Teil V: Zu Gast bei Freunden
Die Rüstungen blitzten im wärmenden Sonnenschein. Schon seit Stunden marschierten sie durch die steinigen Engpässe der alpes. Die Sonne hatte bereits lange schon ihren Zenit überschritten und so hatte sie ihr heutiges Ziel im Norden in ein paar Stunden erreicht. Die tausende von Soldatensandalen wirbelten leichten Staub auf, der schon in der Ferne zu sehen war. Vorsichtig schlängelte sich die Straße zwischen den hohen Bergen, auf denen teils noch immer Schnee lag, hindurch. Die via iunia war nur eine eilig angelegte Straße, mit großen, schweren Steinen gepflastert, doch gab es überall große klaffende Löcher, durch die die Wagenräder der Ochsenkarren ratterten und den Wagen mitsamt Ladung knallen und scheppern ließen. So musste nicht nur Tier, sondern auch Mensch aufpassen, wo man hintrat. Ansonsten konnte es schnell einen verstauchten Knöchel, oder gar schlimmer geben und den Marsch unmöglich machen. Erpicht darauf die ganze Zeit in einem der Karren umhergeschleudert zu werden, war aber gewiss niemand und so gab jeder Acht, wo er hintrat. Die Legion marschierte in lockerer Formation, was dazu führte, dass Legionäre die gesamte Schlucht einnahmen. Julianus Scipio hatte schon am Morgen eine Hilfstruppe voraus geschickt, damit man dem gemeinsamen Freund weiter im Süden Nachricht erstatten könne. Nun waren die schnellen Reiter wieder bei der Legio II und erstatteten Julianus Bericht. Es war also alles bereit.
Nachdem nun die Sonne langsam daran tat, sich vom Tag zurück zu ziehen, sahen die Legionäre, warum Julianus die Truppe am Vormittag entsandt hatte. Vor ihnen erstreckte sich eine große, robuste Holzmauer mit einem tiefen Graben davor. Hinter der Mauer standen hunderte von Männern mit Fackeln in der Hand. Auch wenn es noch nicht dunkel war, versetzte diese Szene einen jeden Mann in Ehrfurcht und ein kalter Schauer lief einem über den Rücken. Der Legat ließ die Kohorten stoppen und ritt an die Spitze.
"Männer!!", rief Julianus mit erhobener Stimme. "Seht in das Tal hinab, dort am Ende der alpes. Unsere Freunde, Verbündeten und Brüder! Römer! Nachdem wir das ihre Lager durchschritten haben, befinden wir uns wieder inmitten der römischen Zivilisation! Lasset uns weiter schreiten, denn mit jedem Schritt kommen wir Capua näher! Milites procedite!!" Julianus zügelte sein Pferd, zog es herum und ritt wieder zum Offizierstab. Die Centuriones gaben Befehle zum Weitermarsch und die Legionäre setzten sich wieder in Bewegung, direkt auf das immer größer werdende Tor zu. Die Gestalten auf den Wällen wurden immer größer und deutlicher zu erkennen. Unter ihren Rüstungen trugen sie wohl Tuniken der Maxentier- einer mächtigen römischen Familie. Ihr wird nachgesagt, dass sie die stärkste Legion in der ganzen Republik haben sollte. Römer, die darauf trainiert waren im Kampfe zu Killermaschinen zu werden. Doch dies hier war anscheinend nur ein Lager zur Sicherung des Nachschubs in den Norden. Es mussten einige hundert Männer sein, die der II zujubelte. Wohl hatte sich auch hier bereits herumgesprochen welchen Status die Legion unter Julianus Scipio innehatte. Die Männer schritten schnell und geordnet durch das Lager, das von weißen Zelten nur so wimmelte. An der Mauer ragten hohe Türme in die Luft, die die Einsicht weiter ins Gelände ermöglichten. Hier war eines der großen Verteidigungsbollwerke der römischen Republik. Es dunkelte nun bereits und die Nacht kündigte sich langsam aber zusehends an, als der letzte Legionär durch das auf der anderen Seite liegende Tor trat. Im Lager hatten die maxentii einen Spalier gebildet und den Legionären der II weiter zugejubelt. Es war eine feierliche Durchquerung des Lagers. Die Männer unter Julianus Scipio waren froh bald wieder in Capua zu sein und die Männer im Lager wussten, dass wohl in Rom ein Frieden ausgehandelt wurde. Wäre dies nicht der Fall, würden da bei den scipii ganz merkwürdige Sachen ablaufen. Sachen, die die ganze Republik in Gefahr bringen könnten oder auch mochten. Im Nordwesten stieg der Mond empor und die Legion hatte wohl heute noch einige passus hinter sich zu legen. Wenn man sich nun umdrehte, sah man hinter sich das Fort mit seinen unzähligen Fackeln. In der Mitte des Forts stoben hunderte von Rauchsäulen empor. Der Nachschub hatte es gut, der würde sich diese Nacht im Fort einen bunten machen und morgen im Laufe des Tages wieder zur II stoßen. Wohl würden die meisten einen dicken Kopf haben und einen Würgereiz im Hals. Doch wem störte das schon? Es ging nach Hause, Schritt um Schritt seinem Ziel näher kommend.