Sehr viel wurde von anderen schon geschrieben, aber ich habe auch noch einiges zu schreiben:
c4-- hat geschrieben:Nun, es geht hier m.E. ziemlich sicher um das Verhalten, Heiden spielt man ja auch in Rome...
Ja und diese Heiden waren oft keinen Dreck besser, als die Wikinger. Inklusive dem "zivilisierten" Rom. Stichworte: Zirkusspiele oder Theateraufführungen in denen, falls in der Geschichte jemand starb, selbstverständlich auch real jemand sterben musste. Da wurde dann der Schauspieler einfach im letzten Moment durch einen Verbrecher ersetzt.
c4-- hat geschrieben:Die Wikinger waren jedoch nur der verwerfliche Teil der Skandinavischen Gesellschaften, ihre Angriffe waren unprovoziert, unerwidert und trafen beabsichtigt weiche Ziele; Gier war ihre Motivation, und es gab kein höheres Ideal.
In den meisten kriegerischen Handlungen in der Geschichte, egal welcher Art, ging es
nicht oder nur teilweise um ein höheres Ideal. Und gerade die verschiedenen Germanen- und Keltenstämme (inklusive Angelsachsen) waren
alle an Zustände gewöhnt, die durch ständige Kriege und Plünderungen bestimmt wurden. Die Wikinger sind da eher als normal zu betrachten, als als Ausnahme. Nicht umsonst war eines der wichtigsten "Exportgüter" der "Gallier" vor ihrer Unterwerfung Sklaven.
c4-- hat geschrieben:Das Plündern eines Klosters oder einer Kirche ist deswegen schlimmer als die Plünderung einer Siedlung, weil das Ziel in besonderer Weise friedlich und wehrlos ist und aus Sicht der Angegriffenen auch noch in besonderer Weise bedeutsam und heilig war.
Also wehrloser und friedlicher als ein Bauerndorf wohl kaum. Ausserdem habe ich in einem Buch über Karl Martell (den Grossvater von Karl dem Grossen) gelesen, dass die damaligen Mönche durchaus Waffen trugen und auch zu benutzen wussten. Da die Zeiten einfach zu gefährlich waren und da ging es nicht um die Wikinger. Es ging sogar um ein Kloster mitten im Gebiet der damaligen Franken. Also ging es eher um andere Christen als Gefahr, als um Heiden.
Ausserdem, waren gerade die Christen da
kein Vorbild, was das Achten Heiliger Stätten anderer Religionen anging. Missionare hatten fast immer nichts Eiligeres zu tun, als alle Heiligtümer und Symbole der Heiden zu vernichten. Oder im Falle von Tempeln wenigstens als Kirchen umzufunktionieren. Oft reichte schon der Vorwurf etwas könnte heidnisch sein um es zu vernichten. Ein Beispiel aus dem Mittelalter: Die Runen. Sie wurden als heidnisch verteufelt und "verbannt". Dabei war es bloss eine andere Schrift. Heidnisch war daran gar nichts.
c4-- hat geschrieben:Die klassischen Wikinger waren definitiv keine Christen, dafür waren sie zeitlich zu früh und für einen Christen wäre so ein Wikingerzug ein viel zu großes Sakrileg; die späteren, wo ja auch nicht mehr nur geplündert, sondern unter Feldherren und Königen um Land gekämpft wurde, könnten zu einem geringen Teil aus Christen bestanden haben, aber diese Züge hatten z.T. einen etwas anderen Charakter; aber auffällig ist, dass sich viele nach den erfolgreichen Zügen, um das eroberte Land behalten zu können, taufen ließen.
Ich teile oder übertreffe Slayers Bedenken gegen die Wikinger; Sarazenen und Kreuzritter waren aus moralischer Perspektive Waisenknaben gegen sie.
1. So ein Wikingerzug wäre für einen Christen ein viel zu grosses Sakrileg ? Und was ist mit den unzähligen Plünderungen durch Christen im Kolonialzeitalter ? Oder damit, dass gemäss Wikipedia (Ich weiss das ist keine verlässliche Quelle, aber in dem Fall habe ich keine bessere.) die Christlichen Königreiche in Spanien, um ihr Land einen Ring aus "verbrannter Erde" legten, in dem niemand mehr lebte, um sich vor den Muslimen zu schützen ? Und im Falle einer Erweiterung ihres Reiches gegen die Muslime die verwüsteten Landstriche einfach mit eigenen Leuten neu besiedelten und im weiter entfernt liegenden Gebiet erneut eine Grenze aus "verbrannter Erde" anlegten ?
Oder mit den Plünderungen während des Katharerkreuzzuges ?
2. Ich wüsste nichts davon, dass sich Wikinger nach der Eroberung neuen Landes automatisch taufen liessen, um ihr neu "erworbenes" Land behalten zu können. In erster Linie hing das nämlich von militärischer Macht ab. Die Angelsachsen versuchten durchaus dass Land zurückzuerobern und zwar auch nach Konvertierung der neuen Besitzer.
3. Sarazenen (Im Sinne von Muslimen, ein Volk der Sarazenen gab es ja nicht.) waren, im Gegensatz zu dem, was dein entsprechender Satz für mich aussagt, keineswegs besonders schlimm. Sie waren einfach eine Kriegspartei in vielen Kriegen. Unter dem Strich nicht schlimmer und auch nicht besser als ihre Gegner.
4. Was deine Aussage wegen den Kreuzrittern betrifft: Äh, Erster Kreuzzug, Eroberung von Jerusalem: Da haben sie, kaum hatten sie die Stadt eingenommen, alle Juden und Muslime unabhängig von Alter und Geschlecht umgebracht.
c4-- hat geschrieben:Christianisierung war ein langwieriger Prozess und es gab in Skandinavien noch im 11. Jh. Christenverfolgungen, aber hier geht es nicht um die Staaten, sondern um die Wikinger.
Das ist das erste Mal, dass ich von Christenverfolgungen in Skandinavien höre. Egal zu welcher Zeit. Ich sage nicht, dass es das nicht gegeben hat, aber ich habe noch nie etwas davon gehört.
c4-- hat geschrieben:Naja, Landraub finde ich jetzt nicht so viel besser als bloße Plünderung, aber ja, diese Wikinger wurden, wie auch jene in der Normandie, sesshaft, bekehrten sich zum Christentum und bildeten Reiche; doch wohlgemerkt hatten auch Leute wie Knut zuvor noch ihr blutiges Handwerk ausgeführt und Klöster ausgeraubt.
Zumindest irgendwann bekehrten sich wohl alle. Aber kaum sofort. Und mit dem Bilden von Reichen hat das schon gar nichts zu tun. Obgleich die gegenseitige Stützung von Kirche und Staat, die das Bilden eines stabilen Reiches natürlich begünstigt, m Christentum sehr lange zurückverfolgt werden kann. Ein Vorgehen das, aus meiner Sicht, alles andere als Segensreich gewirkt hat. Stichwort: Inquisition.
Und was den Landraub anbelangt: Die Wikinger haben da den Angelsachsen dasselbe angetan, wie diese den Romano-Briten als sie nach England kamen. Wobei es meines Wissens sogar Hinweise gibt, dass die Angelsachsen die männliche keltische Bevölkerung gezielt ausgerottet haben. Auch nicht gerade nett.
Und was Christliche Reiche und Länder da, gerade in der Kolonialzeit, aber nicht nur da, anderen angetan haben füllt problemlos unzählige Bücher. Ob Knut zuvor noch auf Plünderfahrt ging weiss ich nicht, aber er war noch sehr jung als er, das eigentlich geerbte, Reich England eroberte.
c4-- hat geschrieben:Nach damaligem Verständnis war ein Vergehen an Klerikern so ziemlich das schlimmste Sakrileg das es gab, jemand der das tat bzw. in seinem sozialen Umfeld tun konnte, der war auch äußerlich nicht als Christ akzeptiert. Man musste schon sehr weit weg vom Ort seiner Vergehen sein oder mächtig genug um Akzeptanz zu erzwingen.
Genau das gleiche Problem dürfte ein Wikinger gehabt haben, wenn er einen Priester seines eigene Glaubens tötete. Tötete hingegen ein Christ einen heidnischen Priester wurde er meist von anderen Christen eher noch als Held gefeiert. Und Heide kann durchaus auch ein Mitglied einer anderen christlichen Konfession bezeichnen. Sowohl Katholiken und Protestanten, als auch Katholiken und Orthodoxe et cetera haben sich oft genug gegenseitig als Heiden bezeichnet und sich deswegen die Köpfe eingeschlagen.
c4-- hat geschrieben:Nightslaver hat geschrieben:Ja warum wohl nur? Weil sie durch eine Taufe ihre Legitimität über die eroberten Länderein bestätigen lassen konnten, sich zum Christ taufen zu lassen war also nützlich, hieß aber halt nicht automatich das sie deshalb auch immer überzeugte Christen waren.
Genau.
Und wie viele Christen, deren Familien seit Generationen Christen waren, waren wohl ebenfalls nicht aus Überzeugung sondern aus anderen Gründen Christen ? Die Echtheit der christlichen Überzeugung darf meiner Meinung nach gerade bei vielen Mitgliedern der Oberschicht, inklusive Päpsten und anderen kirchlichen Würdenträgern, bezweifelt werden. Ganz abgesehen, davon, dass das Christentum damals gründlich anders verstanden wurde, als es heute in Europa meist verstanden wird. (Obendrein halte ich es für eine grobe Verallgemeinerung, dass die Wikinger, und seien es nur ihre Anführer, alle nur aus Opportunismus Christen wurden. Manche sicher. Aber ich nehme doch an, dass es auch solche gab, die aus Überzeugung Christen wurden.)
c4-- hat geschrieben:Und ja, wenn man die Wikinger mit den Venezianern des Vierten Kreuzzuges vergleicht oder mit so manchem Hunnenstamm, dann sind sie wohl nicht die einsame Spitze der Schlechtigkeit, aber vergleicht man sie mit einem „normalen“ Volk, Staat oder Reich, dann sind sie definitiv schlimmer!
Aber wohlgemerkt: Die Wikinger, nicht die Nordmänner als Ganzes...
Die Venezianer nur aufgrund des Vierten Keuzzuges zu verdammen finde ich jetzt auch etwas übertrieben. Wenn das schon reicht, ein einzelnes schlimmes Vergehen, kann man ziemlich sicher jedes Volk verdammen. Und was ist "normal" für ein Volk, einen Staat oder ein Reich ? Vielleicht würdest du die Spartaner oder Kastilien (spanisches Reich) auch als normal einordnen, aber was die an Greueltaten vollbracht haben ist garantiert mindestens so schlimm wie das, was die Wikinger taten. (Kastilien wurde, nach dem es unter anderem Aragon übernommen hatte, zu Spanien.)
Und auch wenn die Wikinger nur ein kleiner Teil der Skandinavischen Bevölkerung waren, waren diese Plünderer meines Wissens manchmal zugleich auch Bauern, also ein "normaler" Teil der Gesellschaft. Einen Teil des Jahres plündern, den Rest zu Hause auf dem Hof arbeiten.
Dragonlord1975 hat geschrieben:
Du hast in deinem Beitrag einige sehr wichtige Dinge geschrieben !