Die Töchter und Söhne von Tyros
Der Militärhafen Karthagos
Mehrere eckige Kanten umgaben die geschäftige Stadt Karthago. Schiffe aus Nah und Fern kreuzten die Hafeneinfahrt unter den wachsamen Blicken der Stadtwachen. Einige trugen die prächtigen Banner des Orients, mächtige Metropolen wie Alexandria, Athen oder Theben, andere die blassen Banner von minder mächtigen Städten oder zerlumpte Fetzen längst vergessener Handelshäuser. Früher als Junge tollte er an den Anlegestellen vorbei und fragte sich bei jedem Schiff, woher kommt es? Wohin segelt es? Welche fernen Orte hat dieses Holzgerippe schon gesehen? Welche Geschichten haben die Seemänner zu erzählen? Plötzlich unterbrach ein geflissentliches Räuspern den Sufet in seinen Gedanken:
Diener: Mein Herr, der Rat wartet.
Still folgte der Sufet seinen Diener zum Regierungsrat. Schnell schwillte das Gezeter der Kleingeister an;
Ratsmiglied (Militärfraktion): Wir müssen Söldner werben. Wir brauchen mehr Männer.
Ratsmitglied (Handelsfraktion): Nein, wir werfen dem Militär bereits viel zu viele Goldstücke nach. Genug ist Genug sage ich.
Ratsmitglied (Religionsfraktion): Nur wenn wir den Göttern in Demut opfern, werden wir siegreich sein.
Ratsmitglied (Zivilfraktion): Die Macht entgleitet uns!
Aus dem Hintergrund erhebt der Sufet mit lässigem Tonfall die Stimme: Macht? Was ist bitte schön Macht, mein lieber Mitbürger. Erlauben Sie mir diese ehrfürchtige Versammlung mit einen Gleichnis zu bereichern.
Nehmen wir an, in diesem Raum steht ein Söldner. Für wahr kein seltener Anblick in diesen heiligen Hallen. Er steht dort, inmitten unserer Reihen und zwischen den Fraktionen.
*Verduzt, teilweise misstrauisch, blicken Ihn die Räte dem Sufet an als dieser ausholt*
Dort steht wie immer der Wortführer der Religiösen und tönt mit tiefer Inbrunst:
„Töte Sie, Ich befehle es Dir im Namen der Götter.“
Der reiche wie fettleibige Händler steht auf:
„Töte Sie, und ich überhäufe Dich mit Gold.“
An Schluss erhebt sich der greise Sufet und spricht in ehrfurchtgebietenden Ton:
„Töte Sie, Dein Herrscher befiehlt es Dir.“
Nun, meine lieben Freunde, sagt mir, wer wird getötet, wer nicht und vor allem: Wo liegt die Macht?
*betretenes Schweigen*
Ratsmitglied (Zivilfraktion): Soll das eine Drohung sein, Sufet?
Sufet: Nein, das soll eine Mahnung sein. Die Macht ist dort, wo sie der Mensch sieht. Wenn ich dieses würdeloser Gezeter in diesem Rat sehe, bin ich froh, dass die Menschen dort draußen das nicht mit ansehen müssen. Denn hier würde niemand Macht sehen oder auch nur vermuten.
Nun kommen wir zu diesem Problem, mit dieser Stadt, wie war gleich noch ihr Name…
Ratsmiglied (Militärfraktion):Rom.