[AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

AAR u.a. zu Spielen der Total War Reihe

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Käptn Balu
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[AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 6. Dezember 2010 16:12

Vorwort

Vorwort


Aloha, liebe Gemeinde der Strategie Zone :strategie_zone_20:
Vor über 3 Jahren kam ich in die damals noch existierende TWZ, weil ich durch Zufall im Internet über einen richtig, richtig guten Byzanz-AAR gestoßen bin. Ich war einfach gefesselt von dem, was der Autor dieses Werkes da volbracht hat. Und sofort stand für mich fes, so etwas wollte ich auch unbedingt erschaffen. Ein Werk, welches gern gelesen werden würde, das anspruchsvolle Texte mit hochwertigen Bildern verband und das dennoch nah am Leser sein sollte durch das Schildern der Ereignisse aus mehreren Perspektiven, Einbringung der Emotionen der Charaktere, sowie das Abwägen, ob man die Handlung streng linear am Kampagnenverlauf fortlaufen lassen sollte oder doch immer mal wieder inne hält, um eigene Ideen einzubringen.
Ich versuchte dabei stets einen Mittelweg zu finden und dem Leser alles, was ich mir als Leser dieses AArs gewünscht hätte, einzubringen, um somit ein Gesamtkonstrkt zu schaffen, dass dem Mittelalter Leben einhaucht und den Leser eintauchen lässt in diese so faszinierende Epoche mit all ihren Facetten, ihren Extremen.
Was entstand war "Konstantinopel- Das neue Rom". Ein Werk, an dem ich über ein Jahr lang gearbeitet habe. Die Geschichte um die byzantinischen Kaiser des Mittelalters wurde schnell zu einem der am mesten gelesenen und am aufmerksamsten verfolgten AARs der TWZ.
Dann wurde dieses wunderbare Forum geschlossen. Ich hatte alle Texte gesichert und versuchte sie in die Startegie Zone zu einzufügen, damit mein Werk, was mit so sehr am Herzen lag, nicht in den weiten des Netzes verloren ging und sicher auch in der Hoffnung, weitere Leser zu erreichen, an der Geschichte zu erfreuen und selbige auch dazu zu ermuntern, ihren eigenen AAR zu verfassen.
Rückblickend muss ich sagen, dass es ein Fehler war. Ein großer Fehler.
Die Texte ließen sich nicht eins zu eins übertragen, viele Bilder gingen verloren. Frustriert brach ich den Versuch ab, mein Werk zu rekonstuieren und dieser Thread schlief ein. Ich würde gar soweit gehen zu sagen, dass er verkümmerte.
Mehr als 2 Jahre dümpelte das alles hier vor sich hin. Ohne das je etwas weiter geschrieben wurde, ohne, dass jemals etwas entstanden wäre, von dem ich hätte sagen können, dass es auch nur im Entferntesten leserlich sei.
Deshalb muss ich mich an dieser Stelle in erster Linie entschuldigen bei meiner einst treuen Leserschaft, bei den Moderatoren und bei allen AAR-Schreibern, denn so etwas wie das hier hatte das Forum schlichtweg nicht verdient.
Warum ich all das hier schreibe, werden sich einige scher fragen. Nun, für mich heißt es bald Abschied nehmen von diesem Forum. Die große, weite Welt ruft und der kleine Käptn will nicht nur auf Reisen gehen, sondern auch endlich Geld verdienen. Doch kann ich das hier einfach so vermodern lassen? Ein Werk, in das ich so viel Arbeit investiert habe? Für mich ist die Antwort schnell gefunden: Nein. Das bin ich mir und in erster Linie euch einfach schuldig. "Konstantinopel- Das neue Rom" war eine Herzensangelegenheit als ich als Newbe in der TWZ angefangen habe und "Konstantinopel- Das neue Rom" wird eine Herzensangelegenheit sein, wenn ich meinen Hut nehme und auf Wiedersehen sage.
Zeit fürs Lebewohl sagen ist der 1. Oktober diesen Jahres. Bis dahin, möchte ich dieses Werk vollendet sehen. Ein Werk, dass, so hoffe ich, wenig mit dem Vorgänger gemein hat, außer der Fraktion, die ich spielen werde. Ich hoffe, euch damit noch einmal eine Freude bereiten und endlich die Schuld begleichen zu können, die ich schon vielzu lange mit mir herum trage,
Spielen werde ich dieses Mal mit Regnum Coelis meiner Lieblingsmod für Medieval 2 auf ss/ss mit Byzanz (die, die mich kennen, werden sich sagen: "War ja klar, mit wem auch sonst?").
Ich hoffe, euch noch einmal unterhalten zu können.

Ach ja: Die Charaktere, ihre Ansichten und Eigenarten sind rein fiktiver Natur. Von einigen historischen Charakteren, die ich einbauen werde einmal abgesehen. Ich bitte euch daher, es mir nicht übel zu nehmen, wenn der ein oder andere Kaiser, Feldherr, Soldat, Bürger oder aber auch der Erzähler das Christentum propagiert, die Katholiken ebenso für Ungläubige hält wie die Muslime und auch schon mal seine Feinde, welcher Nationalität sie auch angehören mögen, verflucht. Diese Aussagen sind der Authentizität der Erzählung geschuldet und entsprechen in keinster Weise meinen eigenen Ansichten.

In diesem Sinne, wünsche ich euch beim Lesen viel Spaß.
Euer Balu


PS: Hier geht es zu den Kommentaren.

Liste der Kaiser

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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 6. Dezember 2010 16:37


Konstantinopel- Das neue Rom
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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 6. Dezember 2010 16:40

I. Prolog


Mai, 1453, Konstantinopel. Ruhe, unerträgliche Ruhe. Ich sitze hier im weitläufigen Garten meinem Palais nahe des goldenen Horns. Die Vögeln zwitschern in den Kirsch- und Apfelbäumen. Die Lufte ist geschwängert von wohlriechenden Düften. Wahrscheinlich demonstriert Paola, die Gattin des Philippos Konostaulos, der Besitzer des Palais, welches an das meine grenzt, soeben auf ein Neues ihre herausragenden Fähigkeiten als Köchin. Ein bis vor Kurzem noch unentdecktes Talent dieser bezaubernden Frau. Natürlich sind die beiden Adlige- sonst würden sie auch kaum in einem Palais hausen, noch dazu eines am goldenen Horn-, doch hat sich vieles geändert, in den letzten Tagen, Wochen, Monaten. Einst sagte mein Vater mir, dass man den Zustand eines Reiches am Zustand seiner Gesellschaft erkennen würde. Recht hatte er. Die Stadt liegt wie ausgestorben da. Niemanden zieht es mehr auf die Straßen- von den streunenden Katzen und Hunden einmal abgesehen. Die meisten, so auch die Bediensteten der Konostaulen, zog es fort. Oftmals schon, bevor sich der Ring um die Stadt schloss. Mit etwas Glück konnten auch jene, die zunächst abwarten wollten, ob der Sultan tatsächlich ernst machen würde, noch mit einem Schiff nach Italien entkommen, als der Ring um die Stadt schon geschlossen war.
Die wenigen, die blieben, ziehen sich mehr und mehr in den Kreis ihrer Liebsten zurück. Kaum einer verlässt noch das Haus. Die Foren sind leer, keine Menschenseele weit und breit. Ruhig treiben die Handelsäne unten am Horn auf den Wellen der See. Und beständig leuten die Glocken der Kirchen und Klöster zu jeder vollen Stunde, als würden sie dem Halbmond, der über der Stadt bald aufgehen würde, bis zum bitteren Ende trotzen wollen. Eine Vorstellung, die mir- ich kann es nicht leugnen- ein Lächeln abringt. Die Menschen dieser wunderbaren Stadt, der Perle des Mittelmeers, wie nicht nur ich sie nenne, bereiten sich auf das Unvermeidbare vor. Es stellt sich nicht länger die Frage, ob die Horden kommen, sondern nur noch, wann sie kommen.
Viele sind verängstigt, ratlos- man kann es ihnen nicht verübeln. Wie denn auch? Konstantinopel, die Stadt des Konstantin, die Stadt ihrer Väter und deren Väter, ihre Stadt, die so alt zu sein scheint wie die Zeit selbst, ist im Begriff, unterzugehen.
1123 Jahre lang trotzten ihre Mauern jeglichem Ansturm. Ob Perser, Araber oder Bulgaren. Sie alle kamen, sahen und wurden geschlagen. Der Sand der Zeit brachte sie an die Mauern und trug sie wieder hinfort, die Stadt jedoch blieb, trotzig, standhaft. Man kann über sie sagen, was man will, doch der Mythos, der Mythos Konstantinopels blieb. Ein Mythos der Unbesiegbarkeit, ein Mythos der Unzähmbarkeit und ein Mythos über einen Hauch Magie, gemischt mit der Mystik von Orient und Okzident. Das alles war Konstantinopel.
Doch der Zauber ist verflogen. Nur ganz selten, wenn man ganz genau hinhört, trägt der Wind hier und da noch etwas heran, was die Erinnerungen an die gute, alte Zeit lebendig hält. Ich will nicht lügen: Ich fristete mein ganzes Leben in einer Zeit, als das Reich bereits im Begriff war, unterzugehen. Doch blieb immer- ich kann nicht erklären, warum- dieser Hauch von Erhabenheit und Größe erhalten. Heute sind beide fort, ebenso, wie die Menschen, die ihn an die nächsten Generationen weitergaben. Ihren 1124. Geburtstag wird die Stadt sicher feiern, keine Frage. Doch wird dies nicht mehr unter dem Hoheitszeichen der Kaiser des römischen Reiches, des Basileia ton Romaion, geschehen. Die Feierlichkeiten werden nicht mehr mit Prozessionen in der größten Kirche der Christenheit gipfeln, sondern wahrscheinlich in irgendeiner Moschee, die auf den Trümmern der alten Stadt errichtet wurde.
Ich selbst werde diese Zeit wohl kaum noch erleben. Sicher, ich habe ein stattliches Alter erreicht, doch werden es nicht meine körperlichen Gebrechen sein, die mir eine Zukunft im neuen Konstantinopel ermöglichen werden. Vielmehr wird dies meine Stellung innerhalb des Reiches, wenn man es denn noch als solches bezeichnen darf- genaugenommen ist der beschämende Rest, der geblieben ist, wohl eher eine Ironie der Geschichte- mir ein längeres Leben vorenthalten. Mein Name ist Giovanni Barbarigo und ich bin einer der engsten Vertrauten und Berater des Kaisers. Als Sohn eines venezianischen Händlers schätzt man nicht nur meine Kontakte nach Italien, sondern auch die Fähigkeiten der Kommandantur der kaiserlichen Flotte, die, ebenso wie die Armee, nur noch auf dem Papier existiert. Mit fünf Galeeren gewinnt man keine Seeschlacht gegen 300 hochgerüstete Kriegsschiffe. Das hat wenig mit Pessimismus zu tun, wie man sicher verstehen wird.
Doch muss ich überrascht feststelllen, dass mein nahendes Ende mir keinerlei Schrecken einflößt, im Gegenteil. Die Gewissheit, endlich zu sein, hat etwas in mir bewegt. Ich schaue weniger auf die trostlose Gegenwart, als dass ich mich an die Tage meiner Kindheit oder Jugend erinnere. Rückblickend muss ich sagen, dass ich mit einem reinen Gewissen von dieser Welt entschwinden werde. Nie habe ich Entscheidungen getroffen, die meiner Persönlichkeit nützlich gewesen und meinen Männern von großem Schaden gewesen wären. Nie sah ich auf die Männer und, in meinem Hause, auch Frauen herab, die mir dienten. Stets habe ich sie für ihre Hingabe bewundert.
Doch möchte ich in diesen Zeilen nicht mein eigenes Leben resümieren, denn im Vergleich zu dem, was vor mir kam, ist es ein erschreckend bedeutungsloses Lichtlein- dem großen Leuchtturm inmitten der Finsternis.
Ich möchte der Nachwelt etwas hinterlassen, dass sie verstehen lässt, was sie die Stadt, Konstantinopel, ihre Menschen, das Reich und seine Kaiser besser verstehen lässt und sie als das sieht, was sie wirklich waren. Man könnte sagen, ich möchte den Generationen, die noch kommen werden, ein Vermächtnis hinterlassen. Es ist vermessen, zu sagen, das Vermächtnis Byzanz´ ließe sich auf ein einziges Werk zusammenfassen, doch zumindest einen Bruchteil dessen, was den Mythos ausmachte, möchte ich einfangen und weitergeben. Ein Tribut an das Reich, in dessen Namen Millionen und Abermillionen lebten und starben, die Geschichten der großen Kaiser und Feldherren, die die römischen Heere vom Nil bis an die Donau, vom Tiber bis an den Euphrat führten. Ebenso wie eben jene großen Männer sich in ihrer unendliche Gier schließlich dafür verantwortlich zeigten, dass das Reich dem Untergang geweiht war.
Um noch einmal auf meinen Vater zurückzukommen: Wenn der zustand eines Reiches, sich am Zustand seiner Gesellschaft messen lässt, dann ist das Reich der Römer schon lange im Begriff, unterzugehen.
Doch beginnen möchte ich meine Erzählungen vom neuen Rom mit einer weitaus rosigeren Zeit.
Zuletzt geändert von Käptn Balu am 7. Januar 2013 17:50, insgesamt 6-mal geändert.

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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 6. Dezember 2010 16:40



II. Ein Mann, genannt der Große


Allein, es sei gesagt, dass auch diese Geschichte- wie könnte es auch anders sein, wenn man vom römischen Reich spricht?- mit gewaltigem Blutvergießen beginnt.
Und das, obwohl gegen Ende des 3. Jahrhunderts Kaiser Diokletian mit seiner Idee der Tetrarchie, die vie gleichberechtigte Kaiser im römischen Reich vorsah, doch endlich den so lange ersehnten Frieden herbeiführen wollte. Das Reich war im Jahrhundert zuvor von Wirren und Kriegen erschüttert worden. Der einst unbezwingbar erscheinende Koloss begann zu wanken. Langsam wurde er von Hass, Gier und dem skrupellosen Streben nach Macht von innen heraus langsam, aber sicher ausgehölt. Im Nachhinein muss man sagen, dass die Tetrarchie eines der schlechtesten politischen Systeme überhaupt gewesen ist, so gut sie auch von Diokletian gemeint war. Sie scheiterte nach allen Regeln der Kunst. Das römische Reich konnte keine vier Kaiser haben. Ein Mann allein musste die Geschicke des Imperiums an sich reißen, ein Mann allein musste dem wankenden Riesen neues Leben einhauchen, um ihn wiederauferstehen zu lassen, auf dass er einer dunklen Welt erneut ein Lichtschein sein möge.
Und so begab es sich, dass im Jahre 306 des Herrn ein Mann zum Kaiser erhoben wurde, der den Lauf der Zeit ein für alle mal ändern sollte, der den Untergang der Zivilisation im Westen ebenso besiegeln sollte wie eine nie gekannte Blüte im Osten. Dieser Mann war es auch, welcher schließlich das Christentum zur Staatsreligion erheben und dessen Siegeszug um die bekannte Welt den Weg bereiten sollte. Sein Name ist wohl bekannt: Konstantin, genannt der Große.
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Und wahrlich, Konstantin war groß.
Ehrgeizig wie er war, stand für ihn schnell fest, dass er der einzige Kaiser sein durfte. Das Ergebnis war wieder einmal ein blutiger Bürgerkrieg. Es grenzt fast an Ironie, dass Diokletian mit seinem System der Tetrarchie durch das ständige Konkurrieren der einzelnen Machthaber genau das heraufbeschwor, was er doch eigentlich zu verhindern suchte.
Im Jahr 312 stand Konstantin vor den Toren Roms. Unmittelbar vor der Entscheidungsschlacht gegen seinen Widersacher Maxentius erschien dem Großen im Traum der Erlöser und wies ihn mit den Worten „in hoc signo vinces“- „In diesem Zeichen wirst du siegen“- an, das Zeichen des Herrn auf die Schilde seiner Soldaten zu malen. Konstantin führte daraufhin in der Schlacht das Labarum als Feldzeichen gegen den heidnischen Maxentius. Wie die Prophezeiung es vorhergesehen hatte, siegte Konstantin an der Milvischen Brücke. Maxentius ertrank jämmerlich im Tiber und sein Heer löste sich rasch auf. Das viel kleinere Heer des Konstantin hatte mit Hilfe des einzig wahren Gottes über die Horden der Ungläubigen triumphiert.
Ein Wendepunkt in der Geschichte des Reiches.
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Denn nun war sicher: Der Glaube an den einzig wahren Gott, seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus und den heiligen Geist war mächtiger als jener an die alten Rituale und Bräuche. Nur er könne das Reich nicht nur erhalten, sondern auch wieder erstarken lassen, in militärischer Hinsicht wie auch in sozialer und kultureller.
An jenem 28. Oktober schwang sich Konstantin zum Alleinherrscher im Westen auf. Seinem einstigen Freund und Augustus des Ostens, Licinius, misfiel der ständig wachsende Einfluss Konstantins zunehmend. Die Spannungen nahmen zu, bis ein offener Konflikt nicht mehr zu vermeiden waren. Im Frühsommer 324 trafen die beiden, jeweils über 100.000 Mann fassenden Heere, bei Adrianopel aufeinander. Licinius unterlag und flüchtete, wurde jedoch letztlich bei Chrysopolis endgültig geschlagen und kapitulierte. Obgleich Konstantin versprach, sein Leben zu schonen, ließ er seinen Widersacher 325, ebenso wie kurze Zeit später dessen Sohn, ermorden. Eine Tat, die die Größe dieses Mannes zweifellos schmälert.
Doch seine nächste Tat sollte dies in Vergessenheit geraten lassen. Konstantin entschied, seine Residenz in den Osten des Reiches zu verlagern, genauer gesagt in die alte griechische Handelskolonie, am Bosporus. Am 11. Mai 330 zog der Kaiser feierlich in sein „Nova Roma“ ein. Schon allein das spiegelt den Anspruch, den diese Stadt fortan an sich selbst stellte: Das „neue Rom“ zu sein, oder vielmehr sein zu wollen, bedeutete in jener Zeit, eben jenes zu überflügeln.
Und dies geschah alsbald. Strategisch günstig an den wichtigen Handelsrouten gelegen, verfielfachte sich die Bevölkerung binnen weniger Jahre.
Auf seinem Sterbebett ließ sich Konstantin von Eusebios von Nikomedeia taufen. Er steckte mitten in den Kriegsvorbereitungen für einen Feldzug gegen das sassanidische Perserreich, welches über viele Jahrhunderte zum großen Gegner der Römer werden sollte, als der „Große“ während des Pfingstfestes verstarb.
Bald darauf kam es erneut zum Bürgerkrieg, dieses Mal unter seinen Söhnen, welcher das Reich als Einheit weiter schwächen sollte.
Was blieb, war zweifellos die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion und die Schaffung des Mythos einer Stadt, die bald schon nach seinem Ableben seinen Namen tragen sollte. Aus Nova Roma wurde Konstantinopel.
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Zuletzt geändert von Käptn Balu am 7. Januar 2013 21:07, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 7. Januar 2013 17:54

III. Von Bürgerkriegen, Untergang und neuer Blüte


Die Zeit der Bürgerkriege sollte andauern, nach Konstantins Söhnen, bekämpften sich Constantius II. Und Julian, genannt „Apostata“, welcher versuchte, die alten Bräuche wieder aufleben zu lassen. Ohne Erfolg. Zwar rang Julian Constantius II. Nieder, doch verstarb er wenig später bei seinem berühmten Persienfeldzug. Erneut brach der Bürgerkrieg aus, als die beiden Brüder Valentinian und Valens nach Macht griffen, sie in Procopius, einem engen Vertrauten und Verandten Julians, allerdings einen mächtigen Gegner fanden. Dieser brachte binnen weniger Wochen ganz Griechenland, Thrakien, sowie den Westen Kleinasiens unter seine Kontrolle. Valens, der Augustus des Ostens, hatte alle Mühe, sich dieser Gefahr zu entledigen, insbesondere auch deswegen, da immer noch Krieg mit den Sassaniden herrschte. Schließlich gelang es ihm aber doch und auch an den östlichen Grenzen kehrte eine relative Ruhe ein. Ein gutes Jahrzehnt später jedoch war es mit der Ruhe erneut vorbei. Nach Streitigkeiten um Siedlungsgebiete plünderten die Goten den römischen Balkan. Valens trat ihnen mutig entgegen, erlitt jedoch 378 eine vernichtende Niederlage gegen die Mannen vom Germanenstamm. Wohlmöglich war diese Schlacht bereits ein Vorbote dessen, dass die bekannte Welt, die immerhin vier Jahrhunderte lang Ordnung rund um das Mare Nostrum brachte, bald eine eine Zeit nie dagewesener Veränderungen erleben würde.
Zuvor jedoch schaffte es Theodosius I. als letzter der Cäsaren, das Reich unter den Händen eines Mannes zu einen. Auch war er es, welcher das Christentum zur Staatsreligion machte. Als er 395 starb und das Reich unter seinen beiden Söhnen, Arcadius und Honorius, in Ost und West aufteilte, sollte dies eine Trennung für die Ewigkeit sein. Nie wieder sollte ein einzelner Mann über das gesamte Imperium herrschen.
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Die beiden Hälften entwickelten sich zunehmend auseinander und bald wurde klar, dass man dem Drang der Barbarenhorden nicht mehr länger würde standhalten können, denn das letzte Jahrhundert hatte einen hohen Blutzoll unter den Reichsbürgern gefordert. In den Bürgerkriegen ließen hunderttausende Römer ihr Leben. Bei Adrianopel ging mit Valens die letzte wirklich schlagkräftige römische Armee auf römischem Boden verloren. Die Eliten waren nach wie vor an der Ostgrenze gebunden, drohten doch ständig neue Einfälle der Sassaniden. So ist es dann auch kaum verwunderlich, dass die tapferen Römer im Westen dem Ansturm der Barbarenhorden entlang der Rheingrenze nicht länger standhalten konnen. Zahlreiche Stämme wanderten, auf der Flucht vor den gefürchteten Hunnen, gen Westen. 406 fiel die Grenze, die fast 400 Jahre unverändert blieb. Die Folgen waren katastrophal. Das Hinterland war entblößt, Honorius, immer noch Kaiser des Westens, hatte zudem mit einigen Ursupationen in Britannien oder Hispanien zu kämpfen. Die Katastrophe dann im Jahr 410: Die Goten plünderten Rom. Die ewige Stadt war ihren Schändern schutzlos ausgeliefert. Ohnmächtig sah man mit an, wie der Staat binnen kürzester Zeit kollabierte. Sicher, kurzzeitig konnte man Teile des alten Reichsgebiets zurückerobern- auch, indem man die Barbaren auf Reichsboden siedeln ließ-, doch war der Untergang nunmehr abzusehen.
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476 wurde schließlich der letzte Kaiser des Westens, Romulus Augustulus, abgesetzt. Lediglich der Ostteil des Reiches blieb von diesen Entwicklungen relativ unberührt. Denn anders als im lateinisch geprägten Westen, war der griechisch dominierte Osten in der Lage, die Wirtschaft intakt zu halten. Hier lagen die reichen Städte des Reiches mit Konstantinopel, Antiochia und Alexandria, ebenso wie die Kornkammer Ägypten gehalten werden konnte.
Während der Westen also unterging, erlebte der Osten eine neue Blüte. Man arrangierte sich mit den Barbarenkönigen im Westen und hielt den Frieden im Osten aufrecht. Die Städte und der Handel florierten, neue Formen der Kunst entstanden, insbesondere jene aus dem Feld der Religion, Kirchen ebenso gebaut wie Paläste, Rennbahnen und Arenen.
Während dieses goldenen Zeitalters bestieg ein Mann den Kaiserthron, welcher sich anschickte, die Welt erneut von Konstantinopel aus zu regieren. Sein Name war Justinian I..

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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 7. Januar 2013 20:22

IV. Justinian und die Restauratio Imperii


Am 1. August 527 bestieg er den Kaiserthron in Konstantinopel. Er war, das darf man wohl sagen, der größte aller Augusti in der Zeit nach dem Untergang des Westreichs. Justinian leitete eine neue Phase der Kriege ein. Im Westen gewann er gewaltige Teile des ursprünglichen Reiches für Konstantinopel zurück. Das Vandalenreich vernichtete er gänzlich. Die Gotenkriege in Italien zogen sich im Gegensatz zu den Kämpfen in Nordafrika jedoch hin. Vor allem auch dadurch, dass sich Justinian abermals den Sassaniden widmen musste, welchen es sogar gelang, das große Antiochia zu erobern und zu plündern.
Nur langsam und unter der Aufbringung größtmöglicher Ressourcen an Mensch und Material gelang es dem großen Kaiser, die Perser zurückzudrängen. In Italien errang sein General Belisar unter hohen Verlusten Sieg um Sieg. Der Krieg im Westen schien beendet. Als jedoch mit Totila ein neuer Mann den Thron der Goten bestieg, wandte sich das Glück von Belisar ab. Sicher auch, weil immer mehr Männer im Osten gebraucht wurden. Totila fiel 552 kurze Zeit später. Italien war wieder in römischer Hand. Ebenso wie der Großteil der Provinz Baetica im südlichen Hispanien. Nach einer kurzen Waffenruhe im Osten, die jedoch für die Entscheidung im Westen gesorgte hatte, entbrannte der Kampf mit den Sassaniden aufs Neue, erst 562 wurde dieser beendet.
Justinian erreichte die größte Ausdehnung des Reiches nach seiner endgültigen Teilung im Jahr 395, dessen Erweiterung, Erhaltung und später auch Rückeroberung Ziel eines jeden Nachfolgers auf dem Thron sein sollte: Die Restauratio Imperii.
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Neben den großen außenpolitischen Erfolgen, kam es im Reich auch zu einer kulturellen Blüte. Zahlreiche Bauwerke entstanden in Justinians Herrschaftszeit. Allen voran sei dabei natürlich die Hagia Sophia genannt, jene wunderbare Kirche, die bis heute die größte der Christenheit ist.
Doch hatte Justinian bisweilen auch mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen: So kam es 532 zum sogenannten Nika-Aufstand, den der Kaiser blutig niederschlagen ließ. 30.000 Menschen fanden den Tod. Noch schwerwiegender waren die Verluste im Zuge der sogenannten Justinianischen Pest von 541, welche ein Großteil der Bevölkerung zum Opfer fiel. Der große Kaiser selbst zog infolge dieser Schicksalsschläge- die Pest und der Tod seines Vertrauten Tribonian im Zuge selbiger, die Kriege und ein Erdbeben- eher zurück und widmete sich verstärkt theologischen Fragestellungen.
Als er 565 starb, hinterließ er seinen Nachfolgern ein gewaltiges Erbe: Ein riesiges Reich und großartige Bauten im ganzen Reich, allen voran in Konstantinopel, sind nur ein Bruchteil dessen, was man nunmehr zu verwalten, wenn nicht sogar zu übertreffen hatte, wollte man mit den wirklich großen Kaisern in einem Atemzug erwähnt werden. Und wahrlich, alle, die da kommen sollten, bemühtn sich, keiner vermochte es, Justinian zu übertreffen.
Auch, weil das Erbe nicht frei von Sorgenfalten auf den Häuptern der folgenden Generationen erstrahlen sollte. Die Kriege im Westen wie Osten waren teuer erkauft worden, die Grenzen, rückblickend betrachtet, maßlos überdehnt und die Bevölkerung durch Sünde am Worte Gottes, arg reduziert.
Der folgende und letzte Perserkrieg, sollte das Reich, wie man es kannte, an den Rand des Untergang bringen und letztlich den Horden der Araber Tür und Tor öffnen.
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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 7. Januar 2013 21:09

V. Herakleios und der Beginn eines neuen Zeitalters



Unter der Herrschaft von Herakleios schwand der alte Ruhm, der Nimbus der Unbesiegbarkeit, welcher das Reich seit so lange umgeben hatte. 603 begann der Anfang vom Ende für ein Staatengebilde, dass die Jahrhunderte überdauert hatte. Mit Chosraus II. stand dem Kaiser ein mehr als ebenbürtiger Mann gegenüber, um den letzten Akt, das große Finale im Kampf der Supermächte einzuleuten. Drei Jahrzehnte lang bekämpften sich Römer und Perser, drei Jahrzehnte lang ging es hin und her: Die Sassaniden drangen gar bis Konstantinopel vor, welches sie jedoch- Gott sei Dank- nicht erobern konnten. Der römische Koloss wankte, fiel jedoch nicht. Die Wende begann mit der großen Gegenoffensive des Kaisers im Jahr 624. In Armenien gelangen ihm einige Erfolge und Chosrau wurde sich bewusst, dass das Reich noch lange nicht geschlagen war, auch, wenn man in den Jahren zuvor Ägypten und Syrien annektiert hatte. Im Gegenteil. Herakleios rückte aus, um die Perser ein für alle Mal in die Schranken zu weisen. Im Dezember 627 schlug er sie bei Ninive in Mesopotamien, nahe der Hauptstadt Ktesiphon, entscheidend. Der erste Kreuzfahrer der Geschichte, denn das war der Kaiser, seitdem er während der Belagerung der Hauptstadt 626 den Krieg gegen Chosrau II. zum heiligen Krieg erklärt hatte, hatte triumphiert. Im Frieden von 630 wurde der Status Quo wiederhergestellt und im ganzen Abendland verbreitete sich die Kunde von Herakleios dem Persersieger. Während das Heilige Kreuz zurück in Besitz des Reiches wanderte, versank das einst mächtige Sassanidenreich in inneren Wirren.
Es schien, als könne nun endgültig Frieden einkehren im Basileia ton Romaion, doch sollte man sich schon bald eines Besseren belehrt wissen.
Unter Aufbringung aller Reserven waren die Perser zurückgeschlagen und vernichtet worden. Die Reserven des Reiches vollkommen erschöpft. Man kann es nur als Schande bezeichnen, dass dies eine Streitmacht der Araber ausnutzte, um im Namen eines neuen Gottes, den sie „Allah“ nannten, auszuziehen und auf römischem wie persischem Gebiet vorzudringen.
Trotz heldenhaftem Widerstand der Römer, waren diese letztlich doch zu ausgelaugt, um dem beständigen Drängen der Sarazenen zu widerstehen. 636 unterlag Herakleios in der Schlacht am Jarmuk. Die Araber hatten freie Bahn. 638 kapitulierte Jerusalem, 640 Caesarea Maritima. Alexandria konnte sich bis 642 halten. Niemand schien die Mannen, die im Namen des Propheten Mohammed in die Schlacht zogen, aufhalten zu können. Syrien und Ägypten gingen endgültig für Konstantinopel verloren, das Sassanidenreich wurde gar gänzlich erobert. In Armenien und Nordafrika fielen Stadt um Stadt. Die Ungläubigen trug es bis nach Hispanien und Gallien, wo ihr Siegeszug 732 bei Tours und Poitiers ein abruptes Ende fand. Bereits 698 war Karthago für das Reich verloren gegangen. Gleich zweimal wurde Konstantinopel belagert. Vergebens. Tapfer warf man sich dem Ansturm entgegen, siegte schließlich und sollte in den kommenden Jahrhunderten in der Lage sein, Kleinasien zu halten.
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Nachdem die Bedrohung durch die Araber gebannt war, verfiel das Reich in alte Marotten. Wie groß hätte der Triumph sein können, wenn sich die überaus fähigen Kaiser der makedonischen Dynastie nicht mit innenpolitischen Scharmützeln hätten herumquälen müssen, sondern gegen die Araber in die Offensive gegangen wären? Ich bin überzeugt, dass am heutigen Tage die Osmanen nicht im Begriff wären, dem Reich den Todesstoß zu versetzen.
Allein, soll nicht geklärt werden, was passiert wäre, wenn dieses oder jenes geschehen wäre, sondern lediglich dessen gedacht werden, was tatsächlich war.
Der Bilderstreit zwischen Ikonodulen, welche die Verehrung von Gottes- und Heiligenbildern propangierten, und den Ikonoklasten, die eben dieses verhindern und sämtliche Ikonen vernichten wollten, verschlang Gesellschaft und Kaiser gleichermaßen. Am Ende setzten sich die Ikonodulen durch, doch wurde offenbar, dass das Reich abermals die Augen vom Geschehen der Welt abgewandt hatte. Ein neuer Feind erhob sich im Norden: Die Bulgaren. Auf ein Neues wurden die Waffen erhoben, auf ein Neues sollten die Schreie der Verwundeten und der dem Tode geweihten, den Menschen die Nackenhaare zu Berge stehen lassen. Erst dem großen Basileios II. gelang es schließlich, die Gefahr zu bannen und die Bulgaren wieder ins reich einzugliedern. Mit ihm endete ein „Goldenes Zeitalter“. Hatte man die seit dem 7. Jahrhundert größte territoriale Ausdehnung und kulturelle Blüte erst einmal erreicht, begannen schwache Männer auf des Kaisers Thron gleich damit, alls das wieder zunichte zu machen. Gipfeln sollte der schleichende Verfall in der Schlacht von Mantzikert 1071, in der das Imperium entscheidend von den Türken geschlagen wurde. Ganz Kleinasien ging in den folgenden Jahren für die Kaiser verloren, wieder einmal kam es zum Bürgerkrieg.
In dieser von Wirren geprägten Zeit beginnt die Geschichte eines Mannes, der das Schicksal herausfordern und das Reich zu neuer Größe führen sollte. Ein Mann, der nicht vor Mord zurückschreckte, als er Nikephoros III. Botaneiates im Jahr 1081 stürzte, um die Zukunft des Reiches in Sicherheit zu wissen. Als er am 4. April im Jahre 1081 des Herrn von Kosmas I., Patriarch Konstantinopels, zum Kaiser gekrönt wurde, begann ein neues „Goldenes Zeitalter“ für das Reich, das es in den folgenden Jahrhunderten ein weiteres Mal zu Ruhm und Ehre, zu wahrer Größe bringen sollte.
Der Mann dieses Mannes?
Nun, er ging in die Geschichte ein als Alexios I., aus dem Hause Komnenos.
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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 11. Januar 2013 15:26



VI. Aller Anfang ist schwer


Keine drei Tage waren vergangen, seit Alexios Komnenos als Alexios I. feierlich in der Hauptstadt eingezogen und vom Patriarchen zum Kaiser gekrönt worden war, da widmete er sich in dem von ihn nun genutzten Blachernenpalast, nahe der Landmauer des Theodosius, den Arbeiten, die ihn als Kaiser fortan begleiten würden.
Unzählige Male tunkte er die Feder in den Behälter voll Tinte zu seiner Rechten, während er sich, spät abends über Stapel von Papier gebeugt, mit der zukünftigen Politik des Reiches beschäftigte. Ein schwacher Kerzenschein erhellte den ansonsten eher karg eingerichteten Raum. Lediglich ein massiver Sekretär, sowie ein Sessel, gepolstert mit feinster Seide und von einem geschwungenen Rahmen umfasst, säumten das neue Arbeitszimmer des Kaisers. Alexios war kein Mann der eindrucksvollen Gesten und Inszenierungen wie es viele seiner Vorgänger waren. Der Mann von der Schwarzmeerküste war eher spartanisch, ein Militär durch und durch. Für ihn waren nahezu sämtliche Errungenschaften der altrömischen Kultur lediglich Ausdruck des Niedergangs. Offensichtlich schien es ihm, dass das Reich nur deshalb am Randes des Abgrundes stand, da man in den vergangenen Jahrhunderten viel zu viel Zeit in ihm sinnlos erscheinende Debatten über die Auslegung der heiligen Schrift, bei Wagenrennen oder beim Bau immer pompöserer Bauten verschwendet hatte. Das Reich fußte für Alexios auf einer starken Streitmacht und einer starken Wirtschaft. Beide waren mehr als marode, als er Kaiser wurde.
Und so stand für ihn fest: Oberste Priorität hatte der Wiederaufbau der Wirtschaft. Im Anschluss würden aus den damit entstehenden Geldern neue Truppen angeworben und asgebildet werden. Da es nach Mantzikert an jungen Männern, insbesonderen aber tauglichen Pferden mangelte, würde man zunächst auf das Anheuern ausländischer Söldner angewiesen sein, welche die Staatskasse in nicht geringem Ausmaße belasten würden.
Doch wie sollte man die Wirtschaft ankurbeln? Nizäa und das umliegende Land war im vorangegangenen Jahr an die Sarazenen gefallen und mir ihr der letzte Außenposten römischer Zivilisation in Asien. Im Westen und Norden hatten sich Anhänger des gestürzten Nikephoros III. vom Reich losgesagt und leisteten offen Widerstand gegen die Herrschaft des Alexios. Sicher, man hätte sofort ausrücken und die Rebellen schlagen können, doch hätte dies bedeutet, das das Hinterland anfällig für eine Invasion seitens der sizilianischen Normannen gewesen wären, der mit Abstand größten Gefahr für Alexios zu jener Zeit.
Also: Was tun?
Alexios kam schnell zu dem Entschluss, dass er nicht gegen die Ursupatoren vorgehen würde. Im Zweifel hatte die Erhaltung des Verbliebenen Vorrang vor der Erschließung neuen Landes. Die Normannen, welche schon vor der Erhebung Alexios´ offen mit einer Invasion um Dyrrhachion drohten, mussten zwangsläufig abgewehrt werden. Erst, wenn diese Gefahr gebannt war, würde man selber in die Offensive gehen können gegen die Rebellen.
Der Wiederaufbau der Wirtschaft begann noch im Frühjahr 1081. Den Türken wurde Nikaia im Austausch für beträchtliche Mengen Gold und Silber abgerungen. Zudem beschloss man Handelsrechte zwischen den beiden Völkern. Um den Tribut entrichten zu können, wurden die Schatzkammern der Hauptstadt bis zum Letzten geplündert.
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Die Bevölkerung musste im darauffolgenden Winter Hunger leiden, doch sollte sich die Maßnahmen des Kaisers bereits im darauffolgenden Jahr auszahlen. Mit Nizäa hatte man die wichtigste Stadt im Westen Kleinasiens zurückgewonnen. Durch die Renovierung und der anschließenden Erweiterung der Hafenanlagen, konnten hier in den folgenden Jahren große Mengen an Handelsgütern umgeschlagen und nach Konstantinopel verschifft werden. Ähnlich lief es in die andere Richtung. Von Konstantinopel aus gelangen wertvolle Waren, wie etwa Seide, über die noch intakten alten Handelsrouten weit in den Osten. Der Legende nach erreichten die Karawanen der Händler gar das sagenumwobene China. Ob dies jedoch der Wahrheit entspricht, muss bezweifelt werden.
Allein, der Warenfluss stieg rapide an.
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Gleichzeitig wurden auch die antiken Hafenanlagen Thessalonikis, der wichtigsten Stadt im Westen des Reiches erneuert. Nunmehr das Dreieck Thessaloniki-Konstantinopel-Nikaia bildend, gelang es Alexios tatsächlich, die Wirtschaft anzutreiben. Allerdings geschah dieser Prozess auch auf Kosten der einfachen Bürger, welche hohe Steuersätze zu entrichten hatten und schnell wurde Alexios zum Inbegriff ihrer Not und ihres Elends und damit schließlich zum Objekt des allgemeinen Hasses. Bereits 1085 musste eine öffentliche Revolte gegen ihn niedergeschlagen werden.
In dem ersten Jahrzehnt seiner Herrschaft schloss er darüber hinaus, Verträge mit den Ungarn im Norden und den Venezianern im Westen. Er sicherte damit nicht nur seine eigene Macht, sondern auch den Erhalt des Reichsgebiets, wenn er auch im Gegenzug seine Ansprüche auf Bulgarien und Epirus aufgeben musste.
Ihm sollte es recht sein. Erobern würde er die Regionen sowieso nicht können. Dann sollten sich doch lieber potenzielle Feinde mit den Rebellen herumschlagen. Er erhoffte sich, dass somit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen würden. Insgeheim hoffte er gar auf eine Pattsituation, sodass weder Venezianer, noch Ungarn, noch Aufständische am Ende der Kämpfe in der Lage sein würden, eine ernsthafte Bedrohung für das Reich darzustellen und zum Teil sollten sich diese hoffnungen auch in späteren Jahren erfüllen.

In dieser Zeit fiel auch der die wichtige Hafenstadt Smyrna wieder an das Reich. Nach kurzer Belagerung hatten sich die Verteidiger den Truppen des reiches ergeben. Der Wiederaufbau ging stetig voran. Allerdings wurden abermals die Mittel knapp, sodass man sich entschloss einen Teil der kaiserlichen Marine aufzulösen, um die freiwerdenden Gelder, Rohstoffe und Manneskraft in die Erschließung neuer Märkte und neuen Ackerlandes zu reinvestieren. Mit Erfolg. Im Jahr 1090, neun Jahre, nachdem Alexios zum Kaiser gekrönt worden war, hatte sich die wirtschaftliche Lage einigermaßen stabilisiert. Gerade, als man sich anschickte, die neuen Mittel in die Aufrüstung der Armee zu stecken, erreichte die Hauptstadt die unheilvolle Kunde: Die Normannen waren auf dem Peloponnes gelandet und bereit, die große Feste Korinth zu nehmen.
Alexios zögerte keine Sekunde und befahl das Ausrücken der Truppen. Die Schlacht war unvermeidbar.
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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 14. Januar 2013 16:04

VII. Die Schlacht von Mylitene (Teil 1)


So schien es zumindest. Doch zur Überraschung des Kaisers und der gesamten Generalität, hatten sich die Normannen frühzeitig wieder zurückgezogen. Von der einst großen Armee, die Konstantinopel gemeldet wurde, war letztlich nicht mehr als ein paar jämmerliche Überreste geblieben. Vermutlich wurde der Trupp zurückgelassen, um die Gegend auszukundschaften. Warum das Gros der Normannen abgezogen war, sollte jedoch ein Rätsel bleiben.
In jedem Falle verstärkte es das Selbstbewusstsein des Kaisers- und des gemeinen Volkes. Dieses nämlich verfiel dem verfrühten Glauben, die Normannen- jene gefürchteten Krieger aus dem Norden, welche England und den Süden Italiens gleichermaßen überrannt hatten- hätten sich zurückgezogen. Ein Feind, von dem man glaubte, dass man ihm hoffnugslos unterlegen, ja ausgeliefert sei. Was also hatte König Roger zum Abzug seiner kriegserprobten Mannen veranlasst? Für die einfachen Leute war die Antwort klar: Furcht. Furcht vor der römischen Armee, vor der römischen Zivilisation. Ein Irrglaube, dem man nur allzu gern verfallen wollte in jenen entbehrungsreichen Jahren. Ein Irrglaube, der letztlich sicher zum Niedergang unseres geliebten Reiches geführt hat.
Es war der Glaube an die eigene Überlegenheit, an die eigene Unbesiegbarkeit. Das Reich mochte am Wanken sein, doch nichts und niemand konnte es gänzlich in die Knie zwingen.
Das Selbstbewusstsein des gemeinen Mannes wurde gestärkt. Aus einem gesteigerten Selbstbewusstsein wurden in den folgenden Jahrzehnten Arroganz. Aus Arroganz erwuchs Dekadenz. Und mit der Dekadenz begann der Verfall.
Welch Frevel. Wenn wir heute zurückblicken, müssen wir feststellen, dass man offensichtlich rein gar nichts aus den Fehlern der Ahnen gelernt hat. Mantzikert war noch nicht lange her und auch die Geschichten aus den Zeiten des Herakleios und seiner Nachfahren, welche ihrer Lande von den Arabern beraubt wurden wurden noch von Generation zu Generation weitergegeben. Man erzählte sich vom Untergang des Westreiches und sah auf jene Narren herab, welche sich auf Banketten Unmengen Wein hingaben und die Angelegenheiten des Staates vernachlässigte, ohne selbst zu ahnen, dass es um einen selbst kaum besser bestellt war. Welch Ironie des Schicksals.
Allein, die Normannen waren abgezogen und der Kaiser versuchte nun, die Beweggründe über deren überstürzte Flucht in Erfahrung zu bringen. Ebenso wie er die Gefahr erkannte, die da im eigenen Volke heranwuchs und die Grundfesten des Reiches langsam, aber doch stetig zu zersetzten drohte. Es sollte ihm nicht gelingen.
Im Gegenteil. Kurze Zeit später erreichte die Hauptstadt die Kunde vom Fall Mylitenes, der letzten Hochburg der Rebellen. Ebenfalls eine Überraschung für die Bewohner der Hauptstadt, galt die Garnison doch als schwerstens bewaffnet und ernstzunehmende Gefahr für die Kaisertreuen. Johannes, der Sohn des Alexios und Erbe der Kaiserkrone hatte einen glorreichen Sieg davon getragen, in jenen Sommertagen des Jahres 1095 Herrn...

„Herr, Herr, die Tore...sie öffnen sich!“
Der Bote war völlig außer Atem, als er die schweren Vorhänge des Zeltes zur Seite schlug, das Johannes Komnenos seit einigen Wochen sein Quartier nannte. Die Wachen hatten den nach Luft ringenden Mann nicht aufhalten können, stürzten nun aber mit gezückten Schwertern ins Zelt. Der Thronerbe winkte mit einer ausladenen Handbewegung ab. Johannes neigte den kopf ein wenig zur Seite und musterte den Mann, der da vor ihm stand. Dann erhob er sich von seinem Feldbett, auf dem er bis vor wenigen Augenblicken noch Gedanken verloren gesessen hatte, den Blick starr auf das Schwert zwischen seinen Händen gerichtet, während er es immer wieder am Knauf zu drehen begann.
Er wusste, dass der Kommandant der Rebellen früher oder später den Befehl zum Durchstoßen des Belagerungsringes gegeben hätte, blieb ihm doch nichts anderes übrig, nachdem die Mannen des Johannes den Belagerungsring um die Stadt gänzlich geschlossen hatten. Johannes hatte die Tage und Stunden gezählt, hatte sich den Tag des Kampfes herbeigesehnt. Doch nun, da er endlich gekommen war, war er doch überrascht- und erschrocken. Ihm stellten sich die Nackenhaare auf, er schluckte trocken und bebte am ganzen Körper.
Ja, so war es immer, dachte er. Diese Unruhe, die ihn überkam. Das nervöse Kribbeln auf der Haut, das Fühlen des sich ständig beschleunigenden Herzschlages in der Brust. Diese Ungewissheit, was wohl geschehen würde in den kommenden Stunden. In Johannes´ Stirn gruben sich tiefe Furchen. Er legte die Finger der rechten Hand an die Lippen, während er die linke hinter seinen Rücken hielt und bedächtig im Zelt auf und ab ging. Sein Blick war auf den staubigen Boden gerichtet. Er hatte darauf verzichtet, einen teuren Teppich im Inneren seiner Herberge ausrollen zu lassen. Allgemein war sein Quartier eher spärlich eingerichtet. Ein einfacher Tisch, auf dem unzählige Karten ausgerollt waren, stand in der Mitte des Zeltes. Die Karten zeigten Pläne der Stadt, der Verteidigungsanlagen einer jeden himmelsrichtung und das Umland von Mylitene. Auf dem Tisch befand sich zudem eine Laterne, deren Licht und Wärme spendende Kerze zur Hälfte hinuntergebrannt war. Jetzt, zur Mittagszeit, brannte sie selbstredend nicht, doch in den vergangenen Wochen war sie für die Lagebesprechung mit seinen Offizieren zu späte Stunde oft unerlässlich gewesen. Rechts neben dem Sekretär befand sich das Feldbett, auf dem Johannes bis eben gesessen hatte. Den hinteren Teil des Zeltes füllten einige übereinandergestapelte Kiste aus. Darin befanden sich die Rüstung und die Waffen des zukünftigen Kaisers. Außerdem gab es noch eine Kiste, in der Johannes eine Ansammlung von Werken berühmter Dichter und Chronisten aufbewahrte. Der Erbe war ein schon seit frühester Kindheit interessiert an den Wissenschaften, inbesondere an der der Mathematik und der Astronomie gewesen. Er bewunderte Männer wie Pythagoras oder die berühmten Sternengucker von Babylon. Auch die Texte von Cicero oder Platon nannte er stolz sein eigen, auch, wenn er des Lateinischen nicht mächtig war und es schwer war, an griechische Übersetzungen zu kommen. Im vorderen Teil des Zeltes befanden sich lediglich zwei Hocker. Johannes legte keinen großen Wert auf den gemeinen imperialen Prunk. Er war schließlich in erster Linie Soldat und Feldherr.
Der Bote wartete, den Oberkörper immer noch vorn übergebeugt, auf eine Antwort seines Herrn. Johannes hielt in der Bewegung hinne und nickte wie um sich selbst zu bestätigen mit dem Kopf.
„Nun denn, Philippos, dann eile rasch zu den Zelten des Theodoros und des Isaakios. Sie sollen ihre Männer kampfbereit machen. Es ist bereits alles bereitet worden. Sie müssen deshalb nicht noch einmal hierher kommen, um die Lage zu erschließen. Das würde nur unnötig Zeit kosten. Sag ihnen, sie sollen sich auf den Anhöhen vor den Lagern sammeln und den Angriff dort erwarten. Niemand darf sich aus der Formation lösen, ehe das Signal ertönt. Hast du verstanden? Niemand! Unsere Position ist unser größter Vorteil. Wenn wir sie aufgeben, ist unser Untergang gewiss. Und nun rasch, Philippos. Überbringe ihnen die Nachricht!“
Der Bote nickte und eilte wieder hinaus. Johannes ging an den Kartentisch und stützte sich mit den Armen auf die Kanten des Sekretärs. Er ließ die Augen noch einmal über alles schweifen, was dort so hoffnungslos verstreut vor ihm ausgebreitet lag. Dann atmete er tief ein und aus. Er spürte, wie sein Herzschlag sich velangsamte und eine tiefe Ruhe in ergriff. Er schloss seine Augen. Als er sie wieder öffnete, spannten sich seine Muskeln und mit einem Ruck stieß er sich vom Tisch ab. Ernst zwang er sich in seine Rüstung nahm sein Schwet aus der Kiste im hinteren Teil des Zeltes. Dann schlug er die Vorhänge beiseite und trat ins grelle Tageslicht. Er blinzelte und hielt sich die Hand vor die Augen. Als sich sein Blick klärte, überblickte er von einem Hügel aus das Lager. Überall liefen Männer umher und riefen wild durcheinander. Vor ihnen lag die Ebene, aus der sich etwa eineinhalb Meilen entfernt die Mauern der Stadt erhoben, die es zu erobern galt. Eine Wache brachte ihm ein weißes Pferd heran.
„Mein Herr.“
„Danke Evangelos.“ Johannes nickte der Wache zu. Er schwang sich in den Sattel und sagte mehr zu sich selbst, als zu Evangelos: „Dann beginnt es also.“ Er setzte sich den Helm auf, den er bisher unter dem Arm getragen hatte und blickte gen Himmel...
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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 19. April 2013 00:54

VIII. Die Schlacht von Mylitene (Teil 2)


Philippos saß neben seinem Freund Menander auf einem Holzstumpf, rund um ein kleines Feuer, über dem ein Eintopf langsam vor sich hin köchelte. Die Sonne stand hoch am Horizont, keine Wolke war zu sehen. Es war ein wundervoller Tag. Die Stimmung der Männer, die sich um das Feuerchen, dessen Glut ihren rötlich schimmernden Glanz im einen Moment zu verlieren schien, nur um kurz darauf vom Wind gepeitscht hell aufzuleuchten, versammelt hatten, war gelöst. Man lachte und erzählte sich die großen Geschichten der Vergangenheit, alte Mythen und natürlich den neuesten Klatsch der Hauptstadt. Angeblich sollte Anna Komnena, die wunderschöne Tochter des Kaisers bald an einen hochrangigen Offizier verheiratet werden, um sich so dessen Treue zu versichern. Doch schien es, als habe Anna einen heomlichen Liebhaber, was ihrem betagten Versprochenen so gar nicht gefallen dürfte. Doch wer wollte es ihr verübeln? Ein Mädchen, kaum erwachsen, sollte einem alten, greisen Manne anvertraut werden, von dem nicht einmal sicher war, dass er den nächsten Winter überleben würde. Jedenfalls, so gab Konstantinos, der Mann, der Philippos gegenüber saß, gerade wild gestikulierend zu verstehen, soll der Kaiser Anna damit gedroht haben, sie in ein Kloster zu verbannen, wenn sie sich ihrem Verehrer nicht schleunigst entsage oder die Eheschließung mit ihrem späteren Gatten gar verweigere.
„Ein Skandal sondergleichen wäre das! Jawohl! Das Balg wurde in des Kaisers- Gott möge ihn schützen- Familie geboren, um ihm und damit dem Reich zu dienen. Sieht sie denn nicht, dass es hier um größere Dinge geht, als um ihre egoistischen Interessen? Unfassbar!“
Konstantinos ereiferte sich geradezu. Philippos zog eine Grimasse. Es war weithin bekannt, dass der Wehrbauer aus Nikomedia als großer Bewunderer des Kaisers galt und bereit war, ihn und das Reich mit Leib und Seele zu beschützen, doch kam Philippos nicht umher, dem hochgewachsenen Mann mit kurzem braunem Haar und Vollbart zu widersprechen.
„Konstantinos, das Mädchen ist ein Kind. Willst du ihr es allen Ernstes verübeln, dass sie nicht mit einem alten Greis ihr Bett teilen will? Würdest du deinen Kindern derartiges zumuten?
„Das ist nicht dasselbe, Philippos. Ich...“
„Du würdest es dir nie verzeihen, sollte deine Irene einen Mann ehelichen, von dem es nicht sicher ist, dass er in ihrem Beisein seinen Mann stehen könnte.“ Philippos lachte. „Stell dir vor: Irene und der Tattergreis. Sein Krückstock würde eher in der Lage sein, ein Kind zu zeugen, denn sein ureigener.“ Philippos erhob sich, nahm sein Schwert, welches zu seiner rechten an ein Zelt angelehnt war und ahmte einen gebrechlichen Greis nach: Vornübergebeugt, die eine Hand auf dem Rücken, das Schwert als Stütze. „Komm her, Kind, Zeit für unsere Hochzeitsnacht. Hilfst du mir die Treppen hinauf?“ Lautes Gelächter unter den Männern. Einige hieben sich auf die Schenkel, hatten gar Tränen in den Augen. Auch Konstantinos´ Gesicht umspielte ein Lächeln. Doch gerade als er etwas erwieder wollte, durchdrang ein tiefer Ton eines Horns das Lager. Das Gelächter erstarb jäh. Die Männer sahen einander ungläubig an. Ihre Augen weiteten sich. Konnte das wirklich sein? Noch einmal dieser markdurchdringende Ton. Einige zuckten zusammen. Im ganzen Lager kam Hektik auf. Männer liefen scheinbar ziellos umher, riefen wild durcheinander. Offiziere ritten auf ihren Pferden kreuz und quer über die Lagerpfade und brüllten irgendwelche Befehle.
Philippos war tief in sich gekehrt. Er wusste, was die plötzliche Unruhe zu bedeuten hatte: Die Schlacht stand unmittelbar bevor. Die Mylitener mussten ihre sicheren Mauern verlassen haben und kamen nun auf das Lager zu marschiert. Sicher, man hatte die Stadt von der Umgebung gänzlich abgeschnitten, selbst die Wasserwege gekappt, doch mit einem Ausfall hatten die wenigsten wirklich gerechnet. Der Tag, auf den er und sein Freund Menander in den Kasernen Nizäas zwei Jahre lang hingearbeitet hatten, auf den sie sich vorbereitet hatten, war also gekommen. Er warf Menander einen Blick zu. Dieser nickte ernst. Rasch erhoben sie sich wie auch die anderen Mannen, die noch vor wenigen Augenblicken am Feuer das Schicksal der Tochter des Kaisers diskutiert hatten. Die Runde stob auseinander, jeder eilte in sein Zelt und warf sich Kettenhemd und Helm, ehe man sich in seinen Kompanien einfand.
Zehn Minuten später war Ruhe eingekehrt im Lager. Mehr noch, eine Totenstille hatte sich über die Soldaten gelegt, die nun in Reih und Glied, Schild an Schild, Schwert an Schwert aneinander vor den kargen Befestigungen des Lagers standen, welches ihnen die letzten Wochen die Einbildung eines gwissen Schutzes vor dem, was da kommen sollte, geboten hatte. Nun aber, in Angesicht der Streitmacht, die da auf sie zu marschierte, wurde allen klar, dass ein Sieg mehr als Ungewiss schien. Philippos schluckte trocken, als er der Übermacht entgegen starrte.
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„Es wird alles gut werden, Philippos“, sagte Menander, als er die Anspannung seines Freundes bemerkte. Philippos wandte den Kopf nach links und versuchte sich an einem Lächeln, dass mehr einer Grimasse ähnelte. „Was meinst du, wie viele sind es?“
„Schwer zu sagen, definitiv mehr als wir. Vielleicht sieben oder acht Tausend.“
„Worauf haben wir uns da nur eingelassen, Menander?“
„Das ist der Krieg, mein Freund. Wir wussten, was uns erwarten würde, als wir uns in Nizäa haben einschreiben lassen für den Militärdienst.“
Hatten sie das wirklich? Bei Menander schien die Antwort klar, doch war Philippos sich dessen bewusst gewesen, als er frohen Mutes seinen Daumen auf das Papier drückte, dass er nicht einmal lesen konnte, um fortan in der Armee zu dienen? Furcht kam in ihm auf. Was, wenn er Nizäa nie mehr wiedersehen würde? Nie mehr durch die wundervollen Gärten der Stadt schlendern könnte? Was, wenn dieser Tag der letzte seines noch jungen Lebens sein würde? Philippos hatte keine Familie, keine Frau, keine Kinder. Und dennoch fand er einen nie dagewesenen Schwermut in seinem Inneren vor. Das war nicht das berauschende Gefühl, dass in den alten Geschichten den Weg in die Schlacht begleitete.
„Vertraue auf dein Können...und Gott“, fügte Menander hinzu. Philippos schreckte aus seinen Geanken auf. „Was?“, fragte er entrückt.
„Vertraue auf dein Können, deine Fertigkeiten, die du gelernt hast in den letzten Jahren. Schärfe deine Sinne, konzentriere dich nur auf den Feind, der dort drüben anmarschiert kommt. Fixiere ihn. Dein Blick muss ihm den eigentlichen Tod schon vorweg nehmen.“ Konstantinos lachte auf. Doch auch seine Stimme schien einer gewissen Nervosität anheim gefallen zu sein. Fürchtete auch er den Tod? Philippos konnte sich das kaum vorstellen. Das Dröhnen von einem Dutzend Hörnern unterbrach seine Gedanken. Wilde Schreie bahnten sich ihren Weg über die Ebene zu ihnen hinüber. Staubwolken erhoben sich und verdunkelten den klaren Himmel.
„Nehmt eure Stellungen ein! Haltet stand! Haltet stand! Gott ist mit uns! Zeigt diesen Ursupatoren, was es heißt, sich der Macht des Reiches Konstantins, der Macht des Alexios zu entsagen! Schickt sie dahin zurück, woher sie gekommen sind: Zu Mutter Erde! Haltet stand!“ Der General ritt vor ihnen auf und ab. Schweißperlen hatten sich auf seine Stirn gelegt. Der Büschel auf dem Helm sienes Pferdes bauschte sich im Wind auf.
Haltet stand....die Worte blieben in Philippos Kopf. Ja, sie würden stand halten. Es ging um das Reich, um ihr eigenes Überleben. Sie würden stand halten und am Abend durch die Stand marschieren, sich weiden an ihrem Sieg. Ruhm und Ehre würde sie finden. Glanz und Gloria für das Imperium. Er atmete tief durch, fixierte den Mann der ihm am nächsten war. Wild schrie Philippos seinem Gegenüber entgegen, jener tat es ihm gleich. Dann ein Aufprall, dass es Philippos alle Luft aus den Lungen presste.
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Ihm wurde kurz schwarz vor Augen, sein Hintermann hatte durch seinen Schild verhindert, dass es Philippos umgeworfen hatte. Er schüttelte sich, dann sah er den Mann zu seinen Füßen liegen, der eben noch gegen seinen Schild gerammt war. Anders als sie, hatten die Mylitener keine Formation eingenommen, die die Ordnung in ihren Reihen beim Aufprall bewahren würde. Philippos überlegte nicht lange und hieb dem Mann sein Schwert in den Leib, Ein Gurgeln, dann Stille. Der nächste Gegner schmiss sich auf Philippos, doch der fing den wilden Schlag mit einem Hammer geschickt durch seinen Schild ab. Er hatte das Gefühl die Knochen in seinem Arm würden bersten, als der ruck endlich nachlies. Mit einem Schrei stieß er den Mann mit dem Schild weg, ehe er ihn mit seinem Schwert den Hals durchbohrte. Blut spratzte ihm ins Gesicht, er wendete sich ab und wurde sogleich für seine Unaufmerksamkeit bestraft. Ein neuer Gegner hatte sich auf ihn gestürzt und war drauf und dran seine Deckung zu durchbrechen, als der Versuch plötzlich erstarb. Überrascht blickte Philippos, der gerade noch um sein Leben gefürchtet hatte, auf. Menander stand vor ihm, hatte den Mann niedergestreckt. „Bleib wachsam, Mein Freund!“
Ehe Philippos etwas eriwdern konnte, war Menander mit wildem Geschrei in den aufziehenden Rauchschwaden des Schlachtfeldes verschwunden.
Philippos hörte ein Surren in der Luft. „In Deckung!“, brüllte jemand hinter ihm. Ohne lang darüber nachzudenken, duckte sich Philippos unter seinen Schild. Keine Sekunde später bohrten sich die Pfeile in den Schutz aus Holz und Eisen. Der Schaft eines Geschosses hatte den Schild durchschlagen und bohrte sich nun in Philippos´ Schulter. Er schrie auf vor Schmerz. Sein Arm wurde taub. Dann ein Schlag auf seinen Kopf und es wurde schwarz um ihn.
Philippos erwachte. Die Rauchschwaden waren nahezu undurchdringlich geworden. Er versuchte aufzustehen, stützte sich auf den Arm und brach unter höllischen Schmerzen wieder zusammen. Er begutachtete seine malträtierte Schulter. Das Blut rann aus der Wunde, die er Pfeil hinterlassen hatte. Er zog sich einen seiner Lederhandschuhe aus, nahm ihn in den Mund und biss darauf. Das Geschoss musste raus, es musste raus. Dann zog er. Er spürte, wie der Knochen berstete. Sein Schrei erstarb im Leder zwischen seinen Kiefern. Alles drehte sich um ihn, die Adern an seiner Schläfe pumpten unaufhörlich das Blut in seinen Kopf. Er erhob sich, versuchte wegzukommen von diesem unsäglichen Ort und fiel gleich wieder zu Boden. Er übergab sich. Er wischte sich über den Mund, spuckte aus. Zu seiner rechten ertatsete er ein Schwert. Als er den Blick darauf richtete, musste er jedoch erkennen, dass es der abgetrennte Arm eines Mannes war. Er versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Unmöglich. Die Nebel lichteten sich und er konnte das ganze Ausmaß der Schlacht erkennen: Überall Tote, vereinzelt wurde noch gekämpft.
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Die Sonne hing nur noch leicht über dem Horizont. Wie lange er wohl bewusstlos gewesen war? Philippos schlurfte über das Schlachtfeld, in Richtugn des Lagers. Als er es erreichte rannten Männer in Eile umher, wie am Morgen, als der Befehl zum Ausrücken kam. Für Philippos schienen Jahre dazwischen zu liegen. Das Letzte, woran er siche rinnern konnte, war Menander gewesen, der ihm Mut zugesprochen hatte und dann im Nebel verschwunden war. Und dann? Er richtete den Blick auf die Stadt, über der nun das kaiserliche Banner im Wind flatterte. Sie hatten also den Sieg davongetragen, doch zu welchem Preis? Menander, er musste Menander finden.
Es dunkelte bereits, als er das Zelt des Freundes erreichte. Er schlug die Plane beiseite von Menander keine Spur. Er sackte zusammen. Sein Bewusstsein verdunkelte sich. Er spürte noch, wie er aufgehoben wurde, wie ein Mann etwas zu ihm sprach.
„Das wird schon wieder.“
„Menander?“, flüsterte Philippos, doch keine Reaktion. Dann ergriff die völlige Dunkelheit von ihm Besitz.
Er erwachte auf einer Pritsche. Als sein Blick sich klärte, erkannte er, dass er in einem Lazarett war. Zu seinen Füßen saß Konstantinos.
„Ach, wieder unter den Lebenden?“ Der hochgewachsene Braune lächelte. Es fiel ihm sichtbar schwer. Er war vom Kampf gezeichnet. Ein Schwert hatte ihm den Oberarm von der Schulter bis zum Ellenbogen aufgerissen. Die Wunde war nur notdürftig mit einem weißen Laken versorgt worden.
Philipos nickte kaum merklich.
„Sehr gut. Hab´ dich gefunden in unserem Zelt. Sahst nicht gut aus, muss ich gestehen.“ Er lachte auf. „Der Arzt sagt, wird schon wieder. Musst dich nur ausruhen. Hätte schlimmer kommen können“, sagte er und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
„Menander?“, fragte Philippos schwach. Konstantinos´ Blick richtete sich auf den Boden, dann schüttelte er den Kopf.
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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 1. Mai 2013 16:54

IX. Ein eigenwilliger General


Nach der blutigen Einnahme von Mylitene machte sich eine Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung wie im Palast breit. Viele hatten um ihre Männer und Söhne gefürchtet, nun aber, da Johannes dem Reich diesen so großen Sieg bereitet hatte und man Kunde erhielt von den Soldaten jenseits des Bosporus, wich die Anspannung aus den Menschen und man lachte und scherzte wieder. Nur vereinzelt trübte das Wehklagen derer, die ihre Liebsten von Mylitene für immer verloren hatten, die allgemeiner Heiterkeit. Allein, die Verluste waren hoch gewesen. Doch waren unter den Toten weniger Römer, als vielmehr ausländische Söldner gewesen, die die Trauer der Bevölkerung nicht erwarten konnten, sodass der Sieg als großer Triumph dargestellt wurde. Johannes selbst war schnell in aller Munde und die ersten schickten sich an, die Heldentaten des Erben in Geschichten weiterzugeben.
Ein Ereignis vermochte das Hochgefühl der Menschen dann jedoch zu trüben: Die Kunde, dass der Papst zu einem heiligen Krieg gegen die heiligen Stätten und Jerusalem selbst aufgerufen hatte, einem Kreuzzug. Alexios wirkte überrascht, als er die Kunde vernahm, dass sich Zehntausende, ja Hunderttausende dem Ruf des Papstes folgend aufmachten gen Osten. Zwar hatte er diese Völkerwanderung selbst initiiert, als er Ende 1095 den Pontifex konsultierte und ihn bat, Byzanz bei der Rückeroberung seiner verloren gegangenen Gebiete in Asien zu helfen, doch konnte mit der Resonanz, die der Aufruf des Papstes, der am 27. November 1095 in Clermont in die Welt hinausschallte, nun wahrhaftig niemand rechnen.
Wenige Monate nach der Synode von Clermont machten sich über Einhunderttausend- meist unbewaffnete- Menschen daran, die Grenzen zum Reich zu überschreiten. Diese Heerscharen waren keine Soldaten. Es waren einfache Leute, die oftmals mitsamt Frau, Kindern und Vieh Hals über Kopf aufgebrochen waren, um sich im Orient ihre Sünden vergeben zu lassen. Auf ihrem Weg nach Konstantinopel hinterließen sie eine Spur der Verwüstung. Furcht überkam die Bevölkerung. Würden diese Wilden die Stadt überschwemmen? Was würde aus der ohnehin kärglichen Ernte? Würde man Hunger leiden müssen? Würde das eigene Gehöft zerstört werden?
Alexios wusste um die berechtigten Sorgen seiner Untertanen. Dementsprechend war er darum bemüht, die Marodeure schnellstmöglich nach Asien überzusetzen. Als sie fort waren, atmete man erleichtert auf. Kurze Zeit später erreichte die Kunde den Kaiserhof, der Zug wäre von den Seldschuken im Landesinneren erbarmungslos niedergemacht worden. Alexios konnte darüber nur den Kopf schütteln. Hatte man wirklich geglaubt, Jerusalem mit Mistgabeln und Eseln einnehmen zu können?
Als sich das Jahr dem Ende neigte erreichte eine weitere ungeheuerliche Nachricht die Hauptstadt. Theotokios Olaskos, der Statthalter von Thessaloniki, den man insgeheim als Liebhaber der Kaisertochter Anna Komnena vermutete, hatte Dyrrhachion an der Adria für das Reich zurückerobert. Das Volk brach abermals in Jubel aus, doch der Autokrator schäumte vor Wut. Olaskos hatte durch seine eigenwillige Tat, die offenbar nichts als den eigenen Ruhm vermehren sollte, unweigerlich eine Reaktion Venedigs provoziert. Epirus mitsamt Dyrrhachion war den Kaufmännern aus der Lagunenstadt versporchen worden im Gegenzug für ihre Unterstützung im Kampf gegen die Normannen Siziliens. Nun aber, da der General die Stadt im Handstreich genommen hatte, würden diese Abkommen nichts mehr wert sein und die Beziehungen zwischen Doge und Kaiser sich merklich verschlechtern. Die Antwort des Dogen ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Kurz vor Weihnachten erreichte eine Depesche den Blachernenpalast:


Seid gegrüßt, Alexios, Kaiser der Griechen.
Mit Sorge vernahmen wir die Eroberung von Epirus mitsamt der Hauptstadt Durazzo durch Eure Mannen. Mit Verlaub, wir wollen euch an unsere Abmachungen erinnern, welche uns die Stadt und erhebliche Handelsprivilegien im gerechten Tausch für unsere Unterstützung im Kampfe gegen jene Marodeure aus Süditalien zusprachen.
Wir hielten den unsrigen Teil des Paktes, während Ihr an der Erfüllung des Eurigen Parts offenbar keinerlei Interesse zu hegen pflegt. Vielleicht mag der Inhalt des Vertrags Euren Truppen nicht zugetragen worden sein, doch möchten wir dies stark bezweifeln, ist seit dem Abschluss doch schon ein knappes Jahrzehnt ins Land gegangen.
Wir erwarten eine rasche Erklärung Eurerseits, Alexios. Wir wünschen die Übergabe der Stadt durch den Oberbefehlshaber der Truppen, die Durazzo nahmen und seinen damit einhergehenden Gang in venezianische Gefangenschaft. Er wird seine gerechte Strafe erhalten, unabhängig davon, ob er nun in Eurem Wissen gehandelt hat oder nicht.
Des Weiteren fordern wir- als gerechte Entschädigung- die Ausweitung der Privilegien venezianischer Kaufmannen in Konstantinopel. Konkret heißt das, dass so eben genannte das Monopol auf den Salzhandel zwischen Schwarzem und Mittelmeer erhalten sollen und dass ihre Geschäfte von sämtlichen zu erhebenden Zöllen befreit werden.
Sollte einer der genannten Punkte nicht erfüllt werden, sehen unseren Pakt als hinfällig an und verweigern Euch die weitere Unterstützung durch Menschen und Material. Auch würden wir uns weitere Schritte in Zukunft vorbehalten.

In der Hoffnung auf ein rasches Einlenken Eurerseits, um unsere Differenzen beizulegen
Vitale I. Michiel
Doge di Venezia



Alexios legte die Stirn in Falten, nachdem er die Depesche gelesen hatte. Er wusste, was dies bedeutete. Venedig drohte dem Reich mit Krieg, sollte man Epirus nicht zurückgeben. Doch wer mochte es ihnen verübeln? Er selbst hätte vermutlich ebenso gehandelt. Doch waren die Forderungen der Serenissima unannehmbar für den Kaiser. Sein Rückhalt bei Adel und Volk wäre endgültig verloren. Eine rechtmäßig dem Reich zugehörige Provinz ohne Kampf aufgeben? Das konnte er nicht. Es würde als Verrat am eigenen Reiche angesehen. Er würde eine derartige Entscheidung vermutlich nicht länger als eine Woche überleben. Zudem wurde Olaskos als Held gefeiert, als der Mann, der für Konstantinopel den für den Handel wichtigen Zugang zur Adria zurückerlangt hatte. Zudem war Dyrrhachion das Sprungbrett nach Italien. Wenn man die Stadt nun preisgab, wäre eine Vergeltung für die Barbarei der Normannen vermutlich vergebens und auch Bari und das umliegende Land im Süden Italiens wäre auf unabsehbare Zeit verloren. Dann kam noch die Ausweitung der Privilegien mitsamt der Monopolstellung für die Händler der Lagunenstadt hinzu. Der Handel, der einen Großteil zum Aufschwung der Wirtschaft beisteuerte würde massiv erlahmen.
Nein, die Forderungen des Dogen war unannehmbar für Alexios, soviel war sicher. Und wenn er damit eine offene Auseinandersetzung mit den Venezianern riskieren musste, so war es das wert, wenngleich er um die Aussichtslosigkeit für das Reich für jenen Fall wusste, war die kaiserliche Marine der stolzen Flotte der Italiener doch hoffnungslos unterlegen.
Er wusste nicht um die Reaktion des Dogen auf sein Antwortschreiben, dass an Neujahr die Hauptstadt verlies, doch wusste er um die eigene im Bezug auf Olaskos. Anfang 1097 schickte er ein Schreiben nach Dyrrhachion, dass den Feldherren mit sofortiger Wirkung seiner Ämter enthob, was den Oberbefehl über die an der Adria verweilenden Truppen ebenso einschloss wie die Statthalterschaft über die Provinz Makedonien und Thessalonikis. Er wurde „gebeten“, sich fortan der überaus „ehrenhaften“ Aufgabe zu widmen, ein Auge auf die Verwaltung der zahlreichen Klöster auf dem heiligen Berg Athos zu werfen. Dies war jedoch gleichbedeutend mit dem Exil und man kann sich Olaskos´ Reaktion auf das Schreiben des Kaisers nur allzu gut vorstellen. Doch hatte ihm sein unüberlegter Alleingang immerhin nicht das Leben gekostet, wie es bei manch anderem Feldherren in der Vergangenheit der Fall gewesen war.
Das Volk nahm die de facto Verbannung von Olaskos positiv zur Kenntnis. Man erachtete seine Aufgabe auf dem Berg Athos in der Tat für mehr als ehrenhaft und seiner für angemessen. Was konnte schon von höherer Bedeutung sein als der Dienst am Allmächtigen? Wie naiv die Menschen doch sein konnten.
Allein, der Adel- und damit die Generalität- verstand das Exempel des Kaisers. Man würde sich fortan zweimal überlegen, ob man ohne sein Einverständnis handeln würde, wenngleich der Hass einiger weniger die Furcht doch zu überragen schien.

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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 17. Mai 2013 21:50

X. Ein folgenreiches Bündnis


Der Winter kam und ging. Im Gegensatz zu früheren Jahren jedoch, waren die Kornspeicher der Hauptstadt prall gefüllt und kein Bürger Konstantinopel, noch des restlichen Reiches musste Hunger leiden. Der Herr hatte es gut mit den Römern gemeint.
Dieser Eindruck schien sich im neuen Jahr zu bestätigen, als am Aschermittwoch bekannt wurde, dass der Thronerbe, Johannes Komnenos, noch in diesem Jahr die Tochter des Salier-Kaisers Heinrich IV, Agnes, ehelichen würde. Eine Sensation möchte man fast meinen angesichts der eher feindlichen Beziehungen zwischen den beiden Großmächten. Ein politischer Coup, der nicht nur schnell zum Stadtgespräch wurde. In ganz Europa löste er gleichermaßen Verwunderung wie Entsetzen aus. Denn was würde ein solches Arrangement bedeuten? Wenn sich die beiden wohl größten Militärmächte des Abendlandes, das riesige Reich der Teutonen, von den rauen Küsten der Nordsee im Norden bis zu den sanften Hügeln der Toskana im Süden, und das ganz offensichtlich wiedererstarkende Kaisertum von Byzanz sich auf diese Art und Weise verbinden würden? Den Nachbarn der beiden musste es gleichwohl eiskalt den Rücken heruntergelaufen sein. Allen voran seien hier die Normannen Süditaliens und die reiche Handelsstadt Venedig genannt. Die Normannen waren Heinrich IV. wohl schon ebenso lange ein Dorn im Auge wie seinem Pondon Alexios im Osten. Venedig hatte sich mit seiner an Zynismus grenzenden Politik in Sachen Handel in den letzten Jahren wohl selbst in diese heikle Lage gebracht. Denn nicht nur forderte man Privilegien am Bosporus für sich ein, auch sollte Venedig als alleiniger Umschlagplatz für Waren aus dem Orient im katholischen Westen dienen. Ein Affront gegenüber den anderen aufstrebenden Stadtstaaten Norditaliens wie etwa Genua oder Pisa. Beide waren de iure Teil des Königreichs Italien und damit Heinrich verpflichtet. Da der Salier also mit Einnahmen aus den Republiken rechnen konnte, mit denen er seine eigenen Ländereien auszubauen und, sofern er es denn in die Militärmaschinerie steckte, zu erweitern gedachte, lag es auf der Hand, dass er kein Interesse daran haben konnte, die Monopolstellung Venedigs weiterhin anzuerkennen. Die Verluste Pisas und Genuas waren gleichwohl seine eigenen.
Also hatte er den Venezianern schon in den vorangegangenen Jahren immer wieder mit Sanktionen gedroht. Diese wiederum protestierten daraufhin in Rom und baten die Päpste in guter Regelmäßigkeit um ihre Unterstützung. Jene halfen bereitwillig, hatten sie doch die häretischen Absichten des Kaisers vor seinem berühmten Gang nach Canossa nicht vergessen, ebenso wie Heinrich nicht seiner Demütigung durch den apostolischen Stuhl vergessen hatte. Es entwickelte sich also ein Katz- und Maus-Spiel zwischen den Venezianern auf der einen und Heinrich auf der anderen Seite: Heinrich drohte mit Repressalien, Venedig legte Protest bei den Nachfolgern Petris ein und diese stellten dem Kaiser ein Ultimatum Dieser hütete sich natürlich, die Macht der Kurie noch einmal herauszufordern und so ließ er wieder und wieder von seinen Drohungen ab, ehe das Laub der Bäume herniedergegangen war und die Welt in ihren tiefen Winterschlaf verfiel. Wenn jedoch der Frühling nahte, so konnte man davon ausgehen, dass die nächste Runde im sich ewig wiederholenden Spiel zwischen Speyer und Venedig anstand.
Bis zu diesem verhängnisvollen Aschermittwoch des Jahres 1098 des Herrn. Das Bündnis, welches in Wien geschmiedet worden war, schien den Ausbruch aus dem Kreislauf möglich zu machen. Und während man sich am Bosporus und jenseits der Alpen genüsslich die Hände rieb, gerieten die Herren Italiens wohl in bloße Panik. Unter ihnen auch der Bischof von Rom. Denn das Bündnis bedeutete nicht nur eine Gefahr für die weltlichen Fürsten Italiens, sondern auch für das geistliche Oberhaupt der westlichen Hemisphäre. Nunmehr, da die Byzantiner die Ufer der Adria erreicht hatten und die Alemannen ohnehin alles Land bis Florenz ihr Eigen nannten, war auch der heilige Stuhl in unmittelbare Schlagdistanz geraten. Alleine würde Heinrich niemals gegen den Papst zu Felde ziehen und sich für die erlittenen Demütigungen rächen, doch nun, da sich ein mächtiger Verbündeter im Osten gefunden hatte, mit dessen Unterstützung sicher zu rechnen war, wenn man sich der Folgen des großen Schismas von 1054 bewusst war, veränderte sich das Kräftegleichgewicht auf der Halbinsel ganz eindeutig zu Ungunsten der Päpste und seiner „Lämmchen“.
Eiligst sandte er Boten nach Süden an den Hofe Roger I., König der Normannen, sowie in den Dogenpalast Vitale Michiels I. Ein Bündnis sollte geschlossen worden, das Italien im Kampf gegen die offensichtlich feindlichen Mächte vor Schlimmerem bewahren sollte. Allein, der Versuch war vergebens. Venedig und die Normannen Süditaliens hatten sich jahrelang bekämpft. De iure waren sie noch immer im Krieg, auch wenn ihre letzte Schlacht bereits 1096 geschlagen worden war und in einem Patt endete. Nein, für beide Parteien kam eine Versöhnung nicht infrage. Und dann ließ der Brief seiner Heiligkeit auch noch die Frage ungeklärt, wer denn eigentlich dieses neue Bündnis führen sollte. Derjenige etwa, den man für den größten Feind des eigenen Volkes erachtete? Niemals.
Urban II. Schäumte vor Wut als er die Ablehnungen aus Nord und Süd erhielt. Er schwor sich, niemals wieder seine schützenden Hände über diese schwarzen Schafe zu halten. Folglich war Italien so zerstritten wie je und Heinrich wie auch Alexios konnten sich sicher sein, dass sie bei einem etwaigen Vorgehen gegen die ein oder andere Macht freie Hand haben würden- von ihrem Verbündeten ebenso wie von den Mittelstaaten des Stiefels.
An Pfingsten 1098, dem 15. Mai, kam es in der Hagia Sophia zur Eheschließung zwischen Johannes und Agnes, die fortan, in byzantinischer Tradition, den Namen Irene annahm und später als große Kaiserin in die Geschichte eingehen sollte. Doch dies soll eine Geschichte für ein andern Mal sein.
Jedenfalls begab es sich, dass unter den Scharen von Schaulustigen aus Nah und Fern auch ein einfacher Kaufmann aus Venedig war, der einmal als Begründer jenes einflussreichen Beratergeschlechts in die Annalen der Geschichte eingehen sollte, dem auch ich heute angehöre. Sein Name? Emilio Barbarigo.
Zuletzt geändert von Käptn Balu am 23. Mai 2013 14:12, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 22. Mai 2013 20:30

XI. Der Bericht eines Reisenden


[…] Ein sanfter Windzug durchfuhr die Straße den Hügel hinunter. Mir fröstelte leicht. Beide Seiten der Allee, gemeinhin als Mese bekannt, die alte Prachtstraße, waren prächtg mit allerlei Fahnen, Standarten, Bändern und dem Wappen der Kaiserfamilie geschmückt. Jener doppelköpfige schwarze Adler auf gelbem Grund. Die Reichsinsignien, Zepter und Apfel, in den Fängen. Die Massen tummelten sich die Straße entlang. Vom goldenen Tor dort unten in der Stadt bis hinauf zur Hagia Sophia, entlang des Hippodroms, öffentlichen Bädern und einigen kleinere Foren. Es schien, als sei ganz Konstantinopel auf den Beinen, um dem Festakt, der unmittelbar bevorstand, beizuwohnen. Und doch ward jedem Beobachter, ob nun Einheimischem oder ausländischem Beobachter wie ich einer war klar, dass nur ein Bruchteil der Bevölkerung sich überhaupt zu beiden Seite der Mese tummeln konnte.
Und da war es wieder. Dieses Gefühl, Teil einer uralten, nimmer endenden Geschichte zu sein. Millionen von Menschen hatte das „Neue Rom“ kommen und gehen sehen, hatte große Triumphe und schmerzliche Niederlagen miterlebt. Allein, Kontinuität bot allein die Stadt selbst und das wofür sie stand: Die Macht der Kaiser, die Macht eines Reiches, dass eigentlich längst vergangen schien; ja nur noch als fernes Rauschen einer anderen Zeit wahrzunehmen war. So zumindest musste es all jenen Abendländlern vorkommen, wenn Reisende über jene Stadt am Bosporus berichteten. Denn wie konnte es eine Stadt geben, deren Herrscher nicht mehr viel weiter als bis zum Marmarameer im Osten und den Bergkämmen Makedoniens im Westen herrschten, die dennoch alles in Orient wie Okzident übertreffen konnte? Sicher, damals als das Reich groß war, alles Land von der Donau im Norden bis zum Nil im Süden, von Epirus im Westen bis Syrien im Osten beherrschte, musste es eine solche Stadt gegeben haben. Doch lag all das nicht in Trümmern? Waren nicht einzig Ruinen geblieben, als stille Zeugen vom einstigen Ruhm? Hatten nicht Perser, Araber, Chasaren und andere hinweggefegt jenen Pomp, jene Pracht der Perle des Mittelmeers?
Nunmehr, da ich selbst die Stadt bereiste, wurde ich eines Besseren belehrt und konnte nur einfallen in den Chor jener Reisenden, die in der Heimat belächelt wurden als Narren, verschrien waren als Träumer. Sicher, die Stadt lag, gemessen an dem , was einst gewesen sein musste, danieder. Ganze Viertel und Bezirke waren wenig mehr als baufälliger Schutt, der nur deshalb noch nicht entfernt wurde, da die finanziellen Mittel fehlten. Und trotzdem beflügelte der Anblick, als ich mich von der See aus dem goldenen Horn näherte, die Morgensonne sich vom Horizont abzuzeichnen begann und die zahllosen Türmen, Säulen und Kirchen in ihr wärmendes Licht tauchte, meine Fantasie. So weit mein Blick reichte erstreckte sich die Stadt. Gewaltige Mauern begrenzten sie im Westen wie zu der See hin gewandten Seite im Osten. Und dann erblickten meine von der beschwerlichen Reise müden Augen jene riesige Arena und den sakralen Kuppelbau dort auf einem der sieben Hügel thronen. Und ich fragte mich: „Wer in Gottes Namen vermochte etwas derartiges zu erschaffen? Trotz des offensichtlichen Niedergangs der Stadt übertrumpfte sie alles, was westliche Baumeister sich in ihren kühnsten Träumen hätten ausmalen können.
Diese ureigene mystisch religiöse Aura Konstantinopels erfasste meinen Geist und als ich wenig später die engen Gassen von Galata durchwanderte, war auch ich ein Teil derer geworden, die man in Venezia als Träumer brandmarkte […].
[…] Und so richtete ich den Blick auf die Prozession, die dort von Südosten den Hügel hinaufkam. Ich wusste, dass der Zug vom Hippodrom zur Hagia Sophia ziehen würde, wo dann die Trauung stattfinden würde. Ein Platz in der Arena zu ergattern, war ein Ding der Unmöglichkeit, als Ausländer ohnehin. Zwar fasste sie trotz ihrer Baufälligkeit noch immer rund 50.000 Besucher, doch wurden diese schon unter den Einheimischen aufs schärfste ausgefochten und mir als Venezianer hätte man wohl schon am Eingang nahegelegt, doch besser umzukehren. Dies mochte zwar mitunter der Tatsache geschuldet sein, dass die Lagunenbewohner bei den Griechen gemeinhin verhasst waren, ob ihrer Monopole im Handel, doch galt die Regelung für alle Auswärtigen, sofern sie nicht hohe Würdenträger waren und somit eine Sondererlaubnis des Kaisers persönlich eingeholt hatten. Allein, wer mochte es ihnen verübeln? Es war ihr Thronfolger, ihr Cäsar, der heute den Bund der Ehe eingehen würde mit der - sofern mir diese Bemerkung gestattet ist – überaus ansehnlichen Agnes Salier, der Tochter Heinrichs IV., dem Kaiser der Tedesci.
Nun, jedenfalls hatte ich mir einen der weniger attraktiven, dafür nicht minder umkämpften Plätze zwischen Hagia Sophia und Hippodrom gesichert. Die Arkaden zu beiden Seiten der Straße spendeten wohltuend Schatten an einem außergewöhnlich heißen Augusttag und obschon der Enge inmitten der Massen fühlte ich mich wie im Idyll hier hoch oben über der Stadt.
Allein der Zug kam immer näher. Voraus gingen mehrere Geistliche, welche eine riesige, kreuzförmige Monstranz vor sich her trugen. Sie schien aus purem Gold zu sein und funkelte im Licht der Mittagssonne vor sich hin. Es schienen alles ranghohe Würdenträger im Dienste der Kirche zu sein, denn anders waren ihre prachtvollen Gewänder in den verschiedensten Farben nicht zu erklären. Vermutlich waren es die Bischöfe der verschiedenen Gemeinden in Konstantinopel. Jeder Bezirk der Stadt hatte einen eigenen. Dahinter kamen verschiedene Abteilungen der Kavallerie, die Pferde allesamt prachtvoll geschmückt. Die in die Luft gerichteten Lanzen zierten bunte Fahnen und Wimpel. Vermutlich waren dies die „Unsterblichen“, die kaiserlichen Leibwachen, von denen es hieß, dass es nicht möglich war, sie im Kampfe zu bezwingen. Und dann war er an der Reihe. Der Thronfolger, der Cäsar, der Erbe des Reiches. Gezogen von einem sechsgliedrigen Gespann von schneeweißen Pferden stand er auf einem Streitwagen und winkte in die Menge. Johannes Komnenos, der Mann der einst Kaiser sein würde. Er trug, wohl der Tradition geschuldet, einen vergoldeten Brustpanzer. Darunter ein purpurnes Gewand aus feinster Seide. Seine Stiefel waren wie das Gewand unter der Rüstung scharlachrot, der Umhang um seine Schultern in dunklem violett gehalten. Sein Haupt zierte ein kleines Diadem. Wie er da so stand strahlte der Mann Würde in jeder Form aus. Und dennoch war sein Blick stets wachsam, huschte hin und her und beobachtete das Geschehen um ihn herum ganz genau. Die Züge waren hart und sonnengegerbt. Man erkannte sofort, dass Johannes wie sein Vater in erster Linie Soldat und dann Staatsmann war. Doch war da auch noch etwas anderes. Etwas, was ihn nicht nur als den Feldherrn erscheinen ließ, der die Rebellen binnen weniger Jahre vollends erschlagen hatte. Etwas, was ich nicht in Worte zu fassen vermag. Vielleicht waren es seine ruhelosen Augen, die obschon ihrer Hast von ungemeiner Bildung, aber – und es überrascht mich selbst, dies an dieser Stelle so zu umschreiben – auch ein Sanftmut, den man dieser Person, die dort auf ihrem Wagen thronte vermutlich so nicht zugeschrieben hätte[...]
[…] Mir war es gelungen in den Sakralbau zu gelangen, vorbei an den zahllosen Wachen, die die Eingänge säumten. Und nun stand ich da, inmitten der zahllosen Duxe und Fürste, Herzögen und Patrikii, Feldherren und Adel. Johannes stand vorn am Hochamt, vor ihm der greise Patriarch Nikolaos III. Gramattikos, dem man hohen Einfluss auf die Kaiserfamilie nachsagte, in Erwartung seiner Braut. Und dann dröhnten die Glocken, dass es mich bis aufs Mark durchfuhr. Die Gesellschaft erhob sich und blickte in Richtung Eingang. Und da kam sie, die Alemannin, die der Herr Gott mit solch betörender Schönheit gesegnet hatte. Ganz in weiß gekleidet, einen fast durchsichtigen Schleier vor dem Gesicht tragend ebenso wie hinter sich herziehend, schritt sie, einen Brautstrauß n Händen bedächtig auf den Altar zu. Als sie dort anlangte, wurde die Eheschließung von Nikolaos III. vollzogen. Mein Blick schweifte über die Reihen und ich meine den Kaiser selbst in der ersten Bank gesehen zu haben. Frenetischer Jubel unterbrach meine Gedanken. Aus den Nischen traten Männer, die in ihre Fanfaren bliesen. Johannes und Agnes, die nunmehr Irene hieß, standen zur Gesellschaft gewandt und hielen ihre Hände umschlossen. Dann reckten sie sie in die Höhe. Rosenblüten regneten von der Decke.

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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 9. Juni 2013 12:46

XII. Ursache und Wirkung


Doch was bedeutete diese Heirat von 1098 wirklich?
Für Emilio Barbarigo bedeutete sie, dass er blieb. Er hatte sich in die Stadt verliebt, wie man seinen Zeilen deutlich entnehmen kann. In den folgenden Jahren etablierte er ein kleines Kaufmannsgeschäft in Galata. Er handelte mit allem, doch besonders das Salz und die Gewürze aus Indien hatten es ihm angetan. Sicherlich durch das venezianische Blut, welches in seinen Adern floss, vom Schicksal begünstigt, verstand er es, seinen Einfluss schnell auszudehnen. Bereits Anfang 1101 übernahm er verschiedene Webereien im Westen der Stadt. Im Herbst des Jahres 1104, nunmehr 32 Jahre alt, stieg er in das lukrative Geschäft mit den Seidengewändern ein, für die Konstantinopel berühmt war. Kurz darauf nahm er die Einheimische Sophia zur Frau, deren Bruder als Patrikios am Hofe des Kaisers lebte. Seinen Aufzeichnungen ist zu entnehmen, dass er die Frau wahrlich über alles geliebt haben muss. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor, ein Knabe und drei Mädchen. Emilio selbst wurde in den folgenden Jahrzehnten immer öfter zum Kaiser gebeten, um ihn in wirtschaftlichen Fragen zu beraten. Und nicht zuletzt war er es, der für die kommende Erfolgsgeschichte mit verantwortlich war. Er legte dem Kaiser beispielsweise nahe, die Monopolstellungen Venedigs endgültig per Lex, per Gesetz, aufzuheben und sandte über neu erworbene Gebiete in Kleinasien und auf der Krim Händler in das weit entfernte China, immer der legendären Seidenstraße folgend. Doch dazu später mehr.
Allein, Emilio Barbarigo war, als er 1132 starb, einer der einflussreichsten Männer zu Hofe geworden. Der Name der Familie, aus der er und seine Nachkommen entstammten, sollte fortan im Einklang mit den Geschicken des Reiches stehen wie kaum ein zweiter. Das Schicksal hatte die Barbarigi mit dem Reich zusammengeführt, ihre Wege miteinander verwoben.
Für Konstantinopel bedeutete die Eheschließung von Johannes und Agnes Salier eine weitere Zunahme an politischem Gewicht, welches man in den folgenden Jahren auch verstand zur Geltung zu bringen.
Für Venedig, Ungarn, Papst und Normannen war sie, wie bereits erwähnt, eine Provokation und sondergleichen.
Doch was bedeutete sie für das Brautpaar selbst? Nun, es heißt, die beiden haben sich wahrlich geliebt. 1101 gebar Irene ihr erstes Kind. Es ein Mädchen mit Namen Anna. In den folgenden Jahren gebar sie der Kaiserfamilie weitere Nachkommen. Drei Mädchen und vier Knaben. Einige dieser Kinder werden im Zuge dieser Geschichte noch der ein oder anderen Erwähnung wert sein. Belassen wir es vorerst bei den Namen der später wichtigen Protagonisten: Alexios, Andronikos, Isaakios und Manuel.
Gleich nach der Eheschließung zog Johannes mit einem ansehnlichen Heer in Richtung Süden. Es galt, die letzten Rebellenhochburgen für das Reich zurückzugewinnen. Es galt, Attaleia und damit das einst wichtige Isaurien zurückzugewinnen. Während des Zuges nach Süden, rückte sein Vater, Alexios, aus, um gegen Sinope zu ziehen. Eine wichtige Hafenstadt am Schwarzen Meer. Doch wurde er rasch zur Umkehr gezwungen, da ein riesiges Heer fränkischer Kreuzfahrer in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt und auch Nizäa im Westen Bithyniens lagerte. Wie bereits erwähnt, endete der sogenannte Bauernkreuzzug mehr als kläglich. Diese Mannen jedoch waren gut gerüstet, kamperprobt und vermutlich in jeder Hinsicht mit Fanatismus gesegnet.
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Der einen Segen ist des anderen Fluch. Der Autokrator wusste die Bedrohung richtig einzuschätzen, ließ sich bei Herakleia einschiffen und segelte auf dem schnellsten Wege zurück nach Konstantinopel. Dort würde er wachen, bis die Franken abgezogen wären, was dann auch recht bald geschah.
Mitte 1099 ging die Kunde um, Jerusalem sei gefallen. Und damit war der heilige Krieg der Katholiken beendet. Anders als jedoch abgemacht, war man in keinster Weise bereit, die neuerworbenen Ländereien an Byzanz zurückzugeben, sondern gründete sein eigenes Königreich und seine eigenen Fürstentümer, die da waren: Jerusalem, Antiochia, Edessa und Tripolis. Viele der Eroberer blieben und in der Levante war ein durchaus potentes Militärbündis entstanden, dass es zu beobachten galt.
Bei alle dem erhielten die neuen Fürsten und der König von Jerusalem den Segen des Papstes, was die Kluft zwischen Rom und Konstantinopel nur noch weiter vertiefte.
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Und dann gab es da ja noch Anna Komnena. Die Frau, die seit jeher auf ihren jüngeren Bruder Johannes und dessen große Beliebtheit bei Volk und Heer eifersüchtig war. Sie hatte bereits 1097 Nikephoros Bryennios auf Wunsch ihrer Eltern geheiratet und wartete nunmehr auf ihre Chance, ihn zum Kaiser zu machen. Die Rivalität zwischen den beiden Geschwistern wurde in den Folgejahren zusehends größer, vor allem auch deshalb, da Johannes mit Irene eine starke Frau an seiner Seite wusste, die nicht müde wurde, ihn auf die Intrigen seiner Schwester hinzuweisen. Der Konflikt sollte nach dem Tod des Alexios zwei Jahrzehnte später, seinen Höhepunkt finden.
Doch dies soll ein andern Mal Teil der Handlung dieser Geschichte sein. Vorerst wollen wir uns auf den jungen Basileus konzentrieren, welcher sich aufmachte gen Attaleia.

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Re: [AAR] Konstantinopel - Das neue Rom

Beitragvon Käptn Balu » 11. Juni 2013 12:09

Viel Spaß mit dem neuen Teil :)