er wieder verlor, wandte sich vom Tisch ab wurde aber von einem glatzköpfigen Riesen zurück gehalten. „Nicht so schnell mein Freund!“ Der Angesprochene wandte sich abrupt um. „Du hast doch jetzt alles, was ich besitze, was soll es also noch?“ Ein höhnisches Lachen und ein kräftiger Griff in die Schulter des Dürren, ließen diesen erbleichen. „Du schuldest mir schon etliche Pesos, ich will sie haben wie ist mir egal. Oder ich kann für Deine Gesundheit nicht länger garantieren.“ Der Glatzkopf unterstrich seine Worte mit einer Ohrfeige, die im kantigen Gesicht des Dürren, regelrecht zu detonieren schien. Gehässiges Gelächter in der Gruppe und dadurch angefeuert schlug der Glatzkopf weiter auf sein Opfer ein, bis dieser um Gnade bettelte. „Ich habe etwas für Dich, nur gehört mir ein Teil davon. Ich gebe ihn Dir es wird sich für Dich lohnen. Gleich in doppelter Weise glaube mir.“ Kiko der die Szene mit gebührendem Abstand folgte wurde neugierig. Was konnte dieser Kerl schon haben außer Geld? Das schien sich auch der Kahlkopf zu fragen, griff sich den Dürren und schleifte ihn in eines der Zelte. Kiko zog sich langsam aus der Gruppe zurück, winkte dem dicken Carlos noch einmal zu, tat so als ob er wieder gehen wollte, schlug gedeckt von einem Zelt einen Haken und schlich sich an den Zelt in dem sich Gläubiger und Schuldner zurück gezogen hatten. Kiko lauschte. „Du wirst sehen, sie ist wunderschön. Sie wird viel Geld bringen, wenn man sie arbeiten lässt, vielleicht kann man sie auch verkaufen?“ Der Glatzkopf knurrte. „Wo ist sie? Ich will sie sehen!“ Der Dürre wimmerte. „Ich zeige sie Dir heute Nacht! Ich muss nur vorher mit den anderen sprechen.“ Ein Klatschen, gefolgt von einem Aufschrei und Kiko wusste dass der Glatzkopf wieder handgreiflich gegenüber seinem Opfer geworden war. „Du wirst schön bei mir bleiben, wir gehen später gemeinsam. Solltest Du mich täuschen wollen, breche ich Dein Genick wie ein dürren Ast!“ Kiko hatte genug gehört und nahm sich vor, ebenfalls heute Nacht hier zugegen zu sein.
„Was machst Du da Kerl?“ Kiko schrak auf und fuhr herum, als ein kräftiger Mann ihn hochriss. „Was Du hier rumstrolchst will ich wissen?“





Vierzigstes Kapitel

„Sie würden mir doch die Ehre ihrer Gesellschaft geben heute Abend? Es wird ein vorzügliches Essen auf sie warten Leutnant.“ Fallo verbeugte sich höfflich. „Mit dem größten Vergnügen Senora! Dürfte ich mich nach dem Verbleib meiner Männer erkundigen?“ DeSatera musterte ihn und antwortete mit einem schnippischen Grinsen. „Sie scheinen einen Hang zum Niederen zu haben Leutnant. Nun, sie sind im Gesindehaus untergebracht, wurden verpflegt und neu eingekleidet.“ Fallo nickte. „Vielen Dank! Senora DeSatera, wir sind ihnen zum tiefsten Dank verpflichtet.“ Die große Frau schaute ihm noch einmal in die Augen und wandte sich ab um den Raum zu verlassen. Bevor sie jedoch die Tür passierte, wandte sie sich noch einmal um. „Sie sind ein attraktiver Mann Leutnant! Ich freue mich auf ihre Gegenwart heute Abend. Seien Sie pünktlich!“ Fallo wurde verlegen, Blut schoss ihn in den Kopf und um diesen Umstand verlegen, drehte er sich um und sah wieder durch das Fenster in den Park hinaus.

„Du wurdest übel zugerichtet!“ Diego riss seine Augen auf. Pietro hatte ihn längst wieder verlassen, nachdem er wieder eingeschlafen war, nun hatte er Mühe sich wieder zurecht zu finden.
Ein großer, stämmiger Mann, europäischer Herkunft stand neben ihm. Merkwürdig gepflegt aussehend in dieser wilden Umgebung. Er musterte Diegos Körper eingehend, schüttelte den Kopf und schien aufrichtig schockiert zu sein. „Allesamt seid ihr Barbaren!“ Diego wusste nicht wen er damit meinte und beschloss die nächsten Worte des Mannes abzuwarten, bevor er etwas entgegnete. „Ich lasse Dich und den Jungen auf mein Schiff bringen, dort seid ihr in Sicherheit und müsst nicht das schreckliche Schicksal teilen, dass Eure Kameraden ereilt hat. Wir wissen, dass auch noch ein anderer Teil Eurer Mannschaft ins Landesinnere aufgebrochen ist, hat den Cimarron´s übel mitgespielt wie es scheint. Nun sie werden die übrigen Männer auch noch erwischen, es gibt nicht so viele Orte in dieser Wildnis wohin man fliehen kann.“ Diego überlegte. Was hatten die Portugiesen vor? Er musste es heraus bekommen. „Sie sind mit den Sklaven verbündet?“ Der Portugiese lachte. „Verbündet mit Sklaven? Nun ja aus der Not heraus schon. Ich kann ja nicht vor ihnen dass Moralapostel spielen, denn auch meine Nation ist ja gut dabei, beim Handel mit Menschen. Doch sollten sie wissen, dass ich als Christ es nicht gutheißen kann. Deshalb habe ich auch vorgeschlagen überall in der Karibik die Cimarron´s zu bewaffnen, damit sie sich gegen ihre spanische Unterdrücker wehren können.“ Ein breites Grinsen war im Gesicht des Mannes zu lesen. „Wir werden nicht eher diesen Ort verlassen, ehe auch der letzte dieser Wilden ein Gewehr hat und auch damit umgehen kann. Nun ich lasse Dich jetzt allein, der Junge von Eurem Schiff wird Dich aufpäppeln und morgen kommt ihr Beide dann an Bord auf mein Schiff.“ Der Portugiese verließ die Hütte und ließ Diego mit seinen Gedanken allein. Wenn die Cimarron´s bewaffnet werden, würde ganz Kuba auf Jahre hin in Aufständen entflammen. Man musste diesem Treiben ein Ende setzen, aber wie? Diego wagte es nicht seine Knochen zu bewegen, zu schmerzhaft war bisher jeder Versuch, seinen gefolterten Körper in eine andere Position zu bringen. Es dauerte eine Weile bis im Eingang der Hütte Pietro auftauchte der sich anscheinend unbeaufsichtigt bewegen konnte. Vielleicht wurde er aber auch beobachtet und bei einem Fluchtversuch würde es um den Jungen schlecht stehen. „Pietro, was geht dort draußen vor?“ Pietro drehte sich zum Eingang rum und lauschte. „Sie verteilen Gewehre, Säbel und andere Waffen. Ein paar Soldaten zeigen den Sklaven wie man sie gebraucht. Ihr Häuptling scheint sehr schlau zu sein, er lässt diejenigen die mit den Waffen vertraut gemacht worden sind, andere einweisen.“ Diego nickte. „So sparen Sie einen Haufen Zeit. Weißt Du was sie vor haben?“ Pietro nickte. „Sie wollen die Plantagen in der näheren Umgebung überfallen, die Sklaven dort befreien damit auch sie bewaffnet werden können.“ Diego zerrte an seine Fesseln, doch die Schmerzen hinderten ihn noch mehr in seinen Bewegungen als sie. „Wir müssen hier weg! Hol ein Messer Pietro und schneide mich los!“ Pietro schüttelte mit dem Kopf, Tränen erschienen in seinen Augen. „Sie haben Dir die Beine gebrochen. Zumindest hat das der Portugiese gesagt.“ Diego ließ sich zurück fallen. Gab es denn keine Rettung? Keine Möglichkeit die Freunde und Landsleute vor der Gefahr zu warnen? Es war nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die Cimarron´s Spanier gefangen nehmen würden.

Fallo hatte sich in die Bibliothek zurück gezogen und las in Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ als der Diener DeSatera´s ihn zum Abendessen rief. Wieder folgte er den schweigsamen alten Mann durch lange Flure, bis sie vor einer großen zweiflügeligen Tür stehen blieben. Der Diener öffnete die sieben bis acht Fuss hohen Türen mit beiden Händen und Fallo betrat einen prunkvollen, mit Statuen, Bildern und Gobelins reich verzierten Speisesaal. Die Dame des Hauses war noch nicht anwesend und so zeigte der Diener Fallo seinen Platz an einem Ende der langen Tafel. Fallo nahm noch nicht Platz, wartete hinter der Lehne seines Stuhles, bis nach einigen Augenblicken auch die Senora den Saal betrat. Fallo verbeugte sich, hatte jedoch Mühe den Blick von der Frau abzuwenden. Sie hatte ein wunderschönes, langes, schwarzes Abendkleid an, trug lange Perlenketten um den Hals, große goldene Kreolen schmückten ihre Ohren, ihr Gesicht war kunstvoll, wenn auch wieder sehr streng geschminkt. Er begleitete seine Gastgeberin zu ihrem Platz, half ihr beim Platznehmen, bevor er selbst zurück an seinen Stuhl kehrte. Dienerinnen kamen herein und trugen auf, erst eine leichte Vorspeise, dann weitere Gänge. Sie saßen zu weit entfernt, als dass sie sich unterhalten konnten, doch musterten sie sich schweigend.

Erst nach dem Essen bat die Señora Fallo in einem Salon, höfflich fragte sie ihn nach seiner Herkunft aus, nach seiner Familie und wie er den einsamen Beruf eines Seemannes ergriffen hatte. Sie konnte sehr charmant sein wenn sie wollte und Fallo fühlte, dass sie an ihn interessiert zu sein schien. So antwortete er höflich, brachte es sogar hier und da eine komische Pointe in seinen Entgegnungen einzubauen und vergaß dabei seine Vorhalte, die er noch vor wenigen Augenblicken gegenüber seiner Gastgeberin hatte. Wieder lachte sie über einen Scherz, rief eine Dienerin herbei, die Gläser und eine große Karaffe mit Portwein gefüllt brachte. So tranken sie und unterhielten sich, bis DeSatera ihn bat aufzustehen und ihr in den Park zu folgen. So verließen sie das Haus und bummelten die Wege entlang die mit großen Fackeln ausgeleuchtet waren. Er erzählte von seinem Bruder als sie ihn unterbrach, ihn bat in ihre Augen zu schauen und ihn an sich heranzog. Sie fackelte nicht lange und drückte mit beiden Händen seinen Kopf gegen den ihren, bis sie sich im Kuss vereinten.
So ausgehungert er war, so schien sie es ebenfalls zu sein und so hasteten sie in die Gemächer der Señora, rissen sich die Kleiber vom Leib um sich ihrer Sehnsucht hinzugeben. Es war für Fallo eine Nacht voller Lust und ihr Spiel dauerte bis in die frühen Morgenstunden hinein. Erschöpft schlief er ein und erst als das Licht grell in die großen Fenster des Schlafzimmers schien erwachte er in dem leeren Bett.
So sammelte er seine Kleidung auf, die verstreut im Zimmer lang und begann nach ihr zu suchen. So dauerte es einige Zeit bis er den alten Diener traf, der ihm Auskunft über den Verbleib seiner Dame gab. Sie war ausgeritten um die Plantage zu inspizieren und so bat Fallo um ein Pferd, damit er ihr folgen konnte. Kaum das der Diener forteilte um die notwendigen Anweisungen zu geben, kamen von draußen Fallo´s Männer herbeigeeilt, angeführt vom Bootsmann. Zornesröte war in seinem Gesicht zu erkennen, Entsetzen in den Augen der anderen Männer. „Was ist los verdammt?“ Fallo war ungeduldig, bei seinen Worten nach dem Pferd Ausschau haltend, dass ihm doch schon längst gebracht werden sollte.
„Dieses Miststück, diese Teufelin! Sie hat…..“ noch bevor er enden konnte, bekam er eine Ohrfeige von Fallo, so das der Bootsmann erschrocken inne hielt. „Mäßige Dich in Deiner Wortwahl!“ „Aber Leutnant!“ Auch die anderen Männer riefen nun auf Fallo ein, sodass er ihnen Aufmerksamkeit schenken musste.

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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 21:03

Einundvierzigstes Kapitel

Tamfelder schlief in seinem Zelt als er unsanft geweckt wurde. „Capitano!“ Teniente Calva schüttelte ihn unsanft, dass Tamfelder drauf und dran war diese unsanfte Behandlung sich zu verbitten. „Der Posten auf dem Hügel hat etwas entdeckt. Bitte folgt mir!“ Tamfelder stieg in seine Stiefel, zog eine Uniformjacke über und verzichtete sich den schweren Kürass umzuschnallen. Apollo, gehalten von einem Soldaten war bereits gesattelt. Ein kurzer Blick über das Lager und Tamfelder stellte fest, dass der Leutnant bereits hat wecken lassen. Ohne großes Aufsehen rüsteten sich die Männer, finstere Mienen in ihren Gesichtern zeigte deutlich ihren Unmut, wegen dieser Störung ihres Schlafes. Es war noch dunkel, einige Stunden nach Mitternacht. Calva hieß Jimenez die Männer antretten zu lassen und bat Tamfelder im gleichen Zuge ihm zu folgen. Dieses Selbstvertrauen, dass Calba ausstrahlte machte ihn misstrauisch. Tamfelder konnte nicht sagen warum, auch wollte er den Leutnant nicht zügeln solange er keinen Fehler zu machen schien. So ritt er hinter seinem Leutnant her und nach einiger Zeit erreichten sie die Kuppe des Hügels wo mittlerweile drei Männer in die Ferne spähten. Calba wies mit seiner Hand zum Fluss und reichte Tamfelder ein kurzes Fernrohr. Das Nordufer des Guradiana wanderte durch die Optik, Bäume, Schilfwälder, Büsche und Gestrüpp…..halt da war etwas. Tamfelder sah einen Schein und tatsächlich dort waren Zelte, mindestens zehn Stück, gut getarnt zwischen dem Schilf aufgestellt.

„Ich, Ich….suche Carlos. Ich bin ein Freund und wollte mit ihm spielen.“ Der kleine aber dafür breitschuldrige und kräfitge Soldat lachte dreckig. „Ihr kleinen Wänster! Solltet endlich einmal Eure Arbeit richtig machen, gehört den ganzen Tag nur geprügelt. Ein Schatten tauchte in seinem Rücken auf, Kiko erschrak, sah er doch dem Glatzkopf direkt in die Augen, denjenigen den er noch vor wenigen Augenblicken belauscht hatte. „Du solltest lieber ruhig sein Sancho! Noch zwei Jahre älter und der Kleine ist größer als Du und schlägt Dir den Schädel ein. Wie heißt Du Kleiner?“ Kiko nannte seinen Namen, versuchte dabei so locker zu bleiben wie es ihm nur möglich war. Der Glatzkopf nickte. „Am besten Du gehst jetzt, wenn Du Carlos kennst, weißt Du das er hier nicht viel zu lachen hat, würde mich traurig machen wenn Du hier auch unter schlechte Gesellschaft gerätst. Kiko rannte davon, wollte er doch nicht länger sein Glück überstrapazieren.
So war er völlig außer Atem als er bei uns wieder ankam. DeCoster und ich, wir hörten voller Spannung sein Bericht und kamen zu dem Schluss, dass es sich bei der Schönheit nur um Tamfelders Mädchen handeln konnte. DeCoster war nicht gut bei der Sache. „Es wird eine große Unruhe bringen, wenn wir die Sache untersuchen. Einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte man gar nicht wählen können.“ Ich stimmte ihm zu. Die spanische Armee schneidet sich selbst die fauligen Stücke aus ihren Körper und dass im Angesicht des Feindes. „Ich finde wir sollten jetzt Kiko aus dem Spiel heraus halten, ich mache mir Sorgen um ihn, wenn er sich weiterhin in Gefahr begibt. Kiko wollte zornig antworten. Doch verbat ich mir jedes Wiederwort. DeCoster nahm mich zur Seite. „Wenn wir das Mädchen nicht gefährden wollen, sollten wir mit Bedacht agieren. Ich würde Kiko mit einbeziehen. Er erregt am wenigsten Aufsehen und kann herausfinden wo sich das Mädchen aufhält bzw. festgehalten wird.“ „Aber wir haben doch die beiden Männer.“ DeCoster winkte ab. „Die uns gar nichts nutzen, wenn die anderen die Gefahr wittern und die Kleine bei Seite schaffen.“ Ich erschrak. „Sie meinen, die Lumpen würden sie töten?“ DeCoster nickte. „Sie ist die Einzigste die ihre Entführer belasten kann und weiß wer Sie und Tamfelder in der Nacht überfallen hat. Ich glaube wir werden Kiko noch einmal schicken, wenn der Junge sich dafür mutig genug fühlt.“ Kiko der schmollend unser Gespräch verfolgt hatte, war sofort Feuer und Flamme. Ich war zornig über diese Waghalsigkeit, doch aus Rücksicht auf die gespannte Situation und dem Schicksal des Mädchens wollte ich nachsichtig sein.

„Was denken Sie Teniente?“ Calba schaute Tamfelder nichtssagend an. „Das wir jetzt genau die Situation haben, die wir uns für den Feind gewünscht haben. Nicht wir sondern er hat nun einen Brückenkopf. „Wir sollten versuchen ihn einzudrücken wenn wir Verstärkung bekommen haben.“ Tamfelder schüttelte seinen Kopf. „Dann ist es wahrscheinlich zu spät. Noch verstecken sie sich, weil sie noch nicht ihre Stellung sichern konnten. Im Laufe des Tages kann das schon ganz anders aussehen. Schicken sie einen Melder, er soll der Artillerie und Infanterie die uns zugeteilt worden ist Meldung machen. Sie müssen sich beeilen falls wir es heute morgen nicht schaffen sollten.“ Calba´s Mund öffnete sich. „Was sollen wir nicht schaffen?“ Tamfelder wandte sich lächelnd ihm zu. „Na unseren Brückenkopf erobern.“

Der portugiesische Major Souza, hatte es nicht leicht gehabt diese Furt zu entdecken. Der Feind hatte sie benutzt um der Armee in die Flanke zu fallen und nur einen glücklichen Umstand ist es zu verdanken, dass man dieser Attacke mit einem Hinterhalt begegnen konnte. Ganze fünfzig Mann hatte er auf dieser Seite des Flusses. Die Strömung war reißend, führte der Fluss doch ziemlich viel Wasser für diese Jahreszeit. Eine Bremse setzte sich auf seine Wange. Souza verscheuchte sie entnervt. Noch eine Stunde und die Sonne würde aufgehen, wer weiß ob sie dann noch unentdeckt bleiben würden. Trotzdem es noch dunkel war, konnte er nicht schlafen, zu viel Verantwortung lastete auf seinen Schultern. So ging er noch einmal durch das morastige Lager von vielleicht zehn Zeltern, die teilweise mit Schilf bedeckt kaum zu sehen waren. So hing er seinen Gedanken nach, bis die ersten Männer im Morgengrauen aus den Zelten kamen, sich im Fluss wuschen, dabei lachend sich gegenseitig nass spritzend. Gerade von der guten Laune seiner Leute angesteckt, verfinsterte sich seine Miene wieder als ein Sergeant herbei geeilt kam. „Herr Major! Wir haben jemanden auf dem Hügel gesichtet. Ein Reiter der uns beobachtet.“ Souza dachte nicht lange nach, sondern eilte selber zum Rande des Schilfes. Tatsächlich sehr undeutlich zwar, aber dort war ein Reiter zu sehen. Vielleicht ne halbe Meile entfernt, sich in der aufgehenden Sonne nur leicht und undeutlich vom Rest des Hügels abzeichnend. „Sattelt die schnellsten Pferde, ich will wissen wer und da einen Besuch abstattet.“ Der Sergeant nickte und eilte davon. So dauerte es nicht lange als zwanzig Portugiesen der Kavallerie angehörend, sich dem Hügel näherten. Der Reiter regte sich nicht, Nur ab und zu schüttelte sein Pferd ungeduldig seinen Kopf, der Warterei anscheinend müde. „Was flieht dieser Narr nicht?“ Souza wurde unsicher. „Vielleicht will er uns provozieren?“ meinte ein Capitano der neben ihm ritt. Sie waren noch zweihundert Schritt entfernt, als Souza einen Entschluss faste und seinem Pferd die Sporen gab. Es war ein Fehler gewesen, dass abgesehen von einigen Unteroffizieren, alle Offiziere bei ihm waren. Doch wenn es zum Kampf kam brauchte er erfahrene Kämpfer. Sie waren nur noch hundert Schritt entfernt, längst sah man einen großen Reiter auf einem noch größeren Pferde sitzend. Er nahm einen Dreispitz vom Kopf und verbeugte sich anscheinend vor den Portugiesen. Souza wollte schon den Gruß erwidern, als ein zweiter Reiter neben dem ersten auftauchte. Der Capitano neben ihm schüttelte den Kopf. „Da stimmt was nicht Herr Major!“ Souza fauchte ihn an. „Seid kein Feigling!“ Doch der Capitano schüttelte nur seinen Kopf und wieß mit seiner Hand auf den Hügelkamm. Souza folgte seinen Blick und bekam große Augen. Jetzt waren schon fünf Reiter über der Kuppe aufgetaucht, und mit jedem Schritt den sich die Portugiesen näherten kamen weitere dazu. Der große Reiter, hielt seinen Hut immer noch über dem Kopf fing an ihn zu schwenken und die Erde bebte als sich wie eine Sturmflut hunderte von Reitern über dem Hügel ergoss. Die Portugiesen wollten fliehen doch war es zu spät. Bevor sie ihre Pferde wenden konnten schlugen die Spanier schon mit ihren Krummsäbeln auf sie ein.





Zweiundvierzigstes Kapitel

Kaum das er die Worte seiner Männer vernahm, war Fallo außer sich über die Hinterlistigkeit und den Sadismus DeSatera´s. Fallo wartete nicht mehr auf ein Pferd, was ihm vielleicht eh niemand bringen würde, sondern riss einen der Aufseher von seinem herunter, bestieg es etwas unbeholfen und ritt in die von seinen Männern angewiesenen Richtung. Sie würden ihm folgen, doch klären musste der Leutnant die Situation mit DeSatera alleine. So galoppierte er mit einiger Unsicherheit den gepflasterten Weg vom prunkvollen Herrensitz herunter zu den Sklavenverschlägen. Er war lange nicht mehr geritten, wie sollte er auch, hatte er doch fast ein ganzes Jahrzehnt nichts außer Planken unter seinen Füßen gehabt. Er hörte laute Schreie, voller Verzweiflung, voller Qual, er war sich im Klaren das es Ohini war, der seine „gerechte“ Strafe bekommen sollte. Eine Traube von Aufsehern stand um einen Pfahl herum, Fallo konnte Einzelheiten deshalb nicht erkennen. Er sah aber die Plantagenbesitzerin auf einen Andalusier etwas abseits des Geschehens sitzen, die interessiert die Qualen und Leiden ihres Sklaven beobachtete. Fallo war nun entschlossen was jetzt zu tun war. Er stieg ab, ging zu dem Pferd DeSateras, riss seinen Säbel aus der Scheide und hielt ihn noch ehe ihre Knechte reagieren können, der Herrin der Plantage die Spitze an ihren schlanken Hals. Fallo brüllte sie soll erst gar nicht ihr Maul aufmachen, sonst wird ihr Blut, diesen Ort des Leidens unschuldiger Menschen, schänden. Zu den Aufsehern gewandt befahl er ihnen, ihm die Sicht frei zu machen. Was er sehen musste, trieb ihm die Tränen in die Augen. Der Sklave Ohine war unter einer schwarzen Traube von Insekten bedeckt. Diese krochen in die Nase, in die Ohren, in alle anderen Körperöffnungen des nackten Mannes der vollständig mit dickflüssigem gezuckertem Wasser übergossen wurde. Fallo hatte von dieser Strafe schon gehört, bei der das Opfer nach tagelanger Qual dem Wahnsinn verfiel, bevor er durch Durst und Hunger endlich die Gnade des Todes erfahren durfte. Er zog die Dame von ihrem Pferd, hielt ihr die Klinge weiterhin an den Hals und hieß sie schweigen. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, trat aus dem Halse der Peinigerin Blut aus einer kleinen Wunde, was bei ihr aber weder Furcht noch irgendeine Reaktion auszulösen schien. Fallo brüllte den Aufsehern zu, sie sollen den Mann sofort losbinden und waschen bis er vollständig befreit ist. Hinter ihm tauchte der Bootsmann auf, was Fallo erleichtert zur Kenntnis nahm. Er begriff zuerst die Szene nicht, war er doch vom hinterherlaufen noch völlig außer Atem, aber durch die Schreie Ohinis berührt, stürzte er auf den Moor zu um mit seinen Händen Trauben von Moskito´s, Fliegen und Würmern von dessen Körper zu lösen. Als auch die restlichen Seeleute eintrafen, befahl Fallo ihnen die Aufseher ihrer Waffen zu entledigen und alle Pferde zusammen zu treiben die sie finden konnten.

Diego wurde von auf eine Trage festgezurrt und durch das Dorf der Cimarron´s getragen. Es mochten fast 200 bewaffnete Sklaven hier versammelt sein, wenn sie erst weitere befreit hatten, konnte sich eine gewaltige Bewegung bilden, die Kuba sogar in die Hände einer anderen Nation treiben konnte. Vielleicht war genau dieses, das Kalkül der Portugiesen, wussten doch die Cimarron´s nicht, dass es ihnen unter der Herrschaft dieses Volkes nicht viel besser ergehen würde. Sie waren Mittel zum Zweck, eine Tatsache die auch in den folgenden Jahrhunderten weiterhin Bestand haben sollte. Diego waren diese Verhältnisse nicht voll bewusst, doch erahnte er die Gefahr für sein Land. Pietro ging neben ihm her und hielt seine Hand. Portugiesische Seesoldaten gaben ihnen Schutz und Geleit, falls es sich dich Cimarron´s vielleicht doch noch anders überlegten und beschliessen würden ihnen beiden doch noch den Gar aus zu machen. Der Portugiese mit dem Diego am Tag zuvor ein paar Worte wechselte, ging neben einem großen Cimarron einher, der wohl der Häuptling von dieser Ansammlung Wilder sein musste. Fallo besah sich die Sklaven genauer. Jeder von ihnen hatte eine Muskete mit Munition, einen kurzen Säbel und einen Tornister auf den Rücken. Auf offenen Feld, keine Bedrohung für die spanischen Soldaten, doch hier im Dschungel?
So trug man Diego nun durch den Dschungel, den er selbst nur wenige Tage zuvor mit Fallo und den anderen durchquerte. Wehmütig dachte er an die Kameraden und deren Schicksal, von dem er hoffe, dass es Gutes mit ihnen vor hatte.

Ohini zitterte am ganzen Körper, der von Krämpfen unkontrollierter Muskeln immer noch hin und her gerissen wurde. Sein Blick schien leer zu sein, auf Ansprechen reagierte er nicht. Wie Fallo von den Männern erfuhr wurde der Sklave am Abend mit Gewalt aus dem Gesindehaus geholt, auch der Bootsmann hat es nicht verhindern können. Kurze Zeit darauf hörte man seine Schreie durch die Nacht, während sie selbst in ihren Quartier eingesperrt wurden. Sie alle wussten, dass sie diesem Moor ihr Leben verdankten und waren bestürzt darüber wie es ihm vergolten wurde.
DeSatera´s Blick war auf ihren Sklaven gerichtet, mit Befriedigung schien sie festzustellen, dass ihre Strafe so deutliche Spuren hinterlassen hatte. Sie wollte sich zu dem Leutnant umdrehen um das Wort zu ergreifen, doch eine schallende Ohrfeige fuhr ihr ins Gesicht, sodass sie stürzte. „Halts Maul Teufelin!“ Fallo hielt ihr die Spitze seines Säbels auf die schnell atmende Brust. „Oder ich sperre dich zusammen mit den Sklaven in einen Käfig.“ DeSatera schien dieser Gedanke unangenehm zu sein und blieb still liegen. „Sperrt die Schergen in einen Käfig!“ Der Bootsmann frage was mit den Sklaven passieren soll. Fallo überlegte, schüttelte aber den Kopf. „Ich kann es nicht ändern Bootsmann. Sie gehören dieser Frau nach dem Gesetz, sie zu befreien hieße einen Aufstand anzuzetteln. Ach ehe ich es vergesse.“ Er wandte sich DeSatera noch einmal zu die immer noch auf dem staubigen Boden des Sklavenlagers lag. „Hiermit kaufe ich ihnen den Sklaven Ohini ab.“ Ein Beutel Pesos fiel in den Schoss der Plantagenbesitzerin. „Ihr seid doch einverstanden?“ DeSatera schüttelte ihren Kopf. Eine Ohrfeige Fallo´s schmetterte ihr Gesicht zu Seite. „Ihr seid doch einverstanden?“ brüllte er ihr ins Gesicht. Wieder schüttelte die Frau ihren Kopf. „Gut. Bootsmann entkleiden sie die Frau und streichen sie das Miststück mit demselben Wasser ein, das man bei Ohine benutzt hat. Schließlich fügen dann weder ich noch meine Männer, ihr irgendeinen Schaden zu.“ DeSatera wartete einen Moment, unsicher ob es der Leutnant ernst meinte, doch als der Bootsmann voller Entschlossenheit sich anschickte irh die Kleider von ihrem Leibe zu reißen, stimmte sie schließlich zu. Fallo brüllte einen seiner Leute herbei, hieß ihn Papier und Feder zu holen, damit man es schriftlich habe, weiß man doch nun was es mit dem Wort einer DeSatera auf sich habe. Befriedigt sahen er und seine Männer zu wie die Feder kurz darauf über das Papier glitt, in schwungvollen Zügen ihren Namen zeichnend.
Fallo befahl seinen Männern die Reise nach Havanna vorzubereiten, ließ Packpferde mit Proviant und Waffen verstauen, nahm alles mit was ihm von Nutzen schien. DeSatera musste alles gegenzeichnen, wusste Fallo doch, dass er sonst in ernsthafte Schwierigkeiten geraten konnte. Die Sklaven wurden verpflegt und in ihre Käfige getrieben, abgesehen von einem. Dieser war für das freie Personal der Plantage bestimmt, während DeSatera auf ein Pferd gesetzt wurde und, wie es Fallo ausdrückte, sie ein Stück des Weges begleiten sollte.





Dreiundvierzigstes Kapitel

Es war noch nicht dunkel als Kiko zurück in das Soldatenlager schlich. Musikanten spielten, Freudenmädchen priesen ihre Dienste an, über Feuer hingen Kessel oder drehten sich Spieße. Lachen, Schreie, das Klirren von Waffen, Offiziere die Befehle brüllten, eine beeindruckende Geräuschkulisse, wie sie nicht einmal auf den Marktplatz einer Stadt vorkommen würde. Kiko schlich den Weg entlang zu dem Zelt in dem er den Glatzkopf und den Spieler zuletzt gesehen hatte. Diesmal wollte er vorsichtiger sein und beim lauschen nicht noch einmal überrascht werden. Er sah sich um und ging vorsichtig und unauffällig um das Zelt herum. Doch kaum dass er sich an der Zeltwand begeben konnte, hörte er hinter sich ein Schnaufen. Voller Entrüstung riss ihn der Junge herum, den er am Mittag kennen gelernt hatte. „Bist Du wieder hier? Weißt Du wie viel Schläge ich wegen Dir bekommen habe?“ Der Dicke und wesentlich kräftigere Junge schubste Kiko, sodass er gegen die Zeltwand plumste. Drinnen wurden Stimmen laut und jeden Moment konnten die Männer auftauchen, die er ja eigentlich unauffällig beobachten und verfolgen sollte. So raffte sich der kleine Kiko auf, stürmte auf den dicken Carlos ein, der den Angriff des kleineren Jungen mit einem Lächeln der Überlegenheit im Gesicht abwartete. Doch Kiko der so tat als wolle er auf Carlos mit seinen Fäusten einschlagen, trat in letzter Sekunde mit voller Wucht dem Jungen zwischen seine Beine. Worauf dieser mit einem gurgelnden Laut und bleichen Gesicht auf die Knie ging, die Hände in seinem Schos. Kiko lief davon, bevor er von dem Glatzkopf entdeckt werden konnte, der gerade seinen Kopf aus dem Zelt streckte. Auch Carlos suchte das Weite und kroch unter einen Wagen. „Verdammt wer immer hier auch Radau macht, sollte besser verschwinden, es sei den er möchte mit meinem Messer Bekanntschaft machen.“ Der Glatzkopf gereizt durchs warten, fand mit der Störung einen idealen Vorwand um den Schuldner aufzufordern ihm nun das Mädchen zu zeigen.

Souza versuchte aus dem vollen Galopp heraus sein Pferd zum stehen zu bringen, beide Hände am Zügel, bäumte es sich auf und nur mit viel Mühe konnte der Major einen Sturz verhindern. Einer von den feindlichen Husaren stand in seinem Sattel und schlug mit seinem Krummsäbel in den Hals des Pferdes. Ein Schrei wie von einem kleinen Mädchen und es stürzte den Major dabei unter sich begrabend. Auch den anderen Portugiesen erging es nicht besser, unfähig sich vom Feind zu lösen und zu fliehen wurden sie von allen Seiten bedrängt, niedergestochen, erschlagen, ohne dass man ihnen Padon gewährte.
Tamfelder drang auf einen portugiesischen Leutnant ein, doch noch ehe er seinen Säbel zum Einsatz bringen konnte, blitzte es in der Faust des Portugiesen, ein Knall und ein heißer Blitz fuhr an Tamfelders Arm entlang. Nun schlug er mit seinen Säbel auf den jungen Offizier ein, der nur mit Mühe die wuchtigen Schläge parierte. Tamfelder war nicht nur kräftig, nein auch Ausdauer besass er als ehemaliger Bauernsohn zur Genüge. Wie Regen prasselten die Hiebe auf den Gegner ein, schlugen den Kavalleriesäbel aus dessen Händen, drang die Klinge des Preusen in Schulter, Arm und Rumpf. Tamfelder schien seinen Gegner auseinander hacken zu wollen. Erst als der Gegner von seinem Pferd stürzte und elendig am Boden verblutete hielt er inne, schaute sich nach einem anderen Gegner um an den er seine Rachelust stillen konnte. Doch das blutige Werk war vollbracht und keiner der portugiesischen Reiter mehr am Leben. Noch ehe sich seine Männer groß besinnen konnten, geschweige sich an ihren Sieg erfreuen, preschte Tamfelder in Richtung Fluss weiter, fest entschlossen den kleinen Brückenkopf des Gegners zu bereinigen.


Kiko sah wie der Glatzkopf den anderen aus dem Zelteingang stieß. Beide Männer gingen nun eiligen Schrittes durch das riesige Lager und Kiko hatte Mühe ihnen durch das Gedränge unauffällig zu folgen. Nach einiger Zeit bogen die Beiden ab um runter an das Flussufer zu gehen. Kiko wunderte sich, Ausgerechnet dort sollte man ein Mädchen versteckt halten? Wo ständig die beiden Armeen mit Musketen und Kanonen aufeinander schossen? Doch noch ehe die Männer die Artilleriestellungen erreichten, bogen sie ab und verschwanden im Schilfwald. Kiko beschloss draußen zu warten, er hatte Angst davor sich in dieses Pflanzenmeer zu begeben, würde er doch mit seinen kurzen Beinen kaum im tiefen Morast bei auftauchender Gefahr fliehen können. So beobachtete er die Stelle wo er die beiden Halunken verschwinden sah. Nach kurzer Zeit hörte Kiko einen Schrei in der Luft liegen, Wasservögel schraken auf und drehten weit oberhalb ihrer Nestplätze Kreise. Hat der Glatzkopf den anderen getötet, wie er es ihm androhte? Kiko sah wie das Schilf auseinander geschoben wurde, doch war es nicht der Glatzkopf der heraus trat. Vergnügt und erleichtert schien der Spieler zu sein, anscheinend die Schuld am Glatzkopf tilgend, wenn auch auf besondere Art und Weise. Kiko beschloss nun doch in das Schilf zu gehen um nach der Leiche des Glatzkopfes zu suchen.

Tamfelders Reiter donnerten in Richtung Fluss, doch ehe sie das kleine portugiesische Lager erreichten, löste sich aus einer dünnen Linie Infanteristen eine unregelmäßige Musketensalve. Tamfelder stellte grimmig fest, dass sie gut gelegen hatte, nicht weniger als zehn seiner Reiter stürzten mitsamt ihren Pferden oder wurden gar aus ihren Sätteln heraus geschossen. Nun für eine zweite Salve der Portugiesen würde es nicht mehr reichen. Vereinzelt schossen nun die Husaren mit Pistolen auf den Gegner und prallten dann mit voller Wucht in die Linie der Infanterie. Die Leiber wurden zur Seite geworfen, etliche von den Hufen der Pferde zertrampelt, nur wenige wagten es sich mit dem Bajonett den Kampf aufzunehmen. Weiter ging es durch das kleine Lager runter zum Flussufer. Doch als Tamfelder sein Pferd in die Fluten trieb, zögerten die Husaren dabei ihnen zu folgen. Erst die Schreie Jimenez und Calva´s veranlassten sie dem Capitano zu folgen. Das Wasser reichte bis an die Steigbügel, doch war das andere Flussufer nicht weit. Tamfelder trieb Hermes an, wollte er doch seinen Leuten beweisen wie schnell man das andere Ufer erreichen konnte. Vereinzelt lösten sich Schüsse aus dem Schilf, Fontänen stiegen aus dem Wasser auf, einige Kugeln trafen auch ihr Ziel, rissen Reiter aus ihren Sätteln oder brachten Pferde Verwundungen bei, sodass sie scheuten und ihren Reiter mit sich in die Fluten des Flusses rissen. Schon wollten einige der Männer flüchten, doch Tamfelders Gebrüll hieß sie innehalten, nur einer wollte an das eigene Ufer zurück und der Preusse scheute sich nicht ihm mit seiner Pistole hinterher zu schießen. Zum Glück für den Deserteur fehlte er, doch Jimenez folgte ihm, holte ihn ein und riss dem Mann von seinem Pferd.

Kiko strich vorsichtig durch das Schilf, gluckernd gab der Schlamm nach wenn er seinen kurzen Stiefel hob um einen weiteren Schritt zu setzen. Die beiden Hände weit vor sich gestreckt, schoben das Schilf beiseite, trotzdem konnte er nur ein oder zwei Fuss sehen. So war er vorsichtig, lauschte immer wieder in das Schilf hinein, doch nichts rührte sich. Vögel kreischten immer noch über seinen Kopf, empörten sich über die Störung ihres Friedens. Kiko musste lächeln. Nicht nur für Menschen eine schwierige Zeit an diesem Ort. Das Viehzeug verängstigt durch Donnern und Knallen wurde nun auch noch endgültig vom Menschen bedrängt. Halt da war was. Kiko horchte. Es war ein Keuchen und Röcheln, das von irgendwo dort vorne kommen musste. Vorsichtig näherte sich Kiko doch glaubte er das man jeder seiner Schritte schon von weitem hören musste. Er schrak auf als er die schwache Stimme des Glatzkopfes hörte. „Willst mir nun den Rest geben Du Bastard? Dann komm endlich und bringe es hinter Dich!“ Kiko näherte sich der Stimme und sah in die überraschten Augen des Mannes. „Du bist hier?“ röchelte er. Kiko wollte wieder verschwinden, doch der Mann rief ihn an. „Bitte helf mir, es wird nicht Dein Schaden sein.“ Kiko überlegte kurz, eilte jedoch davon, gefolgt von den Flüchen des Verletzten.

Nun hatte Tamfelder das Südufer des Guardiana erreicht, gefolgt von immer mehr seiner Reiter. Wieder schlugen die Spanier auf die Feinde ein, trampelten sie nieder, gaben weder Verletzten noch Männern die kapitulieren wollten Pardon. Tamfelder selbst streckte drei Gegner nieder, schien im Kampf außer sich zu sein, als ob der Teufel selbst seine Hände zu lenken schien. Brüllend hackte er jeden von ihnen nieder, bis sich ihre Leiber nicht mehr rührten. Außer Atem stellte er fest, dass langsam Ruhe einkehrte. Hier und da noch einmal ein Klirren von aufeinanderschlagenden Waffen, gefolgt von vereinzelten Schreien, dann kehrte Stille ein. Befehle gellten und die Männer stiegen von ihren Pferden, Verwundete wurden auf der Furt zurück an das Nordufer gebracht, Posten für die Wache eingeteilt. Tamfelder bestimmte selbst einen schnellen Reiter, der die Verstärkungen zur Eile ermahnen sollte. Jimenez trat an ihn heran, stieß den Mann vor sich her, der aus seiner Sicht Feige seine Kameraden in Stich lassen wollte. Er musste ein Exempel statuieren, damit seine Männer wussten wie wenig mit ihm zu spaßen war. Tamfelder´s Pranke griff sich den Mann, riss ihn hinter sich her, gefolgt von den Blicken der Kameraden. Ein Schlag in das Gesicht des Mannes und er stürzte rücklings in das Wasser. Tamfelder stakte mühsam hinterdrein. packte den Kopf des Mannes und drückte ihn unter, mühsam den Lebenskampf des Mannes brechend, der Angst vor dem Tot hatte der ihn nun ereilte. Erschöpft stieg der Preuße aus dem Wasser, bahnte sich den Weg durch seine Untergebenen, lass die Angst in ihren Augen, aber auch den Zorn über diese ungewohnte und aus ihrer Sicht überzogene Disziplinarstrafe.





Vierundvierzigstes Kapitel

Staub beschmutzte die Gesichter, drang durch Kleidung, brannte in den Augen, legte sich über Waffen, Tier und Mensch um sie in einheitlicher Farbe zu bedecken. Fallo ging neben seinem Pferd, er mochte es nicht reiten, wenn seine Leute es doch auch nicht konnten. Erschöpft waren sie, kannten sie doch keine langen Märsche und hatten allesamt einen eher kräftigen Rumpf, denn Beine. Er sah auf den Kompas und der breite von Kutschen, Herden, Pferd und Mensch ausgetretene Weg führte nach Westen, Richtung Havanna. Fallo verstaute ihn wieder sorgfältig und sah beiläufig zu der Senora deSatera hinauf, die mit der Würde einer Königin auf einem Maulesel ritt, denn Fallo ihr zugestanden hatte. Noch immer bewunderte er ihre Schönheit, die mit ihr erlebte Leidenschaft trieb einen Seufzer über seine Lippen. Er schüttelte den Kopf und sein Blick wanderte weiter auf Ohini, der an der Spitze auf dem Pferd der Senora ritt, dass vom Bootsmann geführt wurde. Noch immer hat der arme Mann kein Wort mit Sinn herausgebracht, Wahnsinn zeigte sein Blick, immer noch schüttelten Angst und Krämpfe seinen Körper.

Fallo überlegte wie er die Senora wieder los werden sollte, ohne dass sie seine Mission behindern konnte, in dem sie sich an ihm und seinen Männern rächte. Würde er sie frei lassen, könnte sie innerhalb eines Tages ihre Plantage erreichen und die Aufseher loshetzen, damit sie die Seeleute auf ähnliche Art und Weise behandeln konnten wie ihre Sklaven. Nein das war jetzt keine Option. Aber diese einflussreiche Frau mit nach Havanna zu nehmen kam ebenso wenig in Frage. Sie würde wahrscheinlich die ganze Kolonialverwaltung auf ihn hetzen, die er als kleiner Leutnant der Handelsmarine wohl kaum begegnen können dürfte. Kommt Zeit, kommt Rat dachte er sich und widmete sich wieder seinen Leuten, sprach Mut zu und versprach eine Rast wenn sie noch eine Stunde marschieren würden.

Diego hörte das Knarren von Planken, fühlte wie ein Schiff im Wellengang arbeitete. Nie hätte er daran gedacht, wie sehr er dieses Gefühl vermissen konnte, wie viel Sicherheit ihm das vermitteln würde. Seine Augen suchten die Umgebung ab, mit Mühe konnte er seinen Oberkörper mit Hilfe der Arme anheben und stützen. Er schien sich in einem Batteriedeck zu befinden, schwach erleuchtet von dem Licht der Sonne, dass durch die Stückpforten drang. Ungefähr dreißig Matrosen hielten sich mit ihm auf diesem Deck auf, spielten Karten oder Würfeln, lagen in Hängematten oder sangen traurige Shanty´s. Ein kräftiger Maat, drückte seinen Ellenbogen einen Seemann in die Seite der neben ihm eine Orange schälte. „Schau mal dort kommt unser geliebter Feind zu sich.“ Sie rafften sich hoch und gingen zu ihm rüber. Wieder ergriff der Mannschaftsführer das Wort. „Na wie geht’s dir Spanier? Trinken? Essen?“ Diego nickte und ein Wink des Maat lies den Matrosen davon huschen. „Bist an Bord der Olymp, eine schwere Fregatte der portugiesischen Flotte. Haben einige Beschädigungen davon getragen als Euer betagtes Schlachtschiff uns in seinen Klauen hatte.“ Der Mann schien echte Bewunderung für die Kampfleistung der explodierten Galeone zu zollen. „Nie hätte ich gedacht, dass sich ein spanischer Pfeffersack so hartnäckig wehren würde. Und jetzt machen dessen Leute immer noch Ärger und treiben ihren Schabernack mit uns.“ Ein Lächeln zeigte seine lückenhaften Zahnreihen. „Habe den Kapitän selten so oft fluchen hören, wie die letzten Tage.“ Der Maat nahm seinen Schemel auf dem er gesessen hatte und trug ihn näher zu Diego´s Koje heran. Diego nickte ihn freundlich zu. „Wie lange seid ihr denn schon in diesem Gewässer?“ Der Maat lachte. „Du scheinst ja für einen gemeinen Seemann sehr neugierig zu sein. Aber was soll´s, bist ja jetzt unser Gast und kannst es ruhig wissen. Liegen schon sechs Wochen hier und allein unser Schiff hat schon fünf Priesen nach Hause geschickt.
Wenn es so weiter geht haben wir bald keine Besatzung mehr.“ Ein grollendes Lachen drang über seinen Lippen. Dann wechselte seine Miene, wurde ernster und verfinsterte sich. „Haben Dir übel mitgespielt, dieses Sklavenzeug. Unser Bordarzt hat wenig Hoffnung geäußert, dass Du jemals wieder richtig laufen kannst. Aber gib nicht zu viel auf dessen Meinung, er ist so schnell mit der Säge am Patienten, dass noch nicht mal Blut aus dessen Wunde getreten ist. Ich habe ihm schon vorgeschlagen Zimmermann zu werden, das würde seinem Naturell eher entsprechen.“ Er feixte wieder, so das auch Diego lächeln musste. Endlich kam der andere Matrose wieder, brachte einige Früchte und Wasser. „Könnt ihr mir sagen wo der spanische Junge ist, der mit mir an Bord gekommen ist?“ Gierig biss Diego in eine Banane. „Er ist beim Kommandanten beschäftigt und darf seinen Burschen spielen. Für einen Schiffsjungen fand er ihn zu aufgeweckt. Der Arme muss jetzt ständig herum dienern. Scheint ihm nicht viel Freude zu machen.“ Diego unterbrach den Redeschwall seines Gegenübers. „Könntest Du ihn bitten mich in einem freien Moment zu besuchen?“ Der Maat nickte. „Wenn ihr keine Komplotte gegen uns schmiedet?“ Ein dröhnendes Lachen. „Geduld alter Junge ich werde ihm bestellen, dass Du ihn sehen willst.“

Fallo´s kleiner Truppe überquerte eine Brücke, die ein tiefes Tal überspannte. Weit unten donnerten Stromschnellen vor sich hin, peitschte Wasser zu Nebel hoch, das die Männer auf der Brücke eine willkommene Frische brachte. So lehnten sie sich über das Geländer und genossen Aussicht und die kühle Feuchte. Der Bootsmann tunkte sein Halstuch in dem Wasser, das sich in Rillen der breiten Holzbohlen der Brücke sammelte. Damit wischte er dem ehemaligen Negersklaven Ohini durch das Gesicht, so dass dieser für kurze Zeit das Zittern einstellte. Er merkte wie der Leutnant sie beobachtete. „Meinen Sie er wird wieder werden?“ Fallo hob seine Schultern. „Ich weiß es wirklich nicht.“ Die Miene des Bootsmann veränderte sich, von Sorgenvoll zu Hass, was Fallo dazu verleitete sich umzusehen. DeSatera saß immer noch betont würdevoll auf ihrem Maulesel und obwohl sich ihre Haare voll Wasser gesogen hatten, schienen sie immer noch perfekt in der Form zu sein. Ein böses Grinsen auf ihrem Gesicht war der Grund des Zorns, dass der Bootsmann ihr gegenüber hegte und wäre Fallo nicht in der Nähe gewesen, hätte er wohl damit rechnen müssen, dass sein Mann handgreiflich gegenüber der Plantagen- und Sklavenbesitzerin geworden wäre. „Schaut mich doch nicht so hasserfüllt an Seemann. Es handelt sich doch nur um eine Sache.“ Ein Lachen aus ihren Mund und Fallo sprang zum Bootsmann um das Schlimmste zu verhindern. Doch dieser blieb ruhig und schaute der Senora in die Augen. „Eines Tages werden sie gerichtet, dann bin ich es der lachen wird.“ Fall wollte dem Ganzen ein Ende setzen und befahl den Aufbruch. „Los Männer bis zum Sonnenuntergang will ich noch drei bis vier Meilen schaffen.“ Seufzer gingen durch die Männer, Flüche wurden laut, doch Fallo munterte sie auf in dem er sie mit seiner Säbelscheide hochprügelte. „Faules Pack, rafft Euch auf! Vergesst nicht um was es geht!“ Also zog die kleine Truppe wieder über die staubige Straße und schnell war die Erfrischung über dem Fluss vergessen. Schritt für Schritt war es eine Qual und nach nur einer Meile gab es Fallo auf die Männer weiter vorwärts treiben zu wollen. So wurde ein provisorisches Lager aufgeschlagen, ein paar Dutzend Schritte vom Wegesrand entfernt. Ein kleines Feuer sollte Tiere fern halten und denn Männern ein wenig Licht schenken. DeSatera stieg allein von ihrem Muli, nahm die Pferdedecke von dessen Rücken und breitete sie in der Nähe des Feuers aus um darauf ihr Lager zu bereiten. Verwunderte Blicke der Männer folgten diesem Schauspiel, ließen sie aber gewähren.




Fünfundvierzigstes Kapitel

Ich und DeCoster saßen in meinem Zelt um auf Kiko zu warten. Die Nacht war kalt und feucht, selbst die dicken Mäntel und ein Kanonenofen brachten nur wenig Wärme. DeCoster erzählte mir von Belgien, seiner Heimatstadt Brüssel, seiner verstorbenen Frau und drei Kindern die bereits erwachsen ihr eigenes Leben erfolgreich führten. Die letzten Worte sprach er mit einer gewissen Trauer, schien er sich doch dadurch etwas überflüssig vor zu kommen.
„Wenn Sie wieder einmal auf Reisen sind, nehmen sie mein Land als Ziel, ich kann ihnen viel interessante Dinge zeigen!“ Ich nickte ihm freundlich zu und zog meinen Mantel zu Recht. „Hoffentlich ist dem Jungen nichts passiert.“ DeCoster der noch ein paar Scheite Holz in den Ofen legte, schüttelte den Kopf. „Das ist ein kleiner Aal der witscht jedem unrechten Menschen hurtig durch die Hände. Glauben sie mir.“ Wie zur Bestätigung seiner Worte lief der Junge durch die Öffnung des Zeltes, holte tief Luft und berichtete uns von seinem Erlebnis im Sumpf. DeCoster griff sich seine Instrumententasche und wollte sich auf den Weg machen, doch ich hielt ihn zurück. "Wartet nur wir zwei könnten Probleme bekommen, vielleicht sind die Mordgesellen ja noch in der Nähe?“ DeCoster nickte. Ihr habt sicherlich Recht mein lieber Pater, zur Sicherheit habe ich auch noch ein paar Freunde mitgenommen.“ Ich verstand seine Worte nicht und zur Erklärung seiner Worte öffnete er seinen Mantel in dessen Innenseite zwei mächtige, doppelläufige Pistolen hingen. „Ich wollte ihn fragen ob diese Waffen zum lebenserhaltenden Beruf eines Arztes passen, aber DeCoster winkte nur ab.“ „Es gibt Menschen die fühlen sich in der Hölle wohler.“ Kiko zerrte an unseren Mänteln. „Nun kommt schon! Wenn der Mann stirbt kann er uns doch nicht mehr sagen wo sich das Mädchen befindet.“ Ich nickte dem Jungen zu und wir boten alle Eile auf um dem Verletzten Hilfe zu bringen.

Tamfelder saß auf einem Feldbett in einem Zelt. Er hatte das Lager seiner Reiter nicht an der Furt aufstellen lassen wie es der Feind von ihm wahrscheinlich erwartete. Dort standen nur Wachen die auf eine Reaktion des Feindes oder eigene Verstärkungen warten sollten. So hatte er das Biwak weiter nördlich in einem Wäldchen aufschlagen lassen, ähnlich demjenigen, wo das Schicksal seine Kameraden und ihn mit dem Pater zusammen führte. „Dieser verdammte Pfaffe.“ Tamfelder hielt sich die Hände vor seinem Gesicht und schüttelte den Kopf. „Er ist nicht schuld, der Feind ist es!“ Er schrak auf als die Zeltplane vor dem Eingang bei Seite gezogen wurde. „Darf ich eintreten Capitano?“ Tamfelder nickte Jimenez zu. „Ihr wollt mich rügen wegen der vollzogenen Strafe?“ Jimenez sah von oben auf dem sitzenden Tamfelder herunter. „In der Tat hätte man den Mann nicht so hart bestrafen müssen.“ „Mit was hätte man ihn sonst bestrafen sollen?“ Tamfelder stand auf um auf gleicher Höhe mit seinem Teniente zu diskutieren. „Versteht die Situation zwischen uns jetzt nicht falsch mein Lieber. Ich bin nicht in der Position um meine Taten vor einem Untergebenen zu rechtfertigen. Doch könnt ihr lernen und mich verstehen. Jede andere Strafe hätte der Mann dem Tod vorgezogen. Selbst eine Auspeitschung trägt nicht annähernd so stark wie der Wunsch nach dem eigenen Überleben. Habt ihr gesehen dass nicht nur er, sondern auch bestimmt zehn andere Männer zögerten weiter auf den Feind einzudringen. Wegen nur einer unregelmäßigen Salve? Kehrt nur ein Mann um, zieht er zehn bis zwanzig andere mit, so lange bis die ganze Einheit umkehrt und die Aufgabe später mit zehn mal mehr Opfern erledigt werden muss. Jeder dieser Männer hasst mich jetzt vielleicht, aber sie fürchten mich auch und werden es sich überlegen noch einmal Feigheit zu zeigen.“ Die letzten Worte brüllte er fast und erst der eingeschüchterte Gesichtsausdruck Jimenez ließ ihn ruhiger werden. Tamfelder legte seine Hand auf die Schulter seines Offiziers. „Es tut mir leid Jimenez, ich entschuldige mich in aller Form.“ Ein Nicken des Leutnants und Tamfelder setzte sich wieder auf das Feldbett. „Morgen müssen wir sehen dass die Verstärkungen eintreffen, ansonsten werden wir die Furt kaum halten können. Wir sind nur aus der Bewegung heraus stark, drum werden wir jeden Feind angreifen der sich auf dem Wege zur Furt befindet. Wissen sie Teniente, wir haben noch 237 Männer, doch wie viel wir morgen haben werden? Ich weiß es nicht, nur das wir unser Ziel erfüllt haben werden, dessen bin ich mir sicher.“ Jimenez seufzte. „Ist es denn das alles wert? Dieses ganze abschlachten von Leben?“ Tamfelder nickte. „Es zeigt allen noch gesunden Menschen wie wichtig es ist gegen den Teufel in einem anzukämpfen und sich nicht den einfachen Weg der Gewalt hinzugeben. Doch wir Menschen sind anscheinend zu dumm um aus unserer Vergangenheit zu lernen. Ich weiß auch nicht Teniente, was ich weiß, ist das wir morgen einen langen Tag vor uns haben. Schlafen Sie, ruhen sie sich aus. Ich brauche sie morgen mit all ihrer Kraft.“

DeCoster stürzte sofort auf den Verwundeten zu, lies sich neben dem mittlerweile leblosen Körper in den Morast plumpsen und schnitt ihm mir einem scharfen Messer die Kleidung auf um die Verletzung frei zu legen. „Der Kerl hat wirklich noch Leben in sich. Pater halten sie Ausschau während ich den Mann zum Abtransport fertig mache. Der Mann scheint nicht dumm zu sein hat er doch das Messer in der Wunde stecken lassen, sonst wäre er uns schon lange verblutet. Kiko ich fürchte wir werden zum Lazarett Geleit brauchen, hol ein paar Büttel damit sie uns Eskorte geben!“ DeCoster fixierte das Messer, damit es nicht die Wunde noch mehr vergrößerte, wenn der Körper des Glatzkopfes bewegt wurde. „Pater fasst bitte kurz mit an damit wir ihn auf die Trage bekommen. Mein Gott ist der Kerl groß. Der wird an die 6 Fuss messen.“ Ich stöhnte. „DeCoster ihr beschwert Euch über seine Größe? Das Gewicht macht mir wesentlich mehr zu schaffen.“ „Ihr da was geht hier vor? Vier Feldgendarmen drangen durchs Schilf und bauten sich vor Decoster und mir auf. DeCoster erzählte ihnen kurz den Sachverhalt und die Gendarme fassten mit an um den Verwundeten ins Lazarett zu bringen.
Kiko war verschwunden, mir viel es nicht sofort auf, erst als wir im Lazarett den Mann auf DeCosters Operationstisch legten, bemerkte ich die Abwesenheit des Jungen. „Der Kleine ist klüger als man denkt. Habt ihr nicht gesehen wie viel Volk uns beim bergen des Mannes beobachtet hat? Die Täter waren gewiss auch dabei und Kiko wollte nicht von ihnen erkannt oder in Verbindung gebracht werden. Er ist derjenige an den man zuerst herantreten würde. Übrigens sollte es mir gelingen den Mann zu retten, wonach es im Moment noch nicht aussieht, dann sollten wir ihn gut bewachen. Ich habe das Gefühl das der Täter gerne einen zweiten Versuch starten möchte, bevor dieser Hüne zur Rache schreiten kann.

Der Morgen brach an. Nebel hing über der Flusslandschaft und nur wenige Sonnenstrahlen konnten ihn durchdringen. Pferde wieherten, Zelte wurden abgebaut, die Männer nahmen Proviant und Wasser auf. Tamfelder sprach mit jedem ein kurzes Wort, kontrollierte ihre Ausrüstung, lobt und strafte wo es ihm nötig schien. Er hatte fast 60 Männer auf Patrouillen geschickt so dass ihm nur 170 bleiben werden um den Feind zu überfallen wenn er sich der Furt nähern sollte. Er hatte keine Nachricht von seinen Verstärkungen, er konnte nur hoffen, dass sie bald eintreffen werden bevor der Feind die Situation begriff und mit Übermacht angreifen konnte. So lies er sammeln und nahm Stellung östlich der Furt um auf Informationen zu warten.
So vergingen einige Stunden ohne dass etwas Nennenswertes passiert wäre. Die Sonne stach von Himmel herab, sodass die Pferde und ihre Reiter immer unruhiger wurden. Doch Tamfelder hatte keine Wahl, lies aber zur Erleichterung rühren damit die Männer wenigstens ihre Füße vertreten konnten.

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Fridericus Rex
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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 21:06

Sechsundvierzigstes Kapitel

Es wurde langsam dunkel und missmutig schaute Fallo zu der Frau rüber, die ihm noch in der letzten Nacht so viel Glück, Lust und Freude beschert hatte. Als ob sie seine Gedanken lesen konnte, schaut sie ihn an, ein aufreizendes Lächeln im Gesicht. Verschämt wie ein kleiner Junge, schaute Fallo herab auf seine Füße, ärgerte sich, so manipulierbar zu sein. Der Bootsmann teilte die Runde am Lagerfeuer nicht, aus irgendeinem Grund sah er DeSatera als seine Feindin und hütete sich vor deren Nähe. Etwas was Fallo vielleicht auch tun sollte. Ein Blick zu Ohini der neben dem Bootsmann saß, erinnerte ihn daran was für ein Teufel sie doch war, zu allem fähig, selbst zum bestialischen Mord. Wieder zog sie seinen Blick auf sich, sie schaute dem Feuer zu wie es das Holz fraß, den Funken wie sie gen Himmel flogen. Knackend brachen die Scheite, verströmte die Glut anheimelnde Wärme. Fallo sah in den Kreis seiner wenigen Männer, die ihm geblieben sind. Auch sie starrten die Frau an, die sich vollkommen bewusst darüber war, wie aufreizend sie wirkte und wie schwer sich die Männer beherrschen mussten.

„Bootsmann stehen Sie auf!“ Fallo brüllte fast. „Bringen Sie diese Person zu ihren Muli, sie soll ihres Weges ziehen und das tun was sie für das Richtige hält.“ Spöttisch lachte der Bootsmann. „Ach Sie meinen Menschen quälen?“ Fallo´s Blick hieß ihn schweigen doch fuhr er fort. „Finden Sie nicht, dass es ein großes Risiko bedeuten würde. Sie kennt sich besser aus in diesem Land als wir. Es kann sein, dass die nächste Ansiedlung schon wenige Meilen entfernt liegt, wo sie Hilfe holen und uns folgen kann.“ Fallo nickte. „Ihr Vorschlag?“ Der Bootsmann überlegte angestrengt. „Es wäre natürlich eine Option sie von ihrem schrecklichen Charakter zu erlösen….., doch sehe ich in Euren Augen Leutnant, dass diese Option für Euch nicht in Frage kommt. Vielleicht sollten wir sie irgendwo versteckt halten, bis sie Herr Leutnant und die Männer Havanna erreicht haben. Ich biete mich als Aufpasser für die Lady an, scheint es mir doch so, dass ich am wenigsten empfänglich bin für deren Gift.“ Fallo nickte. Ich lasse auch Ohini bei Dir, ich glaube kaum dass Havanna der richtige Ort für ihn ist. Wir beeilen uns und geben Dir so schnell es geht Nachricht. Habt Ihr einen Platz wo ihr sie hinbringen wollt?“ Der Bootsmann nickte. „Ihr erinnert Euch an die Einsiedelei kurz vor der Brück in den Felsen? Sie schien verlassen zu sein, holt mich dort ab!“ Fallo nahm die Hand des Bootsmannes und drückte sie fest. „Danke Euch. Ich war nicht immer gut zu Euch….. .“ „Lasst es gut sein Leutnant. Ihr seid schon ganz recht. Ich brechen gleich auf, sie bringt nur Unruhe in die Männer.“ Fallo nickte. „Nehmt euch alles was ihr für notwendig haltet!“

Pietro sah seltsam verändert aus. Ein prächtiger Livre zierte ihn und eine gepuderte Perücke ließ ihn elegant und selbstbewusst erscheinen. „Diego, gut schaust Du aus! Wie geht es Dir?“ Diego nickte ihm zu, immer noch überrascht von dem Auftreten des ehemaligen Schiffsjungen. „Scheinst Dich gut bei den Portugiesen eingelebt zu haben. Lass Dich nicht kaufen mein Junge. Wie geht es Deinem Arm? Tut es noch weh?“ Sein Blick sah auf die Schlinge die der Junge um den Hals trug. „Sorg Dich nicht um mich. Ich muss nur leichte Arbeit in der Kajüte des Kapitäns verrichten, bekomme ordentlich zu essen und vielleicht bringt mir der Kapitän auch noch Navigation bei.“ Diego stöhnte vor Schmerzen als er Pietro am Arm packte. Er tat dem Jungen weh, doch wollte er seine volle Aufmerksamkeit. „Bitte Junge, Du bist hier mein einziger Freund. Lass Dich nicht auf eine unrechte Seite ziehen. Du hast so viel erduldet und geleistet…..“ Pietro nickte nachdenklich und entzog sich dem wieder erschlafften Griff Diego´s. „Mach Dir keine Sorgen, ich pass schon auf das es Dir gut gehen wird.“ Diego stöhnte als er wieder nach dem Jungen greifen wollte. Doch ging dieser und auch ein Aufruf zum Bleiben ließ ihn nicht zurück kommen. Hatte der Junge ihn denn so falsch verstanden? Würde Pietro seine Heimat verraten? Diego lies sich zurück in die Hängematte fallen. Heimat? Verdammt sollst Du sein. Er schüttelte den Kopf. Einfach warten, dass ist jetzt das Einzige was er tun konnte.

„Was wollt ihr von mir. Wisst ihr nicht wie man sich gegenüber einer Dame zu verhalten hat?“ DeSatera spuckte nach dem Bootsmann, der sie von ihrem Lager hoch riss. Noch ehe es Fallo hätte verhindern können, klatschte eine kräftig Ohrfeige der Dame ins Gesicht, einen großen, roten, für alle deutlich sichtbaren Fleck hinterlassend. Die Männer am Feuer lachten, denn DeSatera schwieg und hielt sich verwundert die Wange. „Unser Leutnant mag das nötige Benehmen Euch gegenüber haben Senora, doch bei mir werdet ihr alle Härte erleben, solltet ihr mich provozieren. DeSatera schaute zu Fallo hinüber, der das Ganze schweigend beobachtet hat. Doch ehe sie ein Wort an ihn richten konnte, schmetterte schon ein zweiter Schlag in ihr Gesicht. „Ihr redet dann wenn ich es Euch erlaube! Gebt mir Eure Hände ich will auf Nummer sicher gehen.“ Mit einem kräftigen Seil band er ihr die Hände auf den Rücken. Fallo wollte schon eingreifen, doch der Blick des Bootsmannes hieß ihn inne halten. „Sie ist jetzt in meiner Obhut und ich verspreche Euch, dass ihr nichts geschehen wird, sollte sie sich anständig verhalten.“ Fallo nickte und drehte sich zum Feuer um während der Bootsmann, Ohini und die Gefangene, zusammen mit einem bepackten Maultier das kleine Lager verließen.


Diego wurde wach gerüttelt. „Wach schon auf ich habe etwas für Dich.“ Der Maat reichte ihm eine Ananas. „Sie wird Dir schmecken, los mach und iss!“ Diego nahm von der Frucht, die ihm in vielen kleinen Stücken von dem stämmigen Seemann gereicht wurden. „Wieso bist Du so freundlich?“ Der Maat lachte. „Zwar hat mein Land, Deinem Land den Krieg erklärt, ich aber nicht Dir. Verstehst du?“ Diego nickte. „Wie heißt Du? Mein Name ist Diego.“ Der Maat nahm freudig seine Hand und schüttelte sie kräftig. „Luis, nennt man mich. Von meinen Männern geliebt und gefürchtet gleicher Maßen. Stimmt es nicht Jungs?“ Ein paar Seebären wie sie auf jeden Schiff zu finden sind unterbrachen ihre Tätigkeit und nickten Diego zu. „Siehst Du? Alles fest im Griff.“ Luiz kratzte sich nachdenklich den Kopf. „Das Du überlebt hast ist wirklich ein Wunder. Bist ein kleiner zäher Kerl.“ Diego grinste. „Würde ich noch ein paar gesunde Knochen im Leibe tragen, würdest Du für Deine Worte zahlen.“ Der Maat lachte. „Das glaube ich Dir fast. Aber im Ernst, die Cimarron achten Männer die mutig sind und auch ihrer Folter wiederstehen. Das ist der eigentlich Grund gewesen warum Du noch lebtest als wir in das Dorf kamen.“ Diego dachte an die Stunden seiner Pein und augenblicklich bildete sich Schweiß auf seiner Stirn und sein Körper zitterte. „Glaube mir Luiz, wiederstanden habe ich nicht, nur überlebt.“ flüsterte er leise. Der Maat reichte ihm das letzte Stück Ananas. „Ich werde den Kapitän bitten, dass wir Dich morgen an Deck bringen können. Da kannst Du frische Luft schnappen und dem Treiben zuschauen. Da erlebst Du mal Seemanschaft wie sie auf einem Kriegsschiff üblich ist. Unser Kapitän ist ein feiner Mann, er wird schon nichts dagegen einzuwenden haben.“ Diego nickte und der Maat lies ihn wieder allein.





Siebenundvierzigstes Kapitel

Kiko quetschte sich zwischen der Menschenmenge durch, die neugierig den Abtransport des Mannes beobachtete, dabei laut diskutierend und mutmaßend was denn passiert sein könnte.
Er suchte nach dem dürren Spieler, war er doch sicher, dass dieser sich seiner Neugier hingeben musste. Kiko starrte zu dem Pater und DeCoster rüber, die den Verletzten zusammen mit den Gendarmen zum Lazarett brachten. Er hatte ihnen nicht gesagt was er vorhatte, sie werden sich Sorgen machen. Egal, er musste diesen Mann finden koste es was es wolle. „Hey was soll das, musst Du nicht schon längst zur Nachtruhe liegen?“ Eine Dirne schaute ihn zornig an, hatte Kiko sie doch unachtsam gestoßen. Ihr Blick wurde doch immer wohlwollender. „Soll ich Dich zu Deinen Leuten bringen?“ Kiko schüttelte den Kopf. „Ich muss weiter gute Nacht!“ Die junge Frau hielt ihn an seiner Lederkoppel fest und zog ihn zurück. „Ich glaube dass ich Dich erst einmal zu Deinem Zelt bringen sollte. Wiederrede dulde ich nicht, ist doch nur zu Deinem Besten.“ Kiko wollte sich losreißen, doch hatte die junge Frau einen harten Griff. Das allein war nicht schlimm genug, denn jetzt sah Kiko den Dürren wie er sich aus dem Kreis der Neugierigen löste. Er musste wissen, dass der Kahlköpfige lebte, denn er war blass und trug eine sorgenvolle Miene im Gesicht. „Bitte lasst mich Frau, ich weiß wohin ich gehörte. Ihr könnt Euch Morgen im Lazarett nach mir erkundigen. Der Pater und der Arzt gaben mir Auftrag einen Patienten zu suchen, es ist von größter Wichtigkeit. Spöttisch sah die nicht hässliche Frau ihn an, lächelte und zeigte dafür aber umso schadhaftere Zähne. „Gut dann gehe, aber die Nacht ist für die Alten da, Du Streuner!“ Kiko nickte und lief los, in die Richtung in der er den hageren Mann hatte verschwinden sehen. Vorsichtig schlich er an Wagen, Zelte und Feuerstellen vorbei. Nichts wäre jetzt schlimmer als den Mann unvorbereitet in die Arme zu laufen. Kiko schaute langsam hinter einen Wagen vor, tatsächlich der Gesuchte ging nur fünfzehn Fuß vor ihm.

Tamfelder suchte den östlichen Horizont nach Truppen des Gegners ab, erstaunt war er, als einer der Husaren eine große Staubwolke entdeckte, die sich von Süden auf sie zu bewegte. Tamfelder rätselte. Konnten auch das die Portugiesen sein? Er hat ihr Lager doch im Osten vermutet? „Jimenez? Kommen Sie her!“ Jiminez hat selbst die Staubwolke beobachtet, konnte sich aber darauf genauso wenig einen Reim machen wie Tamfelder. „Ich sehe in Eurem Gesicht wie sehr Euch die Neugier zerfrisst, wer sich uns da aus überraschender Richtung nähert. Schnappt Euch ein paar Männer und klärt auf!“ Jimenez zögerte, wartete auf nähere Anweisungen, doch Tamfelder hatte schon wieder ein Fernrohr an den Augen. „Ihr wisst doch noch wie man ein Pferd besteigt Teniente?“ Jimenez wurde Rot, brüllte ein paar Husaren herbei und schon verließen zehn Reiter die Stellung Richtung Süden.
Es verging noch eine lange Zeit, als eine Patrouille meldete, dass sich endlich Infanterie an der Nordseite der Furt zeigte und übersetzte. Tamfelder war erleichtert hatte er doch fest damit gerechnet das die Portugiesen ihn angreifen würden. So sah er zu wie sich zwei Infanterieregimenter anschickten den Fluss zu durchqueren. Calva ritt an ihn heran. Dort seht ihr? Tamfeder schaute in die ihm gezeigte Richtung und eine zweite große Staubwolke baute sich im Südwesten auf. Jetzt wusste er überhaupt nichts mehr, was wurde hier gespielt? Hatte der General ihm nicht alles gesagt? Jimenez würde frühestens gegen Abend wieder hier sein, bis dahin musst er geduldig sein und beschloss zu der Infanterie zu reiten um von den seltsamen Vorkommnissen Meldung zu machen.

Kiko folgte dem Mann ohne von ihm bemerkt zu werden. Mit Erstaunen stellte er fest, dass er sich auf einem Weg zubewegt, der aus dem Feldlager nach Süden führte. Eine Patrouille hielt ihn auf, doch lies man ihn seinen Weg fortsetzen, ein Zeichen dafür, dass die Männer ihn kennen mussten, war doch das Verlassen des Lagers wider Befehl bei Todesstrafe verboten. Kiko hatte Angst, er war versucht sich aus dem Lager zu schleichen, doch würden ihn die Reiter erwischen, würde man ihn genauso behandeln wie einen gemeinen Soldaten. So zögerte er und die Furcht gewann in ihm die Oberhand. So kehrte er um, vielleicht konnte der Pater und DeCoster eine Lösung für dieses Rätsel finden.
„Gut dass Du endlich wieder da bist Kiko!“ Ich stürzte auf den Trommlerbuben zu und schloss ihn in meine Arme. Erzähl wo bist du zu so später Stunde herumgeschlichen?“ DeCoster wusch sich gerade die Hände, hatte er doch die mühselige Operation abgeschlossen. Ob er das Leben des hinterhältig niedergestochenen Mannes hatte retten können würde sich allerdings noch zeigen. So berichtet Kiko, wie er den Mann gefunden hatte und das dieser das Lager ungestraft verlassen durfte. DeCoster´s Miene zeigte Sorge. Auf meiner Frage hin was ihn bewegt, antwortete er nur zögerlich, als müsste er erst mühselig seine Gedanken ordnen. „Es scheinen einflussreiche Leute in eine Sache involviert zu sein, dessen Größe wir anscheinend nicht richtig erfasst haben. Wer sonst könnte einen Gemeinen das Recht verschaffen das streng bewachte Feldlager der spanisch-königlichen Armee zu verlassen. Kiko hatte Recht damit es gar nicht erst zu versuchen, die Wahrscheinlichkeit füsiliert zu werden wäre sehr hoch gewesen. Wir sollten so wenig Menschen einweihen wie es irgend geht. Auch den Profos gegenüber kein Wort Pater!“ Lasst uns nach Mittel und Wege suchen die ganze Sache aufzuklären, ohne uns alle unnötig in Gefahr zu bringen.“
Ich war in Sorge. „Habt Ihr eine Vermutung Doktor, was hier gespielt wird?“ DeCoster strich sich durch seinen Spitzbart, ging ein paar Schritte durch das Zelt, wieder in seinen Gedanken verloren. „Nun der Auslöser war ein hübsches, junges Mädchen, das anscheinend von etlichen Männern geschändet worden ist. So hat es ihnen der Preuße geschildert. Der Dürre schien einer von ihnen zu sein und somit ein Anrecht auf das Mädchen zu haben, was er dem Glatzkopf als Tilgung seiner Schulden angeboten hat. Doch würden die anderen Schurken anscheinend nicht damit einverstanden sein einen Fremden mit einzubeziehen und so blieb dem Spieler nichts anderes übrig als die Sache selbst zu bereinigen. So streckte er den Hünen nieder, anscheinend sicher dass dieser seinen hinterhältigen Angriff nicht überstehen konnte. Wir wissen es jetzt besser und haben damit einen Schlüssel in der Hand der uns in dieser Sache vielleicht Klärung bringen wird.


Vollständig durchnässt bis zur Brust hoch, zogen sich die Soldaten durch die Furt, an einem langen Seil dabei halt findend. Erst fünfzig von den Infanteristen waren am Südufer des Guradiana angekommen, als man ihnen auch schon befahl Schanzen aufzuwerfen und den Brückenkopf so zu sichern. Ein Major ritt auf Tamfelder zu und nahm dessen Meldung entgegen. Nach dem er geendet hatte, befahl der Major Tamfelders Husaren ebenfalls für das Schanzen einzuteilen, was dieser aber wirsch ablehnte. „Ich unterstehen nur dem direkten Befehl General Zarrosas. Ich bin zum selbstständigen Handeln ermächtigt.“ Der Major ein bequemer rundlicher Mann, stark in der Sonne schwitzend, zeigte seinen Unwillen deutlich über die Widerworte des ausländischen Offiziers. „Aber sehen sie nicht ein lieber Capitano, dass eine gut befestigte Stellung unsere Lage hier konsolidieren könnte?“ Tamfelder schüttelte den Kopf. „Meine Männer sind für andere Aufgaben bestimmt. Und auch ihre Männer scheinen eine Pause zu benötigen.“ Der Major zog sein Gesicht in grimmige Falten. „Ich werde dem General Meldung über ihren Ungehorsam machen, Capitano. Darauf können sie sich verlassen. Und werden sie mich noch einmal vor meinen Männern bloss stellen, verspreche ich ihnen, dass sie es bereuen werden.“ Tamfelder zuckte mit seinen Achseln. „Ich werde Sie nicht daran hindern können. Sollten jedoch die Portugiesen kommen und sie meine Hilfe benötigen, werden sie um jeden ausgeruhten Husaren meiner Truppe dankbar sein.“ Tamfelder lüftete kurz den Hut und ritt zurück in die Richtung des in der Nähe befindlichen Wäldchens. Calva starrte ihn mit offenem Mund an, salutierte zögernd vor dem Major und folgte mit dem Rest der Eskorte Tamfelder. „Sie hätten den Major nicht reizen sollen, in unsere Armee ist Lüge und Intrige schon jetzt eine Plage der es nur schwer Einhalt zu gebieten ist. Tamfelder lachte. „Teniente es geht hier um etwas Größeres als meinen Ruf. Gewinnen wir ein paar Schlachten, dann kann uns dieser Mann mit seinem Geschwätz nicht gefährlich werden, verlieren wir sie, liegen wir zertrampelt in unserem Blut auf der Erde Spaniens. Worüber sollte ich mich also ängstigen? Lasst uns schnell machen, ich erwarte das Jimenez uns endlich Klarheit über diese uns unbekannten Besucher bringen wird.“ Er schnalzte mit der Zunge und trieb Hermes zu Eile an.“





Achtundvierzigstes Kapitel

Ohini verließ jetzt ab und zu seinen Dämmerzustand, reagierte auf Ansprechen und nahm sich die Wasserflasche wenn er durstig war. Er ritt nach wie vor auf dem Pferd der Senora, während sie zusammen mit dem Bootsmann zu Fuß gehen musste. „Sie würden vielleicht das Weite suchen, wenn sie auf dem Pferd sitzen, etwas das ich unbedingt verhindern möchte, lernen wir uns doch jetzt erst richtig kennen? Der Bootsmann zwinkerte ihr zu, lass das Unverständnis in ihren Augen und lachte lauthals. Die Einsiedelei war ein kleines Blockhaus, leicht verfallen, lag es ungefähr eine halbe Meile von dem Weg entfernt, den sie am Vortag entlang marschiert waren. Ein paar Bäume gaben Schatten und ein kleiner Bach plätscherte nicht weit entfernt runter in das Tal. Mit der Rückwand an den Fels verbaut, würde man vor Besuchern nicht so leicht überrascht werden können, gab es doch nur einen festen Weg zu der Hütte hinauf. DeSatera war erschöpft der Bootsmann stellte zufrieden fest, dass sie in der Nacht, nur mit einer Decke bedeckt, auf nackten Boden kaum geschlafen haben konnte. Auch die Fesseln werden nicht gerade bequem für sie gewesen sein. Ein kurzer Blick auf Ohini, und der Bootsmann fühlte sich in seiner Strenge bestätigt. Diese Frau hat noch ganz anderes verdient.

Fallo reckte sich. Die Kühle des Morgens zusammen mit der Feuchtigkeit, ließen ihn und den Rest der Männer die Wärme der Sonne herbeisehnen, die langsam im Osten über dem Horizont auftauchte. Fallo war gut gelaunt, befahl den Männern ihre Sachen zu packen und das Lager abzubrechen. Er war froh die Last der Senora los geworden zu sein, wenn auch das Problem dadurch nicht endgültig gelöst schien. Egal wenn sie sich beeilen, würden sie am nächsten Tag Havanna erreichen und dem Gouverneur Meldung über den Krieg mit Portugal erstatten können. Dann würde man weiter sehen. So bildete sich auf der staubigen Straße die kleine Kolonne und machte sich auf dem Weg. Schnell wurde das Verlangen nach Wärme durch den Wunsch nach Kühle abgelöst, hatte die Sonne doch schnell ihre Wirkung entfaltet und brannte jetzt mächtig auf die Männer herunter. Man merkte nun deutlich das man sich der Stadt näherte, einzelne Gehöfte und Plantagen lagen an der Straße, Menschen gingen ihrem Tagwerk nach, Fuhrwerke fuhren in beiden Richtung den Weg entlang. Fallo beschloss vorerst niemanden von dem Krieg mit Portugal zu berichten, könnte doch der Gouverneur Unverständnis darüber zeigen, dass er nicht als erster von diesem äußerst gefährlichen Konflikt erfuhr. Auch wenn man einige Worte mit den Menschen wechselte, Proviant und Wasser kaufte, blieben sie doch lieber ohne Gesellschaft, wenn sich auch immer wieder einige Kaufleute oder Bauern mit ihren Wagen gerne der Gruppe angeschlossen hätten. Fallo war mit dem Tempo zufrieden, die Männer wollten endlich das Ziel erreichen um die Plagen der letzten Tage zu vergessen und verdiente Ruhe zu finden. Auch schienen sie sich langsam an das Marschieren zu gewöhnen, jammerten sie doch bei weitem nicht mehr so viel wie noch im Dschungel oder an den zwei Tagen zuvor.
Ein Reiter preschte an ihnen vorbei und Fallo wunderte sich über den Mann, schien er sich doch vor irgendwas zu fürchten. Rücksichtslos bahnte er sich den Weg. Fallo rief den Leuten zu, dass sie ihm so schnell es eben ging folgen sollten, schwang sich auf sein Pferd und versuchte den Mann zu folgen. Sein Pferd war ausgeruhter, er aber der schlechtere Reiter und so hatte er fast eine ganze Weile zu kämpfen, bis er den Mann endlich einholen konnte, anrief und zum Stehen aufforderte. Nur unwillig stoppte der Angerufene, bat den Leutnant schnell zu machen es ginge um Leben und Tot. Fallo wurde jetzt unsicher, fragte nach dem Grund seines rasanten Rittes. „Aufständische Sklaven haben etliche Plantagen im Osten überfallen, es sind fast an die Tausend, wie man hört. Ich muss die Regierung warnen, in wenigen Tagen können sie auch Havanna erreichen. Fallo stöhnte. Es mussten die Portugiesen dahinter stecken, so viel konnte er sich zusammen reimen. Wie sonst hätten die Sklaven so ein gewaltiges Vorhaben organisieren können? „Ich reite mit Euch, habe doch auch ich Nachrichten die den Gouverneur schnellst möglich erreichen sollen.“

Diego genoss es an Deck zu sein. Nur ungern räumte er den Kapitän des Schiffes, eine gewisse Sympathie ein, war er doch immer noch ein Feind, denn er unter anderen Umständen zu töten bereit sein musste. Die Fregatte war ein starkes Schiff. Um die vierzig Kanonen lauerten hinter den Stückpforten, meist in der Lage zwölf oder auch neunpfündige Kugeln gegen den Feind zu werfen. Die Besatzung schien eingespielt zu sein und gut gedrillt. So exerziert man auch jetzt wo das Schiff wieder auf Kaperfahrt ging ohne Unterbrechung an Takelage und in der Batterie. Einer der Offiziere schien Engländer zu sein, der immer wieder dem Kapitän mit Rat und Vorschlägen aushalf, um die Leistungskraft seiner Männer zu steigern. Diego schüttelte den Kopf. Sie hatten also auch ihre Finger drin. Dieses Inselvolk was einen Krieg nach den anderen anzettelte um selbst, die Reichtümer der Welt zu erbeuten.
Der Kapitän trat an das Lager von Diego heran, welches man ihm am Fuße des Hauptmastes errichtet hatte. „Es geht Dir besser hoffe ich?“ Diego verwundert über die Anteilnahme eines Offiziers am Schicksal eines gemeinen Seemannes, antwortete nur zögerlich. „Nun die Schmerzen sind zu ertragen, die Gedanken vielleicht nie wieder laufen zu können, wiegen da schon mehr.“ Der Kapitän der Fregatte nickte. „Mein Name ist Antonio Assis, Kommandeur dieses Kriegsschiffes, aber das habt Ihr Euch sicher denken können. Ich und meine Mannschaft zollen Eurer Gegenwehr großen Respekt. Man kann nicht sagen, dass wir durch unsere Tüchtigkeit die Schlacht gegen Euer Schiff gewonnen haben, sondern eher durch Glück. So will es mir scheinen.“ Diego nickte. „Ihr wundert Euch vielleicht über die Gunst die Euch erwiesen wird, aber ihr habt schon genug erdulden müssen, sodass ich Euch das übliche Los der Gefangenschaft ersparen möchte. Euren ehemaligen Schiffsjungen geht es gut, ein intelligenter und tüchtiger Bursche. Nun ich werde sehen ob ich ihn nicht für unsere Sache gewinnen kann.“ Diego wurde rot im Gesicht und zornig wollte er antworten, doch legte der Kapitän lächelnd einen Finger auf seinen Lippen. „Schweigt! Seemann. Ihr unterschätzt den Jungen und seine Loyalität. Ich wollte Euch nur ärgern.“ Er lachte und ging zurück auf das Kampagnendeck, um sich wieder seinem Schiff zu widmen.


Der Bootsmann trat durch die verfallene Tür an der sich schon etliche Bretter von den Türbändern gelöst hatten. Ein klobiger Tisch, ein paar grob gehauene Hocker, sowie eine kleine Feuerstelle waren alles was das Inventar darstellte. Hinter einen verschlissenen Vorhang entdecke er noch ein altes Bauernbett, das mit einer Strohmatratze regelrecht luxuriös auf ihn wirkte. „Na da können wir es uns ja gemütlich machen Senora! Sie werden sehen, wir geben ein gutes Paar ab.“ DeSatera erwiderte nichts, musterte kühl seine Handlungen, hielt Abstand soweit es ihr irgend möglich war. Ohini hockte vor der Hütte im Gras, starrte in das Tal hinab, reagierte nicht auf die Rufe des Bootsmannes, herein in die Hütte zu kommen. So ließ er den ehemaligen Sklaven der Herrin eben draußen, schloss die Tür und ging zu der Senora hinüber. Sie hatte sich auf einen der Hocker gesetzt, etwas nach vorne gebeugt, hinderten doch die auf dem Rücken zurück gebundenen Hände sie daran sich an der Wand der Hütte anzulehnen. Der Bootsmann packte ein paar Vorräte aus und schnitt ein paar Scheiben Maisbrot auf, von dem er ihr anbot. Sie schüttelte den Kopf, mied Augenkontakt und sah dann runter auf den Fussboden. Der kräftige Seemann musterte sie eine Weile, hin und wieder ein paar Brotstücken in den Mund schiebend. „Ich bin der reichen Senora nicht gut genug? Antworte!“ Er trat an sie heran und gab ihr Ohrfeigen. „Ich werde Dir zeigen wie sehr ich für Dich tauge!“ Er griff ihr ins Haar und zerrte sie so zu dem Bauernbett herüber. Sie schrie und versuchte so gut es eben ging Wiederstand zu leisten. Immer wieder schlug der kräftige Mann auf sie ein, fing an ihre Kleidung zu lösen, während sie um Hilfe schrie. „Na wie ist es jemandem ausgeliefert zu sein? Na wie ist es wenn man sich nicht wehren kann?“ Mit höhnischen Grinsen beugte er sich über sie um ihr einen Kuss aufzuzwingen, sie schrie, versuchte ihren Kopf zur Seite zu drehen, doch hatte er sie schon in seinen Klauen. Er presste seine Lippen auf ihre, schrie auf als sie ihm in die Lippen bis, Blut trat aus, ein Stück Fleisch hing von der unteren Lippe herunter. So schlug er weiter mit einer Hand auf sie ein, während die andere versuchte mit dem Hemd die Blutung zu stillen. „Ich kriege Dich schon klein Miststück!“ So begann er sie am Bett zu fesseln, bis sie sich nicht mehr bewegen konnte und nur noch starr vor Angst ihm zusah wie er sich entkleidete. Schon wollte er sich auf sie legen, ihr Brüllen tat ihm weh und so presste er seine Hand auf ihren Mund. Blut tropfte aus seinem Gesicht auf ihre, von ihm entblößte Brust, bereit sein Vorhaben nun endgültig zu Ende zu führen. Überrascht hielt er jedoch inne, als die Tür aufgerissen wurde. Der Sklave Ohnini stürmte mit einer Axt auf ihn ein und schlug sie ihm in den Schädel bevor der Bootsmann zu einer Gegenwehr bereit war. Stille Schreie stieß der Sklave aus, immer wieder schlug er zu, brüllte und sank erschöpft zusammen, den panischen Blick der Senora auf ihn gerichtet, Unverständnis in ihren Augen, aber auch Erleichterung. Ohini sank vor dem Bett auf seine Knie, zog den zerschlagenen Körper des Seemanns vom Körper der Frau herunter, Tränen im Gesicht. DeSatera beschloss ihn anzusprechen, bat ihn, sie loszubinden, doch sein Blick war leer auf sie gerichtet, als verstände er sie nicht. Was hatte der Sklave mit ihr vor? Würde er nun das beenden was der Bootsmann vorher begonnen hatte. Sie sah wie der Schwarze sich langsam aufrichtete. Stumm nach etwas suchte und nach einiger Zeit wieder an das Bett trat, mit einem Messer in der Hand. Angstschweiß löste sich auf der Stirn der Satera, sah wie sich die Hand mit dem Messer ihren Körper langsam näherte. Würde er sie töten? Würde er für das Leid was sie ihm zufügen lies nun rächen? Er schnitt sie los! Warum macht er das? Der dumme Sklave befreit seine Herrin die vor wenigen Tagen ihn noch zu Tode foltern wollte. Sie wartete still bis er ihre Fesseln löste, stand dann vorsichtig auf und schob ihren Körper behutsam an seinem vorbei. Er kauerte immer noch vor dem Bett ohne jede Bewegung nur die Tränen liefen weiterhin über seinem Gesicht. Sie brachte ihr Kleidung so gut es ging wieder in Ordnung, starrte ihn an, immer noch einen Angriff oder Reaktion von ihm erwartend. So trat sie heraus aus der Tür und bestieg das Maultier. „Du dummer, dummer Sklave. Ich werde mich an Dir und Deinen Leutnant rächen, für all die Schande die Ihr über mich gebracht habt! Ich werde nicht eher ruhen als das ihr Beide in meinen Händen um die Gnade des Todes fleht!“ Ihr krankes Lachen erfüllte den ärmlichen Raum und Ohini hörte wie sie ihr Pferd antrieb und dumpf dessen Hufe auf den Boden wiederhallen bis sie immer leiser wurden und nicht mehr zu hören waren. Ohini schaute auf die Hand, die noch immer das Messer hielt. Langsam wurde er Herr über seine Gedanken, blass stand er auf und verließ die Hütte so wie sie war. Sein Verstand war dieser Welt nicht gewachsen und so taumelte sein Geist zwischen Wahnsinn und lichten Momente hin und her.





Neunundvierzigster Teil

Ein junger Fähnricht fragte nach mir und so verließ ich an diesem Morgen mein Zelt um rüber in das Hospiz zu gehen. Auch DeCoster konnte dem armen Jungen nicht mehr helfen und so blieb mir nur noch, ihm die Zeit bis zu seinem Ableben so leicht wie es mir nur irgend möglich war zu machen. So betrat ich das, durch das Ausbleiben schwerer Kämpfe, nur noch mit wenigen Männern belegte Zelt und ging zu dem Lager des hageren, aber recht langen Jungen. Eine der Schwestern kauerte neben ihm, tupfte ihm die fiebrige Stirn mit einem feuchten Tuche und versuchte dem Jungen Trost zu bringen. „Darf ich Schwester?“ Sie nickte gab mir das Tuch und so setzte ich ihre Tätigkeit fort und fragte den Fähnrich wie es ihm ginge. „Ich möchte nicht sterben Pater! Ich habe gesündigt und ich weiß nicht ob Gott mir verzeihen wird.“ Ich nickte. „Du möchtest das ich Dir die Beichte abnehme?“ Der Junge nickte. Er musste sich sammeln bevor er mir von seiner Familie erzählte, von seiner Schwester die als Kind ertrunken ist, weil er sich nicht traute hinter ihr her zu schwimmen, von seiner ersten Liebe mit der er Kontakt hatte ohne sie vorher geehelicht zu haben…. so ging es weiter und der Junge lies seinen Ballast bei mir, um ohne diese Last seinen Weg nach dem Tode gehen zu können. Erschöpft viel er in den Schlaf, nachdem ich ihm die Absolution erteilte. Ein Blick zur Schwester und ich nickte. Er würde nicht mehr lange leiden müssen.
„Kann ich Euch sprechen Pater?“ Ich drehte mich um und sah DeCoster in die aufgeweckten Augen. „Aber bitte, natürlich. Nur möchte ich das nicht an diesem Ort tun, wie ihr vielleicht verstehen könnt. Der Arzt nickte und so traten wir raus vor das große Zelt. „Unserem Patienten scheint es besser zu gehen, er wird es auch schaffen denke ich, wenn es auch noch einige Wochen dauern wird, bis die Heilung seiner Wunde abgeschlossen ist. Wie ich ihn allerdings schützen soll ist mir ein Rätzsel, sind doch weder sie noch ich die geeigneten Männer um einen Mörder von seinem Opfer fern zu halten. „Können wir ihn nicht verstecken?“ DeCoster schüttelte den Kopf. „Daran habe ich auch schon gedacht, aber wir müssten dazu das Lager verlassen und eine Erklärung für das Verlegen des Mannes geben, was wir ohne Verdacht oder Aufmerksamkeit zu erregen nicht können. Ich habe eine andere Idee……“ DeCoster schaut mich an und wollte nicht recht raus mit der Sprache, sodass ich wusste dass er mit meinem Unverständnis rechnete. „Sie können mir ja zumindest ihren Plan anvertrauen, auch wenn ich die Befürchtung habe, dass ich, wie ich in Euren Augen erkennen kann, nicht einverstanden sein werde.“ DeCoster lächelte müde. „Es geht nicht anders Pater und tatsächlich versuche ich, Euch eine Sünde abzuringen. Einen Toten bringt man nicht um und genau das wäre der Mann wenn ich ihn in dieses Zelt bringen würde. Kiko könnte dann im Lager bekannt machen, dass unser Patient im Sterben liegt…..“ Ich schüttelte den Kopf. „Aber das wäre eine Lüge! Wie könnt ihr solches von mir verlangen?“ DeCoster nahm mich zur Seite und schaute mir eindringlich in die Augen. „Weil ihr nicht nur sein Leben damit rettet, sondern auch das des Mädchens. Auch wenn wir ihr nicht sofort Rettung bringen können, so sind wir doch ihre einzige Hoffnung.“


„Dort hinten kommen sie!“ Tamfelder seufzte. „Endlich, wie ich dieses Warten hasse!“ Er schaute sich nach Calva um, der gerade die Rationen für die Männer einteilte. „Eilt Euch Teniente, es kann sein, dass wir sofort aufbrechen müssen. Es liegt Pulvergeruch in der Luft ich merke es deutlich.“ Calba schien verdutzt, bat aber seinen Capitano um keine Erklärung.
Mit größter Eile galoppierten die Männer heran und Jimenez sprang von seinem Pferd herunter, noch ehe es gehalten hatte. Er salutierte, nickte Calva zu und erstattete Tamfelder Bericht. „Ich bringe Nachricht von General Fernando Valls, dem Garnisionskommandeur von Cadiz. Er ist mit siebentausend Männern aufgebrochen um dem König Hilfe zu bringen, doch braucht er jetzt selbst Unterstützung denn etwa zwanzigtausend Mann der portugiesischen Armee schieben sich zwischen ihm und den Fluss.“ Tamfelder pfiff durch die Zähne. Wie lange haben wir noch Zeit um den König zu verständigen?“ „ Eigentlich keine mehr. Die Garnision und der Feind haben nur noch wenige Meilen zwischen sich.“ „Hat der General Euch eine Nachricht mitgegeben für den König?“ Jimenez nickte. „Gut holt Euch ein frisches Pferd und reitet wie der Wind. Seid vorsichtig in der Furt Jimenez! Calva! Ruft die Männer zusammen wir versuchen uns bei meinem Freund dem Major Hilfe zu holen.

„Aber ich habe einen anderen Befehl Tamfelder! So leid es mir tut ich kann meine Stellung hier nicht verlassen. Wahnwitzig ist Eure Idee mit meinen tausend Männern die Portugiesen anzugreifen. Selbst wenn der Großteil ihrer Armee der Garnision von Cadiz entgegen zieht, sind sie uns noch zehn zu eins überlegen.“ Er schaute Tamfelder geringschätzig von Kopf bis zu den Füßen an. Was Tamfelder nicht daran hinderte das Wort zu ergreifen.“ Es ist die einzige Möglichkeit. Wenn unsere Armee über diese Furt setzen soll, kommt sie General Falls Männern nicht mehr rechtzeitig zu Hilfe. Würden meine und ihre Männer dagegen heute Nacht die Stellungen der Portugiesen angreifen, könnten wir ihre Überraschung und Verwirrung für uns nutzen. Zumal uns unsere Armee direkt dabei unterstützen könnte.“ Der Major schüttelte den Kopf. „Ich habe Befehl diesen Brückenkopf zu halten und genau das werde ich tun, bis die Verstärkung eintrifft. Wenn Sie das Leben ihrer Männer opfern wollen, können Sie das tun, ich für meinen Fall halte mich an meiner Order.“ Tamfelder lachte laut auf, sodass Calva und auch einige Offiziere des Majors, die dem Gespräch folgten ihn verdutz anstarrten. „Geht es dabei wirklich um das Leben Eurer Männer? Oder um Euer eigenes? Gut Major dann reite ich heute Nacht ohne Eure Hilfe gegen den Feind. Lieber opfere ich mich und meine Männer als untätig dabei zuzusehen wie siebentausend spanische Soldaten vom Feind massakriert werden.“ Der Major sprang auf. „Ich verbitte mir jedes weitere ihrer Worte. Unter anderen Umständen würde ich sie fordern.“ Der Major kreischte fast. Tamfelder nickte auf einmal sehr ernst geworden, trat an den Major heran und schaute auf ihn runter. „Sie werden mich jederzeit bereit finden Major! Gut lieber Calva bereiten wir uns vor, ich habe Jimenez ebenfalls eine Botschaft für Zarossa mitgegeben. Sollten wir heute Nacht den Feind überraschen und einige Zeit ihn über unsere Stärke täuschen können, hat unsere Armee die Möglichkeit überzusetzen und uns Hilfe zu bringen. Schafft sie es nicht, dann ereilt uns zumindest ein Heldentot.“ Tamfelder lachte, was Calva nur mit Unverständnis wahr nahm. „Wartet Capitano!“ Ein junger Offizier trat aus dem Zelt des Major´s. „Meine Abteilung steht zu ihrer Verfügung!“ Tamfelder war überrascht. Blieb stehen und lies den Mann zu ihnen aufschließen. „Wieviel Männer haben sie?“ „Sechshundert Mann leichte Infanterie. Wir sind erst soeben über den Fluss gesetzt.“ „Sie haben den gleichen Rang, sind sie den damit einverstanden, dass ich das Unternehmen führe?“ Der junge Capitano lächelte. „Es wird mir eine Ehre sein. Lieber das Unwahrscheinliche wagen, als hier zu bleiben und dem Willen des Feindes gewähren lassen.“ Tamfelder nickte. „Haben Sie ihr Vorhaben dem Major zur Kenntnis gebracht? Sie werden sich Ärger einhandeln sollten sie wider seinem Befehl handeln.“ Der Capitano der Infanterie lächelte. „Nun ich mag im Rang unter ihm stehen, aber ich habe einen Vetter der König ist!“ Tamfelder deutete eine Verbeugung an, seine Überraschung über den Rang des Gegenübers dabei kaschierend. „Dann macht Eure Männer fertig wir brechen sofort auf.“


„Habt ihr eine Entscheidung getroffen Pater?“ Ich nickte DeCoster zu. Ich helfe Euch, lasst uns ihn lieber gleich verlegen, oder habt ihr Bedenken wegen seines Zustandes? DeCoster verneinte und so bat ich ein paar Schwestern uns zu helfen, damit wir den Glatzkopf, selbst von zweifelhafter Herkunft, vor seinen Feinden schützen konnten. Wir waren zu viert und trotzdem konnten wir nur unter großer Mühe den schweren Körper des Mannes bewegen. Brachten ihn rüber in das Hospizzelt und nach größter Anstrengung konnten wir ihn dort betten. DeCoster schien zufrieden, schüttelte meine Hand und dankte auch den Schwestern, die ich vorher zum Schweigen verpflichtet hatte. „Geht jetzt besser DeCoster ich glaube es ist nicht gut wenn ihr mehr Zeit hier im Zelt verbring als sonst.“ DeCoster lächelte. „Ihr lernt sehr schnell Pater und ich glaube wir haben unser möglichstes getan.“ Ich rief noch einmal den Arzt zurück. „Habt ihr Kiko inzwischen gesehen, der Junge ist wie ein Spuk verschwindet und taucht wieder auf, wenn man es am wenigsten erwartet.“ DeCoster lachte. „Das ist das Tempo der Jungend, er tut auf seiner Art das Möglichste um dem Mädchen des preußischen Leutnants Hilfe zu bringen.“
Kiko schlenderte zwischen den Zelten herum, suchte nach dem Jungen vom Vortag mit dem er sich geprügelt hatte. Tatsächlich fand er Carlos wie er dabei war Stiefel und Schuhe zu putzen, schwitzend, jammernd, seiner Existenz wenig Gutes abgewinnend. Kiko trat an ihn heran, doch nicht zu nahe, fürchtete er doch den Zorn des größeren und stärkeren Jungen. Carlos schien erstaunt, zog seine Augenbraue hoch als er Kiko sah. Putzte dann jedoch weiter. „Was willst Du nur von mir. Hast mir doch wahrlich schon genug Ärger eingehandelt.“ Kiko hockte sich neben ihn. „Ich wollte mich bei Dir entschuldigen, hier ich habe etwas für Dich.“ Er hielt ihm eine große, geräucherte Wurst hin. Der Pater hatte sie ihm gegeben damit er die Aufregungen der letzten Zeit ein wenig damit vergessen machen konnte. „Du willst sie mir wirklich schenken?“ Kiko nickte und der Junge riss sie aus seiner Hand, schob sie unter seinem Kittel und putzte weiter. Kiko sah ihn freundlich an, griff in die Kiste mit den Lappen und half ihm dabei der dutzenden Stiefel Herr zu werden. Kiko putzte gründlich, fragte aber dennoch nach jedem Schuhwerk nach, ob es vor Carlos kritischem Auge bestehen konnte. Langsam wurde der Haufen immer kleiner und Carlos schaute zu Kiko herüber der immer noch voller Eifer wienerte und scheuerte. „Was willst Du eigentlich von mir?“ Kiko schaute ihn fragend an. Carlos legte seine grobe Bürste beiseite und knuffte Kiko in die Seite. „Raus mit der Sprache! Bin Dir nicht mehr sauer wegen dem letzten Mal!“ Kiko zögerte beschloss aber Carlos noch nicht nach dem Dürren zu fragen. Zu unsicher schien ihm das Verhältnis des Jungen zu den Männern zu sein denen er dienen musste. Drum schüttelte er nur seinen Kopf und putzte weiter bis Carlos das Fragen aufgab und ebenfalls seine Arbeit fortsetzte. Hinter ihm tauchte ein kleiner Mann auf, dessen Uniform um einiges zu groß zu sein schein. Er trat Carlos in den Rücken so dass er vornüber fiel, Bürste und Stiefel fallen lies und nur zögernd wieder aufstand, jeden Blick mit dem Mann meidend. „Ach, da haben wir ja auch unseren kleinen Besucher vom letzten Mal. Der auch noch frech geworden ist, wenn ich mich nicht irre? Schon wollte er nach Kiko greifen, aber dieser war schon aufgesprungen und rannte ein paar Meter davon. Der Soldat ärgerte sich, schien aber es mit seinem Stolz nicht zu vereinbaren, dass er wegen diesem kleinen Trommlerjungen das Laufen anfing. Statt dessen hielt er sich an Carlos schubste ihn und machte mit voller Absicht die Stiefel wieder dreckig, die Carlos und Kiko vorher so gründlich gesäubert hatten. Kiko rief ihm etwas zum Abschied zu, doch traurig stellte er fest, das Carlos genug damit zu tun hatte, weitere Demütigungen über sich ergehen zu lassen.





Fünfzigster Teil

Fallo stellte sich dem Reiter vor. Erzählte in einem kurzen Abriss was ihm uns seinen Männern wiederfahren ist, wenn auch einige Geschehnisse die Senora DeSatera betreffend, er lieber unerwähnt lies. Sein Gegenüber lüftete einen breitkrempigen Hut und stellte sich als Eduardo Semprun vor. Er unterhielt Handelsniederlassungen in Havanna und Santiago de Cuba, handelte mit Werkzeug und Gebrauchsgütern aus Europa und Tabak und Zucker aus Kuba. Nach dem die Höflichkeit zwischen den Männern ihr Recht bekommen hatte, trieben sie ihre Pferde wieder an um schnellst möglich Havanna zu erreichen, dass sich bereits in weiter Ferne abzuzeichnen begann. Sie ritten ihre Pferd fast zuschanden, bis sie endlich am Tor ankamen wo vier Soldaten lustlos zur Wache standen. Sie interessierten sich nicht näher für die Reiter, winkten sie durch in das Innere der Stadt. Fallo hatte die Stadt bisher immer von der Seeseite her besucht und bestaunte die mächtigen Befestigungsanlangen, die den Hafen vor feindlichen Schiffen schützte. Auch die Landbefestigungen waren stark, Kanonen waren in zahlreicher Anzahl auf den Bastionen zu erkennen, was einen Angriff der Sklaven auf dieses Machtzentrum der Spanier von vornherein vereiteln sollte.

Mit einem langen Stock um sich schlagend bahnte sich Semprun seinen Weg vor Fallo, was vom Pöbel der Straße mit Gebrüll und Gekreisch beantwortet wurde. Immer wieder musste sich Fallo ducken, wenn Straßenschilder den Weg verhangen. Schließlich kamen ein paar Stadtwächter des Weges und nach dem Semprun ihnen die Bedeutung ihrer Person klar machte und seinen Wort mit ein paar Münzen Gewicht verlieh, räumten sie die Straße vor den beiden Reitern und geleiteten sie zum Regierungspalast. Der Palast lag im Zentrum der Stadt umringt von anderen wichtigen Gebäuden der Stadt, Kirchen und Märkten. Semprun schien bekannt zu sein, ließ man sie doch in das prächtige Gebäude und hieß sie erst beim Vorzimmer des Sekretärs des Gouverneurs warten. An der Wand hingen Schlachtgemälde und Porträts von den mächtigen der Stadt, Gobelins an den Wänden und reichverzierte Teppiche auf den Boden, spiegelten den Reichtum der Stadt wieder. Ein schwarz gekleideter Schreiber, saß hinter einen breiten Tisch emsig Zeile für Zeile auf das Papier bringend. Hin und wieder ein Blick auf die Besucher gerichtet, schien er seiner Person Bedeutung verleihen zu wollen, indem er die beiden Männer warten ließ. Semprun wurde sichtlich nervöser und erst nachdem er zwei Mal seine Frage wie lange es dauern würde bis man sie vorließ, wiederholt hatte, gewann er die Aufmerksamkeit des Bürokraten. Auch in Fallo stieg die Wut auf diesen sturen Hundsfott, bis es ihm schließlich zu viel wurde und einfach durch die hohe zweiflügelige Tür trat hinter der er den Sekretär des Gouverneurs vermutete. Zu spät sprang der Schreiber auf um den Leutnant an seinem Vorhaben zu hindern und so betratt er einen noch größeren und noch prunkvoller geschmückten Raum, wo er nach kurzer Suche einen rundlichen Mann sah, der auf einer jungen Frau lag.

Mit entsetzten Geschrei löste sich die Dame und nur spärlich bedeckt verließ sie kreischend das Zimmer, was Fallo wider seinen Willen mit einem Lächeln kommentieren musste. Der Sekretär, mit roten Kopf sich hastig ankleidend, suchte Deckung hinter einem breiten Schreibtisch, lies sich auf einem thronartigen, üppig verzierten Sessel nieder und brüllte dabei den jungen Mann an der so unwillkommen sein Reich betreten hatte. Auch Semprun trat jetzt durch die Tür, gefolgt vom Schreiber, der beschwichtigend auf den Sekretär des Gouverneurs einredete, die Schuld den beiden Eindringlingen zuweisend. Fallo hatte jetzt nun wirklich von der Szenerie genug und brüllte den Schreiberling an zu schweigen, damit er nun endlich Meldung in wichtiger Sache machen könne. Der Sekretär ebenfalls überrascht über das lautstarke Organ des Mannes, hielt ebenfalls in seinen Beschimpfungen und Drohungen inne und forderte ungeduldig Bericht. Nachdem Fallo von den Überfällen der Portugiesen berichtet hatte, wurde der Mann hinter seinem Schreibtisch blässer und blässer. Als dann auch noch Semprun von Sklavenaufständen berichtete die weite Teile der Insel heimgesucht hatten sprang er auf, hieß die Männer warten, damit er dem Gouverneur berichten konnte.

So nahmen sie denn wieder Platz, erleichtert ihre Nachricht überbracht zu haben. So warteten sie recht lange bis ein großgewachsener, breitschultriger Mann den Raum betrat. Der Sekretär der ihm hinter her buckelte, lies Fallo in ihm den Gouverneur erkennen, der so gar nicht in das Bild passen wollte, dass er bisher von den Mächtigen des Vizekönigreiches hatte. Im Gegensatz zu den meist dekadenten, auf persönliche Bereicherung bauenden Regionalherrscher war dieser Mann bescheiden gekleidet und musterte sie mit durch dringlichem und aufgeweckten Blick. Er schien Semprun zu kennen und nickte ihm wohlwollend zu.

„Ich wünschte ich würde andere Nachrichten durch sie erfahren meine Herren, haben wir doch mit Überfälle durch Piraten genug zu kämpfen und jetzt kommen noch Sklaven und portugiesische Knapperer hinzu. Wir werden sehen wie wir dem Feind in rechter Weise begegnen können, doch wird es nicht leicht sein habe ich doch im militärischen Sektor nur sehr bescheidene Mittel zur Verfügung. Würde heute Havanna vom einen Feind belagert, könnte ich nicht einmal die Werke vollständig bemannen, die so zahlreich die Stadt schützen sollen.“ Er setzte sich auf den Stuhl in dem vorher des Sekretär saß und musterte den jungen Mann der vor ihm stand. „Mein Sekretär hat mir nur auszugsweise von Euch berichtet, möchtet ihr zur Vollständigkeit bitte mir kurz berichten was Euch in den letzten Tagen wiederfahren ist!“ Fallo nickte und erzählte von dem Kampf der Aurelia, der Flucht im Boot, den Überfällen der Cimarron und schließlich dem Marsch von der Plantage nach Havanna. „Sie haben viel erlebt und mutig den Gefahren wiederstanden. Ich bitte Euch hier ein wenig zu warten Leutnant! Sie Semprun bitte ich mir zu folgen, müssen wir doch besprechen wie wir den Wiederstand gegen die Sklaven am Besten organisieren können.“ Der Gouverneur verschwand mit dem Kaufmann durch die Tür wo er den Raum vorher betreten hatte, den Sekretär zurückweisend der den beiden folgen wollte. „Kümmert Euch um den Mann, hat er doch große Strapazen auf sich genommen um uns zu warnen. Und lasst den Hafenmeister wissen, das kein Schiff mehr den Hafen verlässt, es sei denn mit meiner Genehmigung. Schickt dem Vizekönig Nachricht, er soll uns Unterstützung bringen!“ Fallo sah wie die Tür geschlossen wurde, der Sekretär in das Vorzimmer eilte und er also wieder warten musste. So ließ er sich in eine der vielen Sitzmöglichkeiten nieder, seufzte und wartete darauf, was das Schicksal nun für ihn zu bieten hatte.


Pietro reinigte das Navigationsbesteck, mit dem er unter Anleitung des portugiesischen Kapitäns den Stand der Mittagssonne bestimmt hatte. Die Olymp kreuzte von der kubanischen Küste Richtung Nordwesten auf, um sich wieder auf die Lauer nach spanischen Kauffahrern zu legen. Insgesamt müssen es fast zehn Kriegsschiffe sein, die hier am Ausgang der Floridastraße auf feindliche Schiffe warteten. Pietro hatte ihre Postionen auf der Karte des Kapitäns verzeichnet gesehen. Vielleicht traute der Kapitän ihm keine derartige Schlussfolgerung zu, vielleicht schien ihm Pietro auch keine Gefahr zu sein, solange er an Bord seines Schiffes war, jedenfalls ließ er ihn alle Freiheiten, solange er seinen Dienst nachkam. Pietro mochte den Mann, der Aufgeklärt und ohne Hass zu sein schien. Dem Feind sogar Achtung und Respekt zollte wenn er diesen verdiente. Der englische Offizier dagegen blickte Pietro geringschätzig an, nahm ihn nur zur Kenntnis wenn er sich durch ihn belästigt fühlte. Seine Stellung an Bord des Schiffes schien von der Mannschaft umstritten zu sein, doch der Kapitän schien fiel von ihm zu halten und lies die Meinung des Engländers in den meisten Entscheidungen mit einfließen.

Pietro packte sorgfältig die Instrumente wieder ein, legte sie zurück in ihre Kästen und trat heraus an Deck um Diego zu suchen. Er wurde nur geduldet von der Mannschaft und mit Argwohn beobachtet. An Bord des Schiffes gab es auch zwei Kadetten, die Pietro alles andere als gewogen waren, neideten sie ihm doch die Gunst ihres Kommandanten. Manuel Damasio warnte den Schiffsjungen des Feindes schon an seinem ersten Tag an Bord der Fregatte, dass er auf îhn aufpassen werde. Er und der andere Kadett des Schiffes waren im gleichen Alter wie Pietro, hatten einflussreiche Familien und eine ihrem Stand entsprechende Bildung und Erziehung genossen. Pietro musterte den Jungen in der Kadettenuniform, der neben dem Steuermann am Ruder stand und aufmerksam seinen Erörterungen folgte. Pietro schwor sich den Beiden aus dem Weg zu gehen so gut es an Bord eines Kriegsschiffes eben möglich war.

„Pietro, komm zu mir mein Junge!“ Diego winkte ihm zu sich heran immer noch am Fuß des Großmastes gebettet. „Im Gegensatz zu dem Schiffsjungen hatte der spanische Seemann schon einige Freundschaften geschlossen, sang mit ihnen Lieder und spann sein Seemannsgarn mit ihnen. Seeleute hatten ein gemeinsames Los und so fanden sie auch wenn sie aus verschiedenen Nationen stammten, schnell zueinander. So war er es, der mittlerweile gut gelaunt, seinem Schicksal als Gefangener gar nicht mehr zu hadern schien. Er betastete den Arm des Jungen, erkundigte sich nach seinem Befinden und erzählte ihm von seinem Gespräch mit dem Kapitän des Schiffes. Dann zog er den Jungen näher an sich zu ran und flüsterte ihm eindringlich zu. „Mach Dir klar das Du Spanier bist mein Junge! Immer und immer wieder. Verrätst Du Dein Land, musst Du all das zurück lassen was Dir einst wichtig war.“ Pietro nickte. Entgegnete aber nichts. Diego zeigte dem Jungen eine Schnitzerei mit der er sich beschäftige, wenn man ihm auch nur ein sehr kurzes stumpfes Messer dafür gab, war er geschickt und die ersten Anzeichen einer Galeone erkennbar. „Wird das die Aurelia?“ Diego nickte. Wehmütig dachte er an ihr Schiff das noch vor wenigen Tagen in diesen Gewässern segelte. Jetzt gab es nicht einmal mehr ein Wrack von ihr auf dem Meeresgrund. „Wir halten zusammen Junge komme es was da wolle.“ Pietro nickte ihm freudig zu, setzte sich zu dem Freund und sah zu wie Diego dem Holz einen weiteren Span abrang.
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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 21:10

Einundfünfzigster Teil

DeCoster, kam mit einem stämmigen Soldaten zu meinem Hospizzelt rüber, bat mich auf ein Wort hinaus und stellte mir den Mann als ein Freund des Glatzkopfes vor. „Ich wurde von dem Mann gefragt wie es denn dem Patienten ginge, den wir heute Nacht am Fluss geborgen haben. Ich weiß nicht wie ich es in Worte fassen kann und bitte sie Pater um Eure Hilfe.“ DeCoster zwinkerte mir zu und ich wurde rot, forderte er mich ja regelrecht zur Lüge auf. Ich überlegte kurz, nahm den Soldaten der Infanterie zur Seite, legte ihm tröstend meine Hand auf die Schulter. Ich schüttelte mit dem Kopf als ich zu sprechen begann. „Leider werden Sie ihm nicht mehr helfen können. Wir haben ihn hier in das Sterbezelt gelegt damit er die verdiente Ruhe finden kann.“ Der Soldat seufzt, eher erleichtert statt voll Trauer, wollte das Wort ergreifen, als ich ihn ungeduldig unterbrach. „Nicht nur Euer Freund braucht meinen Beistand, wenn ihr wollt gebt der Schwester Euren Namen und die Einheit, wo man Euch finden kann. Sollte der Tod eintreten, gebe ich Euch Bescheid, damit ihr der Beerdigung beiwohnen könnt. So und nun bitte ich Euch, uns unsere Arbeit verrichten zu lassen, haben doch der Arzt und ich auch noch andere Schicksale, die unsere Hilfe benötigen.“ Der Mann nickte scheu und verließ das Lazarett mit eiligen Schritten. DeCoster stupste mir in die Seite. „Ihr habt Euch doch ganz geschickt aus der Affäre gezogen Pater. Habe ich Euch doch bei keiner Lüge erwischen können.“ Ich war zornig. „Trotzdem ist mein Verhalten nur schwer mit der Rolle, die ein Pater spielt zu vereinen. Ich würde Euch bitten in Zukunft selbst für Eure Interessen zu lügen.“ DeCoster nickte, lachte sich eins und ging wieder in sein Zelt. Er war noch keine zehn Schritte gegangen als er sich umwandte. „Übrigens habe ich gehört, dass wir das Lager in den nächstenTagen abbrechen werden. Die Situation scheint sich geändert zu haben und das Hauptquartier mit einer Schlacht zu rechnen. Wir werden also viel zu tun bekommen.“ Ich winkte ihm zu, faltete die Hände um kurz für die Sache Spaniens zu beten. Möge Gott Gnade walten lassen und nicht all zu viele Seelen zu sich rufen.

„Dürfte ich nach Ihren Namen fragen? Ich weiß ja nun, dass sie mit dem spanischen König verwandt sind, nicht aber wie ich sie ansprechen soll.“ Der junge Capitano, ein prachtvollen Andalusier reitend, lüftete seinen Hut. „Conde de Riveras, stark verkürzt. Würden ich mich ihnen mein Freund, mit allen meinen Titeln vorstellen, wären wir schon längst beim Feind angekommen, bevor ich geendet hätte. Tut mir den Gefallen und nennt mich Miguel. Das ist kürzer und meiner Meinung praktischer. Ihr habt den gleichen Rang wie ich, zumindest militärisch und geadelt wird man durch die Tat und nicht durch die Geburt.“ Tamfelder war verblüfft über diese Worte. „Das sehen leider nicht viele Männer ihres Standes so.“ Conde de Riveras lachte. „Deshalb verlieren auch viele Fürsten am Hofe, die Gunst des Königs. Doch wollen wir hier keine Politik diskutieren sondern eine Schlacht schlagen.“ Sie trieben beide also ihre Männer zur Eile an und trotz Müdigkeit und Hunger waren die Leute des spanischen Capitäns motiviert und eifrig. Ein guter Offizier keine Frage. Tamfelder schaute sich nach seinen Husaren um. Ausdruckslose Gesichter bei ihnen, die einen direkten Augenkontakt mit ihm zu scheuen schienen. Calva hatte das Gespräch an der Seite Tamfelders verfolgt, doch lies sein Gesicht es nicht zu, seine Gedanken zu verraten. Tamfelder nickte ihm zu, doch Calva erwiederte seine Geste nicht und richtete seinen Blick voraus. Trotzdem schien Tamfelder zu glauben was seinem Teniente durch den Kopf ging. Der Preuße würde sie alle opfern, seines eigenen Ruhmes Willens. Wie konnte er auch wissen das dieser Mann aus dem Norden so erzogen wurde, dass es kein Halten gab, kein Rückzug, kein Aufgeben. Der preußische Drill formte Maschinen, die einmal in Gang gesetzt nach vorn marschierten, ungeachtet der eigenen Angst. Es wurde langsam dunkel und zügig marschierte die Kolonne am Fluss entlang nach Westen. In der Ferne zeichneten sich die Häuser des Ortes ab, in dem Tamfelder zusammen mit dem Padre, ein paar Tage zuvor gerastet hatte. „Calva!“ Der Teniente ritt an ihn heran, salutierte und schaute ihn mit ungeduldigem Gesichtsausdruck an. „Reitet mit fünf Männern zu diesem Ort dort vorne! Vor ein paar Tagen war er leer, abgesehen von Dutzenden toten Zivilisten, wenn wir Glück haben ist das auch jetzt der Fall. Was gafft ihr so erstaunt? Eilt Euch, ich will schnellst möglich Eure Meldung!“ Calva nickte, rief ein paar Namen und schon galoppierten sechs Reiter davon, eine große Staubwolke hinter sich herziehend.

Ich las gerade im heiligen Buche, als Kiko seinen Kopf in mein Zelt steckte und um Einlass bat. „Komm nur herein mein Junge. Schön dass ich mich nicht länger um Dich Sorgen muss.“ Erstaunt hielt ich in meinen Worten inne, sah der Junge doch bleich, müde und vor allem traurig aus. „Na los Kiko! Was bedrückt Dich mein Junge? Ist es immer noch wegen der letzten Nacht? Es tut mir leid, dass Du so etwas sehen musstest.“ Kiko bat, sich auf einem der Feldstühle zu setzen, saß eine Weile so da und ich beschloss also zu warten, bis er von alleine reden wollte. Schon hatte ich wieder meine Bibel zu Hand, las ein paar Zeilen, dabei immer wieder zu dem Jungen hinüber schauend. „Darf ich Euch um einen Gefallen bitten Pater?“ Ich legte das Buch zur Seite und trat an den kleinen Trommlerjungen heran. Faste ihn an beide Schultern und nickte eindringlich. „Nach dem was Du schon alles geleistet hast, für mich und DeCoster, werde ich alles tun, was in meine Macht steht. Kiko schaute mich mit großen Augen an, erzählte mir von den Jungen Carlosm der den Burschen für eine Gruppe gemeiner Soldaten spielen musste. Auch dass in dieser Gruppe, der Mörder des Kahlköpfigen verkehrte und er sich gehofft hatte, über Carlos, mehr von ihm und den anderen Schurken zu erfahren. Nur glaubte er nicht, dass der Junge reden würde, solange er unter den direkten Einfluss der Männer stand. Ich unterbrach ihn. „Und nun soll ich ihn dort herausholen? Wie genau hast du dir das vorgestellt Kiko?“ Der Junge merkte, dass es mir ernst damit war, ihm und seinen Freund zu helfen. „Ihr könntet ihn dort abwerben und ihn hier im Lazarett beschäftigen. Ihr seid ein Geistlicher. Euch wird man den Wunsch nicht abschlagen können.“ Ich schüttelte den Kopf. „Erwarte von Mördern und Frauenschändern keine Gottesfurcht Kiko. Ich werde mit DeCoster sprechen, vielleicht weiß er einen Rat wie man den Jungen am Besten helfen könnte.“

Calva schickte einen Reiter zu Tamfelder zurück. Mit viel Glück hatten sie tatsächlich einige Posten der Portugiesen entdeckt und auch liquidieren können. Tamfelder konnte es nicht glauben das der Feind diesen Ort ohne starke Besatzung und Befestigung ließ. Besser für ihn und die Soldaten, die jetzt durch die verwinkelten Gassen des kleinen Dorfes marschierten. Immer noch lagen Leichen auf den Straßen halb verwest und bedeckt von tausenden von Fliegen. Gestank breitete sich aus und lies die Männer Tücher vor das Gesicht halten, um die Wirkung des Gestankes zu lindern. Sie waren noch etliche Meilen von den portugiesischen Lagern entfernt und so bleibt es nur zu hoffen, dass sie den Feind noch vor der Morgendämmerung erreichen konnten. Sie hatten den Ort nun passiert und marschierten einen Hohlweg entlang, der sich wie Tamfelder sich erinnerte einige hundert Fuss lang, in das Gelände schnitt. Der junge Capitano bat um eine Pause für seine Männer. "Sie sind den ganzen Tag unterwegs und einige schon vor Erschöpfung zusammen gebrochen. So werden sie nicht kämpfen können. „Eine kurze Rast muss ihnen reichen Miguel. Mehr würde unser Vorhaben zu sehr gefährden. Calva lassen sie die Männer rasten! Ach und lassen sie unsere Männer später marschieren und die schwächsten Soldaten des Conden auf ihre Pferde aufsitzen. Im Gegensatz zu ihnen haben sie den ganzen Tag Ruhe gehabt, sodass ihnen ein Spaziergang gut tun wird.“ Calva räusperte sich. „Das wird ihnen nicht gefallen Capitano.“ Tamfelder tat überrascht. „Vielleicht gefällt ihnen ja wenn ich ein paar von ihnen auspeitschen lassen, wenn sie ihnen gegenüber Ungehorsam zeigen Teniente! Sie haben hier Soldaten vor sich und keine Memmen, die Angst vor ein paar Blasen an ihren Sohlen haben.“ Murren machte sich unter den Husaren breit, als Calva die Befehle gab. Doch verstummten sie augenblicklich als Tamfelder durch ihre Reihen ritt. Die meisten Infanteristen fielen sofort erschöpft in einem tiefen Schlaf und auch etliche Husaren Tamfelders lagen sich zu Ruhe.
„Ich weiß nicht wie ich Ihnen danken soll?“ Der Conde gab Tamfelder seine Hand und schüttele sie eifrig. „Lasst gut sein, die Männer müssen noch kämpfen können, dass ist das Wichtigste.“ Tamfelder sah zu den Sternen hinauf, versuchte die Zeit zu schätzen die ihnen bis zur Dämmerung blieb und wartete so lange wie es ihm möglich schien, bies er den Aufbruch seiner Truppe befahl. So setzten sie ihren Weg fort und regelmäßig wechselten die Reiter auf den Pferden der Husaren. Sogar Hermes hatte einen müden Infanteristen auf dem Rücken, was die meisten Husaren wieder gütlich mit ihren Capitan zu stimmen schien. Nur Calva weigerte sich einen anderen Soldaten auf dem Rücken seines Pferdes aufsitzen zu lassen. Tamfelder beließ es dabei, wenn er auch merkte wie sein Teniente immer offener die Konfrontation mit ihm suchte.
Vier oder fünf Männer ritten eine halbe Meile voraus und rekognoszierten die Umgebung. Endlich meldete einer von ihnen die Wachfeuer des portugiesischen Lagers.

DeCoster hörte sich Kiko´s Wunsch an. „Nun ich weiß da jemand der mir noch einen Gefallen schuldig ist. Sie und ich Pater können heute nach dem Besuch eines von diesen Halunken, unmöglich hingehen und um den Jungen bitten, ohne den Argwohn dieser Männer zu erregen. Aber mir schuldet der Quartiermeister noch einen riesigen Gefallen, habe ich ihm doch erfolgreich die Hämorriden behandelt. Kiko lachte, während ich verlegen versuchte mich zu beherrschen. Jedenfalls können wir noch jede Menge Personal brauchen und auch dieser Carlos wird hier ein sicheres Auskommen finden. Kiko nickte dankbar. DeCoster und ich wechselten noch ein paar Worte mit dem Jungen, hießen ihn trinken und essen. Der Arzt wollte ihn zu den Schwester bringen. wo er nächtigen sollte, als ungewöhnlicher Lärm in das Innere des Zeltes drang. „Kommt heraus Pater, das solltet ihr Euch ansehen!“ Kompanien von Soldaten marschierten schweigend und ohne Musik runter zu der Furt des Flusses. Selbst die Offiziere schienen ihre Befehle zu flüstern waren doch alle damit beschäftigt die Reihen ihrer Soldaten entlang zu reiten und immer wieder ihre Kommandos zu wiederholen. DeCoster fragte einen Colonel was hier umso später Stunde gespielt werde. „Wir greifen die Portugiesen an.“ Überrascht von diesen Worten brauchten der Arzt und ich einige Sekunden bis wir uns sammel konnten. „Tja dann lasst die Leute wecken, wir werden noch einiges zu tun bekommen fürchte ich.“ Ich drehte mich zu dem Zelt hin, wo die Todgeweihten auf ihr Ableben warteten, wohl wissen dass es sich am nächsten Tag füllen wird. Trotzdem beschloss ich runter an die Furt zu gehen um die Vorbereitungen für die Schlacht zu verfolgen. DeCoster begleitete mich nicht, mußte er doch Vorbereitungen treffen, aber Kiko weigerte sich erfolgreich schlafen zu gehen und so durfte er mir Gesellschaft leisten. Fast fünfzig Kanonen reckten ihre langen Schlünde gegen die andere Flussseite. Während drei oder vier Batterien befestigte Stellungen hatten, standen jetzt die meisten der Geschütze auf freiem Feld, hatte man doch keine Zeit eine Stellung vorzubereiten. Selbst auf Schanzkörbe wie in solch einer Situation üblich, wurde verzichtet. Kanoniere brachten fluchend Munition zu den Stücken, wurden dabei aber immer wieder von Offizieren zur Ruhe ermahnt. Ein Meer von tausenden Soldaten wartete zweihundert Fuss entfernt vom Fluss auf den Angriff. Durch künstlich angelegte Büsche und Schilfballen vom Blick des Feindes geschützt, was mir unnötig zu sein schien wie ich glaubte, konnte man in der Dunkelheit vielleicht hundert Fuß weit sehen. „Kiko!“ Ein Korporal schlenderte von einer Batterie herüber, die ein Stück weit entfernt in Stellung gebracht wurde. „Du bist ja gar nicht bei Deinem Haufen Junge, was machst Du hier?“ Kiko stotterte verlegen von seinem Einsatz im Lazarett und stellte mich dem Mann vor. „Freut mich Pater, vor allem für den Jungen, der unser grausames Handwerk nun nicht mehr teilen muss.“ „Kommt rüber zu den Geschützen! Dort habt ihr einen besseren Überblick. Was bei der Dunkelheit allerdings nicht viel heißen will.“





Zweiundfünfzigster Teil

Fallo fühlte sich dreckig und unwohl. Alles um ihn herum schien sauber und gepflegt zu sein, ganz im Gegensatz zu den Resten seiner Uniform, die er an seinem verschwitzten Körper trug. Er wollte nicht lange sitzen bleiben, war unruhig, aber auch gleichzeitig müde. Rastlos ging er im Zimmer des Sekretärs auf und ab, bis sich endlich die Tür öffnete und ein Diener ihn bat ihm zu folgen. Das Kabinett des Gouverneurs war weit aus kleiner als jenes welches der Sekretär inne hatte, eine für Fallo schwer nachzuvollziehender Zustand, war es doch üblich sehr auf Etikette und Status zu achten.
Der Diener bat Fallo in einem der Sessel Platz zu nehmen und flüsterte ihm zu er möchte warten bis der Gouverneur das Wort an ihn richtete. So wartete Fallo also wieder und beobachtete den höhsten Würdenträger Havanna´s wie er die Feder über Dokumente führte. Es dauerte noch eine Weile bis er sie endlich zur Seite legte und Fallo seine Aufmerksamkeit schenkte. „Ich bitte sie um ihr Verständnis Leutnant! In der gegenwärtigen Lage, bleibt mir nichts anderes übrig, als schnellst möglichst zu handeln. Nun wir haben jetzt dreihundert Mann der Garnision nach Camaguey beordert, die Stadt scheint im Zentrum der Aufstände zu liegen. Leider habe ich nicht mehr Truppen zur Verfügung, möchte ich doch auch noch einen Angriff der Portugiesen auf Havanna begegnen können, sollte es denn dazu kommen.“ Der Gouverneur stand auf und ging zu einem Fenster, das in Richtung des Hafens lag. „Sie werden sich fragen, was ich von ihn möchte Leutnant. Nun ich habe drei Kriegsschiffe im Hafen, davon sind zwei kaum bemannt. Es reicht gerade dazu, die Schiffe seeklar zu halten. Ich biete ihnen eins davon als Kommando an, allerdings müssten sie selbst für die Besatzung sorgen.“ Fallo runzelte die Stirn. Was dem Gouverneur zu amüsieren schien. „Ich sehe den Unmut in ihrem Gesicht Leutnant, den ich verstehen kann, werden sie für die Heuer die wir unseren Mannschaften bieten wohl kaum jemand finden können. Geschweige denn ihrer Nation dienen wollen. Nun es ist ein Vorschlag, ihre Ehre wieder her zu stellen und sich an den Portugiesen für die Schande ihrer Niederlage zu rächen.“ Fallo wurde rot, wollte energisch den letzten Satz des Gouverneurs wiedersprechen. „Bleiben sie sitzen Leutnant! Bedenken sie wen sie vor sich haben!“ Der Gouverneur lächelte beschwichtigend. „Ich gebe ihnen fünfhundert Pesos aus meiner Privatschatulle, das wird ihnen zumindest zum werben einiger Männer reichen. Die anderen? Nun wir haben volle Gefängnisse, dort können sie sich bedienen wie sie wollen. Na was sagen sie?“ Fallo war das Ganze nicht geheuer. So sehr hatte er die Jahre von einem eigenen Schiff geträumt. Aber in der Marine Spaniens? Immer an der Kette von Offizieren, die berüchtigt waren für Vetternwirtschaft und Inkompetenz? „Was ist das für ein Schiff was ich führen soll?“ Der Gouverneur freute sich. „Ah es scheint so, dass sie sich für meinen Vorschlag erwärmen können. Das Schiff ist das Beste daran. Es handelt sich um eine Korvette mit 24 Kanonen. Es ist die El Cid, ein Name der zu ruhmreichen Taten verpflichten soll. Wir haben bewusst eine schwere Bewaffnung gewählt, soll sie doch auf der einen Seite Fregatten aussegeln können, auf der anderen Seite aber jedem anderen Schiff überlegen sein. Wir haben als Bewaffnung 18 pfündige Kanonen gewählt, eine Armierung die sogar einer schweren Fregatte Stolz machen würde. Leider haben wir nicht bedacht, dass wir dem entsprechend auch eine starke Besatzung benötigen, was die Ausdauer der El Cid auf einige Wochen beschränkt. Aber das sollte auch reichen für die meisten Ziele in der Karibik. Nun was sagen sie?“ Fallo überlegte kurz. „Wieviel Männer fehlen ihr.“ Der Gouverneur hüstelte etwas verlegen. „Nun eigentlich sollten hunderfünfzig Männer an Bord sein, davon können wir ihnen allerdings nur fünfundzwanzig unterstellen. Ich wünschte es wären mehr.“ Fallo wurde blass. „Leutnant! Sie haben es bis hierher geschafft und ich würde ihnen keinesfalls solch ein Kommando anvertrauen, wenn ich nicht glauben würde dass sie solch ein geringfügiges Problem nicht auch noch lösen könnten. Geben Sie sich einen Ruck! Ich sehe ein Nicken? Ja, Bravo! Sie werden es nicht bereuen Leutnant!“ Er schob dem etwas blassen Fallo ein Dokument hin. „Unterschreiben sie hier die Musterrolle. Sie werden sehen ihre Heuer ist nicht zu vergleichen mit derjenigen der Handelsmarine, doch dafür können sie Ehre und Ansehen gewinnen!“ Fallo unterschrieb, war ein eigenes Schiff doch zu verlockend für ihn. Doch die anfängliche Sympathie für den Gouverneur war hinfällig, fühlte er sich doch mehr als über den Tisch gezogen. „Ich würde Sie bitten, sich mit der Klarmeldung des Schiffes zu beeilen. Reichen ihnen zwei Wochen?“ Fallo schaute ihn ungläubig an. „Sie wissen dass ich mit einer unausgebildeten Besatzung noch so große Kanonen an Bord haben kann, sie werden nicht viel nützen. Ob wir es dann auch noch aus dem Hafen schaffen, ist eine ganz andere Frage. Gibt es denn Offiziere an Bord?“ Der Gouverneur blätterte in der Musterrolle ein wenig zu lange wie Fallo fand. „Sie können auf zwei Maate bauen, erfahrene Seemänner wie ich es hier entnehmen kann.“ Der Gouverneur schob den frischgebackenen Leutnant der königlich spanischen Marine aus der Tür. Winkte einen Diener heran, gab ihm einen Beutel und den Befehl sich um den Leutnant zu sorgen. „Nutzen Sie die Zeit Fallo! Ich zähle fest auf sie! Ich habe eine gute Menschenkenntnis und glaube an ihre Tüchtigkeit.“ Fallo verbeugte sich und ging mit dem Diener ab.

„Schiff in Sicht! Nordwest voraus!“ brüllte der Ausguck der Olymp. Diego schaute instinktiv in die ausgerufene Richtung. Seemänner eilten an die Backbordreling der Fregatte, ein Leutnant stieg in die Wanten und versuchte Einzelheiten der Sichtung mit einem Fernrohr auszumachen. Pietro wurde begleitet von zwei Seesoldaten, nach unten gebracht, was Diego verwirrte. Doch auch er wurde aus seinem Lager gehoben und von einigen Seeleuten in das Orlopdeck verfrachet, zusammen mit einem Seesoldat der ihn und Pietro bewachen sollte. Hier unten was es feucht und stickig, lag dieses Deck doch gleichauf mit der Wasserlinie, wenn nicht sogar darunter. Zwei Sturmlichter erhellten diesen Ort nur spärlich. „Jetzt schlachten sie ihr nächstes Hühnchen….“ Diego nahm diese Tatsache bestürzt zur Kenntnis. Der Seesoldat hieß sie schweigen, noch ehe Pietro auf die Worte Diego´s antworten konnte. Dumpf nahm er wahr, wie Kommando´s gebrüllt wurden, wie hunderte von Füsse über das Deck über ihnen trabten und man begann, sich an den Geschützen zu schaffen machen.
Über den beiden schien der Kommandant der Fregatte nur Augen für den potentiellen Gegner zu haben. Er segelte weiter südöstlich zum Feind und beschloss den Kurs nach Süden zu ändern, das gesichtete Schiff passieren zu lassen und dann nach Norden auf zu kreuzen. Er würde dann im Westen stehen und das gemeldete Schiff im Osten, sodas er alle Vorteile dann auf seiner Seite wußte. Noch stand die Sonne noch nicht an ihren Zenit und mit ein wenig Glück konnte man es erwischen. Männer stiegen in die Masten setzten mehr Segel und die Fregatte beschleunigte spürbar ihre Geschwindigkeit, neigt unter dem zusätzlichen Segeldruck stark nach steuerbord über. Der britische Offizier, wunderte sich über das weit ausgeholte Manöver des Kapitäns. „Warum haben sie nicht direkten Kurs auf das Schiff genommen? Wir hätten es doch bestimmt früher oder später erreicht.“ Kommandant Assis´s lächelte den Engländer zu. Weil es, wenn der Kommandant Verdacht geschöpft hätte, wir es bis zum Sonnenuntergang nicht eingeholt hätten. In der Nach wäre es uns wahrscheinlich dann entkommen. „Sie unterschätzen die Spanier und auch uns habe ich das Gefühl. Sie entstammen einer ruhmreichen Flotte mein Bester, aber das kann auch dazu verleiten seine Gegner und auch seine Verbündeten zu unterschätzen. Ich bin ein paar Jahre älter als sie, lassen sie sich einen Rat geben. Aroganz ist keine Stärke und macht einen blind und taub im Umgang mit seinen Gegner.“ Der Brite winkte ab und trat an die Reling, Assis schüttelte den Kopf und wandte sich wieder seinem Schiff zu. „Bin gespannt mit wem wir es zu tun bekommen.“


Endlich kamen auch Fallo´s Männer in die Herberge, wurden auf die Stube ihres Leutnants geführt, die trotz ärmlichen Inventars ein Paradies nach all den erlebten Strapazen darstellte. So hieß der Leutnant sie Plätze suchen, er wolle mit ihnen sprechen. „Ihr habt Euer äußerstes gegeben und glaubt nun an das Ende unserer Reise angelangt zu sein. Ich kann jedem von Euch, der mir nicht mehr folgen möchte ein Handgeld zahlen, dass mir Chilida als wir unser Schiff verließen, für Euch mitgegeben hat.“ Er schaute jeden von ihnen aufmerksam an. „Die Alternative wäre bei mir zu bleiben und ein neues Schiff zu bemannen.“ Die Männer konnten es kaum glauben. Man war noch kein Tag in der Stadt und ihr Leutnant hatte ein eigenes Kommando? Fernando war es, der glaubte einen Haken an der Sache zu spüren. „Ich habe das Kommando über die El Cid übernommen eine Korvette der königlich spanischen Marine. Jeder von Euch der mir folgen möchte muss sich in die Musterrolle des Schiffes eintragen, was das heißt wisst ihr alle!“ Enttäuschung war in den Gesichtern der Männer zu lesen. Ein Eintrag in die Musterrolle hieß sich auf zehn Jahre Dienst zu verpflichten. Den Launen des Kapitäns und der Offiziere augesetzt zu sein, die über ihr Leben entscheiden konnten wie auch über ihren Tod. Fallo war enttäuscht über die Männer, hatte sich doch keiner von ihnen sofort für ihn entschieden. „Überlegt es Euch bis morgen! Ich habe eine Kammer gemietet für diese Nacht und morgen können diejenigen eigenen Wege gehen, die sich gegen meinen Vorschlag entscheiden.“ Er nickte jeden von ihnen zu und bat sie dann den Raum zu verlassen. Fernando der sich von seiner Vergiftung im Urwald einigermaßen erholt hatte, bat kurz ein Wort an den Leutnant richten zu dürfen. „Nehmt es ihnen nicht übel Herr, sie wissen was die Flotte für ein Mann bedeuten kann. Es gab etliche Männer, die sich lieber in die Hölle gewünscht hätten.“ Fallo nickte dem Seemann zu. „Ich weiß, und werde sie nicht am gehen hindern. Sag es ihnen noch einmal.“ Der Mann nickte ihm zu und schloss die Tür, als er den Raum verließ. Worauf hatte er sich da nur eingelassen. Er legte sich auf das eiserne Bettgestell, das mit einer durchgelegenen Matratze alles andere als bequem zu sein schien. „Kommt Zeit, folgt Rat.“





Dreiundfünfzigster Teil


Langsam führte Tamfelder seine Husaren in die Nähe des Lagers. Soldaten waren an den Wachfeuern zu sehen, hin und wieder hörte man von ihnen Wortfetzen herüber wehen. Der Conde teilte seine Männer in zwei getrennt von einander stehenden Linien ein, um den Feind somit eine größere Anzahl von Soldaten vor zu gaukeln. Tamfelder hat mit mit ihm ausgemacht, dass seine Infanteristen ihm die Zeit verschaffen sollten, die er benötigte, um die Sicherung am Fluss so lange zu attackieren, bis die ersten Soldaten der spanischen Armee die Furt überquert hatten und ihm und den Conde Verstärkung brachten. Einen großartigeren Plan hatte er nicht, aber jede Kanone die von den Portugiesen auf den Fluss gerichtet worden ist und die er und seine Husaren vernageln konnten, war ein kleiner Gewinn und würde dutzenden von spanischen Soldaten das Überleben sichern. Er wünschte sich jetzt Jimenez an seiner Seite, hoffentlich hat er dem König von ihrem Vorhaben Nachricht bringen können und der Monarch die Notwendigkeit erkannt, die Portugiesen anzugreifen. Langsam ließ er seine Husaren Aufstellung nehmen. Pferde wieherten, Säbel klirrten, die Männer schauten nervös auf die vielen Zelte des feindlichen Lagers. Tamfelder lüftete den Hut, brüllte seinen Angriffsbefehl und seine zweihunderfünfzig Reiter trabten an, immer schneller und schneller dabei werdend. Vornübergebeugt mit gezogenem Säbel galoppierten sie auf die Stellungen der Portugiesen am Fluss zu. Tamfelder hatte noch fünfhundert Fuss bis zu seinem Ziel, so sah er sich kurz nach links um wo die Infanterie des Conden ihre erste Salve löste. Schreie wurden im Lager der Portugiesen laut, Männer stürzten aus den Zelten, vereinzelt schossen die Wachen an den Feuern zurück. Die Husaren brüllten, vor Wut, ihre Pferde wie durchgegangen, stürzten den Feind entgegen, sprangen über Gräben trampelten Wachen nieder, während die Reiter ihre krummen Säbel fliegen ließen, sie in Leiber schlugen, Tod und Verderben über den völlig überraschten Gegner brachten. Tamfelder selbst, schwang sich von seinem Pferd, gefolgt von zwei weiteren Männern, rannte auf eine Batterie Kanonen zu und ließ Nägel in ihre Zündlöcher fallen, die von einem der Männer mit einem Hammer fest in das Zündloch hinein getrieben wurden. Zwei Kanoniere stürzten auf sie zu, einer von ihnen schwang einen Wischer über seinen Kopf wie eine Keule, doch Tamfelder schlug ihm seinen Säbel in den Hals, worauf der Feind mit gurgelnden Laut zusammen brach. Der zweite jedoch legte seine Muskete an und in dem Augenblick wo er seinen Schuss auf Tamfelder lösen wollte, stürzte sich einer seiner Husaren aus vollem Ritt auf den Feind, warf ihn um und rammte ein Messer in dessen Brust. Tamfelder schwang sich auf sein Pferd und ritt zu einer anderen Batterie, um auch dort die Bedienung auszuschalten und weitere Geschütze unbrauchbar zu machen. Überall tauchten nun Portugiesen auf und langsam organisierte sich ihr Wiederstand. Ein Blick zum Fluss, doch noch war nichts von Verstärkungen zu bemerken. „Calva! Calva! Tamfelder brüllte nach seinem Leutnant doch war dieser nirgendwo zu sehen.

Auch der Conde geriet nun zunehmend in Bedrängnis. Seine Soldaten hatten eine heillose Verwirrung ausgelöst und rückten langsam auf das Lager vor, immer wieder eine Salve auf die verwirrten Soldaten des Gegners feuernd. Der Conde sah einen Offizier der Portugiesen, wie er seine Männer anfeuerte und die sich unter seinem Kommando zum Wiederstand formierten. Sogar zwei Geschütze wurden geladen, während immer mehr Feinde sich von ihrem ersten Schreck erholten. Der Conde wusste dass es nun nicht mehr lange dauern würde, bis der Feind ihre wahre Stärke erkennen würde. Er hörte Geschrei und Schüsse vom Fluss her, wo die Husaren das Ufer frei kämpften, und etliche portugiesische Soldaten sich zur Flucht wanden, gefolgt von Tamfelder´s Reitern. „Machen wir es Tamfelder gleich! Angriff Männer! Gebt es ihnen!“ Die Infanteristen stürmten mit aufgepflanztem Bajonett auf die Portugiesen ein, die jedoch eine Salve lösten, was den Angriff der spanischen Fußsoldaten bremste und etwas von seiner Wucht nahm. Männer sackten zusammen, brüllten getroffen auf, oder wurden zur Seite gewirbelt. Pulverdampf breitete sich aus und schon war man an dem Feind. Krachen schlugen Musketenläufe aufeinander, bohrten sich Bajonette in Menschenfleisch, hackten Säbel sich in die Körper des Gegners. Der Conde schrie auf, als ein Portugiese ihm sein Seitengewehr in den Oberschenkel stach, hieb nach ihm mit seinem Säbel, doch traf er nicht und so brach er voller Schmerz zusammen. Zwei seiner Männer zogen ihn zur Seite und nun waren es die Spanier die Verwirrung zeigten, durch den Verlust ihres Kommandanten. Auch die zweite Linie war im Nahkampf, hielt stand, aber mittlerweile kam die Übermacht des Gegners zum tragen und Massen seiner Soldaten überflügelten die Linien des Conden.

„Es scheint los zu gehen.“ Der Korporal zeigte über den Fluss wo man Lichtblitze sehen konnte und kurz darauf hörte, wie Musketensalven krachten. Die Infanterie machte sich fertig und ihre Offiziere brüllten Befehle. Ich hielt Kiko fest, der schon zum Lazarett eilen wollte, um den Angriff mit seiner Trommel zu begleiten. Ich musste mit Gewalt seinen Kopf drehen, damit er mir ins Gesicht schaute. „Wir brauchen Dich Kiko! Lass uns jetzt nicht allein!“ Der Junge nickte, gab sich mit meiner Bitte aber nur sehr ungern zufrieden. „Warum schießt ihr nicht Korporal?“ wandte ich mich an den Artilleristen. Der Mann zuckte mit seinen Schultern. „Wir können nichts ausmachen, die Gefahr wäre groß, dass wir nicht nur den Feind schädigen. Der Kampfeslärm stieg an und immer heller zuckten Blitze und quoll weißer Qualm über dem anderen Ufer auf, spiegelte sich im Wasser des Flusses was die Wirkung dieser Effekte noch steigerte. Jetzt marschierten die ersten Infanteriekolonnen zum Ufer, stiegen in das kühle Wasser und bahnten sich mühsam ihren Weg an die andere Seite des Flusses. Trommeln schlugen, Pfeifen gelten und als ob ein zweiter Fluss an dieser Stelle in den Guardiana münden würde, breiteten sich tausende Soldaten aus, um ihn zu überqueren. Ich war von diesem Anblick begeistert und schon hatten die ersten Männer die Flussmitte erreicht. Noch immer löste sich kein Schuss vom Ufer. Viel weiter im Landesinnere wurde gekämpft und alles schien jetzt darauf hin zu deuten das es die spanische Armee hinüber schaffen würde.

Tamfelder und seine Männer hatten die Wachmanschaft am Ufer niedergemacht und sind bei der Verfolgung des fliehenden Restes, tief in das Lager eingedrungen. Doch fand ihr Sturmritt nun ein Ende und sein Ziel, bis zu den Infanteristen des Conde durchzubrechen misslang. Bestürzt stellte er fest, dass die Portugiesen nun Karrees formierten um den Reitern zu begegnen. Immer mehr gewannen die feindlichen Soldaten nun die Übermacht, immer mehr Husaren vielen getroffen von ihren Pferden. War es bis jetzt nur Infanterie gewesen, mit der sie es zu tun bekamen, drangen jetzt auch noch feindliche Dragoner auf sie ein und schlugen die ersten Husaren nieder. Wenn jetzt Keine Verstärkung kam, war es aus mit ihnen. Hermes bäumte sich auf, als ein Infanterist schreiend mit seinem Bajonett angestürmt kam. Das Pferd schlug mit seinen Hufen aus, traf den Feindsoldaten an der Brust und warf ihn um. Tamfelder schlug mit seinem Säbel um sich, als Dragoner auf ihn eindrangen und er merkte wie sein Pferd stürzte und dann unter ihm zusammenbrach. Nur mit Mühe konnte sich der Capitano aus dem Steigbügel lösen und von seinem fallenden Pferd springen. Hermes kam nicht mehr auf seine Hufe und feindliche Soldaten umgingen den Körper seines Pferdes, das im Todeskampf sich verzweifelt versuchte aufzurichten. Tamfelder schrie, stürzte sich auf die Gegner, hackte mit seinen Säbel einen von ihnen nieder, stach den zweiten die Klinge in den Unterleib, presste sein Bein auf dessen Körper, um die Klinge der Waffe aus dem Leib des Feindes zu ziehen. Ein Dragoner hieb mit seinem Krumsäbel nach ihm und nur mit Glück konnte er den Schlag rechtzeitig parieren. Doch der Gegner war ein guter Fechter und griff energisch den zu Fuß kämpfenden Capitan an. Tamfelders Husaren wehrten sich verzweifel, als immer mehr Feinde sie umringten und einschlossen. Viele von ihnen kämpften wie Tamfelder nun zu Fuss, weil ihre Pferde wie sein eigenes verletzt oder getötet worden sind. Hier und da schoss die Infanterie des Gegners einen seiner Husaren nieder, von allen Seiten stürmten Portugiesen mit Bajonetten und kurzen Säbel auf Tamfelders Reiter ein, Dragoner schossen aus ihren Karabinern und der Rest von vielleicht fünfzig spanischen Reitern scharrte sich um ihren Anfrührer. „Haltet stand Männer! Zeigen wir ihnen das wir zu Sterben verstehen. Macht sie nieder! Tamfelder blutete aus vielen Wunden, doch war sein Kampfeseifer ungehemmt. Immer wieder parierte er die Attacken des Dragoner´s, hieb dann mit dem Säbel nach den Beinen des Pferdes, so dass es sich panisch aufbäumte, auf seinen Rücken fiel und seinen Reiter unter sich begrub. Verzweifelt richtete es sich wieder auf und trampelte panisch die miteinander kämpfenden Soldaten nieder, als es versuchte aus diesem Chaos zu entkommen.

Auch der Conde wurde umzingelt, lies ein Karree bilden und kämpfte nur noch mit seinen Männern, um den Feind den größten möglichen Schaden zuzufügen, bis der letzte von seinen Männern getötet worden war. Seine Soldaten lagerten ihn in der Mitte, wo er sie anfeuerte so gut er konnte, ihnen Mut zusprach und hoffte dass ihr Opfer nicht umsonst gewesen ist. Mit Freude stellte er fest, dass seine zweite Gruppe ihm zur Hilfe kam, sich durch die Reihen des Gegners gekämpft hatte, doch was würde das ändern? Es würde den Kampf in die Länge ziehen, aber am Ausgang nichts ändern. Nun sie hatten es versucht und waren daran gescheitert.

„Seht sie schaffen es, sie sind am anderen Ufer.“ Ich brüllte es voller Freude und auch die Kanoniere stimmten ein Vivat auf die Kameraden an, die nun das Hindernis überwunden hatten. Immer mehr Soldaten überquerten den Guardiana und schon war das erste Regiment über die Furt, formierte sich und gab den nachfolgenden Truppen Deckung. Der Angriff war ein voller Erfolg wie es schien und nachdem sich immer mehr Truppen auf dem Südufer des Flusses sammelten, befahl der König den Angriff auf den Feind. Nun würde man sich rächen für den Überfall auf die Heimat und den Spieß umdrehen. Mit klingendem Spiel marschierte das erste Treffen, bestehend aus sechs Infanterieregimentern in Richtung des feindlichen Lagers, auf keinen nennenswerten Wiederstand dabei stoßend. „Seht sie kommen!“ brüllte einer der Soldaten. Der Feind hatte nun auch diese Gefahr erkannt und formierte sich um. Es wurde immer noch gekämpft im Lager des portugiesischen Gegners und Schüsse halten herüber, wo die eigenen Truppen, die den Kampf begonnen hatten, anscheinend in arge Bedrängnis gekommen sind. Ein General formierte die Spanier zum Sturmangriff, tausende von Männern pflanzten Bajonette auf und rannten gegen den Feind an, der jetzt langsam zur Schlachtlinie aufmarschierte.





Vierundfünfzigster Teil
Fallo hatte eine anstrengende Nacht verbracht. Die Luft, heiß und stickig, war er nicht mehr gewöhnt, nach den dielen Übernachtungen unter dem freien Himmel. Dazu war die Aufregung ein eigenes Kommando zu führen, für ihn ein Wendepunkt in seinem Leben, der völlig überraschend kam. Er freute sich auf den Moment wo er sein Schiff zum ersten Mal sah, doch war er sich sicher, dass noch viele Probleme auf eine Lösung warten würden, bis sie das erste Mal in die See stechen konnten.
„Sind sie wach Herr Leutnant?“ Fernando klopfte zaghaft an die Tür der Kammer. „Komm rein!“ Fallo war gerade dabei, das stark mitgenommene Hemd über seinen Körper zu ziehen, dass er im Laufe des Tages würde unbedingt ersetzen müssen. Fernando drückte sich an der Tür herum, was Fallo zeigte, dass eine Entscheidung der Männer gefallen war und dass sie nicht zu seinen Gunsten ausgegangen war. Müde der Probleme, schaute er den Matrosen, ruhig und gelassen an. „Komm schon! Raus mit der Sprache! Ihr wollt Euer Handgeld haben und Euren Abschied nehmen stimmt es?“ Fernando schüttelte seinen Kopf und ließ dabei seine zotteligen, verfilzten Haare fliegen. „Gar so schlimm ist es nicht Herr. Drei von uns wollen bei Euch bleiben. Der Rest möchte das Handgeld haben, gibt es bitte mir, sie schämen sich und wollen Euch nicht vor die Augen treten.“ Fallo nickte und ging rüber zu einem Stuhl, über dessen Lehne die Uniformjacke der Aurelia hing. „Du willst also bei mir bleiben Fernando?“ Der Mann war überrascht. „Aber woher wisst ihr?“ Der Leutnant lächelte. Sie hätten wohl kaum jemanden geschickt, der mich verlassen wollte. „Paolo und Sanchez bleiben auch, wir sind dicke Freunde geworden und werden mit ihnen zusammen das Kind schon schaukeln.“ „Danke, Seemann!“ Fallo nahm seine Hand, schüttelte sie und legte dann einen Geldbeutel hinein. „Bitte einen von ihnen, den Bootsmann und Ohini zu holen. Sie werden sich uns anschließen, dessen bin ich mir sicher.“ Fernando wollte zur Tür hinaustreten, als der Leutnant ihn anrief. „Auf einen Moment noch! Ich werde einige Sachen hier in der Stadt besorgen, nimm die anderen zwei und begebe Dich an Bord der ElCid! Ich werde so schnell ich kann folgen.“ Der Seeman verschwand und Fallo packte das wenige ein was ihm von der Flucht verblieben war.

Pietro und Diego hockten nun Stunde um Stunde im Orlopdeck des Schiffes, die Seesoldaten hatten schon zwei Mal ihre Wache gewechselt und auch jetzt stieg einer von ihnen die Stiege runter um seinen Kameraden abzulösen. Ein paar Worte und sie waren wieder mit ihrem neuen Bewacher allein. „Habt ihr ihn nicht schnappen können?“ Der Seesoldat schaute sie gelangweilt an, antwortete aber nicht. Diego ließ nicht locker. „Ist die Nacht schon rum? Du schaust nicht gerade ausgeschlafen aus.“ Pietro grinste über Diego´s Anspielung, doch der Seemann ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und stand auf den Lauf seines Gewehres gestützt da und lies seine Augen nicht von ihnen. „Viel ist ja nicht mit diesen Teufeln los, aber egal Pietro, müssen wir halt Geduld haben, bis wir etwas Neues erfahren.“ So warteten sie und warteten sie, Langeweile hieß sie immer wieder nach Gesprächen suchen, aber es gab nichts mehr was der eine nicht vom anderen schon gewusst hätte. Endlich kam wieder jemand von oben herunter und tatsächlich, es war einer der Kadetten die Pietro nicht gerade gewogen waren. „Ich soll Euch etwas zu essen bringen. Zwei Holzteller mit Salzfleisch schlitterten auf dem Boden zu ihnen hin, zusammen mit einem Krug faulig riechendem Wasser, das Einzige was man ihnen zugestand. „Was gibt es Neues oben Herr Kadett? Konnte man den Gegner schon habhaft werden?“ Der Junge schüttelte seinen Kopf. „Nein und nun esst, es wird Euch sicher nicht schmecken!“ Er grinste unverschämt und verschwand wieder. „Lass es Dir nicht madig machen, viel schlechter als bei uns an Bord ist es hier auch nicht.“ Pietro nickte und kaute schon auf dem zähen Fleischfetzen.“
Nun wie sieht es aus Kommandant? Ist Euer famoser Plan aufgegangen? Der Brite lächelte seinen formell vorgesetzten Offizier unverschämt ins Gesicht. Der Portugiese gähnte, streckte sich, schaute herablassend auf den Verbündeten und nickte. Natürlich ist er das, wenn wir auch noch ungefähr eine Stunde brauchen werden, bis wir das Schiff wieder sichten. Der Brite grinste. „Und was macht sie so sicher?“ „Ich werde ihnen den Vorgang gerne noch einmal erläutern, sagen Sie Bescheid, wenn ich ihnen zu schnell bin!“ Der britische Offizier wurde rot, verkniff sich aber eine Entgegnung. „Nachdem wir gestern den Kurs gewechselt hatten und das Schiff uns passierte, warteten wir noch bis zum Einbruch der Dunkelheit, bis wir zur Verfolgung nach Osten gewendet haben. Wir halten jetzt genau denselben Kurs wie das gestern gesichtete Schiff und auf der Karte gibt es keinerlei Grund warum er diesen ändern solle. Kein Riff, kein Schiff….“ Er schaute kurz in den Himmel. „kein Sturm. Wir sind unter vollen Segeln zwei bis drei Knoten schneller als er, schien er doch schwer beladen zu sein. Und nun…“ er zeigte auf den Horizont vor ihnen, müsste unser Freund von gestern wieder dort ungefähr auftauchen.“ „Schiff gesichtet! Direkt voraus!“ Der Ausguck schrie es wie zur Bestätigung aus dem Mast herunter, als ob er dem Gespräch gelauscht hätte. Assiz lächelte seinen Verbündeten an. „Sehen Sie mein Bester ich habe recht, wenn ich auch bitte, die kleine Abweichung, was die Zeit betrifft, zu entschuldigen.“ Der Engländer nickte ungläubig und stieg runter auf das Hauptdeck, den Ort seiner Dehmütigung so weit es nur ging hinter sich lassend. Der erste Offizier, trat an seinen Kapitän heran. „Was hat er denn?“ Assiz lachte. „Na auf jeden Fall ist er überrascht darüber, dass wir auch ohne ihn, den einen oder anderen Erflog erringen können. Aber tummelt Euch Leutnant und klariert die Segel, flattern einige doch mächtig. Den unser Fisch, der ist noch nicht am Haken!“

Der Markt von Havanna, ist ein belebter Ort und selbst so früh am Morgen tummelten sich Kaufleute, Gesindel, Arbeiter und Mägde um ihrer Arbeit nach zu gehen. Waren wurden ausgerufen, aufgebaut, verladen, Stände errichtet, Fuhrwerke bahnten sich ihren Weg…. . Wieder wurde Fallo von einem vorüber eilenden Passanten angerempelt, ihm war dies Gedränge äußerst zuwider. Ein Griff nach seinen Beutel und er war erleichtert, hing er doch noch an seinen Gürtel. Er trat an einen Stand mit Eisenwaren und Waffen heran, wo ein Kaufmann lauthals die Güte seiner Waren besang und dabei in die Menge brüllte. Fallo zog ihm am Rock und nur ungern schenkte ihm der Krämer seine Aufmerksamkeit. „Wollt ihr etwas kaufen?“ Fallo schüttelte seinen Kopf? „Dann haltet mich nicht weiter auf. Waaaffeeennn, beste Qualitäääät! Seht Euch meine Waren an Leute! Kauuuuufff!“ Fallo ließ nicht locker und zog den Mann energisch von seinem Podest, auf dem der Händler gestanden hatte. „Sagt wo finde ich Hemden und Röcke? Ein paar Schuhe könnte ich auch brauchen.“ Der Mann wollte Fallo weg stoßen, aber es misslang ihm. „Nun geht rüber an das andere Ende, dort findet ihr einen Schneider! Ein Degen würde Euch aber auch gut stehen, scheint mir doch der Säbel eine zu klobige Waffe für Euch zu sein.“ Fallo ließ den Mann los. „Danke, ich brauche nur eine neue Garderobe.“ Verächtlich stieg der Kaufmann wieder auf seine Kiste. „Dann belästigt einen rechtschaffenden Mann nicht weiter, Herr! Kauft Leute! Werkzeuge, Waffen, Geräte aller Art!“
Endlich konnte sich Fallo aus dem Gedränge lösen, fand den Laden schließlich und ging hinein. „Hallo ist jemand da?“ Eine Frau kam hinten aus dem Lager, die Hände voller Stoffballen. Sie war vielleicht um die 20 Jahre alt, hatte große runde Augen, eine liebliches Gesicht, gekrönt von einer Mähne roter Haare. „Guten Morgen! Wie kann ich ihnen helfen Herr?“ Fallo deutete eine Verbeugung an, bat den Eigentümer des Ladens zu sprechen. „Mein Onkel ist auf dem Land, er wird erst an einem der nächsten Tage wieder hier sein. Kann ich etwas ausrichten?“ Fallo schaute sich die Muster an, teils an Puppen ausgestellt oder an der Wand exponiert. „Ich würde gerne ein paar Hemden erwerben, diese hier wären nach meinem Geschmack. Auch eine Uniform werde ich brauchen.“ Die junge Frau trat an ihn heran, umkreiste ihn langsam, den Blick der Kennerin im Gesicht. „Ich würde ihnen diese hier empfehlen. Der Stoff ist wesentlich besser und luftiger, zum gleichen Preis. Was für eine Uniform werden sie tragen?“ Sie zeigte ihm ihren Vorschlag und er nickte. Ich bin Leutnant der Marine und werde ein Schiff kommandieren.“ „ Gut ich glaube wir haben ein Musterbuch für solche Fälle, ich werde es holen, einen Moment lieber Herr!“ Fallo lächelte. Ein bezauberndes Mädchen, nicht so stolz und herrlich wie die Herrin DeSatera, aber keck und lebensfroh. Er hatte noch nie für längere Zeit eine Frau gehabt. Passt auch nicht zu einem Seemann. Sie würde wohl kaum die Einsamkeit ertragen, wenn er auf See war. Endlich kam sie wieder, ein großes, in schwarzem Leder eingebundenes Buch in ihren Händen haltend. Fallo sprang ihr bei, nahm es ab und legte es auf ein Pult, was für solche Zwecke in der Mitte des Raumes stand. Während sie blätterte, besah er sie sich insgeheim, nicht mehr Herr über seine Triebe. Ein einladendes Dekolte, enge Hüften und ein ansehnliches Becken zierten sie sehr. „Darf ich fragen ob sie allein den Laden führen, während ihr Onkel auf Reisen ist?“ Sie sah vom Buch auf und musterte ihn eindringlich. „Ich habe noch zwei Angestellte. Warum interessiert sie das?“ Fallo räusperte sich etwas verlegen. „Nun ich bin noch nicht oft in Havanna gewesen, vielleicht könnten sie zu einer freien Stunde mir einmal die Stadt zeigen?“ Ihr Blick blieb, wider seinen Erwartungen ausdruckslos. „Es wird mir leider nicht möglich sein. Können wir uns wieder ihrer Gaderobe widmen?“ Fallo war verlegen, stimmte zu und unterließ weitere Versuche ihr nahe zu kommen. „Wie lange werden sie für diese Uniform benötigen?“ Sie schaute auf den Rock den er ihr zeigte und kalkulierte. „Ich denke bis Ende der Woche können sie zur Anprobe kommen, sollten keine größeren Änderungen von Nöten sein, werden wir am Anfang der nächsten Woche fertig sein.“ Fallo verbeugte sich. „Kann ich ein paar Hemden und Hosen gleich mitnehmen, wie sie sehen ist meine Kleidung in einen jämmerlichen Zustand.“ Sie lachte nicht gerade dezent, was seine Verlegenheit steigerte. „Da haben sie recht, Herr Leutnant, schauen wir mal was ich für sie habe.“ Trotz der reizenden Frau, war Fallo froh nun einigermaßen ausstaffiert, den Laden des Schneiders verlassen zu können, hatte er doch bei dessen Nichte eine ziemliche Niederlage einstecken müssen. Sie war ihm beim Ausmessen noch einmal sehr nahe gekommen, ohne ihre Reize dabei zu verstecken. Noch ein Blick zurück auf das Haus des Handwerkers werfend und er war sich sicher, er würde es noch einmal bei ihr wagen.

Diego fuhr erschrocken hoch. Kanonendonner hämmerte sich in seinen Kopf. Er und Pietro hatten sich zur Ruhe gelegt, des ewigen Wartens leid. Pietro schon wach, lauschte gespannt. Entfernt nahm man war, wie Befehle gebrüllt wurden und die Kanonen wieder gefechtsbereit gemacht wurden. „Jetzt haben sie ihn doch noch erwischt. Gott möge sie für ihre Frechheiten bestrafen, wenn es schon unsere Flotte nicht vermag.“ Pietro nickte zur Bestätigung. Warte ab Diego, am Anfang ist der Angreifer immer in der besseren Lage, aber das Glück kann sich auch wenden.“
„Na endlich! Er zeigt Flagge.“ Assis zog sein Fernrohr auseinander und besah sich den Dreimaster näher. Es schien ein schwerer Kauffahrer zu sein. Der Brite neben ihm tat es ihm gleich. „Ein Holländer, habt ihr da gejagt!“ Ein weiterer Schuss aus den Buggeschützen der Fregatte und das andere Schiff, hisste seine Segel und verlangsamte dadurch deutlich seine Fahrt. „Schickt trotzdem Boote, wer weiß ob er uns nicht täuschen will. Nun er dreht bei. Lasst es uns ihm gleich machen. Die Männer bleiben aber an den Kanonen, wir wollen uns nicht zum Narren halten lassen. Die Spanier sind gewitzt, wie es uns die Galeone bewiesen hat.“ „Nun ich denke dass dieses Schiff eine Ausnahme gewesen ist. Es schien ja schon fast wie ein Kriegsschiff geführt worden zu sein.“ Assis sah den Engländer geringschätzig an. Ihm war aber ein Wort der Erwiederung zu Schade für den Kerl.
Es dauerte eine Zeit, bis die zwei entsendeten Boote, wieder die Fregatte erreichten. Das beide zurückgekehrt waren, hieß also das man bei dem Holländer weder Konterbande finden konnte noch Spanier. Assis sah wie der junge dritte Leutnant, die Bordwand mit Hilfe einer Jakobsleiter aufenterte, während die Bootsmänner die Beiboote wieder über einen Kranbalken an Bord hieven ließ. Sofort machte er Assiz Meldung und der Kommandant sah im Gesicht des jungen Offiziers das dieser Neuigkeiten besaß.


„Nun geht doch bitte auseinander ihr Herren! Was soll ich denn noch sagen?“ Der Hafenmeister war ein geduldiger Mann, doch eine große Meute aus Kaufleuten und Reedern, sowie Kommandanten der im Hafen liegenden Schiffe drangen weiter auf ihn ein. Nur mit Mühe konnten einige Soldaten der Stadtgarnision die Ordnung wahren und drängten die Meute vor der Hafenkommandantur mit ihren Musketen ab, diese dabei längsseits wieder und wieder vor sich her stoßend. Fallo war also wieder im Gedränge und versuchte sich von der Unrast der Männer um ihn herum nicht anstecken zu lassen. Der Hafenmeister verschwand wieder in dem großen Haus, in der auch Zoll und Hafenwache untergebracht waren, sodass die Männer ihren Zorn nicht mehr an ihm entladen konnten. Einige warfen Steine durch die Fenster, was die Soldaten dazu veranlasste Warnschüsse in die Luft zu geben. Endlich gaben die Zivilisten auf und die Menge verlief sich langsam lauthals dabei über die Sperrung des Hafens fluchend. Fallo´s sah die an der Hafeneinfahrt gelegenen Festungen Castillo del Morro und Castillo de la Fuerza, die als uneinnehmbar galten. Sie waren mit schweren Kanonen bestückt, die es mit jedem auf See befindlichen Schiff aufnehmen und es versenken konnten. Sie waren aber auch zum Lande hin gut geschützt und würden auch hier Angreifern entsprechend begegnen können. Fallo erinnerte sich an die vielen Piratenüberfälle auf spanischen Siedlungen. Die meisten wurden vom Lande her geführt, kamen sie doch hier für die Stadtbewohner überraschender und gaben ihnen doch das Land mehr Möglichkeiten zur Deckung. Nun ward es ruhiger vor dem klobigen, schweren und zwei Stockwerke empor ragenden Gebäude. Die Soldaten, froh wieder ihren Dienst in Ruhe verrichten zu können, patroulierten vor den Eingängen des Gebäudes. Fallo bat einen von ihnen, mit dem Hafenmeister sprechen zu dürfen. „Nun lasst mich schon rein, ich habe ein Schiff zu übernehmen.“ Die Soldaten blieben hart und fast hätte der Leutnant der aufgebrachten Menge folgen müssen, als er die Rufe von Fernando, Paolo und Sanchez vernahm. Sie kamen aus dem Gebäude und umringten Fallo in heller Aufregung. „Habt ihr schon Euer Schiff gesehen Herr Leutnant?“ Fernando war voller Freude. „Ein stolzer Kämpfer, fast so groß wie eine Fregatte.“ Die Soldaten nun überzeugt davon dass der Mann vor ihnen die Wahrheit sprach, hieß ihn eintreten und einer von ihnen geleitete die kleine Truppe aus Seeleuten zu dem Hafenmeister. Hinter einem Stapel Papieren verborgen, kaum zu erkennen, wollte er schon aufgeregt die Männer wieder abweisen. Erst als Fallo ein Schreiben des Gouverneurs überreichte und den Namen seines künftigen Schiffes nannte, änderte sich dessen Laune zusehends. „Ein stolzes Schiff, das man ihnen anvertraut hat. Ein Jammer das man es zurzeit nicht bemannen kann. Ich habe von dem Krieg mit den Portugiesen erfahren, doch wurde ich noch zum Schweigen ermahnt, sodass ich den Bürgern keine Erklärung für das Sperren des Hafens geben konnte. Wäre ihr Schiff einsatzbereit, hätte man schon fast eine Konvoieskorte zusammen, sodass man an eine Reise nach Spanien denken könnte. Nun ich will sie nicht länger auf die Folter spannen mein lieber Fallo. Ihre Männer haben es sich ja schon angesehen und werden ihre Neugier kaum haben lindern können.“ Der Mann eine mächtige Perücke auf dem Kopf tragend, war ein Sitzriese und einmal aufgestanden über sechs Fuß hoch, was Fallo vor dem Gebäude nicht aufgefallen war, als der Mann zu der Menge sprach. Er zog den Vorhang auf, der vor einem großen Panoramafenster hing. Dort hinten unterhalb des del Morro liegt sie.“ Fallo konnte kaum seinen Augen trauen. Dies war nun sein Schiff. Es mochte fast vierhundert Tonnen verdrängen und wären ihre Kanonen nicht auf dem Hauptdeck aufgestellt worden, würde man sie für eine Fregatte halten. Das vollgetakelte Schiff schien gepflegt und im guten Zustand zu sein, näheres würde man aber erst an Bord sehen. Immer noch hatte Fallo das Gefühl eines Hakens an der Sache. Konnte aber von dem dunkelbraun getünchten Rumpf die Augen nicht mehr lassen. „Warum hat sie keinen Kommandanten mehr?“ Der Hafenmeister zögerte. „Die Marine zahlt eine schlechte Heuer und birgt Gefahr für Leib und Leben, ungleich höher als bei den Kauffahrern. Offiziere sind kaum noch zu finden und wir haben hier schon Schiffe im Hafen liegen gehabt, die von Maaten geführt worden sind. Außerdem kann man sie nicht so einfach verpflichten, ich ….“ Er schaute etwas verlegen drein „ denke sie wissen schon was ich meine.“ Fallo wusste das der Kommandant die Zwangsrekrutierung meinte, mit der man sich einfach eine Besatzung zusammenstahl, in dem man Zivilisten entführte und auf das eigene Schiff verschleppte. Er sah das zweite Schiff von dem der Gouverneur gesprochen hatte. Ebenfalls eine schöne, wenn auch kleinere Korvette. „Wer kommandiert die andere?“ Der Hafenmeister folgte seinem ausgestreckten Arm „Sie meinen die Santiago de Cuba? Nun ein alter Mann von fast fünfzig Jahren. Er hat viele Jahrzehnte davon auf See gebracht, aber nie ein Kriegsschiff geführt. Er ist ein Säufer und gilt als unzuverlässig. Trotzdem anscheinend das Beste was man finden konnte. Die Fregatte ist die Trinidad. Ein 38 Kanonen Schiff. Komischer Weise hat sie nur 12 Pfünder, also leichtere Geschütze als ihr Schiff. Kurze Zeit war man versucht die Bewaffnung des Schiffs zu tauschen, doch hätte man dafür das Schiff längere Zeit aus dem Dienst nehmen müssen. Keine Option für das letzte einsatzbereite Kriegsschiff Kuba´s. Bisher hat sie sehr erfolgreich Piraten gejagt und vier von ihnen versenkt oder als Prise aufgebracht. Die Gefangenen selbst können sie noch an der Hafeneinfahrt bewundern. Nachdem sie gehängt worden sind, hat man ihre Leiber zum verwesen am Fuße der Festungen aufgehängt. Bei dem letzten Gefecht hatte sie aber einen schweren Stand und große Ausfälle in der Besatzung zu beklagen. Ein Grund mehr warum kaum noch Männer auf den beiden Korvetten sind, hat man sich doch von ihnen geholt was man braucht um die Verluste zu ergänzen. Ich lasse nun ein Boot kommen, das sie auf ihr Schiff bringen wird. Wenn sie meine Hilfe brauche, werde ich ihnen natürlich zur Seite stehen so gut ich kann. Der Hafenmeister verabschiedete sich herzlich und schob die Männer aus seinem Büro. „Viel Glück Kommandant Fallo! Sie werden es brauchen.“ Kaum das sich die Tür geschlossen hatte, und er wieder an seinem Schreibtisch Platz nahm, schüttelte er sein rundliches Haupt so sehr, dass er die Perücke wieder ordnen musste. „Niemals schafft er es aus diesem Hafen raus, weder heute noch in zwei Wochen.“





Fünfundfünfzigster Teil

Die Spanier gewannen langsam in dieser Schlacht die Überhand, aber auch wenn ein Sieg nun möglich schien, hielten die Portugiesen doch stand und das obwohl auch in ihrem Rücken immer noch mit den überraschend in der Nacht aufgetauchten Angreifern gerungen wurde. Einige ihrer Geschütze hatten den angreifenden Linienregimentern Spaniens stark zugesetzt. Etliche dutzend Soldaten wurden einfach von ihnen vom Schlachtfeld hinweg gefegt, einen blutigen Dampf als Erinnerung ihrer Existenz dabei hinterlassend. Ein hoher Offizier feuerte die zögernden Soldaten an, zog seinen Säbel und stürzte sich als erster in den Nahkampf mit der portugiesischen Infanterie, gefolgt von einem Fahnenträger.

„Wir halten nicht mehr lange durch Capitan! Unsere Männer werden alle sterben!“ Der Conde brüllte vor Schmerzen als er aufstehen wollte, sackte wieder zurück auf sein notdürftig errichtetes Lager und hielt sich den verletzten Oberschenkel, der ihm höllische Schmerzen bescherte. „Es ist ihre Pflicht zu kämpfen, so wie sie und ich auch. Immer weiter, bis zum letzten Mann!“ In der Mitte seines Karree´s hielt er dreißig Mann als Reserve zurück, hieß sie eingreifen, wenn er bemerkte das der Feind eine Bresche in die dünnen Linien der eigenen Leute riss. Es mochten vielleicht noch zweihundert Mann übrig sein, der Rest lag tot auf dem Feld, wo man über die Leichen stieg, als wären es Pflastersteine auf einer Straße. Wenn nur endlich die eigenen Leute kommen würden. Es wird höchste Zeit. Der Conde wollte einfach nicht glauben, dass man sie umsonst sterben ließ.

Auch Tamfelder´s Reiter kämpften nur noch ums nackte Leben, die Portugiesen stürmten auf sie ein, wütend über diesen für sie so überraschenden und verlustreichen Angriff. Der Capitano merkt wie er schwächer wurde, wie er immer langsamer die Angriffe des Gegners abwehrte. Schwindel überkam ihn, zwei Mal wäre er beinah gestürzt. Längst waren seine Husaren in viele kleinere Grüppchen zerrieben worden, vielleicht zehn waren noch an Tamfelder´s Seite und versuchten dem Feind stand zu halten. „Nicht aufgeben, die Unsrigen werden bald hier sein!“ Mühsam stammelte Tamfelder diese Worte, sank auf die Knie und brach ohnmächtig zusammen. Sein Blut rann unter dem Kürass hervor und versichkerte langsam in dem Boden.

Wieder kamen die leichten Feldkanonen der Portugiesen zum Schuss, forderten ihren Tribut vom anstürmenden Feind. Verzweifelt versuchte die Spanier sie zu erobern, doch sah der Gegner in ihnen die einzige Möglichkeit den feindlichen Angriff abzuwehren und verteidigte sie verbissen. Spanische Soldaten schossen mit ihren Musketen auf die Kanoniere, die bereits wieder eine Ladung in die schwarzen Schlünde der Geschütze stopften, einige brachen verletzt oder tot zusammen, doch setzten sofort Infanteristen des Feindes ihre Arbeit fort, bis die Geschütze wieder Tod und Verderben gegen die anstürmenden Spanier speien konnten. So dauerte es bis endlich die Portugiesen auch an ihren Flanken gepackt wurden und jetzt machte es sich bemerkbar, dass die Spanier in der Überzahl waren. Ein komplettes Grenadierbattalion marschierte an der Seite des Feindes auf und hunderte von Soldaten ließen die Läufe ihrer Musketen sinken und gaben aus naher Distanz eine gut liegende Salve in die Flanke des Feindes ab. Schon wurde wieder nachgeladen. Befehle trieben die Männer zur Eile an, schnell und hastig rammten sie ihre Ladestöcke in die Läufe, bis endlich die Ladung fest saß. Kraut auf die Zündpfanne legten und krachend entluden sich wieder die Gewehre.
Nun endlich wurde es dem Feind zu viel und seine Truppen fingen an sich geordnet zurück zu ziehen. Immer noch drängten die Spanier auf sie ein, doch jetzt wo der Feind wich, ließ ihr Eifer merklich nach und es bildete sich langsam eine Lücke zwischen den beiden Gegnern. Spanische Kavaleristen brachen an den Flanken des Gegners ein, wurden aber immer wieder abgewehrt, trotzdem forderten sie ihren Zoll und die Absetzbewegung des Feindes wurde hastiger und damit für ihn verlustreicher.

Nun erlaubten uns die ersten Sonnenstrahlen das Schlachtfeld zu überblicken. Mein Blick wanderte vom Südufer des Guardiana, zum weiter entfernten Feindlager des Feindes, über dem immer noch Fetzen von weißem Pulverrauch hangen. Es wurde immer noch gekämpft, doch wich der Portugiese immer weiter nach Süden aus und es war eine Frage der Zeit bis man die Verfolgung einstellen würde. Noch immer befand sich der Großteil der spanischen Armee am Nordufer und auch wenn man alles daran setzte dem Feinde eiligst zu verfolgen, dauerte das Übersetzen seine Zeit. Auch die Batterie des Korporals wurde abgebaut, Pferde an die Lafetten geführt, Munition in die Transportkisten verladen. „Kein Schuss haben wir abgegeben, völlig umsonst die ganze Schinderei. Kiko! Würdest Du mir zu trinken holen?“ Der Junge eilte davon, während der Korporal sich den Schweiß aus dem Gesicht wischte. „ Dort drüben ging es ganz schön zur Sache Pater. Ich hoffe unsere Leute haben nicht zu viel abbekommen.“ Bestürzt löste ich meinen Blick von der anderen Uferseite, hastete auf den Fluss zu, und bemerkte wie die ersten Verwundete auf unsere Seite herüber gebracht wurden.


Jimenez der die spanischen Infanteristen bei ihrem Angriff begleitet hatte, suchte verzweifelt nach seinen Männern. Hier und da lagen tote Husaren auf dem Boden des Geschehens, aber es konnten doch nicht alle gefallen sein? Wo mag Tamfelder stecken? Oder Calva? Er fragte diejenigen die selbst nach den Überlebenden suchten oder Leichen flederten. Endlich im zerstörten Lager des Feindes sah er erleichtert Calva mit drei Husaren, die auf den Boden starten. Jetzt beugte sich der Teniente runter auf das Schlachtfeld und Jimenez eilte hinzu, im Glauben Hilfe bringen zu können, erschrak jedoch als er bei dem Kameraden ein Messer bemerkte und in dem leblosen Körper der auf dem Boden lag Tamfelder erkannte. „Was macht ihr da? Legt das Messer aus der Hand! Sofort Calva!“ Calva´s Gesicht war voller Tränen. „Er hat sie alle auf dem Gewissen, ist Dir das klar? Das Schwein soll dafür büßen!“ Jimenez besah sich den leblosen Leib seines Capitano näher, erleichtert stellte er fest, dass er nicht zu spät gekommen ist. „Hau ab! Geh!“ Calva schaute auf die Husaren die unschlüssig schienen wem sie Folge leisten sollten. „Bringen wir das Schwein um! Kommt Kameraden!“ Die Husaren bewegten sich auf Jimenez zu, der erst jetzt eine Auffälligkeit an Calva bemerkte. „Teniente? Wieso hast Du keinen Kratzer abbekommen? Selbst Deine Uniform ist fast makellos?“ Verblüfft starrten die Männer auf Calva, dem nicht die rechte Erwiderung einzufallen schien. Die Husaren waren mit Blut und Schmutz bedeckt. Einer von ihnen hatte keine Haube mehr, ein anderer hatte seine Uniformjacke in Fetzen hängen. Nur Calva, hatte keinerlei Spuren. „Und? Was wollt ihr? Sollte ich mich denn genauso wie ihr, von diesem verdammten Ketzer in den Tod schicken lassen? Seht ihr denn nicht was aus uns geworden ist? Fünf Männer von 250!" Er zog eine Pistole aus dem Gürtel und richtete sie auf seine Kameraden. "Bleibt wo ihr seid. Bei Eurem tapferen Capitano! Währt doch auch ihr verreckt." Er rannte zu seinem Pferd und die Husaren die ihm folgen wollten erreichten ihn nicht mehr, bevor er aufsteigen konnte, sodass der Teniente hastig davon galopierte. „Lasst ihn laufen! Irgendwann werden wir ihn wieder sehen.“ Einer der Husaren ging zu Tamfelder und spuckte in dessen Gesicht. „Er hat recht. Kaum einer hat überlebt.“ Jimenez konnte ihn nicht mehr hindern stieß ihn zur Seite und befahl eine Trage zu holen. "Egal wie ihr denkt, ohne ihn wären heute tausend Männer mehr gestorben."

König Carlos konnte mit dem Ausgang des Gefechtes zufrieden sei. Sicher viel ist von der Einheit seines Vetter´s nicht übrig geblieben, gerade einmal ein Fünftel von ihnen hatte überlebt, die beteiligte Kavallerie praktisch aufgelöscht, aber wie viele Toten hätte er einplanen müssen, wenn man ohne ihr Opfer den Übergang gewagt hätte. Er schaute, umringt von seinen Stabsffizieren auf die Karte. Käme er rechtzeitig um der Garnison von Cadiz zu Hilfe zu eilen, könnte er eine Entscheidungsschlacht mit den Portugiesen wagen und ein Sieg schien ihm so gut wie sicher. Der Feind hatte nicht nur den Übergang über den Guardiana nicht verhindern können, er hatte auch seine ganze Fourage zurück lassen müssen. „Gebt Befehl den Feind zu folgen. Eilt Euch ihr Herren, jetzt oder nie!“ Carlos dachte kurz an den Conden. Ein Glück! Wenigstens er hatte es geschafft.

DeCoster schaute den Pater müde an. Es verging nicht einmal zwei Stunden, nach dem man die Absicht des Königs, den Feind anzugreifen erfahren hatte, als schon die ersten Verwundeten auf seinen Tisch lagen. Kiko half ihm nun so gut es ging und immer wieder war der belgische Arzt dankbar für dessen Geschicklichkeit. So kämpft er um das Leben dutzender Soldaten, musste einschätzen wer zu retten war und wer nicht, wen man als erstes helfen musste, oder wer warten konnte. Für viele allerdings gab es nur noch den letzten Trost des Paters, der jetzt, in diesem Moment, wieder ein Paar Augen schloss.

Wieder drückte ich ein paar Lieder herunter. Junge Augen bedeckten sie jetzt, die sicher viel Schönes, Interessantes und Wunderbares gesehen hatten, aber auch Leid, Mühsal und Not. Jetzt waren sie leer. Ohne Ausdruck oder einem Liedschlag, verglühte ihr Glanz in wenigen Augenblicken. So oft hatte ich es schon beobachtet. Wenn man die Seele eines Menschen erkennen vermag, dann in seinen Augen.
„Pater! Pater! Sie bringen den Preußen!“ Ich schrak auf und drehte mich zu Kiko um der auf mich einstürmte. „Kommt raus! Er wird zum Hofarzt gebracht." Der Junge zog mich aus dem Zelt und tatsächlich sah ich wie Tamfelders lebloser Körper gerade in dem Zelt des Hofchirurgen verschwand.

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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 21:14

Sechsundfünfzigstes Kapitel

„Euer Boot Herr!“ Fallo nickte dem Mann zu. Sie gingen eine kleine Steintreppe hinunter zu dem Kai, an dem eine kleine Pinasse vertäut lag. Fallo bat neben dem Bootsmann sitzen zu dürfen, was dieser ihm erlaubte. Seine Männer nahmen auf kurzen Längsbänken Platz, die für die Passagiere bestimmt waren, die das Boot immer wieder ihm Hafen zu transportieren hatte. Es lagen an die dreißig große Schiffe im Hafen von Havanna, doch Fallo´s Blick, lag immer wieder auf der etwas abseits, auf offener Reede liegenden Korvette, die ihm bald gehören würde. Nie würde er das in seinem Leben vergessen, den Augenblick, den Tag, den Monat, geschweige den das Jahr, an dem er sein erstes Kommando bekam. Wie lange hat er darauf gehofft und gewartet. Wie sehr hat er bei Chilida drum gebettelt ein eigenes Schiff zu bekommen. Zügig ruderte die Bootsbesatzung durch den Hafen, vorbei an großen Galeonen, Westindienfahrern, aber auch kleinen Kuttern, Briggs und Fleuten. Gerade passierten sie einen großen Kauffahrer, von der Größe her der Aurelia ähnelnd. Fallo schaute zur Reling hinauf, sah ein dutzend Köpfe, die neugierig auf das kleine Boot und dessen Besatzung herunterblickten. Hätte er nur dieses Dutzend und er wäre zumindest segelklar. Er seufzte, ratlos wie er sein Besatzungsproblem lösen könnte. Doch er schüttelte diesen, ihm sehr unlieben Gedanken ab und sah sich die immer größer werdende Korvette an. Sie war an drei Masten vollgetakelt, schwarzbraun angestrichen und am Heck, wehte etwas zaghaft eine große, weiße Flagge mit dem roten Kreuz Burgunds aus. Endlich lagen sie an der Bordwand und Fallo sprang an die Strickleiter um an Bord des Schiffes aufzuentern. Vorbei, an zwei der großen Kanonen, hielt er kurz inne, sich fragend wie oft sie unter seinem Kommando aufbrüllen werden, um Schiffe zu versenken und Besatzungen zu verschlingen. Endlich stieg er durch die Pforte der Reling und wurde von der angetretenen Mannschaft der ElCid empfangen. „Guten Tag Kommandant! Willkommen auf der Korvette des Königs „EL CID“! “ Fallo lächelte dem grüßenden Maat an, der stramm ohne jede Bewegung vor ihm stand. „Lasst bitte die Männer rühren. Würdet Ihr mir Euren Namen verraten Maat?“ „Marcelo Aznar, Kommandant!“ Fallo schaute sich den stämmigen Mann genauer an. Große Augen, strenger und kälter blickend, als sie ursprünglich gewesen sein mögen, starrten irgendwo rechts an ihm vorbei. Fleischiges, aber keinesfalls einfältig wirkendes Gesicht, grober und schwerer Körperbau, bei ungefähr der gleichen Größe Fallo´s. Rechts neben ihm starrte der zweite Maat ins nichts, er hatte aber dabei ein freundlicheres und offeneres Gesicht. War schlank und klein, aber dabei sehr dratig. Wehmütig dachte Fallo an Diego, dessen Körper wahrscheinlich irgendwo im Dschungel verwesen musste. Wie viel hatte er die letzten Tage erleben müssen, wie anders wäre sein Leben verlaufen, wenn die Portugiesen sie nicht entdeckt oder angegriffen hätten. Überrascht blieben seinen Augen auf einen fast winzigen Kerl haften, der neben den beiden Maaten stand und deshalb eine gewisse Bedeutung zu haben schien. „Wer seid ihr bitte?“ Das knochige Gesicht mit winzig kleinen Augen sah Fallo tatsächlich an, während er Meldung machte. „Mein Name ist Luis Pajin Kommandant, stets zu Diensten.“ Er schaute sich jeden der angetretenen Seemänner an, nickte ihnen zu, versuchte in ihren Augen zu lesen, was sich im Kopf dahinter bewegte, vermochte es aber natürlich nicht. Nicht lange aber dann würde er es wissen, das war seine Gabe, die er schon als Kind hatte. Nur wenige Menschen konnten sich ihm gegenüber völlig verschließen und das sind selten seine Freunde geworden.

Diego und Pietro durften, nachdem der Holländer am Horizont verschwunden war, sich wieder frei bewegen. Das heißt natürlich konnte Pietro das, Diego wurde wieder auf sein Lager am Hauptmast gelegt und nahm vergnügt wieder seine Schnitzarbeiten auf. Immer wieder kamen Matrosen die Freiwache hatten, besahen sich sein Werk, gaben Tipps oder fragten nach der Aurelia, die ihnen vor Tagen noch an das Leben wollte. Diego freute sich über diese Gespräche und redselig wie er war, plauderte er über jedes Detail was man von ihm wissen wollte. Das schadete keinen wie er fand und würde helfen die Barrieren abzubauen, die man gegenüber ihm und Pietro hatte. Auch Luiz schaute immer wieder nach seinem spanischen Freund, brachte ihm sogar eine Dose mit Schnupftabak, die er selbst beim würfeln gewonnen hatte, aber nichts damit anzufangen wusste. „Hier nimm Spanier, ich kann dem Zeug nichts abgewinnen.“ Luiz rote Augen und seine rote Nase verrieten Diego dass er es versucht haben musste, was er lauthals lachend zur Kenntnis nahm. „Mein lieber Luiz, du solltest so nicht unter deine Männer treten, du hast eine Nase wie ein…… HA HA HA.“ Verärgert über den Spott, wollte Luiz die Dose wieder an sich nehmen, aber Diego bat ihn sie da zu lassen. „Luiz! Es war nicht so gemeint!“ Er nahm einen Pfriem aus der Dose und zog ihn in sein linkes Nasenloch, das recht mit dem Daumen seiner freien Hand verschließend. Verzog zum Erstaunen des Portugiesen keine Miene, holte tief Luft und wiederholte die Prozedur im anderen Nasenloch. „Du bist ein ganz kalter Hund Diego, so winzig wie Du bist.“ Diego wollte mit seiner Krücke nach Luiz schlagen doch dieser eilte lauthals lachen davon.
Der Kapitän der Fregatte, schlenderte vorbei, amüsiert die beiden Seeleute beobachtend, wartete bis Diego alleine war und fragte ihn ob er ein paar Worte mit ihm wechseln mochte. Diego überrascht über den Besuch des Kapitäns, nickte nur, legte aber sein Schnitzzeug beiseite. „Du scheinst mit Deinem Schicksal nicht zu hadern Spanier. Meine Achtung dafür.“ Diego lächelte freundlich, erwiderte aber nichts. „Kann ich Dir eine Frage stellen?“ Diego schaute neugierig zu dem Kapitän hinauf. „Bitte, Kapitän! Ich kann sie nicht hindern, nachdem was sie für mich und den Jungen getan haben. Assis winkte ab. „Daran musst Du keine Gedanken verschwenden, solange ihr an Bord meines Schiffes sein, wir d es weder Dir noch ihm an etwas fehlen. Aber ich möchte zu meiner Frage kommen. Kennst Du Campeche Seemann?“ Diego bejahte. Er war schon dort gewesen, aber warum wollte der Portugiese das denn wissen? „Sind die Befestigungen stark?“ Diego bestätigte noch einmal. Wollen die Portugiesen diese Stadt auf der Halbinsel Yukatan überfallen? Assis schien seine Gedanken zu kennen. Keine Sorge, es war nur eine Frage, der Holländer kam aus dieser Stadt, hatte ihn doch ein Sturm dort hin verschlagen. Wart ihr mit der Aurelia dort? Ich kann mir vorstellen, dass Du sehr an ihr gehangen hast. Ein wahrlich stolzes Schiff. Willst Du mir Dein Model einmal zeigen? Diego hielt es ihm hin. Der Kapitän drehte es langsam in seiner Hand, es fehlten noch viele Details, Diego war erst am Anfang seiner Arbeit. „Danke! Eine gute Arbeit Seemann!“ Der Kapitän winkte ihm zu und schlenderte in Richtung Bug weiter. Ratlos schaute Diego ihm hinterher. „Egal, was soll er schon von mir wollen.“ Diego hob sein Schultern um sie im nächsten Moment wieder fallen zu lassen, nahm sein Messer und schnitzte an einem Stück Holz, was den Hauptmast der Galeone einmal bilden sollte.

Fallo hatte sich vom ersten Maat der ElCid, dass Schiff zeigen lassen. Ging mit ihm das Deck entlang, an jede der schweren Kanonen vorbei, stieg auch mit ihm runter in das Zwischendeck, ließ sich Vorräte, Waffen und die Pulverkammer zeigen. Wollte die Fässer mit dem Wasser sehen, genauso wie das Kabelgatt, in dem die Ankerkette gelagert wurde wenn sie nicht gerade so wie jetzt zum größten Teil im Hafenbecken lag. Aznar beantwortete jede Frage zufriedenstellend, was Fallo viel bedeutete, hieß es doch, dass die Mann sein Handwerk verstand. „Geleitet mich noch in meine Kajüte! Ich würde gerne auch dort ein paar Sachen mit Dir durchgehen.“ Er liess seinen Maat vorausgehen, den kleinen, sehr engen Gang entlang, trat hinter ihm durch die schmale aber auffällig dicke Tür und betrat sein neues Reich. Ein Raum von vielleicht 10x 8 Fuss, kleiner als das Quartier was er auf der Aurelia hatte. Er ließ sich die Bücher geben, darunter auch die Musterrolle und das Bordbuch, sah sich die Kartenmappe an und fragte den Maat nach den Navigationsbesteck. Hier und da ein paar Fragen stellend, sahen sie sich zusammen die Einträge an, wobei aber Fallo nichts sonderlich Auffälliges zu beanstanden hatte. „Danke Maat, ihr könnt mich nun alleine lassen. Später werden wir uns über die Arbeit unterhalten die noch vor uns liegt, damit wir das Schiff aus diesem Hafen bekommen. Wenn wir dann noch ein paar Kanonen bemann, wäre ich ein glücklicher Mann. Das erste Mal zeigte der Maat ein Lächeln, was Fallo befriedigt zur Kenntnis nahm.
Fallo war ratlos. Kein Offizier, abgesehen von ihm. Kein Steuermann, dafür zwei Maate und ein Zahlmeister, sowie dreiundzwanzig Matrosen. Damit wird er kein Krieg gewinnen können. Aznar hatte geringe Navigationskenntnisse, nicht einmal auf dem Niveau eines Kadetten, über Prieto wusste er noch nichts und warum dieses kleine Schiff einen Zahlmeister an Bord hatte war ihm ein Rätsel. Fernando, klopfte an die Kajütentür und ärgerlich dachte er daran, was dieser Seemann ihm bei der letzten ähnlichen Situationen für Nachrichten brachte. „Komm schon rein! Was willst Du Mann?“ Fernando, sah sich in der winzigen Kajüte um. Warf kurz einen Blick durch das dreiteilige Heckfenster und pfiff durch die Zähne. „Gemütlich haben sie es hier, Kommandant.“ Fallo seufzte und hob die Augenbrauen. „Ich wollte sie fragen Leutnant, ob ich mit Paolo und Sanchez heute Abend an Land gehen dürfen. Ich weiß es ist verboten, aber wir wollen wissen ob es Nachrichten gibt, vom Bootsmann und Ohini. Fallo nickte. „Gut Du hast meine Erlaubnis. Ich möchte aber das Du Prieto mitnimmst, den zweiten Maat, er soll auf Euch aufpassen.“ Fernando schaute etwas enttäuscht auf Fallo herab, der nebenbei die Bücher schloss. „Es ist nicht gegen Dich gerichtet Fernando. Bloß will ich nach außen hin den Schein waren und auch die Männer hier auf dem Schiff, sollen nicht glauben dass ich Euch bevorzuge. Fernando verstand und lies den Kommandanten wieder mit seinen Sorgen allein. Er hatte eine Idee und würde gleich einmal sehen, was der zweite Maat davon halten würde.

„Der Holländer scheint kein Freund der Spanier zu sein. Vielleicht hat er deshalb uns eine Nachricht gegeben, die für uns nicht uninteressant sein kann.“ Assis schaute in die Gesichter seiner Offiziere, die über den Kartentisch in seiner Kajüte gebeugt waren und darauf warteten was er mit ihnen vorhatte. „Die Spanier haben ihn für Material und die Reparatur seines Schiffes so sehr ausgenommen, dass die Fahrt für ihn zum Verlust wurde. Er freute sich anscheinend wie ein kleines Kind, als er unserem Dritten Meldung machen konnte, über ein paar saftige Details aus eben diesem Hafen.“ Der Kapitän räusperte sich, nahm einen Schluck aus dem Weinglas und fuhr fort. „Es befinden sich drei schwere Galeonen mit jeweils fünfzig Kanonen im Hafen. Sie alle lagen tief im Wasser was auf eine schwere Ladung hindeutet. Doch das ist nicht alles. Zwei Linienschiffe begleiten sie zusammen mit zwei Fregatten. Allesamt im selben Sturm beschädigt wie auch der Kauffahrer aus den Generalstaaten.“ Der Brite pfiff durch die Zähne. „Was es da wohl zu bewachen gibt?“ Dieses Mal musste er dem Verbündeten recht geben. „Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Aber auch eine andere brennt mir auf der Seele. Wie knacken wir diese fette Nuss? Und vor allem wo?“ Hernando Leite, der erste Offizier des Schiffes warf einen Blick auf die Karte. „Kommen denn die Schiffe durch die Floridastraße? Ich meine wollen sie nach Spanien?“ Assis antworte erst nach längerem Nachdenken. „Genau das ist es was ich nicht weiß. Aber vielleicht hat einer von den Herrn vielleicht eine Idee?“ Leite räusperte sich wieder und Assis gab ihm das Wort. „Wir sollten ein paar unauffällige Schiffe vor Yukatan postieren. Irgend etwas wird schon vorbeisegeln. Wenn wir sie beschatten, wissen wir auch wo entlang sie fahren.“ Assis schüttelte den Kopf. „Und wie soll man uns dann benachrichtigen und vor allem wie wollen wir ihnen habhaft werden? Wir haben hier zehn Schiffe die auf tausend Quadratmeilen verteilt sind, da gibt es genügend Löcher wodurch sie uns schlüpfen können. Und selbst wenn wir sie entdecken, hätten wir große Mühe alle zehn Schiffe auf sie zu vereinen. Selbst wenn es uns gelänge ist noch die große Frage ob wir mit unseren Fregatten gegen die Spanier ankommen. Aber das würden wir dann heraus finden wenn es soweit ist. Ich glaube wir müssen jemand nach Campeche schicken, in der Hoffnung, dass bis dahin der Braten noch im Ofen ist. Übrigens muss ich dem Admiral Meldung machen, er wird hoffentlich eine Lösung finden für unser kleines Rätsel.





Siebenundfünfzigstes Kapitel

Ein großer Eichentisch, auf dem der Hofarzt vorher noch eine Amputation vorgenommen hatte, wurde notdürftig mit heißem Wasser gespült, das vor dem Zelt über einer Feuerstelle erhitzt wurde. Vier Soldaten hatten sichtlich Mühe den schweren Tamfelder ins Zelt zu tragen. Kiko eilte zu ihnen um den Vorhang, der den Eingang verhängte, beiseite zu nehmen. Vorsichtig legten sie den massiven Körper des Capitan auf den Tisch ab. Er zeigte keinerlei Regung und ich mache mir große Sorge um ihn. Seine Uniform voller Blut, fragte ich mich allen Ernstes wie viel er davon noch in sich haben konnte. Schon machte sich der Hofarzt des Königs daran, den Kürass zu lösen, entkleidete den Verwundeten mit aller Vorsicht und erleichtert stellte ich fest, dabei alles aus dem Hintergrund beobachtend, dass der Oberkörper des Freundes nicht verletzt zu sein schien. Auch der Chirurg nickte befriedigt. Allerdings gab es vier oder fünf lange Schnittwunden am Hals, an beiden Armen und auch über den Hinterkopf. Sie alle mussten sorgfältig von Stoff gereinigt werden, mit Alkohol gesäubert und dann vernäht. Am Kopf machte sich einer der Gehilfen des Hofchirurgus zu schaffen, fing an Tamfelder´s kräftiges Haar zu schneiden und später zu rasieren. Alles war von vertrocknetem Blut verklebt. „Keine Sorge Pater, es steck noch Leben in diesem Körper, ihr braucht ihm nicht die letzten Worte sprechen.“ Vorsichtig vernähte er einen fast drei Zoll langen Schnitt, setzte immer wieder die gebogene Nadel an und zog sie durch das Fleisch. Fast zwanzig Stiche machte er, dicht aneinander. „Wir sind Freunde und ich bin aus eigenem Anlass in diesem Zelt.“ Der Arzt hob kurz seinen Kopf, während er den Faden durchtrennte und sich dann der Kopfverletzung widmete. „Er hat sehr viel Blut verloren, sodass ich mich wirklich frage was das Herz noch durch den Körper pumpt. Aber wenn er schnell das Bewusstsein wieder erlangt, wird er sich erholen.“ Ich war ihm dankbar. „Können Sie ihn bitte in meinem Zelt unterbringen? Ich kümmere mich selbst um ihn.“ Der Arzt überracht, bejahte und meine anfängliche Antipathie gegenüber dem aus meiner Sicht arrogant wirkenden Höfling, linderte sich. Kiko und ich warteten noch bis die Versorgung Tamfelder´s abgeschlossen war und gingen sicher, dass er voller Vorsicht in meinem Zelt untergebracht wurde. Kiko sah meine Sorge und so trat er an mich heran und zupfte mir an der Kutte. „Er wird es schaffen, da bin ich mir sicher Pater. Vor allem wenn sie für ihn beten, kann es nicht mehr schief gehen.“ Ich musste lächeln über die Worte des Jungen, dankte ihm und bat, dass er wieder DeCoster helfen möge. Kiko verschwand aus dem Zelt und ich kniete mich also vor dem kleinen Altar und bat um die Gnade des Herrn für alle heute gefallenen Soldaten, ohne Unterschied. Um die Kraft Gottes für die Verletzten und seine Verzeihung für die Dummheiten der Menschen und ihrer mangelnden Schwäche zu lernen. Auch ich wurde nun gebeten, meiner traurigen Arbeit nachzukommen und verließ das Zelt mit dem festen Vorsatz immer wieder nach dem Verletzten zu sehen.

Jimenez, der noch im Lazarett mit den restlichen Husaren gewartet hatte, bis er sicher gehen konnte, dass Tamfelder überlebt hatte, eilte nun zu den Zelten des Stabes die bereits von Soldaten abgebaut wurden um sie auf wartende Fuhrwerke zu verstauen. Zarossa selbst war bei der Vorhut und nicht mehr zugegen, aber sein Adjutant Olivarez packte gerade Unterlagen und Papiere in schwere Koffer und ließ sie sowie er sie gefüllt hatte auf die Wagen verladen. Jimenez trat an ihn heran, was Olivarez erschrocken hochfahren ließ, hatte er doch den Teniente noch nicht bemerkt. „Mein Gott, was fällt ihnen ein Teniente! Sie haben mich erschreckt.“ Unwillig unterbrach der Stabsoffizier seine Tätigkeit und forderte den Leutnant auf schon endlich mit dem zu Beginnen, was er melden wollte. Jimenez, enttäuscht über das Verhalten des Vorgesetzten, berichtete nun wie er Tamfelder fand und dem Versuch Calva´s seinen verletzten Capitan zu ermorden. Auch das der Preuße es schaffen würde und nun im Lazarett seine Verwundungen kurierte. Olivarez unterbrach ihn harsch. „Was ist mit Calva!“ Jimenez über die Unterbrechung verwundert, antwortete. „Er ist geflohen.“ Der Adjutant des Generals zog sich einen Scherensessel heran und lies sich hineinfallen. Erschüttert über das gerade gehörte. „Was ist mit Euch Oberst, soll ich ihnen Wasser holen?“ Der Oberst starrte ihn entgeistert an. Ihr wisst wer Calva´s Onkel ist?“ Jimenez der keine Freundschaft oder nähere Bekanntschaft mit dem Kameraden pflegte, schüttelte den Kopf. „Nun es ist eben unser General Zarossa. Ein Skandal den wir jetzt keineswegs gebrauchen können. Hat Tamfelder den Angriff mitbekommen?“ Jimenez erzählte das Tamfelder zu diesem Zeitpunkt ohne Bewusstsein war. Die Männer von ihnen, die den Vorfall beiwohnten, wo sind sie? Der Leutnant zeigte auf die dreißig Fuss entfernt stehenden Husaren, die unter einen großen Baum, Schatten vor der nun von oben auf sie herunterbrennenden Sonne gesucht hatten. „Gut Jimenez. Sie werden auf ihr Ehrenwort, keinen über diesen Vorfall berichten. Auch Tamfelder nicht. Die Husaren schickt ihr gleich zu mir, wenn ich Euch entlassen habe. Über all das kein Wort. Ihr werdet Euch um Tamfelder kümmern! Ich lasse ihn und Euch für den heutigen Einsatz auszeichnen. Vielleicht werdet ihr auch befördert, aber den Vorfall…..“ er schaute den Leutnant eindringlich in die Augen. „….der hat nie statt gefunden.“ Er sah den angewiderten Ausdruck in den Augen des Tenienten. „Ich sehe mangelndes Verständnis bei Ihnen. Ich kann sie verstehen. Aber der General hat Feinde, die sich über diese Tat, die Hände reiben würden. Ein Deserteur und hinterhältigen Mörder in der Familie und das unter seinem eigenen Kommando? Er würde es gesellschaftlich nicht überleben. Trotz der Gunst des Königs. Jimenez Gesicht blieb ausdruckslos. „Zu Befehl Herr Coronel!“ Olivarez nickte, er wusste, dass Jimenez Befehle befolgte, egal wie sehr er sie in Frage stellte. Er sah zu den Husaren rüber, die sich unter den Baum gesetzt hatten und warteten. Sie würde er schon unterbringen, da hatte er genügend Möglichkeiten. Am besten auf einer abseits gelegenen Inselgarnison oder doch besser ganz zum Schweigen? Vielleicht könnte er sie und ihr Wissen aber auch noch brauchen? Der General würde seinen Dienst für ihn zu würdigen wissen. Und wenn nicht, dann waren sie seine Sicherheiten. Ein überraschten Blick auf dem immer noch wartenden Teniente werfend…..“Sie können wegtreten Jimenez!“


„Wissen Sie mein lieber Pater, es ist jetzt wieder ein Tag vorbei an dem ich das Gefühl habe ein Jahr gealtert zu sein. Du da! Ja genau. Bring den Eimer weg.“ Ich bemerkte angewidert, wie ein Gehilfe DeCosters einen Behälter aus Holz wegbrachte, aus dem abgesägte Gliedmaßen herausragten. „Wieviel konnten sie retten?“ Der Belgier kratzte sich an dem Hinterkopf. „Einige, aber bei vielen wird erst die Zeit zeigen, ob sie es schaffen werden. Wie ich gehört habe, hat der Leibscharlatan des Königs auch seine Erfolge zu verzeichnen?
Ich winkte energisch ab. „Sie tun ihm unrecht DeCoster, er hat sich sehr um den armen Tamfelder gesorgt.“ DeCoster lachte. Jetzt hat der glückliche Preuße also nicht nur die Schlacht überlebt, sondern auch die Versorgung durch unseren königlichen Wundarzt. Scheint sehr unter der Gunst Fortunas zu stehen der Mann. Habt ihr wieder mal nach ihm gesehen?“ Ich nickte ihm zu, während er seinen Kittel auszog, der seinem schwarzen Rock vor Verunreinigungen schützen sollte. „Er ist noch nicht zu sich gekommen.“ DeCoster lächelte, ging zu einem schweren schwarzen Koffer voller Karaffen, Flaschen und Amphoren. „Halten sie das hier unter seiner Nase! Glauben sie mir, das würde auch Toten wieder wecken, wenn ihre Nase noch in Funktion wäre.“ „Was ist das Doktor?“ DeCoster, der mir inzwischen das Fläschen gereicht hatte, nahm es mir hastig aus der Hand als ich es öffnen und daran riechen wollte. „Eine starke Salmiaklösung. Ihr solltet nicht dran schnüffeln wenn es nicht notwendig ist.“ Ich nickte. „Das Lager ist nun fast vollständig abgebaut. Unser Lazarett soll morgen über den Fluss verlegt werden, unter der Bedeckung eines Regimentes.“ DeCoster schaute aus dem Zelt, die Arbeit hunderter Männer verfolgend, die diese noch gestern so gewaltig anmutende Feldstadt auflösten.
„Sagen Sie mir Bescheid, wenn er wieder bei Kräften ist. Ich würde mich freuen, mit einem Mann zu sprechen, der nicht ständig Witze über meinen Akzent macht.“ Ich lachte und schlug den Belgier auf die Schulter. „Lasst uns heute Abend zusammen essen Doktor. Ich haben einen guten Wein, den sie sich heute mehr als verdient haben.“ DeCoste ging freudig auf meinen Vorschlag ein. „Hab schon längere Zeit nichts anderes als den Essig getrunken, den der Quartiermeister Wein nennt. Könnte schon ein Schlückchen vertragen Pater.“

Unter dessen eilte die spanische Armee dem Feind hinterher. Auch wenn sie es nicht verhindern konnte, dass die beiden Abteilungen der Portugiesen sich vereinten, ihr Ziel war es die Garnison zu retten, die nun bald schon, vom Feind bedrängt werden wird. General Falls hat sich auf einen höher gelegenen Bergrücken in der Sierra verschanzt und würde dem Feind starke Verluste zufügen, wenn dieser einen Sturmangriff wagen sollte. Man sah die Truppen des Gegners schon von weiten, wirbelten ihre Marschkolonnen doch einigen Staub auf. Der etwas gedrungene Falls ging die Stellungen ab, die seine Truppen vorbereiteten. Sie warfen Schanzen auf, vergruben dem Feind entgegen gerichtet, Pfähle in die Erde, brachten Feldgeschütze in Stellung die sie in den Barikaden verbauten. Er nickte zufrieden. Noch ein paar Stunden und sie hatten eine kleine Festung erschaffen. Der Feind war ihm doppelt überlegen aber selbst wenn man ihn einschloss, konnte er drei oder auch vier Tage durchhalten. Sein Tross war mit Proviant und Wasser gut ausgestattet. Streng rationiert mochte es auch noch ein paar Tage länger reichen. Falls war ein erfahrener Offizier, der schon gegen die Alawiden und Berber gekämpft hatte und nicht zu vergessen die Britten, die vor drei Jahren versucht hatten Gibraltar zu erobern. Wenn der Teniente die Lage richtig beurteilte, was er glaubte, schien doch der Mann für sein Alter schon einige Erfahrung zu besitzen, könnte der spanischen Armee heute ein Übergang über den Guardiana gelungen sein. Wenn dem so ist, musste sich die Lage morgen oder spätestens übermorgen zu seinen Gunsten ändern. Er könnte dann, sowie er ein Gefecht des Feindes mit der königlichen Armee im Nordwesten erkannte, einen Angriff auf die Portugiesen starten, die dann nach beiden Seiten kämpfen mussten. Diese würden dann Gefahr laufen eingeschlossen und vernichtet zu werden, oder sie wichen nach Süden aus um langsam sich wieder der portugiesischen Grenze anzunähern.
Falls drehte sich um als er Schüsse hörte. Verwundert zog er und seine Offiziere die Fernrohre aus. Er sah ein paar Reiter, drei oder vier an der Zahl, die von Lanzenreitern verfolgt wurden, deren Wimpel man auch auf weite Entfernung erkennen konnte. Eine der verfolgten Reiter, blieb zurück und wurden von den Portugiesen (wer sollte es sonst sein?), niedergestochen. Einige spanische Soldaten schossen mit ihren Musketen in die Luft um die Verfolgten auf sich aufmerksam zu machen. Falls nickte einem seiner Offiziere zu, dieser verstand sofort und gab ein paar Befehle, worauf einige Reiter sich auf den Weg machten um denen in Not geratenen Reisenden zu helfen. Die übrigen Zwei, hielten jetzt auf den Hügel zu, was die gegnerischen Reiter veranlasste ihre Verfolgung einzustellen, zumal die spanischen Kavalleristen jetzt auf sie zu sprengten. Sie wendeten ihre Pferde und eilten dahin zurück woher sie auch immer kamen. Endlich hatten die beiden Reisenden die Stellung erreicht und Falls eilte mit seinem Stab ihnen entgegen. Mit Staub über und über bedeckt klopften die Reiter sich ab, bis endlich ihre dunklen Ledermäntel wieder zum Vorschein kamen. Einer der Reiter hatte einen kleinen Hund, der aus seiner Satteltasche lugte und die fremden Soldaten mit heller Stimme ankläffte. Lachend besahen sich die Soldaten den Winzling, der kaum ein Hand zu füllen vermochte. Selbst Falls und seine Offiziere betrachteten sich das Tier, noch bevor sie die Fremden befragten.





Achtundfünfzigstes Kapitel

Noch gab es keine Neuigkeiten von Ohini und dem Bootsmann. Der von Fernando beauftragte Seemann, war nicht beim Hafenmeister aufgetaucht und hatte dort eine Meldung hinterlassen wie er es Fernando versprochen hatte. Fernando machte sich Sorgen, er möchte nach seinen beiden Freunden sehen, musste ihnen doch etwas passiert sein. Prieto schüttelte den Kopf. „Vergiss es mein Freund, Du wirst nirgendwo hingehen.“ Fernando hatte die Rolle vergessen, die Prieto vom Kommandanten aufgetragen worden war. Er sollte auf sie aufpassen und genau das tat er jetzt. Prieto klopfte dem Seemann auf die Schulter. Kopf hoch, sie werden schon auf sich aufpassen. Jetzt gehen wir erst einmal in den „Gehängten Piraten“, wo wir die Besorgungen machen, von denen Du gesprochen hast. Fernando nickte und zwinkerte Paolo und Sanchez zu, die wussten was er von ihnen erwartete. So gingen sie am Kai des Hafens entlang, an vertäuten Schiffen vorbei, solange bis sie auf der anderen Seite des Hafenbeckens eine Taverne erreichten, in der es hoch her zu gehen schien. Prieto schien den Wirt zu kennen, ging er doch auf die lange aus Fässern bestehenden Theke zu und lies klatschend seine Hand in die des Kneipenbesitzers fallen. Tabakgestank hing in der Luft, grölend sangen Seemänner ihre Lieder, lachten oder schimpften, hingen besoffen über ihren Becher oder widmeten sich dem Spiel mit Karten oder Würfeln. So nahmen den die vier Seeleute schließlich Platz an einem der wenigen Tische die noch frei waren. Fernando sucht sein Kartenspiel und schließlich dauerte es nicht lange, als lustig die Geldstücke vom Verlierer zum Gewinner wanderten. Da sie alle nicht besonders gute Spieler zu sein schienen, blieb es ausgeglichen und keiner musste bis jetzt aus der Runde scheiden. Einige französische Seemänner beobachteten das Spiel, knufften sich grinsend in die Seiten und baten dann, Prieto richtig als Anführer erkennend, ob sie nicht mitspielen dürften. Der Maat schaute sie musternd an, zuckte mit seinen Schultern und schon hatte man neue Mitspieler gewonnen, die tatsächlich den Spaniern überlegen schienen. So spielte man den eine Weile und die Geldstapel der Männer von der ELCID wurden kleiner. Sanchez und Paolo fluchten, nur Fernando schien ein wenig mehr Glück beschieden zu sein. Prieto verlor nicht viel und gewann aber auch nichts. Ihm schien diese Art der Beschäftigung nicht weiter zu interessieren, musterte aber mit einiger Neugier die drei Franzosen an ihrem Tisch. Kräftige Seebären, Mitte der Zwanziger, einige Erfahrung schon auf ihren kräftigen Rücken tragend. Fernando lachte auf, als er einen nicht unbeträchtlichen Betrag aus der Mitte des Tisches in seine Richtung schob. Die Franzosen schienen wütend, aber auch Paolo und Sanchez, nur noch wenige Münzen besitzend, fluchten auf den Freund. Dieser lächelte und gab nun die Karten an einen der Franzosen weiter. Und wie es schien, half auch das nicht den Männern aus dem mächtigen Frankreich, sie setzten alles und mehr, verspielten ihre Heuer, setzten Hab und Gut. Bis Fernando wütend aufsprang, als sie ihre Spielschuld nicht zu tilgen vermochten. Die Franzosen schimpften nun ihrerseits auf den Spanier ein, aber auch seine Freunde schienen verärgert zu sein über dessen Glück. Endlich wurde es Prieto zu viel. „Ruhe im Schiff! Was soll der Radau. Die Herren Franzosen werden Dir einen Schuldschein schreiben und ihn tilgen noch ehe sie den Hafen verlassen.“ Die Franzosen nickten beifällig und einer von ihnen schien wirklich dem Schreiben und Lesen mächtig zu sein und fragte dem Wirt ob er Papier und Feder hätte. Dieser schüttelte sein schweres Haupt. „Wir fahren rüber zu unserem Schiff, der Leutnant soll den Schein aufsetzen. Ihr könnt vielleicht schreiben, aber wir nicht lesen was geschrieben steht, ein unfaires Verhältnis wie ich finde. Prieto nickte Fernando zu, sein Einwand hatte einiges Gewicht. Nach einigen Zögern und die Franzosen folgten den spanischen Seeleuten, zur Sicherheit bat Prieto ein paar fremde Spanier die Gruppe zu begleiten, meinte er doch das man den Franzosenpack nicht recht über den Weg traue, wenn es um das Begleichen einer Schuld ging.


Besorgt stellte Diego fest, wie eine Pinasse getakelt und mit Proviant und Waffen versehen wurde. An ihren Masten hingen schon bald zwei Lateinersegel, Männer wurden bewaffnet und dem winzigen Schiff als Besatzung zugeteilt. Diego erschrak, als er sah wie Pietro auf ihn zu kam und nicht mehr den Livree eines Dieners trug, sondern mit Leinenhose und Hemd bekleidet war. „Du sollst doch nicht etwa das Schiff verlassen Junge?“ Pietro nickte. Sie wollen dass ich übersetze, wenn sie mit Spaniern in Kontakt treten. Diego schüttelte seinen Kopf. „Unsinn, die meisten Offiziere und auch etliche der Seeleute können unsere Sprach sprechen. Sag ihnen das Du bei mir bleiben willst.“ Pietro schüttelte seinen Kopf. „Nein Diego! Sie werden uns sonst strenger behandeln und Dir Deine Vergünstigungen streichen. Ich will nicht das Du wegen mir leiden musst.“ Diego packte Pietro am Arm und zog ihn heran, bis er neben ihm auf seinem Lager saß. „Pass auf, Freunde leiden nun mal ab und an für einander. Du willst Doch jetzt für mich das gleiche tun. Geh und frage……“ Assiz selbst unterbrach Diego, überaschend hinter dem Großmast auftauchend. „Nun wollen wir gehen mein Junge?“ Pietro nickte zögerlich, lies sich aber dann doch von dem Kapitän zur Pforte begleiten, die in der Reling eingelassen war. Diego sah wie zuerst Pietro´s Beine, dann der Rumpf und schließlich der Kopf verschwand, als der Junge die Jakobsleiter ab enterte um in das Beiboot der Pinasse zu gelangen. Verzweiflung machte sich in ihm breit, hatte er doch die Befürchtung nun den letzten Freund der Aurelia zu verlieren, vielleicht für immer.


„Darf ich stören Kommandant?“ Fallo schaute mit müden Augen auf die Tür. „Ihr tut es doch bereits Maat. Was wollt ihr?“ Fallo bereute seine groben Worte und bat den Seemann Platz auf einem der beiden Stühle vor seinem Tisch zu nehmen. „Ich stehe lieber Herr Kommandant. Ich wollte Euch nur um die Musterrolle bitten.“ Fallo runzelte die Stirn. „Warum braucht ihr sie denn?“ Prieto erzählte ihm von den drei Franzosen die auf Deck auf ihren Schuldschein warteten. Und ihr wollt sie die Musterrolle stattdessen unterschreiben lassen? Ihr sagt doch, dass einer von ihnen lesen und schreiben kann? Prieto nickte. Zumindest hat er das behauptet. Fallo grinste seinen Maat gefällig an. „Na dann wollen wir uns doch mal die Männer ansehen.“ Prieto hielt seinen Kommandanten mit einem Griff an dessen Arm fest. „Übrigens, haben wir ihnen erzählt, ihr seid ein Leutnant des Schiffes, der Kapitän wäre an Land. Wir dachten das wäre weniger verdächtig.“ Fallo schaute ihn verblüfft an. „Das habt ihr ja sauber eingefädelt, ihr überrascht mich Maat.“ Es war schon dunkel an Deck und Fallo sah die drei Männer umringt von eigenen Seeleuten an der Schanze stehen. Ihnen wurde langsam ungemütlich, was er verstehen konnte, wurde ihnen doch langsam klar, dass sie sich entgegen aller Beteuerungen nicht auf einem Handelsschiff befanden.
Fernando diskutierte mit ihnen, fragte sie ob sie jemals einfache Matrosen gesehen hätten, die von Bord eines Kriegsschiffes Landurlaub bekommen hätten, was die Franzosen ein wenig beruhigt bejahten. Fernando sah nun erleichtert das Fallo sein Spiel mitspielte. Der Offizier schaute unwillig auf die Fremden und schimpfte auf seinen Maat, der ihn in der Abendruhe störte. „Am liebsten würde ich sie kielholen lassen für Eure Unverschämtheit. Wie könnt ihr es wagen mich in Eure Ränke einzubinden?“ Er blieb unwillig vor den fremden Matrosen stehen, würdigte sie einen flüchtigen Blick. „Nun gut gebt schon her!“ Fallo hieß einen der Franzosen sich vorn über beugen, damit er dessen Rücken als Schreibtisch nutzen konnte. Kritzelte einige Zeilen auf das Papier und reichte es Prieto. „Nun werden sie mich ja hoffentlich in Ruhe lassen Mann!“ Ärgerlich verschwand der Leutnant und Prieto hielt den Franzosen das Papier hin, damit sie ihre Kreuze machen konnten. Sie schluckten die Pille die man ihnen so hinterhältig verabreicht hatte und zeichneten das Papier. Fernando grunzte gefällig. Und schloss die Relingspforte. Die Franzosen überrascht, brüllten ihn an was das solle, als sie auch schon von Spaniern umringt waren, mit Handspaken in der Hand um die neuen Mannschaftsmitglieder notfalls damit zur Räson zu bringen. Aznar, der erste Maat trat nun an sie heran. „Ich heiße Euch an Bord der El Cid, willkommen. Tut Eure Pflicht, bis ihr Eure Zeit erfüllt habt. Dann ist alles gut!“ Die Franzosen schrien auf, einer von ihnen stürmte über das Deck um von Bord zu springen, als eine Handspake ihm an den Hinterkopf geworfen wurde und er blutend, über einer der Kanonen zusammen brach. „Bringt sie erst einmal unter Deck und bewacht sie gut! Sie wollen sich anscheinend mit ihrem Schicksal nicht zufrieden geben. Aznar schaute Prieto und Fernando ärgerlich an. „Ihr hinterhältigen Strolche!“ Doch änderte er nun seine Miene und boxte ihnen in die Seiten. „Macht Euch von Bord und findet neue Freiwillige! Doch seid vorsichtig! Wenn ihr übertreibt, werden wir schneller beim Gouverneur angezeigt als Euch lieb ist.“ Prieto und Fernando nickten, stiegen wieder in das Boot und ließen sich, zusammen mit Paolo und Sanchez an Land rudern. Der erste Maat der Cid beobachtete das Boot solange bis es hinter einem weiter entfernt liegenden Kauffahrer verschwand. „Teufelskerle! Einige Männer würden sie sicher noch heranschaffen, wie aber der Kapitän lauter Gepresste unter seiner Kandare halten wollte, das war ihm ein Rätsel.“

Senora DeSatera, hatte ihre Plantage, schnell wieder unter ihrer Gewalt gebracht. Sie war noch keine Stunde auf ihrem Anwesen, als auch schon zehn Reiter davon galoppierten um den Sklaven zu fangen, durch den sie soviel Schaden und Demütigungen über sich hatte ergehen lassen müssen. Nachdem sie die Aufseher befreit hatte, ließ sie kurzer Hand einige Sklaven grausam töten, als Abschreckung für die anderen. Wie immer in solchen Fällen, betrachtete sie dieses Geschehen, weidete sich an den Schreien und Schmerzen ihrer Opfer. Wie sehr wünschte sie sich den Leutnant Fallo an einen der Pfähle, wo mit Hilfe der Garotte die Sklaven zu Tode gewürgt wurden, nachdem sie gepeitscht und ihre Knochen mit Stöcken zerschlagen worden waren.
„Senora! Ein Offizier will Euch sprechen, er wartet oben im Haupthaus auf Euch!“ Ärgerlich über die Störung ließ sie sich ihr Pferd geben, das immer noch vom schnellen Ritt ihrer Flucht mit Schaum bedeckt war. So galoppierte sie den Hügel hinauf, um den unerwünschten Gast ihre kostbare Zeit zu schenken.
„Comandante Juan Ibarre! Stets zu Diensten Senora DeSatera!“ Er verneigte sich, nahm ihre Hand und küsste sie. DeSatera musterte ihn ausgiebig. Er war klein, so dass sie ihn um ein oder zwei Zoll überragte. War schmächtig gebaut, hatte aber ein gefälliges Gesicht und anscheinend sehr gute Umgangsformen.
„Wie kann ich Euch helfen? Eilt Euch meine Zeit ist kostbar!“ Ich habe schon von Eurem Diener erfahren, dass ihr ein paar Sklaven habt bestrafen lassen. Darf ich fragen was sie verbrochen haben?“ DeSatera antwortete, die Neugier des Mannes missbilligend. Erzählte ihm von den Seeleuten, die Unverschämtheiten die sie durch ihren Anführer hat erdulden müssen, ihre Entführung und Flucht. Der Capitan ehrlich schockiert über das Verhalten eines spanischen Offiziers, versprach der Herrin der Plantage, ihre Ehre persönlich wieder her zu stellen. DeSatera nun sichtlich besser gelaunt, war neugierig was nun er von ihr wollte. „Nun wir haben Meldung über Sklavenaufstände in der näheren Umgebung. Wir fordern sie auf, zur eigenen Sicherheit ihre Plantage zu evakuieren und die Sklaven in meiner Obhut zu geben.“ DeSatera war erstaunt. „Sie wollen mir im allen Ernst erzählen, dass sie nicht mit ein paar wilden Tieren fertig werden?“ Der Offizier war verlegen. „Nun wir leisten unser Bestes, glauben sie mir. Doch die Sklaven sind gut bewaffnet und organisiert. Sie brennen eine Plantage nach der anderen nieder, befreien ihres gleichen und bewaffnen sie, sodass ihre Zahl immer größer wird. Wir erwarten Verstärkungen aus Havanna, aber bis diese eintreffen bleibt uns nur übrig, dem Spiel der Cimarron zu begegnen in dem wir ihnen zuvorkommen und die Sklaven und ihre Besitzer in die Städte evakuieren.
DeSatera sah das nicht ein. „Nun mein lieber Comandante Ibarre, ihr könnt mein Anwesen verlassen. Ich habe genügend Männer hier um ein paar entlaufene Negersklaven auf Abstand zu halten. Ihr könnt ja gerne ab und an vorbei schauen, wenn ihr Euch um mich sorgt.“ Der Comandante wurde sichtlich ungehalten. „Ihr habt mich missverstanden Senora. Mein Anliegen war keine Bitte.“ DeSatera lachte. „Das mag sein wie es will, aber ihr habt ja selbst gesagt das Euch die Männer fehlen um das Land zu befrieden, wie wollt ihr da mir und meine Männer Euren Willen aufzwingen?“ Sie lachte den Offizier unverschämt ins Gesicht. Als sich dessen Miene sichtlich verfinstert, fügte sie etwas sanfter hinzu. „Bitte verstehen sie Comandante, dass ich mich selbst um mein Anwesen kümmern will, sie können aber auch von mir schriftlich haben, dass ich ihrer Anweisung, auf eigene Gefahr hin, nicht befolgt habe.“ Ibarre gab nach. „Gut wenn sie mir schriftlich zusichern, dass sie nicht mich und meine Vorgesetzten verantwortlich machen für die Folgen, die ein Überfall der Sklaven haben kann, so will ich nicht weiter darauf bestehen.“ DeSatera nahm ihn am Arm. „Sie könnten mich die Tage gerne einmal besuchen lieber Ibarre. Es wäre mir eine große Freude!“ Ibarre versprach es, sollte er keine offiziellen Verpflichtungen nachkommen müssen.





Neunundfünfzigstes Kapitel

Endlich hat dieser Tag sein Ende gefunden. Endlos war die Kolonne der Verwundeten, Sterbenden und schließlich Toten. DeCoster hätte beinah abgesagt, war er doch nach diesem unglückseligen Tag, am Ende seiner Kräfte. Tief standen seine Augen in ihren Höhlen, tiefe Falten im Gesicht, träge in seiner Bewegung, schien sein Körper nach Ruhe zu schreien. So bat ich ihm auf einem Korbstuhl Platz zu nehmen, reichte ihm ein Glas Wein und wartete bis er ein wenig Ruhe gefunden hatte. „Gibt es was Neues Pater? Ist er wach?“ Ich nickte ihm zu. „Ja er hat auch schon gegessen. Ich denke er wird bald wieder wohl auf sein.“ DeCoster war in Gedanken. „Ist es nicht seltsam Pater? Wir hätten uns irgendwo in der Welt treffen können. Am Plaza de Mayor in Madrid oder am Grand Place in Brüssel um diesen Wein zu trinken. Vielleicht hätten wir über Politik gesprochen, Bücher, Philosophie…..“ DeCoster lächelte. „….Medizin oder Religion. Stattdessen sitzen wie hier in einem armseligen Zelt, umgeben von Toten und Verletzten, Massengräbern und Latrinen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Wir können uns auch hier einen schönen Abend machen.“ Ich bat ihn um sein Glas und schenkte nach. „Der Wein wird uns dabei helfen und die Lippen lösen.“ Ich erinnerte mich an etwas und musste dabei schmunzeln. „Ich habe vor ihnen schon einmal einen Belgier kennen gelernt. In einem Gasthaus in Böhmen. Wir haben den ganzen Abend getrunken und gelacht, einen witzigeren Mann hatte ich seitdem nicht mehr kennen lernen dürfen. Passabler Bursche wirklich. Schade, dass er mich um meinen Geldbeutel erleichterte, nachdem ich am Tisch eingeschlafen war.“ DeCoster verschluckte sich, spuckte den Wein über seinen Rock, als er lachend versucht wieder Herr über sich zu werden. „Na da hoffe ich doch Pater, dass sie mir mehr Vertrauen entgegen bringen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Na ein wachsames Auge will ich schon auf mein Golde werfen.“ DeCost versuchte sich mit einem Tuch den Wein aus der Kleidung zu tupfen, was allerdings nicht wirklich vom Erfolg gekrönt zu sein schien. „Das geht nie wieder raus. Pater sehen sie was sie angerichtet haben!“ Ich entschuldigte mich in aller Form. „Wie konnte ich auch ahnen lieber Freund, dass sie meine kleine Anekdote so amüsieren würde. Jaja wer den Schaden hat, bekommt auch den Spott.“ DeCoster gab auf, nahm sein Glas wieder auf und trank einen beherzten Schluck. „Wenn Sie schon eine Geschichte ihres Lebens preis geben, dann will ich es Ihnen gleich tun. Ich praktizierte, es mochte fünfzehn oder auch sechzehn Jahre her sein, in der Stadt Hasselt, vorrübergehend nur, bis sich ein anderer Arzt ansiedeln würde. Ein verschlafenes Nest, wenn auch die Bürger rechtschaffend und arbeitsam waren. Ich muss zugeben, dass ich mein Brüssel vermisste, doch gab ich mich damit zufrieden, dass die Arbeit überschaubar und gut gelöhnt wurde. Eines Tages bot ein Kaufmann allerlei Zierrat an, der aus dem Orient kommen musste, seltene Figuren und Muster, von den Leuten interessiert begafft und bestaunt. Unser Pastor sah darin eine Situation die ihn an Moses und das goldene Kalb erinnerte, schien ihm doch das feil gebotene Zeug, zu nichts nutze zu sein. Ich denke aber er hatte auch Angst, dass die Leuten keine Münzen mehr zur Hand haben würden, wenn er den Klingelbeutel nach der Sonntagsmesse herumgereicht hätte. Nun beschimpfte er den Kaufmann fürchterlich als Juden und gotteslästerlichen Kerl, was dieser ruhig über sich ergehen ließ. Selbst dann noch als er ihn beschuldigte Verrat an der gesamten Christenheit zu begehen, verramsche er doch den sinnfreien Tand der Ungläubigen. Die Stadtknechte mussten den geistlichen Würdenträger wieder zur Ruhe bringen und tatsächlich gelang es ihnen, dass der Mann wieder die Beherrschung fand. Und just in diesem Moment trat der Kaufmann an ihn heran, reichte ihm ein goldenes Fläschchen und fragte ihn, ob seine Ehrwürden es denn vielleicht haben wolle. Dieser verbat es sich, riss dem Händler das Gefäß aus dessen Händen und schmiss es weit davon, sodass es irgendwo entfern auf dem Platz splitternd zu Boden ging. Der Kaufmann verübelte es ihm nicht, hob stattdessen die Stola an, bevor der Pfarrer es hätte verhindern können und zum Erstaunen aller waren große Flecken auf dessen Haut zu sehen. „Die Flasch, die hätte Euch Heilung bringen können, von der Seuch die Euch befallen hat! Nun müsst ihr allein sehn, wie ihr den harten Schanker überstehen wollt. Mit Gotteshilfe allein wird es wohl nicht gehen.“ Die Dorfbewohner waren entsetzt, wusste doch jeder was das bedeutete. Ihr Pater hatte die Syphilis und ich musste es ihnen auch noch bestätigen. Er wurde gedemütigt, in dem man ihn der Unzucht bezichtigte und in ein Kloster abschob, wo er heute noch leben wird, das heißt wenn er nicht gestorben ist.“ Ich wollte DeCoster ungehalten unterbrechen, war mir doch seine Geschichte alles andere als unterhaltsam. Schämte ich mich doch für meinen Glaubensbruder. „ Halt Pater, bevor ihr mich einen Lügner heißt, die Geschichte ist wahr, aber noch nicht zu Ende. Jahre nach diesem peinlichen Geschehnis, wurde ich in dieses Kloster gerufen und was soll ich sagen……alle Schwester und auch ein paar Brüder, hatten die Franzosenkrankheit.“ DeCoster lachte herzhaft und hatte sich nun warm erzählt und gab zu meinem Leid, noch viele Geschichten zum Besten die sündig und gotteslästerlich waren. Auch wenn ich mich zwingen musste, die Beherrschung zu wahren…., viele seiner Pointen waren einfach zu komisch und so musste ich nicht nur für sein Seelenheil beten, sondern auch für meins. Konnte ich mir das Lachen auf die Dauer doch nicht verkneifen.“



„Sie haben ja verdammtes Glück gehabt, meine Herren.“ Falls stellte sich vor und lud die beiden Männer ein, ihm in sein Zelt zu folgen, damit sie sich von ihrer Flucht erholen konnten. Ein kurzer Befehl und sein Adjutant reichte den Männern Gläser mit kühlem Wasser. „Setzen Sie sich! Erzählen sie, was ihnen wiederfahren ist!“ Falls war ein offener und redseliger Mann. Was zu einem Offizier seines Ranges, eigentlich nicht zu passen schien. Der Größere von beiden, den kleinen, etwas zittrigen Hund auf den Arm, nahm einen beherzten Schluck bevor er berichtete. „Mein Name ist Jose de Andrade. Wir kommen aus Badajoz, das noch immer von den Portugiesen eingeschlossen ist und belagert wird. Eines Nachts konnten wir uns aus der Stadt schleichen, haben im Lager der Portugiesen Pferde gestohlen und wollten nach Madrid reiten um den König um Hilfe für unsere Stadt zu bitten, die sich wohl nicht mehr lange halten wird.“ Der Mann und sein Begleiter sahen blass und müde aus. Was beim General ein gewisses Mitleid erregte. „Wir stießen auf unseren Weg, dann auf die portugiesische Armee, wollten sie umreiten, als auch schon eine Gruppe Reitersoldaten uns bemerkte, verfolgte und einen meiner Kameraden auch einholte und getötet hat. Den Rest wissen sie, haben sie es doch mit den eigenen Augen verfolgen können wie ich annehme. Wir müssen ihnen für unsere Rettung danken, General.“ Der Hund knurrte und versuchte sich aus den Armen seines Besitzers zu befreien. Immer wieder biss er in das Leder des Reisemantels, was von Falls verwundert verfolgt wird. „Sie haben ihn noch nicht lange stimmts?“ Der Mann nickte. Wir haben ihn vor ein paar Tagen gefunden, entkräftet und total verängstigt. „Ist ihnen bei den Portugiesen noch etwas aufgefallen, was für mich wichtig sein könnte?“ Der Mann überlegte, schüttelte den Kopf und bat den General um Verzeihung, dass er nicht mehr sagen konnte. „Nun das macht nichts, wenden sie sich an meinen Adjutanten, der weißt ihnen ein Zelt zu, in dem sie, nach all den Strapazen Ruhen können. Erholen sie sich, damit sie schnell wieder zu Kräften kommen!“ Bevor die beiden Männer das Zelt verließen, wandte sich de Andrade noch einmal zu Falls um. „Mir fällt doch noch etwas ein, was vielleicht wichtig für sie sein könnte. Wir sahen noch eine Armee die sich von Norden den Portugiesen näherte, ich kann aber nicht sagen ob es Freund oder Feind gewesen ist. Jedenfalls schienen die Portugiesen in heller Aufregung deswegen zu sein und formierten sich um.“ Falls nickte. „Danke ihr Herren. Sie haben Recht das war eine wichtige Nachricht.“ Der General ging rüber an den Kartentisch und kratzte sich nachdenklich seinen Hinterkopf, dabei einen Blick über die große Karte werfend. „Das kann doch wohl kaum möglich sein.“

Jimenez war nicht wohl in seiner Haut. Seine vom Gemetzel des Morgens übrig gebliebenen Männer waren verschwunden und auch der Coronel Olivarez war nicht mehr anzutreffen. Ratlos ging er durch das Lager, sah die Soldaten schuften, die bei der Hitze der sengenden Sonne ihre Arbeit verrichteten, angefeuert durch ungeduldige Offiziere. Überall wurde abgebaut, verladen und gepackt. Sogar der faule Schwanz der Armee, Huren, Krämer, Barbiere und anderes Pack, machten sich eifrig daran ihrer Kundschaft zu folgen. Endlich fand er das Zelt wieder in dem sein Vorgesetzter behandelt wurde. So fragte er wohin man ihn gebracht habe und wurde auf dem Pater verwiesen der ihm Quartier geben wollte. Jimenez fand ihn in einem großen Zelt, wo dutzende Liegen aufgebaut waren, auf denen Verwundete ihr erbärmliches Dasein fristeten. Schwester eilten hin und her, brachten Wasser, reinigten die Verletzten von Fäkalien und Erbrochenen und streichelten ihnen das Gesicht um die Schmerzen ein wenig zu lindern. Eine von ihnen bemerkte den Offizier am Eingang, hastete heran und wollte ihn mit einem Vorhang verschließen, missmutig den Störenfried dabei betrachtend. „Entschuldigen Sie liebe Schwester, ich möchte zu dem Pater.“ Sie schüttelte den Kopf. „Er ist beschäftigt. Gehen sie heute Abend rüber zu seinem Zelt, dort werden sie ihn antreffen.“ Jimenez wollte sich damit nicht zufrieden geben. „Aber…“ Die Schwester wurde jetzt richtig wütend und schob den stämmigen Mann einfach nach draußen. „Kein aber. Sie gehen jetzt!“ Achselzuckend und ratlos, verblüfft über seine Unfähigkeit der Frau angemessen zu begegnen, gab er sich schließlich zufrieden und beschloss am Abend den Pater aufzusuchen.


DeCoster wollte gerade den letzten Schluck des übrig gebliebenen Weins, in mein Glas einschenken, als sich Tamfelder begann zu uns umzudrehen.
„Pater? Seid ihr da?“ Der Unglückliche hielt sich seinen Kopf. DeCoster eilte zu ihm, fühlte seinen Puls und versuchte die Temperatur auf seiner Stirn mit seiner Hand zu messen. „Sie haben Recht Pater, er wird wieder.“ Verwundert musterte der Capitano den Fremden. „Wer sind sie?“ Das ist ein guter Freund von mit Herr Leutnant. Verzeihung Capitan. Ein Arzt aus Brüssel, der uns beisteht, zu so schwerer Stunde. „Wie bin ich hierher gekommen?“ „Nun das kann ich nicht sagen. Soviel ich weiß, brachten Euch ein paar Soldaten.“ Tamfelder nickte. „Hat die Armee den Fluss überquert?“ DeCoster nickte. „Zu einem teuren Preis. Sie verfolgt jetzt den Feind um ihn zur Entscheidung zu zwingen.“ Tamfelder wollte aufstehen, doch drückten DeCoster und ich seinen Körper wieder runter auf das Lager. „Ihr müsst Euch schonen! Der Feind hat Euch einige Blessuren verpasst und der Körper wird Zeit brauchen, um das verlorene Blut zu ersetzten. Ihr werdet für eine Weile den Zuschauer spielen und der Dinge ihren Lauf lassen müssen ohne direkt daran Teil zu haben. „Habt ihr das Mädchen gefunden Pater?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein leider noch nicht. Aber eine Spur ist da. Doch haben wir sie verloren, nachdem die Armee so hektisch aufgebrochen ist.“ Tamfelder seufzte. „Keine gute Nachricht?“ DeCoster hob die leere Flasche vom Boden auf. „Leider nicht mein lieber Tamfelder.“ Der Capitano lächelte mühsam. „Ist das Euer Bett Pater? Ich möchte keine Umstände machen.“ Ich drückte seine raue Hand. „Sorgt Euch nicht, ich nächtige auch gut auf Gottes Erde.“
„Entschuldigt! Darf man eintreten zu solch später Stunde?“ Tamfelder stützte sich überraschen vital auf, als er die ihm bekannte Stimme hörte. „Jimenez? Ihr seid am Leben und hier?“ Ich eilte zum Zelteingang um Tamfelder´s Bekannten herein zu lassen. „Nehmen sie Platz, wenn ich auch nur noch diesen Schemel Euch bieten kann.“ Jimenez war dankbar. „Er reicht mir durchaus Pater. Es war schwer an Euch heran zu kommen.“ Er schilderte kurz den Vorfall mit der Schwester. „Ja meine Nonnen können schon arg garstig werden, wenn man den Ort stört, an denen Sterbende ihren ewigen Frieden finden wollen.“ Jimenez wandte sich Tamfelder zu, erkundigte sie nach dessen Befinden. „Wie viele sind übrig Jimenez?“ Der Leutnant wurde verlegen. „Nicht viele Capitan. Leider hat der Feind einen großen Tribut gefordert, bevor wir ihn schlagen konnten. Den Sieg haben wir Euch zu verdanken. Wenn ihr nicht wärt, stände die Armee noch hier vor dem Fluss und müsste hilflos darauf warten wie zehntausend spanische Männer von den Portugiesen niedergemetzelt werden.“ Überrascht durch die Worte des Leutnants fuhr DeCoster auf. „Ihr habt diese Schlacht begonnen?“ Tamfelder nickte. „Dann seid doch glücklich um diesen Sieg. Wir haben die Portugiesen vertrieben." Jimenez schaute auf den Boden. Was ich zum Anlass nahm DeCoster beiseite zu nehmen. „Ich glaube wir sollten die beiden Offiziere allein lassen. Kommen Sie DeCoster ich bringe sie zu ihrem Zelt. Die Abendluft wird uns gut tun. Mir scheint der gute Tropfen ziemlich den Kopf zu vernebeln.





Sechzigster Teil

Fallo wartete ungeduldig vor der Tür des Gouverneurs. Sein Sekretär hatte ihn auf arrogante Art und Weise mitgeteilt, dass er einen kurzen Rapport abzugeben habe und ansonsten nur auf die Fragen zu antworten habe, die man an ihn richtete. Das war also die Schattenseite seines Kommando´s, er hatte nun Befehle zu befolgen, selbst wenn sie so bunte Hofschranzen gaben wie dieser Sekretär. Er wartete schon eine geraume Zeit und wenn er auch die erste Zeit genossen hatte, konnte er doch entspannt und unbeobachtet seinen Gedanken freien Lauf lassen, störte ihn das Warten nach gefühlten Stunden nun doch. So ging er auf und ab, bis ein Diener endlich den Vorraum betrat und ihm hieß zu folgen. Fallo betrat das Arbeitszimmer und der Gouverneur war hinter seinem Schreibtisch damit beschäftigt, seine Schreibfeder über das Papier fliegen zu lassen. Er war verblüfft über die Geschwindigkeit und Geschicklichkeit mit der dieser stattliche Mann die Feder führte, zumal andere Männer in seiner Position lieber diktierten. Ohne aufzusehen, schrieb er weiter, nur mit der Hand zeigte er Fallo einen Stuhl, auf den er sich setzen sollte.
Endlich endete er, reinigte die Schreibfeder und legte sie neben den Tintentopf. Trocknete das gerade Geschriebene mit einem Schwamm und legte es auf einen großen Stapel Dokumente.
„Nun mein lieber Kommandant, wie haben sie die Tage verbracht? Konnten Sie ein paar Männer finden?“ Der Gouverneur starrte ihn kühl in die Augen, sodass Fallo ahnte dass er auf was bestimmtes aus war. „Nun wir haben ungefähr vierzig Männer für unser Schiff werben können. Sie haben die Musterrolle ordnungsgemäß mit ihrem Zeichen versehen.“ Der Gouverneur stand auf und ging um den Tisch herum, baute sich vor dem nun sehr klein wirkenden Leutnant auf und mustert ihn eindringlich. „Wissen Sie, ich habe hier einige Beschwerden vorliegen, über Seeleute die im Hafen auf recht merkwürdige Art und Weise verschwunden sind. Eigentlich immer waren ein paar Männer von ihrem Schiff zugegen, als die Seeleute abhanden gekommen sind.“ Der Gouverneur seufzte. „Ich kann mir ja ihre Notlage vorstellen, aber wenn es nur ein paar Matrosen gewesen wären.“ Der Gouverneur nahm ein Blatt Papier vom Tisch. Zimmermann, Segelmeister, zwei Bootsleute, einen Schiffsarzt von der Santa Anna, dem größten Schiff im Hafen, ein Maat und sogar ein Affe soll zusammen mit anderen Seeleuten auf ihr Schiff entführt worden sein.“ Der Gouverneur brüllte die letzten Worte. „Ich muss ihnen mitteilen, mein lieber Fallo, das die Schiffseigner und Kapitäne von mir verlangten Euch das Kommando zu entziehen und die Männer wieder rauszurücken.“ Fallo wollte aufspringen…..“Gemach, Gemach! Vergessen sie bitte nicht wer vor ihnen steht. „Ich werde davon absehen. Zumal mir ihre Männer imponierten, haben sie es doch an Fantasie nicht fehlen lassen. Dem Schiffsarzt der Santa Anna wurde mitgeteilt, dass man an Bord der Cid ein Mittel gegen die Pocken gefunden hätte, auf einer Insel in den Key´s. Eine Baumfrucht sollte es sein, wie ich hörte. Nun die zwei Bootsleute hat man auf ihr Schiff gelockt, weil einer ihre Seeleute seine Schulden nicht bezahlen konnte. Sie wollten sie von ihnen einfordern wie ich hörte?“ Fallo nickte etwas verschämt. „Sie haben sie stattdessen Ihre Musterrolle unterzeichnen lassen. Mit dem Segelmeister haben sie aber ein ganz derbes Spiel getrieben. Ihre Männer haben ihm eine Hafenhure besorgt und beide auf ihr Schiff gebracht, damit er dort mit ihr ein Schäferstündchen abhalten konnte. Wie ich hörte gab es auch reichlich Rum dazu, was den alten Seebären ziemlich begeistert haben muss. Am nächsten Tag ließen sich schon drei Männer zu ihrem Schiff hinüber rudern, am folgenden waren es sechs. Und zu guter letzt, ließ man die Falle zuschnappen als im Laufe eines Tages nicht weniger als fünfzehn Männer bei ihnen eintrudelten. Sie alle unterzeichneten die Musterrolle, als bereits ihre Wolllust den Verstand besiegt hatte. Wie sie an den Affen gekommen sind will ich gar nicht wissen. Und das an Bord eines Kriegsschiffes des Königs von Spanien!“ Der Gouverneur schüttelte den Kopf. „Sie versprechen mir jetzt Leutnant, den Rest ihrer Crew auf etwas andere und für die Allgemeinheit akzeptablere Weise zu rekrutieren. Haben Sie das verstanden?“ Fallo ließ die Worte auf sich herabregnen, ohne etwas zu seiner Verteidigung zu sagen. Zumal er die Details gar nicht kannte, dass heißt bis zu dem Zeitpunkt als der Gouverneur sie so bildhaft wiedergab. „Darf ich ihre Exzellenz bitten mir ihre Quelle zu verraten?“ Der Gouverneur grinste. „Nein das dürfen sie nicht mein lieber Fallo. Aber ich müsste sie schon sehr falsch einschätzen, wenn ich annehmen müsste, dass sie nicht dahinterkommen werden. Die Männer bleiben bei ihnen an Bord. Sie werden ihre Pflicht leisten, ob sie wollen oder nicht. Der Sekretär gibt ihnen noch ein Schreiben mit für den Stadtkommandanten. Er wird ihnen Zutritt zum Gefängnis verschaffen. Sie können dort mitnehmen wen immer sie auch wollen.“ Fallo wurde blass. Das war das letzte Mittel auf das er zurück greifen wollte.
„So und nun gehen sie, ich erwarte die Klarmeldung ihres Schiffes innerhalb der nächsten zehn Tage. Sie werden auf See eine Mannschaft aus dem Gesindel machen.“ „Darf ich sie um etwas bitten Exzellenz?“ Der Gouverneur nickte. „Sie tun es doch bereits. Nun was soll es sein?“ „Wenn ich Gefangene auf mein Schiff bringen lasse, wäre es der Sache zuträglich wenn ich über ein paar Soldaten verfügen könnte.“ Der Gouverneur zögerte. „Nun auf einer Korvette sind Seesoldaten unüblich…… . Aber nun gut ich lasse von der Garnison zehn Männer für sie abstellen. Das ist dann aber auch wirklich alles was ich für sie tun kann.“ Fallo dankte ihn und verbeugte sich. „Der Gouverneur winkte ihn zur Tür raus. „Lassen sie mich allein Kommandant und dass mir keine weiteren Klargen kommen!“

Pietro sah wie sich die große Fregatte entfernte. So ähnlich hatte er auch damals die Aurelia beobachtet, während er mit Leutnant Fallo und seinen Männern im Beiboot versuchte Kuba zu erreichen. Auch wenn er dem Feind nichts Gutes wünschen wollte, solange sein Freund Diego an Bord war, durfte dem Schiff nichts geschehen. Andre Pereira, der zweite Kadett der Fregatte, starrte zu ihm herüber. „Du gaffst uns noch das Schiff kaputt. Hilf lieber am Segel Kerl!“ Die harschen Worte störten Pietro nicht, dass sie aber aus dem Munde eines Jüngeren kamen, das setzte ihn zu. Doch blieb ihm nichts anderes übrig und so half er den Männer auf der Pinasse routiniert und gewannt, als ob es ein spanisches Schiff wäre.
Hernando Leite war gar nicht wohl bei dem Auftrag den er bekommen hatte. Diese winzige Nussschale, würde vielleicht kaum Aufsehen erregen beim Feind, aber ob sie es in ihr überhaupt bis nach Yucatan schaffen würden, war eine ganz andere Frage. Er sollte mit ihr vor Campeche kreuzen, und den großen Konvoi verfolgen, falls er nicht noch im Hafen lag oder auch schon längst davon gesegelt war. Er schaute zurück über das Heck. Tatsächlich da war noch ein kleiner Kauffahrer, von dem Briten kommandiert. Assiz war sichtlich froh gewesen, den Kerl vom Bord zu haben. Die beiden winzigen Schiffe würden immer in Sichtweite zueinander stehen, damit einer von ihnen zur Flotte stoßen konnte, um vom Kurs des feindlichen Konvois Bericht zu erstatten. Tief tauchte die Pinasse ein, als sie unter vollen Segelpress stand, heftig dabei im Wellengang stampfend. Nur mit Mühe konnte Pereira die Bewegungen des Decks ausgleichen, wäre fast gestürzt dabei. Ärgerlich darüber schlingerte er unbeholfen zur Reling um dort Halt zu suchen. Sein erstes Kommando hat er sich wahrlich anders vorgestellt.

Kaum das Fallo an Bord war, lies er auch schon Fernando rufen, um ihn eine ordentliche Standpauke zu halten. Verdutzt hörte sich dieser an, was der Gouverneur seinem Kommandanten zu sagen hatte. Er bedauerte zutiefst dass Fallo die Suppe auslöffeln musste, die er und seine Komplizen ihm eingebrockt hatten. Als jedoch Fallo ihm erzählte, dass man nun den Rest der Besatzungen aus dem Gefängnis holen wollte, wurde er hellhörig. „Ach und wir können uns jeden aussuchen der dort inhaftiert ist?“ Fallo bestätigte. „Warum interessiert Dich das?“ Fernando zuckte mit den Schultern und winkte ab. „Übrigens kein Landgang mehr für Dich. Du wirst Dich bei Aznar melden, er soll mit Dir zusammen die Neuen einweisen und sie über ihr Schicksal vertraut machen. Bewacht Sie gut und ich will immer zwei vertrauenswürdige Männer an Deck wissen, die aufpassen dass keiner von den Neuen die Sause macht. Auch wenn die Wenigsten schwimmen können werden. Morgen kommen Soldaten an Bord, dann wird mir wohler sein. Fernando der gerade die Kapitänskajüte verlassen wollte, drehte sich noch einmal um. „Soldaten? Auf einer Korvette?“ Fallo lachte. „Den selben Einwand hatte der Gouverneur auch. Ja wir bekommen zehn Männer von der Garnison, was der Disziplin an Bord unseres Schiffes sicherlich nicht abträglich sein wird.“
Direkt nachdem der Seemann die Kabine verlassen hatte, überlegte Fallo was für ein Spion der Gouverneur an Bord haben konnte und was das für ihn bedeutete. Nun es war jemand der an Land gewesen ist, etwas was nicht viele an Bord der El Cid erlaubt war. „Früher oder später werde ich den Kerl finden und zur Rede stellen.
Fallo ging rüber zu den kleinen Heckfenstern, um auf die Stadt hinüber zu blicken. Morgen wird er sich wieder rüber rudern lassen, um seine Uniform anzuprobieren, die für ihn angefertigt wurde. Wehmütig dachte er an die Abfuhr, die er bei der jungen Frau erlitten hatte. Eines stand fest, er würde es wieder probieren. Denn wie sagt das Sprichwort? Steter Tropfen höhlt den Stein. Grinsend ging er zu einem kleinen Schrank und holte ein Buch heraus.
„Die Geschichte einer neuen Welt“ Fallo stutzte. Unter Navigationsakten und Karten ein philosophisches Buch an Bord? Er legte sich auf seine Koje und begann es zu lesen.

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Fridericus Rex
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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 21:20

Einundsechzigster Teil

„Nun Teniente, wer ist noch übrig von unserer Eiheit?“ Tamfelder schaute seinen Leutnant fast flehend an. „Ich hatte noch drei Husaren vorgefunden und Leutnant Calva. Er ist uns allerdings nicht zurück ins Lager gefolgt, warum kann ich nicht sagen.“ Tamfelder schaut Jimenez durchdringend an. „Es ist meine Schuld, der Preis den wir zahlten war einfach zu hoch.“ Jimenez schüttelte den Kopf. „Das ist nicht wahr Capitan. Wenn unsere Armee die Garnison rettet, dann war das Opfer nicht vergebens. Wollen wir nur hoffen, dass sie es rechtzeitig schaffen werden.‘
„Habt ihr was von dem Conden gehört, der mit uns gekämpft hatte?“Jimenez schüttelte den Kopf. „Nein Capitano, dass tut mir leid.“ Tamfelder beschloss aufzustehen, nur mühsam dabei seinen Schwindel überwindend. „Meint ihr Capitan, dass es die rechte Zeit ist? Ihr macht noch einen sehr geschwächten Eindruck.“ Tamfelder winkte ab. „Habt ihr etwas zu trinken Jimenez? Ich könnte etwas gebrauchen.“ Jimenez schüttelte den Kopf. Froh darüber das sein Vorgesetzter sich nicht betrinken konnte um mit seiner gefühlten Schuld zu Recht zu kommen. „Wenn ihr wieder einigermaßen bei Kräften seid, sollten wir der Armee folgen, vielleicht werden wir gebraucht.“ Tamfelder tastete auf dem Bett herum. „Wo ist meine Uniform? Mein Säbel und der Kürass?“ Jimenez zuckte mit den Schultern. „Ihr werdet warten müssen bis der Pater wieder kommt.“ Tamfelder packte seinen Teniente an der Schulter. „Jimenez!“ Er suchte nach den richtigen Worten. „Danke! Gehen sie! und suchen sie sich ein Quartier! Wir werden morgen zur Armee des Königs stoßen.“ Der Teniente verabschiedete sich. Bevor er aus dem Zelt trat, rief ihn Tamfelder noch einmal an. „Wißt ihr, dass auch mein Pferd gefallen ist? Verreckt durch meine Schuld. Ich habe es nicht zu defendieren gewusst. Jetzt ist der gute Gaul tot.“ Tamfelder schaute auf den Boden. „Gehen Sie schon, ich will Euch nicht länger durch meine sentimentale Gefühlsduselei belasten.“ Jimenez zögerte. Als Tamfelder zornig ihn anbrüllte. „Ich sagte gehen Sie! Sofort!“

DeCoster war ziemlich beschwipst und ich musste ihn stützen, konnte er doch sein Gleichgewicht kaum noch halten. So brachte ich ihn in sein Zelt, damit er seinen Rausch auskurieren konnte. Nur noch die Zelte des Lazaretts standen, der Rest, von einst so vielen Zelten die nun verschwunden sind, als ob sie von einem Sturmwind weggepustet worden wären. Käuze riefen aus den Baumwipfeln, hier und da hörte man Stimmen herüber wehen oder auch Schreie und Stöhnen von Verletzten.
„Kiko Du bist noch auf? Was soll das, mein Junge?“ Der kleine Trommlerjunge, kauerte auf den Boden vor DeCosters Zelt und döste vor sich hin. Übermüdet von den Anstrengungen des Tages. „Ich habe ihn gesehen! Er ist verwundet und liegt in einem Zelt dort drüben.“ Er zeigte auf eines der weißen Zelte, wo die Verwundeten untergebracht wurden, bis man sie weiter in das Hinterland transportieren konnte. Ich verstand ihn nicht. „Aber wen um Himmelswillen meinst Du?“ Kiko war außer sich. Er wollte anscheinend zu DeCoster und nicht zu mir, merkte aber bestürzt, dass unser belgischer Freund betrunken war und kaum noch anzusprechen ist. „Der Mörder liegt dort drüben! Er ist allein der Halunke. Wir können ihn jetzt nach dem Mädchen fragen. Ihr wisst doch! Der Mann der unseren Glatzkopf mit dem Mes…..!“ Ich unterbrach ihn. „Du siehst doch, dass DeCoster uns im Moment nicht helfen kann. Wir werden ihn morgen befragen. Auch ich habe eine Neuigkeit für Dich. Tamfelder liegt in meinen Zelt. Verwundet zwar, aber er wird es überstehen. Du kannst Dich doch erinnern? Er ist der Auslöser gewesen, warum wir überhaupt die Suche nach dem Mädchen begonnen hatten. Kiko verstand. „Ja der große Mann mit dem Brustpanzer.“ „Gehe ins Schwesternzelt Kiko und lege Dich hin! Auch Du wirst Ruhe brauchen. Ich habe es im Gefühl, dass der morgige Tag aufregend werden wird.“

Falls schlief fest, als sein Adjutant ihn wach rüttelte. „General! General bitte! Sie müssen mir zuhören!“ Falls hatte Mühe sich aus seinem Traum zu lösen. Es dauerte eine Weile, bis er sich zu Recht fand. Kaum das er jedoch wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, blickte er missbilligend zu seinen Adjutanten auf, der vor ihm stand. „Nun was wollen Sie?“ Er stand abrupt auf, hörte er doch jetzt Kanonendonner und das Knattern von Musketenfeuer. „Greifen uns etwas die Portugiesen an?“ Der Adjutant verneinte. „Schaut selbst, ich kann nicht verstehen was hier gespielt wird.“ Hastig fuhr Falls in seine Uniform. Ein Bursche wurde gerufen, der ihm in die Stiefel half und seinen Säbel umschnallte. Blitze spiegelten sich auf der Zeltwand und Falls mutmaßte, dass es sich bei ihnen nur um das Mündungsfeuer von Kanonen handeln konnte.
Falls war außer sich. Kaum das er aus dem Zelt getreten war und zum Westhang eilte, konnte er schon von weitem erkennen, dass es sich nicht um ein Gefecht handelte. Immer wieder krachten die Geschütze, mindestens fünfzig Stück an der Zahl. Über einer Länge von einer Meile, stieg westlich von dem Portugiesischen Lager Pulverrauch auf. Falls Gedanken rasten. Wie konnte die spanische Armee vom Ufer des Guadiana innerhalb eines Tages die Distanz bewältigen, die die Portugiesen in zweieinhalb Tagen zurücklegten? Er war schon durch die Fremden ins Grübeln geraten, hatte gemutmaßt, dass sich noch eine zweite Einheit des Feindes, mit derjenigen die ihn jetzt belagerte, vereinte. Doch jetzt wurde eine Schlacht geschlagen und es konnte einfach nicht anders sein.
„Gomez! Beeil Dich! Lasst die Männer antreten. Ich möchte in einer halben Stunde, alles bereit wissen für einen Angriff. Falls kommunizierte ausschließlich über seinen Adjutanten, selbst in Situationen wo Offiziere in der Nähe waren. die im Rang über seiner Ordonanz standen.“ Sein Adjutant wurde bleich. „Zu Befehlt Herr General.“ Auch die Männer seines Stabes eilten davon, wiesen die Regimenter ein für die Schlachtaufstellung und gaben den Batterien Befehle, die den Angriff einleiten und vorbereiten sollten. Trommeln dröhnten, Pfeifen gelten, Offiziere und Unteroffiziere schrien, trieben die Soldaten aus ihren Zelten. Benommen und müde vom letzten Tag, taumelten sie in ihren Reihen, geschlagen und mit den Knuten der Offiziere angetrieben, nahmen die Männer Aufstellung mit der Muskete bei Fuss. „Falls versuchte durch sein Fernrohr Einzelheiten der Schlacht zu erkennen die ungefähr drei Meilen nordwestlich von ihm geführt wurde. Aber der Gefechtslärm schien nicht abzunehmen, sondern im Gegenteil sich noch zu verstärken. „Beeilt Euch, treibt die Männer an! Wenn Die Portugiesen unsere Armee schlagen können, bevor wir angreifen, ist es aus mit uns! Gomez holen sie die Männer, die wir gestern von den Portugiesen gerettet haben!“ Der junge Offizier eilte davon. Falls schaute sich um. Schaurig war es anzusehen wie die Soldaten Aufstellung nahmen, waren sie doch im schwachen Schein der Feuer nur auf kurze Distanz deutlich sichtbar. Nur in den Blitzen der Mündungsfeuer wurde die ganze Linie sichtbar. Tausende Männer die sich auf ihren Einsatz vorbereiteten, der für viele den Tod bedeuten wird.

Tamfelder hatte nicht schlafen können. Ich hatte dieses Problem nicht und war gut gelaunt, was sich aber abrupt änderte als ich den Gesichtsausdruck des Freundes zur Kenntnis nahm. „Ihr macht Euch immer noch Vorwürfe? Könnt ihr denn nicht dem Erfolg Gewicht geben, die das Opfer Eurer Männer erst ermöglichte. Wie viele hätten sterben sollen, währen sie im Frontalangriff über den Fluss gestürmt? Wir beide haben doch gesehen, wie viele Männer vor einigen Tagen gefallen sind. In dem Hagel der Feindkanonen. Nein mein guter Tamfelder, es gibt andere Aufgaben auf die ihr Euch konzentrieren solltet.“ Tamfelder schaute mich nun erwartungsvoll an. „Und welche wären das Pater?“ Ich hatte diese Frage erwartet und war froh, dass ich ihm einige Neuigkeiten erzählen konnte. „Ihr könnt Euch noch an das Mädchen erinnern, das wir für Euch finden sollten?“ Tamfelder´s Miene hellte sich auf. „Ihr habt sie gefunden?“ Er ist aufgesprungen und packte mich an meinen Schultern. „Nun, noch nicht.“ Seine Miene verdunkelte sich. „Wir haben aber einen der Halunken gefunden, der sie gefangen hält.“ Tamfelder sprang auf. „Gehen wir zu ihm. Ich will schon dafür Sorge tragen, dass er seine Zunge löst.“ Ich sah seinen Zorn, doch auch ich wurde nun ungehalten. „Tamfelder, ihr wisst ich bin Euer Freund, stehe auch in Eurer Schuld für das was ihr für mich getan und gegeben habt. Aber der Tod und die Gewalt führen Eure Hand und ich mache mir Sorgen darüber, wie leicht ihr Menschen ins Jenseits hinüber schafft. Nehmt Euch zusammen und vor allem Zeit, nach Mitteln und Wege zu suchen die Menschen erlauben weiter auf Erden zu weilen. Ihnen vielleicht die Zeit zu geben, um zu bereuen und sich zu wandeln.“ Der junge Mann schaute mich entgeistert an. „Aber habe ich den Unschuldige getötet? Oder etwa nur solche die meines gleichen sind oder sogar noch schlimmere wie Mörder und Vergewaltiger? Haben Sie denn keine Hölle verdient für ihre Sünden?“ Ich atmete tief ein, wollte ich doch Zeit für eine Antwort gewinnen. „Ich hoffe es für Euch Tamfelder, dass es ausschließlich solche Menschen waren. Dennoch solltet ihr Euch überlegen, wem ihr das nächste Mal mit einer Waffe gegenüber tretet und mit Berechnung den Tod oder gar Schmerz zufügen wollt. Wir gehen jetzt zu meinen Freund dem Arzt. Ihr werdet Euch an ihn erinnern können, wenn er auch nicht mehr im besten Zustand zu sein schien.“ Tamfelder nickte. „Wir besprechen mit ihm das weitere Vorgehen. Außerdem gibt es noch jemanden der sich für ihn interessieren wird.“ Kurz erzählte ich von dem feigen Mordversuch an dem Glatzkopf, der immer noch im Hospizzelt lag. „Gut Pater, dann sei es so. Ich will Euch die Zügel in dieser Sache nicht aus der Hand nehmen.“ Er sah mich unverwandt an. „Zumindest nicht jetzt.“ Ich ärgerte mich sehr über ihn. Entgegnete jedoch nichts. Half ihm in seine noch vom Vortag feuchte Kleidung (ich hatte sie von meinen Schwestern so gut es ging reinigen lassen) und brachte ihn ein kleines Frühstück. Er bemerkte die Distanz zwischen uns, doch versuchte Tamfelder auch nicht sie zu überbrücken.

„Feuer!“ Falls hörte wie die Batterie rechts neben ihm, das Feuer auf das portugiesische Lager eröffnete. Man musste sich nun nicht mehr über die mangelnde Munition sorgen. Alles oder nichts, war jetzt die ultima ratio. Gomez keuchte herbei und erst jetzt schien Falls zu bemerken wie lange er weg geblieben war. „Was kommst Du allein? Wo sind die Herren Reisenden?“ Gomez keuchte, er musste eine größere Entfernung gelaufen sein. „Ich kann sie nicht finden. Keiner weiß wo sie geblieben sind.“ Der General hob seine Augenbrauen? „Nun vielleicht fürchteten sie die Schlacht und haben die Flucht ergriffen. Nun wer kann es ihnen verdenken. Gomez! Bringt mir mein Pferd! Wenn schon eine Schlacht, dann wollen wir doch nicht unsere wackeren Soldaten alleine sterben lassen. Sie da! Hernando Garcia! Sie übernehme, wenn es das Schicksal schlimm mit mir meint!“ Der Brigadegeneral salutierte und ließ sein Pferd etwas zurück fallen. Befehle schrien durch die Nacht und im Gleichschritt löste sich die erste Linie, bis die zweite folgte, dann die dritte und so weiter. Ein Wald aus Bajonetten blitzt, die Regimentsfahne der Abteilung links neben Falls wehte fast voll aus, die Trommler wirbelten ihre Stöcke und das Stampfen der Stiefel schwoll zu einem dumpfen Dröhnen an. Unvermindert donnerte und knatterte die weit entfernte Schlacht, wenn auch das Brüllen der Geschütze etwas abgeebbt zu sein schien.“ Falls rechnete nicht mir starker Gegenwehr an seiner Front. Was konnte der Feind ihm schon entgegen werfen? Eine schwache Reserve vielleicht oder ein paar Trosstruppen? Es wird ein Sieg, ein gewaltiger Sieg, das hatte er im Gefühl. Sein Sieg.





Zweiundsechzigster Teil

Die Männer der „El Cid“ wurden von den Maaten und Fallo hart ran genommen. Zwei Mal hatte der Kommandant schon Disziplinarmaßnahmen ergreifen müssen. Auch wenn er solche Strafen ungern verhängte, konnte er sich gegenüber den Männern, die alle Härten des Lebens erfahren hatten, auf keine andere Weise Respekt verschaffen. So wurde ein Seemann wegen eines Desertationsversuches ausgepeitscht und ein anderer wegen Ungehorsam für drei Tage in das Kabelgatt gesperrt. Nicht nur Fallo wusste das die beste Methode gegen Aufsässigkeit, Arbeit bedeutete. Und so brüllte Prieto Kommandos über das Deck, ließ die Planken des Decks schrubben, Segel klarieren und Übungen an den Kanonen und Handwaffen durchführen. Gerade der Drill an den Geschützen und Waffen, waren ein Mangel in der spanischen Marine, waren doch viele adelige Offiziere Kommandanten auf Schiffen, die eher als Jacht und Präsentationort ihrer Macht verstanden wurden, als ein Kriegsschiff des Königs von Spanien.
Ein Seeemann öffnete Fallo die Relingspforte, unter der bereits das Boot für den Kommandanten wartete. In dem Moment wo er die Jakobsleiter ab enterte, ließ Prieto gerade wieder die Zähne der Cid ausrennen. Die Mündungen der Kanonen wurden eilig aus ihren Pforten geschoben, wenn auch nur fünf oder sechs Geschütze bemannt waren, ein beeindruckendes Bild für Fallo. Trotzdem zeigte es deutlich was für ein Mangel an Männern er hatte. Sein Blick wanderte auf die Fregatte die unterhalb des Westforts auf der Reede lag. Immer wieder blitzten Ferngläser herüber, ein Zeichen für Fallo, das man ihn, sein Schiff und seine Männer beobachtete.

Der Hafen Havanna´s füllte sich immer mehr mit Schiffen, die zwar in den Hafen einlaufen, ihn aber nicht mehr verlassen durften. Die beiden Hafenfestungen würden das Feuer sofort eröffnen, wenn ein Kaufmann dem Gouverneursbefehl zuwider handeln würde und allein versucht die Blockade am Ostausgang der Floridastraße zu durchbrechen. So wanderte Fallo´s Blick während der Überfahrt rüber zum Kai, wo sich eine große Menschentraube bildete, um vor der Hafenkommandantur zu demonstrieren. Die Kaufleute, Reeder und Kapitäne verstanden nicht, warum man nicht schon längst einen Konvoi zusammen gestellt hat, lagen doch immerhin drei Kriegsschiffe im Hafen. Das Boot war vielleicht noch dreißig Fuss vom Anlegepunkt am Kai entfernt, als die Menge auf den Kommandanten aufmerksam wurde, lautes Geschrei anstimmte und mit Steinen nach dessen Boot warf. Man schimpfte ihn Feigling, Schande Spaniens und einige andere peinliche Wörter drangen in sein Ohr. Erschrocken wich er einem Pflasterstein aus, der nur um Haaresbreite an seinem Kopf vorbeistrich und hinter ihm klatschend im Brackwasser des Hafens fiel. „Wir sollten woanders anlegen Herr Kommandant!“ Fallo stimmte dem Bootsführer zu und so änderte das Boot seinen Kurs auf die gegenüberliegende Kaimauer des Hafens, die fast eine halbe Meile entfernt war. Sie mussten jedem Kauffahrer weiträumig umfahren, von überall her pfiffen Seeleute von ihren Schiffen, warfen Früchte nach dem Offizier, brüllten und schimpften auf ihn ein. „Der Gouverneur wird bald reagieren müssen, sonst bricht hier noch eine Aufstand los. Fallo bejahte die Worte des Bootsführers. Auch wenn er die Kaufleute verstand, mussten diese doch einsehen wie gefährlich die Kriegsschiffe des Feindes für sie waren.
Nun endlich konnte er aus dem Boot steigen, eilte sich, das Hafengelände zu verlassen, dabei tief seinen Hut in die Stirn ziehend.


Mit schnellen Schritten ging Fallo durch die engen Gassen der Stadt, fand den Marktplatz im geschäftigen Treiben vor und hielt auf das Haus des Schneiders zu. Eine alte Frau, saß in einer Ecke des Verkaufsraumes und legte Stoffe zusammen um diese in einem großen Schrank zu verräumen. Von der jungen Frau war zur Enttäuschung Fallo´s nicht zu bemerken. „Guten Tag! Darf ich fragen wo die Nichte des Ladenbesitzers ist? Ich sollte kommen um die bestellten Kleidungsstücke anzuprobieren.“ Die Magd stand ächzend auf, setzte ihr doch die Gicht sichtlich zu, nickte und verschwand durch einen breiten Vorhang in den Hinterraum. Stimmen wurden laut und endlich betrat die Schneiderin den Raum, ein paar Röcke und Hosen auf den Armen tragend. Fallo verbeugte sich, was sie mit einem Kopfnicken quittierte, legte die Kleidung auf einem breiten Arbeitstisch ab und hielt einen Uniformrock hoch, ihn dabei fachmännisch wertend. Fallo fragte sie nach ihrem Befinden, doch sie antwortete kurz angebunden und unterbrach das Gespräch mit der Aufforderung, dass der Kommandant seine Uniformen anprobieren solle und deutete auf eine Trennwand, hinter der er sich umziehen sollte. Fallo folgte ihrer Aufforderung und begab sich dahinter um sich umzukleiden. Immer wieder schaute er über die Wand, konnte den Blick von der jungen attraktiven Frau nicht abwenden. „Darf ich fragen, womit ich ihren Unmut erregt habe? Ich scheine sie irgendwie zu verärgern.“ Die Schneiderin schaute missgestimmt auf sie Sichtbariere. „Ich glaube nicht, dass sie eine derartige Bedeutung für mich haben Herr Offizier, als das sie einen Stimmungswechsel bei mir verursachen könnten.“ Trotzdem wurde ihr Ton etwas freundlicher. „Nun wie sieht es aus? Sitzt die Uniform?“ Fallo trat hervor und zeigte sich. Sie kontrollierte den Sitz, strafte hier und da den Stoff, schien aber mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. „Ich wollte nicht unverschämt sein. Entschuldigen Sie bitte.“ Die Frau schaute ihn ins Gesicht, ohne jegliche Scheu und Zurückhaltung. „Nun dann haben sie sich ja ein glückliches Ziel für Eure Zukunft gesetzt, Herr Kapitän.“ Fallo gab nicht auf. „Darf ich Euch nach Euren Namen fragen?“ „Yvette Brandao, wenn ihr Euch damit endlich zufrieden gebt. Ich würde Euch bitten Herr Leutnant, sich auf unser Geschäft zu konzentrieren. Jegliches anbandeln wird für sie ohne Erfolg sein, bin ich doch bereits glücklich vergeben.“ Fallo ärgerte sich, nahm sich aber vor es ihr nicht zu zeigen. „Darf ich fragen wer der Glückliche ist.“ Yvette zögerte mit der Antwort, ihn dabei entnervt musternd. „Sie scheinen nicht so schnell aufzugeben. Wie?“ Fallo grinste. „Das wäre in der Tat nicht meine Art.“ „Nun mein Bräutigam begleitet meinen Onkel und ich erwarte ihn täglich zurück. Er wird das Geschäft übernehmen wenn mein Oheim es nicht mehr führen kann.“ Fallo sah wie sich ihre Mimik veränderte und Sorgen in ihr erkennbar wurden. „Ihr habt Angst wegen den Aufständen?“ Sie nickte ihm zu, während sie den Sitz seiner Uniform mit Nadeln absteckte. „Bitte, wenn ich helfen kann?“ Sie schaute zu ihm auf. Eine Träne lief über ihre Wange herunter. „Sie müssten schon seit zwei Tagen wieder hier sein. Ich fühle dass etwas nicht stimmt mit ihnen.“ Fallo schämte sich, dass von ihm so herbeigesehnte Gespräch auf diese Weise erreicht zu haben. „Wenn sie möchten werde ich bei dem Gouverneur anfragen, ob man etwas von Überfällen gehört hat. Ist er weit verreist?“ Sie schüttelte den Kopf. „Er wollte zu ein paar Plantagen ungefähr fünfzig Meilen südwestlich von Havanna.“ Fallo dachte nach. „Wenn dem so ist, dürfte er keine Gefahr laufen den Aufständischen zu begegnen. Sie sind weiter im Osten der Insel aktiv. Wenn sie wollen schicke ich einen Mann der nach ihrem Bräutigam und Onkel suchen soll.“ Yvette taute auf. „Das wollt ihr tun für mich?" Sie wurde etwas verlegen und zierte sich in seine Augen zu schauen. "Es tut mir leid, ich war nicht besonders höflich zu ihnen.“ Fallo winkte ab, nur mit Mühe seine Enttäuschung versteckend. „Wir werden hoffentlich bald Nachricht erhalten. Ich irre mich nicht in der Annahme, dass auch ihr Onkel Brandao heißt?“ „Ja er ist der Bruder meines verstorbenen Vaters und sorgt seit klein auf für mich.“ Fallo wollte nun nicht länger bleiben. Bat die Schneiderin mit der Fertigstellung seiner Röcke sich zu eilen und verabschiedete sich. Sie sprach ihn noch einmal an, bevor er die Tür des Ladens erreichte. „Wenn sie es immer noch wünschen, kann ich sie gerne durch die Stadt führen.“ Fallo drehte sich noch einmal zu ihr um. „Ich möchte nicht das sie sich verpflichtet fühlen, nur weil ich ihnen helfen will.“ Sie schien ihn zu verstehen und er verließ den Laden, seine endgültige Niederlage um ihre Gunst nur schwer verkraftend.
Der Tag hatte nicht besonders glücklich für ihn begonnen und so machte er sich auf den Weg zu der Stadtkommandantur, wo sich auch das Gefängnis Havanna´s befand. Der große nüchterne Steinbau, mit Zinnen und Türmen wehrhaft und trotzig wirkend, war ein respektables Gebäude. Der Vorplatzt war leer und die Bürger Havanna´s schienen ihn nicht besonders einladend zu finden, fanden sich doch nur wenige von ihnen die hastig vorüber eilten. Zwei Soldaten in steinernen Wachhäusern, kontrollierten die vom Gouverneur ausgehändigten Befehle, dabei allerdings nur das Siegeln kontrollierten, konnten sie doch augenscheinlich nicht lesen. So winkten sie ihn durch und er betrat durch einen breiten tunnelartigen Gang den Innenhof des Gebäudes. Ein Mann in Zivil eilte vorüber und so hielt Fallo ihn auf, um nach dem Amtszimmer des Stadtkommandanten zu fragen. „Ihr findet es im ersten Stock. Ich würde Euch hinbringen, doch bin ich in Eile. Seht ihr dort die offenen Fenster? Das ist das Sektreteriat. Meldet Euch dort, man wird Euch dann weiterhelfen.“ Schon war der Bürokrat wieder auf seinen Weg und zwischen den Säulen des Wandelganges verschwunden. So fragte sich der Kommandant der El Cid weiter durch, bis er endlich nach geraumer Zeit im Amtszimmer des Stadtkommandanten stand und die Befehle zur Rekrutierung von Gefangenen überreichen konnte. Der Befehlshaber der Stadtwache war ein gealterter Offizier, mit harten, knockigen Gesichtszügen, breiten Schnurrbart und spiegelblanker Glatze. Er überflog die Zeilen, brüllte nach einer Ordonanz und schon wurde Fallo wieder aus dem Amtszimmer heraus komplimentiert. Ein junger Sergeant in Begleitung von sechs Soldaten führte ihn in den Keller, wo in einem unterirdischen fensterlosen Gang von fast zweihundertfünfzig Fuss Länge, sich die Zellen befanden. Erschrocken sah Fallo in hohlwangige, bleiche Gesichter, die ihn durch die Gitter anstarrten. Viele der armen Kreaturen in diesem Gewölbe waren bis zum Skelett abgemargert, so dass die Ketten an ihren Fuss- und Handgelenkten überdimensioniert und noch brutaler wirkten als sie es eh schon waren. Fallo musste sich an die stickige Kellerluft erst gewöhnen, Gestank nach Fäkalien und Erbrochenen lag in der Luft, während man ihn durch den Gang führte. Immer wieder brüllten die Soldaten durch die Gitter, bis die Insassen der Zellen hinter den Eisenstäben sichtbar wurden. Einige steckten ihren Kopf zwischen die Beine der anderen durch, scheinbar nicht mehr in der Lage aufrecht zu stehen. Fallo war außer sich. Damit sollte er ein Kriegsschiff bemannen? „Sergeant, ist das alles was sie an Männern haben?“ Der Soldat kratzte sich nachdenklich und sichtlich verlegen an dem Kopf. Einer der Wachsoldaten deutete auf zwei Zellen weiter hinten im Gang. "Dort sind etliche Seeleute die wir letzte Nacht herein bekommen haben. Eine große Hafenschlägerei, mit zwei Toten und etlichen Schwerverletzten. Die Taverne ist kaputtgeschlagen, sogar das ganze Haus muss repariert werden." Fallo ging den düsteren von einigen Pechfakeln nur spärlich beleuchteten Flur hinunter. Tatsächlich zeigten sich hier mürrisch etliche Seeleute an den Gittern. „Was wird aus ihnen?“ Der Sergeant wandte sich zu einem der Wachsoldaten um. „Nun ich denke man wird eine Geldstrafe von den Reedern oder Kapitänen verlangen.“ Fallo schaute dem Mann keck in die Augen. „Bringt sie alle auf mein Schiff! Ich habe die Order des Gouverneurs dazu!“ Der Wachmann schaute ihn ungläubig an. Aber das kann doch bestimmt nicht für diese Männer gelten. Fallo wurde ungehalten. „Soll ich Euch selbst den Befehl des Gouverneurs vorlesen?“ Der Sergeant duckte sich zusammen, unter dem Gebrüll des Schiffskommandanten. „Ich denke das wird nicht nötig sein.“ Fallo sah wie man einen Seemann nach den anderen heraus führte und Ketten an Füße und Hände legte. Diese hatten das Gespräch zwischen den beiden Soldaten verfolgt und mußten gezwungen werden aus der Zelle herauszutreten. Immer wieder stießen die Soldaten mit den Kolben ihrer Musketen auf die Gefangen ein, drohten ihnen und brachten sie tatsächlich zur Räson. Der Wachsoldat trat an Fallo heran. „Ich habe hier einen ehemaligen Kapitän, der unter recht unglücklichen Umständen hierher gekommen ist. Vielleicht kann er Eurer Sache dienlich sein. Ich habe auch noch andere Männer, die vielleicht keine richtigen Seeleute sind, aber für die diese Chance die letzte sein könnte. Was hat der Kapitän ausgefressen? Der Wachsoldat trat an Fallo´s Ohr. „Sagen sie es bitte keinen! Dieser Narr hat die Tochter des Stadtkommandanten geschändet. Worüber ihr Vater gleich aus doppelter Hinsicht außer sich war vor Wut. Sollte sie doch den Sohn des Gouverneurs ehelichen, was jetzt natürlich nicht mehr möglich ist. Sie wurde in einem Kloster untergebracht und ist nun eine Braut Christi." Fallo pfiff durch die Zähne. „Bring mir die anderen Männer ebenfalls auf mein Schiff! Aber nur, wenn sie noch aus eigener Kraft gehen können. Und sorgt Euch mehr um die Gefangenen, es sind doch Menschen." Der Wachsoldat schaute ihn ärgerlich an. „Nein es sind Verbrecher!“ Fallo versuchte sich zurück zu halten. „Wann werden sie die Männer auf die El Cid gebracht?“ „Nun ich habe den Befehl für heute Nacht, damit sie nicht die Bürger mit ihren verkommenen Anblick verärgern werden.“ Fallo war froh diesen düsteren Ort verlassen zu können. Hier wurden anscheinend keine Männer gefangen gehalten, sondern beerdigt. Verschwunden von der Bildfläche, für die meisten wahrscheinlich für immer.

Senora Desatera war augenscheinlich zufrieden. Zwar hatte man ihr den entlaufenen Sklaven Ohini nicht bringen können, dafür aber einen der Seemänner die den anmaßenden Leutnant begleitet hatte. Sie selbst würde sich seiner annehmen, wollte sie doch unbedingt erfahren, wie es ihren neuerklärten Feind inzwischen ergangen ist. Doch hatte sie jetzt keine Zeit, denn Ibarre ist mit seinen Männern zu ihr auf die Plantage gekommen, aber anscheinend nicht um ihr seine Aufwartung zu machen. So eilte sie die lange Treppe des Herrenhauses herunter und begrüßte den Commandante für ihre Verhältnisse sehr herzlich. Ihr Blick wanderte über die etwa fünfzig Reitersoldaten, die der Offizier als Begleitung mitgebracht hatte. „Nun sie scheinen mir nicht den versprochenen Besuch abhalten zu wollen. Sie kommen aus einem offiziellen Anlass wie es scheint.“ Ibarre nickte. „Ihre Plantage wird in den nächsten zwei Tagen mit hoher Wahrscheinlichkeit von den Cimaron angegriffen werden. Ich habe Befehl erhalten, sie notfalls mit Gewalt zu evakuieren. Sollten ihre Männer mich daran hindern wollen, lasse ich auf sie schießen.“ DeSatera´s Ausdruck blieb freundlich, was Ibarre nicht erwartet hatte. Aber ihr Blick richtete sich kurz auf zwanzig ihrer Aufseher die in einiger Entfernung Aufstellung genommen hatten. Sie waren mit kurzen Säbeln, Gewehren und Pistolen bewaffnet und sicherlich gab es noch mehr von ihnen. „Mein lieber Ibarre! Ich würde sie bitten, mir die Einzelheiten ihres Besuches im Haus näher zu bringen. Ich bitte sie um Verständnis dafür, aber ich halte die Gesellschaft in der wir uns befinden für unpassend.“ Ibarre stammelte ein paar Worte des Einverständnis und lies sich gewandt aus dem Sattel des Pferdes fallen. „Ich möchte noch ein paar Sachen packen und vielleicht haben wir ja auch noch die Zeit eine Kleinigkeit zusammen zu essen?“ Sie lachte ihn herzlich an und schob ihn in das Atrium des prachtvollen Gebäudes. „Ihre Begleitung kann ja im Gesindehaus, derweil auf uns warten. Ich muß auch noch ein paar Anordnungen treffen für die Abreise.“ Ibarre bat sie kurz unterbrechen zu dürfen. „Ich bin wegen ihnen hier Senora. Ihre Männern und Sklaven müssen hier bleiben. Am besten wäre es wenn man sich ihrer entledigen könnte?“ DeSatera schaute ihn überrascht an. „Sie meinen ich soll meine Sklaven töten lassen?“ Ibarre nickte. „Sie würden die Aufständischen nur verstärken, was fatale Folgen für uns haben kann.“ DeSatera wurde sichtlich ungehaltener. „Ich habe Verständnis dafür dass sie einen Krieg führen müssen, doch würde mich ihr Vorhaben ruinieren. Sie können ja auch nicht erwarten das ein Rinderbesitzer seine Kühe schlachtet, nur weil ein paar Wölfe durch die Nachbarschaft schleichen.“ Ibarre schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht in der Lage mit ihnen über meine Befehle zu diskutieren.“ DeSatera nickte ihn zu. „Gut dann machen sie sich frisch! Ein gemeinsames Abendessen werden sie mir ja wenigstens zugestehen.“

Pietro war erschöpft. Ständig wurde die Mannschaft zu Segelmanövern gerufen, hatte sich doch das Wetter sehr verschlechtert. So stand er an den Pumpen um zu lenzen, kletterte auf den Mast um Reffs einzubinden oder hing in den Seilen um bewegliche Teile der Schiffausrüstung sturmfest zu machen.
Leite war sichtlich besorgt. Den kleinen Kauffahrer des Engländers hatte er verloren. Ein tropischer Sturm, eigentlich unüblich für diese Jahreszeit, hatte sich gebildet und die Sicht auf das Partnerschiff unterbrochen. Immer wieder musste er gegen meterhohe Wellen einlenken, vom eigentlichen Kurs abweichen um die Sturmwellen abzureiten. Ein Mann ging schon über Bord, seine Schreie verstummten hinter dem Heck des kleinen Schiffes im Nichts.
Mit Befriedigung sah Pietro wie Pareira der Kadett, sichtlich Probleme mit dem Seegang hatte und sich immer wieder an der Reling übergeben musste. Schon wollte er zu ihm rüber gehen, Mitleid heucheln, als Rache für die Schikane die er immer wieder durch den Jüngeren erfahren musste, doch schrie der Bootsmann ihm schon wieder ein Befehl zu und er eilte sich mit den Männern in die Wanten zu steigen um eine zerfetztes Segel zu klarieren.
Bis nach Campeche waren es noch drei oder vier Tage gewesen, der Sturm trieb sie aber wieder nach Südosten, gefährlich nahe an die Küste Kubas heran. Leite war verzweifelt, hatte er doch keine Möglichkeit den eigentlichen Kurs zu halten.
„Ein Leck, wir haben ein Leck!“ Leite bemerkte wie ein Mann zu ihm herauf stürzte. Über und über durchnässt. „Wir haben ein Leck und laufen voll. Was sollen wir tun Leutnant?“ Leite sprang die Stiege hinunter und stand bis zu den Knien im Wasser. Die Männer standen verzweifelt an den Pumpen und lenzten was das Zeug hielt und ihre Kräfte her gab. „Wir müssen ein Lecksegel ausbringen! Verdammt was ist das nur für ein Seelenverkäufer. Los beeilt Euch Männer, bevor unser letztes Stündlein geschlagen hat!“ Leite wusste, würde dieser Sturm nicht in den nächsten zwei Stunden abflauen, wäre es um sein Schiff geschehen. „Los ihr da! Helft mir! Mit einen Bootshaken versuchten sie ein Wasserfass unter Kontrolle zu bringen, das immer wieder gegen die Bordwand schlug, sobald sich das Schiff von einer Seite auf die andere über legte. „Da haben wir den Übeltäter. Los zurrt es fest! Und kontrolliert die anderen.“ Das Lecksegel wurde immer wieder von der Bordwand weggeschwemmt. Es konnte sich nicht über das Loch im Rumpf legen und es durch den Wasserdruck verschließen. Die Seeleute versuchten es verzweifelt weiter und sie beobachteten voller Furcht wie das Wasser die Bordwand immer weiter nach oben stieg.





Dreiundsechzigster Teil

Die Infanterie des General Falls hatte nun den Fuß des Hanges erreicht, ohne das man den Feind bisher entdeckt hätte. Das feindliche Hauptlager war nicht mehr weit, ne halbe Stunde vielleicht noch und dann würde man den Feind von hinten packen können. Um ihn zwischen die königliche Armee und der eigenen Abteilung zu zermalmen. Pferde wieherten, Reiter schrien, als eine Kavallerieabteilung vorbeipreschte um die Fühlung mit dem Gegner aufzunehmen. Die Gesichter der Männer waren ausdruckslos, Falls wusste, dass es hinter der Stirn dafür umso mehr Bewegung gab. Auch ihm war flau im Magen, trotz der gebotenen Chance einen ruhmreichen Sieg zu erringen. Die Nacht wurde immer wieder erhellt von den Blitzen der Schlacht, ihre Ruhe durchbrochen vom Donner der Geschütze und den Salven aus hunderten von Musketen. Sonor klangen die Stiefelabsätze auf dem trockenen Boden der Sierra, hell klirrten Säbel und andere Waffen, Beschläge an den Uniformen oder dem Zaumzeug der Pferde. Bedrohlich wirkte der Klang der Trommel, die der Feind nun hörte und ihn zur einer Reaktion herausforderten.
„Gomez was ist dort vorne los?“ Gewehrfeuer war zu hören, helles Knallen aus den Karabinern der Kavallerie und dumpferes Feuer aus den längeren Infanteriegewehren. „Unsere Vorhut hat Feindkontakt!“ Falls schaute seinen Adjutant ärgerlich und abwertend an. „Soviel konnte ich mir bereits selber zusammen reimen vielen Dank.“ Gomez wusste was sein General verlangte, gab seinem Pferd die Sporen und eilte nach vorne. „Lasst das erste Bataillon im Laufschritt vorrücken. Falls sich der Feind als stark erweist, möchte ich die Kavallerie nicht im Stich lassen. Ein Capitan an seiner Seite nickte und gab den Befehl weiter. Befriedigt konnte der General zusehen wie nur wenige Augenblicke später ein Trompetensignal ertönte und die vorderste Abteilung in Kolonnenformation auf das Lager vorrückte.
Immer noch schoss die Artillerie auf das Lager, mit Besorgnis sah Falls wie Dreckfontänen hochspritzten, gefährlich nahe bei seinen eigenen Truppen.
Gomez kam wieder heran gehetzt, riss sein Pferd herum und blieb abrupt an der Seite seines Generals stehen. Er salutierte, wollte Meldung machen, doch hatte er Mühe die rechten Worte zu finden. „Beruhigen Sie sich erst einmal! Was passiert dort vor uns?“ Gomez holte tief Luft. „Es sind starke Verbände im Lager. Bestimmt ein oder sogar zweitausend Mann. Es muss sich um die Reserve handeln.“ Falls nickte. „Gut wir setzen den Angriff fort. Schicken sie einen Melder zu Hernandez! Er soll das Lager von beiden Seiten flankieren.“ Es war schwer in der Dunkelheit den Überblick zu behalten. Vor ihnen lieferten sich die Reserve der Portugiesen und Falls Vorhut ein heftiges Gefecht. Gelang es Hernandez mit seinen Regimentern in die Flanke des Feindes zu fahren, würde das Vorspiel zu seinen Gunsten entschieden sein. Jetzt tauchten die ersten Zelte auf, fast herunter gebrannte Wachfeuer erhellten nur spärlich die Umgebung, Ausrüstung lag am Boden, nicht viel eigentlich, sogar recht wenig.
Falls war enttäuscht. „Viel Beute machen wir anscheinend nicht.“ Gomez wagte es zu grinsen. Falls beobachtete erstaunt, wie einige Soldaten ihre Gewehre zur Seite richteten und nun sogar abfeuerten. Überrascht richteten sich seine Augen nach recht, wo nun tausende von grauen Uniformen aus dem Dunkel der Nacht traten. Dem General wich das Blut aus dem Gesicht. Wenn hier so viele Soldaten des Feindes eingesetzt wurden, wer kämpfte dann dort vorne gegen die Armee des Königs? Waren die Portugiesen doch stärker als er vermutet hatte? Knattern löste sich eine Salve des Feindes, spanische Soldaten schrien, man hörte wie Kugeln in Körper fuhren, in den Boden peitschten oder jaulend durch den Himmel schnitten. „Formiert Euch zur Abwehr Männer, bleibt ruhig!“ Falls war kein furchtsamer Mann, zog seinen Säbel und trieb die Leute an eine Linie zu bilden. Kurz richtete er seinen Blick nach links, wo es zuerst zur Feindberührung kam. Dort schien der Feind zu weichen, sog die eigenen Truppen hinter sich her wie Falls beunruhigt feststellte. Wich er nun wirklich aus Schwäche? „UUUUUUUHHHHHHAAAARRRRR!!!!!“ Die Portugiesen griffen nun mit aufgepflanzten Bajonett an, einige dutzend führten auch Halbpieken und Pistolen, etliche auch kurze Säbel und Schwerter. „Feuer!“ Falls brüllte es so laut er konnte. Die Salve wirkte furchtbar unter dem Feind, mit Befriedigung sah er wie mehrere Dutzend Männer des Feindes zu Boden gingen. „Pflanzt die Bajonette auf! Gomez bleiben sie an meiner Seite! Wir müssen jetzt den Männer zeigen, dass auch wir zu kämpfen verstehen.“ Mit Gebrüll rannten die Portugiesen gegen den Bajonettwald der Spanier an. Ein Nahkampf entbrannt zwischen gleich starken Gegnern. Falls selbst stand in der Linie, schlug mit seinen Säbel auf dien feindlichen Soldaten ein. Gomez blieb ihm nichts schuldig, überrascht musste der General feststellen, dass der junge Offizier ein hervorragender Kämpfer war. „Ihr seid ja ein wahrer Teufel! Vorsicht Junge, rechts kommt einer!“ Gomez konnte noch rechtzeitig den Angriff eines portugiesischen Offiziers kontern, fing dessen Hieb ab, parierte und konterte mit einem Schlag in das rechte Bein des Gegners. Falls riss sein Pferd herum, immer wieder bemüht den Anschluss zu den eigenen Leuten zu halten. Längst hatten die feindlichen Soldaten erkannt, dass ein Stabsoffizier in den vordersten Reihen der Spanier kämpfte, wollten ihn isolieren und töten damit die Moral seiner Männer schwand. „Wir müssen zurück! Gomez! Gomez! Lasst Euch nicht abdrängen!“ Falls rief ein paar Männer an. „Los kommt mit, wir hauen ihn da raus!“ Verbissen versuchte der General seine Ordonanz beizuspringen. Doch erschrocken musste er mit ansehen wie dessen Pferd stürzte. Kurz hielt er im Kampf inne, zu seinem Glück fing ein eigener Soldat den Bajonettangriff eines Portugiesen ab, der auf sein Leben aus war. Er sah überascht wie die beiden Gegner kämpfend im Pulverdampf wieder unterttauchten. „Gomez!" Er beobachtete wie sich der Mann durch die Reihen der Gegner kämpfte, zusammen mit fünf weiteren Kameraden.
Garcia schrie seinen General etwas zu. Doch Falls hörte ihn im Gefechtslärm nicht. Verbissen kämpfte er weiter, bis endlich sein Adjutant in Sicherheit war. Der Brigadegeneral riss nun Falls Pferd mit Gewalt aus der Linie. „Was soll das Garcia?“ Er war außer Atem, Schweiß stand auf seiner Stirn, kurz seinem Blick auf die Klinge seines Säbels heftend, die von Blut getränkt war. „Wir werden nun aus allen Richtungen angegriffen General. Wir sind in der Falle!“ Falls schaute seinen ranghöchsten Offizier an, als ob dieser getrunken hätte. Er musste etwas sagen, schnell, bevor die Männer die Situation verstanden. „Formiert die Verteidigung, wir müssen uns auf den Hügel zurück ziehen.“ Garcia zeigte mit seinem Säbel auf die Anhöhe. Drei oder vier Blitze zuckten auf und schon rasten Kanonenkugeln heran und schlugen in die spanischen Reihen. Zerfetzten Körper, oder rissen sie mit sich fort. Falls war entsetzt. Wie konnte ihm das passieren? Hatte er die Gerissenheit des Feindes so unterschätzt? Hatte man ihm eine ganze Schlacht nur vorgegaukelt?“ „Organisieren sie die Verteidigung! Verschaffen Sie mir Zeit!“ Garcia preschte geschickt durch die eigenen Reihen. Noch waren sie in der Lage den Gegner zu trotzen, doch das Blatt hatte sich gewendet. Aus den Angreifern sind nun Verteidiger geworden. Im Augenwinkel sah er Gomez, der keuchend die Männer zum Kampf anfeuerte, grimmig mit seinem Säbel dabei um sich schlagend. Falls würde nicht aufgeben, solange noch sein Herz Blut durch seinen Körper pumpen konnte.

DeCoster hatte sich am Morgen mehrere Male übergeben. Ich versuchte ihm so gut wie es mir nur irgend möglich war zu helfen. „Da habt ihr Euch ja wohl eine ziemlich üble Suppe eingebrockt. DeCoster richtete sein bleiches Gesicht auf mich. „Ihr braucht mir nicht zu spotten, Pater! Ich bin gestrafft genug.“ Kiko wartete ungeduldig, bis er endlich DeCoster gesprächsbereit fand. „Nun Junge was brennt Dir denn im Herzen?“ Kiko stotterte. „De…Der Mann, der Mör……der! Ihr wisst doch Doktor. Der den Glatzkopf umbringen wollte.“ DeCoster runzelte die Stirn. „Ist er nicht fort, wie die anderen Soldaten auch?“ Kiko schüttelte energisch den Kopf. „Nein er liegt in einem Zelt, er ist verwundet.“ DeCoster ging in sein Quartier und holte die Instrumententasche, dabei eine Hand an der schmerzenden Stirn haltend. „Warum straft man mich nur so, es waren doch wirklich nur ein paar Gläschen.“ Tamfelder und Jemenez wirkten wie unbeteiligte Zuschauer. Ich sah in den Augen des Preußen, wie sehr er sich zusammen reißen musste. Er begegnete meinem Blick und versuchte ein gequältes Lächeln. „Nun komm und zeige uns wo er liegt!“ Kiko wäre fast gelaufen und wir hatten Mühe mit ihm Schritt zu halten. Das Zelt war nicht weit, einhundert Fuss vielleicht. Es war groß, fast wie das Hospizzelt. „Ich werde allein hinein gehen. Ihr wartet draußen! Du Kiko begleitest mich und zeigst mir dne Schurken. Wenn ich weiß, wie es um ihn steht, können wir uns immer noch beraten wie wir ihn zum sprechen kriegen.“ „Keine Gewalt!“ Tamfelder schaute mich missbilligend an, schwieg jedoch. DeCoster richtete abwechselnd den Blick auf uns, anscheinend den Kontrast unseres Wirkens verstehend. „Keine Angst Pater, wir werden schon nicht gleiches mit gleichem vergelten. Ihr kennt mich doch. Wenn ich auch kein Heiliger Mann bin wie ihr, liegt mir doch als Arzt nichts ferner als einen Menschen Leid zuzufügen, egal welche Schuld er auch zu tragen hat.“ Mit diesen Worten verschwand er im Zelt während wir davor auf die Rückkehr der beiden warteten. Es dauerte lange bis er zurück kam. „Er ist nicht in Lebensgefahr. Er hat eine Musketenkugel in der Schulter, die ich ihm entfernen werde, aber das sollte nicht schwierig werden. Ich glaube dass wir hier auch ansetzen sollten, denn er selbst weiß noch gar nichts. Lasst mich versuchen seine Zunge zu lösen, ihr Pater begleitet mich bitte.“ Ich folgte ihm in das Zelt wo ungefähr zwei Dutzend Verletzte lagen. „Kiko geh raus zu den anderen, sie brauchen Deine Hilfe!“ Unter Protest ging der Junge ab. „Was soll der Pater hier, Doktor?“ DeCoster legte die Stirn in Falten. „Nun ich glaube er kann Dir jetzt besser helfen als ich.“ Der dünne, hagere Mann wurde fahl im Gesicht. „Steht es denn so schlecht um mich?“ DeCoster schien in Gedanken, weshalb er seinem Patient nicht sofort Gehör schenkte. „Wie?“ „Ich frage Euch ob sie mir denn nicht mehr helfen können?“ Der Dürre brüllte fast. „Wenn ich die Zeit hätte es zu versuchen, dann vielleicht. Aber ich habe auch noch hundert andere Patienten, deren Chancen besser stehen, so das mir die Zeit für diese Operation wohl fehlen wird. Pater?“ Ich eilte an DeCosters Seite. „Ich denke es wird besser sein, wenn ich diesen Mann hier zu Euch ins Zelt bringen lasse damit…….“ „Nein! Nein! Ihr könnt mich doch nicht sterben lassen.“ DeCoster nahm mich zur Seite, während ein paar Lazarettknechte den Mann auf sein Lager drücken mussten. „Helfen Sie mir! Sie können haben von mir was sie wollen. Ich bin reicher als sie denken!“ DeCoster bat mich zu gehen. „Es scheint mir, dass er nun soweit ist. Lasst mich mit ihm allein, ich denke wir werden mit ihm jetzt verhandeln können.“ Ich nickte und verließ das Zelt, neugierig auf das Ergebnis von DeCosters Schauspiel.



Vierundsechzigster Teil

„Herr Kommandant? Mein Name ist Torgenson, Sergeant der Stadtgarnison von Havanna.“ Der kleine, fast weißblonde Unteroffizier stand stramm und salutierte, zeitgleich mit seinem Männern, die zur Begrüßung Fallo´s angetreten waren. Er schien ein Skandinavier zu sein und Fallo war gespannt darauf, zu erfahren wie es ihn in die spanische Armee verschlagen hatte. „Lassen sie rühren!“ Fallo schaute sich jeden der Soldaten genau an. Sie schienen nicht gerade begeistert zu sein, Dienst auf seinem Schiff leisten zu müssen. Ihm war das klar, genauso wie dass man ihm dabei nicht gerade eine Elite überstellt hatte. Trotzdem waren sie eine Verstärkung seiner Autorität, die er in der Zukunft wohl noch dringend brauchen würde. „Aznar! Haben Sie die Soldaten schon eingewiesen?“ Der Maat nickte. „Gut. Ich will, dass sie nicht zusammen mit der Besatzung Quartier nehmen. Lassen Sie sie achtern ihre Kojen nehmen! Ich will sie ständig bei uns wissen.“ Aznar zog seine Stirn in Falten. „Darf ich fragen, warum sie solche Vorkehrungen treffen?“ Fallo antwortete ungehalten. „Wir bekommen mehr als hundert zum Dienst gezwungene Männer an Bord, da werden wir um jeden Freund dankbar sein.“ Aznar wurde bleich. „Jetzt kann ich sie verstehen, wir sollten alle Augen und Ohren offen halten.“ „Bitte sagen sie Prieto Bescheid! Ich will Euch in meiner Kajüte sehen. Sergeant!“ Torgenson, eilte herbei, dabei fast über seine Säbelscheide stolpernd. „Machen Sie langsam, sie sollten sich keinen Peinlichkeiten aussetzen!“ Torgenson wurde sichtlich verlegen. „Lassen Sie ihre Männer vorerst wegtreten. Ab Morgen ist ständiges Exerzieren angesagt, ich möchte dass ihre Männer und sie selbst, bis dahin ausgeruht sind.“ Fallo verschwand im Achterdeck der Korvette, gefolgt von seinen beiden Maaten. „Nehmen sie Platz! Ich habe ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen! Sie werden ab morgen als provisorische Leutnants Dienst machen! Zusätzlich zu ihren Wachen, müssen sie natürlich auch die Navigation, Seetaktik und diplomatische Richtlinien studieren. Sie können beide schreiben und lesen?“ Aznar nickte, aber Prieto zögerte. „Was ist mit ihnen? Ja oder Nein?“ Prieto schüttelte den Kopf und ließ ihn verschämt sinken. „Gut dann werden sie es lernen!“ Prieto war überrascht, schaute Fallo aber dann dankbar an. „Sie werden mir es vorerst nicht danken. Die nächsten Monate werden eine Qual für sie und sollten sie mich in irgendeiner Form enttäuschen, werde ich sie nicht in ihren neuen Rang bestätigen lassen.“ Fallo stand auf und ging um den Tisch herum. Aznar und Prieto wollten aufstehen, doch hieß sie ihr Kommandant sitzen bleiben. „Jeder erfahrene Seemann an Bord, wird Verantwortung übertragen. Wer von ihnen Maat oder Bootsmann wird, werden wir in vier oder fünf Wochen sehen. Ihnen muss klar sein, dass unsere Besatzung aus lauter gepressten Männern besteht. Halten Sie die Besatzung deshalb immer in Bewegung, bis sie total erschöpft in ihre Kojen fallen. Treiben sie die Männer an, schikanieren sie sie aber nicht! Erfahre ich davon, werden sie den Teufel in mir kennen lernen! Haben Sie mich verstanden?“ Die Beiden nickten. „Gehen Sie und teilen sie die bisherige Besatzung ein, in ein paar Stunden kommen die Neuen an Bord. Ich will dass jeder sofort einen Platz zugewiesen bekommt, an dem er Dienst leisten wird. Anzar! Schicken Sie mir Fernando und den Zahlmeister rein!“
Wenig später standen Fernando und der kleine etwas schmierig wirkende Zahlmeister vor Fallo, verlegen auf den Boden der Kajüte starrend. „Nun Fernando? Pajin? Warum Eure Verlegenheit? Fernando! Ich habe Dich gebeten Ruhe zu geben, oder etwa nicht?“ Fallo ging um die beiden Männer herum, bedrohlich, zornig und distanziert wirkte er auf die Beiden. Fernando wollte etwas sagen, doch Pajin unterbrach ihn. „Es war meine Schuld Herr. Ich habe die Schlägerei angezettelt, nachdem mir Fernando von ihrer Rekrutierung im Gefängnis erzählt hatte.“ Fallo hätte beinah mit der Hand ausgeholt, so wütend war er. „Und haben Sie dem Gouverneur gleich davon berichtet?“ Pajin starrte Fallo verwundert an. „Ich habe Sie etwas gefragt, Mann!“ Pajin schüttelte den Kopf. „Sie beide stehen für drei Tage unter Arrest! Melden Sie sich bei Aznar! Er soll die Strafe vollziehen. Du Fernando bleibst noch hier!“ Er wartete bis der Zahlmeister die Kajüte verlassen hatte. „Willst Du mich unbedingt in Schwierigkeiten bringen? Schweig! Ich möchte dass Du Paolo und Sanchez auf die Suche nach einem gewissen Brandao schickst. Er ist Schneidermeister und von einer Geschäftsreise nicht wieder gekommen. Er soll sich auf den Plantagen im Westen aufhalten. Sag ihnen es ist wichtig. Sollten Sie ihn finden, braucht er vielleicht ihre Hilfe. Gib ihnen Waffen und Geld mit!“ Fernando nickte. „Bevor Du gehst. Du meldest Dich sofort bei mir wenn Du die Strafe abgesessen hast. Du wirst vielleicht Maat, wenn Du es unterlassen kannst Dummheiten anzustellen und ich es mir nicht anders überlege.“ Fernando wollte Worte des Dankes stottern, aber Fallo winkte ab. „Geh mir schon aus den Augen Kerl!“
Endlich war er wieder allein. Er dachte kurz an DeSatera. Was hat sich Gott dabei gedacht, als er solch einer Teufelin so viele Reize zu teil werden lies? Er seufzte in Erinnerung an der gemeinsamen Nacht mit dieser Frau. Wie anders war dagegen Ivette. Ehrlich, tugendhaft, arbeitsam. Die Frau, die einem Mann zur Seite stand, um mit ihm die Widrigkeiten des Lebens zu durchstehen. Traurig dachte er an ihren Verlobten. „Wenn ihm etwas zugestoßen ist? Würde sie sich dann für ihn öffnen? Vielleicht ja nicht sofort, aber später. Fallo schämte sich für seine Gedanken. Er setzte sich auf die harte Pritsche, die ihn als Koje diente und nahm das angefangene Buch auf.
Ihm unbekannte Begriffe tauchten auf, er las von Kition, Sokrates und Diogenes, wandelte auf ihren Gedankenpfaden ohne sich darin zu Recht zu finden. War für ihn das Leben bis jetzt nicht recht einfach zu verstehen gewesen? Ein Seemann der sein Schiff in den Zielhafen brachte, allen Widrigkeiten der See, des Wetters und der Menschen trotzend? Sein Geist war es nicht gewohnt in solchen philosophischen Gebieten zu wandeln, er wurde müden und schweift mit seinen Gedanken immer wieder ab, bis er endlich die Ruhe des Schlafes fand.


„Herr Kommandant! Stehen Sie auf! Die Männer kommen!“ Fallo schrak auf, legte das Buch beiseite und eilte sich sein Lager zu verlassen. Aznar lächelte und half ihm in seinem Uniformrock. „Wie viele sind es?“ „Sieben Boote voll Herr Kommandant. Bestimmt 120 Männer wenn nicht sogar noch mehr.“ Fallo war sichtlich gut gelaunt, schlug dem provisorischen ersten Leutnant auf die Schulter und trat auf das Deck hinaus. Die Stadt war dunkel, nur hier und da sah man einen Lichtschein in den Fenstern der Häuser. Auch die anderen Schiffe schien zu schlafen, alles lag ruhig bis auf diese Boote, von denen nun das erste gegen die Bordwand der El Cid stieß. Seemänner kletterten an Bord, aber auch Männer in zerfetzten Stoffresten gekleidet, Skelette gleich, ängstlich ihr neues Heim betrachtend. Die fremden Seeleute wurden sofort von den Soldaten unter Deck geschafft, Fallo wollte kein Risiko eingehen, wenn einer von ihnen sein Schiff in der Nähe liegen sah. „Lasst alle sofort die Musterrolle unterzeichnen. Sollte sich jemand weigern, so helft ihr ihm beim signieren. Wenn jemand flieht schießt auf ihn. Ich will nicht dass ein Deserteur mein Schiff lebend verlässt.“ Fallo sprach diese Worte laut, damit jeder von den Neuen sie hören konnte. Zufrieden stellte der Kommandant der Cid fest, wie voll es auf einmal auf dem Deck wurde. Prieto und Aznar teilte den Neuen sofort alte Besatzungsmitglieder zu, die ihnen helfen sollten sich auf dem Kriegsschiff zurecht zu finden, natürlich aber auch die Augen auf sie haben würden. „Auf ein Wort Herr Kommandant!“ Überrascht fuhr Fallo herum, sah ein zerlumptes Skelett an, das zitternd vor ihm stand. Prieto wollte ihn davon zerren, aber Fallo hieß ihn den Mann in Ruhe zu lassen. „Nun was will er?“ Der knochige Schädel auf den ausgemergelten Körper öffnete langsam den mit nur noch wenig Zähnen ausgestatteten Mund. „Ich war selbst Kapitän, vielleicht kann ich ihnen von Nützen sein.“ Fallo erinnerte sich. Das war also der Mann, von dem ihm der Wachsoldat erzählt hatte. „Wie ist Dein Name?“ „Emilio Zaparero!“ Fallo rief nach Prieto. „Bring diesem Mann in meine Kabine, gib ihm und den Rest was zu essen und zu trinken. Auch ein wenig Rum, wenn es Pajin verschmerzen kann.“ Prieto nickte und schob Zaparero vor sich her. Fallo seufzte. Es würden Wochen vergehen bis diese Lumpengestalten wieder bei Kräften waren, aber wenigstens waren sie in der Minderzahl. Die neuen Seeleute, mussten nur ihr neues Los am Bord eines fremden Schiffes akzeptieren lernen, dann konnte die El Cid das erste Mal auslaufen.

DeSatera trug zum Abend ein langes, schweres Abendkleid mit ungewöhnlich tiefem Ausschnitt. Große, goldene Kreolen hingen an ihren Ohren, dunkelrot waren ihre Lippen, streng geschminkt ihre Gesichtszüge. Ihr langes Haar zu einem Knoten gebunden, betonten ihren harten und ergeizigen Charakter. Wie schon oft warf sie ihr Äußeres in die Waagschale um ihre Interessen zu vertreten. Sie glaubte nicht dass sie bei dem Comandante auf starken Wiederstand stoßen würde und bereitete sorgsam ihren Auftritt vor.
Ibarre wartete inzwischen auf sie im Speisesaal. Er war selbst kein Mann von großer Unschuld. Er diente schon immer in den Kolonien, verfolgte flüchtige Sklaven, unterdrückte Aufstände und exekutierte auch schon den einen oder anderen Verbrecher mit eigener Hand. Wobei die Definition eines Verbrechens, in seinem Auge, ein Auflehnen gegen die koloniale Verwaltung und Obrigkeit bedeutet. Ihm war das Schicksal fremder Menschen gleichgültig, drum ärgerte er sich, das diese Frau anfing in seinem Kopf einzudringen, um sich darin breit zu machen. Er wusste, dass vor ein paar Tagen, ein anderer Offizier hier an dieser Tafel saß und wahrscheinlich genauso wie er jetzt auf ihr Erscheinen gewartet hatte. Tatsächlich betrat sie nun den Saal in Begleitung von zwei Dienern, die ihr halfen an der reich gedeckten Tafel Platz zu nehmen. Sie sah atemberaubend aus. Ihre tiefschwarzen Augen fixierten ihn und erschrocken stellte er fest, dass sein Mund vor Staunen offen stand. Verlegen machte er der Dame des Hauses ein paar Ehrbezeugungen, tauschte mit ihr Höflichkeiten aus und prostete ihr zu. Immer wieder tasteten seine Augen ihr schönes Gesicht ab, wanderten auf ihr Dekolletee und blieben daran kleben wie eine Fliege im Honig.
DeSatera lächelte. Sie war sich ihrer Wirkung voll bewusst. Auch wenn dieser Comandante bei weitem nicht so stattlich schien wie der Leutnant Fallo, war er trotzdem ansehnlich und so fasste sie den Entschluss ihn völlig für sich einzunehmen in dem sie ihn verführte. „Hätten Sie Lust mit mir spazieren zu gehen, mein lieber Ibarre?“ Der Angesprochene stellte sein Weinglas ab und begegnete ihrem Blick. Ihre Augen brannten sich in sein Herz, die schillernd weißen Zähne leuchteten durch ihre blutroten Lippen, als sie ihm ein Lächeln schenkte. „Es wäre mir ein Vergnügen Senora.“ Er half ihr beim aufstehen und geleitete sie zur Tür, die ein Diener bereits geöffnet hatte. Sie zeigte ihm ihre Gunst, in dem sie sich bei ihm einhängte und sich in den schönen Park führen lies. In den folgenden Stunden hatte DeSatera genug Zeit ihr Gift zu versprühen und Ibarre erwies sich als ein wehrloses Opfer. Er wurde auf ihrem Körper von einem Glück erfasst, wie er es zuvor bei keiner anderen Frau verspürte. Als ob der Teufel selbst sie leitete, las sie jeden seiner Wünsche und erfüllte sie ihm mit aller Hingabe. Er war verloren, er wusste es, konnte sich aber nicht gegen die aufsteigende Sucht nach dem von ihr verströmten Glück wehren. So lies er sich fallen und verlor sich selbst dabei, genauso wie seine Freiheit. Sie machte ihn zu einem ihrer Sklaven, auch wenn es keine Peitsche war, mit der sie ihm zur Erfüllung ihrer Wünsche trieb.


Leutnant Leite konnte einfach nicht mehr. Das Schiff würde aufgegeben werden müssen. Er sah die zwei kleinen Boote an Deck und wurde sich darüber im Klaren, dass sie keinerlei Rettung versprachen. „Lasst es mich probieren!“ Leite schaute sich verdutz um und sah den spanischen Schiffsjungen der völlig durchnässt vor ihm stand. „Was willst Du probieren mein Junge?“ Pietro zeigte auf die Männer, die verzweifelt versuchten mit Bootshaken das Lecksegel auszubringen. Leite verstand ihn nicht. Pietro war dabei ein Seil um seinen Bauch zu schlingen, reichte dem Leutnant das lange Ende und bat ihm darauf aufzupassen. Ehe der Leutnant reagieren konnte war der Junge schon im Bug und sprang über Bord. Ein Schrei und der Leutnant stürzte zur Reling und fast hätte er den Jungen verloren, hatte er doch das Seil in seiner Hand fast vergessen. Pietro schrie vor Schmerzen, als die Wogen ihn gegen die Bordwand schleuderten, doch er bekam das Segel zu fassen hielt sich daran fest, brüllte nach mehr Leine und versank mit ihm im Meer. Die Portugiesen starrten auf das Meer, das nur noch wenige Fuß unter ihnen tobte und brauste. Gischt wurde ihnen ins Gesicht geschleudert und Leites Hut flog im Sturmwind einfach davon, als ob er sich von dem sinkenden Schiff retten wollte. Vorsicht! Mit einem Knall löste sich ein Segel von seiner Rahe, etliche Taue lösten sich und peitschten über das Deck. Ein Seemann taumelte, eine breite Wunde über dem Gesicht nach hinten, stürzte, wurde von einer Woge erfasst und beinah über Bord gespült. Leite fing an am Seil zu ziehen, zwei Männer halfen ihm und endlich kam Pietro weit ab vom Schiff wieder an die Oberfläche. Er ruderte mit seinen Armen, wurde wieder überspült und dabei unter die Wasseroberfläche gedrückt. „Holt ihn da raus! Schnell Männer, bevor er ertrinkt!“ Die Männer arbeiteten wie verrückt und zogen den leblosen Körper Pietros wieder an Bord. Leite schüttelte den Kopf. „Tapferer Junge das.“ Die Matrosen nickten. „Naja er hat es versucht…..“ Ein Kopf wurde im Luk sichtbar. „Wir fördern wieder, ihr habt es geschafft.“ Leite starrte über Bord. Tatsächlich das Wasser schien nicht mehr weiter nach oben zu klettern. Dankbar fielen die Männer sich in die Arme. „Passt auf! Noch haben wir es nicht geschafft.“ Ein riesiger Brecher packte die Pinasse und hob sie aus dem Wasser als ob es sich bei ihr um ein welkes Blatt handeln würde. Kaum das die Welle das Schiff losgelassen hatte, stürzte die Pinasse wieder mit dem Bug in die See tauchte tief ein und schien es sich dabei zu überlegen ob es nicht gleich für immer sein sollte. Leite war verzweifelt. Ein Wunder das dieses kleine Schiff bis jetzt den Sturm trotzen konnte. „Los Männer gebt alles! Ihr da klariert das Segel dort! Wir brauchen Steuerdruck. Du da geh am Ruder helfen!“ Die Männer taten was sie konnten und leisteten übermenschliches. Egal ob sie es schaffen würden oder nicht. Sie hatten alles getan was in ihrer Macht stand. Und darüber hinaus.





Fünfundsechzigster Teil

DeCoster wandte sich nun wieder dem Patienten zu. „Warum sollte ich Euch helfen sollen, wenn ich an Eurer statt, drei anderen das Leben retten kann. Was könntet ihr mir schon geben, dass mein Entschluss ändern könnte?“ DeCoster winkte seinen beiden Gehilfen zu, die sich daraufhin anschickten den Dürren vom Tisch aufzuheben. „Bringt ihn zum Pater ins Zelt!“ Ein Aufschrei, voller Verzweiflung und Todesangst. Nicht nur DeCoster schreckte auf, auch die beiden Gehilfen ließen vor Schreck den Körper wieder auf den Operationstisch zurückfallen. „Ich habe Geld! Ihr könnt alles haben Arzt. Es sind über 100 Goldpesos!“ DeCoster trat an den Tisch und schaute den Mann grimmig in die Augen. „Was soll ich denn mit Geld? Denkst Du ich habe nicht selbst genug davon? Bin mein Leben lang ehrlich und rechtschaffend gewesen, im Gegensatz zu Dir wie mir scheint. Wie sollte solch ein feiger Strolch zu solch ein Vermögen kommen? Ich bin allein und wüsste nicht mit wem ich Dein Dreckgeld teilen sollte.“ Der Schurke atmete schwer und DeCoster wusste das er mit seinen letzten Worten getroffen hatte. „Nun bringt den jämmerlichen Hund schon weg!“ „Halt wartet Doktor! Ihr braucht Gesellschaft! Ich kenne da ein Mädchen, dass würde sich nach solch einem reifen Herrn wie Euch sehnen.“ DeCoster schaute Gedanken verloren drein, was der Dürre als positives Zeichen sah. „Nun ich hatte lange keine Frau mehr in meinen Armen halten dürfen. Lange ist es her, seit dem Marie gestorben ist. Wie kommt ihr zu dem Mädchen? Seit ihr verwandt?“ Der Dürre schüttelte langsam den Kopf. „Nein Doktor ich und ein paar Freunde passen auf, dass ihm kein Leid geschieht. Es wird Euch gefallen, sie ist noch keine 17 Jahre alt. Es wir sich um Euch bemühen, ihr werdet sehen.“ DeCoster nahm ein scharfes Messer aus dem Instrumentenbesteck und hielt es dem Verletzten an die Kehle. „Nun dann wollen wir ja hoffen, dass ihr mein Tun für Euch auch wirklich vergelten wollt. Denn wisst ihr, auch ein Arzt hat seine Mittel um Worte die er spricht Gewicht zu verleihen.“ So schnitt er die Uniform auf und legte die erste Wunde frei. „Wann kann ich die Kleine sehen?“ Der Dürre starrte auf das Messer das Hemd und Jacke auf einmal auftrennte. „So wie ich wieder auf meinen Beinen stehen kann, ich schwöre es bei Gott!“ DeCoster nickte. „Gut dann werden wir mal sehen.“

Auch wenn das starke Kontingent der spanischen Armee unter der Führung ihres Generals Falls in einem nahezu perfekt aufgestellten Hinterhalt der Portugiesen geraten war, wehrte es sich geschickt und tapfer gegen die Übermacht. Mit donnerndem Getöse, schossen die eigenen Kanonen, vom Gegner kontrolliert, auf die Spanier. Ihre Kugeln schlugen durch ihre Reihen und verursachten die größten Verluste. Falls wusste, dass er sie unter seiner Kontrolle bringen musste, sonst wären er und seine Männer verloren. „Gomez! Sammeln sie die Regimenter von Hernandez am Fuß des Hügels! Auch der Rest unserer Kavallerie soll sich bereit halten. „Ich selbst führe einen Scheinangriff auf das Lager und werde so viele Kräfte des Feindes binden, wie es mir eben möglich ist. Sie Gomez leiten mir den Angriff!“ Gomez nickte, etwas bleich im Gesicht. „Zu Befehl, General!“ Drehte sich stehenden Fußes um und eilte davon. Falls betete. „Herr, schenke mir Deine Gunst, auch wenn ich sie durch meine Dummheit verspielt haben mag. Rette meine Männer!“ Ein Leutnant sah seinen knienden General, bekreuzigte sich ebenfalls und eilte herbei um Falls beim aufstehen zu helfen. „Danke! Leutnant! Ich hätte es auch allein geschafft. Spart Eure Kräfte für den Feind auf!“ Bleich durch die streng gesprochenen Worte, glotzte der Mann ziemlich einfältig drein, was Falls nun endgültig wütend machte. „Bietet keine Maulaffen feil Mann! Los befielt Euren Männern mir zu folgen, wir heißen jetzt den Portweintrinkern richtig ein! Immer mehr Männer scharrte Falls um sich, bis vielleicht tausend Mann bereit waren den Feind anzugreifen. Wieder heulten Kanonenkugeln heran, spritzen durch den Haufen der angetretenen Soldaten, rissen zwanzig, vielleicht auch dreißig von ihnen in den Tod. Falls wandte den Blick ab, konnte er doch seine Hilflosigkeit gegenüber der Artillerie des Feindes nicht ertragen. So lief er durch die Reihen seiner Männer nach vorne an die Front. Hier schien die Linie der Portugiesen am dünnsten zu sein, wenn auch Falls die Gerissenheit des Gegners fürchtete, musste er jetzt alles auf eine Karte setzten. „Angriff! Los Männer, schlagt sie nieder.“ Kurz bellten die spanischen Musketen auf, ließen etliche Gegner fallen, der nur sporadisch antworten konnte, hatte er doch mit einem Gegenangriff der Spanier nicht mehr gerechnet. So stürmten die Infanteristen, einige hundert Mann Cadizer Miliz und ein Halbregiment Grenadiere auf den Gegner mit gefälltem Bajonett ein. Rammten durch dessen Reihen, fegten dessen Soldaten zur Seite und warfen ihn tatsächlich. „Viva Espania! Die Männer brüllten es vor lauter Freude, doch war Falls klar, dass sie nun die Initiative behalten mussten, um Gomez zu entlasten. „Los Männer greift an, wir rollen sie auf. Falls konnte sich nicht entscheiden ob er nach sich in die linke oder rechte Flanke werfen sollte, bis seine Männer die Entscheidung an sich rissen und beide angriffen. „Das geht nicht gut. Sie da Leutnant! Organisieren Sie die Verteidigung auf der rechten Flanke, schonen sie die Männer, damit wir uns auf die links stehenden Gegner konzentrieren können.“ Der Leutnant wirkte unsicher, stand da als ob er nicht glauben konnte, dass er gemeint war. „Nun stehen Sie ja schon wieder dumm herum! Tummeln Sie sich Kerl!“ Falls hätte ihm am liebsten einen Tritt verpasst. „Los Jungs, es darf gestorben werden!“ Er stürmte in den Gegner und fällte in kurzer Zeit zwei von ihnen. „Für Spanien, für den König!“ Hunderte Männer brüllten damit den Feind nieder und sie kämpften wahrlich wie die Teufel. Die ersten Portugiesen wandten sich zur Flucht, bis fast hundert von ihnen flohen und ihre Stellung verließen. Die benachbarten Einheiten des Feindes wurden nun unsicher, stellten ihren Angriff ein und begannen sich zu verteidigen, wurden sie doch nun nicht nur frontal sondern auch auf der rechten Flanke angegriffen. „Hoffentlich schafft es Gomez!“ Falls blickte zum Hügel hinüber der rechts von ihm und seinen Männern als dunkler Schatten zu erkennen war. Nur die Zelte seiner eigenen Armee leuchteten von seiner Kuppe herunter. Gomez schien tatsächlich Boden gut zu machen. Er kämpfte sich mit seiner Abteilung den Hang hoch und das Groß der Garnison folgte ihm, sich dabei kämpfend zurück ziehend und die nachströmenden Portugiesen dabei aufhaltend. Falls musste jetzt aufpassen, wenn er den Anschluss nicht halten kann würde er und seine Abteilung getrennt und aufgerieben werden. Das schien auch seinen Männern klar zu sein und verbissen drängten sie auf die Flanke des Feindes ein, dessen Abwehr nun organisierter und stärker wurde.


„Nun was haben Sie erreicht mein lieber DeCoster?“ Nicht nur ich wartete gespannt auf den Bericht des belgischen Arztes, auch Jimenez und Tamfelder warteten ungeduldig. DeCoster schien unsere Aufmerksamkeit zu genießen und spannte uns voller Absicht auf die Folter. „Ich muss erst nach den rechten Worten suchen…….also ich glaube…..kann man ihn wirklich als solchen bezeichnen?“ Kiko wurde es zu bunt. „Nun redet schon lieber DeCoster und treibt nicht noch Euren Spott mit uns. Vergesst nicht, das dort ein Mörder auf Eurem Tisch liegt!“ Die Worte trafen den Arzt. „Gut du hast Recht mein lieber Kiko. Ich denke ich kann sagen, dass ich Erfolg hatte. Er wird mich zu dem Mädchen bringen, so wie er wieder laufen kann.“ Tamfelder lachte gehässig auf. „Damit er Euch hinterrücks genauso niederstechen kann wie den Glatzkopf?“ DeCoster wurde dem Leutnant sichtlich böse. „Es tut mir leid, dass ihr mein Handeln mit Spott bedacht habt, lieber Capitan. Aber ich denke wenn ihr und Jimenez ein Auge auf mich habt, wird man mir schon nicht übel mitspielen können.“ Tamfelder schüttelte den Kopf. „Warum mache ich diese Posse mit? Ich gehe einfach rein und bringe ihn zum sprechen.“ Er zog einen langen Parierdolch aus der Scheide am Gürtel und wollte tatsächlich in das Zelt treten.“ Ich hielt ihn auf, in dem ich zwischen ihm und den Eingang des Zeltes sprang. „Ihr habt mir was versprochen!“ Tamfelder schaute mich mit grimmigen Augen an. „Wollt Ihr Eure Ehre opfern, indem ihr einen wehrlosen Mann foltert?“ Tamfelder lies sich von mir vom Zelt weg schieben, drehte sich zögernd nach Jimenez um und ging schließlich mit seinem Leutnant davon. Kiko wollte ihm nach eilen, aber ich hielt ihn zurück. „Er kommt zurück, er weiß das wir seine Hilfe brauchen.“


Gomez Männer hatten nun die erste Batterie erreicht. Grau waren die Uniformen der Portugiesen, die hinter den Geschützen kauerten. Den Spanier wurde flau, sie stürmten nach vorne bis sie direkt in die Mündungen der Kanonen starrten, zögerten und schließlich wieder zurück drängten. Hatten die Geschütze nicht gerade erst abgeschossen? Wurden, oder sind sie geladen? Vielleicht sogar mit Hagel? „Angriff Männer! Sonst war alles vergebens.“ Gomez eilte auf die eingegrabene Batterie zu, war noch zehn Fuss entfernt, als krachend sich die Salve der Geschütze entlud und eine tiefe Schneise in die Spanier fetzte. Erschrocken hielten die übrigen Spanier inne und wenn nicht so viele von ihnen nach vorne gedrängt und von ihren Offizieren angetrieben worden wären, hätten sich die vordersten Linien zur Flucht gewandt. Falls Adjutant hatte sich umsonst geopfert und nur noch roter Schaum am Fusse der Batterie war von ihm und hundert anderen übrig geblieben. Hastig luden die Kanoniere nach, doch würden sie es nicht schaffen. Spanische Musketen knallten, ihre Kugeln streckten vier der Artilleristen nieder, als auch schon die ersten Soldaten über die Schanzen kletterten und sich mit kurzen Säbel und ihren Bajonetten auf die Bedienungen der Geschütze warfen.

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Re: Viva Espania - Ein Abenteuerroman

Beitragvon Fridericus Rex » 6. Dezember 2010 21:25

Sechsundsechzigster Teil

Der Hafenkommandant hatte der Fregatte und denen auf Reede liegenden Korvetten befohlen, in der Nähe der Hafenausfahrt unterhalb der Festung „El Moro“ vor Anker zu gehen. In der Nacht zuvor hatten zwei Kauffahrer auf eigene Faust versucht den Hafen zu verlassen. Die beiden Festungen auf den gegenüber liegenden Seiten der Hafenausfahrt eröffneten das Feuer auf sie, nachdem sie Warnschüsse abgegeben hatten. Beide Schiffe ließen sich zwar zur Umkehr bewegen, doch erst nachdem sie schwere Schäden durch das Feuer der Hafenfestungen erlitten hatten. Die Kanonade hatte zur Folge, dass in der Stadt Alarm gegeben wurde, die Kirchenglocken läuteten und die Bürger auf die Straße liefen um zu erfahren was vor sich ging. Keiner wusste etwas genaues, stattdessen Machten Gerüchte die Runde, von angreifenden Sklaven, Piraten und Portugiesen, die alle auf einmal die Stadt angriffen, von der See und vom Lande her. Eine große Anzahl Bürger sammelten sich auf dem Garnisonsplatz, beim Zeughaus, auf die Ausgabe der Waffen wartend. Soldaten bemannten die Befestigungen und eröffneten dann, zur Steigerung des Chaos, das Feuer auf eine weidende Schafherde, die man für den anrückenden Feind gehalten hatte, wer immer das auch in ihren Augen nun sein sollte. In den Straßen gab es zwischen den Bürgern Kämpfe die vermeintliche oder auch echte Plünderer angriffen und lynchten. Nur mit Mühe konnte die Ordnung am Morgen wieder hergestellt werden, nach dem zwei Brände und der wütende Mob schwere Schäden in der Stadt verursachten. Die beiden Kapitäne der Schiffe wurden zusammen mit ihren Reeder verhaftet und in das Stadtgefängnis gebracht, wobei ihre Eskorte den protestierenden Händlern und Seeleuten ein willkommenes Opfer darbot und mit Früchten und Steinen beworfen wurden, solange bis einige Soldaten in die Menge der Empörten feuerten, was sechs Tote zur Folge hatte. Man munkelte, dass man die Drei Verursacher der nächtlichen Störung, in den nächsten Tagen als Exempel auf dem Stadtplatz aufhängen wird.
Auch auf der „Cid“ hatte man eine unruhige Nacht verlebt. Beim „Klar Schiff zum Gefecht.“ liefen die neuen Besatzungsmitglieder hektisch auf dem Deck herum, und konnten nur durch Schläge und Tritte mühsam zur Ruhe gebracht werden. Sie wussten nicht wohin sie gehörten oder was sie zu tun hatten. Fallo war außer sich vor Wut. Bis das erste Geschütz geladen in seine Stückpforte geschoben werden konnte, vergingen fast dreißig Minuten. Die ganze Qualität seiner Besatzung, zeigte sich auf unglückselige Art und Weise. Doch die Chaosnacht war nun vorbei und die Cid lag jetzt wieder ruhig im schmutzigen Hafenwasser, umkreist von kreischenden Möwen. Im Gegensatz zu der Fregatte und der zweiten Korvette, hatte sie aber noch keinen Fuß zurückgelegt, um ihre Stellung in der Hafenausfahrt zu beziehen. Aznar und Prieto versuchten die Männer notdürftig einzuteilen, wobei nur die erfahrenen Seeleute berücksichtigt wurden. Die unnützen Sträflinge, wurden unter Deck gesperrt, damit sie niemandem im Wege standen oder gar versuchten die Unruhe des Ankerlichtens zu nutzen um zu fliehen. Mit Erleichterung sah Fallo eines der Toppsegel fallen und auch die beiden Klüver wurden nun aufgezogen. Klatschend hob sich der Anker aus dem Wasser, den zwei Dutzend Männer an der Winde nur unter größter Anstrengung lichten konnten. „Legen Sie das Steuer hart Backbord Prieto!“ Männer stemmten sich in die Speichen des Steuerrades und langsam kam die Korvette herum. Der Kommandant der Cid, konnte seine Fassung nicht wahren, ein breites Grinsen lag auf seinem Gesicht. Er freute sich wie ein kleines Kind, eilte über das Deck auf die Back und sah auf die Bugsee des Schiffes herunter. Doch die Fahrt dauerte nicht lange und Fallo musste enttäuscht den Befehl zum Ankerwerfen geben, der kurz darauf wieder in das Wasser fiel und auf den Grund des Hafenbeckens sank.
Befriedigt stellte er fest, dass man ein gutes Bild abgeliefert hatte, was wohl keiner bei dieser nicht aufeinander eingespielten Besatzung geglaubt hätte. „Aznar! Ich möchte, dass ab jetzt ohne Unterbrechung geübt wird. Nehmen sie vor allem die neuen Männer hart ran.“ Fallo dachte an den ehemaligen Kapitän, der immer noch in seiner Kajüte lag, erschöpft und ausgemergelt von der langen Gefangenschaft. Dieser Mann wurde gebrochen, zerstört und nur noch ein kleiner Rest Lebensgeist war in seinen Augen zu sehen. Er erzählte Fallo von seiner Liebe zu der Tochter des Stadtkommandanten, seiner plötzlichen Verhaftung, den zahllosen Verhören durch brutale Schergen und den langsamen Verfall in dieser dunklen Zelle. Wie viele Jahre er in ihr verbrachte, konnte er nicht sagen, gab es doch kein Fenster, mit dessen Hilfe er hätte Tag und Nacht von einander unterscheiden können. Fallo hatte den Mann nach seinen Kenntnissen befragt und befriedigt festgestellt, dass Zaparero sich ausgezeichnet mit der Navigation und der Nautik auskannte. So wie er sich erholt hatte, würde er ihn zum Steuermann machen und mit ihm zusammen die beiden Leutnants unterrichten. Vielleicht war Zaparero der Einzige Häftlinge an Bord, dem Fallo ein gewisses Vertrauen schenken durfte.


Ibarre´s Blick war verschwommen und unklar, Kopfschmerzen jagten durch seinen Kopf, nur mit Mühe konnte er, dem durch das Fenster einfallende Sonnenlicht, trotzen. Er tastete über das breite Doppelbett und stellte erleichtert fest, dass diese wunderschöne Frau immer noch neben ihm lag. Nackt und makellos, mit reiner samtweiße Haut, wohlgeformten festen Brüsten, machten ihren Körper für ihn zur Sucht. Ibarre bemerkte wie erneut die Lust in ihm aufstieg und streichelte über ihren Körper. DeSatera schlug ihre Augen auf und sofort fixierten ihn ihre tiefschwarzen Augen. Sie drehte sich zu dem Fenster um, versuchte die Tageszeit einzuschätzen und entzog sich dabei seinen Zärtlichkeiten. Enttäuscht zog Ibarre seine Hand weg, wartete auf irgendeine Gunstbezeugung ihrerseits. Doch vergebens. Die Dame des Hauses bedeckte den Körper seines Verlangens mit einer Bettdecke und verließ hastig den Raum, die Tür dabei laut hinter sich ins Schloss ziehend. Ibarre war verwundert und konnte ihren Sinneswandel nicht nachvollziehen. Hatte Sie immer noch die Befürchtung ihr Anwesen verlassen zu müssen? War sie ihm deshalb böse? Nun man konnte darüber reden, er würde alles tun, damit sie zufrieden war. Hastig kleidete sich Ibarre an, goss aus einer großen Kanne Wasser in das Waschbecken und machte seine Morgentoilette. Seine Gedanken konnten sich nicht von dieser Frau lösen, versuchten unentwegt das Geheimnis dieser Feme fatale zu lüften. Ibarre ahnte dass sie ihn manipulieren wollte, stellte fest wie sehr sie ihn bereits in ihren Händen hatte und wie wenig er in der Lage war sich dagegen aufzulehnen.
Ein Diener klopfte an die Tür und Ibarre forderte ihn auf einzutreten. „Die Senora hat ein Frühstück für sie bereiten lassen Comandante!“ Ibarre nickte ihm zu, lies sich von dem Mann in den Uniformrock helfen und folgte ihm durch die vielen Räume des Herrenhauses, bis sie die Terrasse im Garten erreichten. Ein Tisch war mit Köstlichkeiten gedeckt, aber enttäuscht stellte der Offizier fest, dass etwas daran fehlte. Der Diener schien seine Gedanken gelesen zu haben. „Die Herrin, lässt sich entschuldigen, sie hat noch auf der Plantage zu tun.“ Ibarre nickte und kostete von ein paar Weintrauben, die er lustlos in seinen Mund fallen lies. Erschrocken hörte er wie ein Schuss krachte, der sich in einem Echo brach und dabei langsam verhallte. Vögel schreckten auf und suchten Schutz in dem sie in den Himmel aufstiegen und dort kreisten. Ibarre sprang auf und eilte in die Richtung aus der er den Knall vernommen hatte. Als er den Vorplatz erreichte, begegnete er seinen Soldaten, die aus dem Gesindehaus liefen und ihm instinktiv folgten. Viele von ihnen noch ohne Uniform, hatte sich jeder seinen Karabiner und den Säbel gegriffen, bereit sich dem vermuteten Feind entgegen zu stellen. Was Ibarre dann bei den Sklavenkäfigen sah, hatte er allerdings nicht erwartet. Die Senora DeSatera lies sich eine Pistole reichen und erneut krachte ein Schuss, lies den Kopf eines Sklaven platzen der augenblicklich dabei zu Boden ging. „Um Gottes Willen was tun sie da?“ DeSatera tat überrascht, als sie sich nach dem Comandante umsah. „Ihr hattet es doch angeordnet? Und wenn ich meine Sklaven töten soll, werde ich es mit eigenen Händen tun.“ Sie lies eine Sklavin zu sich her treiben, die weinend vor ihren Beinen auf die Knie sank. Tränen liefen über ihre Wangen, Schluchzend flehte sie um Gnade, während ihre Besitzerin sich die nächste geladene Waffen reichen lies.“ Ibarre hatte schon Erschießungen beigewohnt, dass war es nicht was ihm zu schaffen machte. Das diese Frau, die er glaubte zu lieben, es tat, damit war er nicht einverstanden. „Hören Sie auf damit. Ich beauftrage meine Männer damit.“ DeSatera schüttelte den Kopf. „Ich tue was sie von mir verlangen, also halten sie sich gefälligst raus!“ Wieder knallte der Schuss und der Körper der Sklaven sackte zur Seite, ihr Blut versickerte in dem sandigen Boden. Ibarre riss energisch der DeSatera die Pistole aus der Hand. „Gut! Sie haben gewonnen. Ich und meine Männer werden die nächsten Tage hier bleiben, bis wir Gewissheit haben, dass die Cimarron die Gegend verlassen haben.“ DeSatera zeigte ihm das von ihm so ersehnte Lächeln, lies sich in seine Arme fallen und küsste ihn zärtlich. „Danke! Du wirst es nicht bereuen.“ Ibarre saugte ihren Duft in sich auf, spürte die Wärme ihres Körpers. Doch! Er bereute schon jetzt. Vielleicht spürte er, dass diese Frau nicht lieben konnte, dem Leben keinen Wert beimaß und sich am Leid anderer erfreute. Ibarre hatte den Menschen in all seinen Facetten kennen gelernt, aber so eine Frau wie diese hier, machte ihm Angst.

Leites Hoffnungen erfüllten sich nicht. Der Sturm flaute nicht ab, im Gegenteil schien er sogar noch seine Kraft gesteigert zu haben, fest entschlossen der Pinasse und ihrer Besatzung Unglück zu bringen. Nur mit Mühe gelang es dem Leutnant immer wieder die Sturmwellen abzureiten, doch zögerte er den Untergang des Schiffes damit nur hinaus. Die Pumpen förderten nicht mehr genug, die Männer waren zu erschöpft. Zu viel Wasser führten die Brecher mit sich, die das kleine Schiff immer wieder überspülten. Regen peitschte über das Deck, Blitze zuckten und der kurz darauf folgende Donner, signalisierte den Männern, dass sie im Herzen des Unwetters bald verloren sein würden. Leite stolperte die kleine Kampagne runter und lies sich in den Laderaum fallen. Bis zu seinem Bauch stand er im Wasser, starrte in die Gesichter seiner verzweifelten Männer, die wie wahnsinnig die Schwengel der Pumpen bedienten. „Los geht rauf! Hat Doch eh keinen Sinn mehr.“ Wie zur Bestätigung krachte eine Welle in das Schiff und eine Flut aus Meerwasser ergoss sich über ihre Köpfe. „Was schaut ihr, wollt ihr schon jetzt sterben? Hier unter Deck?“ Er ließ die Männer an sich vorbei und erklomm als letzter die Stiege. Da standen sie nun an Deck, irgendwo vor dem Sturm Halt suchend und wussten nicht mehr weiter. Jeder für sich alleine suchte nach einen Ausweg, etwas von dem man sich Rettung versprach. Sechs Männer machten sich an einer Winsch zu schaffen, um die Boote aus ihren Halterungen zu bringen. Andere bauten kleine Flöße aus Brettern und Fässern, warfen sie über Bord und sprangen dann hinterher um sich daran fest zu halten. Leite lies jeden für sich gewähren, sollten doch alle für sich allein, die letzten Minuten ihres Lebens verbringen, wie sie es für richtig hielten.
Pietro sah den Mann auf dem erhöhten Achterdeck stehen und konnte einfach nicht glauben, dass dieser Offizier aufgab und nicht um seine Männer und ihr Leben kämpfen wollte. Nie hätte Fallo seine Besatzung in Stich gelassen, sondern bis zum Schluss nach einen Ausweg gesucht. Pietro sah sich um, er fror, sein Körper zitterte, war von oben bis unten durchgeweicht. Die drei Steuerleute nahmen immer noch jede Welle, selbst jetzt noch gelang es ihnen das Schiff auszurichten, obwohl es nun fast voll gelaufen war. Sein Blick ruhte auf einem Luke, das ziemlich Breit und Dick war und seinen Körper mit Leichtigkeit im Wasser tragen würde. Pietro versuchte es aus seiner Befestigung zu lösen, doch gelang es ihm nicht allein. Ein Seemann eilte zu ihm und nun rissen sie gemeinsam, bis das Holz ächzend nachzugeben schien. „Vorsicht! Sie legt sich über!“ Pietro rutschte über das Deck, das nun stark nach Steuerbord krängte. Männer glitten an Pietro vorbei, einer schlug gegen den Mast und der Schiffsjunge hörte wie dessen Knochen brachen. Er selbst hielt sich an dem Luke fest und krallte sich regelrecht in dessen Holz. Wieder schlug ein riesiger Brecher über das fast versunkene Wrack, begrub es unter sich und Pietro war von einer Sekunde auf der anderen mehrere Fuß unter Wasser. Blitzschnell ruderte er mit Armen und Beinen, solange bis er endlich die Oberfläche erreichen konnte. Er holte hastig Luft, noch bevor die nächste Welle ihn überspülte und suchte panisch nach der Luke, wissend das sie seine letzte Rettung bedeutete. Er konnte sie nicht finden, anscheinend hatte sie sich nicht vom Schiff lösen können, doch er entdeckte eines der Beiboote der Pinasse, das mit seinem Bug nach oben im Wasser schwamm. Mit seiner letzten Kraft strampelte er zu dessen Rumpf und hielt sich an dem Kiel fest.





Siebenundsechzigster Teil

Falls wusste nicht mehr wie spät es war. Sein Arm schmerzte, nicht weil er verwundet war, sondern weil die Muskulatur ihm ihren Dienst verweigerte. Auch seinen Männern ging es nicht besser, immer langsamer und träger zog sich der Kampf hin und auch der Druck der Gegner lies jetzt spürbar nach. Die Absicht der Portugiesen, Falls Einheit vom Gross seiner Truppen zu trennen und am Fuß des Hügels zu vernichten, schlug fehl. Sie waren gescheitert an der Moral der Spanier und den Führungsqualitäten ihrer Offiziere. So konnten sich Falls Männer kämpfend zurückziehen und ihr Ziel, die befestigten Stellungen auf der Kuppe des Hügels wieder bemannen. Wie erleichtert war er, als die Kanonen der Hügelbatterien endlich wieder verstummten und die Jubelrufe ihrer Eroberer in seinem Ohr klangen. Noch einmal stürmten die Portugiesen an, kämpften wie besessen, aber es war ein letztes Aufbäumen, das die Spanier, motiviert durch ihre erfolgreiche Abwehr, parieren konnten. Hier und da knallte noch ein Muskete, schrie ein verletzter Mensch um Hilfe, donnerte ein Geschütz dem abrückenden Feind hinterher. Falls lies sich einfach in das vom Morgentau durchnässte Grass fallen, erst einer seiner Männer, dann immer mehr, folgten seinem Beispiel, bis tausend von ihnen am Hang des Hügels saßen und ihren Gedanken nachhingen, erschöpft und ausgelaugt vom stundenlangen Kampf.
Ein Stabsoffizier suchte nach ihm, ging durch die Reihen der Soldaten, fragte nach ihrem General. So wies man ihm den Weg, bis er endlich vor dem Mann stand, der mit bleichen und übermüdeten Gesicht auf die langsam aufgehende Sonne starrte. Sie erhellte das Schlachtfeld, Krähen krächzten, Verwundete stöhnten oder riefen um Hilfe. Ein Paar Männer rafften sich auf, stolperten den Hang hinunter und fingen an nach verletzten Kameraden zu suchen, die ihre Hilfe brauchten. Man sah nicht weit im Morgendunst, aber schon wenig später wurde einer von ihnen sichtbar mit einem Verletzten auf dem Rücken. „Herr General?“ Falls blinzelte den Offizier an, sagte aber nichts. „Ihr Adjutant……“ Falls starrte ihn fragend an, schlimmes befürchtend. „er ist gefallen.“ Der General senkte seinen Blick und nahm seinen Hut vom Kopf. „Gut! Gehen sie zurück und lassen sie mich allein! Ich werde nachher zum Quartier kommen.“ Er konnte es nicht glauben. Er hatte immer gedacht, dass Gomez keinerlei militärische Fähigkeiten besaß, war ihm so etwas wie ein besser gestellter Diener gewesen. Heute Nacht hatte er ihm eindrücklich das Gegenteil bewiesen, tapfer gekämpft und sein Leben geopfert für die Rettung aller seiner Kameraden. Falls seufzte. „Ach alles Schwachsinn. Sein Tod hätte nicht sein müssen, wenn diese verfluchten Portugiesen nicht in unser Land eingefallen wären.“ Verdutzt blickte ein Soldat herüber und erst jetzt merkte der General, dass er die letzten beiden Sätze laut gesprochen hatte. „Wie geht’s Soldat? Wieder bei Kräften?“ Der Mann nickte, doch die tief in den Höhlen liegenden Augen, zeigten dass er log. „Dann geh und berge Verletzte!“ Falls raffte sich auf und erhob sich mühsam. Befriedigt sah er dem Soldat hinterher der den Hang hinunter stolperte. „Sie da! Leutnant! Lassen Sie Proviant und Wasser ausgeben!“


„Darf ich Euch etwas fragen Pater?“ Überrascht wandte ich mich um. Der von DeCoster gerettete Glatzkopf, bat mich um ein Wort zu sich. So hockte ich mich neben ihn, auf meinen Schemel, den ich für solche Gelegenheiten bereit gestellt hatte. „Wollt ihr etwas Wasser mein Sohn? Habt ihr Hunger? Ich kann Euch etwas bringen lassen.“ Der kräftige Kerl, schüttelte sein kantiges Haupt. „Lasst bitte, die Schwestern sorgen sehr gut für mich. Warum liege ich hier Pater? Wo ist der Mann der mir das angetan hat?“ Ich bat ihm ruhig zu bleiben, bemerkte ich doch mit Sorge wie Blut durch seine Verbände am Rücken drang. „Ihr seid noch nicht bei Kräften und sollt Euch schonen! Wir haben Euch hier untergebracht aus Sorge, der Täter könnte wieder kommen. Wie heißt Du überhaupt mein Sohn?“ „Nennen sie mich Emilio Pater! Mehr braucht ihr nicht zu wissen. Ich bin Korporal bei der Infanterie.“ „Wisst ihr denn wer Euch so Schlimmes antun wollte?“ Der Glatzkopf nickte. „Ja! Ich weiß es sehr gut. Und derjenige der mich betrügen und töten wollte, wird dies bitter bereuen.“ Ich winkte ab. „Ich bitte Dich Emilio! Versündige Dich nicht!“ Der Kahlkopf lächelte. „Versündigen? Pater ihr habt keine Ahnung wer hier in Eurem Zelt liegt. Mein ganzes Leben findet schon in einer Hölle statt, wie sollte ich da frei von Schuld und Sünde sein. Sorgt Euch nicht um meine Seele, längst hat sie jeden Wert verloren!“
„Es ist immer Zeit für eine Besserung Emilio. Gott ist gütig. Im Gegensatz zu den meisten Menschen! Frei von Zorn und Hass.“ Emilio ordnete sein Gedanken, nahm meine Hand und drückte sie. „Ich hoffe ihr habt Recht Pater!“ Ich tupfte ihm mit einem feuchten Tuch über die verschwitzte Stirn und sah nach seinen Verband. Die Blutung hatte aufgehört, trotzdem würde ich DeCoster bitten nach ihm zu sehen. „Kann ich nicht in ein anderes Zelt gebracht werden Pater? Ich fühle mich schäbig hier. Viele starren mich an, als ob sie sehen könnten, dass ich nicht wie sie sterben werde. Das halte ich nicht aus.“ „Ich denke, dass wir das erlauben können, die Armee ist weitergezogen und nur noch ein kleiner Teil des Lazarettes befindet sich hier. Was weißt Du über den Mann der Dich verwundet hat, woher kennst Du ihn?“ Emilio schaute mich fragend an und überlegte sich bedächtig meine Worte. „Wieso habt ihr ein Interesse daran? Ihr habt doch nichts weiter mit dieser Sache zu schaffen?“ Ich verneinte energisch. „Ein Mörder unter uns, in dieser Zeit? Das ist auch meine Angelegenheit und ich will das dieser Mann eine gerechte Strafe erhält.“ Emilo versuchte sich ein wenig zur Seite zu drehen, doch die Schmerzen erlaubte ihm keinerlei Bewegung. „Es war eines Nachts beim Würfelspiel. Die Portugiesen waren ruhig, schon seit Tagen. Ich würfelte und spielte Karten mit diesem wahrlich schlanken Kerl und ein paar anderen Halunken. Konnte mich immer gut behaupten gegenüber solcher Schurken, was wohl darin begründet liegt, dass ich mich selbst dazu zähle. Nach anfänglichem Glück des Hageren, wendete sich das Blatt für ihn und ich gewann, so lange bis ihm nicht einmal mehr das Hemd an seinem Körper gehörte, sondern mir. Er versprach mir, dass ich die schuldigen Münzen bald bekommen werde und so ich ließ ihn gehen, wusste ich doch, dass er aus dem Lagern nicht einfach hätte verschwinden können. Nun passierte das, was ich eh schon geahnt hatte. Der lügnerische Schakal, tauchte nicht mehr auf, sodass ich ihn suchen musste. So tummelte ich mich stundenlang, bis ich ihn wieder beim Spiel erwischte und ihn schlug bis er mir versprach die Schuld noch am selben Tag zu tilgen. Allerdings wollte er mir kein Geld geben, sonder mir seinen Anteil an einem Mädchen überlassen, dass er zusammen mit ein paar anderen Schurken zur Rumhurrerei gezwungen hat. Sie soll unglaublich schön sein und so wurde ich neugierig auf sie. Selbst Generäle waren ihre Freier, einer von ihnen wollte sie sogar aus den Händen der Halunken herauslösen.“ Emilo schaute mich zögernd an. „Ich sehe Eure Wut Pater und kann verstehen, dass ihr mich verurteilt. Doch ich habe mein Leben lang als Mensch gelebt, habe ich doch die Erfahrung gemacht, dass selbst Tiere nicht so böse sind wie unsere Gattung. Ich habe schon mehr als eine Hure gehabt und hätte mich auch gerne an diesem Mädchen erfreut, wie ich es zugeben muss.“ Mir wurde schlecht. Sicherlich hab auch ich hin und wieder die Schönheit eines Weibes bewundert, wieder meines Glaubens und meines Gelübdes. Doch ich konnte meine lustvollen Gedanken bändigen und es war mir immer zuwider wenn der Trieb das Handeln eines Menschen prägte. „Ich werde jetzt gehen Sohn. Du brauchst Dich nicht fürchten, ich verurteile Dich nicht. Trotzdem rate ich Dir zu beten und Gott um die Gnade seiner Vergebung anzuflehen.“ Emilio nickte. „Ich verspreche es Pater. Um Euer Willen, verspreche ich es.“ „Es geht nicht um mich Mann!“ Rief ich wütend. Einige Köpfe drehten sich zu mir herum und so zügelte ich meinen Zorn. „Sondern allein um Dich und Deine traurige Seele!“

Befehle wurden gebrüllt, Trommeln wirbelten den Marschtakt und zehntausende von Soldaten, marschierten durch sie angetrieben, in einem Gewaltmarsch Richtung Südosten. Leichte Kavallerie klärte nach vorne auf, gefolgt von der leichten Infanterie des Generals Zarossa´s. Dieser ritt mit seinem Stab in der Mitte seiner Truppen, die Hitze und seinen eigener, vergossene Schweiß, machte ihm das Leben schwer. Er sah nicht, dass seine Soldaten kaum noch laufen konnten, hunderte lahmten und kaum noch einen Fuss vor dem anderen setzten konnten. Gewehre wurden als Krücken genutzt, Kameraden stützten Verletzt, die mit Blasen und Entzündungen Höllenqualen litten. Sie hatten an dem letzten Tag fast fünfundzwanzig Meilen zurück gelegt und selbst Zarossa musste sich fragen wer von seinen Männern noch würde kämpfen können wenn man auf dem Feind stieß. Ein Melder ritt heran, eine Depesche des Königs überbringend. „Noch schneller? Wie stellt sich Carlos das vor?“ Ein Blick auf Olivarez machte ihn wütend. Schwitz dieser Lackaffe eigentlich nicht? Während er vom Schweiß und Staub der Straße bedeckt, mittlerweile aussah, als wäre er ein Bettler in Uniform, sah dieser Geck aus, als würde er gerade aus einem Badehaus kommen. „Treiben Sie die Männer an! Ich dulde keinerlei Bummelei mehr. Sie können heute Nacht rumflennen, jetzt wird marschiert. Gebt ihnen die Peitsche wenn es sein muss!“ Befehle wurden gebrüllt und die Männer in ihren gelbweißen Uniformen, legten tatsächlich noch einmal mehr, an Geschwindigkeit zu. Doch es dauerte nicht lange und die ersten brachen zusammen, sodass selbst die Züchtigungen von Offizieren und Unteroffizieren nichts mehr half. Zarossa tobte, riss selbst einen dieser Unglückseligen hoch und stellte ihn auf seine Füße, die nichts anderes mehr als wundes Fleisch darstellten. Kaum das er ihn los lies brach der Mann wieder in sich zusammen und der General befahl weiter zu marschieren und die Männer einfach zurück zu lassen. „Wer nicht mehr bei der Truppe ist und von den Husaren aufgegriffen wird, soll als Deserteur behandelt werden!“ Laut brüllte er es in die Reihen der Soldaten, bis auch die letzten ihn verstanden hatten. Der staubige Weg zog sich endlos lang dahin. Jeder zurückgelegte Schritt glich dem vorherigen wie ein eineiiger Zwilling. Kein Baum, nur ein paar karge Sträucher säumten den Weg der spanischen Armee.





Achtundsechzigster Teil

Zaparero sah nun deutlich besser aus. Sein Teint verlor allmählich seine bleiche Farbe und auch sein Körper gewann an Volumen und Kraft. Geduldig stand er neben Prieto, der Buchstaben auf ein weißes Papier malte. Hin und wieder gab er ein paar Berichtigungen und lobte die Fortschritte des provisorischen Leutnants. „Sie werden nicht lange brauchen mein lieber Prieto, wir machen gute Fortschritte. In ein paar Monaten werden sie flüssig lesen können und auch das Schreiben wird ihnen bald sehr leicht fallen, da bin ich mir sicher.“ Prieto wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. „Wenn ihr es sagt. Ich kann Eure, bei mir entdeckten Fortschritte nicht erkennen. Wieso das alles? Macht das Lesen und Schreiben nicht alles so schwierig? Er räumte das Papier zur Seite. „Wann glauben sie dass wir den Hafen das erste Mal verlassen werden?“ Zaparero ging zu dem Heckfenster der Korvette und sah auf die Reede hinaus. „Nachdem was mir Fallo erzählt hat, denke ich, dass der Gouverneur auf eine Order aus Mexiko wartet. Früher oder später wird man die Kauffahrer segeln lassen müssen, soll nicht unsere Wirtschaft komplett veröden. Sagt mal Prieto, kennt ihr den Kapitän der Fregatte?“ Prieto verneinte und trat zu ihm. „Er kommt dort in einem Boot mit Kurs auf uns zu.“ Prieto sah es und eilte durch die Tür der Kapitänskajüte hinaus, den kurzen Gang entlang bis er auf das teilgedeckte Deck hinaus trat und auf die kleine Kampagne hinauf sah. Die Sonne blendete ihn, worauf er seine Augen mit der Hand abschirmen mußte. „Kommandant! Wir bekommen Besuch.“ Fallo schaute ihn fragend an, als Prieto auch schon zu ihm herauf kam und über das Heck hinweg auf das Beiboot der Fregatte zeigte.
Fallo ärgerte sich über den unangemeldeten Gast. Er hat sich nicht vorbereiten können und musste jetzt das Beste aus dieser Situation machen. „Torgenson, lassen Sie ihre Männer antreten! Aznar! Sie üben mit den Männern weiter!“ Soll doch der Kapitän der Fregatte denken was er wollte. Er würde dankbar dafür sein, wenn er die Hilfe der Korvette im Kampf benötigte. Fallo sah zu wie die Soldaten Aufstellung nahmen, Pietro auf einer Pfeife das Begrüßungssignal pfiff und die Männer Haltung annahmen. Ein Paar Fuss neben der Relingspforte wurde wieder eine Kanone schussbereit gemacht und durch seine Geschützpforte geschoben unter den lauten Fluchen des Geschützführers.
Ein breitkrempiger, schwarzer Hut kam in der Pforte zum Vorschein, ein dunkelbraunes Gesicht darunter, dem ein langer hagerer Körper folgte. Die Soldaten salutierten, der Trommler der Abteilung lies einen Wirbel auf dem Kalbsfell los und Fall hob seine Hand an die Stirn, als Salut für den Kapitän der im Rang über ihm stand.“ Der Fregattenkapitän besah sich das Schiff und seine Besatzung, bevor er sich an Fallo wandte. „Kommandant Camilio Fallo, Kapitän! Stets zu Diensten!“ „Marquis Don Ernesto Vilas dePelayo, Kapitän der Fregatte Trinidad. Es freut mich ihre Bekanntschaft zu machen Kommandant Fallo.“ Fallo bat den Gast in seine kleine Kabine und der Große dePelayo hatte sichtlich Mühe sich durch den niedrigen Gang in die Kommandantenkajüte zu begeben. Fallo bat seinen Gast Platz zu nehmen und bot Wein und Früchte an. DePelayo winkte jedoch ab. „Sie brauchen nicht so viel Aufhebens machen um mich Fallo. Wir sitzen im selben Boot und das Warten hier in dem Hafen von Havanna ist für uns beide eine Qual. Ich möchte sie einladen Morgen auf mein Schiff zu kommen und mit mir und dem Kommandanten der zweiten Korvette zu Abend zu essen. Es kann für uns alle von größtem Nutzen sein, wenn wir uns kennen und uns zu vertrauen lernen. Ich habe von dem Gefecht mit den Portugiesen gehört, ihr Kapitän war ein Held. Schade dass er nun nicht mehr unter uns weilt, wir hätten solch ein Mann und auch so ein Schiff wie die Aurelia gut gebrauchen können. In den nächsten Tagen erwartet der Gouverneur eine Nachricht vom Vizekönig. Vielleicht bekommen wir auch Verstärkung, um einen Konvoi für all die Schiffe hier im Hafen zusammen zu stellen.“ Fallo räusperte sich und DePelayo gab ihm die Zeit für einen Einwand. „Wir werden also höchst wahrscheinlich die Eskorte bilden?“ Der Fregattenkapitän nickte und nahm einen herzhaften Schluck aus dem Weinglas. „Ja ich denke das und wir sollten zusehen, dass wir uns auf diese Aufgabe bestmöglich vorbereiten. Sie sind ja schon gut dabei mein lieber Fallo. Ich bewundere sie für ihr Engagement, nur wird das nicht im Kampf mit den zahlreichen Fregatten der Portugiesen reichen. Wir haben einige schwer bewaffnete Kauffahrer im Hafen, wir sollten auch sie in die Pflicht nehmen und sie an Kanonen und Handwaffen üben lassen. Haben sich ihre neuen Rekruten mit ihrer veränderten Situation zufrieden gegeben?“ Fallo zögerte mit der Antwort. „Nun bisher musste ich keine schweren Strafen verhängen. Trotzdem wäre es mir lieber endlich auf See zu sein, dort würde sie am schnellsten ihren Platz an Bord finden und ihr Schicksal akzeptieren lernen.“
DePelayo verstand nur zu gut und so sprachen die Beiden noch eine Weile über ihre Schiffe, deren Besatzungen und den Krieg mit den Portugiesen. Der Mann war Fallo nicht unangenehm und so führte er ihn noch einmal durch das Schiff bevor DePelayo es verließ. „Dann sehen wir uns morgen mein lieber Fallo! Weiter so! Wir werden den Portugiesen zeigen aus welchen Holz wir geschnitzt sind! Fallo nickte ihm lächelnd zu und salutierte. Kaum war das Boot des Fregattenkapitäns abgelegt, atmete der Kommandant der Cid erleichtert aus. Mann hatte es gut getroffen fand er. Zaparero trat an ihn heran und zusammen schauten sie auf das Boot der Fregatte herunter das sich schnell und elegant von der Bordwand der Korvette löste. „Ich hoffe dass er sein Handwerk versteht, die Portugiesen sind doch ein anderes Kaliber als ein paar räudige Piraten.“ Fallo nickte. „Wie immer werden wir einfach das Beste aus der jeweiligen Situation machen Emilio. Lassen wir uns überraschen, was Gott mit uns vor hat!“

DeSatera war sichtlich zufrieden mit dem Verhör des Mannes gewesen. Dieser war äußerst verängstigt gewesen, als sie im Keller des Gesindehauses zusammen mit ein paar Aufsehern ihn in seiner Zelle aufsuchte. Wie immer zu solchen Anlässen ging sie äußerst brutal zu Werke und die Schreie des Mannes gelten durch das Kellergewölbe ohne von außen gehört zu werden. Ihr war es egal ob er reden wollte oder nicht. Er diente an erster Stelle ihrem Vergnügen und so war er bereits dem Tode nahe, als sie von ihm abließ damit er sprechen konnte.
Sie wusste nun das Fallo ein Kriegsschiff in Havanna übernommen hatte um gegen die Portugiesen zu kämpfen. Für sie eine ärgerliche Situation, konnte sie ihm doch in solch einer Stellung kaum gefährlich werden. Der Gouverneur war ein sturer Beamter, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern seine Arbeit ernst nahm und in ihr nicht nur die Möglichkeit sah sich persönlich zu bereichern. Er würde ihr kein Gehör schenken, jetzt wo man jeden Mann beim Kampf gegen den Feind benötigt. Nun sie würde ihn zumindest beobachten lassen und so einen Weg finden ihn Schaden zu bereiten. Kurz dachte sie an die gemeinsam verbrachte Nacht, verglich ihn mit dem Comandante Ibarre der auf sie im Gutshaus wartete. Nun egal, er würde ihr auch weiterhin Freude bereiten, in dem er ihr ein Ziel bot, an dem sie sich auslassen konnte.
DeSatera löste sich aus ihren Gedanken und wandte sich wieder dem Seemann zu. Ein letzter verzweifelter Schrei und es wurde still im Gewölbe, nur die Ketten klirrten noch leise vor sich hin, als der leblose Körper des Gemarterten zusammen sackte.
„Darf ich fragen wo Du warst?“ Ibarre legte ein Buch zur Seite, das er auf dem großen Himmelsbett in ihrem Schlafzimmer gelesen hatte. Die Herrin der Plantage sah ihn gelangweilt an, setzte sich an einen kleinen Toilettentisch und löste ihr Haar aus einem streng nach hinten geflochtenem Knoten. „Im Gegensatz zu Euch mein lieber Ibarre, habe ich viel Arbeit zu verrichten und kann mich nicht dem Müßiggang hingeben. Doch würde ich Euch auch langweilen wenn ich Euch davon berichtete, sodass ich es vorziehen würde, wenn ihr mich in Ruhe ließet.“ Am liebsten hätte sie ihn aus ihren Gemächern gebeten, doch schien es ihr noch zu früh, ihn auf diese Art und Weise demütigen zu können. So entkleidete sie sich und legte sich neben dem Offizier, der den Schutz ihrer Plantage garantieren würde. Ihre Augen waren ausdruckslos, als sie ihn gewähren lies und starrten an Ibarre vorbei, der nun gierig auf ihr lag um sich an ihren Körper zu befriedigen. Kaum dass er von ihr abgelassen hatte und sich von ihrem Körper herunterrollte, drehte sich DeSatera von ihm weg, was dieser überrascht zur Kenntnis nahm. Er versuchte sie zu küssen und zu streicheln, doch schenkte sie ihm keine Erwiderung. Stattdessen stellte sie sich schlafen und wartete darauf dass er endlich aufgab. Ibarre starrte sie zornig an, doch wollte er keine Schwäche zeigen oder gar um ihre Gunst betteln müssen. So stand er schließlich auf, fuhr in seine Uniform und lies sie allein in ihrem Schlafzimmer zurück. Wie gerne würde er seine Männer zusammen rufen und einfach von diesen Ort verschwinden. Eilig ging er den Hügel hinunter, runter zu dem Sklavenkäfigen aus denen man leisen Gesang hörte. Wachmänner patroulierten zwischen ihnen, Bluthunde an ihrer Seite, schwer bewaffnet und bereit jeden Fluchtversuch oder eine Aufsässigkeit zu vereiteln oder zu strafen. Es lag Gestank von Urin und Kot in der Luft und angewidert besah er sich die Sklaven die lethargisch aus ihren Käfigen heraus ihn anstarrten. So machte der Comandante seinen Rundgang, vergewisserte sich das alles in Ordnung ist und ging hinüber zum Gesindehaus um diese Nacht in der Gesellschaft seiner Männer zu verbringen.
Kaum das er die Stufen zur Tür hinauf schritt, hörte er ein jammervolles Heulen das die Nacht durchdrang, ein langgezogener Laut den er so vorher noch nie gehört hatte. Langsam verhallte er und obwohl Ibarre aufmerksam lauschte schien er sich nicht wiederholen zu wollen. Kurz überlegte er ob er nicht noch eine Runde durch das Anwesen gehen sollte, lies diesen Gedanken aber schließlich fallen und verschwand durch die hohe Flügeltür in dem großen Gesindehaus.

Pietros Kopf schmerzte. Wie zum Hohn brannte nun die Sonne auf das ruhige Meer hinunter und der Schiffsjunge konnte nicht glauben, dass hier ein Schiff und viele Seemänner im Sturm verunglückt sind. Nur mit äußerster Kraftanstrengung hatte sich Pietro an dem Boot festkrallen können und so den Brechern getrotzt. Ein paar Wrackteile der Pinasse schwammen noch in der Nähe, doch keines davon versprach ein bequemerer Ersatz für das mit dem Kiel nach oben im Wasser dahin treibende Boot zu sein. Pietro wurde von Durst und Hunger gequält und immer wieder sank er in eine tiefe Bewustlosigkeit, die ihn zumindest für eine Weile von diesem Leid erlöste. Jetzt war er wieder bei Sinnen und seine Gedanken versuchten einen Weg zu finden der ihm Rettung versprach. Würde er noch lange auf dem Boot liegen, bekäme er einen Sonnenstich, was in seiner Situation den Tod bedeutet. Auch als er versuchte mit seinem zerrissenen Hemd seinen Kopf zu schützen, wäre es eine Frage der Zeit gewesen bis ihn der Hitzschlag ereilt hätte. Übelkeit stieg in ihm hoch und so erbrach er sich und eine zähe gelbe Flüssigkeit ergoss sich über den Bootsrumpf. Pietro gab nicht auf und lies sich vom Bootsrumpf hinunter in das Wasser gleiten. Es erfrischte ihn ein wenig und so tauchte er unter, um auch seinen Kopf Kühlung zu verschaffen. Vielleicht verdankte er dem jetzt folgendem Zufall sein Leben, denn er tauchte nicht neben dem Boot auf wie er es vorhatte, sondern darunter. Überrascht stellte er fest, dass er hier viel Platz hatte um genug Luft zu bekommen und gleichzeitig Schutz vor der sengenden Sonne zu finden. Erleichtert band er sich mit einem Stück Seil, das vorher zum vertäuen des Bootes gedient zu haben schien, an einer der Ruderbänke fest, damit er nicht unter Wasser rutschen konnte, wenn er das Bewustsein verlor oder der Schlaf ihn übermannte. So konnte er sich unter dem Boot dahin treiben lassen, war geschützt vor der Sonne und erleichtert, dass er dieses Glück gefunden hatte. Er beschloss erst am Abend wieder auf den Rumpf des Bootes zu klettern um die Umgebung nach Rettung abzusuchen.
Die Erschöpfung überkam den Jungen und so schrak er jetzt wieder auf, als Wasser in seine Nase drang. Ruckartig hob er seinen Kopf und stieß mit ihm gegen einen Bordkasten der ihm so vorher nicht aufgefallen war. Hastig tasteten seine Hände die Oberfläche der Bootskiste ab, um nach einen Deckelgriff oder Riegel zu suchen. Es dauerte eine Weile bis er fand was er suchte und der Verschluss aufsprang und den Inhalt der Bootskiste Preis gab.





Neunundsechzigster Teil

Die spanischen Garnisonstruppen aus Cadiz hatten nach dem heftigen Gefecht mit den Portugiesen alle Mühe sich neu zu ordnen, Verletzte zu versorgen und die Gefallenen zu begraben. General Falls schonte sich nicht, kam kaum zur Ruhe und arbeitete Tag und Nacht, um für den nächsten Schlagabtausch mit dem Feind bereit zu sein. Seine ursprünglich 10000 Mann waren auf 6500 Soldaten zusammengeschmolzen, wenn er auch davon „nur“ 1340 Gefallene zu beklagen hatte, eine erschreckende Zahl. Trotzdem hätte es schlimmer kommen können und Falls wußte wieviel er seinen Männern und ihren Einsatz verdankte. So ließ er die Rationen am Tag nach der Schlacht verdoppeln, die Männer ruhen und wies die Offiziere an, nachsichtig mit ihren Männern zu sein. Traurig sah er auf einen Soldaten herab, wie dieser vor ihm hockt und sich mit seinen Stiefeln abmühte um sie von seinen Füßen zu ziehen. Das er ausgerechnet in dieser Situation an Gomez denken musste trieb ihm die Schamesröte in das Gesicht. Jahrelang war der Adjutant nichts weiter für ihn als ein besser gestellter Diener. Und in ein paar Stunden mußte Falls seine ganze Meinung über diesen Mann revidieren. Gomez hatte mit seinen Tot die Vernichtung von Falls Truppen verhindert. Der Soldat wurde nervös, blickte immer wieder zu dem General auf, der ihn gedankenverloren beobachtete. Er hatte Angst das Falls ihn bestrafen könnte, schien er doch nicht in der Lage zu sein allein die Stiefel von den Generalsfüßen zu entfernen. Wie lange steckte er schon in diesem Schuhwerk? Falls lächelte. Vor der Schlacht war er voller Schreck hineingefahren und das war nun mehr als zwei Tage her. Garcia trat durch den Zelteingang, salutierte und erstattete Bericht. „Keinen Kontakt zu den Portugiesen mehr. Sie scheinen das Lager gestern nach aufgelöst zu haben uns sind spurlos verschwunden.“ Falls dachte nach. War es wieder ein Trick mit denen die Portugiesen ihn versuchten von diesen Hügel zu locken? Zogen sie sich zurück wegen den schweren Verlusten die sie erlitten hatten? Oder näherte sich die spanische Armee geführt von König Carlos um ihn zu entsetzen? „Fast mit an Garcia, der wackere Soldat ist zwar tapfer gegenüber den Portugiesen, aber anscheinend muss er sich von meinen Stiefeln geschlagen geben.“ Garcia wurde bleich, aber der wartende Gesichtsausdruck Falls lies keinen Wiederspruch zu. Erstaunt starrte der Soldat auf den Brigadegeneral der nun ebenfalls neben ihm am Stiefel zerrte, so lange bis er endlich vom Fuß des Befehlshabers rutschte. „Na also es geht doch! Du kannst jetzt gehen Soldat!“ Kaum das der Mann zum Eingang lief, froh dass er das Zelt des Oberbefehlshabers verlassen durfte, bremste ein Ruf seinen Lauf. „Eins noch! Sollte Dir ein Wort über den Lippen gleiten, was meinen Brigadier in Verlegenheit bringen könnte, lasse ich Dich erschießen.“ Die Worte Falls waren nicht böse gesprochen, aber dennoch verfehlten sie ihre Wirkung auf den Soldaten nicht. Dieser lies die Abdeckung des Eingangs hinter sich fallen und Falls bat Garcia neben sich Platz zu nehmen. Sein General schien es als Demütigung seitens seines Vorgesetzten verstanden zu haben, was Falls aber entging oder absichtlich übersah. „Wie lange reicht noch der Proviant und das Wasser für die Männer?“ Garcia schrak aus seinen Gedanken auf. „Vielleicht noch drei oder vier Tage, wenn wir rationieren auch noch einen Tag länger.“ Falls stimmte ihm zu. „Gut schicken sie weitere Patroullien los, ich will wissen wo der König oder die Portugiesen stecken!“ Falls brüllte die letzten Worte, zornig darüber, wieder im Ungewissen über die Absichten des Feindes zu sein. „Wir haben nur noch an die hundert Kavalleristen übrig Herr General. Wenn ich weitere ausschicke sind wir faktisch blind, wenn wir uns in Marsch setzen.“ Falls Mund öffnete sich zur Entgegnung, schloss sich aber wieder. Statt dessen stand der General auf und ging zur einer Kristallkaraffe und schenkte sich Wein ein. Ein Blick auf seinen Untergebenen und er füllte ein zweites Glas, das er ihm reichte. "Ich weiß es zu schätzen, dass sie mich ihre Meinung wissen lassen Garcia. Trotzdem bleibt es dabei. Schicken sie weitere Männer los, ich will das die Portugiesen gefunden werden."
Garcia und er tranken den Wein aus, ohne ein weiteres Wort zu wechseln, jeder für sich hing stumm seinen Gedanken nach, die zumindest Falls weit ab von diesen staubigen Hügeln entführten. Falls dachte an seine Frau Maria, die schwanger der Entbindung entgegen fieberte. Wie viele Wochen waren es noch? Drei oder vier? Bis jetzt hatte seine Frau jedes mal eine Fehlgeburt gehabt und fürchtete er könnte sie bei einem weiteren Misserfolg verlassen. Falls hatte diesen Gedanken, aber er liebte seine Frau und auch wenn er ihr nicht immer treu gewesen war, trug er sie doch in seinem Herzen.
Garcia dachte an Gomez. Genauso gut hätte er die Batterie stürmen können, nämlich dann wenn Falls ihm dem Befehl dazu gegeben hätte. Doch es war anders gekommen und er durfte nun leben, während der Adjutant seines Generals nur noch eine Erinnerung in den Köpfen von ein paar Menschen ist. „Lassen sie mich bitte wieder allein Garcia! Ich möchte ein wenig nachdenken!“ Der Brigadier nickte und verließ das Zelt, froh der Autorität von Falls entfliehen zu können. So ähnlich war es vor ihm dem Soldaten ergangen. Garcia mußte darüber lächeln.

DeCoster schrak hoch als Kiko ihn weckte. „Doktor, kommt schnell!“ Der belgische Arzt fragte nicht lange sondern hastete dem Jungen hinterher. „Was soll das Kiko? Zu so später Stunde bist Du noch auf? Haben Dich denn alle guten Geister verlassen?“ Kiko wurde langsamer und drehte sich nach dem fast ein halbes Jahrhundert älteren Mann um. „Ich konnte nicht schlafen, weil ich fürchtete, dass der Dürre fliehen würde. So bin ich aufgestanden um nach ihn zu sehen….“ DeCoster packte Kiko wirsch an den Schultern. „Sprich schon er ist doch noch da?“ Kiko nickte. „Seid ohne Sorge DeCoster er ist noch da. Doch er spricht im Schlaf, nur kann ich mir darauf keinen Reim machen. Vielleicht gibt er ja etwas preis, was uns bei der Suche nach dem armen Mädchen helfen könnte.“ DeCoster nickte. „Dir liegt viel daran nicht wahr?“ Kiko´s Augen füllten sich mit Tränen. „Ich habe selbst eine Schwester und sie Jahre nicht mehr gesehen.“ Der Arzt nahm den Jungen in die Arme. „Das tut mir leid, was ist mir ihr geschehen?“ Kiko löst sich aus seinen Armen. „Jemand nahm sie aus dem Heim, in den wir aufwuchsen. Ich weiß nicht mehr wie alt ich damals war.“ „Du musst mir alles erzählen Kiko, fast schäme ich mich dass ich nicht früher danach fragte. Nun komme schon! Lass uns nach diesem Verbrecher sehen und hoffen wir darauf, dass er das Geheimnis um das Mädchen preis geben möchte. So schlichen die beiden in das große Zelt, in denen fast fünzig Verletzte auf Heilung hofften. Der Gestank von Erbrochenen hing in der Luft, hier und da stöhnte ein Patient vor Schmerzen wenn er sich im Schlaf bewegte. "Dort vorne liegt er wir müssen sehr leise sein." Kiko unterstrich seine Worte in dem er den Finger auf seine Lippen legte. "DeCoster nickte und tastete sich in der Dunkelheit vor, mühsam Schritt mit dem kleinen wendigen Jungen haltend. Der Dürre schwitzte, warf sich von einer Seite auf die andere und immer wieder kamen ihm die selben Worte über die Lippen. "Lasst Sie im Kloster! Sie gehört auch mir!"

„Was wollte ihr denn beide bloß? Lasst mich schlafen, ich habe ein hartes Tagwerk hinter mich gebracht und nun wollte ihr mir meinen Schlaf nicht gönnen?“ Ärgerlich sah ich DeCoster und Kiko an, die aufgeregt in mein Zelt eingedrungen sind um mich zu wecken. Wiederwillig lauschte ich ihren Bericht und je länger sie ihn führten desto zorniger wurde ich. „In einem Kloster? Das Mädchen wird in einem Kloster festgehalten?“ DeCoster nickte. „Nur wissen wir leider nicht in welchem. Aber wie viele kann es schon im näheren Umkreis geben? Ich überlegte. Wen konnte man fragen? Es war klar dass ich das Kloster ausfindig machen musste, würde ich doch am wenigsten Verdacht erregen. „Ich werde morgen meine Schwestern fragen, sie werden mir sagen was für Klöster hier in der Gegend zu finden sind. Wie wir dann weiter verfahren, werden wir sehen. Vielleicht sollten wir ein wenig besser auf den üblen Kerl aufpassen. Ich teile Kiko´s Furcht und ihr DeCoster habt selbst gesagt, dass er gut zu Wege ist, auch wenn ihr ihm das Gegenteil beteuert habt. Ich hoffe ihr betet fleißig um Gottes Gnade, gehen Euch Lügen doch mit spielender Leichtigkeit über die Lippen. Zu Tamfelder kein Wort! Er würde auf seinen Weise nach dem Mädchen forschen und dann fürchte ich, gibt es keine Rettung für seine kranke Seele mehr. Ich mache mir große Sorgen um ihn, ein inneres Feuer scheint ihn zu verzerren und ich vermag es nicht es zu erkennen oder gar zu löschen.“ DeCoster legte mir seine Hand auf die Schulter. „Macht Euch keine Sorgen Pater! Ich glaube dass er sich fangen wird, wenn wir ihm nur dabei helfen.“ Ich nickte und auch Kiko versprach sein Bestes tun zu wollen, um den Freund Unterstützung zu geben, damit er das Erlebte verarbeiten konnte.

Am nächsten Morgen war es meine erste Sorge mit meinen Schwestern zu sprechen die mir jeden Tag so fleißig zur Hand gingen. Eilig schritt ich zum Hospizzelt hinüber, vorbei an Soldaten die nun dabei waren, auch die letzten Zelte abzubauen und zu verladen. Im Vorbeigehen sah ich DeCoster mit ihnen schimpfen, als sich einige von ihnen an seinem Zelt zu schaffen machen wollten. Nur mit Mühe konnte ihr Kommandant den Belgier beschwichtigen, hatten doch die Männer einige seiner Behälter bei ihrem Versuch die Zeltplane zu lösen, kaputt geschlagen.
Meine Schwestern überlegten. Drei waren aus der näheren Umgebung, so das ihnen zu aller erst ein Nonnenkloster einfiel was ungefähr fünfzehn Meilen entfern im Norden lag. Ich schüttelte den Kopf. Das war zu weit, es musste eins in der unmittelbaren Nähe geben. „Mir fällte da etwas ein. Kann es sein, dass es sich bei dem gesuchte Gebäude um eine Wehrkirche handeln könnte? Sie ist umgeben von einer Mauer und hat auch noch zwei kleine Wohngebäude inmitten der Umfriedung. Vielleicht sucht ihr nach ihr?“ Ich merkte auf. „Wo kann ich dieses Gebäude finden Maria?“ Die Nonne erklärte es mir. Ich war mir sicher, dass sie richtig lag. Denn wie konnte ein Frevler wie der dürre Menschenschinder schon Kloster und eine wehrfähige Kirche auseinander halten? Ich eilte mich, es DeCoster und Kiko zu erzählen, als Emilio mich anrief. „Was treibt Euch so Pater? Kann ich Euch vielleicht helfen? Mir geht es schon viel besser.“ Ich schüttelte den Kopf. „Lasst mich weiter guter Mann, wenn ich Dich brauch werde ich es Dich wissen lassen.“ Emilio nickte. „Euer Wort darauf Pater!“ „Ja, Ja!“ Rief ich ihm zu und rannte den Trampelpfad entlang auf DeCosters Zelt zu, was einige Soldaten lustig zu finden schienen, lachten sie mich doch unverschämter Weise aus.


„Was wollte ihr von mir? Wie könnt ihr es wagen die Vorhut der königlichen Armee Spaniens aufzuhalten?“ Zarossa schrie den Fremden Reiter in das Gesicht, sodass sich der Staub von dessen Lederkutte löste und dessen kleiner Hund jaulend in die Satteltasche kroch um dort Schutz zu finden. „Wir wollten Euch bitten uns zur Hilfe zu kommen. Die Cadizer Garnision hatte ein hartes Gefecht mit den Portugiesen. Ich bin nur mit Mühe aus dem belagerten Lager entkommen. Ihr Ausbruchsversuch wurde vor einem Tag blutig abgewiesen und die Männer können nicht mehr lange durchhalten, haben sie doch weder Wasser, Proviant noch Munition.“ Zarossa starrte den Fremden Mann ärgerlich an. Auch seine Offiziere waren skeptisch. „Wie heißt ihr?“ „Jose de Andrade, Herr General! Stets zu Diensten!“ Neugierig sah sich der Zivilist um. „Ist das alles was ihr an Männern habt?“ Zarosse kniff die Augen zusammen und Olivarez konnte sich einen Einwand nicht verkneifen. „Wie gesagt sind wir nur die Vorhut, wenn ihr aber genauere Informationen über die Portugiesen habt würden wir sie gerne erfahren.“ Andrade zögerte nicht damit. „Nun General Falls hat den Gegner auf 15000 Mann geschätzt.“ Es könnten aber auch ein paar tausend mehr oder weniger sein. Zarossa seufzte. „Das kann nicht sein. Vielleicht hat man Euch täuschen können?“ Andrade schien ungeduldig zu werden. „Eure Männer scheinen sehr müde zu sein, dennoch flehe ich Euch an, General Falls uns seine wackeren Männern Hilfe zu bringen! In wenigen Stunden kann es zu spät dafür sein.“ Zarossa überlegte. „Er selbst hatte 7000 Männer die zwar erschöpft und am Ende waren, doch würde Falls dafür nicht fast 10000 Männer in die Waagschale legen können? Wie würde Carlos ihm danken, wenn er und die Vorhut alleine den vernichtenden Sieg über die Portugiesenhunde errungen hätte? Der Wunsch Andrade´s schien ihm verlockend. Zarossa´s Augen legten sich auf Olivarez, der wie so oft andere Meinung zu sein schien. „Gut Senior, wir danken ihnen für ihre Ausführungen. Halten Sie sich in unsere Nähe auf, falls wir noch Fragen haben!“ Andrade verbeugte sich und ritt, belgleitet von ein paar Reitern, die auf ihn aufpassen sollten, davon. „Nun sprecht schon verdammt!“ Olivarez erwiederte gleichgültig den verärgerten Blick seines Generals. „Ich denke nicht, dass man diesen Mann trauen kann.“ Zarossa sah ihn missmutig an, während Olivarez weiter überlegte. „Wir hatten Information über 30000 Portugiesen und selbst wenn einige Tausend an der Furt gefallen sind und auch das Gefecht mit Falls Männern einiges gekostet haben mag, können doch nicht nur noch 15 000 Männer von ihnen übrig sein.“ Zarossa wurde ungeduldig. „Was schlagt ihr also vor?“ Olivarez zeigte auf die Karte. „Carlos ist einen Tag zurück, lasst uns auf ihn warten und dann gemeinsam auf den Feind marschieren. Oder schickt einen schnellen Reiter, dann haben wir Morgen früh eine Order auf die wir uns berufen können.“ Zarossa schüttelte den Kopf. „Ich werde nicht wie ein Feigling hier stehen bleiben. Wer nicht wagt der wird nichts leisten. Mit einem habt ihr jedoch Recht. Lasst die Männer ein paar Stunden ruhen! Wir werden zu Falls stoßen und die Belagerung aufheben. Zusammen können wir den Feind schlagen.





Siebzigster Teil

Pablo war über fünfzig Jahre alt, und viele sagten ihm, er müsse nun endlich sein Handwerk aufgeben und sich zur Ruhe setzen. Er lächelte in solch einer Situation nur und wies verschmitzt darauf hin, dass Gott ihm seine Gesundheit und seine Kraft nicht dafür geschenkt hatte, dass er den ganzen Tag faul in der heißen Sonne Kubas liegen würde um Rum zu trinken und sich von seinen Kindern aushalten zu lassen. Vier Söhne hatte er und alle waren etwas geworden. Jeder von ihnen arbeitete hart und alle hatten sie ihm schon Enkel geschenkt auf die er gleichfalls sehr stolz sein konnte.
Der Wind griff in das kleine Lateinersegel des Fischerbootes, trieb es vorbei an der Korvette die vor ihm lag. Es war die „El Cid“ wie er wusste, ein Schiff das mittlerweile berüchtigt war für die Methoden seine Mannschaft zu rekrutieren. Nun die letzten Tage hörte man nichts mehr von ihr, was nur bedeuten konnte, dass man sich genügend Männer zusammengeraubt hatte. Pablo spuckte über die Bordwand ins Wasser, während sein kleines Boot um das Heck der schnittigen Korvette glitt. Befehlt gelten herunter und der Fischer sah wie die Männer in die Wanten sprangen um in die Masten zu steigen. Der Alte bewunderte sie für ihre Behändigkeit und ihre Kraft, die Geschicklichkeit des Körpers die auch er vor ein paar Jahren noch besaß und nun durch die Vorsicht und die Erfahrung des Alters nur zum Teil ersetzt werden konnte.
Ein Leutnant beugte sich über die Reling sah auf das Boot herunter und winkte dem Fischer zu, der erfreut aufstand und sich verbeugte. Nie hatte vorher ein Offizier auf den Schiffen im Hafen ihm seine Aufmerksamkeit geschenkt, oder sogar gegrüßt. Pablo wunderte sich sehr, setzte sich verlegen wieder auf seine Bank und war erleichtert, als er durch die Hafenmündung zwischen den Festungen endlich das offene Meer erreichte. Im Gegensatz zu den großen Kauffahrern ließ man ihn ungeschoren passieren, würde doch weder Freund noch Feind groß Aufhebens um ihn machen.


Fallo sah dem kleinen Boot hinterher, dass nun schon fast zwei Kabellängen entfernt, in Richtung des offenen Meeres fuhr. Wie sehr wünschte er sich, dass nun endlich auch die Cid, zwischen den beiden Kastellen hindurch, endlich diesen Gott verdammten Hafen verlassen würde. Doch das würde noch dauern, dessen war er sich sicher. „Herr Kommandant?“ Fernando tauchte im seinen Rücken auf und Fallo drehte sich nach dem gedrungenen Körper des Seemanns um, schlug leicht auf dessen Schultern, für einen Moment die strenge Etikette an Bord des Schiffes vergessend. „Nun was gibt es?“ „Wir können ablegen, es wird Zeit Kommandant!“ Fallo sah rüber zu der zweiten Korvette, wo er glaubte zu sehen wie man ein Boot ausbrachte. Er lächelte. Er lies diesen Befehl schon vor Stunden geben, wusste er doch das man vom Bord der Fregatte alles beobachten würde, was auf Stärken oder Schwächen der beiden kleineren Kriegsschiffe schließen lies. „Nun gut lass uns gehen Fernando! Hast Du übrigens etwas von Paolo und Sanchez gehört? Konnten sie Brandao finden?“ Fernando nickte. „Sie sind gestern Nacht wieder an Bord gekommen. Dem Schneider und sein Geselle geht es gut. Sie wurden in einem Dorf westlich von Havanna aufgehalten, verdächtigte man sie doch Portugiesen zu sein. Was man bei dem Familiennamen des Schneiders verstehen kann, wenn man auch argumentieren könnte, dass sich ein portugiesischer Spion sicher nicht so genannt hätte. Nun unsere Männer kamen zur rechten Zeit und konnten den Zorn der Dorfbewohner beschwichtigen. Sie glaubten das ein Einheimischer Handwerker die Konkurrenz Brandao´s fürchtete und deshalb zu diesem üblen Streich ausgeholt hatte.“ Fallo nickte Fernando zu. „Danke den Beiden von mir und lass ihnen eine Pinte voll Rum geben.“

Fallo stieg vorsichtig ins Boot , lies sich neben dem Ruderführer des Bootes nieder und sah zu der Fregatte hinüber, auf dem der Mann neben ihm nun Kurs nahm. Weich und regelmäßig tauchten die Männer die Riemen ein, zogen synchron diese an sich und holten dann zu einem neuen Schlag aus, die Blätter dabei ohne große Spritzer ins Wasser tauchend. Kurz wandte er sich zu seinem Bootsmann um, der seinen Blick nicht von den Männern nahm und alles registrierte, was mit seinem Boot zu tun hatte. Fallo konnte zufrieden sein, die Besatzung der Cid entwickelte sich und auch die vielen Neuen schienen ihr Leben an Bord nicht mehr all zu sehr als Strafe zu empfinden. Vielleicht half auch das Gerücht, dass von Aznar in die Besatzung gestreut wurde, man wolle so viele Priesen wie möglich auf der nächsten Fahrt erbeuten, was auch noch den niedrigsten Mann des Schiffes zum reichen Mann machen würde. Wie viele seiner Männer setzten sich für ihn ein und Fallo dachte nach wie er es ihnen vergelten konnte. „Machen sie sich bereit Kommandant, wir legen gleich an Bord der Fregatte an.“ Der Kommandant nickte seinem Bootsführer zu und sah wie sich die Bordwand des Kriegsschiffes vor ihm auftürmte. Kein Gesicht von dessen Besatzung war zu sehen, was Fallo verblüffte. So enterte er die Leiter hinauf und trat durch die Relingspforte der Fregatte, überrascht seinen Blick auf hunderte angetretene Seeleute und Seesoldaten gerichtet, die zur seiner Begrüßung Aufstellung genommen hatten. Pelayo grüßte ihn während Fallo Haltung annahm und salutierte, überschwänglich. Er freute sich Fallo´s Verwunderung über die Herrlichkeit seines Schiffes und dessen Besatzung in seinen Augen sehen zu können. Er bat Fallo an seine Seite und stieg auf das Kampagnendeck der Fregatte, um gemeinsam mit ihm, das Boot des anderen Korvettenkapitäns zu beobachten, das sich zügig der Fregatte näherte. „Bravo, das schaut doch gut aus. Cordes scheint ebenfalls seine Besatzung in Griff zu haben, wenn ihm auch noch immer über sechzig Männer fehlen.“ Lachend stieß er Fallo in die Seite, der sichtlich verlegen reagierte. „Hat halt nicht jeder so viel Phantasie, bei der Suche nach einer tüchtigen Mannschaft.“ Fallo konnte, die nun in seinem Gesicht aufsteigende Röte nicht verhindern. Stattdessen besah er sich nun den anderen Korvettenkommandant, von dem jetzt die ersten Details sichtbar wurden. Er schien dick zu sein und die gleiche Größe zu besitzen wie Fallo. Er hatte seinen Kopf gebeugt, so dass man nur den schwarzen Zweispitz sehen konnte, denn er auf den Kopf trug. Es dauerte eine Weile bis das Boot unter den beiden Offizieren anlegte und sie den Dritten in ihrem Bunde nun begrüßen konnten. Erstaunt stellte Fallo fest, das Cordes, sich an Bord heben lies und nicht das Fallrepp nutzte wie er. Das sollte zwar ungefährlicher sein, doch sah er das Grinsen der Männer an Bord, als der korpulente Kommandant der Santiage de Cuba an Bord gewuchtet wurde. Die versuchte seine Würde so gut zu wahren wie er nur konnte, doch gelang es ihm nicht. Sein dicker aufgedunsener Körper wurde von den Seilen des zu engen Aufzugs eingeschnitten, so das Dicke Fettwulste sichtbar wurden. Fallo konnte nicht glauben, dass man solch einen Mann ein Kriegsschiff anvertraute. Pelayo´s Miene verriet nichts von dem, was dieser dachte und genauso wie bei Fallo begegnete er auch seinen zweiten Korvettenkapitän mit aller Höflichkeit. Auch Fallo salutierte und reichte Cordes seine Hand, die dieser missmutig schüttelte. Fallo sah Ablehnung in den Augen des anderen und war erstaunt darüber wie sehr es ihn wütend machte.

Der Kapitän der Fregatte führte sie in seine Kajüte und bat die beiden Platz zu nehmen, während er selbst auf einen unbequemen Holzstuhl saß, der hinter einen einfachen, aber dafür großen Schreibtisch verschwand. „Wir haben nur noch vielleicht zehn Tage Zeit um einen Konvoi nach Spanien zusammen zu stellen. Wir erwarten Verstärkung aus Mexiko so dass ich hoffen kann, das wir den Portugiesen entsprechend begegnen können, wenn sie uns angreifen sollten. Im Hafen liegen drei große Westindienfahrer, die alle mit jeweils über dreißig Geschützen bestückt sind. Doch leider wurden diese eher als Abschreckung genutzt und mit Erstaunen stellte ich fest, dass auch so gut wie keine Munition für sie an Bord vorhanden war. Daneben sollen fast fünfundzwanzig kleinere Schiffe uns begleiten und wenn wir uns defendieren müssen, sollten wir doch einige hundert Kanonen ins Spiel bringen können. Meine Bitte an den Gouverneur um Soldaten für die Kauffahrer wurde abgelehnt. Sie werden gebraucht um die Sklavenaufstände nieder zu schlagen. Ich sehe Unverständnis in ihren Augen? Nun ich wollte die Soldaten auf die Kauffahrer verteilen, um Undisziplinierte und Feiglinge abzuschrecken, wenn es um mangelnde Bereitschaft geht den Befehlen des Geschwaderkommandeurs zu folgen. So bleibt mir nichts übrig als eine von ihren Korvetten an das Ende des Konvois zu detachieren um etwaigen Feigling aufzuhalten oder gar als Abschreckung für andere zu versenken. Pelayo stand auf und ging rüber zu einem großen Globus, den er nun in Gedanken drehen lies. „Ich hatte dabei an sie gedacht Cordes. Ihr Schiff ist das Schnellste und Wendigste und hat so am wenigsten Mühe Fliehende einzuholen und zu bestrafen.“ Cordes räusperte sich. „Wie ihr meint Kapitän. Ich darf aber darauf hinweisen, dass ich mit den Männern die ich jetzt an Bord habe, vielleicht zehn Kanonen bemannen kann. Wie wäre es wenn mir unser lieber Fallo hier, ein paar abgeben würde, nach dem er sich die Zuckerstücke in den Verliesen der Stadtkommandantur herausgesucht hat und mir nur Lumpenpack übrig lies.“ Fallo wurde bleich, versuchte aber seine Würde zu wahren. Er wusste nicht warum Cordes ihn mit Feindschaft begegnete und vermutete das diesen seine Jugend reizte und das stärkere Schiff was er führen durfte.“ Pelayo winkte ab. „Mein lieber Cordes! Ich bitte Euch! Ihr seid solch ein erfahrener Seemann, wie solltet ihr da nicht noch ein paar Männer finden? Ich werde sehen wie ich Euch unterstützen kann. Aber will ich darum bitten vor Anfeindungen oder Anspielungen gegenüber anderen abzusehen. Pelayo grinste Cordes ins Gesicht, sich dabei aber sichtlich ins Gegenteil wandelte, bis dieser den fetten Kommandanten ins Gesicht brüllte. „Solltet ihr Missgunst oder Neid unter uns verbreiten Cordes, dann werdet ihr schnell einer von diesen Lumpengestalten in der Stadtkommandantur sein, als Euch lieb ist.“ Pelayo sah in das verschwitzte Gesicht seines Gegenüber, dass ohne Ausdruck einer Furcht blieb und ihn statt dessen nur anglotzte. „Lassen sie uns wieder zur Sache kommen meine Herren! Ich denke wir müssen damit rechnen, dass die Portugiesen erfahren werden, was wir vorhaben und dem entsprechend versuchen uns abzufangen. Jeder von ihnen Beiden bekommt eine Liste von Schiffen, um diese auf die Fahrt bestmöglich vorzubereiten. Sorgen sie dafür, dass die Besatzungen und ihre Offiziere wissen, was sie im Ernstfall zu tun haben!“ Fallo bat ums Wort. „Wie kann ich meine Männer vorbereiten, wenn ich mich auch noch um die Besatzungen von einem dutzend anderer Schiffe kümmern soll?“ Pelayo war verdutzt. „Fallo! Ihr enttäuscht mich. Glaubt ihr etwa, dass man an mich keine überzogenen Erwartungen stellt? Das der Gouverneur auf meine Einwände hört? Machen sie sich nicht lächerlich! Sie tun was sie tun müssen und wenn es all ihre Kraft kostet! Sollte ich merken, dass sich einer von ihnen als unfähig erweist, werde ich einen meiner Offiziere mit dem Kommando betrauen, sodass sie dann als einfacher Seeoffizier ihren Aufgabenbereich besser überblicken können.“ Pelayo war wütend, dieses Gespräch war ein denkbar schlechter Anfang gewesen, für sie alle. „Es ist besser wenn sie an Bord ihrer Schiffe zurück kehren! Ich verlange von ihnen jeden Tag einen ausführlichen Bericht! Enttäuschen Sie mich nicht meine Herren! Jedes meiner Worte wurde im Ernst gesprochen!

Cordes und Fallo verließen kurz darauf in ihren Booten die Fregatte, tief in sich zurück gezogen, beleidigt über den Verlauf des Gespräches und den Andeutungen die Pelayo gemacht hatte. Fast bereute Fallo in die Marine Spaniens eingetreten zu sein, fühlte er sich doch den Launen seiner Vorgesetzten ausgeliefert. Egal er würde sein Bestes geben und wenn es nicht reichen sollte, dann konnte er es nicht ändern.
Zuletzt geändert von Fridericus Rex am 6. Dezember 2010 23:00, insgesamt 1-mal geändert.