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Civilization gehört zu den ganz großen Strategiespielen. Veröffentlichung um Veröffentlichung wurde die Serie aufpoliert, mit Teil fünf beweist man bei Entwickler Firaxis und Publisher 2K jetzt Mut zu Neuerungen. Wir haben getestet, ob diese sich positiv auswirken.
Mit Civilization gelang Sid Meier 1991 ein Riesenwurf. Das Runden-Strategiespiel bot die perfekte Mischung aus Anspruch und Zugänglichkeit, spannendem Spielprinzip und ruhiger Spielmechanik. Wo sonst konnte man die Geschicke seines Volkes von der Steinzeit bis in die Zukunft lenken und dabei nicht nur militärisch, sondern auch technologisch oder diplomatisch den Sieg erringen?
Wer noch niemals ein Civilization auf der Festplatte hatte, wird sich jetzt über das ausführliche Tutorial freuen, das einem das nötige Wissen an die Hand gibt, um im Spiel zu bestehen. Möchtet ihr nicht auf Knopfdruck schnell ein Spiel in einer zufällig generierten Welt starten, könnt ihr sowohl im Einzel- als auch im Mehrspielermodus zahlreiche Optionen nutzen, um eine Partie an euren Geschmack anzupassen. Wie groß soll das Spielfeld sein? Soll es wie unsere Erde aussehen oder aus zufällig generierten Kontinenten bestehen? Außerdem stehen diverse spielbare historische Landesfürsten mit unterschiedlichen Vorteilen sowie einige Schwierigkeitsgrade zur Auswahl.
Hex hex!
Seit jeher war das Spielfeld in Civilization in Quadrate eingeteilt und auf einem dieser Planfelder ließen sich mehrere Einheiten stapeln. Genau von diesen beiden Grundsätzen verabschiedet sich Firaxis im fünften Teil. Neuerdings durchzieht ein - wahlweise unsichtbares - Gitternetz aus Sechsecken, sogenannten Hexfeldern wie in Panzer General 4, die Karte und auf jedes davon passt nur noch eine Einheit. Einzige Ausnahme: Zivilisten wie Bautrupps oder Siedler dürfen sich ein Feld mit Kampfeinheiten teilen. Das ist nicht nur sinnvoll, weil die wehrlosen wie wertvollen Zivileinheiten gekidnappt werden können, sondern so auch bei Schlachten auf engem Terrain, beispielsweise um Städte herum, nicht im Weg stehen.
Die Siedlungen stehen meist im Mittelpunkt der Gefechte und können sich auch ohne stationierte Truppen verteidigen. Neu ist die Möglichkeit für Fernkämpfer, über ein oder sogar mehrere Felder hinwegzuschießen. Ortschaften legen Gegner grundsätzlich schon aus der Distanz unter Feuer, während eine vorsichtshalber stationierte Einheit ihr Übriges zur Verteidigung leistet. Im Falle einer Großoffensive reicht das jedoch nicht aus, geschickt verteilte Wachposten, im Idealfall in von Bautrupps errichteten Forts stationiert, sichern unser Land ab.
Auf dem Weg zum Nobelpreis?
Ebenfalls neu ist die Tatsache, dass Forschung es sämtlichen Truppen ermöglicht, sich ohne weitere Hilfsmittel einzuschiffen. Dabei sind sie allerdings relativ wehrlos, lediglich einige Truppenteile kämpfen auch aus ihren Landungsboten heraus, wenn die Wissenschaftler dies ermöglichen, ansonsten ist Geleitschutz empfehlenswert. Die Forschung ist nach wie vor auf allen Ebenen wichtig. Sie ermöglicht nicht nur neue Waffensysteme, sondern auch Gebäude, Geländeerweiterungen und die Erschließung von Rohstoffen und Transportwegen. Wie schon im vierten Teil lässt sich der komplette Technologiebaum einblenden und klickt man auf ein Forschungsziel, wird automatisiert in diese Richtung gearbeitet.
Bei aller Expansion gilt es stets, das Gesamtbild nicht aus den Augen zu verlieren. Sonst droht nicht nur das Schicksal des echten Römischen Reiches, nämlich dass die Grenzen zu groß sind, um sie mit dem verfügbaren Truppenkontingent abzusichern, sondern auch die Wirtschaft und die Zufriedenheit eurer Untertanen kann untergehen. Jede Stadt sollte nicht nur möglichst produktiv arbeiten, sondern auch satte und glückliche Einwohner haben. Da der Ausbau der Infrastruktur permanent Geld kostet, ist es nicht immer einfach, die richtige Waage aus Expansion und Sicherung der bestehenden Strukturen zu finden.
Bremen und Hamburg lassen grüßen
Sobald uns andere Spieler begegnen, müssen wir uns auf alles gefasst machen. Die neuen Stadtstaaten sind eigenständige kleine Gebiete ohne Expansionsinteressen. Während die KI die kleinen Städtchen wie einen vollwertigen Spieler behandelt, stehen für uns im Kontakt mit ihnen nur eingeschränkte Diplomatieoptionen zur Verfügung. Doch das macht die autarken Zonen nicht weniger interessant. Wir können um ihre Gunst buhlen, und so einen wertvollen Handelspartner gewinnen oder auch Aufträge wie die Beseitigung von nahen Barbarenstellungen oder Schutz gegen aggressive Computergegner erfüllen, um die Staatskasse zu füllen, Militäreinheiten zur Verfügung gestellt zu bekommen oder in unseren wissenschaftlichen und kulturellen Bemühungen gefördert zu werden.
Die KI der anderen Herrscher ist bemerkenswert gut gelungen. Der Computer schätzt seine eigenen Möglichkeiten meist realistisch ein und tritt uns gegenüber dementsprechend auf. Sogar größere Truppenansammlungen vor neutralen Grenzen werden skeptisch kommentiert. Die bisherigen karrikaturartigen Herrscher-Portraits weichen endlich elegant animierten Modellen, die uns zudem alle mit ihrer Landessprache ansprechen, was für passendes Flair sorgt (die eigentlichen Verhandlungs-Dialoge sind natürlich auf Deutsch geschrieben).
Trotz aller Glaubwürdigkeit kommt es leider hin und wieder zu Aussetzern in der Kriegsführung und bei diplomatischen Verhandlungen. Mit menschlichen Mitspielern im Mehrspieler-Modus relativieren sich diese kleinen Macken natürlich. Egal ob mit Freunden oder im alleinigen Spiel gegen den Rechner, stehen uns aber weitaus mehr Mittel als nur schnöde Gewalt zur Verfügung, um spätestens im Jahr 2500 Bilanz über unsere Regierungszeit zu ziehen.
Viele Wege führen zum Sieg
Neben der Möglichkeit alle Hauptstädte zu erobern, könnt ihr von der UN zum wertvollsten Staat gekrönt werden, als erster ein Raumschiff nach Alpha Centauri schicken oder sechs komplette Sozialpolitiken freispielen und danach das Utopia-Projekt beenden. Letztere ersetzen komplett die Religionen, auch Missionare sucht man in Civilization 5 vergeblich. Stattdessen warten die Strukturen des Föderalismus und der Marktwirtschaft sowie anderer staatlicher Systeme auf ihre Erforschung, für die wiederum Kulturpunkte benötigt werden. So reagiert ihr kurzfristig auf Missstände und schaltet Boni frei, etwa für Militär oder Bauzeiten.
Auch technisch hat Civilization einen großen Sprung nach vorn getan. Das Spiel lässt sich wahlweise in DirectX 9 oder 10 und 11 starten. So oder so sieht der fünfte Teil deutlich besser aus als Civilization 4. Das Landschafts- und Einheitendetail ist gestiegen, der flüssige und großzügige Zoom begeistert, die Strategieansicht sorgt für Übersicht und die Soundkulisse überzeugt mit Orchesteraufnahmen und atmosphärischen Samples. Leider hat Firaxis an anderer Stelle geschlampt. Versucht man Civilization 5 mit einer Karte der Geforce 8000er-Serie im DirectX10-Modus zu starten, friert das Bild nach wenigen Sekunden ein. Ein Problem, mit dem allerdings auch Besitzer anderer Grafikkarten manchmal zu kämpfen haben. Einer der Gründe scheint, verfolgt man die offiziellen Foren, die Überhitzung der GPUs zu sein. Des weiteren können Ladeprobleme bei den Spielständen und gelegentliche Abstürze auftreten. Ärgerlich bei einem Spiel, in das man ansonsten über Tage und Wochen versinken kann, ohne seine Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken noch wahrzunehmen.
Auf einen Blick:
Pro:
- # leichterer Spieleinstieg
# komplexeres Truppenmanagement
# Stadtstaaten beeinflussen Spielmechanik
# Sozialpolitiken flexibler als Religionssystem
# geschickt taktierende KI
# atmosphärische Grafik
Contra:
- # seltene KI-Probleme
# gelegentliche Abstürze
Fazit
von Hauke Schweer
Mit Civilization 5 zeigt Firaxis Mut zum Fortschritt. Das Spielfeld ist nicht länger in Quadrate, sondern in Hexfelder eingeteilt, Einheitenstapel gehören der Vergangenheit an. Das bedeutet, dass sich zu dem seit eh und je vorhandenen Makromanagement einiges an Mikromanagement gesellt. Auf einmal ist es wichtig, welche Einheiten sich wo auf der Karte befinden und auch strategische Wachposten spielen eine bedeutsame Rolle. Die Stadtstaaten beeinflussen die Spielmechanik schon nach wenigen Spielminuten und die KI macht gewohnt Druck.
Leider trüben einige technische Probleme das nach wie vor süchtig machende Spielerlebnis. Doch schon im jetzigen Zustand ist Civilization 5 ein klarer Pflichtkauf für jeden, der auch nur geringfügig etwas für Strategie übrig hat. Bekommt man die Abstürze noch in den Griff, würde das sogar noch für eine Aufwertung sorgen.
spieletipps meint: Der Rundenklassiker, endlich mit den längst überfälligen Änderungen. Wer auch nur im Ansatz etwas für Strategie übrig hat, sollte zugreifen.
Wertung 91
Quelle:
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