Einer der neuen Tempel. Dieser steht in der Provinz Kii
Das Feuer meiner Träume.
Der feurige Drache der Alpträume der Fürst Noriaki heimsucht.Unsere Anpassungsfähigkeit hat uns in so mancher nachteiligen Lage zu einer neuen Form der Stärke geführt, die uns voredem nie in solcher Art in den Sinn gekommen wäre. Oft schon haben wir auf die Stärke unserer Tradition vertrauend unsere Tore geöffnet für all jene Menschen und Ideen, die aus der Ferne zu uns strömten. Dies alles hatte sich immer ausgezahlt, denn weder vergaßen wir jene Aspekte die unser Dasein und unsere Identität seit jeher ausgemacht hatten, noch hatte sich eine dieser Neuerungen zu unserem Nachteil ausgewirkt. Ich aber frage mich, wie lange sollen wir die Türen noch offenhalten, wie lange noch unsere Häuser öffnen für jene, die bereit sind solcherlei Schrecken über diese Welt zu bringen? Zwar haben sich nahezu alle Besucher, welche der Lauf der Welt an unsere Gestade verschlagen hatte, bis zum heutigen Tage Respektvoll und höflich gezeigt, zumindest in einem Umfang, den man von fremden Menschen in fremden Landen erwarten kann. Alleine die Aussagen der Soldaten aus den Westen, die mir von Strömen von Blut, von verbrannten Landen und von unehrenhaften und gräulichen Verhalten auf beiden Seiten Kunde brachten, hätten meine Zweifel allerdings nicht in solch einem Ausmaß schüren können. Ich selbst weiß, wie schnell im Krieg das Tuch der Tugend zerrissen werden kann, wie schnell die Moral vor den Fackeln des Chaos zu kapitulieren vermag. Nein nicht die Berichte eines schrecklichen Krieges waren es, die meinen Zweifel über das Gewissen der Welt schürten, sondern die schrecklichen Träume die ich hatte und die noch immer an den Pforten meines Geistes kratzen und scharren. Immer wieder sah ich die Flut in Blut aufgehen, Blut das sich tief ins Land hineinfraß. Blut kam vom Meer und es stieg und stieg über ganz Nihon. Es fraß die Häfen, es verschlang die Küsten.
Es drängte immer weiter und höher, bis selbst Fuji-san sein Haupt vor den Fluten des Blutes senken musste. Die grausige Flut wich zurück und das Land war stinkend von Fett und Unrat der Menschen die einst waren. Ich alleine ging durch leere Straßen, leere Wälder und leere Täler die schwarz verkrustet ob der vergangenen Flut waren und der Gestank des alten krustigen Blutes stieg mir in die Nase und ich wachte auf. Ich erwachte und wirklich war ich mit Blut bedeckt, meinem Blut das mir aus der Nase rann und an dem ich mich fast verschluckt hätte.Dies passierte mir nun dreimal, und ich frage mich ob nicht das Schicksal sich mit Gewalt meines Geistes bemächtigen will, das Außen auszuschließen, auf das die Flut, die alles vernichten mochte nie kommen würde. Aber was weiß ich schon, bin ich doch nur ein Mensch und sagen nicht auch alle meine Berater es sei gut für unser Land den Handel und den Austausch von Ideen mit unseren Nachbarn in nah und fern aufrechtzuerhalten? Doch ich vermag die Flammen, die diese seltsamen Träume in meinem Herzen entzündet hatten nicht so einfach zu ersticken, nicht mit den Worten der Vernunft, und nicht mit den Worten des Glaubens. Ich werde das Land so regieren wie man es von mir erwartet, ich werde mein Handeln weiterhin leiten lassen von meiner Erfahrung und führen lassen von meiner Urteilskraft und dem Rat besonnener Berater. Solange Mir nicht das Schicksal selbst dem Verstand begreiflichere und greifbarere Einblicke liefert, werde ich die Flammen meiner Träume mich umzüngeln lassen und leben mit dem Zweifel der sich tief in meinen Geist eingegraben hat.
Der Phönix und der Drache symbolisieren die Vernunft und den Zweifel, die in Noriakis Geiste Ringen.
Das Schwert Yamatorige (Feder des Fasahns), das spätere Lieblingsschwert der Uesugis.
Die Arbeiter beim Transportieren des Eisensandes.
Meister Akira besah sich den Sand einige Zeit, wobei sich seine Augen zuerst etwas argwöhnisch zusammenzogen, sich dann aber vor Erstaunen weiteten. „Dies ist seltsamer Satetsu, seltsam aber mit viel Potential will ich meinen. Du hast gut daran getan Daiki dies zu mir zu bringen. Die Arbeiter sollen sofort mit dem Abbau beginnen, die Tatara wird nun bald aufgebaut werden und wir brauchen sicher einig Zeit, wenn wir diesen Sand ordentlich abbauen wollen.“ Die Abbauarbeiten um genug Satetsu ins Tal zu befördern dauerten in der Tat mehrere Monate. Denn schon wenige Fingerbreit unter der Oberfläche mischten sich Tonerden unter den Satetsu, daher mussten die Arbeiter extrem vorsichtig vorgehen um den Sand nicht zu verunreinigen. Es war schon tief im Winter und die Luft war beinahe trocken genug, um die Tatara aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. Es war an einem späten Dezembertag, als Meister Akira das Zeichen gab den Lehm für die Tatara herbeizuschaffen. Daiki befürchtete, das nicht genug Satetsu vom Berg gebracht werden konnte um genügend Tamahagane hervorzubringen aber Meister Akira hatte sowieso vor, den neuen Sand Daikis mit den Resten des letzten Jahres zu vermischen um die besten Eigenschaften beider Böden zu vereinen. Die Luft war Trocken genug und die Tatara wurde in Gang gebracht und befeuert. Nachdem die Tatara genügend aufgeheizt war, musste nun das Satetsugemisch hinzugegeben werden. Vorsichtig und mit dem Feingefühl der Erfahrung wurden viele Gan des Sandes über fast eine Woche in kleinen Mengen hinzugegeben. Als die Flammen am Boden der Tatara dann endlich die richtigen Farben hervorbrachten und den Raum mit dem Fackelschein der untergehenden Sonne erhellten, wurde die Tatara aufgebrochen. Die vielen Gan der Eisensande waren zusammengeschmolzen zu einem Block von gerade einmal 30 Sho. Dieser wurde mit langen Haken vor die Schmelzhütte gezogen und mit großen Keilen auseinandergetrieben. Von dem Kern von etwa 20 Sho wurden die Ränder abgetragen. Dieses Material war das Tamahagane. Mit Rundzangen wurde der Schwammartige Stahlrohling von den Gehilfen aus den Bruchstücken herausgezogen und in ein Wasserbecken getaucht. Nach dem Abschrecken wurde der Klumpen Tamahagane weiter zerteilt. Seine Kristallstruktur gibt Aufschluss darüber ob er zu einem Meisterstück taugt. Meister Akira lächelte, denn obwohl die Ausbeute gerade einmal dem Gewicht eines großen Mannes entsprach, sah auch der lernfaulste Schüler das dieses Metall ganz besonders war. „Dies ist wohl das beste Tamahagane seit gut fünfzig Jahren“ meinte Meister Akira. „Aber letztendlich sehen was er Wert ist, werden wir erst, wenn die Schmiede damit fertig sind. Wir schicken den Großteil am besten an Gassan Sadatoshi, seine Arbeiten gelten seit Jahrzehnten als hervorragend und suchen ihresgleichen. Der Rest kann zwischen den anderen Tosho verteilt werden, falls noch genug für sie übrigbleibt.“ Bevor der Stahl an die Meisterschmiede veteilt wurde, wurde er dem Tamatsubushi unterworfen. Die besten Stücke wurden ausgesondert indem man das Tamahagane mit Lehmwasser und Lauge übergoss und anschließend erhitzte, dabei verschwand ein großteil der eingelagerten Fremdstoffe.
Ein paar Klumpen des hochwertigen Tamahaganes.
Als das Tamahagane bei Meister Gassan ankam besah er sich die einzelnen Bruchstücke des weißlich glänzenden Metalls sehr genau. „Das ist gutes Material, ich denke es wird eine gute Klinge daraus hervorgehen.“ Er nahm sich die besten Stücke aus der Schachtel heraus und rief sogleich seine Gehilfen. Meister Gassan wollte sich sofort ans Werk machen. Dazu musste er zuallererst die verschiedenen Metallklumpen mit seinem geschulten und erfahrenen Auge sortieren. Welches Tamahagane er für eine Klinge, welches er für den Kern und welches er für die Schneide verwenden konnte. Aber Meister Gassan konnte die Qualität von Metall sehr schnell erfassen und so bereitete ihm diese Aufgabe keine großen Schwierigkeiten. Die harte Arbeit musste ja noch kommen. Die einzelnen Klumpen wurden weiter zerteilt und erhitzt, um ihre Struktur so rein wie möglich zu machen wurden sie immer wieder von des Meisters Hand mit einem schweren Hammer bearbeitet. Nachdem das Material rein genug war schmiedete Sadatoshi die ausgesuchten Stücke im Tsukunikomi Soshu Kitae Stil zu einem einheitlichen Block zusammen, den weichen Shingane Stahl ummantelte er mit dem harten mehrfach gefalteten Kawagane Tamahagane und dem für die Schneide extra fein geschmiedeten Hagane und formte so den Grundkörper des Schwertes. Nun wurde der Block mit kunstvollen und geübten Schlägen in Form gebracht. Es folgte der sensible Prozess des Yakiire, des Härtens. Um aber die Aysugi-Hada, das typische Wellenförmige Muster auf der Klinge entstehen zu lassen und eine schön geschwungene Härteline, die Hamon, hervorzubringen, wurde zuvor die Schneide mit einem Spezialöl Yakibatsuchi bestrichen. Die Klinge musste daraufhin solange erwärmt werden, bis sie die Farbe der aufgehenden Sonne erreicht hatte. Meister Gassan beobachtete mit stets wachsamen Augen die tanzenden Farben im Herzen des Feuerbettes und die Flammen, welche sich um die Klinge züngelten. Mit der Ruhe der Erfahrung zog er den Stahlblock im rechten Moment aus der Glut und tauchte ihn in das exakt temperierte Wasserbecken vor dem sich die Lehrlinge mit Respekt zurückgezogen hatten, kannten sie doch alle die Geschichte um Mansamune dem großen Schmied. Dieser hatte als ein Lehrling trotz seines Verbotes die Wassertemperatur mit der Hand zu überprüfen einen Finger in da Becken hineingesteckt und zur Strafe hieb ihm der Meister die Hand mit einem gekonnten Schwertstreich ab. An diesem Tage aber veränderte keiner der Lehrlinge in unbedachter Weise die Temperatur des Wassers und als Sadatoshi die heiße Klinge in das Bad tauchte, verrieten ihm schon allein die Melodien der zischenden und schäumenden Flüssigkeit, dass alles hervorragend funktioniert hatte. Damit war der Prozess des Schmiedens für Sadatoshi abgeschlossen. Diese Klinge war schon jetzt wunderschön und die Maserung herrlich anzuschauen, aber seinem wahren Glanz sollte das Schwert erst nach dem Polieren und Schleifen erhalten. Dazu wollte Sadatoshi die Klinge an Koshu Honami schicken, den in seinen Augen besten und fähigsten Togi-Shi.
Meister Koshu beim bearbeiten der Klinge, sein Lehrling (rechts) übt sich an einem Messer.
Meister Koshu war seit mehr als vierzig Jahren Schwertpolierer und viele Schmiede aus allen Teilen des Landes schickte ihm ihre Arbeiten zu. Mit Meister Gassan aber pflegte er ein ganz besonders freundschaftliches Verhältnis und so war es kein Wunder, dass er der Bitte, die der feinen Klinge des Meisters beilag, entsprach und diese mit ganz besonderer Bedachtsamkeit behandelte. Auch Meister Koshu erkannte sofort die äußerst hohe Qualität der Klinge und legte sich im Geiste schon die verschiedenen Stufen an Poliersteinen zurecht, die er für den gesamten Prozess verwenden würde. Meister Koshu arbeitete während der immer feiner werdenden Schritte die exzellenten Details der Körnung, der Maserung und der Kristallstruktur heraus. Immer besser traten Hada und Hamon in den Vordergrund. Immer kleinere und filigranere Steine benutzend hob Meister Koshu die dem Schwert eigene Schönheit hervor und schärfte die Schneide auf unübertroffene Weise. Mit dem letzten Schleifstein, dem winzigen Jizuya, nicht größer als ein Reiskorn, gab er der Klinge den letzten Schliff. Nach knapp zwei Wochen des Schleifens und Polierens war Meister Koshu zufrieden und schickte die ausgearbeitete Toshin in die Werkstatt von Meister Gassan zurück. Dort wurde das Prachtstück mit einer Horimono verziert und der Katana-Mei des Meisters signiert. Nachdem das Schwert vervollkommnet durch eine prächtige Tsuka mit herrlichen Ornamenten endlich in seiner ganzen Pracht erstrahlte, solle es an den Hof von Uesugi Noriaki geschickt werden, der es mit Freuden entgegennahm und es seitdem immer bei sich trug.
Die fertige Klinge des Schwertes, mit Drachen Horimono und Katana-Mei von Meister Gassan.
Der Gesang über Nihon
Lass mich dir künden vom Land der salzigen Wellen.
Vom Land der Feuerberge und der eisigen Quellen.
Dem Gestade der Geister und Wälder
wo Tau und Nebel sich paaren.
Dem Zuhause der friedlichen Buchten
und der saftigen Weiden und Felder.
Deine Bilder möchte ich wahren
träumend in idyllischen Schluchten.
Da ziehen im Geiste Visionen herauf.
Sie zeigen mir Lande im schnellen Verlauf.
Vom eisigen Norden wo glitzernd die Gischt den Himmel benetzt
Bis zum grünenden Süden, wo die Sonne selbst Schatten mit Hitze versetzt.
Hokkaido erblick ich,
wo heiße Quellen trotzen dem eisigen Schnee.
Wo hohe Tannen und Kiefern auf kargen Grund gedeihen
und die eisummantelten Berge auf ewig Feuer speien
Und das Salz des Meeres spricht
in ewig wütender tobender Gischt:
Sei gegrüßt Hokkaido du nördliches Licht
Auf das dein eisiges Feuer niemals erlischt.
Die Reise führt weiter nach Süden gekehrt,
bis das Feld meines Blickes Hokkaido entbehrt.
Honshu erspäh ich,
wo Buchten unzählig umkränzen das Land.
Wo wilde Flüsse den felsigen Bergen entspringen
und in schattigen Tälern Licht und Dunkelheit ringen.
Und das Salz des Meeres spricht
in ewig wütender tobender Gischt:
Sei gegrüßt mir oh Honshu mit Wäldern so dicht.
Auf das ewig dein Wasser mit mir sich vermischt.
Die Reise führt weiter nach Süden gekehrt,
bis das Feld meines Blickes auch Honshu entbehrt.
Shikoku gewahr ich,
wo üppiger Boden noch Schätze bewahrt.
Wo auf fruchtbaren Feldern Blumen und Früchte gedeihen
und sich Orangenbäume an saftige Weiden reihen.
Und das Salz des Meeres spricht
in ewig wütender tobender Gischt:
Sei gegrüßt mir Shikoku, die so viel verspricht
Auf das ewig dein Boden das Leben erfrischt.
Die Reise führt weiter, nach Süden gekehrt,
bis letztlich mein Blick auch Shikoku entbehrt.
Kyushu erkenn ich,
wo sich drängen die Gipfel steiler Berge.
Wo ewig der Aso seine Asche in den Himmel speit
und an sonnigen Hängen aromatischer Tee gedeiht.
Und das Salz des Meeres spricht
in ewig wütender tobender Gischt:
Sei mir gegrüßt Kyushu, trägst der Berge Gewicht,
auf das ewig dein Antlitz der Sorgen entwischt.
Weiter zieht die Reise mich und alles flieht im Raum,
Insel um Insel, Stein um Stein
Bis nur mein ganzes Sein allein
verbleibt und endet meinen Traum.
Nun sitz ich wachend und gedenke deiner voller Wonne,
glorreiches Nihon, du Land der aufgehenden Sonne.