[Geschichte] Der Weg des Spartaners

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[Geschichte] Der Weg des Spartaners

Beitragvon Seescheibe » 16. Januar 2011 18:41

Prolog

Cytheneios ging gebückt. Er war ein alter Mann, der schon lange nicht mehr gut gegessen hatte. Er aß, was er bekam. Das Leben auf der Straße war hart und er wunderte sich insgeheim über sich selbst, dass er so lange hatte durchhalten können. Wenn er jeden Morgen erneut aufwachte sendete er ein kurzes Stoßgebet an die Götter. Zum Dank, aber auch zum Klagen. Er hatte schon vieles gesehen, und seine Knochen und sein Geist waren müde. Er war älter als andere Männer, sogar der älteste im Viertel. Umso mehr verwunderte es, dass er noch keinem Überfall zum Opfer gefallen war. Überfälle und Morde waren im Armenviertel keine Seltenheit, doch niemand traute sich an ihn heran. Was hätten sie auch stehlen können? Außer seiner Robe und seines Hirtenstabes besaß er nur seine Gabe, Geschichten erzählen zu können. Und um wenigstens das älteste Brot und den gammeligsten Fisch kaufen zu können, machte er davon gebraucht und traute sich zweimal in der Woche auf die Straßen der Stadt, um mit seiner Gabe ein paar Münzen ergattern zu können. So wie auch heute wieder.
Cytheneios´ Magen knurrte gewaltig, als er sich ächzend erhob an diesem Morgen. Er musste sich schwer auf seinen Stab stützen und seine Knie knackten vorwurfsvoll. Doch all die Schmerzen halfen nichts, er brauchte schließlich etwas zu essen. Weiterhin ächzend setzte er langsam einen Fuß vor den anderen, die morgendlichen Schwindelanfälle, die ihn seit der letzten Mahlzeit regelmäßig begleiteten, ignorierend und versuchte seinen gebeutelten Rücken weitestgehend gerade zu halten. Dass dabei mehrere Wirbel knackten und Schmerzen hervorriefen, kümmerte ihn eher weniger. Im Alter war der Schmerz sein ständiger Begleiter geworden, der ihm noch das Gefühl gab zu leben.
„Na, alter Mann“, sprach ein Mann zu seiner Rechten. „Willst du heute wieder Geld verdienen?“
Der Mann, der Cytheneios ansprach war jünger als er, doch war er in körperlich sehr schlechter Verfassung. Seine Zähne waren grün und gelb oder größtenteils schon verfault und ausgefallen. Seine Haare waren filzig und hingen ihm unkontrolliert an allen Seiten hinab, so ähnlich verhielt es sich mit dem Bart, den er sich zwangsweise zugelegt hatte. Außerdem plagte ihn schon seit Wochen ein schlimmer Husten, der nicht besser wurde; ein Heiler würde sich dieses Mannes jedoch nicht annehmen. Dem Mann fehlten an der rechten Hand drei Finger, die er im Krieg verloren hatte und der linke Arm fehlte komplett. Die Körperhaltung dieses Mannes war miserabel. Der Krieg hatte aus diesem einst stolzem Griechen einen Krüppel gemacht.
„Richtig, Selefkos“, antwortete Cytheneios freundlich. Er mochte diesen Mann, auch wenn es unmöglich war sich mit ihm vernünftig zu unterhalten: Entweder war Selefkos betrunken oder sein Mund- und Körpergeruch hielt jeden davon ab, sich ihm zu nähern.
„Ich werde versuchen etwas Geld heranzuschaffen. Dann haben wir auch mal wieder etwas zu essen. Schlaf du nur weiter“.
Selefkos wollte noch etwas sagen, doch seine Worte gingen in einem schrecklichen Hustenanfall unter, bei dem dies mal kleine Blutklümpchen der Spucke und dem Schleim folgten. Cytheneios betrachtete ihn sorgenvoll.
„Du solltest dir mal überlegen, ob du nicht wenigstens versuchen willst, zum Arzt zu gehen“.
Der Hustenanfall von Selefkos nahm ihm die Möglichkeit zu sprechen und so deutete er Cytheneios mit einer Handbewegung zu gehen und sein Glück auf der Straße mit seinen Geschichten zu versuchen.
Cytheneios verließ das kleine Lager, dass sich die beiden hergerichtet hatten. Es Lager zu nennen war eigentlich die falsche Bezeichnung: Es war eine Ansammlung von krummen Stäben und zerbrechlichen Ästen, aus denen sie sich zwei Zelte gebaut hatten. Die Planen wurden durch zerlumpte, dreckige und zerrissene Kleidungsstücke ersetzt, die sie auf der Straße oder im Müll gefunden hatten.
Das Leben ist manchmal mehr eine Strafe denn ein Geschenk, dachte sich der Geschichtenerzähler, als er um die Ecke bog, die das dunkle, schmutzige Armenviertel von dem Rest der Stadt trennte. Sonne schien ihm ins Gesicht und er blieb stehen und holte tief und genüsslich frische Luft. In seinem Lager oder seinem Viertel war frische Luft selten; meist war die Luft vom Gestank gammeligen Fisches oder schimmeligen Brotes erfüllt. Doch hier im Viertel der normalen Bürger war die Luft angenehm und keine Gerüche waren dem zu entnehmen.
Es war noch früh am Morgen, sodass nur am Fischmarkt das Treiben der Stadt zu beobachten war. In der Innenstadt ruhte der Großteil der Bevölkerung noch. Ein guter Zeitpunkt für einen Geschichtenerzähler wie ihn, sich einen Platz auszusuchen, von wo aus er seine Geschichten erzählen würde. Er ging durch die Straßen und beobachtete die Rillen der Steine oder den blauen Himmel an dem kleinere Raubvögel und Aasfresser kreisten. Die Kreuzigungsstätte war nicht weit von der Stadt entfernt, so dass man die Vögel sehen und hören konnte. Doch der Geruch war nur selten zu vernehmen. Nordwinde waren in diesem Teil des Landes selten. Cytheneios ging weiter und betrat den Marktplatz. Dort waren zu dieser Stunde sonst nur die Budenbetreiber zu gegen und legten ihre Waren aus. Brote, Fische, Trauben, Wein, Tonkrüge, geflochtene Körbe und an manchen Stellen sogar Fleisch konnte man hier kaufen. Zudem gab es noch etliche andere Dinge, die Cytheneios jedoch nicht als wichtig erachtete. Er musste nach seiner Geschichte nur etwas Nahrung kaufen. Das Problem war nur, dass er sich noch keine Geschichte erdacht hatte. Es wurde langsam Zeit, denn die Sonne stieg immer höher. Seine Zuhörer kannten den Großteil seiner Geschichten schon und wenn er eine erneut erzählen würde, würden sich die Zuhörer langweilen und zu seinem Konkurrenten gehen. Ihm musste zumindest schon mal ein Anfang einfallen.
Die Idee zu seiner Geschichte kam ihm, als der erste Kunde, der sogleich von allen Budenbetreibern davon überzeugt wurde, dass er nur bei ihm die beste Ware würde kaufen können, den Markt betrat. Der junge Mann war etwas größer als er, sein Haar war sehr stark gelockt und hinten zu einem Zopf gebunden. Der Gang des Mannes zeugte von ungeheurer Kraft und Stärke. Sein Körper schien vor Kraft nahezu zu platzen. Welch einen Beruf dieser Mann wohl hatte? Doch in Cytheneios´ Geschichte, war der Beruf des Mannes schon gewählt. Innerhalb von Sekunden hatte der Geschichtenerzähler ein soziales Netz um ihn gesponnen, seine Ängste und Stärken erdacht und die Verschwörung, an der er teil haben würde. Cytheneios lächelte zufrieden: Bei dieser Geschichte mussten ihm die Massen einfach zufliegen und ihn bedrängen, weiterzuerzählen. Dies würde die Geschichte seines Lebens werden, da war sich der alte Mann, der glücklich hin und her wiegte sicher.
Die Sonne stand nun hoch am Himmel und der Marktplatz war sehr belebt. Die Rufe der Budenbesitzer schallten über den Platz, unterbrochen von kurzweiligem und aufgesetztem Gelächter. Die Masse drängte sich selbst, eng wie Vieh, über den Platz und ließ kaum Platz zum Atmen. Die Stadtwachen mussten sehr aufmerksam sein. Bei ständigem Körperkontakt und vielen schwitzenden Körpern war es nicht selten, dass geklaut wurde oder eine Schlägerei begann. Die Missetäter wurden dann ins Gefängnis verfrachtet, das sie jedoch nach meist schon einer Woche verlassen konnten. Sie wurden von der Stadtwache genauer beobachtet, doch das kümmerte die meisten nicht. Entweder konnten sie die Wache bestechen und weiterhin stehlen oder sie suchten sich ein anderes Viertel. Korruption war in dieser Stadt nicht selten und sogar manchen Beamten des Königs, die den Statthalter im Auge behalten sollten, sagte man Korruption nach. Beweisen konnte man davon nichts… außer, dass alle Beamten, gleichgültig, ob vom König oder nicht, nach wenigen Wochen meist einen ungewöhnlichen Reichtum zur Schau stellen konnten, den sie vorher noch nicht hatten. Doch niemand in der Stadt wollte in diesem Dunghaufen aus Korruption und Drohungen aufräumen: Es wäre zu viel Arbeit gewesen und in dieser Stadt, weit im Süden des Landes, hatte man es lieber gemütlich und ruhig. Auch wenn dies zu Lasten der einfachen Bürger ging…
All dies kümmerte Cytheneios jedoch nicht. Er wartete auf seine Stammbelegschaft, um ihnen den Anfang seiner neuen Geschichte erzählen zu können. Er hatte seit dem Erblicken des Mannes, der nach kurzer Zeit mit auffällig niederhängenden Taschen den Platz verlassen hatte, noch einige kleinere Schliffe an seiner Geschichte unternommen, so dass sie nun perfekt war. Jetzt war er gespannt, wie sein Publikum reagieren würde.
Und nach kurzer Zeit trudelten die Leute ein: Es waren meist kleine Kinder, die ihm mit offenem Mund und großen glänzenden Augen zugehört hatten, als er die Belagerung von Troja erzählt hatte. Frauen, deren Männer tags über auf dem Feld waren oder in der Kaserne Dienst leisten mussten. Es waren alte Menschen, die nichts zu tun hatten und sich aus dem hektischen Treiben des Mittags auf dem Marktplatz heraushalten wollten. Cytheneios´ Platz war etwas abgelegen von dem großem Menschenauflauf. Er bevorzugte es in der Sonne zu sitzen, damit er in den Abendstunden nicht fror. Seine Erzählungen begannen meist gegen Mittag und endeten mit dem Sonnenuntergang. Die Frauen liefen dann erschrocken nach Hause („Wo ist die Zeit geblieben?“) und die Kinder schliefen und wurden von ihren Müttern nach Hause getragen. Die Alten blieben meist noch etwas länger und gaben auch großzügigere Spenden als der Rest. Mit ihnen unterhielt sich Cytheneios meist noch lange, bis die Dunkelheit beinahe vollkommen war. Doch jetzt musste er mit seiner Geschichte beginnen. Die Zuhörer wurden unruhig.
„Nun denn, liebe Leute“, begann Cytheneios mit seinen üblichen Worten. „Heute habe ich eine ganz besondere Geschichte für euch. Sie wird eure Herzen füllen und eure Heldenkraft wecken. Lauscht der Geschichte vom Weg des Spartaners, der seine Heimat retten wollte, doch die Welt zugleich noch befreite. Lauscht meinen Worten und lasst euch in die Welt der Mythologie und der Zauberei entführen“.
Großteile seines Publikums machten große Augen und Ohren. Solch mitreißende Worte hatten sie von ihm noch nicht gehört und waren dementsprechend gespannt, was es zu hören gab.
Cytheneios holte tief Luft. In Gedanken überflog er rasend schnell nochmal seine Geschichte und schloss kurz die Augen. Ja, es war alles perfekt; so wie er es sich gedacht hatte.
„Sparta wird belagert. Bevor der erste spartanische Großkönig die Herrschaft übernahm, drang das römische Imperium gnadenlos unter Führung von General Crassus in die Richtung der stolzen Krieger vor. Kaiser Tiberius hatte jeden noch so kleinen Flecken der Karte mit römischen Flaggen gespickt und beherrschte alle wirtschaftlich oder militärisch wichtigen Orte unsere Welt. Von der Belagerung umklammert mussten die Spartaner hilflos zusehen, wie das restliche Griechenland fiel und Athen als letzte freie Stadt unter römische Herrschaft fiel.
Doch Sparta trotzte dem Feind. Nie waren die Stadtmauern von Sparta von fremden Fackeln beleuchtet worden und alle Soldaten Spartas würden die Stadt mit unverhohlenem Hass und unbändiger Stärke verteidigen.
Die ersten Schlachten mit dem römischen Imperium kamen Sparta teuer zu stehen. Die erfahrensten und besten Soldaten kämpften und wurden unter der Masse der römischen Legionäre erdrückt. Sie starben einen spartanischen Tod. So wurde König Leonidas gezwungen Rekruten an die Front zu rufen. Rekruten wie die jungen Brüder Castor und Pollux.
Den Befehl des Königs zu missachten kam einem Todesurteil gleich. Des Weiteren gebot ihre Ehre und ihre Vaterlandsliebe ihnen den Ruf des Königs zu folgen. Sie hatten keine Wahl: Sie mussten mit ihren Schilden zurückkehren… oder auf ihnen…“

Akt I, Kapitel I, Part I
Der Sturm bricht los

Die Soldaten Spartas hatten sich im Odeon versammelt. An dem Ort, an dem an normalen Tagen große Spiele und großartiges Theater gespielt wurde. An normalen Tagen war das Odeon bis zum Rand gefüllt. An normalen Tagen gingen hier die Reichen ein und aus. An normalen Tagen…
Doch es war kein normaler Tag. Heute war der Tag vor Morgen, der Tag vor dem ersten Sturm der Römer. König Leonidas hatte alle Soldaten, die nicht auf Patrouille waren oder Wache hielten ins Odeon bestellt. Hier würde er an die Ehre eines jeden spartanischen Soldaten appellieren und ihnen ihre Aufgabe und ihre Kultur ins Gedächtnis zurückrufen. Er würde sie für die Schlachten vorbereiten, die hart werden würden.
Leonidas stand mit dem Rücken zu seinen Männern und schaute dem römischen Heerlager entgegen. Tausende Zelte waren aufgeschlagen worden. Laut Schätzungen der spartanischen Spione waren mehr als 20.000 Römer an der Belagerung beteiligt, mehr als vier Legionen. Grimmig warf Leonidas einen letzten Blick auf das Lager, ehe er sich zu seinen Soldaten umdrehte.
Leonidas war ein in die Jahre gekommener Mann. Sein Haar war ergraut, doch seine Augen waren noch immer wach und er war ebenso durchtrainiert wie die anderen spartanischen Soldaten. Er hatte übermäßig breite Schultern und war größer als der Durchschnitt. Seine Rüstung, so schien es, legte er nie ab. In den letzten Wochen hatte man den König immer vollgerüstet mit seinem Schwert und Schild gesehen. Seine Rüstung war wie die jedes anderen Spartaner, nur königlicher und älter. Er trug die Rüstung seines Vaters, der diese von seinem Vater bekommen hatte.
Leonidas ließ seinen Blick durch die Reihe der Soldaten schweifen. Es waren allesamt junge Männer, die ihre Ausbildung noch nicht beendet hatten, doch es waren Spartaner. Sein Blick blieb an drei Soldaten besonders lange hängen. Zwei von ihnen hatten rote Haare. Sie waren von Körperbau und Statur auffallend gleich, doch war der ältere von ihnen deutlich größer, als sein Bruder. Für diese beiden hatte man keine Rüstung mehr gehabt, sodass sie sich selbst hatten einkleiden müssen. Sie trugen ihre Alltagskleidung, lediglich durch ein Lederwams verstärkt. Es waren beide Rekruten, jedoch die vielversprechendsten, die es in diesem Jahrgang gab. Es wären wahrscheinlich die besten gewesen, wäre da nicht ein kleinerer Mann gewesen, der zwischen ihnen stand. Die Haare dieses Mannes waren gelockt und hinten zu einem Knoten zusammengebunden worden. Er trug einen kleinen hölzernen Schild und ein gutes Schwert. Die Augen dieses Mannes blickten wachsam und ehrlich.
Die Brüder hießen Castor und Pollux, doch der kleine Mann in der Mitte hatte keinen Namen. Als er noch ein kleiner Junge war, war er vor den Toren der Stadt gefunden worden. Da es ein kräftiges Kind war, wurde er nach spartanischer Tradition erzogen und aufgezogen. Doch er hatte keinen Namen. Seine Kameraden gaben ihm zum Spott den Namen „Spartaner“, da er wahrscheinlich der einzige war, der kein echter Spartaner war in dieser Stadt. Er war die meiste Zeit seines Lebens mit den Zwillingen gesehen worden. Er bewies einen unglaublichen Fleiß und hatte die Ausbilder schon zu Beginn seiner Ausbildung mit seiner Intelligenz und seinem Können erstaunt. Auf diesem jungen Mann ruhten viele Hoffnungen, auch welche des Königs.
Der Spartaner schaute sich in der Runde der Soldaten um. Es waren erschreckend wenige. Auch wenn viele auf Patrouille sein mochten, waren es noch immer viel zu wenige, um der römischen Invasionsarmee standhalten zu können. Doch eine Kapitulation kam nicht in Frage! Spartaner ergaben sich nicht, sondern kämpften bis in den Tod und wenn es sein musste noch darüber hinaus, zumindest sagten dies die Ausbilder. Ein müdes, seltenes Lächeln huschte über sein Gesicht. Über den Tod hinaus kämpfen… wie sehr musste einen die Unterwelt verabscheuen, dass man daraus wieder hervorkam? Orpheus war bisher der einzige, der es bisher geschafft hatte, aus der Unterwelt wiederzukehren. Allerdings war es ihm dank seiner Zitter und seines Gesangs gelungen.
Doch die Stimme des Königs holte den Spartaner in die Wirklichkeit zurück:
„Soldaten von Sparta! Heute sieht sich unsere Stadt ihrem größten Feind gegenüber. Die Truppen des römischen Imperiums scharen sich um unsere Mauern. Viele unserer tapferen Brüder sind bei der Verteidigung ihrer Freiheit und dieses prächtigen Landes gefallen. Heute könnt ihr ihre Opfer ehren und euer Schicksal als tapfere Spartaner erfüllen…“
Doch dann änderte sich plötzlich etwas im Bild des Spartaners. Die Welt begann zu wanken und Farben flimmerten vor seinen Augen. Er blinzelte, doch es half nichts. Leichte Kopfschmerzen begannen im Nacken und zogen sich bis tief in die Stirn. Und dann hörte er eine Stimme:
„Hab keine Angst, Sterblicher!“
Der Spartaner schaute sich um. Wer sprach da? Er wollte Pollux fragen, den kleineren der Brüder, doch der hörte der Rede des Königs gebannt zu und verfiel dann und wann in Jubel, wie der Rest seiner spartanischen Kameraden. Hörten sie die Stimme nicht? Was war denn hier los?
„Hab keine Angst, Sterblicher! Ich, Ares, Gott des Krieges, biete dir meine Hilfe an. Die Antworten nach denen du dein ganzes Leben gesucht hast, brachten dich hierher. Du besitzt weder Vergangenheit, noch Familie. Nicht mal einen Namen hast du. Doch du verfügst über große kriegerische Fähigkeiten und deine Vorgesetzten trauen dir sehr viel zu. Ich möchte dir helfen deine Stadt und dein Volk zu schützen. Ich möchte dir helfen, die Wahrheit über dich selbst herauszufinden und die Intrigen, die gesponnen wurden zu enthüllen. Du musst mir nur gehorchen!“
Und plötzlich war die Stimme wieder weg. Die Welt wankte nicht mehr und sein Blick war ungetrübt. Er war wieder im Jetzt und Hier. Und er hörte noch immer die Stimme des Königs durch das Odeon schallen:
„Selbst wenn ihr eure Ausbildung noch nicht beendet oder dem Feind in der Schlacht in sein gieriges Auge geblickt habt… es ist schon allein eure Geburt und euer Wille, der euch außergewöhnlich macht! Als Soldat Spartas ist jeder von euch so viel wert wie hundert Römer!“
Die Soldaten jubelten. Genau diese Worte hatten die jungen Rekruten gebraucht. Das wusste König Leonidas und hatte auch der Spartaner gerade gemerkt. Voller Tatendrang und mit glühenden Augen schauten die Soldaten zu ihrem König, bereit jeden Befehl entgegen zu nehmen. Der König erhob noch ein letztes Mal die Stimme und rief, was alle hören wollten:
„Steht euren Mann! An unserem heutigen Sieg wird man sich in allen Zeiten erinnern!
Männer! Auf in den Kampf!“

Viel Spaß beim Lesen gehabt
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Der römische Gladius gegen das keltische Langschwert.
Die makedonische Sarissa gegen die seleukidische Macht.
In den Wüsten Nordafrikas herrscht Frieden, doch wie lange noch?
In den Steppen Russlands tobt ein erbarmungsloser Krieg!

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Re: [AAR] Der Weg des Spartaners

Beitragvon Seescheibe » 17. Januar 2011 14:44

Akt I, Kapitel I, Part II

Die Stadt war umringt von Zelten und Forts der Römer. Das gesamte Ackerland von Sparta war vernichtet worden, Flüsse trockengelegt und kleinere Seen gestaut worden. Sparta sollte neben den Angriffen auf die Stadt auch Angriffe auf die Versorgung der Stadt erleiden. General Crassus hoffte, dass sich die Stadt ergeben würde, würde er nur lange genug warten. Doch Imperator Tiberius wollte schnelle Erfolge sehen.
Man kann ihn verstehen, dachte Crassus, oder man lässt es bleiben. Vor den Toren der Stadt und auf den Mauern werden unnötig viele gute Römer sterben. Die Spartaner waren das größte Kriegervolk, das es gab. Die Kampfkraft jedes einzelnen war legendär und in der Phalanx waren die Soldaten nur durch ein geschicktes Zusammenspiel von Kavallerie und Bogenschützen zu töten. Allerdings hatte General Crassus beinahe seine gesamte Kavallerie in den ersten Schlachten, bei denen sich auch vereinzelt Korinther und Athener auf den Seiten der Spartaner eingefunden hatten, verloren. Crassus musste bei dieser Belagerung auf seine Legionäre setzen und die, so wusste er, waren den Spartanern nicht gewachsen.
Seine Spione hatten ihm berichtet, dass sich in Sparta nur knapp 2.000 Mann aufhielten, viele von ihnen noch Rekruten. Doch wenn man einen Gegner nicht unterschätzen durfte, dann war es die militärische Macht Spartas und ihren König. Crassus hatte dies am eigenen Leib erfahren, wie es einem ergehen konnte, wenn man einen Spartaner unterschätzte. In einer Schlacht hatte er selbst in der vordersten Reihe gestanden, mit seinen Soldaten die Pila geworfen und den Testudo eingenommen. Nach anfänglichen Erfolgen jedoch kam es zum Nahkampf mit der Phalanx und den Schwertkämpfern Spartas. Ein Römer nach dem anderen war gefallen. Crassus selbst hatte mehrere Spartaner erschlagen können, war dann jedoch auf den König getroffen. Es war kein Zweikampf gewesen, so viel wusste Crassus noch. Er hatte das Schwert des spartanischen Königs auf sich zusausen sehen, nachdem ihn dieser niedergerungen hatte. Er war erst wieder im Lazarett des eigenen Forts aufgewacht. Einer seiner Zenturien hatte ihm berichtet, dass sie die Spartaner mit Hilfe der Götter noch hatten besiegen können, doch es waren viele gute Männer Roms gefallen.
Seit diesem Tag an, der nun zwei Jahre vorbei ist, hatte Crassus eine lange und tiefe Narbe über seinem linken Auge, die in der Stirn entsprang und ihm fast die gesamte rechte Gesichtshälfte gekostet hatte.
Gedankenverloren spielte der General mit einer Götzenfigur seines Vaters, der im Krieg gegen Sparta vor mehreren Jahren gefallen war, als ihn eine Stimme aus seinen Gedanken weckte:
„Die Truppen sind bereit, General Crassus!“
„Endlich“, sagte Crassus mehr zu sich, als zu seinem Wächter.
Er schaute seinen Legionär an. Die Legionäre Roms hatten die beste Rüstung und die besten Waffen. Sie trugen die Lorica Hamata. Dies war eine Erfindung der Kelten und die Römer hatten sie zu perfektionieren gewusst. Dazu trug er den typtischen, gebogenen Schild eines Legionärs, einen Helm und Beinschienen. Seinen Gladius trug er an der linken Seite, um ihn nach dem Gebrauch des Pilum schnell greifen und nutzen zu können. Crassus Waffen unterschieden sich nur leicht von denen eines standardisierten Legionärs. Er trug keine Pilum, dafür aber ein großes goldenes Schild, das er „Schild der Medusa“ nannte und das angeblich wundersame Kräfte haben sollte. Gefunden hatte er sie noch nicht. Sein Schwert war kein Gladius sondern einen großes Schwert von General Gyras, den er bei Korinth bezwingen konnte. Crassus trug den Helm eines Legionärs, jedoch mit Federschmuck, damit er leichter zu erkennen war.
Crassus war ein junger, aufstrebender General, der seine hohe Stelle beim Militär seinem toten Vater zu verdanken hatte. Dieser hatte ihn immer mit auf die Reisen und Feldzüge genommen und so konnte er gut von ihm lernen. Kaiser Tiberius hatte dies nicht außer Acht gelassen, als er ihn in den Generalsstand erhob und ihm den Griechenlandfeldzug aufgetragen hatte.
Crassus trat aus seinem Offizierszelt, das in der Mitte seines Forts gelegen war. Vor ihm war seine gesamte Streitmacht aufgestellt, geordnet und durch harten Drill diszipliniert. Es waren gute Soldaten und hervorragende Kämpfer, vielleicht sogar besser, als die Karthager es gewesen waren, keine Frage, doch innerlich weinte er um den Tod dieser vielen Legionäre. In dieser Schlacht, bei dieser Belagerung kam es für die Legionäre jedoch mehr auf ihre Masse statt auf ihre Klasse an. Vier Legionen, 20.000 Mann standen unter seinem Befehl. Äußerst selten waren so viele Männer unter dem Kommando eines einzelnen Generals gewesen. Dieser Ehre war sich Crassus bewusst und sein Herz erfüllte ihn mit unverhohlenem Stolz, als der Jubel seiner Männer ihm entgegenbrandete. Er war beliebt unter seinen Männern. Abends war er oft zu ihnen an die Lagerfeuer gekommen und hatte sich dem Würfelspiel und dem Wein zugewandt, mit seinen Männern gelacht und gescherzt. Nun würde er ein weiteres Mal mit ihnen kämpfen.
„Soldaten Roms!“, begann er.
„Unter meinem Kommando haben sich alle Städte der Griechen unter der Macht des Imperiums, unter der Macht Roms, unter der Macht seiner Legionäre, unter eurer Macht gebeugt!“
Die Soldaten jubelten; er wusste, was sie hören wollten.
„Alle bis auf die Stadt Sparta! Doch heute, meine treuen Legionäre, werden wir unseren endgültigen Sieg feiern! Vernichten wir diese arroganten Spartaner! Für Kaiser Tiberius, für Rom, für die Beute und für unseren Ruhm! Den Ruhm der Legionen!“
Seine Soldaten tobten. Sie wollten heroische, schöne Worte hören und die hatte er ihnen gegeben. Sie waren bereit für durchs Feuer zu gehen, den Styx leerzutrinken oder gegen Zerberus zu kämpfen, doch jetzt waren erst mal die Spartaner dran.
„Ladet die Katapulte, bemannt die Türme, bringt die Leitern an!
Zum Angriff!“

„Bei Zeus und Athene…“
„Seht euch das an, Freunde!“
Castor, Pollux und der Spartaner standen auf der Nordmauer, bei der der erste Angriff erwartet wurde. Seit Leonidas´ Rede waren Stunden vergangen, doch der Eifer und den Mut, den Leonidas entfacht hatte waren noch nicht vergangen.
„Die Römer scheinen einen Bevölkerungsüberschuss zu haben, wenn ich das richtig sehe“, sagte der Spartaner. Einige umstehende Wachen lachten. Doch zum Lachen war ihre Situation eigentlich nicht.
Sparta hat viele und weitgreifende Stadtmauern. Mit gerade mal 2.000 Mann war es beinahe unmöglich alle Mauern ausreichend verteidigen zu können. Es wäre mindestens die doppelte Anzahl an Soldaten nötig gewesen, aber die meiste Soldaten waren schon in den ersten Schlachten gefallen.
Die Mauern Spartas waren makellos und hatten über die Jahre hinweg noch keine Spuren von Wetter oder Sand davon getragen. Manche Stellen der Mauer glänzten bereits. Die Patrouillen der Stadt waren auch in Friedenszeiten ihren Weg gegangen und so kam es, dass manche Wege schon extrem abgenutzt aussahen. Betrachtete jedoch von außen ein Fremder die Mauer, war nichts zu beanstanden. In Griechenland hatte Sparta die besten Festungsanlagen in Griechenland, nicht mal die handelsliebenden Athener hatten, trotz ihres Geldes, eine solche Verteidigung aufzuweisen. Und diese würden sie auch brauchen.
„Sendet einen Boten zum König! Rasch! Die Katapulte der Römer werden beladen und eine Legion marschiert zu den Belagerungstürmen und Leitern! Rasch, beeilt Euch!“, wies Castor einen Spartaner an, der gerade erst das Knabenalter verlassen hatte.
Dieser nickte und beeilte sich, zum König zu laufen. Castor schüttelte den Kopf.
„Er sollte eigentlich einen Heloten schicken. Wir werden sein Schwert gleich hier brauchen.“
„Sei unbesorgt, Castor“, sagte sein jüngerer Bruder Pollux übermütig. „Wenn du Angst hast, halte dich nah bei mir!“
„Ha!“, machte Castor, „von deinem wahnsinnigen Schwertgefuchtel wird mir bei jeder Übungseinheit aufs Neue immer wieder übel.“
Die umstehenden Wachen lachten. Es war gut, dass Castor und Pollux ein wenig scherzten, dachte der Spartaner, auch wenn Castor eher der ernstere der beiden Brüder ist. So werden die Männer nicht nervös.
„Ach… bitte“, hielt Pollux dagegen. „Mein ,Schwertgefuchtel` hat schon mehr Gegner das Leben gekostet, als dein Zahnstocherspeer in Zentimetern lang ist“.
„Pah! Wenn du wüsstest -“
„Ja, ist gut, Leute“, sagte der Spartaner, mittlerweile ein wenig genervt, „diskutiert eure Kampftaktiken morgen auf dem Campus. Jetzt sollten wir uns mal um die Römer kümmern.
Gebt Alarm. Lasst die Glocke läuten. Die Männer sollen Posten beziehen.“
„Ja, Herr“, antwortete ein Helot.
Der Spartaner war es eigentlich nicht gewöhnt, dass er Befehle gab, doch hatte ihm der König die Aufgabe gegeben, seinen Teil der Nordmauer zu schützen. Mit den knapp 170 Soldaten, die ihm der König gegeben hatte, war dies keine leichte Aufgabe, vor allem, da gerade mal knapp 50 Bogenschützen unter ihnen waren. Doch sich zu beschweren bedeutete nur, dass er nicht stark genug war mit dem Auszukommen, was er brauchte. Und bei Spartanern war alles schlecht, was mit den Worten „schwach“, „nicht schaffen“ oder „versagen“ zu tun hatte, schon fast Verrat am König. 170 Männer mussten reichen.
Die Glocke läutete. Ihr Ton war hell und jeder in der Stadt, ob Greis, Frau oder Kind, hörte das Signal und wusste, was es bedeutete. Es versprach Mut, Verzweiflung, Angst und Wut. Die Gefühle des Kampfes auf das Geräusch einer Glocke reduziert. Die Glocke war ein Stück Spartas, wie die Leber zum Menschen gehörte. Als Sparta erbaut wurde, wurde diese Glocke gegossen und auf dem höchsten Turm der Nordmauer platziert. Der Spartaner schloss kurz die Augen, legte den Kopf in den Nacken und genoss das Geräusch, in dem auch seine Chance lag, sich zu beweisen, so wie es jeder andere Rekrut würde tun müssen.
Doch plötzlich mischten sich fremde Geräusche und Gerüche in diesen Moment. Verdutzt öffnete der Spartaner die Augen und schaute zur Glocke hinauf, als diese gerade in diesem Moment von einem brennenden Geschoss der Römer getroffen wurde! Es war ein perfekter Schuss, der die Glocke und das Gehäuse traf und es einstürzen ließ, sodass die Glocke stürzte und in den Abgrund fiel. Mit einem lauten Krach und viel Staub-Aufwirbeln schlug sie vor der Mauer unten auf den Boden und zerbarst in tausend Teile.
Einen Moment war es totenstill. Weder die Römer noch die Spartaner konnten begreifen, was geschehen war. Doch dann brach ohrenbetäubender Jubel unter den Römern aus und die Belagerungstürme wurden mit neuem Mut gegen die Mauern der Stadt geschoben, drei von ihnen auf den Mauerabschnitt, den der Spartaner mit seinen Männern zu bewachen hatte.
Die Spartaner brauchten noch einen ganze Zeit länger, um diesen Schock zu verdauen. Die Römer hatten ihr Wahrzeichen zerstört. Ihr Relikt aus besseren Tagen. Sie konnten nicht ungestraft davon kommen! Sie mussten leiden für das, was sie getan hatten!
„Männer!“, erhob der Spartaner schließlich die Stimme. Sie war wutverzerrt und in seinen Augen funkelte der Hass.
„Seht nur, was diese Barbaren uns angetan haben! Seht nur, welcher Mittel sie sich bedienen! Seht nur, wie begierig sie sind, gegen unsere Mauern zu branden! Seht euch doch nur mal diese Narren an, Männer! Sie laufen in ihren Tod!“
Die Spartaner brüllten und jaulten ihre Wut und ihren Hass den Römern entgegen.
Es war furchteinflößend den beiden Parteien zuzusehen, wie sie sich ankeiften, -spuckten und verfluchten. Wie sich die Türme näherten und beide Seiten dieses Aufeinandertreffen herbeisehnten und den Feind zerreißen und zerfetzen wollte. Ja, selbst die Götter im Olymp richteten ihren Blick auf diese Schlacht…
Pollux hatte dem Spartaner geraten, die Soldaten im Hof aufzustellen, damit die Bogenschützen die Legionäre, die aus dem Turm stürmen würden, unter Feuer nehmen konnten. Das würde ihre Moral schwächen. Der Spartaner hatte eingewilligt, es war ein guter Plan. Was der Spartaner jedoch nicht bedacht hatte: Es waren immerhin 50 Bogenschützen, die die Römer unter Beschuss nehmen würden. Aber doch zu wenige. Ein kleiner nicht ganz unwesentlicher Fehler.
„Bereit machen, Bogenschützen!“
Die Türme waren ganz nah heran und der Spartaner meinte, schon den Gestank der Römer und ihr abstoßendes Rüstungsfett riechen zu können. Sein Hass und seine Verachtung für dieses Volk hatte sich in den letzten Minuten ins Unermessliche gesteigert. Er brannte nun darauf, endlich Hände und Arme abzutrennen oder Schädel zu spalten. In seinen Augen glomm der Wahn. Die riesigen Türme näherten sich langsam aber stetig und so mancher spartanischer Rekrut bekam eine zittrige Hand oder weiche Knie. Die Türm bewegten sich auf Rollen vorwärts. Römische Sklaven mussten dir Türme schieben und bei dieser unmenschlichen Anstrengung war es nicht verwunderlich, dass viele Sklaven tot auf dem Feld lagen. Nicht von Pfeilen oder Speeren waren sie niedergestreckt worden, nein. Die Erschöpfung hatte ihnen einen langsamen Tod bereitet. Es war nicht verwunderlich, dass viele der Sklaven ihre letzten Worte auf Griechisch flüsterten, ehe sie starben.
Die Türme waren heran und quietschend wurden die Luken heruntergelassen.
Sofort schnellten Pfeile der spartanischen Bogenschützen von den Sehnen und beendeten das Leben der römischen Bogenschützen. Doch die Römer waren in der Überzahl und erwiderten den Beschuss ihrerseits. Eine Salve schlug mit verheerenden Folgen in der Reihe der Spartaner ein, diese wenigen erwiderten den Beschuss energisch.
Dutzendfach schwirrte der Tod über den Köpfen der Spartaner im Hof hin und her. Die spartanischen Bogenschützen schafften es schließlich die Oberhand zu gewinnen und die römischen auszuschalten. Anscheinend hatte der kommandierende Zenturio nicht erwartet auf solch harten Widerstand zu stoßen. Doch die Legionäre erklommen erst jetzt den Turm und die ersten, die den Turm verließen wurden von spartanischen Pfeilen empfangen. Doch sogar der stetige Beschuss der wenigen überlebenden Bogenschützen konnte die Übermacht der Römer auf diesem Gebiet nicht eindämmen. Ein erstes Dutzend Legionäre kam unbeschadet auf der Mauer an und bildete eine kleine Testudo. Pollux´ Plan war zum Scheitern verurteilt, als die Pfeile an den Schilden der Römer abprallten.
„Stellt das Feuer ein!“, brüllte der Spartaner. „Hier gibt es Messerarbeit zu erledigen! Auf sie!“
Der Spartaner und seine Männer stürmten die Treppen empor, um den Testudo zu vernichten. Doch just in diesem Moment schleuderten sie die Pila. Die Wurfspeere rissen viele Spartaner mit in den Tod, doch ungeachtet dessen stürmten sie weiter, der Spartaner als erstes. Mit einem Sprung überwand er die Mauer der Schilde und schlug um sich. Sein Schwert hatte bloß eine geringe Reichweite, doch es genügte, um Verwirrung unter den Legionären zu stiften. Ihre Formation stob auseinander und die Spartaner konnten ihre überlegenen Fähigkeiten im Nahkampf ausnutzen. Innerhalb der ersten Minute fielen dutzende Römer. Der Turm spuckt unaufhörlich neue Legionäre aus und mit Hilfe ihrer Überzahl konnten sie die Spartaner in den Hof zurückdrängen. Ein harter Kampf entbrannte, bei dem jeder Spartaner mindestens zwei Legionären gegenüberstand. Pollux musste sich sogar vier Legionären erwehren, doch dank seines „Schwertgefuchtels“ konnte er drei von ihnen innerhalb kürzester Zeit töten.
Der Spartaner war im Rausch seines Schwertes gefangen. Er bewunderte die silbrige Spur in der Luft, die sein Schwert hinterließ und noch mehr die roten Fäden, die sein Schwert hinter sich herzog, wenn er einen Römer getroffen hatte. Er vergaß alles um sich herum und befolgte nur noch die Befehle seines Schwertes. Es kam ihm wie eine große Zeitspanne vor, doch es waren in Wirklichkeit nur wenige Minuten, bis er sich dem Kreis der Römer erwehrt hatte. Für eine kurze Zeit erwachte er aus seinem Rausch und konnten den Bogenschützen befehlen, den Turm mit Brandpfeilen unter Beschuss zu nehmen, ehe erneut zwei Römer auf ihn zu stürmten.
Im Rausch bemerkte er nicht, dass der zweite Turm mittlerweile an der Mauer angekommen war und unablässig Soldaten ausspuckte. Die Situation wurde immer brenzliger für die Spartaner und die Mauer war nun komplett von römischen Sandalen besetzt. Doch keiner der Spartaner konnte darauf achten: Sie waren zu sehr damit beschäftigt, sich ihrer Haut zu erwehren. Es war kein Kampf mehr für ihre Stadt oder ihren Stolz. Es war ein Kampf ums pure Überleben. Castor und Pollux standen Rücken an Rücken und schafften sich so ein wenig Platz. Tote Römer stapelten sich mittlerweile im Innenhof. Der dritte Belagerungsturm hatte ebenfalls die Mauern erreicht und spuckt noch mehr Legionäre aus. Die Situation für die spartanischen Verteidiger war zum verzweifeln. Sie konnten die Römer nicht aufhalten oder gar zurückdrängen, sie konnten nur deren Vormarsch ein wenig verlangsamen. Der Spartaner focht noch immer in der ersten Reihe und hatte einen Halbkreis von Leichen um sich, der Freund und Feind teils behinderte aber auch ein Zeichen setzte. Für die Römer war es ein abschreckendes Beispiel, wie effektiv die Spartaner waren und für eben jene war es ein Hoffnungsschimmer.
Es waren noch nicht viele Spartaner gefallen, doch selbst die geringe Anzahl schlug sich deutlich nieder. Manche der jungen Rekruten bluteten Schweiß und Blut aus Angst vor dem Tod, sie standen mit dem Rücken zur Wand und nutzen den Schild als Lebensversicherung und wehrten einen Schlag nach dem anderen ab. Die Situation hätte in einer schlimmen Niederlage geendet, hätten die Bogenschützen nicht Erfolg gehabt: Der erste Turm brannte lichterloh und stürzte nach kurzer Zeit in sich zusammen. Das Bersten muss in der gesamten Stadt zu hören gewesen sein. Die Spartaner schöpften wieder neuen Mut und erwehrten sich der Angriffe der Legionäre. Es gelang ihnen sogar die Soldaten Roms ein Stück weit zurückzutreiben.

Das Schlachten dauerte Stunden und beinahe die Hälfte des Tages. Langsam aber sicher war die Tendenz zu erkennen, dass die Spartaner die Oberhand gewinnen würden. Es waren hunderte Römer und gerade mal zwei Dutzend Spartaner gefallen. Der zweite Turm war ebenso wie der erste von den Bogenschützen in Brand gesteckt worden. Die Zahl der Römer auf den Wehrgängen und im Innenhof war rapide gesunken. Die Bogenschützen nahmen gerade den dritten Turm unter Beschuss und es war nur eine Frage der Zeit, bis auch dieser brennen und in sich zusammenstürzen würde, wie die andern beiden es auch taten.
Die Römer spürten, dass sie ihre Chance den Hof zu erobern, verpasst hatten. Immer mehr von innen flüchteten über den Turm wieder hinunter zu ihren Kameraden.
Der Spartaner war während der gesamten Zeit nicht zu sich gekommen, sondern hatte in seinem Wahn und Rausch hunderte Römer im Alleingang erschlagen. Seine Kameraden hatten ihm zwischendurch immer wieder bewundernde Blicke zugeworfen, doch er hatte nicht auf diese geachtet. Er hatte nur eine immer tiefere Schneise zwischen die Römer geschlagen und damit seinen eigenen Männern Mut gemacht.
Der letzte Römer wurde von einem Pfeil eines spartanischen Bogenschützen getötet. Es war ein sauberer Schuss, der genau unter die Achselhöhle traf und den Arm ungebräuchlich machte. Ein zweiter Pfeil hatte sich dann in den Hals des Legionärs gebohrt. Sein Tod war schnell, aber qualvoll gewesen.
Der Spartaner erwachte beinahe zeitgleich aus seinem Wahn. Einen Moment war er sich nicht bewusst, wo er sich befand. Er schaute sich verwirrt um. Als er jedoch die jubelnden Männer sah, die sich gegenseitig beglückwünschten und umarmten, erinnerte er sich. Die Römer hatten die Mauer erobern wollen. Beinahe ängstlich schaute sich der Spartaner um. Ihm stockte der Atem: Der Boden war übersät mit roten Leibern. Der Boden im Hof, die Steine der Wehrmauer, ja sogar jedes Hemd eines Spartaners war rot! Rot vor Blut! Der Boden war nicht mehr zu sehen. Er bewegte sich nur noch auf Leichen, ein sicherer Tritt war unmöglich. Er hörte dutzendfaches Stöhnen von Verwundeten und seine Männer machten sich bereits auf die Suche nach Verwundeten. Fanden sie einen verwundeten Römer, töteten sie ihn. Der Spartaner sah dies mit Grauen. Und da war er nicht der einzige.
„Seid ihr des Wahnsinns, Männer?“, brüllte Castor. „Was, bei allen Göttern bringt euch dazu, diese wehrlosen Männer zu töten? Habt ihr keine Ehre?!“
Die verschüchterten Soldaten hatten anscheinend etwas unglaublich interessantes auf dem Boden oder auf ihrer Hand entdeckt, denn niemand schaute den vor Wut und Anstrengung schwer schnaufenden Castor an.
„Entsorgt die Leichen. Die Verwundeten werden mit Wasser versorgt und den Römern überlassen“, befahl der Spartaner mit schneidender Kälte in der Stimme.
„Ja, Herr“, murmelte so mancher unsicher.
Castor und Pollux traten an den Spartaner heran.
„Du solltest sie alle dem König melden, Spartaner!“, rief Castor noch immer aufgebracht.
„Solche Männer gehören nicht in unser Militär!“
Castor war schon eine beeindruckende Figur wie er da stand. Sein markantes Kinn und sein rotes Haar ließ ihn wie ein Sohn Alektos erscheinen. Dass er wütend war und sein Gesicht deswegen hochrot, tat dem keinen Abbruch.
„Das würde ich auch, glaub mir Castor“, sagte der Spartaner ruhig, „aber im Moment können wir jeden gebrauchen, der ein Schwert halten kann“.
Castor sah dieses Argument ein, doch konnte er sich noch immer nicht beruhigen. Er schnaufte nur verächtlich und blickte demonstrativ von den überlebenden Spartanern in Richtung einer Säule, die sich im Laufe des Gefechts blutrot gefärbt hatte. Ein Spartaner, der mit einem Pilum durchbohrt worden war, hin dort leblos blutend.
„Nehmt den Mann von der Säule ab!“, befahl Castor mürrisch.
„Wie viele haben überlebt?“, fragte Pollux um das Gespräch in eine andere Bahn zu lenken.
„Ich weiß es nicht, aber es sind mehr, als ich erwartet habe“, gestand der Spartaner.
Da die Soldaten Spartas nicht wussten wohin sie die römischen Leichen bringen sollten, warfen sie sie kurzerhand über die Mauer. Die Raben würden sich freuen. Nur würde in den nächsten Tagen auch der Gestank unerträglich werden, so viel wusste der Spartaner jetzt schon.
Viele gute Männer hatten heute auf beiden Seiten ihr Leben für die Machtgier eines einzelnen Mannes gelassen, dachte der Spartaner. Sowas darf nicht sein!
„Spartaner, was glaubst du? Hatten die anderen auch so viel Glück?“, fragte Pollux.
Pollux überraschte den Spartaner. Eigentlich war es Castor, der größere und ältere der beiden Brüder, der solche Fragen stellte und besorgt war, während Pollux eher der Spaßvogel war und schnelle, leichte Vergnügen suchte.
„Ich weiß es nicht. Aber ich hoffe es stark“.
Ein Mann kam angerannt. Er trug die Rüstung eines Spartaners, doch war sein Helm mit Federschmuck verziert: Ein Mann des Königs.
Er winkte mit den Armen und deutete ihnen zu ihm zu kommen. Der Spartaner kam dieser Bitte zähneknirschend nach. Sollte dieser Mann doch zu ihm kommen! Er wollte ja schließlich was von ihm und nicht umgekehrt!
„Kamerad“, sagte der Mann und nickte. Er sah erst auf den zweiten Blick all das Blut und schaute über die Schulter des Spartaners. Sein Blick drückte ehrfurchtsvolles Erstaunen aus.
„Habt Ihr den Angriff mit Euren Männern schon zurückgeschlagen?“
„Ja, es ist noch nicht allzu lange her, da war der Hof noch von Römern überfüllt, wie Ihr an den Leichen sehen könnt, Herr.“
„Nun“, sagte der Mann erleichtert und atmete auf.
„Gut, dass Ihr Euren Auftrag erfolgreich abschließen konntet. Hauptmann Apisaon hatte weniger Glück. Sein Platz droht von den Römern überrannt zu werden. König Leonidas befiehlt Euch und Euren Männern umgehend dorthin zu gehen und dem bedrängten Hauptmann zu helfen“.
„Dann werden wir uns mal dem Befehl fügen“, sagte der Spartaner und drehte sich zu seinen Leuten um.
„Männer“, rief er. „Hier haben wir gesiegt und ich kann mir denken, dass ihr müde und verletzte seid. Ich bin es auch, aber wir müssen für unsere Stadt weiterhin kämpfen. Folgt mir. Ich erzähle euch alles auf dem Weg.
In Reih und Glied. Formiert euch!“


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In den Wüsten Nordafrikas herrscht Frieden, doch wie lange noch?
In den Steppen Russlands tobt ein erbarmungsloser Krieg!

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Re: [AAR] Der Weg des Spartaners

Beitragvon Seescheibe » 2. September 2011 18:10

Akt I, Kapitel I, Part III

Die Spartaner formierten sich in aller Eile, doch bei den jungen Rekruten dauerte es doch noch eine Weile, bis sie ihre Marschformation gebildet hatten.
„Ich bin Polypcheron“, sagte der Mann des Königs.
Der Spartaner nickte.
„Gegrüßt seid Ihr, Herr“, antwortete Pollux. „Der große Mann, der sich bisher bedeckt hielt ist mein Bruder Castor und der Anführer unserer kleinen Truppe ist der Spartaner.“
„Mir ist durchaus bewusst, dass wir Spartaner sind“, sagte Polypcheron mit kühler Stimme. Jegliche Bewunderung, die er eben noch für den Sieg des Spartaners über die Römer empfunden hatte, war verschwunden. „Aber seinen Namen wüsste ich gerne“, fügte er hinzu und schaute den Spartaner direkt an.
„Er hat keinen Namen. Niemand weiß, wer seine Eltern sind.“
Polypcheron schnaufte verächtlich.
„Wer sagt mir dann, dass er wirklich ein Spartaner und kein römischer Spion ist?“
„Seht Euch den Hof an, mein Herr“, erwiderte Castor aufgebracht, „glaubt Ihr etwa ein Römer sei in der Lage so unter den Feinden Spartas zu wüten? Er -“
„Wenn Ihr den Zwillingen nicht glauben wollt, dass ich keinen Namen habe, ist es Eure Sache“, fuhr der Spartaner dazwischen. Er war es gewöhnt, dass man ihm mit Anfeindungen begegnete, dennoch konnte er es sich nach all den Jahren nicht abgewöhnen, schroff bei dieser Diskussion zu werden.
„Doch wir haben eine Schlacht zu schlagen. Und ich denke, Ihr solltet froh sein, dass ich auf Eurer Seite bin.“
Darauf hatte Polypcheron nichts zu erwidern und schnaufte nur. Er sandte dem Spartaner einen vernichtenden Blick zu.
„Beeilt euch, Männer! Die Römer warten nicht auf uns,“ sagte er kalt.
Die Rekruten beeilten sich nun noch mehr, ihre seit Beginn ihrer Ausbildung trainierte Marschformation einzunehmen. Sie wollten dem Mann des Königs zeigen, dass ihre Disziplin und ihr Kampfgeist ungebrochen waren.
„In Laufschritt!“, brüllte der Spartaner, „marsch!“

Der Trupp von knapp 150 Mann setzte sich in Bewegung. Der Spartaner und die Brüder führten den Trupp an, doch Polypcheron setzte sich an die Spitze und wies ihnen den Weg.
Sie liefen durch die Befestigungsanlagen Spartas. Der Spartaner wunderte sich jedes Mal aufs Neue, wie ihre Festung von Menschenhand hatte geschaffen werden können. Der Stein war unverändert makellos und glatt. Ihre Schritte hallten von den Mauern wieder. Hohe Mauern der folgenden Verteidigungswälle wurden von Toren durchbrochen, die Platz für 15 nebeneinander laufende Spartaner boten. Die Feste war einfach zu groß, um mit der geringen Besatzung gehalten werden zu können. Während der Trupp von Polypcheron durch die Festungsanlagen geführt wurde, schlug römischer Katapultbeschuss in die Mauern, Straßen und Häuser ein. Nicht selten starben dabei Zivilisten oder Sklaven.
Wie sollen wir ihnen standhalten können?
Der Spartaner machte sich noch viele Gedanken, die gegen eine erfolgreiche Verteidigung der Stadt sprachen, doch er schob sie alle mit dem beruhigenden Gedanken beiseite, dass der König wusste, was er tat. Schließlich hatten er und seine Männer ihren Auftrag erfüllen und ihren nördlichen Mauerabschnitt verteidigen können. Warum hatte Hauptmann Apiason es nicht geschafft?

„Macht euch bereit“, sagte Polypcheron über die Schulter. „Ich werde gleich das Tor aufschließen. Eure Aufgabe ist einfach: Die römische Legion vertreiben. König Leonidas wird in Kürze mit seiner Leibwache dort eintreffen und Euch helfen.“
„Das sind ja nahezu beruhigende Aussichten, wenn sogar der König in die Schlacht zieht“, murmelte Pollux ironisch.
Die Lage musste beinahe aussichtlos sein, wenn sich sogar der König genötigt sah, auf diesem Schlachtfeld auszuhelfen. Aber eine zweite Frage schoss dem Spartaner durch den Kopf: Wo war der König, wenn nicht in der Schlacht?
„Wir sind da!“, sagte Polypcheron und nestelte an einem Schlüsselbund herum. „Macht euch bereit Männer!“
Der Spartaner hielt es nicht für nötig, seinen Männern spezielle Anweisungen zu geben. Er hielt sich dementsprechend kurz:
„Die Bogenschützen werden als erstes Stellung beziehen und zwei bis drei Salven in die feindlichen Reihen schießen. Der Feind soll merken, dass weitere Spartaner das Feld betreten haben! Anschließend werden wir auf mein Kommando in den Nahkampf übergehen. Lasst niemanden am Leben!“
Die Augen der Männer glühten vor Hass und Abneigung gegen die Römer, die ihr Land erobern wollten. Sie brauchten keine weitere Motivation und antworteten daher einstimmig mit einem kurzem „Ja!“.
Leicht und ohne ein Geräusch zu verursachen öffneten sich die Torflügel.
Stumm nickte der Spartaner seinen Bogenschützen zu und diese rannten in den Hof und bezogen Stellung. Die Drei und die restlichen Männer folgten. Keiner der Männer machte ein Geräusch, nur das Rascheln und Klappern der Rüstungen war zu vernehmen. Doch bei dem Schlachtenlärm, der ihnen entgegenbrandete, fiel dies in keinster Weise auf. Das Überraschungsmoment war perfekt.
Der Hof war eine Folge des Wehrganges. Der Wehrgang war nur ein wenig höher als dieser Hof gebaut worden; durch eine Treppe von gerade einmal zehn Stufen war dieser vom Hof getrennt. In besseren Zeiten vermochten sich hier die spartanischen Reservetruppen auf den Kampf vorzubereiten. Doch jetzt waren in diesem Hof keine Reservetruppen. Und es waren auch keine besseren Zeiten.

Es sah sehr schlecht für die Männer Spartas aus: Viele Schilde spartanischer Soldaten lagen auf dem Boden und mindestens ebenso viele Soldaten lagen blutüberströmt und teils aufs schlimmste massakriert daneben, manch einer stöhnte noch.
Beinahe jedem noch lebendem Soldaten standen vier schwergerüstete Legionäre gegenüber. Selbst mit den Soldaten die der Spartaner und die Brüder aufs Feld führten, waren die Römer zahlenmäßig enorm im Vorteil.
Die Bogenschützen hatten ihre Bögen gespannt und warteten auf ein Zeichen ihres Anführers. Dieser nickte grimmig und entließ damit dutzendfachen Tod in die Reihen der Römer. Vereinzelte Schreie erschallten in den Reihen der Römer, doch auch dies fiel nicht auf. So konnte die Bogenschützen zwei weitere Salven abfeuern, ehe sich die ersten römischen Legionäre dem neuen Feind zuwandten.
„Tötet die spartanischen Bogenschützen!“, brüllte ein Zenturio mit hochrotem Kopf und Zorn in den Augen.
Noch mehr Legionäre drehten sich um. In manchen Augen sah er eine Spur von Angst, in anderen wiederum Hass und Zorn.
„Das ist unser Zeichen“, rief der Spartaner zu seinen Männern. „Für Sparta und die Ehre seiner Krieger!“
Mit diesem Kampfschrei drehte sich der Spartaner um und rannte den römischen Legionären entgegen. Er sah das Rot ihrer Schilde und das Braun ihrer Rüstungen, gelegentlich ein weißes Schild, das einen Zenturio kennzeichnete. Zahlenmäßig war dieser Kampf viel unausgeglichener als der erste. Doch der Drill und die Überzeugung auf Seiten der Spartaner machte diesen Mangel an Soldaten wett.
Es waren kaum mehr als zehn Schritte, die den Spartaner von den ersten Römern trennten. Er merkte nicht, wie Pollux neben ihm zum Sprung ansetzte und Castor bereits seine Waffe schwang. Er hörte auch nicht das Stöhnen oder die Schreie der Verwundeten, die auf dem Feld verstreut lagen. Er sah nur den ersten Römer auf sich zu rennen. Es war ein junger Mann. Sein bartloses Gesicht glühte vor Überzeugung den neuen Feind niederringen zu müssen. Er war wahrscheinlich aus einer armen Familie aus dem Nordosten Griechenlands, dem Ödland, eingezogen worden und froh, endlich Geld zu verdienen. Welche Träume dieser Mann wohl hatte? Wollte er mit seinem Sold und der Beute aus Sparta seine junge Familie ernähren? Oder hoffte er auf eine Beförderung, um endlich von seinem Vater anerkannt zu werden?
Wieder dachte der Spartaner daran, dass junge und gute Männer für die machtgierigen Pläne eines Mannes sterben mussten.
Dies jedoch hätte ihn fast sein Leben gekostet. Er sah den Gladius des jungen Mannes erst in letzter Sekunde auf seine Brust zusausen und konnte den Schlag mit seinem Schwert nur noch an seine Schulter abwehren. Tief bohrte sich das Legionärsschwert in sein Fleisch bis es schließlich vom Gelenk gehalten wurde und hinterließ einen brennenden Schmerz. Ein Ruck ging durch den Körper des Spartaners, als der junge Legionär seinen Gladius seitlich aus der Schulter zog und seine Muskeln und Bänder durchtrennte.
Dem Spartaner traten Tränen in die Augen. Sein Arm hing schwer blutend schlaff herab. Er fühlte sich mit einem Mal unglaublich schwach und ihm wurde schwarz vor Augen, er taumelte.
Tödlich getroffen ließ er sich hinter die Reihen seiner Männer treiben. Mehr taumelte er, als dass er ging oder gar stand.
„Willst du schon aufgeben, Spartaner?“
Kaum noch realisierte er, dass niemand außerhalb seines Kopfes sprach. Die Luft war vom Schreien und Geifern der Kämpfenden erfüllt.
„Spartaner! Willst du wirklich schon aufgeben? Wo ist deine Ehre und dein Stolz ein Krieger Spartas zu sein? Hatte Polypcheron etwa recht? Bist du gar kein Spartaner?“
„Nein“, säuselte der Spartaner erst schwach. Er wankte immer mehr und drohte zu stürzen. Lediglich seine Entschlossenheit und sein Drill aus Kindertagen hielten ihn noch aufrecht.
„Doch!“, höhnte die Stimme in seinem Kopf. „Er hatte ganz recht! Wahrscheinlich bist du ein verweichlichter Römer und Barbar! Wer sagt denn das Gegenteil, wenn nicht dein Mut?“
„Nein“, sagte der Spartaner noch einmal. Diesmal war seine Stimme deutlich kräftiger.
„Was sagst du da? Spricht da ein Waschweib?“
„NEIN!!!“, brüllte der Spartaner aus Leibeskraft. „Ich werde nicht aufgeben! Ich bin ein Soldat Spartas!“
Die Schwärze vor seinen Augen verschwand plötzlich und er fühlte sich auch nicht mehr schwach. Er war stark. Er war unbesiegbar, er spürte keinen Schmerz. Dafür ließ er seinem Zorn und Hass freien Lauf. Zorn auf alle, die seine Herkunft und seinen Mut bezweifelten; Hass für seine Feinde. Sein Stand wurde fest und er ließ den Hoplon fallen. Eigentlich war es eine unvergleichliche Sünde, wenn ein Spartaner seinen Schild fallen ließ, doch er hatte keinen Gedanken mehr dafür übrig.
Er machte sich überhaupt keine Gedanken mehr. Er wollte töten! Es gab für ihn nichts mehr, außer der Freude anderen Lebewesen Leid und Pein zuzufügen. Er lachte irrsinnig. Er war ein Gott! Er war unverwundbar… er war unbesiegbar!
Noch immer lachend wandte sich der Spartaner erneut den römischen Legionären zu.
Der Spartaner, eben noch tödlich verwundet, war vieles, doch nicht dem Tode nah. Er lachte noch immer und rannte zu seinen Männern an die vorderste Front und holte zu einem fürchterlichen Schlag aus. Er spaltete den Kopf eines Legionärs bis zum Hals, ohne anzuhalten. Wie ein Brett fiel dieser hintenüber. Unter normalen Umständen hätte es den Spartaner angeekelt so etwas zu sehen, auch wenn er keine Miene verzogen hätte. Doch jetzt lachte er nur noch lauter. Er war im Wahn, im Rausch. Nichts konnte ihn stoppen. Er fühlte keinen Schmerz mehr, obwohl die Wunde an seinem Arm unaufhörlich blutete und man das Weiß seiner Knochen sehen konnte. Er hob den Gladius des gestorbenen Legionärs vom blutdurchtränkten Boden auf und machte sich mit nun zwei Schwertern und einem Gefühl der Unverwundbarkeit an seine blutige Ernte. Sein irrsinniges Lachen hallte über den gesamten Innenhof und selbst die Götter im Olymp hörten seinen Irrsinn und zuckten zusammen. Selbst Achill hatte unter seinen Feinden kein solches Blutbad angerichtet!

Pollux hatte diesem Gefecht mit Zweifeln entgegengesehen. Hier war die Situation anders, als bei ihrem ersten gewesen. Bei jenem waren sie auf einen Haufen Wilder getroffen, die nur in den Rüstungen von Römern gesteckt hatten. Außer ihrer Testudo zu Beginn hatten die Römer dort keine Formation eingenommen. Hier war es jedoch anders: Sobald die Zenturien erkannt hatten, dass mehr Spartaner auf dem Schlachtfeld angekommen waren, hatten sie ihre Legionäre antreten lassen und Befehle gegeben. Jene, die noch einen Pilum hatten, gingen in die hintere Reihe und warteten auf den richtigen Augenblick. Die anderen Legionäre sollten eine Testudo formen, sodass die folgenden Reihen vor Geschossen geschützt war. War eine solche Formation nahe genug an die Reihen der Spartaner gekommen, hatten die hinteren Legionäre ihre Pila geworfen und so die Formation der Spartaner, wenn denn noch eine bestand, zerschlagen. Anschließend hatte sich die Testudo aufgelöst und die Römer konnten die Soldaten der Stadt mit ihrer bloßen Überzahl zu Boden drücken und meucheln. Vielen von Pollux´ Kameraden war es so ergangen. Pollux hatte sich mit dem Mut der Verzweiflung gegen die drohende Niederlage gestemmt und bereits viele Römer getötet. Immer wieder drehte er sich um die eigene Achse und verwundete so gleich drei bis vier Römer auf einmal. Doch auch er hatte sich der Überzahl nicht entziehen können und wurde mit seinen spartanischen Kameraden immer weiter an die Mauern gedrängt; er blutete aus zahlreichen Wunden. Die Lage schien aussichtslos, doch dann war der Spartaner erschienen.
Pollux hatte zu Beginn gesehen, dass der Spartaner verletzt worden war, dies jedoch nicht realisiert. Er hatte sich weiter darauf konzentriert seine Haut zu retten und römische Legionäre zu töten. Doch die Lage auf dem Feld änderte sich schlagartig, als auch ihre Feinde merkten, dass der Spartaner sein Werk begonnen hatte. Was für ein Werk der Spartaner begonnen hatte.

Immer mehr Römer, die zuvor mit ihren Kameraden einen einzelnen Soldaten bedrängt hatten, ließen von diesem ab und stellten sich dem Spartaner entgegen, zumindest versuchten sie es.
Der Spartaner war unbesiegbar. Er focht mit zwei Schwertern und jeder Schlag fand eine Lücke in der Deckung eines Römers. Er war nicht aufzuhalten. Ohne Unterlass und mit unmenschlicher Schnelligkeit waren seine Schwerter nur als silbriges - rotes Flirren in der Luft zu erkennen. Dem Flirren folgte immer ein Schrei eines Römers.
Pollux fasste neuen Mut und stürzte sich mit einem Schrei auf die gegnerischen Soldaten. Er streckte beide nieder, hatte Luft zum Atmen und schaute sich um.
Sein Bruder Castor hielt sich drei Römer vom Leib während die anderen Spartaner um ihr Leben fochten und die römischen Legionäre niederstreckten. Die Bogenschützen hatten erneut begonnen zu schießen, doch schossen sie nicht mehr auf Kommando. Ihre Situation hatte sich zugespitzt: Sie waren an die Mauer zurückgedrängt worden und so mussten sie sich einzelne Ziele aussuchen, die auf sie zustürmten. In einem Halbkreis um die spartanischen Bogenschützen herum lagen tote und verwundete Römer. Pollux konnte auch etwas erkennen, dass wie kriechende Igel aussah, musste dann jedoch mit erschrecken feststellen, dass es sich hierbei um Römer handelte, die sich in Todesqualen regten. Doch er musste seinen Blick abwenden und sich den Legionären zuwenden.
Mit einem weiteren Kriegsschrei und Gebrüll stürzte er sich auf drei Römer.

Ich bin unbesiegbar! Ich bin unbesiegbar!
Der Spartaner rauschte mit tödlicher Genauigkeit durch die Reihen der Legionäre. Niemand konnte es mit ihm aufnehmen; selbst Zenturien fielen seinen Schwertern zum Opfer, wie Würmer unter einer spartanischen Sandale. Er zog eine Schneise der Verwüstung hinter sich her. Immer wieder hörte er ein grausames Lachen in seinem Kopf. Ein Lachen von solcher Grausamkeit und Kälte, dass selbst Orpheus´ Gesang und Musik es nicht hätten erweichen können. Doch der Spartaner beachtete es nicht. Im Gegenteil! Er lachte mit.
Der Blutfluss aus seiner Schulter war ununterbrochen; zudem hatte er noch viele kleine Kratzer und Schnitte einstecken müssen. Doch er spürte keine Verletzungen oder Schmerzen.
Römer, die ihm in die Augen sehen konnten, bevor er sie niederstach oder – schlug, sahen ein wahnsinniges Leuchten.
Nein, wahrlich niemand konnte es mit ihm aufnehmen.
In seinem Rausch gefangen bemerkte der Spartaner nicht, dass sich die Reihen der Römer lichteten und so langsam die spartanischen Soldaten die Überzahl bildeten. Er sah immer nur Feinde und seine beiden Schwerter.
Doch plötzlich war kein Römer mehr vor seinen Augen, kein Legionär, den es zu zerschneiden galt. Verwirrt schaute der Spartaner auf und allmählich erlosch das Funkeln in seinen Augen. Er schaute sich um: Castor, Pollux und Polypcheron kamen auf ihn zu. Er sah, wie sich ihre Münder bewegten, doch er konnte sie nicht hören. Alles um ihn herum wackelte und schwankte. Er sah auch die überlebenden Spartaner. Viele von ihnen sahen schrecklich aus: Müde mit leeren Augen, die tief in ihren rot geränderten Augenhöhlen lagen, starrten sie ihn an. Teils dankbar, teils neugierig und andere mit unverhohlener Angst.
Plötzlich durchfuhren in unglaubliche Schmerzen. An der Schulter, an den Armen, den Beinen. Er schaute an sich hinab und sah das rote Blut, dass seinen Arm hinablief und auf den Boden tröpfelte. Seine Schulter hing beinahe komplett aus dem Gelenk.
Er hörte nichts mehr, außer seinem eigenen, stoßweisen, heftigen Atem. Er schaute von seiner Schulter auf und schaute Castor, Pollux und Polypcheron entgegen. Die drei mussten gleich bei ihm sein, doch er konnte keinen klaren Blick mehr fassen. Schwarze Punkte bildeten sich vor seinen Augen.
Kurz bevor Castor ihn als Ersten erreichte, fiel der Spartaner kraftlos in sich zusammen.

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Zuletzt geändert von Seescheibe am 10. Dezember 2011 01:05, insgesamt 2-mal geändert.
Der römische Gladius gegen das keltische Langschwert.
Die makedonische Sarissa gegen die seleukidische Macht.
In den Wüsten Nordafrikas herrscht Frieden, doch wie lange noch?
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Re: [AAR] Der Weg des Spartaners

Beitragvon Seescheibe » 4. September 2011 15:28

Zwischenspiel I
Tod des Selefkos´


Cytheneios ließ seine letzten Worte wirken. Er wusste, dies war der Auftakt zu einer größeren Geschichte, die Geld und somit ordentliches Essen versprach.
Seine Zuhörer hatten ihm gebannt gelauscht und jedes seiner Worte aufgesogen. Sie warteten noch immer auf weitere Worte von ihm, doch für heute hatte er genug erzählt. Die Sonne senkte sich bereits zum Horizont.
„Erzähl doch noch weiter“, quakte da eines der Kinder. Der Junge war kaum mehr als sechs Winter alt.
„Für heute nicht“, erwiderte der Geschichtenerzähler und lächelte. „Es ist schon spät und ich muss noch Essen und Trinken.“
Die anderen Kinder stimmten in das enttäuschte Seufzen des Jungen ein.
„Wie heißt du denn?“, fragte Cytheneios.
„Adymos“, antwortet der Junge augenblicklich.
„Dann hör gut zu, Adymos: Ich werde morgen zur Mittagsstunde hierher zurückkehren und wieder erzählen. Willst du dann auch hier sein und mir zuhören?“
Die Augen des Jungen glänzten vor Begeisterung während er eifrig nickte.
„Das gilt auch für euch, lieber Zuhörer“, fuhr der alte Mann an die Menge gewandt fort, „ich werde morgen wieder hier sein. Ich freue mich über euren Besuch und hoffe, ihr werdet mir wieder so gut zuhören.“
Viele nickten erfreut und lächelten ihm zu. Die Menge wandte sich ab. Die Ehefrauen mussten das Abendessen für ihren Mann vorbereiten, der nach der harten Arbeit des Tages nach Hause kam.
Es war unhöflich von seinen Zuschauern zu fordern, dass sie ihm Münzen hinwarfen und so wartete er geduldig, bis die alten Männer, jungen Mütter und kleinen Kinder ihm Geld vor die Füße legten. Er nickte jedem dankbar zu.
„Natürlich werden wir morgen wiederkommen“, sagte eine junge Frau zu ihm, „bei einer solch spannenden Geschichte wollen wir doch nicht fehlen.“
„Ich danke dir.“
„Für mich gilt das Selbe…“
„Auch für mich…“
„Ich will auch dabei sein…“
Der greise Geschichtenerzähler nickte und lächelte jedem dankbar zu. Seine Geschichte schien den Leuten zu gefallen. Innerlich freute er sich schon auf sein wohlverdientes Abendessen und auf den unbequemen Schlaf, doch er musste noch geduldig sein. Geschichtenerzähler verließen den Platz ihrer Handlung immer als letztes. Ansonsten würde sich das Publikum verstoßen fühlen. So saß er mit stoischer Ruhe auf seinem Platz und wechselte noch einige Worte mit einigen seiner Zuhörer.
„Das war wirklich eine außerordentliche Geschichte“, lobte Carenos und legte ihm eine beträchtliche Menge Münzen vor die Füße.
„Danke, mein Freund“, sagte der Alte und schaute verdattert auf die vielen Münzen, die ihm hingeworfen wurden.
„Wir sehen uns dann morgen“, riefen manche im Gehen.
Die kleine Versammlung hatte sich aufgelöst und Cytheneios atmete tief durch. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Das dauerhafte Sitzen schmerzte in seinen Knien und seinem Rücken. Mit dem Alter wurde seine Arbeit immer schwieriger und schmerzhafter. Er war froh, als er sich, unter vorwurfvollem Knacken seiner Knie und seines Rückens, wieder aufrichten konnte.

Der Abend wurde immer später und die Sonne hatte den Marktplatz in orange – rotes Licht getaucht. Die Agora leerte sich und viele Budenbesitzer hatten sich bereits zurückgezogen.
Seinen Hirtenstab als Stütze nehmend humpelte er auf einen Stand zu. Dort war er mittlerweile eine Art Stammkunde geworden, wenn er abends das Geld besaß sich Nahrung kaufen zu können.
„Na, Cytheneios. Das Selbe wie immer?“, fragte Mykale. Sie war eine alte, dicke Frau. Ihre Augen waren trüb und ihr Haar grau. Doch ihre Stimme war jung und kräftig.
„Hallo, Mykale“, antwortete er. „Nein, heute hätte ich gerne einen Laib Brot und ein wenig Fleisch.“
„Fleisch?“, fragte die alte Frau ganz erstaunt, „hast du denn auch genug Geld dafür?“
„Natürlich, heute war ein guter Tag. Dazu hätte ich gerne noch zwei deiner köstlichen Äpfel.“
„Gut. War´s das?“
Cytheneios nickte und überreichte ihr das Geld. Die beiden verabschiedeten sich und der alte Geschichtenerzähler humpelte in sein schäbiges Lager zurück.

Sein Magen knurrte vorwurfsvoll, als er endlich seine Schlafstätte erreicht hatte.
„Selefkos! Ich bin wieder zurück. Und ich habe etwas Fleisch mitgebracht, dazu Brot und zwei Äpfel. Hast du denn keinen Hunger?“
Doch Selefkos antwortete nicht. Er musste wohl ziemlich tief schlafen.
Cytheneios grinste in sich hinein. Der verkrüppelte Invalide würde Augen machen, wenn er ihm das Fleisch unter die Nase hielt. Zugegeben, es war vielleicht nicht das beste Fleisch der Stadt, aber es war Fleisch.
„He! Selefkos! Es gibt etwas zu essen. Komm heraus aus deinem Loch.“
Noch immer keine Antwort. Jetzt wurde der Geschichtenerzähler ungeduldig. Er beugte sich über Selefkos´ Schlafstätte und tippte dem Schlafenden auf die Schulter.
„Wach auf“, sagte Cytheneios erneut, „das Essen ist fertig.“
Doch da erst merkte der alte Mann, dass sein junger Freund wohl nie wieder aufwachen würde.
Selefkos hatte die Augen weit aufgerissen und starrte mit stumpfem Blick in den Himmel. Sein Mund war weit aufgerissen. Cytheneios konnte die gelben und grünen Zähne sehen. Zudem sah er noch eine getrocknete Blutspur, die aus seinem Mundwinkel lief.
Er war also an seiner Erkrankung gestorben. Ein junger, stolzer und aufrechter Grieche war für seine Überzeugung und für seinen König in den Krieg gezogen und kam als gebrochener Krüppel wieder, der in den Straßen einer reichen Stadt elendig verreckte.
Cytheneios war perplex. Er konnte mit der aktuellen Situation nichts anfangen. So setzte er sich, verwirrt und sprachlos, auf seinen Platz und biss in den Laib Brot.

Viel Spaß beim Lesen gehabt?
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Ich freue mich über positive und negative Kritik.
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Der römische Gladius gegen das keltische Langschwert.
Die makedonische Sarissa gegen die seleukidische Macht.
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Re: [AAR] Der Weg des Spartaners

Beitragvon Seescheibe » 10. Dezember 2011 01:04

Zwischenspiel II
Auf den Mauern Spartas



Pollux schüttelte nur den Kopf.
Was war nur in den Spartaner gefahren?
Wie hatte er diese unmenschlichen Kräfte entwickeln können? Er hatte unter den Feinden gewütet, wie einst Achill unter den Trojanern. Die Kampfkraft des legendären Griechen vor Troja wurde heute mit Ehrfurcht und Angst hinter vorgehaltener Hand erzählt. Selbst nach all den Jahren traute sich niemand offen darüber zu reden, aus Angst die Meeresnymphe Thetis, deren Sohn er war, zu verärgern. Es war den Leuten gleichgültig, wo sie waren, sie sprachen den Namen des Helden nicht aus. Ob in Pella, Chalkis oder in Asia Minor. Niemand wagte es. Schreckliche Gerüchte machten die Runde über jene, die es doch gewagt hatten, den Namen des toten Heros zu erwähnen.

Pollux schüttelte erneut mit dem Kopf.
Es war zum Verzweifeln! Nach dem ersten Sturmlauf der römischen Legionäre waren weitere Angriffe gegen die Mauern Spartas gefahren worden. Sie alle waren zwar koordinierter und wesentlich effizienter, doch die Römer hatten keinen Wall erobern können.
Die Geschichte des Spartaners hatte sich wie ein Lauffeuer unter den jungen Rekruten verbreitet. Ihnen allen war klar, dass die strategisch wichtige Nordmauer gefallen wäre, hätte der Spartaner nicht auf beiden Schlachtfeldern eingegriffen. Bei dem wesentlich längerem Teil der Nordmauer wäre es ein erheblicher Verlust gewesen. In diesen Teil der Mauer war das Haupttor Spartas eingelassen. Wäre dieser Wall gefallen, hätten die Römer ungehinderten Zugang in die Stadt erlangt. Pollux mochte sich nicht vorstellen, was diese römischen Hunde mit der Bevölkerung gemacht hätten, wäre es ihnen gelungen. Jeder wollte den Spartaner fragen, wie ihm diese Kraftanstrengung gelungen war, jeder wollte ihn sehen und ihm dankend und anerkennend auf die Schulter klopfen, doch es war nicht möglich. Der junge Soldat Spartas war nach der Schlacht in sich zusammengebrochen und war seitdem nicht mehr erwacht. Es wunderte die Ärzte Spartas, dass der Spartaner nicht verblutet oder an Entkräftigung gestorben war. Es schien der Wille der Götter zu sein, dass er überlebt hatte… oder sein eigener.
Der kleinere Zwilling schaute zum Himmel hinauf.
Das Wetter war sehr gut. Zu gut.
Misstrauisch schaute die Wache auf der spartanischen Westmauer mit erhobener Hand, um die Sonne abzuschirmen, weit ins Land hinaus. Überall sah er die Zelte und Feuerstellen der römischen Legionäre. Er konnte nicht abschätzen, wie viele es waren. Es mussten hundertausende sein! Andererseits fragte er sich, ob diese Schätzung realistisch sei. 100.000 Römer? Er zweifelte. Pollux kam nicht umhin, die Römer zu bewundern.
Unabhängig davon, wie viele Römer es wirklich waren, mussten sie alle mit Wasser, Wein und Nahrungsmitteln versorgt werden. Wie viele Huren und Diebe zwischen den Zelten ihr Geschäft des Lebens machten, wollte er gar nicht wissen. Der Krieg zeigte ein anderes Gesicht und Pollux wusste nicht, ob es ihm gefiel oder nicht.
Mit einem Mal wurde ihm jedoch bewusst, wie die Römer es schafften, ihre Legionen vor den Toren der Stadt zu versorgen: Sie plünderten das Umland rücksichtlos aus! Waren die Rauchschwaden, die beständig von Norden her auf die Stadt zogen etwa keine Feuerstellen, sondern brennende lakonische Dörfer?
Sein Gesicht verfinsterte sich und er ballte in ohnmächtiger Wut die Fäuste.
Er würde jeden einzelnem Römer Arme und Beine ausreißen, sollte sich seine Vermutung bestätigen. Doch jetzt konnte er nur ohnmächtig auf der Mauer stehen und seine Wacht abhalten.
Er machte sich noch viele solcher Gedanken und merkte nicht, wie sich ein unauffällig gekleideter Mann ihm näherte.
„Sagt mir, junger Spartaner“, Pollux zuckte erschrocken zusammen, „werden wir heute noch einen Angriff erwarten müssen?“
Der Fremde war ein gutaussehender Mann, der bereits 40 oder mehr Winter gesehen haben musste. Sein Gesicht war durch einen dunklen Bart geschmückt, der die Konturen seines Kiefers hervorhob. Die strahlendblauen Augen dieses Mannes, ebenso wie die wohlgeformte Nase, mussten schon viele Frauen beeindruckt haben. Das Haar war gepflegt und lag glatt auf dem Kopf.

„Wer seid Ihr?“, fragte Pollux barsch zurück.
„Ich bin ein Handelsmann, der vor der Belagerung durch die Römer in dieser Stadt gestrandet ist, in der Hoffnung, neue Waren zu kaufen und seine Waren zu verkaufen“, sagte der Mann lächelnd.
„Nun denn, Händler. Es ist Euch nicht gestattet, dass Ihr Euch hier aufhaltet. Ich muss Euch bitten, dass Ihr in den nächsten Stadtteil zurückkehrt. Ansonsten muss ich Euch mit auf die Wache nehmen.“
„Oh, das wäre wirklich sehr schade“, tatsächlich schaffte es der Handelsmann einen betrübten Gesichtsausdruck zu mimen, „ich hatte nur gehofft, ich könnte die Stadt eventuell verlassen, um neue Waren einzukaufen?“
Der junge Spartaner schaute den Mann perplex an. Was wollte er? Wollte er durch den Belagerungsring und neue Güter kaufen? Er wollte an 100.000 Römern vorbei, die nur darauf warteten einen Menschen aus Sparta über die Verteidigung auszufragen? War er denn verrückt? Oder war er gar…?
Misstrauisch beäugte Pollux den Mann erneut. Er trug ein weites Gewand. Versteckte er eine Waffe? Sah er da nicht sogar eine kleine Ausbeulung nahe der rechten Hand des Mannes? Ein Messer? Ein Gladius?
„Wer seid Ihr wirklich?“
Der Mann schaute ihn einen Moment verdattert an, vielleicht zu verdattert. Er war ohne Zweifel ein guter Schauspieler, doch an dieser Stelle hatte er es übertrieben.
Ohne zu zögern zog Pollux sein Schwert und wollte den „Händler“ damit zu einer Antwort zwingen, doch der Fremde kam ihm zuvor.
Statt jedoch ein Schwert oder ähnliches zu ziehen, schlug er Pollux hart mit der Handkante ins Gesicht. Er hörte Knochen knacken und spürte wie der Knochen unter seinem Schlag nachgab. Der jüngere Zwilling verlor sofort das Bewusstsein.

Endlich hatte er geschafft, was er wollte! Er hatte seinen Auftrag erfüllt.
In aller Hast zog er sich seine vornehmen Gewänder aus und warf sie kurzerhand über die Mauer. Zum Vorschein kam ein ärmliches Gewand, das einem Sklaven gehört hatte. Es war wirklich schwer gewesen, das Blut aus der Kleidung zu waschen…
Er griff unter seine ärmliche Kleidung und zog einen großen, leeren Sack hervor. Mit einer kleinen Kraftanstrengung stülpte er diesen über den jungen Spartaner. Waffen, Schild und Rüstung ließ er liegen. Sollten diese einfältigen, arroganten Krieger nur merken, dass er eine ihrer Wachen überführt und entführt hatte.
Endlich würde die römische Armee erfahren, welche Verteidigungsanlagen und wie viele Soldaten Sparta noch besaß.
Der Mann warf sich den Sack mit einem Ächzen über und begann, ihn ins römische Lager, vorbei an den naiven Wachen Spartas zu schleppen.
Der römische Gladius gegen das keltische Langschwert.
Die makedonische Sarissa gegen die seleukidische Macht.
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Re: [Geschichte] Der Weg des Spartaners

Beitragvon Seescheibe » 23. Dezember 2011 17:43

Akt I, Kapitel II, Part I
Spartanisches Willkommen


Undurchdringlicher Nebel lag über Lakonien. Mit dem Nebel kamen feine Tröpfchen in die Luft, die nach wenigen Augenblicken die Haare eines jeden Menschen feucht am Rücken kleben ließ. Mit der Feuchtigkeit kam eine klamme Kälte, die diese Nacht durch jede Tür, durch jedes Fenster und unter jede Bettdecke kroch. Viele Menschen froren, wenige starben sogar durch diese ungewöhnliche Kälte. Die Nacht war undurchdringlich und versprach den Tod.
Den Tod in Form eines gedrungenen Mannes, dessen gelockte Haare zu einem feuchten Pferdeschwanz auf dem Rücken gebunden waren.

Er spürte die Kälte, weshalb er seinen ansonsten entblößten Oberkörper, der üblichen Wärme in Lakonien wegen, mit einem dicken Lederwams bedeckt hatte. Seine Arme ließ er jedoch frei. Er verabscheute das Gefühl von reibendem Stoff auf seiner Haut, wenn er sein Schwert schwang. Und dieses würde er in dieser Nacht, die Angst und Beklemmung versprach, brauchen. Bei seinem Vorhaben hatte er jedoch auf sein Schwert und seinen Schild verzichtet. Stattdessen hatte er sich aus den Waffenkammern Spartas zwei leichte, starke Kurzschwerter mitgenommen. Ebenso einen stabilen Bogen und einen Köcher Pfeile. Er würde darauf angewiesen sein, leise und umsichtig vorzugehen. Mit Geschrei und Schwertgefuchtel käme er nicht weiter.

„Spartaner! Du Irrsinniger! Du kannst nicht in das Fort der Römer einbrechen!“, fauchte ein großer rotbärtiger und –haariger Mann hinter ihm.
Betont langsam und mit einem unterdrückten Zorn in den Augen drehte sich der Spartaner zu seinem Freund Castor um.
„Castor, lass endlich von deinen Versuchen ab, mich umzustimmen.
Pollux wurde gefangen genommen, während ich im Schlaf meine Verletzung auskurierte. Ich lag regungslos da, während er verschleppt wurde. Warum sollte ich nicht den Wunsch haben, ihn zu befreien?
Außerdem geht es um deinen Bruder, Castor! Dein Bruder!“
Der Spartaner seufzte genervt. Er hatte es Castor schon etliche Male erzählt. Der junge Soldat fühlte sich nicht gut bei dem Gedanken, dass Castors Zwilling und sein Freund in die Hände der Römer gefallen war. Es wurden zwar beinahe täglich Menschen aus Sparta in die Forts der Römer verschleppt, doch bisher war es keiner gewesen, den der Spartaner gekannt hatte.

Als Reaktion auf die täglichen Übergriffe römischer Spione auf Soldaten, Arbeiter, Frauen, Kinder und Alte hatte Leonidas, der König von Sparta, die Wachen verdoppeln lassen. Ebenso wurden die Ausbildungen oberste Priorität und die Zeit der Ausbildung verkürzt. In wenigen Wochen würden 1.500 neue Spartaner bereit für das Schlachtfeld sein. Wie lange sie sich jedoch gegen die römischen Legionäre würden behaupten können, wussten nur die Götter.

„Zudem sterbe ich lieber als Spartaner zwischen hunderten niedergestreckten Römer, als dass ich darauf warte, dass mir ein römisches Katapult den Schädel zertrümmert.“
Nun war es an Castor zu seufzen.
„Übersiehst du da nicht etwas?“
„Was?“, blaffte der Spartaner nur genervt. Er musste sich konzentrieren, wenn er einen Plan austüfteln wollte.
„Selbst wenn wir lebend mit Pollux aus diesem Fort rauskommen sollten – in dem sich nach Schätzungen spartanischer Spione ungefähr 90.000 Legionäre aufhalten – würde Leonidas uns umbringen, weil wir unseren Posten verlassen haben, nicht wahr?!“
Einen Moment entgleisten dem Spartaner sämtliche Gesichtszüge. Dieses Argument war ein nicht unerhebliches Beispiel, warum Castor Soldat und kein Philosoph geworden war.
„Es ist mir gleich, was du nun tun wirst. Ich werde mir jetzt einen Weg in dieses Fort suchen und Pollux befreien. Wenn du mitkommen willst, bleib in meiner Nähe und sei leise!“
Castor schaute ihn nur mit ausdruckslosem Gesicht an, bevor er sich abwandte.
Soll er doch gehen. Ich schaffe es auch ohne ihn.

Mit zusammengekniffenen Augen konzentrierte sich der Spartaner auf die Mauern des Forts. Er selbst roch nassen und alten Stein, der moosbewachsen dicht zu seiner Linken stand.
Der Tempel des Ares stand hier, verlassen und verkommen. Ares war bei den Spartanern nicht sehr beliebt, weswegen sein Tempel nicht wie der der anderen innerhalb der Stadtmauern aufzufinden war, sondern ein wenig außerhalb. Er wurde vor der Belagerung nur selten besucht. Viele fürchteten sich vor diesem kriegerischen Gott, selbst Spartiaten.

In diesem Moment jedoch war der Spartaner froh, dass dieser Tempel hier stand. Er gab ihm, auch wenn es in dieser Nacht sicherlich kaum vonnöten war, Sichtschutz vor dem römischen Fort. Somit konnten ihm auch die montierten Ballisten auf den Toren des Forts nicht gefährlich werden. Der junge Mann aus Sparta konnte vieles Schlechtes über die Römer sagen. Die eroberten die gesamte Welt, nur weil ein Mann es wollte. Sie massakrierten freie Männer und Frauen, Kinder und Alte, Schwache und Arme. Mit ihrem Steuersystem quetschten sie viele Landstriche und Städte bis aufs letzte Geld aus. Doch eines musste man bei ihnen loben: Ihre Organisation und ihre Umsicht.
Es gab keinen Römer, der aus der Reihe tanzte. Alle marschierten mit geradem Rücken und erhobenem Haupt. Ihre Waffen waren zu jeder Zeit geschärft und einsatzbereit.
Solch einen Trupp disziplinierter und hochgerüsteter Römer beobachtete er gerade, als dieser, angeführt von einem Centurio, seine Patrouille schob.

Der Spartaner stand unentschlossen hinter der Ecke des alten, moosbefallenen Tempels und versuchte in der Dunkelheit einen Weg in das Fort der Römer zu finden.
Das große Flügeltor, den Haupteingang, hatte er als mögliches Ziel sofort ausgeschlossen. Ständig patrouillierten Truppen von 50 Mann vor dem Tor hin und her. Zudem konnte er im Fackelschein der Türmchen beim Tor erkennen, dass sich ein gutes Dutzend Bogenschützen auf jedem Türmchen tummelten. Ihre wachen Augen suchten überall nach einem möglichen Feind. Selbst die Ballisten waren dauerhaft besetzt. Große Centurionen saßen locker auf den Sitzvorrichtungen dieser riesigen Armbrüste und betrachteten das Umland.
Einen kurzen Moment überlegte der Spartaner dem Beispiel Castors zu folgen und sein Vorhaben aufzugeben, doch diesen Gedanken verjagte er wieder. Er würde Pollux retten und wenn es das letzte wäre, was er tun würde!

Mehrere Stunden vergingen und der Höhepunkt der Nacht war beinahe erreicht, als plötzlich Aufregung in die römischen Soldaten am Tor kam. Aufgeregt brabbelten sie in ihrer Landessprache. Der Spartaner meinte ausmachen zu können, wie die Bogenschützen heftige Diskussionen begannen. Manche schienen nach hinten ins Fort zu deuten, während andere mit ihren Armen auf den Boden zu ihren Füßen deuteten. Wild gestikulierend diskutierten die römischen Truppen – nach einiger Zeit hatten auch die Patrouillen begonnen sich an dieser Diskussion zu beteiligen, wobei die scharfen und anscheinend mahnenden Worte der Centurionen übergangen wurden -, als auch der Spartaner merkte, was dieses Verhalten ausgelöst hatte.
Feuer.
Ein leichter Geruch nach verbranntem Holz lag in der Luft und der Nordwind trug es dem Spartaner in die Nase. Zunächst nur zögerlich, dann jedoch immer deutlicher zogen dicke Rauchschwaben auf den Spartaner zu. Er versuchte dem Rauch auszuweichen, konnte dies jedoch nur im Tausch gegen seine Deckung tun. Es musste ein großes und gefährliches Feuer sein, denn es kam immer noch mehr Rauch auf den Spartaner zu. Er musste Husten und seine Augen tränten. Schließlich hielt er es nicht mehr aus. Er warf sich auf den Boden und robbte von diesen dicken, schweren Rauchschwaben davon, in Richtung des römischen Forts.
Seinen Fehler bemerkte der Spartaner jedoch noch frühzeitig. Nachdem er außer Reichweite dieser Schwaben war, schaute er vorsichtig auf. Und tatsächlich:
Ein Großteil der Patrouillen hatte sich ins Lager zurückgezogen. Ebenso alle Bogenschützen und Centurionen. Es musste sein Glückstag sein, bzw. seine Glücksnacht. Nun galt es, die restlichen Legionäre auszuschalten. In der Dunkelheit versuchte der junge Mann aus Sparta die Anzahl der Römer zu zählen und kam auf ein Dutzend. Sie standen weit auseinander und er bezweifelte, dass die Männer sich gegenseitig sehen konnten. Der Nebel war einfach zu dick.
Ein Blick in den Köcher verriet ihm, dass die Anzahl der Pfeile locker reichen würde, um diese Legionäre auszuschalten.
Allerdings war es schwierig zu zielen und er konnte es sich nicht erlauben, einen Römer nur zu verwunden oder gar zu verfehlen. Jeder Schuss musste ein Treffer sein und das wäre ihm selbst bei Tag schwergefallen. In dieser Nacht war es unmöglich.
So blieb ihm nichts anderes übrig, als langsam und leise eines seiner Kurzschwerter aus der geölten Scheide zu ziehen. Er würde sie meucheln müssen.
Ein äußerst schwieriges und waghalsiges Unterfangen. Bei dieser Art des Tötens kam es darauf an, so leise wie möglich zu sein. Selbst das Rascheln des Grases konnte den Meuchler verraten. Für solche Missionen wurden meist unscheinbare Menschen gewählt. Niemand erwartete bei einem alten, scheinbar reichen Mann, dass er ein Schwert in seiner Tunika versteckt haben könnte.
Zudem war es nötig, präzise zu arbeiten. Wollte man erfolgreich Meucheln, musste man sich einen wasserdichten Plan zulegen. Nichts durfte dem Zufall überlassen werden.

Livius Maxentius war eine der Wachen, die an dem großen hölzernen Flügeltor zurückgeblieben waren. Er diente schon viele Jahre für Rom. Er hatte viele Feldzüge mit der vierten Legion gewonnen. Iberien, Karthago, Gallien, Asia Minor,… die Siege seiner Legion waren ungezählt. Und doch hatte er noch vor der Invasion in Griechenland ein schlechtes Gefühl gehabt. Die Unterwerfung des Königreichs Makedonien, den Nachfahren Alexanders, war ereignislos verlaufen. Es benötigte lediglich weniger Schlachten, um den König abzusetzen und das ehemalige Königreich zu einer Provinz des römischen Reiches zu machen. Als die Generäle schließlich den Befehl bekamen gegen die Poleis zu ziehen, hatte sich das Gefühl im Bauch des Veteranen wieder verstärkt. Die Schlachten gegen die Athener waren wesentlich verlustreicher gewesen, als gegen das nördliche Königreich. Der Polei Korinth war ebenso teuer an Leben gewesen.
Doch all diese Schlachten waren nur ein Vorgeschmack auf den Kriegszug gegen Sparta gewesen.
Die letzte freie Poleis wurde nun schon mehrere Monate belagert und doch war noch kein Erfolg zu verzeichnen gewesen. Der bisher größte Ansturm zu Beginn der Belagerung hatte die Spartiaten zwar in Bedrängnis gebracht, sie jedoch nicht ernsthaft gefährden können.
Berichten der Entführten aus Sparta zufolge befanden sich mehrere Tausend Spartiaten hinter den Mauern, die nur darauf warteten römisches Fleisch zu schlachten. Ob diesen Aussagen Glaube geschenkt werden konnte, war zweifelhaft. Doch schon alleine die Entschlossenheit dieser Männer und Frauen hatten den Römern vor Augen geführt, wie entschlossen die Stadt war, der Belagerung zu trotzen.
Kein Krieg, nicht mal gegen das mächtige Karthago und seine Elefanten, hatte so viele Menschenopfer auf Seiten der Römer gekostet. Wenige Mutige sprachen sogar schon von einer gescheiterten Belagerung. Wurde solch eine Äußerung jedoch lauter und fand die Ohren eines Centurionen wurde der Sprecher verschleppt und nicht mehr gesehen. Mutlosigkeit und Verzweiflung waren der schlimmste Feind eines Heeres. Und diese beiden Eindrücke wollte man mit aller Macht verhindern. Doch in einer Nacht wie dieser, bei der Hunderte vor Kälte sterben würden, konnte sich selbst Livius diesen Gedanken nicht entziehen.

Ein Geräusch ließ ihn aus seinen Gedanken aufhorchen.
„Was war das?“, fragte Marcus, sein Nebenmann und Gefährte auf den bisherigen Zügen der Legion.
„Ich weiß es nicht“, antwortete Livius daraufhin wahrheitsgemäß.
Und kaum hatte Livius seinen Mund wieder geschlossen erklang das Geräusch von Neuem.
„Es hört sich nach einem verletzten Tier an“, mutmaßte Marcus. Seine Stimme verreit jedoch eine Hauch von Angst. Die Kampfkraft der Spartiaten war legendär. Bei dem großen Ansturm, so erzählten manche, hatte ein Spartaner wie Mars selbst mit zwei Schwertern unter den Legionären gewütet, und dies trotz einer großen, klaffenden und blutenden Wunde an einer Schulter.
„Decius“, rief Livius in den dichten Nebel, „schau mal nach, was dieses Geräusch verursacht hat!“
„Ich mache mich auf den Weg“, kam es als Antwort. Der junge Legionär Decius hatte sich freiwillig für den Kriegszug gegen Sparta gemeldet. Er hoffte, seiner Familie mit seinen Kämpfen Ansehen zu verschaffen.
Livius hörte Legionärssandalen über das feuchte Gras schlurfen. Nach wenigen Augenblicken war das Geräusch für ihn jedoch nicht mehr wahrzunehmen.
„Was ist es, Decius?“, hörte der Veteran einen Römer weiter links neben sich rufen.
„Decius?“
Keine Antwort.

Stattdessen hörten die Wachen einen plumpsenden Laut. Ganz so, als wäre ein Mann ins Gras gefallen.
Marcus lachte nervös auf. „Ist er etwa in dem nassen Gras ausgerutscht? Wie soll er so gegen Sparta kämpfen können, wenn sogar das Gras ihn in die Knie zwingt?“
Links und rechts von sich konnte Livius einige andere Legionäre lachen hören.
Ihm jedoch war nicht nach Lachen zumute. Vielmehr wurde er durch die fehlende Antwort Decius´ nervös.
„Ich werde nachschauen gehen“, teilte er sich daher kurz Marcus mit.
„In Ordnung. Und hilf ihm auf, wenn er nicht mehr vom Hosenboden aufkommt.“
Anscheinend versucht Marcus seine Nervosität mit allen Mitteln zu überspielen.
Mit klopfendem Herzen ging Livius in die nebelverhangene Nacht, weg von seinen Kameraden und den wenig erhellenden Fackeln.

In der Dunkelheit zog Livius seinen Gladius. Das Gefühl der Waffe in der Hand gab ihm Sicherheit und Selbstvertrauen. Sein Gang wurde fester.
Er schaute angestrengt in den dichten Nebel. Hätte er doch eine Fackel mit sich geführt! Innerlich verfluchte Livius sich selbst, äußerlich jedoch war er hochkonzentriert und versuchte kein Geräusch von sich zu geben. Mit leisen Schritten ging er durch das nasse, rutschige Gras und musste zweimal aufpassen, dass er nicht hinfiel.
Er wusste nicht, wohin er ging. Der Nebel verschluckte alles. Er wusste auch nicht, wie lange er schon von den anderen Legionären getrennt war. Sein Zeitgefühl ließ ihn in diesem dichten, bedrohlichen Nebel im Stich.
Es war eine Weile vergangen, bis Livius doch dem rutschigen Boden nachgab und hinfiel. Er rollte die kleine Steigung hinab und verlor seinen Gladius.
Schließlich prallte er mit etwas zusammen. Es war weich, hatte jedoch harte Stellen, an anderen Stellen wiederum war es sehr nachgiebig, jedoch nicht zu durchdringen. Tastend erkundete Livius, ohne Waffen und vor Angst heftig atmend, was kleine Wölkchen vor seinem Gesicht entstehen ließ, diesen Gegenstand ab.
Sein Herz raste, er hatte Angst. Furchtbare Angst. Er war hier, gute 50 Schritt von den anderen Römern entfernt und kroch unbewaffnet durch die Düsternis, geschwängert mit unheilvollem Nebel. Livius tastete immer weiter. Ein merkwürdiger großer Klotz, der anscheinend durch mehrere metallene Gegenstände gesichert wurde, hatte Auswüchse…
Mit einem erschrockenen Keuchen stieß Livius diesen Gegenstand von sich. Es war kein Gegenstand, das war ein Körper! Ein toter Körper mit einer Lorica Segmenta!
Noch größere Angst befiel Livius. Er atmete hektisch und unkontrolliert durch den Mund. Seine Augen waren schreckgeweitet. Unfähig sich zu rühren, verharrte Livius bei den Füßen seines römischen Kameraden.
Wie war er gestorben? Was war hier los? Wer oder was tut so etwas?

Mit einiger Mühe kämpfte Livius seine Panik nieder. Unsicher tasteten seine zitternden Hände über den toten Körper seines Kameraden. Langsam tastete er sich den Körper entlang. Die Lorica Segmenta war unbeschädigt. Kein Speer oder Schwert hatte eine Lücke in die Rüstung gerissen. Der Veteran tastete sich weiter.
Am Hals schließlich fand er die Todesursache: eine aufgeschnittene Kehle. Angewidert zog Livius seine blutfeuchte Hand wieder zurück und wischte sie im feuchten Gras ab. Plötzlich sah Livius vor seinem inneren Auge, was hier geschehen war:
Decius war den gleichen oder zumindest sehr ähnlichen Weg wie Livius gegangen, bis er schließlich den Hang hinab geschlittert war. Da der alte Legionär keine Waffen bei seinem toten Kameraden fand, war es sogar wahrscheinlich, dass er ebenfalls gefallen war. Sein Mörder hatte schließlich auf den unbewaffneten gewartet und ihm ohne mit der Wimper zu zucken die Kehle durchschnitten, nachdem sich der wehrlose Legionär nicht mehr wehren konnte. Wahrscheinlich war er beim Anblick seines Mörders in Panik geraten und hatte keine Chance sich zu wehren.
Blitzschnell richtete sich der Legionär auf. Er wusste nun, was zu tun war. Er musste seinen Kameraden vor dem Tor Bescheid geben! Sollte er rufen? Nein, ansonsten würde der Mörder seinen Standpunkt herausfinden und ihn töten.
Schnell und leise versuchte Livius den Hang hinauf zu huschen. Doch die schwere Lorica Segmenta riss ihn immer wieder zurück und er fiel mehrmals. Nassgeschwitzt und fluchend hatte Livius den kleinen Anstieg schließlich hinter sich gebracht. Nun rannte er ohne Rücksicht auf die Geräusche die er verursachte zum schwach erleuchteten Doppelflügeltor.
Was war hier los? Ich müsste ihre Stimmen längst hören können? Haben sie sich etwa verkrochen? Irgendetwas stimmt hier nicht.

Der alte Legionär rannte immer weiter Richtung Tor, so schnell es seine rheumageplagten Beine erlaubten. Früher war er der schnellste seiner Legion gewesen, heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Der Krieg machte wandelnde Leichen aus ihnen.
Mitten in der Bewegung, mit starren Augen und einen weitgeöffneten Mund blieb Livius am Tor stehen. Die Fackeln hatten es endlich geschafft, zumindest einen kleinen Bereich am Doppeltor vom Nebel zu befreien. Was er dort sah, verschlug ihm die Sprache:
Tote Legionäre. Zwei von ihnen, durch deren Hals ein schwarzer Pfeil gejagt worden war, mussten kurz hintereinander gestorben sein. Sie lagen auf dem Rücken, was ein sicheres Zeichen war, dass der Pfeil sie von vorne getroffen hatte. Ihre Gesichter waren blau angelaufen. Ihre Luftröhre war also zerschossen worden. Die anderen beiden Legionäre waren ebenfalls im Hals getroffen worden, jedoch lagen sie auf dem Bauch, so dass sie versucht haben mussten, sich ins Fort zu retten. Die Pfeile mussten ihnen das Genick gebrochen haben.
Mit erneuter Angst stürzte er nach links. Marcus!
Durch den Nebel sah er die Fackel, die er mit seinem Partner zur Wache bekommen hatte. Auch hier lag ein Körper. Marcus.
Er stürzte zu ihm und legte ihn auf seinen Schoß. Schwach und unregelmäßig hob und senkte sich die aufgespießte Brust. Unablässig sickerte Blut aus der großen Wunde, die einzelne Rippenbrüche erahnen ließ.
„Marcus“, flüsterte Livius leise, „Marcus, was ist hier geschehen?“
Flackernd öffnete der Angesprochene seine Augen.
„Livius“, stöhnte dieser mit dünner, gebrochener Stimme leise, „es ist gar nicht so schlimm, wie alle behaupten.“ Er lächelte zufrieden. Blut floss seine Mundwinkel hinab.
„Was ist nicht so schlimm?“
„Der Tod. Er ist warm und weich. Er ruft mich. Hades ruft mich. Ich soll zu ihm. Er sagt, es sei dort warm und gemütlich.“ Der Verwundete lächelte erneut. „Was glaubst du, alter Freund? Ist es dort unten warm und gemütlich?“
Livius wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als er sah, wie sich die Augen seines Freundes vor Schreck, Angst und Panik weiteten. Mit fragendem Blick wandte sich Livius um.
Das letzte, was er sah, war ein Schwert, das auf ihn zuraste…

Der Spartaner lächelte zufrieden. Endlich hatte er die Römer ausgeschaltet.
Es war letztendlich doch einfacher gewesen, als er gedacht hatte. Der Nebel hatte ihm geholfen. Ein Versteck war somit nicht mehr nötig gewesen.
Nachdem er die drei Wachen, komischerweise waren rechts zwei und links nur eine, leise mit seinen Schwertern ausgeschaltet hatte, hatte er seinen Bogen genutzt, um die restlichen vier Römer auszuschalten. Nachdem er die ersten beiden mit einer schnellen und gezielten Schussfolge getötet hatte, wollten die anderen in das Lager der Römer fliehen. Doch erneut hatte der Spartaner seinen Ruf als schlechtesten Bogenschützen Spartas Lügen gestraft und die beiden mit gezielten Schüssen getötet. Den letzten Römer zu töten, der seinen sterbenden Kameraden im Arm gehalten hatte, war die leichteste Aufgabe gewesen.
Nun musste er nur noch einen Eingang finden.
Durch das Flügeltor würde er noch immer nicht kommen. So musste er sich einen Umweg suchen und wurde fündig, als er um die linke Ecke des Lagers ging...


Hier schon mal mein Weihnachtsgeschenk an euch.
Wenn ihr Kritik, Wünsche, Kommentare, etc. loswerden wollt,
schreibt mir doch bitte einen Kommentar.
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Re: [Geschichte] Der Weg des Spartaners

Beitragvon Seescheibe » 29. Dezember 2011 16:24

Akt I, Kapitel II, Part II


Das große Feuer, von dem der Spartaner profitiert hatte, war nicht von alleine ausgebrochen. Im römischen Fort gab es eine Person, die dafür verantwortlich war.
Diese Person hatte einen aufrechten Gang und ließ sich durch nichts entmutigen. Selbst die Gefangenschaft zwischen tausenden römischen Legionären hatte dem Optimismus dieser Person keinen Abbruch getan.
Das Feuer selbst war ein glücklicher Zufall gewesen.

Als sich die Person aus den Klauen ihrer Bewacher hatte befreien können, war sie durch die finstere und kalte Nacht zu einer Fackel gestolpert. Als sie diese umgeschmissen hatte, war sie auf ein Legionärszelt gefallen. Ermutigt durch dieses Ereignis wurde das beginnende Feuer großzügig genährt und gehütet. Es mochte der Wille der Götter sein, dass die Bewohner des Zeltes entweder tief schliefen oder auf der Wache sein mussten. Zumindest war niemand aus dem Zelt hervorgebrochen und hatte die Person entdeckt.

In der entstandenen Aufregung, als das Feuer auf mehrere Zelte übergegriffen und schließlich sogar einen Turm befallen hatte, konnte der Feuerteufel fliehen. „Fliehen“ konnte man es eigentlich nicht nennen. Vielmehr war sie in ein Versteckspiel geraten.
Die Person kroch durch die Kanäle, versteckte sich hinter kleinen Vorsprüngen der Mauern oder robbte mit gesenktem Kopf durch das hohe feuchte Gras. Ihre Verfolger, es war bei dieser Dunkelheit kaum möglich die genaue Anzahl zu erfahren (lediglich die Anzahl der Fackeln ließ diese erahnen), hasteten währenddessen unter dem Platschen und Schlurfen ihrer schweren Legionärssoldaten auf ihr vermeintliches Versteck zu. Gefunden worden war die Person jedoch noch nicht.
Wollte sie jedoch überleben, brauchte sie etwas: Waffen.

Bei ihrer Gefangennahme wurden ihr die Waffen genommen.
Es war reiner Irrsinn zu glauben, dass man unbewaffnet in einem römischen Fort, in dem sich mehrere Legionen aufhielten, fliehen oder auch nur überleben konnte.
Auf der Suche nach Waffen hatte die flüchtige Person schon mehrere Abschnitte des Legionslagers durchkämmt – so gut es bei ihrer momentanen Situation eben möglich war. Ihr begehrtes Gut hatte sie jedoch noch nicht gefunden.
Sie quetschte sich zwischen einem stachelversehenen Zaun und dem aufgeweichten, matschigen Boden des Lagers in einen neuen Abschnitt vor. Die Rufe ihrer Verfolger wurden von den Rufen der improvisierten Feuerwehr übertönt. Immer mehr Legionäre waren zum Feuer gekommen und versuchten nach Leibeskräften jenes unter Kontrolle zu bringen; vergebens. Das Feuer wütete bereits im gesamten Abschnitt. Wie viele römische Soldaten bereits verbrannt waren konnte die Person nur an dem ekelerregenden Geruch in der Luft schätzen. Es roch nach verbranntem Menschenfleisch.

Bei diesem Gedanken stellten sich die feinen, hellen Härchen an Armen, Beinen und auf dem Rücken erneut auf. Ein grausiger Gedanke durchfuhr sie. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wie sich ein Brennender fühlen mochte.
Ihre Gedanken hätten ihr beinahe einen tiefen Schnitt im Oberschenkel gebracht. Der Zaun näherte sich ihrem Körper bedrohlich nahe.

Warum werden in einem Armeelager solch gefährliche Zäune verwendet, um die einzelnen Sektionen voneinander zu trennen?, dachte sie, während sie mit hochkonzentriertem Gesicht den Oberschenkel um wenige Zentimeter anhob.
Mit einer kleinen Kraftanstrengung gelang es der Person schließlich an dem gefährlichen Zaun und dem weichen Boden vorbei in das nächste Areal.
Der knappe Schweißfilm wanderte mit den Augenbrauen nahe zur Stirn, als sie auf das kleine hölzerne Podest in der Mitte dieses Areals schaute.

Die Abgrenzungen für diesen Bereich war starker Zaun, gelegentlich unterstützt von hölzernen, mannshohen Mauern. An der Stelle vor dem feuchten, dunkelbraunen Podest war das Gras plattgetreten, gelegentlich bereits zerstört, so dass eine Grasnarbe zurückbleiben würde.
Das Podest an sich war sehr schlicht gehalten. Lediglich zwei Tücher, deren Farben und Wappen wegen des Schmutzes nicht mehr zu erkennen waren, unterlegten die Bedeuten dieses Areals und besonders dieses Podests.

Auf dem Podest befanden sich zwei Schwerter. Unterarmlange, trotz des Regens und des Schlamms saubere und rostfreie Schwerter. Sie schienen, obwohl der Tiefpunkt der Nacht beinahe erreicht war, im fahlen Fackelschein zu glänzen. Die Griffe waren mit braunen Lederriemen ummantelt. Die Klingen der Schwerter hatten eine majestätische Aura. Erhaben und doch lebensgefährlich.
Alle Vorsicht vergessend richtete sich die Person auf und ging ehrfurchtsvollen Schrittes auf die Waffen zu. Sie schienen sie zu rufen.

Nimm uns! Nimm uns! Wir wollen zu dir! Wir gehören zu dir! Nimm uns! Nimm uns!

Die Person war noch ein gutes Dutzend von den beiden Schönheiten entfernt, doch sie schien schon zu spüren, dass sich die Griffe warm an ihre Handinnenflächen schmiegten. Wie geschaffen für die Hände der Person würden die Waffen unter ihren Feinden wie ein Löwe unter Lämmern wüten.
Ein leises Lächeln stahl sich auf das Gesicht des Flüchtlings. Ja, dies waren ihre Waffen.
Wohlige Schauer durchzuckten den Körper der Person, als sich ihre Hände gleichzeitig um die Waffengriffe legten. Voller Wonne genoss sie das Gefühl und legte den Kopf in den Nacken. Der kühle Nieselregen konnte ihre glühenden Wangen und ihr wohliges Lächeln nicht abkühlen.
Diese Waffen sind perfekt.

Langsam ließ die Person die Schwerter kreisen. Federleicht und doch tödlich lagen die Waffen in ihren Händen. Die Luft zischte, als sie die Schwerter immer schneller kreisen ließ.
Sie selbst genoss das Gefühl, die wohligen Schauer. Doch die Natur um sie herum schien sich vor diesen Waffen zu fürchten. Die Grashalme neigten sich von der Person weg, obwohl der Wind beim Ergreifen der Schwerter aufgehört hatte.
„Da!“, brüllte plötzlich jemand.

Verwirrt und verärgert darüber, dass es jemand wagte die Person beim Genuss dieses Gefühls zu stören, schaute sie sich nach dem Störenfried um.
„Sie ist dort! Bei den Schwertern! Los, schnappt sie euch!“

Aufgeregt wuchtete ein Centurio die Absperrung in Form einer hüfthohen Doppeltür auf und ließ ein gutes Dutzend schwer gepanzerter Legionäre ins Innere des Abschnitts.
Doch die Person lächelte nur müde. Sollten diese einfältigen Römer nur kommen! Mit ihren beiden Freunden würde sie nichts aufhalten können.
Mit einem nun irrwitzigen Grinsen auf den Lippen wandte sie sich vollends den Römern zu und begann ohne einen Laut von sich zu geben in ihre Richtung zu rennen.
Marius Pompeius, einer der zahlreichen Centurionen, schaute in das irrwitzige Grinsen seines Gegenübers. Eine Frau! Eine wilde Amazone aus dem Norden. Bestimmt würde sie später im Bett der Legionäre nicht mehr so wild sein.
Ein dreckiges Grinsen zeichnete sich auf Marius´ Gesicht ab.
„Sie ist kein Gegner für uns, Männer. Wer sie fängt, darf sie heute Nacht als Erster haben!“
Seine Männer lachten rau und dreckig.
„Los, schnappt sie euch!“

Übermütig stellt sich ein Legionär in den Weg der Amazone. Er holte zum Schlag aus.
Er darf sie nicht verletzen! Wo bleibt denn dann der Spaß?
Zeitgleich zu dem Schlag mit dem Gladius holte der Legionär zu einem Tritt in den Unterleib aus. Doch mit der Schnelligkeit dieser Amazone hatte er nicht gerechnet. Kaum sah sie das Legionärsschwert auf sich zurasen, hob sie eines der Schwerter und parierte den Schlag. Zeitgleich hackte sie mit dem anderen Schwert das Bein, das sie treffen sollte unterhalb des Knies mit einem fürchterlichen Schlag ab.

Einen Moment sah der verdutze Legionär auf sein abgehacktes Bein. Unverständnis und Überraschung zeichneten sein Gesicht für einen Moment. Doch nur Sekundenbruchteile später brach der Mann mit schmerzverzerrtem Gesicht und irrem Kreischen in zusammen. Ein Blutschwall platzte aus seiner Wunde heraus. Die Amazone beugte sich zu dem gestürzten Legionär und beendete sein Leben mit einem kurzen Schwertstoß.

Ein ängstliches Zucken glitt durch die Reihen der anderen Legionäre. Doch noch bevor sie handeln konnten, sprang die Frau mit kaltem Blick, jedoch wahnhaftem Grinsen zwischen sie und zerhackte einen nach dem anderen. Manchmal begnügte sie sich damit, einem Legionär die Kehle aufzuschneiden oder ihm in einer schnellen Bewegung beide Arme abzuschneiden und anschließend von seinen Qualen zu erlösen. Bei anderen schien sie jedoch ein fast perverses Vergnügen zu haben, ihnen nach und nach die Extremitäten abzutrennen. Der Legionär zu Marius´ Rechten büßte Ohren, Nase und sieben Finger ein, ehe sie ihn tötete.

Es gab kein Entkommen und das merkten auch die restlichen drei Legionäre, Marius einschließlich. Mit verzweifelten und angstvollen Blicken hielten sie ihre Scuti vor ihre Brust und ihren Hals. Mit hastigen Schritten versuchten sie rückwärts von dieser Irren loszukommen. Als einer der Legionäre stolperte, war sein Schicksal besiegelt. Mit schnellen Schritten war die noch immer lautlose Amazone bei ihm und schnitt ihm der Länge nach den Bauch auf. Um seine Gedärme zu behalten, ließ er Gladius und Scutum fallen. Schutzlos wie er war, durchtrennte sie seine Kehle.
Mit fließenden Bewegungen hatte sie den Gladius des toten Legionärs gepackt und warf ihn direkt auf den letzten Legionär. Mit einem krachenden Ächzen zerbarst das Scutum unter der Wucht des Aufpralls. Der Legionär hatte anschließend nicht den Hauch einer Chance.
Marius wurde unterdessen immer hecktischer. Während sich diese Irre noch über den Toten beugte, ließ er Scutum und Gladius fallen und rannte zurück die Gänge zurück, die sie gekommen waren. Panik beherrschte sein Denken. Er rannte immer weiter, schaute sich um, sah die Amazone jedoch nirgends.

Langsam kämpfte er seine Panik nieder und blieb im fahlen Fackelschein auf der Hälfte der Strecke stehen. Mit den Händen auf den Knien und hechelndem Atem blickte er sich um. Er konnte sie nicht sehen. Hatte er sie etwa abgehängt?
Was war das für eine Irre? Was, bei Jupiter, hatte ihr diese Kraft gegeben?
Unsicher schaute Marius nach rechts. Hatte er von dort, hinter den Kisten, nicht ein Geräusch vernommen?

Erneute Angst stieg in ihm hoch. Langsam ging er auf den vermeintlichen Ursprungsort des Geräuschs zu. Das Saugen des regennassen Bodens an seinen Legionärssandalen bemerkte er kaum.
Noch bevor er an den Kisten angelangt war, saß er etwas auf sich zu huschen. Erschrocken hob er die Arme, vergebens. Er lag, einer Schildkröte gleich, auf dem Rücken und schaute auf eine funkelnde Schwertspitze.
„Du sollst wissen, wen ihr gestern geschändet habt, Römer. Du sollst wissen, wer dich tötet, Römer.“

Die kalte Stimme der Amazone ließ seine Nackenhaare in die Luft springen. Ihre blauen Augen blinzelten voller Abscheu und Hass auf ihn hinab. Bedrohlich ließ sie ihre Schwerter durch die Luft sirren.
„Bitte, Herrin. Lasst mich gehen. Ich habe Frau und Kinder.“
„Viele, die ihr getötet habt, hatten Frau und Kinder. Dein Leben endet hier. Mögen deine Götter dir wohlgesonnen sein.“
Ein silbriges Flirren durchfuhr die Luft und trennte seine Ohren ab. Augenblicklich spürte er etwas Warmes seinen Hals hinab laufen.
Die Amazone beugte sich zu ihm herunter. Im Fackelschein sah er ihr blut - und dreckverschmiertes Gesicht.
„Dein Tod ist Elektra, Prinzessin der Amazonen.“
Der Schock über seine verlorenen Ohren und die Angst vor seinem Gegner blieben wie Stein gemeißelt in seinen Augen.

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Zuletzt geändert von Seescheibe am 30. Juni 2012 14:53, insgesamt 1-mal geändert.
Der römische Gladius gegen das keltische Langschwert.
Die makedonische Sarissa gegen die seleukidische Macht.
In den Wüsten Nordafrikas herrscht Frieden, doch wie lange noch?
In den Steppen Russlands tobt ein erbarmungsloser Krieg!

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Re: [Geschichte] Der Weg des Spartaners

Beitragvon Seescheibe » 30. Juni 2012 14:47

Akt I, Kapitel II, Part III


Obwohl die Nacht schon weit fortgeschritten war, hatte sie sich nicht verändert. Noch immer lag undurchdringlicher Nebel, der diese pechschwarze Nacht schwängerte, ebenso wie der feuchte Nieselregen über Lakonien. Als sollten alle Taten, die in dieser Nacht schon geschehen waren und noch geschehen würden von ihr verschluckt und auf ewig vergessen werden.
Doch die römischen Legionäre würden diese Nacht nicht vergessen können, dessen war sich der Spartaner sicher.

Die Toten vor den Toren des riesigen römischen Forts hatte er in mühsamer Arbeit in einen nahegelegenen und von den Römern ausgehobenen Kanal gehievt. Es war ein erbärmliches Versteck und sollte die Sonne aufgehen würde jede Wache am Tor die Getöteten entdecken, doch es war besser als nichts. Besonders, da der Spartaner nicht geplant hatte, bis zum Sonnenaufgang in der Nähe des römischen Forts zu bleiben. Nein, seine Mission hatte in dieser Nacht begonnen und musste in dieser Nacht enden.
Der Spartaner war um die linke Ecke des Forts geschlichen und hatte seine Möglichkeit Eintritt in das Fort zu finden wahrnehmen müssen. Auch wenn ihm dies nicht lieb war…

Dem Kanal, in welchen er die toten Römer gelegt hatte, war er weiter gefolgt. Dieses nasse Rinnsal hatte ihn weit am Haupttor vorbei auf die linke Flanke geführt. Alles, was aus dem Fort rauskam musste auch wieder hinein, dachte sich der junge Soldat aus der belagerten Stadt und war dem Kanal immer weiter gefolgt. Doch mit der Zeit musste der Spartaner die Nase immer häufiger rümpfen oder gar die Luft für einige Schritte anhalten: Der Kanal führte Unrat und Schmutz mit sich.

Immer wieder stellten die Römer ihre hochentwickelte Technologie zur Schau. Wie prächtig und sauber mussten erst die Städte der Römer sein, wenn sie sogar in einem Soldatenlager eine kleine Kanalisation installierten? Mit leisem Schmunzeln überlegte der Spartaner, ob die Römer nicht sogar ein mamorverkleidetes Bad für ihre höheren Offiziere hatten.
Doch für solche Gedanken hatte der Spartaner nun keine Zeit mehr.

Der Kanal mündete in einem kleinen, halbrunden Durchlass in die hölzerne Mauer des Forts. Nach mehreren Versuchen sich hindurchzuzwängen musste der Spartaner Hand anlegen, um den Durchlass zu vergrößern. Mit einem seiner beiden Kurzschwerter hackte er so leise wie möglich auf die hölzernen Planken der Mauer ein. Es würde nur wenige fingerbreite Vergrößerungen reinschlagen müssen, bis er hineinpasste.

Mit zufriedenem Lächeln betrachtete der Spartaner sein getanes Werk. Wegen der Dunkelheit konnte er nicht sichergehen, dass seine künstliche Vergrößerung splitterfrei war. Doch auf solche Kleinigkeiten konnte er jetzt nicht achten.
Er verstaute sein Schwert an der Hüfte, hielt die Luft an und kroch durch das Loch.


Es war keine bloße Dunkelheit. Es war Finsternis. Finsternis, der schlimmsten Sorte. Achlys, die Urnacht selbst, musste ihre schwarzen Schleier ausgesandt haben.
Pollux stöhnte schwer. Die Methoden, die die Römer anwandten, um Informationen von Gefangenen zu bekommen, ließen jegliches zivilisiertes Verhalten, für das die Römer in manchen Teilen der Welt bewundert wurden, vermissen. Sie legten den Gefangenen brennende Kohlen auf die Beine, Arme oder sogar ins Gesicht! Sie brachen Knochen, verdrehten Gelenke oder trennten Finger und Zehen ab. Manches Mal hatten sie sogar die Zähne anderer Gefangener mit großen Eisenzangen herausgebrochen. Und Pollux schien für die Römer eine Art Versuchskaninchen zu sein. Sie steckten ihm grob einen Schlauch in den Mund, hielten ihm die Nase zu und füllten anschließend wahlweise eiskaltes, kochendheißes Wasser oder sogar Unrat ein. Immer wieder aufs Neue. Kurz bevor Pollux glaubte, ersticken zu müssen, beendeten sie ihre Art des gastfreundlichen Umgangs. Nach einigen kurzen und groben Fragen, die er immer unbeantwortet ließ, war die Pause jedoch vorbei und sie begannen ihre Folter von Neuem. Bis zur Ohnmacht hatten sie diese Prozedur mit ihm vollzogen.

Atropos, die älteste Schicksalsgöttin, die sich für jeden Menschen den Tod ersann, musste es besonders grausam mit ihm meinen. Pollux´ anfängliche Überzeugung lebend wieder nach Sparta zurückzukehren war nach wenigen Tagen geschwunden. Sein letzter Wunsch war es, zu sterben. Doch er starb nicht. Stattdessen kamen die Römer Tag für Tag und folterten ihn, jeden Tag in der Hoffnung, ihm Informationen entlocken zu können.
Die gebrochenen Knochen merkte der junge Zwilling kaum noch. Viel schlimmer waren die verdrehten Gelenke.

Seine rechte Schulter pochte. Selbst wenn er wie jetzt still auf dem Boden lag, fuhr ihm der Schmerz durch die Glieder. Der rechte Arm hing folgerichtig schlaff und nutzlos von ihm ab.
Müde hob Pollux seine Augenlider an und betrachtete das trostlose Bild.

Er war mit sieben weiteren Männern in einem kleinen, hölzernen Gefängnis eingepfercht. Essen oder Trinken (die Foltermethode zählte Pollux nicht zur Nahrungsaufnahme) bekamen sie nicht, ebenso wenig die Möglichkeit, sich zu erleichtern. So war der Boden dieses viel zu kleinen Gefängnisses mit den Ausscheidungen der acht Männer bedeckt. Es gab keine Liegen oder sonst irgendwas womit man sich vom Boden hätte verhalten können. Sie lagen in ihrem eigenen Unrat und Dreck. Wenigstens konnten sie in dieser Nacht nicht sehen, worin sie lagen. Ein kleines Geschenk, das jedoch dankbar aufgenommen wurde.

Pollux wollte nichts anderes als sterben. Sein Leben hatte für ihn keinen Sinn mehr. Niemand wäre so verrückt und würde sich in das Herz des römischen Forts begeben. Wie groß es war, konnte der junge Mann nicht schätzen. Das letzte woran er sich erinnerte war sein Bezirk der Mauer, den er bewachen sollte und, dass er mit einem Fremden gesprochen hatte.

„Nein… nicht… lasst mich! Ich will das nicht… lasst mich! Bitte..“

Ein Schluchzen drang an Pollux´ müdes Ohr. Träge drehte er den Kopf, der es ihm mit einer Explosion an Schmerzen quittierte.
Zu seiner rechten lag ebenfalls ein junger Mann aus Sparta, doch er war um einiges jünger als Pollux es war. Er mochte das Knabenalter gerade eben erst verlassen haben. Pollux schätzte, dass er sich noch in der Ausbildung befunden hatte, als er entführt worden war.

„Nein, bitte… ich weiß doch nichts! Lasst mich doch frei… bitte…“

Das Schluchzen hatte sich zu einem panischen Heulkrampf gesteigert. Entkräftet seufzte Pollux und versuchte den Jungen zu wecken. Als er sich jedoch zu ihm beugen wollte, sandte seine verdrehte rechte Schulter brennende Pfeilspitzen durch seinen Körper. Mit einem ungehaltenen Grunzen und schmerzverzerrtem Gesicht legte sich Pollux wieder auf den Rücken.
„Nein! Bitte, nicht… lasst mich doch gehen… ich werde niemandem etwas verraten… was? Was habt ihr vor?! Nein, lasst mich… ich will das nicht… lasst mich doch…“
Angeekelt verzog Pollux das Gesicht. Er konnte sich denken, was die Römer mit dem Rekruten getan hatten.


Nach ihrem Blutrausch erwachte Elektra. Immer, wenn sie Hass und Abscheu auf ihre Feinde in sich getragen hatte, war sie in einen Blutrausch verfallen, deren Taten sie erst mit eigenen Augen sehen musste, bevor sie wusste, was geschehen war.
So war es auch dieses Mal gewesen.
Das Letzte, woran sie sich erinnerte, waren ihre neuen Schwerter.
Mit einem Schaudern betrachtete sie diese. Die blutverschmierten Klingen ließen ihr Werk erahnen. Blitzschnell schaute sie sich um und sah die Spur des Todes, die sie hinter sich hergezogen hatte. Den letzten Römer hatte sie wohl einige Meter verfolgen müssen, denn ihr aktueller Standort war ihr unbekannt.
Mit einem Kopfschütteln verfluchte sie sich selbst, ehe sie sich nach einer geeigneten Deckung umschaute. Der Lärm, den sie verursacht haben musste, würde weitere römische Legionäre anziehen. Und auf deren Gesellschaft war sie in letzter Zeit nicht gut zu sprechen.
Einen Moment verharrte sie noch in ihrer kampfbereiten Stellung. Ihr Atem wurde ruhiger und der Wind ließ nach. Schließlich war es ganz still. Ganz still?
Nein.
Elektra lauschte angestrengt und versuchte die Geräusche zu hören, die um sie, einem Schwarm wütender Bienen gleich, surrten. Was war das nur?


Auf der anderen Seite des geschlagenen Lochs war es dank römischer Fackeln, die im Abstand von circa 25 Fuß aufgestellt worden waren, heller. Zu seinem Glück war er jedoch genau zwischen zwei Fackeln ins Fort eingedrungen und konnte sich alsbald in geduckter Haltung hinter ein paar Fässern verstecken.
Vorsichtig lugte er über die Fässer hinweg.
Römer!

Nicht weit von ihm stand auf einer erhöhten Plattform, die jedoch von beiden Seiten zu erreichen war, ein römischer Bogenschütze und verrichtete seinen undankbaren Job.
Nachts bei Nieselregen und Nebel Wache halten, wurde in der spartanischen Armee als Strafe angesehen. Ob die Römer es ebenso hielten?
Der Spartaner wandte seinen Blick von der Wache ab und ließ ihn weiter durch das Areal schweifen. Anscheinend befand er sich in einem abgetrennten Bereich einer Hundertschaft. Das Areal maß genug Platz, damit die Legionäre unter donnernden Rufen ihrer Zenturien täglichen Leibes - und Formationsübungen unterwerfen lassen konnten. Ihr Bereich war durch eine große hölzerne Mauer von den anderen Arealen abgeschottet.
Auf den großen Holzmauern vermutete der Spartaner einen Wehrgang, der mit weiteren Bogenschützen besetzt war. Und tatsächlich! Nur wenige Sekunden nachdem er seine Vermutung angestellt hatte, sah er eine Fackel scheinbar herrenlos über die Mauern gehen. Nur ein Narr hätte keine Bogenschützen auf den Wällen platziert.
Der Spartaner fluchte innerlich.

Sollte er den Bogenschützen angreifen, würde dieser Alarm schlagen. Und dann käme die Hundertschaft. Durch diesen Lärm angelockt würden sicherlich weitere Legionäre Roms in das Areal kommen. Selbst wenn es ihm gelingen würde, den Bogenschützen lautlos ausschalten zu können, würde die Fackel, die eine jede Wache bei sich trug, zu Boden fallen. Die anderen Wachen auf den Wehrgängen würden es als auf jeden Fall merken, wenn der Spartaner versuchte, den Bogenschützen zu töten.
Er hatte keine Möglichkeit und dennoch musste er sie nutzen.

Auf leisen Sohlen schlich der Spartaner los. Hinter jedem Fass versuchte er Deckung zu finden und verharrte dort kurz.
Er war mittlerweile auf wenige Fuß an den Römer herangetreten und wunderte sich, dass dieser seinen lauten Atem nicht hörte. Heute war Ate, die Göttin der Verblendung und Täuschung, wohl auf seiner Seite.
Sein Atem ging immer schneller. Er musste nur den richtigen Moment abpassen. Der Bogenschütze würde gleich erneut in die andere Richtung schauen und in diesem Moment musste der Spartaner zuschlagen. Er hatte sein Kurzschwert bereits gepackt und war bereit jeden Moment aufzuspringen, dem Römer mit einer Hand den Mund zuzupressen und mit dem Schwert dessen Leben zu beenden. Zudem musste er noch die Fackel auffangen, bevor sie zu Boden ging und die Wache auf dem Wehrgang sie fallen sehen konnte.
Irgendwo in seinem Gehirn wurde jedoch ein neuer Gedanke freigesetzt. Dieser Gedanke steigerte sich zu einer Idee und wurde schließlich mit einem mörderischen Grinsen seitens des Spartaners akzeptiert.
Sein Plan stand fest.

Täuschung und Tod.

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Natürlich kommt hier wenig wörtliche Rede und viel Handlung vor.
Aber eventuell gefällt es Euch ja sogar.
Wenn ihr Kritik, Wünsche, Kommentare, etc. loswerden wollt,
schreibt mir doch bitte einen Kommentar.
Der römische Gladius gegen das keltische Langschwert.
Die makedonische Sarissa gegen die seleukidische Macht.
In den Wüsten Nordafrikas herrscht Frieden, doch wie lange noch?
In den Steppen Russlands tobt ein erbarmungsloser Krieg!

Sei dabei! Werde Teil der Veni, Vidi, Vici! Eine Hotseat für Rome: Total War!
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