Persien
Eine fremde DelegationDer Schah saß in seinem Arbeitszimmer in der neuen Hauptstadt. Er laß gerade die neuesten Berichte aus Europa. Der Koloss des Schlachtfeldes, General Cremona, ist von uns gegangen. Er soll wohl vor seinem Tod noch ein Buch verfasst haben. "Irgendwie muss ich mir ein Exemplar besorgen", dachte der Schah. Es klopfte an der Tür: „Mein Schah, eine Delegation aus einem fernen Land ist eingetroffen, sie fragen nach dem 'Goldenen Löwen'."
„Der goldene Löwe? Wieso habt ihr sie vor gelassen?“
„Sie kommen aus dem großen Kaiserreich der Slawen, Polen, mein Herr.“
„Nun gut, schickt Sie in den Thronsaal, ich werde sie empfangen.“ Gemischte Gefühle überkamen den Schah. Er erinnerte sich an die Nacht in Warschau. Genauer genommen erinnerte sich nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kaiser dort die Geschehnisse als diplomatische Beleidigung auffassen könnte, war doch relativ groß. Immerhin waren sie in seinen Palast eingebrochen, wenn auch ohne Widerstand. Nun gut man befand sich bereits vorher im Kriegszustand miteinander und es wäre wohl nicht das größte Übel, die Beziehungen zu Polen zu belasten.
Der Schah betrat den Thronsaal durch den hinteren Zugang. Der Teppich war ausgerollt, hinter dem Thron ragte das persische Wappen hervor. Die Gesandtschaft war bereits dort, wartete auf den Schah. Er musterte sie auf dem Weg zum Thron. Sie schienen nicht erbost zu sein, genauer gesagt schienen sie Geschenke dabei zu haben und fielen durch eine überaus höfliche Haltung auf. Er nahm Platz.
„Mein Schah, die Delegation aus Polen, vertreten durch den Prinzen von Mazowien, Diplomat und Abgesandter seiner Majestät dem Kaiser des Slawischen Reiches.“
„Willkommen im wunderschönen Persien.“ Der Schah nahm direkt das Wort an sich. „Was kann der Schah von Persien für den Kaiser tun?“
Als Dolmetscher fungierte der mittlerweile zum höfischen Gelehrten ernannte Vagabund aus dem Polenfeldzug.
"Seid ihr derjenige, den man den goldenen Löwen nennt?"
Der Schah lächelte: "Wie ihr seht bin ich ein Mensch aus Fleisch und Blut. Doch der Löwe, das anmutigste aller Tiere ziert in goldener Form unser Wappen, wie ihr sehen könnt." Er zeigt hinter sich.
Die Gesandtschaft steckte ihre Köpfe zusammen.
Nach kurzer Zeit verstummte das Tuscheln und der Prinz antworte: "In der Tat, euer Wappen ziert den Löwen, der meinem Herrn erschienen ist. Voller Erfurcht erbringen wir euch Geschenke im Namen des Kaisers, nehmt sie, mitsamt der Freundschaft unsere Herrscherhäuser."
Der Gesandte ließ die Truhen öffnen. Sie waren voller Goldmünzen.
"Mit großer Freude nehmen wir eure Geschenke an, jedoch nicht ohne das ich eurem Kaiser auch etwas zum Geschenke mache."
Der Schah überlegte kurz.. Einen Löwen vielleicht? Aber die sind so Nutzlos, fressen unmengen gutes Fleisch und sind alles andere als Loyal. Als Herr der Kavallerie reitet der Kaiser sicher gerne, vielleicht wäre ein Elefant das richtige. Ja, ein Elefant wird es sein.
"Bitte geht mit meinem Stallwart, er wird einen passenden Elefanten für euren Lord aussuchen. Außerdem möchte ich den Kaiser treffen. Meldet ihm, dass ich ihn treffen möchte. Ich werde mich alsbald auf den Weg zur russischen Grenze machen."
"So möge es sein, großer Schah von Persien und Herr des goldenen Löwen."
Der Schah begab sich wieder in sein Arbeitszimmer um die Reise vorzubereiten, während der Kämmerer dem polnischen Gesandten die Elefanten zeigte: "Vielleicht wäre dieser dort etwas für euren Herrn? Was könnt ihr mir über euren Kaiser sagen? Was ist ihm wichtig bei einem Reittier?"
"Nunja", der Gesandte nahm kein Blatt vor den Mund. "In letzter Zeit fiel mein Herr wohl am ehesten durch Grausamkeit auf. Er schlug einem Abgesandten unseres geistlichen Oberhauptes den Arm ab."
"Ah okay, auch in der Geschichte Persien gab es grausame Herrscher. Alles ist in Ordnung, solange sie Auswüchse nicht das eigene Volk treffen."
Sie gingen weiter.
"Hier haben wir genau den richtigen. Dieser Elefant ist überaus grausam. Er wurde einem sadistischen Lord in Indien abgenommen und sollte eigentlich als Arbeitstier fungieren. Angeblich soll sein Lord Ungläubige an ihm verfüttert haben. Aber das sind nur Gerüchte. Fakt ist allerdings, dass er immer wieder Menschen angreift, die er nicht kennt. Hier im Gehege ist er friedlich. Verhältnismäßig."
"Wer bin ich eure Wahl in Frage zu stellen, wir nehmen den Elefant mit Freude. "
"Sehr schön, der Schah wird überaus glücklich sein. Ein Diener wird euch begleiten und euch lehren, das Tier zu reiten."
Der Stallkämmerer beschloss die erfolgreiche Übergabe dem Großwesir zu verkünden.
Als er im Saal des Wesirpalastes eingetroffen ist, kam ihm der Großwesir schon entgegen gestürmt: "Was willst du? Ich kann mich jetzt nicht um Pilzbefall in der Futtermischung kümmern!"
"Nein, mein Herr, die polnische Delegation hat das Geschenk erhalten, würdet ihr dem Schah berichten, dass ich die Delegation gut beraten habe?"
"Ich habe keinen Zeit für deinen Unsinn", zischte der Großwesir, "und jetzt geh mir aus dem Weg!"
Der Wesir eilte zum Zimmer des Schahs, die Tür war offen: "Mylord ihr könnt nicht fort, die Planung für den Feldzug gegen Jerusalem ist bereits abgeschlossen. Den Männern dürstet es nach Christenblut."
"Ich werde den polnischen Kaiser treffen, diese Allianz kann großes für unser Land bedeuten, verstehst du das nicht?"
"Aber eure Hoheit.."
"Mein Wort ist final! Schick diesen Lord Muamar Irgendwas, er meint doch immer, dass er Ungläubige, wie sagt er, 'ausmerzen' will."
"Euer Wille sei mir Befehl, mein Schah, ich werde mich sogleich auf den Weg machen."
"Nicht so schnell, mein Freund, du wirst mit mir kommen. Ich brauche deine diplomatische Expertise. Außerdem warst du in dieser verhängnisvollen Nacht dabei. Irgendwas ist mit dem polnischen Kaiser passiert und ich will der Sache auf den Grund gehen. Lass diesen Muamar nur machen, was soll schon passieren?"
Die Plünderung JerusalemsDer General stand auf einem Hügel. Vor ihm die Heilige Stadt Jerusalem. Endlich war er dort, das Ziel seiner Träume. Doch die Stadt war krank. Sie lag im sterben. Schlimmer als Pest und Cholera zusammen. Sie war durchsetzt von Christenabschaum. Bisher verlief der Feldzug überaus erfolgreich. Die ersten Festungen in Syrien fielen in Tagen und das Gesamte persische Heer unter seinem Kommando war bereit dir Stadt zu stürmen. Der Schah wird Stolz sein und die Christen werden sich niemals von diesem Schlag erholen. Er rief seinen Adjutanten. "Blast zum Angriff", zischte er ihm zu. "BLAST ZUM ANGRIFF!!!" Gröhlte der Adjutant lautstark heraus.
Es dauerte Stunden, bis der Pfeilhagel nachgelassen hat. Im Gegensatz zu vorherigen Belagerungen waren die Christen vorbereitet. Doch der eisernen Moral der Perser konnten sie nichts entgegen stellen. Nochmal einige Stunden später und die ersten Männer standen auf den Mauern, keine Stunde später fiel das Haupttor. Es wurde nun in den Straßen gekämpft. Dieser Kampf war von besonderer Grausamkeit geprägt. Gerade die persischen Lanzen stellten sich im Nahkampf als Nachteilig gegenüber Schwert und Schild, wie es die Kreuzritter trugen, heraus, sodass der Sieg in Jerusalem einen hohen Blutzoll forderte. Als sich die Kämpfe dem Ende näherten, rief General Muamar den Adjutanten zu sich: "Lasst keinen am Leben, keine dieser unwürdigen Kreaturen hat ein Existenzrecht." Der Adjutant schluckte und gab dann den Befehl weiter, mit der klaren Angabe die Christen zum Abschwören zu bringen. Muamar kann keine Moslems töten, auch wenn sie mal Christen waren. Er ging durch die blutbefleckten Straßen. Überall tote, Perser wie Feinde, auch Byzantiner waren unter ihnen. Aus den Gassen hörte man Frauen und Kinder schreien, ein Blick offenbart wie sich Soldaten an der Bevölkerung vergehen. Was hatte Muamar nur ausgelöst? Ein Exekutionskommando hatte gerade eine Reihe Priester vor sich. Sie knieten auf dem Boden. Einige weinten, einige beteten, wieder andere verhandelten.
Ein Offizier trat vor den ersten Priester: "Tötet ihn! ..Nein Moment, er soll die Wahl haben."
Er fiel zu Boden nachdem die Lanze seinen Körper wieder verlassen hatte.
Der Offizier trat vor den zweiten Priester: "Schwöre deinem Gott ab und du darfst leben."
"Niemals, Gott ist groß, ich sterbe in seinem Namen für den Glauben!"
Ein Handzeichen besiegelte sein Schicksal.
Er trat vor den dritten Priester: "Schwöre deinem Gott ab und du darfst leben."
"Bitte, meine Herren, alles was ihr wollt", flennte der Pastor, ein Paradebeispiel eines verweichlichten Geistlichen, "ich schwöre Jesus ab Allah ist toll, bitte, lasst mich leben..ich habe es nicht verdient."
"Führt ihn ab." befahl der Offizier, "ich denke dieser hier ist ganz gut für Feldarbeit geeignet, aber lasst die Sklavenhändler entscheiden."
Diese und ähnliche Bilder zeichneten die Szenerie der Jerusalemer Innenstadt. Ein junger Mann, wohl ein Diener eines Geistlichen, flüchtete vor zwei älteren persischen Söldnern. Sein hektischer Lauf ließ ihn seine Bücher auf der Straße verlieren. Als er sich umdrehte um seine Bücher aufzuheben erwischten sie ihn und rissen ihn zu Boden. Sie stachen auf ihn ein und der Junge wünschte, es wären ihre Lanzen gewesen. Wie die anderen, lag er erstochen am Boden, doch nicht besudelt mit Blut...
Als sie sich wieder im Feldlager befangen, war klar, wie viele Bewohner Jerusalems, aber auch Perser, bei diesen Kämpfen ums Leben gekommen sind. Nur wenige Duzend Geistliche schworen ihrem Gott ab und wurden zum große Sklavenmarkt nach Bagdhad geschickt. Da die meisten Menschen vor unserem Eintreffen in Sicherheit gebracht wurden, führte die Besetzung Jerusalems nicht zu einem Frieden.
Die nächsten Monate waren hart. Unsere Armee zog durch das Heilige Land, belagerte Festungen in Byzanz und versuchte die belagerte Garnision Jerusalems zu entsetzen. Diese Zweite Schlacht von Jerusalem war der Beginn einer fürchterlichen Folge von Niederlagen. General Muamar lies sich von Blutdrust treiben und schickte unsere tapferen Männer Welle um Welle in die Schlacht gegen die gut positionierten Kreuzritter und Byzantiner. Blutig, wenn auch nicht eindeutig verloren wir die Schlacht um Jerusalem und in der Folge weitere Schlachten im Grenzgebiet.
Die Reihe von Niederlagen lastete schwer auf den persischen Soldaten. Versorgungslage und Moral waren katastrophal und das Vertrauen in General Muamar ging gegen Null. Der General selbst zog sich immer öfter in seine Gemächer zurück, kaum ein Soldat bekam ihn noch zu Gesicht. Manchmal hörte man Schreie und Schläge aus seinem Zelt. Dieser Mann war gebrochen, seine Wut hatte gänzlich Besitz von ihm ergriffen. Die meisten organisatorischen Aufgaben übernahm sein Adjutant. Auch die Musterung neuer Rekruten aus Persien musste er übernehmen: "Männer, ihr seid neu im Kriegsgebiet. Die Versorgungslage ist schlecht, der Feind ist stark. Gebt euer bestes. Wegtreten." Er ging in das Zelt des Kriegsrates. Die Lage war desolat. "Meine Herren, wir verlassen Feindesland, in wenigen Tagen werden wir persischen Boden betreten haben, die Armee des Feindes folgt uns auf dem Fuße. Irgendwelche Vorschläge?"
Einer der adligen wollte gerade das Wort ergreifen, als man von draußen einen großen Tumult vernahm..
"Hurra, hurra", die Soldaten schrien, als sei der Sieg errungen. Der Adjutant und die Adligen eilten heraus. Da sahen sie ihn. Auf dem Rücken seines Elefanten thronte er über dem Heerlager. Die Soldaten bildeten eine Gasse, jubelten, freuten sich, einige lachten das erste mal seit Wochen. Es war der Schah, er war hier, an der Front. Und er würde uns zum Sieg führen!
Der Schah hielt vor dem Zelt an, wünschte den General zu sprechen und wies seinem Gefolge an, die Kisten, Truhen und Fässer zu entleeren. "Heute werden wir feiern, Männer!" Schrie der Schah in Richtung der Soldaten. Die Soldaten öffneten die Truhen, sie waren voller Dukaten. Es war der Sold für hunderte Söldner. In einigen Truhen befand sich gepökeltes Fleisch. Die Fässer waren voller Zurek, einer speziellen polnischen Teigsuppe. Nahrungsmittel und Geld wurden an die Soldaten ausgegeben und auch ein wenig Opium aus dem fernen Indochina wurde ausnahmsweise während eines Feldzuges ausgegeben. Die Stimmung war bereits sehr ausgelassen, als General Muamar vor dem Kriegszelt ankam. Der Schah wies ihn an, ihm in das leere Zelt zu folgen. Wieder hörte man Schreie und Schläge, doch es war nicht Muamar, der sie verursachte. Der gesamte Kriegsrat bekam die Schelte für den General mit. Seine Unfähigkeit, seine Aggression, seine Brutalität, der Schah wies ihn nach strich und Faden zu recht. Der Feldzug unter Muamar war eine Katastrophe, doch mit dem Schah wird sich alles ändern!
Eine seltsame BitteAls der Schah mit den Geschenken des polnischen Königs auf den Weg zu seinen Truppen im Zweistromland war, passt ihn ein russischer Botenreiter ab. "Mein Schah, ein Reiter aus Russland, er hat eine Bitte des russischen Kriegsministeriums vorzutragen." meldete der Großwesir. "Ja, lasst sie sprechen", entgegnete der Schah.
"Oh großer Schah Persiens, wie wir hörten, führt euer Reich Krieg im Heiligen Land. Im Rahmen unseres Auslandsausbildungsprogrammes wünscht eine Gruppe von jungen Artilleristen aus der Petersburger Akademie an dem Feldzug gegen Jerusalem teilzunehmen. Liegt dies im Rahmen des machbaren?"
"Sebstverständlich, wenn diese Rekruten unsere Kriegsbestrebungen nicht belasten, so mögen sie lernen, auf dass sie erfolgreich Kriegszüge gegen Katholiken starten können."
"Vielen Dank, großer Schah, wir werden dem Ministerium eure wohlwollende Antwort mitteilen. Auf wiedersehen"
Der Botenreiter ritt wieder ab in den Norden.