[CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

AAR u.a. zu Spielen der Total War Reihe

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 8. Mai 2017 18:54

Der erste Staufer auf dem Thron - Konrad III. (regierte 1138-1152)

Es gab Kräfte im Reich, denen diese Machtballung missfiel, und auch in Rom, in der Umgebung von Innozenz, beobachtete man die Ereignisse mit Sorge, der Kardinallegat, der der Wahl beiwohnte, griff entsprechend lenkend in die Wahl ein. Wahlleiter wurde, da der Stuhl des Mainzer Erzbischofs gerade vakant war (Adalbert war 1137 gestorben), der päpstliche Vertraute Albero von Trier. Er stand den Staufern nahe. Die deutschen Fürsten wurden zu Pfingsten (Mai) 1138 zur Wahlversammlung geladen, es kam auf Betreiben Alberos aber bereits im März zu einem Treffen einer kleineren Zahl von Fürsten, die den Staufer Konrad zum König wählten. Gekrönt wurde er am korrekten Ort in Aachen, aber mit einer Ersatzkrone, weil sich die Reichsinsignien in der Hand von Heinrich dem Stolzen befanden.

Dass diese Königswahl irregulär verlaufen war, betonen die Zeitgenossen einhellig. Ihre Vorverlegung entgegen der offiziellen Einladung nach Mainz verhinderte das rechtzeitige Eintreffen eines großen Teils der Wähler aus den Herzogtümern Heinrichs. Trotzdem erhielt Konrad III. nach seiner Krönung von vielen Fürsten die nachträgliche Zustimmung und Anerkennung. Der neue König und der hintergangene Herzog Heinrich verhandelten über Dritte, schließlich übergab der Welfe die Reichsinsignien. Den Huldigungseid wollte er aber nicht leisten, bevor er nicht mit seinen beiden Herzogtümern Sachsen und Baiern bestätigt würde. Dies lehnte der neue König aber ab und argumentierte, niemand könne Herzog über gleich zwei Herzogtümer sein. Konrad III. schaltete auf Konfrontation, verhängte die Reichsacht über Heinrich und entzog ihm schließlich beide Herzogtümer.

Konrad III. spielte Verwandte gegeneinander aus, indem er den askanischen Vetter Heinrichs des Stolzen, dem Markgrafen Albrecht dem Bären (links), Sachsen verlieh. In Baiern setzte er seinen Halbbruder, den Babenberger Leopold IV. (rechts), als Herzog und seinen Halbbruder Otto als Bischof von Freising ein.

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Heinrich der Stolze war noch nicht besiegt, er ließ Albrecht vertreiben und wusste sich in Sachsen gegen das königliche Heer zu behaupten. Doch erholte er sich offenbar nicht mehr von diesem tiefen Sturz: Heinrich der Stolze starb depressiv am 20. Oktober 1139, erst 30 Jahre alt. Man munkelte angesichts der Umstände natürlich auch, dass beim Tod des Herzogs Gift im Spiel gewesen sein könne. Sein Sohn, Heinrich der Löwe, war zu dieser Zeit zehn oder elf Jahre alt.

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Doch selbst in dieser Notlage waren die Welfen stark genug, sich gegen die königlichen Ansprüche zu behaupten. In Sachsen vertrat vor allem die Kaiserin Richenza (im folgenden Bild rechts unten, Richenza von Northeim) die Sache ihres Enkels und erreichte 1142 seine Anerkennung als Herzog von Sachsen.

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Auf Baiern erhob Welf VI., der jüngere Bruder des verstorbenen Stolzen, Anspruch und nahm sich das Recht der bewaffneten Selbsthilfe, als er beim König kein Gehör fand. Es kam zu einigen Kämpfen, von denen die Belagerung der Burg Weinsberg 1140 der bekannteste ist. Dort erwies der Staufer Konrad III. seine herrscherliche Milde angeblich dadurch, dass er den Bitten der Frauen in der Burg entsprach und ihnen den freien Abzug mit allem, was sie tragen könnten, erlaubte. Diese trugen daraufhin ihre Männer aus der Burg und retteten so deren Leben. Die Kämpfe um Weinsberg sind historisch, hinsichtlich der List sind Zweifel erlaubt, da Ähnliches zu häufig in Sagen berichtet wird.

Der König behielt bei aller Konfrontation immer die diplomatische Lösung im Blick und erreichte einen Kompromiss mit den Welfen. Das Herzogtum Sachsen übertrug Konrad III. auf einem sehr gut besuchten Hoftag 1142 nun Heinrich dem Löwen, nachdem Albrecht der Bär auf seine Herzogswürde verzichtet, dafür aber seine anderen Besitzungen, vor allem die Mark Brandenburg, zurückerhalten hatte. Auch über Baiern musste neu entschieden werden, denn dort war Leopold IV. im Oktober 1141 überraschend gestorben. Da er keine Nachkommen hinterließ, folgte ihm sein Bruder Heinrich II. Jasomirgott als Markgraf von Österreich und Herzog von Baiern nach. Und nicht nur dies: Der König verheiratete direkt in Frankfurt Gertrud, Tochter des früheren Kaisers Lothar und die Witwe von Heinrich dem Stolzen (und somit die Mutter von Heinrich dem Löwen) mit Heinrich Jasomirgott*.

*Über den obskuren Namen "Heinrich Jasomirgott" habe mich jahrelang gewundert. Erst neulich habe ich endlich die Erklärung gefunden, als ich für diese Story in einem Buch gelesen hatte, dass es Historiker im 19. Jahrhundert waren, die ihm diesen Beinamen verpasst haben. Dieser Heinrich soll seine Ausführungen nämlich ständig mit dem Satz beendet haben "Ja, so wahr mir Gott helfe".


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Damit war der Verzicht des Löwen auf Baiern besiegelt. Durch die Eheschließung seiner Mutter mit dem neuen Herzog trat an die Stelle der Gegnerschaft zu den Babenbergern die Verwandtschaft mit ihnen. Der Friede blieb durch diese Heirat aber nicht dauerhaft gesichert, denn Gertrud starb schon ein Jahr später im Kindbett.

Die Ansprüche von einem waren vom König noch nicht berücksichtigt worden. Der Onkel des Löwen, Welf VI., machte Konrad III. wie dem neuen Baiernherzog Heinrich Jasomirgott weiterhin beträchtliche Schwierigkeiten und bildete auf Jahre einen Unruheherd.

Aber auch Heinrich der Löwe stellte alles andere als einen verlässlichen Partner des staufischen Königs dar. Lehrstück für Heinrichs ebenso zielstrebige wie skrupellose Politik ist sein Verhalten in der Frage des Stader Erbes im Jahre 1144, als der Bremer Dompropst Hartwig als letzter Überlebender des Stader Grafengeschlechts den gesamten Besitz der Familie erbte. Hartwig machte einen eigenartigen Handel: Im Einvernehmen mit dem König versprach er der Kirche Hamburg-Bremen die Übertragung seines Besitzes, wenn er zum nächsten Erzbischof dieser Kirche erhoben würde. Heinrich der Löwe widersprach diesem Handel und reklamierte Stade für sich selbst: Ihm habe der von Dithmarscher Bürgern erschlagene Rudolf von Stade vor seinem Tod seinen Besitz versprochen. Der König bestellte ein Schiedsgericht, dessen Vorsitz die beiden Kontrahenten innehaben sollten: Heinrich den Löwen sowie den von dem Handel begünstigten Erzbischof Adalbero von Hamburg-Bremen.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 16. Mai 2017 10:50

Das Gremium trat zusammen – und der Löwe nutzte diese Gelegenheit, um Erzbischof Adalbero und Propst Hartwig gefangenzunehmen. Ersterer kam erst wieder frei, als er – alt und rasch von der Haft zermürbt - sich den Ansprüchen des Löwen gefügt hatte. Hartwig musste seine Freiheit mit einem teuren Lösegeld erkaufen. Nichts verlautet davon, dass König Konrad in irgendeiner Weise gegen die eklatante Rechtsverletzung des 16jährigen Herzogs eingeschritten wäre.

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In seinem Herzogtum Sachsen machte der Löwe einige Anordnungen rückgängig, die sein Vorgänger Albrecht getroffen hatte. Vor allem brachte er nördlich der Elbe den treuen welfischen Grafen Adolf wieder zurück nach Holstein. Für den dabei verdrängten Grafen Heinrich von Badwide schuf der Löwe eigens die neue Grafschaft Ratzeburg (im Spiel nur ein Bistum). Graf Adolf errichtete unweit der Stelle eines früheren Fürstensitzes der Wenden an der Trave den Markt Lübeck und rief Westfalen, Friesen und Leute vom Niederhein herbei, um das Siedlungsgebiet zu festigen.

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Als dann die Mutter von Heinrich dem Löwen starb, endete die Ehebande zwischen dem Welfen und dem Babenberger Heinrich II. Jasomirgott. Der Löwe erhob nun unverzüglich wieder Anspruch auf das Herzogtum Baiern. Dem König standen also drei Fürsten gegenüber, die Baiern haben wollten: Heinrich der Löwe, dessen Onkel Welf VI., und Heinrich Jasomirgott. Die Entscheidung wurde unterbrochen durch die Nachricht vom Fall von Edessa, dem christlichen Fürstentum im Heiligen Land. Die ganzen Eroberungen des Ersten Kreuzzugs standen auf dem Spiel.

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Der neue Papst Eugen III. (1145-1153) beauftragte den wortgewaltigen Bernhard von Clairvaux mit dem Werben für einen Zweiten Kreuzzug, und der hatte Erfolg damit. Neben dem französischen König Ludwig VII. sagten auch König Konrad III. und Welf VI. ihre Teilnahme zu. Auch der Neffe des Königs zählte zu den Kreuzrittern: Friedrich Barbarossa. Er war just der neue Herzog von Schwaben geworden, nachdem sein Vater Friedrich II. von Schwaben im April 1147 gestorben war. Und bevor sie alle aufbrachen, ließ Konrad III. seinen zehnjährigen Sohn Heinrich im März 1147 auf einem Reichstag in Frankfurt zum König wählen. Der Zweite Kreuzzug wurde kein Erfolg, Edessa konnte nicht dauerhaft zurückerobert werden. Konrad III. kehrte 1149 nach Deutschland zurück, bis dahin blieben die offenen Probleme im Reich sozusagen eingefroren.

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Nur die sächsischen Fürsten mit ihrem welfischen Herzog meinten, es sei doch widersinnig, zu einem Glaubenskrieg in das Heilige Land aufzubrechen, da sie doch mehr Ungläubige und Götzendiener gleich vor der Tür hätten. Diese Auffassung wurde populär, auch wenn es wohl weniger um die Ausbreitung des christlichen Glaubens ging als vielmehr um ganz profanen Landgewinn in den slawischen Gebieten. Man freute sich auf den Heiligen Krieg gegen die Heiden und war sich des Erfolges sicher, weil man dort bedenkenlos die Armbrust einsetzen konnte. Die Verwendung dieser Schnellschießwaffe gegen Christen hatte erst einige Jahre vorher das Laterankonzil von 1139 unter Bannandrohung verboten. Gegen die Heiden war aber alles erlaubt, weil man sich dabei in Übereinstimmung mit dem Kampf Gottes gegen die Gewalt Satans glaubte. Als man den Gedanken eines speziellen Kreuzzugs gegen die heidnischen Wenden Bernhard von Clairvaux vortrug, erklärte er sich rasch damit einverstanden. Kraft seiner päpstlichen Vollmachten erklärte Bernhard, dass alle, die an dem Kreuzzug über die Elbe gegen die Wenden teilnähmen, ebenso Ablass von ihren Sünden erhalten würden wie die Kreuzfahrer in das Heilige Land. Die Wenden sollten – das war die Bedingung für den Ablass – entweder gänzlich bekehrt oder gänzlich vernichtet werden. Bei einer nur teilweisen Erfüllung dieser Aufgabe sollte der Ablass hinfällig werden.

Rund sechs Wochen, nachdem die Kreuzfahrer zum Heiligen Land aufgebrochen waren, sammelten sich bei Magdeburg die Ostlandfahrer. Die Wenden hatten von dem Vorhaben bereits erfahren und waren erstaunt, dass sie nun wegen ihres Glaubens mit Feuer und Schwert überzogen werden sollten. Sie hatten doch längst friedliche Missionare der Christen bei sich aufgenommen. Graf Adolf von Holstein hatte sogar ein Freundschaftsbündnis mit dem Obodriten Niklot geschlossen. Das alles sollte nun vorbei sein? Niklot rüstete sich, um dem Angriff der Deutschen zuvorzukommen und landete mit seinen Männern von zahlreichen Schiffen vor Lübeck und zog sich nach schweren Zerstörungen mit reicher Beute wieder zurück.

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Unter der Führung des Löwen ritten die Deutschen schleunigst nach Norden gegen Dobrin am Schweriner See, der Hauptfestung der Obodriten. Niklot taktierte militärisch geschickt und nötigte seinem Gegner Verhandlungen auf. Die Obodriten versprachen dabei, nicht mehr ihren Göttern zu huldigen, sondern sich christlich taufen zu lassen. Niklot erneuerte sein Freundschaftsbündnis mit Adolf und verpflichtete sich zu regelmäßigen Tributzahlungen an Heinrich den Löwen. Damit war die Oberherrschaft des Welfen über das Gebiet der Obodriten gesichert und man sah den Zweck dieses Kreuzzuges als erreicht an. Das war aber nur Augenwischerei. Es war mehr Schrecken als christliche Überzeugung verbreitet worden. Was friedliche Missionare vorher in mühevoller und gefährlicher Kleinarbeit erreicht hatten, war in kurzer Zeit zerstört worden. Herzog Heinrich hat der Kreuzzug zweifellos beträchtlichen Gewinn gebracht, und das war für ihn die Hauptsache.

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Schon ein Jahr später zog der Löwe gegen die eigenwilligen Dithmarscher an der Westküste von Holstein. Heinrich gab vor, er wolle sie für die Ermordung des Stader Grafen Rudolf bestrafen, dessen Erbschaft er so rücksichtslos an sich gebracht hatte. Ironischerweise zwang er den in dieser Sache übervorteilten Bremer Erzbischof Adalbero sowie den Dompropst Hartwig, ihm dabei zu helfen. Heinrichs Schützling Adolf konnte anschließend wieder in seiner Grafschaft Holstein uneingeschränkt herrschen.

Als Erzbischof Adalbero im August 1148 in Bremen starb, wurde der Dompropst Hartwig tatsächlich sein Nachfolger. Herzog Heinrich konnte das nicht recht sein und er behinderte die Arbeit des neuen Kirchenfürsten nach Kräften, damit er nicht stärker würde. Der Löwe wies darauf hin, dass schon sein Großvater, Kaiser Lothar III., zu seiner Zeit als sächsischer Herzog das Recht zur Einsetzung von Bischöfen innehatte. Hartwig gegenüber verweigerte Heinrich die Zahlung des Zehnten. Die von Hartwig eingesetzten Bischöfe hatten deshalb keinerlei Einkünfte und konnten deshalb kaum Aktivitäten entfalten. Einem Missionar der Slawen gegenüber äußerte sich ein Anhänger des Löwen zutreffend: „Weder der Kaiser noch der Erzbischof kann Euch helfen, wenn mein Herr dagegen ist.“ Die Investitur war ein klar königliches Recht. Aber Konrad III. war im Heiligen Land und Herzog Heinrich eignete sich dessen Recht an. Das Glück brachte dem Löwen weiteren Machtzugewinn, weil der Obodritenfürst Niklot die ihm benachbarten Stämme unterwarf. Weil Niklot ein Vasall des Löwen war, fielen diese Gebiete mittelbar in den Herrschaftsradius des Welfen.

Heinrich heiratete zu dieser Zeit (1148/49) Clementia von Zähringen. Sein längst ausgeprägter pragmatischer Sinn ließ ihn hoffen, dass er durch diese enge Verbindung mit dem im Südwesten des Reiches ansässigen Geschlecht die Staufer sicher in die Zange nehmen könnte. Die Zähringer waren ebenfalls nicht gut auf die Staufer zu sprechen, seit der junge Friedrich Barbarossa im Frühjahr 1146 in ihr Gebiet eingefallen war, Zürich besetzt und wochenlang im Breisgau arg gehaust hatte.

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König Konrad kam im Frühjahr 1149 vom Kreuzzug zurück. Erreicht hatte man praktisch nichts. Immerhin hatte der König eine Zusammenarbeit mit dem byzantinischen Kaiser vereinbart, um die expandierenden Normannen, die sich in und um Süditalien und Nordafrika festgesetzt hatten, im Zaum zu halten. In das Lager ausgerechnet der Normannen hatte sich Welf VI. abgesetzt und erhielt dort von König Roger reichlich Geld, damit er Konrad III. im Reich weiter unter Druck setzen konnte. So ist es nicht überraschend, dass schon wieder allerorten in den süddeutschen Landen gekämpft wurde, als König Konrad heimkehrte. Dem ging es aber gar nicht gut, aus dem Morgenland hatte das Heer der Kreuzfahrer die Lepra und Aussatz mit eingeschleppt. Für den kranken König war es vorteilhaft, dass sich die beiden Welfen Heinrich und Welf um das Herzogtum Baiern zankten. Das war die Situation, als Heinrich der Löwe Anfang 1151 auf einem in Ulm einberufenen Hoftag des Königs erschien. Selbstherrlich nannte er sich bereits „Herzog von Baiern und Sachsen von Gottes Gnaden“. Den Sprung nach Baiern wagte der Löwe dann aber doch nicht: Zu riskant wäre es für ihn gewesen, mit seinem Heer nach Süden zu ziehen, während sich so mancher sächsische Fürst, den er in den vergangenen Jahren düpiert hatte, offen zeigte für eine Zusammenarbeit mit dem staufischen König. Alle drei Parteien belauerten sich in der Folge monatelang gegenseitig.

Da drohte der Löwe in seinem Herzogtum Sachsen plötzlich zwischen die Mühlsteine zu geraten. Graf Hermann von Winzenburg war zusammen mit seiner Gemahlin von Ministerialen des Hildesheimer Bistums ermordet worden. Da keine männlichen Erben vorhanden waren, gerieten sich Herzog Heinrich und Albrecht der Bär um die große Hinterlassenschaft des Winzenburgers am Westrand des Harzes in die Haare. Den jahrelangen Krieg gegen Albrecht finanzierte Heinrich, indem er seinen Grafen Adolf gemeinsam mit Niklot zu den Stämmen im Osten schickte, wo sie eine „ungeheure Summe Geld“ erpressten.

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König Konrad war so sehr mit dem Knatsch mit und zwischen den Welfen beschäftigt, dass er bis dahin nicht einmal eine Romfahrt in Betracht hatte ziehen können. Das nahm er nun allmählich in die Hand, die Lage dort war günstig dafür. Papst Eugen III. hatte Probleme mit seinen Römern und den Normannen in Süditalien. Aber das Schicksal schlug gegen den König zu: Im Spätsommer 1150 starb sein Sohn und gekrönter Nachfolger Heinrich, er wurde nur zehn Jahre alt. Nun sollte eilig der zweite Sohn Friedrich zum Mitkönig gekrönt werden. Doch bevor beides – die Königskrönung des Sohnes und seine eigene Kaiserkrönung in Rom – stattfinden konnte, starb Konrad III. im Februar 1152 am Wechselfieber, das er vom Kreuzzug mitgebracht hatte.

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Konrads Sohn Friedrich war da noch so jung, dass die deutschen Fürsten angesichts der vielen ungeklärten Probleme im Reich eine Regelung der Nachfolge vorzogen, die keine langjährige Vormundschaftsregelung nötig machte. Sie übergingen den kleinen Königssohn, vielleicht sogar auf Wunsch seines Vaters, und erhoben den „Eckstein“ zwischen den streitenden Familien der Staufer und Welfen, den schwäbischen Herzog Friedrich Barbarossa.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 20. Mai 2017 08:30

Duell: Friedrich I. Barbarossa (regierte 1152-1190)

a) Heinrich der Löwe verzichtet auf die Königskrone

Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe gehörten der jungen Generation an, die den grausamen Bruderkrieg des Investiturstreits nicht mehr mitgemacht und deren Interessenlage sich verschoben hatten. In jungen Jahren hatte Barbarossa offenbar ein gutes Verhältnis zu Welf VI. und es gibt Anzeichen, dass er im Zusammenhang mit der Weinsberger Fehde 1140 mit den Welfen sympathisierte. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Barbarossa das Herzogtum Schwaben 1146 und war gut darauf vorbereitet worden. Er war gewiss ein selbstbewusster Fürst, immerhin der Neffe des Königs. Auf seine Nachfolge konnte er sich damals jedoch gar nicht so große Hoffnungen machen, immerhin hatte der König einen eigenen Sohn Heinrich, der dann aber 1150 jung starb.

Als Edessa gefallen war, wollte Barbarossa seinen Onkel, den König, auf dem geplanten Zweiten Kreuzzug begleiten. Das geschah zum Missfallen seines Vaters, Herzog Friedrich II. von Schwaben, der bereits schwer erkrankt war und dem König verübelte, Barbarossa nicht von seinem Entschluss zum Kreuzzug abzuhalten. Der Grund lag bald offenbar: Friedrich II. starb und sein Sohn begleitete für die Dauer von zwei Jahren auf den riskanten Feldzug in das Heilige Land. Während dieser Zeit musste der Mainzer Erzbischof das Herzogtum kommissarisch leiten. Aber Barbarossa kehrte wohlbehalten zurück, im Gegensatz zum erkrankten König, der dann Anfang 1152 starb.

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Konrad III. soll sich auf dem Sterbebett dafür ausgesprochen haben, seinen Neffen Barbarossa seinem achtjährigen Sohn Friedrich gegenüber bei der Thronfolge zu bevorzugen. Am 4. März 1152 traten die deutschen Fürsten während der Fastenzeit in Frankfurt zusammen, um darüber zu entscheiden. Die Wahlempfehlung des toten Königs hatte gewiss Gewicht, aber es gab ja noch den sächsischen Herzog Heinrich den Löwen, der sich Hoffnungen auf die Krone machen konnte wie 15 Jahre zuvor sein Vater. Wie es Barbarossa gelungen ist, seinen Vetter Heinrich den Löwen von der Kandidatur abzuhalten, ist nicht überliefert. Doch die Eintracht, die in der Folgezeit bestand, lässt eine Absprache zwischen den beiden vermuten, und die hohe Machtstellung, die danach dem Welfen eingeräumt wurde, spricht ebenfalls dafür. In späterer Zeit verwendet man in diesem Zusammenhang den Begriff der „Wahlkapitulation“ und meint damit Versprechungen und Zugeständnisse, die der Kandidat vor seiner Wahl abgab, um mögliche Gegner zufriedenzustellen und für sich zu gewinnen. Viele Maßnahmen des jungen Königs Friedrich Barbarossa deuten darauf hin, dass er dazu bereit war, und ein Blick auf die ersten Regierungsmaßnahmen kann dies bestätigen.

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Barbarossa dürfte mit dem Löwen vereinbart haben, dass dieser das Herzogtum Baiern erhalten solle. Zudem gab es vermutlich eine Abgrenzung in Interessengebiete: Süddeutschland war die Sphäre des Königs, in Norddeutschland sollte der Welfe walten können. Zum Beispiel sollte er dort eigenständig Bischöfe einsetzen dürfen - ein Privileg, das sonst klar dem König zustand. Der Löwe benutzte sein vom König bestätigtes Sonderrecht der selbständigen Investitur von Bischöfen bald, als es um die Besetzung des neu gegründeten Bistums Ratzeburg ging. Nicht zuletzt belieh Barbarossa den Löwen mit der Reichsvogtei Goslar, die mit ihrem Silberbergbau sehr hohe Einnahmen brachte. Welf VI. dürfte von Barbarossa mit der Aussicht auf den Erhalt der Mathildischen Güter in Norditalien gelockt worden sein (damit hatte der König diesen umtriebigen Quälgeist endlich vom Hals). Und Herzog Berthold IV. von Zähringen, Schwager Heinrichs des Löwen, sollte Stellvertreter des neuen Königs in Burgund und in der Provence werden.

Nach diesen Weichenstellungen ging die Wahl glatt über die Bühne, auch die Krönung in Aachen wurde zügig durchgeführt. Barbarossa ließ dem Papst gegenüber seine Wahl anzeigen sowie Verhandlungen zu einer baldigen Kaiserkrönung in Rom aufnehmen.

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Mit Eugen III. kam der König im März 1153 zu einem Vorvertrag, in dem Barbarossa u.a. die päpstliche Genehmigung zur Scheidung von seiner Gemahlin erteilt wurde. Offiziell wurde zu nahe Blutsverwandtschaft als Begründung genannt, tatsächlich dürfte der König die Trennung aber angestrebt haben, weil seine Frau ihm keinen Sohn gebar. Für den bevorstehenden Romzug war Barbarossa nun auf den Welfen mit seinen Rittern angewiesen. Der Staufer durfte den Welfen also auf keinen Fall vergrämen, denn zwingen konnte er ihn zur Begleitung nach Italien auf keinen Fall, einen „Auslandseinsatz“ gab das Lehnsrecht nicht her.

Heinrich der Löwe verspürte verständlicherweise den heftigen Drang, den König an sein Versprechen bezüglich der Belehnung mit dem Herzogtum Baiern zu erinnern. Der König hatte es bei Welf VI. ja mit Tuszien vorgeführt, dass es ging. Für Barbarossa war es gar nicht so leicht, seine Zusage einzulösen, denn er musste Baiern erst einmal von Herzog Heinrich II. Jasomirgott freibekommen. Der Babenberger war über dieses Ansinnen natürlich alles andere als erfreut, und so suchte der König nach Wegen und Mitteln, die Sache abzuwenden.

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Die übrigen Reichsfürsten sahen es mit zwiespältigen Gefühlen, wie der Staufer den Babenberger um sein Herzogtum Baiern bringen wollte. Hatte der neue König vielleicht noch mehrere solche Veränderungen vor? Dann musste jeder damit rechnen, das er einmal betroffen sein würde.

Anfang Oktober 1154 war es dann soweit, dass Barbarossa mit den Heereskontingenten seiner Fürsten nach Italien aufbrechen konnte. Das Ziel war Rom, die Kaiserkrönung durch den Papst. Auch Heinrich der Löwe war dabei. Der Heerzug machte Halt in Norditalien. Mailand, die mächtigste der lombardischen Städte, bot Barbarossa wohl 4.000 Mark Silber für ein Privileg, aber vor dem königlichen Gericht wollten die stolzen Konsuln trotz mehrmaliger Aufforderung nicht erscheinen. Barbarossa erklärte deshalb über Mailand die Reichsacht. Einige kleinere verbündete Städte konnten rasch überwältigt werden. Am 17. April 1155 setzte sich Barbarossa in Pavia, der alten Hauptstadt der Langobarden (siehe das erste Kapitel mit Karl dem Großen), die Eiserne Krone des italienischen Königreichs selbst aufs Haupt. Es war ein klares Zeichen der deutschen Vormachtstellung im römisch-deutschen Reich, dass nur die deutschen Fürsten den deutschen König wählen konnten, dass dieser aber mit seiner Wahl einen Anspruch auf die italienische und burgundische Krone ohne Wahlrecht der dortigen Fürsten hatte. Weiter ging es nach Süden Richtung Rom.

Dort saß seit einigen Monaten Hadrian IV. auf dem apostolischen Stuhl und er nahm sich vor Barbarossa in Acht. Bei ihrer ersten Begegnung nahe Rom erwartete der Papst vom König den Marschalldienst (Stratordienst), wie ihn auch Lothar III. gegenüber Innozenz II. geleistet hatte. Aber der Staufer wollte sich auf keinen Fall als päpstlicher Steigbügelhalter betätigen, denn im Lateran existierte ein Bild von Lothars Marschalldienst und eine Legende dazu, in der der deutsche Kaiser als Vasall des Papstes bezeichnet wurde. Ein Lehnsmann des Papstes wollte Barbarossa nicht sein, denn er sah Kaiser und Papst als gleichberechtigt an. Friedrich war nur bereit, dem Papst die Füße zu küssen, was er auch tat. Hadrian IV. sah sein Misstrauen bestätigt und verweigerte Friedrich den Friedenskuss. Die beiden trennten sich schon nach kurzer Zeit wieder, jeder vom anderen tief enttäuscht. Erst Verhandlungen der Begleiter glätteten die Wogen. Als die päpstliche Seite versicherte, dass man in dem Marschalldienst nur eine traditionelle Ehrenbezeigung und keinerlei Anerkennung einer Vasallität des Königs sähe, wurde die Zeremonie am nächsten Tag vor den Augen des deutschen Heeres nochmals inszeniert.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 23. Mai 2017 21:16

Angekommen in Rom folgte der nächste drohende Eklat: Die römischen Bürger boten Barbarossa die Kaiserkrone aus ihren Händen an, für den Preis von 5.000 Pfund Gold. Dieses Ansinnen ärgerte Friedrich, doch er benutzte die Gelegenheit, die Römer vor dem Papst und den Kardinälen darauf zu verweisen, dass ihm die Kaiserkrone als Erbe seiner Vorfahren zustehe und er sie deshalb weder zu kaufen noch vom Papst als Lehen zu nehmen brauche. Auf der päpstlichen Seite vernahm man solche Ansichten des Staufers nicht gerade gern. Und die Römer waren sowieso beleidigt.

Um Unruhen zu vermeiden, vollzog man die Kaiserkrönung rasch und in aller Heimlichkeit am 18. Juni 1155, einem Samstag. Natürlich wurden die Römer trotzdem auf die Vorgänge aufmerksam, bald kam es zu Aufruhr in der Stadt. Die Krönung war da schon vollzogen, Barbarossa weilte wieder vor den Toren Roms. Um den Papst zu beschützen, marschierte Barbarossa mit seinen Soldaten in die Stadt und machte den Aufstand nieder. Am Ende des Tages gab es etwa 800 Tote, ein wenig gelungener Festtag für den Staufer.

Danach hatten die Deutschen wenig Laune, wie ursprünglich geplant weiter nach Süditalien zu ziehen, um dort die Normannen in die Schranken zu weisen. Die Sommerhitze und Krankheiten im Lager förderten die Kriegsmüdigkeit. Auch Heinrich der Löwe hatte es inzwischen eilig, wieder über die Alpen in sein Sachsen zurückzureiten. Eine ganze Reihe von Fürsten bedrohte sein Herzogtum. Der Bremer Erzbischof Hartwig hatte bereits seine Burgen rüsten lassen und Kontakte mit anderen Fürsten aufgenommen, die ebenfalls Gegner der Welfen waren. Also, Hartwig können wir uns schon mal als einen der Gegner des Löwen merken.

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Der Abzug der Deutschen machte für den Papst die Situation nicht gerade einfacher, Hadrian IV. war eingeklemmt zwischen den römischen Bürgern und den Normannen. Die Byzantiner boten ihm Hilfe an und verlangten als Gegenleistung feste Stützpunkte in Süditalien. In einer Seeschlacht behielten dann aber die Normannen die Oberhand und Hadrian IV. musste einen Frieden mit ihnen schließen, in dem er Wilhelm I. mit dem Königreich Sizilien (das Süditalien beinhaltete) belehnte. Nun, die Kirche hatte im Konstanzer Vertrag von 1153 den deutschen König zum Kampf gegen die Normannen verpflichtet und paktierte nun selbst mit ihnen. Dass ein solches Verhalten des Papstes den Konstanzer Vertrag zu Fall bringen musste, war klar.

Als die Romfahrer zurück in Deutschland waren, erinnerte Heinrich der Löwe seinen Vetter Barbarossa natürlich wieder an die versprochene Übergabe des Herzogtums Baiern. Im Oktober 1155 lud der Kaiser tatsächlich nach Regensburg, aber der Babenberger erschien dort nicht: Er war nach wie vor nicht bereit, sein Baiern ohne Kampf aufzugeben. Aber der Kaiser war nicht mehr gewillt, die Sache länger zu verzögern und übergab Baiern in einer feierlichen Sitzung des Reichstags an den Welfen. Der 26jährige Heinrich war nun der weitaus mächtigste Fürst des Reiches, sein Verzicht auf die Krone seines Großvaters hatte sich ausgezahlt. Die reale Macht war Heinrich wichtiger als der Glanz der Krone, zudem konnte er als Herzog freier agieren als ein König, der dem Reich verpflichtet war und zwischen den Interessen der Fürsten lavieren musste.

Den Anspruch auf Baiern musste der Löwe jetzt noch tatsächlich gegen Jasomirgott durchsetzen, aber zunächst musste er nach Sachsen zurück, um sich um Hartwig zu kümmern. Heinrichs Leute hatten den Erzbischof von der Rückkehr in seine Kirchenprovinz abgehalten, so konnte der Herzog sich der Güter des Erzstifts bemächtigen, die Münze beschlagnahmen und in Bremen nach Belieben walten. Von seinen Einnahmen abgeschnitten, war Hartwig zur Unterwerfung gezwungen. Der Löwe gewährte ihm nun die Rückkehr nach Bremen, behielt die Fäden aber in der Hand.

Am 10. Juni 1156 trafen der Löwe und Barbarossa wieder wieder, und zwar auf der Hochzeit des Kaisers in Würzburg. Der Staufer hatte sich drei Jahre zuvor ja von seiner ersten Gattin scheiden lassen, jetzt heiratete er Beatrix, die Erbin von Burgund (im Spiel ist das die Grafschaft Bourgogne). Durch diese Verbindung gewann Friedrich die unmittelbare Herrschaft über Hochburgund und die Provence mit den wichtigen Alpenpässen, die von dort nach Italien führten. Es waren also strategisch relevante Straßen für den Kaiser.

Für den September 1156 hat Barbarossa wieder einen Reichstag nach Regensburg einberufen. Er war nun auch mit dem Babenberger Jasomirgott handelseinig geworden, dass das Herzogtum Baiern an den Welfen übergeben werden konnte. Die Vereinbarung wurde auf den Wiesen vor Regensburg in einer feierlichen Zeremonie demonstriert. Jasomirgott überreichte dem Kaiser sieben Fahnenlanzen und gab damit das Herzogtum Baiern symbolhaft zurück. Barbarossa händigte die Lanzen Heinrich dem Löwen aus, der gab dem Kaiser wieder zwei Fahnenlanzen, die die Mark Österreich symbolisierten und die sodann vom Staufer dem Babenberger zurückgegeben wurden.

Damit wurde also die Mark Österreich in ein selbständiges Herzogtum unter Jasomirgott verwandelt. Der Babenberger erhielt für sein Herzogtum eine Reihe bedeutender Privilegien (bekannt unter dem Namen „privilegium minus“), die den Neid und die Forderung nach Gleichstellung der anderen Fürsten provozieren mussten. Unter anderem wurde dem Österreicher übrigens auch die weibliche Erbfolge für sein Herzogtum verbrieft, und bei Erbenlosigkeit hatte der österreichische Herzog gegenüber dem König ein Vorschlagsrecht für den Nachfolger. Der Kaiser machte 1156 gefährliche Zugeständnisse, die seine ohnehin schwache Zentralmacht weiter reduzieren und zur Hoheit der Länder führen mussten. Das neue Herzogtum lag außerhalb der Verfügungsgewalt des Königs, der entscheidende Schritt zur Lösung Österreichs vom deutschen Reich war getan.

Heinrich der Löwe hatte nun zwei Herzogtümer in seiner Hand und war unzweifelhaft der mächtigste Fürst im deutschen Reich. Sein Augenmerk galt weiterhin dem Ausbau seiner Macht im Norden, ganz so, wie es auf die vermutete Absprache mit Barbarossa schließen lassen kann. Ein Feldzug 1156 gegen die Friesen gelang dem Löwen aber nicht, nicht nur wegen der Waffenhilfe der Dänen zugunsten der Friesen. Aus den Sümpfen Frieslands hatte sich schon manche fremde Armee mit Mühe und Not zurückziehen müssen, schmachvoll und sieglos, froh, mit dem Leben davongekommen zu sein. Im Jahr darauf ritten der Löwe und der Kaiser wieder zusammen, es ging dieses Mal nach Osten. Der polnische Herzog Boleslaw IV. weigerte sich, die Lehnshoheit Barbarossas anzuerkennen und Tribut zu leisten. Mit einem stattlichen Heer, in dem der Kaiser sowohl Heinrich als auch seine sächsischen Widersacher – wie Albrecht den Bären, Erzbischof Hartwig und den Magdeburger Bischof Wichmann – vereinte, überschritt man gemeinsam die Oder. Die Polen gaben sich Mühe, das Vorankommen und die Versorgung des feindlichen Heeres zu erschweren, aber schon nach sechs Wochen musste Boleslaw aufgeben. Er leistete Huldigung und versprach 300 Ritter für Barbarossas nächsten Italienzug zu stellen. Barbarossa hatte da noch eine Rechnung mit Mailand offen, mindestens.

Heinrich brach unterdessen nach Baiern auf, um sich nun auch um sein neues Herzogtum zu kümmern. Es ging wie so oft bei ihm um wirtschaftliche Angelegenheiten, um Geld. An dem Übergang über den Lech ließ er zur Kontrolle des Salzhandels die Landespurg errichten, später als die Festung Landsberg bekannt. Zerstören ließ er dagegen die Brücke über die Isar bei Föhrung, damit der Salzhandel dort zum Erliegen kam und die dort erwirtschafteten Zölle nicht weiter dem Bischof von Freising zuflossen. Der war zwar ein Onkel des Kaisers, aber seine Beschwerde nützte trotzdem nichts, der Löwe genoss offensichtlich einen Sonderstatus. Eine kaiserliche Urkunde vom 14. Juni 1158 bestätigte dem Löwen die Markt-, Münz- und Zollrechte an dessen eigenen Isar-Übergang und gestand dem Bistum Freising lediglich ein Drittel der Erträge zu. Dieses erhaltene Dokument gilt als die Gründungsurkunde von München. Denn an der neuen Isarbrücke des Löwen bildete sich diese Stadt heraus.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 1. Juni 2017 07:52

Auf einem Hoftag im Oktober 1157 erhielt Friedrich I. Besuch von zwei päpstlichen Legaten aus Rom. Einer von ihnen war der Kanzler Roland, der später zu Papst Alexander III. gewählt werden sollte. Jedenfalls trug dieser Roland eine Beschwerde des Papstes vor, es ging um die Gefangennahme des Erzbischofs von Lund, dem Oberherrn der nordischen Kirche. Das war zu Lasten der Kirche von Hamburg-Bremen gegangen und darauf hatte der Kaiser sozusagen reagiert. In dem Beschwerdebrief erinnerte der Papst provokativ an die Wohltaten, die dem Kaiser in Rom bereitet worden waren. Zur Bezeichnung dieser Wohltaten wurde in dem Schreiben das Wort beneficia verwendet - und das übersetzte der neue kaiserliche Kanzler, der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel mit dem Wort Lehen. Diese Interpretation hieß nichts anderes als, das Reich sei vom Papst als Lehen empfangen worden. Barbarossa fühlte sich mit Sicherheit an die Sache mit dem Steigbügeldienst erinnert. In die empörte Versammlung schrie der päpstliche Gesandte Roland hinein, von wem denn der Kaiser Rang und Macht habe, wenn nicht vom Papst. Darauf wollte ihn Otto von Wittelsbach (siehe folgendes Portrait) erschlagen, was Barbarossa zu verhindern wusste. Zwar lenkte der Papst in einem zweiten Schreiben ein und bedauerte das Missverständnis, aber die Stimmung war im Keller.

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Im Sommer 1158 wollte der Kaiser mit einer großen Streitmacht nach Italien, um Mailand in die Knie zu zwingen. Er hatte sich dazu von vielen deutschen Fürsten Gefolgschaft schwören lassen, ebenso vom Herzog von Polen und dem König der Ungarn. Aber der Staufer beging den großen Fehler, mehrere Gegner seines welfischen Vetters wie den Bremer Erzbischof Hartwig von der Teilnahme an seinem zweiten Italienzug freizustellen. Als Herzog Heinrich davon erfuhr, entschloss er sich, mit nur wenigen Soldaten zur Heerschau nach Augsburg zu reiten. Das Gros seiner Streitkräfte sollte in Sachsen bereitstehen, damit Hartwig trotz des kaiserlichen Friedensgebots nicht auf dumme Gedanken käme. Entsprechend enttäuscht blickte Friedrich I. auf die Zahl der Männer, die der so mächtige Herzog und Vetter ihm da mitbrachte. Heinrich klagte über die Gefährdung der Ostgrenze durch die unruhigen Obodriten und bat den Kaiser schließlich ebenfalls um die Befreiung vom Italienzug. Barbarossa blieb nichts anderes übrig, da der Löwe ihn doch bereits vor vollendete Tatsachen gestellt hatte, waren die sächsischen Streitkräfte doch zuhause geblieben. Aber man vereinbarte, dass Heinrich unverzüglich nachkommen solle, wenn der Kaiser ihn in Italien benötigen würde.

Heinrich nutzte die gewonnene Zeit dafür, den Ausbau der von ihm gegründeten Stadt Lübeck voranzubringen. Um hier einen neuen Handelsknoten zu schaffen, der es sogar bis in EU4 rüber schafft, zeigte sich der Löwe für seine Verhältnisse ungewöhnlich großzügig, was die Stadtrechte betraf. Er verzichtete auf die übliche Grundsteuer, gestattete den Lübeckern das Gründen von Genossenschaften und setzte den eben im 12. Jahrhundert in Flandern aufgekommenen Spruch „Stadtluft macht frei“ in die Tat um. Der uralte Herrenanspruch „Luft macht eigen“ hätte ihn berechtigt, die Unfreien, die in seiner Stadt, in seiner Luft lebten, nach einem Jahr zu seinen Eigenmännern zu bestimmen. Statt dessen gab er ihnen die persönliche Freiheit!

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Barbarossa war zu dieser Zeit wie erwähnt in Italien, wohin er zunächst seinen Kanzler Reinald von Dassel sowie den Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach als seine Diplomaten hingeschickt hatte. Einige norditalienische Städte kooperierten danach mit dem Kaiser, andere wie Mailand und Crema befestigten ihre Mauern, weil sie den formulierten Machtanspruch der Deutschen nicht akzeptieren wollten. Aber Barbarossa belagerte Mailand dieses Mal erfolgreich, er hatte jetzt deutlich mehr Soldaten dabei. Im November 1158 konnte der Kaiser in Norditalien einen Reichstag einberufen, auf dem er die politische und wirtschaftliche Macht in der Region in seinem Sinne sortierte. Er ging dabei jedoch über das hinaus, was er den Mailändern bei ihrer Kapitulation sowieso als Zumutungen aufgezwungen hatte. Die Mailänder fühlten sich vom Kaiser getäuscht und verraten und rüsteten erneut für den Kampf. Wegen des nahenden Winters hatte Barbarossa jedoch einen Großteil seiner Truppen nach Hause entlassen, also rief er wie vereinbart nach seinem Vetter, dem Löwen, er solle mit Verstärkung in Italien erscheinen.

Als dann noch im Heerlager von Lodi ein Attentat auf den Kaiser verübt wurde, machte Barbarossa ernst mit Mailand. Um das verbündete Cremona zu stärken, konzentrierte er sich auf das feindliche Crema. Dort trafen die Truppenverstärkungen ein, die Heinrich der Löwe und dessen Onkel Welf VI. nun anführten.

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Um die Stadtmauern von Crema zu überwinden, hatte Friedrich I. einen riesigen Holzturm mit 18 Metern Höhe bauen lassen. Der Kampfgeist der Belagerten, die vor dem Schließen des Belagerungsringes noch rechtzeitig Verstärkungen aus Mailand erhalten hatten, war aber ungebrochen. Weiber und Kinder innerhalb der Stadt verspotteten den Kaiser, es werde ihm ebenso ergehen wie dem sieglosen Lothar, der 1132 seine Belagerung der Stadt schmählich hatte abbrechen müssen. Die Belagerung dauerte schon drei Monate und verbitterte beide Seiten. Einen Ausfall der Verteidiger, bei dem diese einige Wurfmaschinen der Belagerer zerstörten, nahm Barbarossa zum Anlass, vier Gefangene aus der Stadt öffentlich in Stücke hacken zu lassen. Die Bürger von Crema antworteten ihrerseits mit dem Erhängen von vier deutschen Gefangenen, sichtbar auf der Stadtmauer. Nach vier Monaten Belagerung reichte es dem Kaiser. Diese kleine Stadt zeigte ihm noch immer die Stirn und blamierte ihn – vierzig Bürger und sechs Ritter ließ der Staufer nun hinrichten und der Holzturm kam zum Einsatz. An der Vorderfront und den Seiten des Turmes ließ er Körbe anbringen, in die Geiseln und Gefangene gestellt wurden. So sollten die Verteidiger von Crema davon abgehalten werden, gegen den Turm etwas zu unternehmen, da sie doch mit jedem Steinwurf und mit jedem Brandpfeil ihre eigenen Leute in Gefahr brachten. Aber sie schätzten das Risiko der Vernichtung ihrer Stadt höher ein als den Verlust ihrer Angehörigen – und zerschossen den Turm.

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Ohnmächtig vor Wut übten sie danach Vergeltung und richteten eine Reihe deutscher Gefangener auf dem Stadtwall hin. Ständig ging der Schrecken der gegenseitigen Hinrichtungen so weiter.

Das Jahr 1160 brach an, die Belagerung dauerte schon sieben Monate! Mit einem zweiten großen Turm wurde jetzt ein weiterer Angriff auf die Mauern der Stadt unternommen. Die Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach und Konrad bei Rhein gingen mit auf das Belagerungsgerät. Bei dem Angriff kamen die beiden mit einigen Männern wohl auf die Stadtmauer, aber die Verteidiger kämpften nicht weniger tapfer und mit allen Mitteln. Sie rissen einige der Angreifer mit langen Haken von der Mauer herunter, und es gelang ihnen mit Steinen aus sieben Wurfmaschinen, den Belagerungsturm so zu beschädigen, dass dessen Fallbrücke unbrauchbar wurde. Mit Steinen, Schwertern, Lanzen und Stangen konnten sie die todesmutigen Angreifer schließlich von der Mauer vertreiben. Crema hatte wieder heldenhaft standgehalten!

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Die Verteidiger von Crema waren inzwischen am Ende ihrer Kräfte. Unter Vermittlung des Bischofs von Aquileia ließen sie den Kaiser wissen, dass sie nicht gegen ihn die Waffen ergriffen hätten, sondern nur gegen die mit ihm verbündeten Cremonesen, mit denen sie schon lange Jahre im Streit lagen. Dem Kaiser wollten sie sich ergeben, nicht aber ihren Erbfeinden. Barbarossa sicherte den Bürgern von Crema freien Abzug zu, kündigte aber die anschließende Zerstörung ihrer Stadt an. Sie hatten keine andere Wahl mehr: Am 26. Januar 1160 kapitulierten sie vor dem Staufer.

In dieser Zeit ist Hadrian IV. am 1. September 1159 gestorben. Die Papstwahl brachte ein Schisma zwischen dem bereits erwähnten, bisherigen päpstlichen Kanzler Roland (Alexander III.) und Oktavian von Monticelli, der sich den Name Viktor IV. zulegte (im Spiel: Clemens III.) und der Barbarossa wohlgesonnen war. Ein Konzil in Pavia sollte Klärung bringen, welcher Kandidat denn nun der rechtmäßige Papst sei. Die Mehrheit der Kardinäle hatte übrigens Kanzler Roland/Alexander III. gewählt, den Barbarossa nach der Geschichte mit dem Beschwerdebrief aber nicht anerkennen wollte. Gegen den Kaiser stellten sich die Könige Ludwig VII. von Frankreich und Heinrich II. von England, die Alexander III. als rechtmäßigen Papst ansahen.

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Alexander und Viktor belegten sich natürlich bald gegenseitig mit dem Bann. Nur zehn Tage nach dem Fall von Crema begann das Konzil in Pavia, auf dem Barbarossa den Vorsitz innehatte. Alexander III. weigerte sich als echter Gregorianer, auf einer vom Kaiser einberufenen Versammlung zu erscheinen. Frankreich und England waren entsprechend auch nicht in Pavia vertreten, die Deutschen und das oberitalienische Episkopat war weitgehend unter sich. Und selbst da erhielt Barbarossa keine geschlossene Unterstützung. Die deutschen Fürsten, auch Heinrich der Löwe, wollten die Sache in der Schwebe halten, falls man den Kaiser beizeiten mal mit der Papstsache unter Druck setzen wollte. Viktor IV. wurde unter fragwürdigen Bedingungen als Papst anerkannt, das Schisma wurde dadurch beileibe nicht beendet. Alexander III. belegte Barbarossa für sein Verhalten mit der Exkommunikation und schimpfte, der Staufer regiere sein Reich wie ein Tyrann, er habe mit der eigenmächtigen Einberufung eines kirchlichen Konzils die Spaltung der Kirche gefördert. Friedrich I. reagierte darauf gelassen: Alexander sei ein Usurpator auf dem Heiligen Stuhl, sein Bann daher ohne Belang.

Gegen Mailand, das noch immer Widerstand leiste, setzte Barbarossa nun Rainald von Dassel ein, den er seit 1159 zum Erzbischof von Köln und Erzkanzler von Italien erhoben hatte. Der war ein Kämpfer, der jeden Widerstand gegen seinen Herrscher brechen wollte. Rainald hegte einen unversöhnlichen Hass gegen Mailand, wo ihn die Einwohner mit Steinen beworfen hatten, als er die Wahl der Stadtspitze überwachen wollte. Er setzte alles daran, den Stolz der reichen lombardischen Metropole zu brechen.

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Nachdem im Frühjahr 1161 Truppenverstärkungen aus dem Reich eingetroffen waren, begann die Belagerung und die völlige Verwüstung des Umlands von Mailand. Friedensangebote hintertrieb Rainald, weil er die bedingungslose Unterwerfung zum Ziel hatte, die nach fast einem Jahr Belagerung schließlich erreicht war. Die gesamte Einwohnerschaft wurde in Dörfer umgesiedelt und die Großstadt mit Ausnahme der Kirchen zerstört. Sofort brach der Widerstand der verbündeten Städte zusammen, die einer ähnlichen Bestrafung entgehen wollten. Mit den hier geraubten Reliquien der Heiligen Drei Könige, die er 1164 nach Köln bringen ließ, und der von ihm 1165 initiieren Heiligsprechung Karls des Großen begann Rainald eine wahre Propagandaschlacht um die vom Papst bestrittene Amtsheiligkeit seines kaiserlichen Herrn.

Nach der Eroberung Mailands 1162 und der Unterwerfung der Lombardei schien alles im Sinne des Kaisers zu laufen. Nach dem Tod des Gegenpapstes Viktor IV. 1164 sorgte Rainald von Dassel dafür, dass mit Paschalis III. sofort ein neuer Gegenpapst aufgestellt wurde (im Spiel: auf Clemens III. folgt Leo X. als Gegenpapst).

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b) Heinrichs Kämpfe gegen die Wenden

Heinrich der Löwe war da bereits aus Italien nach Sachsen zurückgekehrt, weil er von dem Wortbruch Nikolts und seiner Obodriten vernommen hatte. Er ließ sich vom dänischen König Waldemar aus erster Quelle darüber berichten, die beiden Fürsten vereinbarten sogleich einen Rachefeldzug. Wie schon 1147, griff Niklot zum überraschenden Gegenangriff und attackierte Lübeck. In höchster Not wurde dort die Brücke mit der Kette hochgezogen und die wendischen Angreifer in den Graben geworfen. Der Löwe beorderte schnellstens weitere Besatzung in die Stadt.

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Was folgte, war ein Feldzug der Sachsen, den man nur als Bestrafung der Wenden bezeichnen kann. Nachsicht gab es nicht und die Gefangenen wurden fast durchweg gehängt. Niklot ließ auf seinem Rückzug die eigenen Burgen wie die Mecklenburg in Brand stecken, um sie nicht in die Hände des Löwen fallen zu lassen. Erst zwischen den Wäldern und Sümpfen in den östlichen Gebieten seines Landes machte Niklot halt und setzte sich an der Warnow in der Burg Werle fest. Täglich kam es zu Kämpfen, wenn die sich gegenseitig belauernden Kundschafter aufeinanderstießen. Niklot selbst beteiligte sich daran wie seine Söhne Pribislaw und Wertislaw (im folgenden Bild eingerahmt). Der alte Fürst Niklot legte sich eines Tages in der Nähe des herzoglichen Lagers mit einer Schar seiner Getreuen in einen Hinterhalt, um die Eindringlinge zu überfallen. Aber die Sachsen hatten von seinen Absichten Wind bekommen. Sie schickten ihm ein paar Trossknechte als Lockvögel vor die Nase, die scheinbar Futter für die Pferde holen sollten. Niklot stürzte sich auf sie und wollte den ersten mit seiner Lanze durchbohren. Der trug jedoch unter seinem weiten Arbeitskittel einen Harnisch, an dem Niklots Waffe knirschend abprallte. Ein Schrei des Entsetzens entfuhr Niklot – die Falle, die er hatte stellen wollen, war über ihm selbst zugeschlagen. Rings um die Schar der Obodriten erhoben sich die Deutschen, es gab kein Entrinnen mehr. Ein kurzes, aber erbarmungsloses Gemetzel war das Ende. Niklots Leiche wurde der Kopf abgeschlagen und im Triumph im Lager des Löwen gezeigt.

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Die Söhne Niklots verbrannten nun auch die Burg Werle und zogen sich weiter ostwärts zurück. Mit Hilfe der Dänen eroberte Heinrich der Löwe bald auch Rostock und Pribislaw und Wertislaw mussten sich dem Herzog ergeben. Der reagierte mit einer Mischung aus Härte und Kompromiss: Einerseits schickte er Präfekten und Bischöfe in das Land der Obodriten, um dort wirksame Kontrolle auszuüben. Andererseits nahm er die beiden Söhne Niklots in seine Huld auf und belehnte sie erneut mit dem Land um Werle, Rostock und Schwerin. Die Obodriten konnten sich jederzeit wieder erheben, also musste der Löwe Politik betreiben. Leicht war das Los der Beherrschten weiterhin bestimmt nicht: Der Welfe stand längst in dem Ruf, nicht nur ein strenger, sondern auch ein geldgieriger Herrscher zu sein, der immer und überall, wo es nur ging, Abgaben eintreiben ließ, damit er seine Kriegszüge finanzieren konnte.

Am 23. November 1162 ließ sich Heinrich der Löwe von seiner Frau Clementia von Zähringen scheiden. Aus der Ehe war eine Tochter und ein Sohn entsprossen, der Junge war jedoch bald nach der Geburt gestorben. Da also kein männlicher Nachfolger vorhanden und wohl auch keiner mehr zu erwarten war, ließ sich der 33jährige Herzog trotz glücklicher Ehe von der tüchtigen Clementia trennen. Angeblich hat Barbarossa ihn zu diesem Schritt animiert, und wenn dies zutrifft, dann beabsichtigte der Kaiser wohl, Zähringer und Welfen insgesamt auseinanderzubringen, weil ihm die Verbindung dieser beiden Dynastien stets gefährlich werden konnte. Der Gegenpapst, der ohnedies zu einem Schattendasein verurteilt war, gab den notwendigen Dispens für die Scheidung. Begründet wurde sie mit zu naher Verwandtschaft der Eheleute, was natürlich Unsinn war. Direkt darauf meldete Gunzelin von Schwerin, Heinrichs Statthalter bei den Obodriten, ihm den erneuten Aufstand der beiden Niklot-Söhne Pribislaw und Wertislaw.

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Der Winter machte diesen Feldzug schwieriger als den vorherigen. Die zugefrorenen Sümpfe ermöglichten andererseits einen zügigen Vormarsch nach Werle, wo Heinrich die Belagerungstechniken, die er in Italien vor Crema kennengelernt hatte, anwendete. Wertislaw war in der Burg eingeschlossen, Pribislaw lag in der Umgebung auf der Lauer und ließ jeden Sachsen niedermachen, der unvorsichtigerweise das Lager verließ. Aber die Mauern der Burg begannen unter den Stößen der Rammböcke zu wanken. Geschockt von der neuen Technologie-Stufe der Belagerungsgeräte ihrer Feinde, erschien Wertislaw im Zelt des Herzogs und warf sich ihm zu Füßen. Heinrich nahm ihn gefangen und stellte dem zweiten Bruder Pribislaw so harte Friedensbedingungen, dass dieser passen musste. Als Heinrich im März 1163 das Wendenland wieder verließ, nahm er deshalb Wertislaw als Geisel mit und warf ihn in Braunschweig in den Kerker. Die Gefängnisse der damaligen Zeit waren meist dunkle, kalte Verliese, in denen oft das Wasser stand und in denen der Eingeschlossene mit Kröten, Schlangen und Ungeziefer aller Art seine Tage und Nächte ohne Bett und sonstige Einrichtung zubringen musste. Heinrich der Löwe ließ in seiner Aufmerksamkeit zunächst von den Wenden ab, denn er musste sich vor einer drohenden Fraktion in seinem sächsischen Stammland hüten.

Am 17. Februar 1164 brach ein Unwetter über Norddeutschland herein, wie es nur alle hundert Jahre einmal vorkommt. Während dieses Sturms tauchte überraschend Pribislaw mit seinen Obodriten vor Mecklenburg auf und rief der Besatzung der Festung zu: „An mir und an meinem Volk wurde arge Gewalttat verübt, ihr Männer. Wir sind von den Euren aus unserer Heimat vertrieben und unseres väterlichen Erbes beraubt worden. Ihr selbst habt dieses Unrecht noch vermehrt, da ihr in unser Land eingefallen seid und Burgen und Dörfer besetzt habt, die unser Erbe sind. Wir lassen euch nun die Wahl zwischen Leben und Tod. Wollt ihr die Burg öffnen und unser Land wieder herausgeben, dann werden wir euch friedlich mit Weib und Kindern und aller Habe ziehen lassen. Wenn ein Slawe etwas entwenden sollte, das euch gehört, so werde ich es doppelt ersetzen. Wollt ihr aber nicht abziehen, sondern diese Burg hartnäckig verteidigen, so schwöre ich euch, dass ich eich alle mit dem Schwert erschlagen werde, wenn uns Gott und der Sieg hold sind!“

Die Garnison beantwortete das Angebot mit einem Angriff – und wurde bis auf die letzte menschliche Seele niedergemacht. Nach diesem überraschenden Erfolg zog Pribislaw mit den Seinen vor die nicht weit entfernte Burg Ilow. Weil der sächsische Statthalter Gunzelin vor Ort war, wagten die Slawen innerhalb der Festung nicht zu rebellieren, die Tore blieben verschlossen. Pribislaw merkte, dass er hier kein so leichtes Spiel haben würde wie in Mecklenburg und zog deshalb am nächsten Tag wieder ab. Dafür sahen in der Folge Malchow und Quetzin keine Möglichkeit, sich gegen das wendische Heer zur Wehr zu setzen und übergaben ihre Burgen an Pribislaw.

Im Juni 1164 überschritt Heinrich der Löwe mit einem großen Heer die Elbe. Verwüstend und schonungslos gegen alle Wenden Vergeltung übend, zog er durch die Priegnitz nach Malchow. Die Slawen hatten dort die Burg geräumt, als sie vom Nahen der Deutschen erfahren hatten. Heinrich ließ nun demonstrativ den aus Braunschweig mitgebrachten gefangenen Wertislaw, den Bruder Pribislaws, in Malchow aufhängen, um so den Slawen zu zeigen, dass er mit allen Mitteln gegen die Friedensbrecher vorgehen werde. Pribislaw zog sich nach Demmin zurück und verhandelte mit den Pommernherzögen Kasimir und Bogislaw eine Allianz. Für Heinrich war klar, dass er bis nach Vorpommern ziehen musste, wenn er einen Frieden erzwingen wollte. Während sein Heer die Festung Demmin belagerte, zeigte sich Pribislaw bereit, über seine Unterwerfung zu verhandeln. Das war so einigen Fürsten auf Heinrichs Seite nur recht. Doch am 6. Juli 1164 überfiel Pribislaw das Lager der Deutschen und metzelte unter den überrumpelten Belagerern den Grafen Adolf von Holstein nieder. Das war die Rache für den Tod von Wertislaw. Die Wenden fingen bereits an, das Lager zu plündern, als Graf Gunzelin mit einigen hundert Rittern Verstärkung eintraf und über die siegestrunkenen Wenden herfiel. Es sollen 2.500 Mann gewesen sein, die Pribislaw bei diesem Gegenschlag verlor.

Heinrich der Löwe brach über den Verlust seines getreuen Grafen Adolf in Tränen aus. Obwohl er den Schauenburger im Streit um Lübeck hart bedrängt hatte, war der Graf in seiner Treue nicht wankend geworden. Nun musste der Sieg genutzt werden, wenn er nicht wieder verlorengehen sollte. Und das wollte der Löwe bestimmt nicht. Mit seinem Heer nahm er die Verfolgung der Feinde auf, die ihre Festung Demmin niedergebrannt hatten, um sie nicht in die Hände der Deutschen fallen zu lassen. An der Mündung der Peene traf er auf seinen Verbündeten, den dänischen König Waldemar, der mit seiner Flotte vor Usedom angelegt hatte. Verbündeter ist wohl nicht die richtige Bezeichnung, denn sie waren ebenso Konkurrenten. Waldemar sah nämlich Wolgast als begehrenswerte dänische Kolonie an.

Es ist nicht ganz klar, was die beiden besprochen haben, denn Heinrich verabschiedete sich ziemlich plötzlich und zog sich über die Elbe zurück: In Braunschweig war eine byzantinische Delegation eingetroffen, die Heinrich offenbar erwartet hatte. Waldemar kümmerte sich selber um die Reste der Slawen, die infolge der Verwüstungen ihrer Äcker von einer Hungersnot heimgesucht wurden und scharenweise zu den Pommern und Dänen flohen. Schutz erhielten sie dort nicht, sie wurden von ihnen erbarmungslos als Sklaven an Polen, Sorben und Böhmen verkauft. Der Däne Waldemar sollte der große Gewinner dieses Feldzugs werden, denn er führte nun die Verhandlungen mit den Wenden und Pommern: Neben Pribislaw nahmen auch die pommerschen Herzöge Kasimir und Bogislaw den christlichen Glauben an und ließen sich taufen. Obgleich alle drei formell Vasallen/Tributpflichtige des Löwen waren, war der dänische Einfluss auf Demmin (auf dem Bild Dymin) und Pommern gleichwohl gestiegen. In Wolgast setzten sich die Dänen fest.

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Was es mit der Botschaft des byzantinischen Kaisers Manuel I. an Heinrich den Löwen auf sich hatte, kann leider nur vermutet werden. Weil Barbarossa in Italien das normannische Reich unterwerfen wollte – wodurch er noch stärker in Konkurrenz zu Byzanz getreten wäre - wird sich Manuel nach vorbeugenden Möglichkeiten umgesehen haben. Die früheren Reibereien zwischen Welfen und Staufer waren ihm selbstverständlich gut bekannt, und so konnte sich Manuel unschwer ausrechnen, dass der ebenso stolze wie mächtige Herzog Heinrich trotz aller vordergründigen Freundschaft zum Kaiser ein anderes Verhältnis hatte als irgendein gewöhnlicher Vasall. So ist es wahrscheinlich, dass Manuel den Versuch gemacht hat, die bei Heinrich latent vorhanden antikaiserlichen Tendenzen zu fördern und für sich zu nutzen. Es gab ja immerhin das Vorbild Welfs VI., der sich für die Interessen Rogers II. von Sizilien gewinnen ließ und Konrad III. seinerzeit durch ständige Plänkeleien vom Zug nach Italien abgehalten hatte.

Aber bei der Ankunft der byzantinischen Gesandtschaft in Braunschweig war die Gefahr für das süditalienische Normannenreich und damit auch für Manuel in Konstantinopel durch ein anderes Ereignis schon weitgehend gebannt. Der kaisertreue Papst Viktor IV. war 1164 gestorben und Barbarossa schwankte einen Augenblick, ob sich durch diese günstige Gelegenheit das Schisma beendigen ließe. Sein Kanzler Rainald von Dassel machte diese Erwägungen obsolet, denn er ließ umgehend einen neuen Gegenpapst wählen, der den Namen Paschalis III. annahm. Barbarossa entschloss sich im Herbst 1164, über die Alpen nach Deutschland zurückzukehren. Spätestens nachdem Venedig ihm die weitere Unterstützung versagte, gab es für den Kaiser in der Lombardei vorläufig nicht viel zu gewinnen.

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Mark
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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 4. Juni 2017 10:41

c) Krieg in Italien, Ärger in Sachsen

Heinrich der Löwe konnte sich zu dieser Zeit mal wieder als mindestens ebenbürtig mit seinem kaiserlichen Cousin ansehen. Während Barbarossa in Italien wenig erreicht hatte, war dem Herzog der Sieg über die Slawen gelungen. Freilich gab es für den Welfen einige Widerwärtigkeit in seinem sächsischen Herzogtum zu überwinden: Graf Heinrich von Arnsberg in Westfalen hatte seinen jüngeren Bruder nach langem Streit gefangengesetzt und im Kerker elend verhungern lassen, um sich das Erbe des Familiengutes ungeschmälert einverleiben zu können. Der Löwe und die Kirchenfürsten von Köln, Minden, Münster und Paderborn belagerten und zerstörten daraufhin die gräfliche Burg, und der Graf musste ins Exil gehen. Aber die Rechnung des Herzogs ging noch nicht auf, denn der Arnsberger vermachte seine Güter der Kölner Kirche, und mit dem Erzbischof von Köln, dem hochfahrenden Rainald von Dassel, wollte der Löwe deshalb doch keinen Streit anfangen. Der Einfluss von Köln in sein sächsisches Gebiet hinein war weiter gewachsen.

Ausgerechnet mit dem Löwen sowie mit Dassel besprach der Kaiser eine wichtige diplomatische Mission, die 1165 stattfinden sollte. Der Kanzler sollte an den englischen Königshof gehen und mit seinem politischen Geschick den englischen Herrscher Henry II. von der Gefolgschaft Papst Alexanders III. abbringen. Dazu sollte er dem englischen König ein Angebot für die Ehe zweier seiner Töchter mit dem im Juli 1164 geborenen ersten Sohn des Kaisers sowie mit Herzog Heinrich dem Löwen unterbreiten. Eine zweifache eheliche Verbindung zwischen England und dem Reich.

In England saß Henry II. seit 1154 auf dem Thron, er ist der Ausgangspunkt der Dynastie der Plantagenet, deren Wurzeln im französischen Adel sowie der Abstammung von William dem Eroberer liegen. Williams Sohn und Nachfolger Henry I. (1100-1135) hatte an legitimen Erben zuletzt nur seine Tochter Matilda, also bestimmte er sie zu seiner Nachfolgerin. Matilda musste ihren Anspruch dann aber gegen ihren Cousin Stephen de Blois verteidigen, ein Jahrzehnt des englischen Bürgerkriegs, das als The Anarchy in die Geschichte einging. Es gab hierbei soviel Verrat und Seitenwechsel, dass es Vorlage für eine eigene Staffel Game of Thrones sein könnte. Am Ende einigte man sich darauf, dass Stephen de Blois den Thron erhielt, Matildas Sohn Henry später aber sein Nachfolger werden würde. So geschah es dann auch, und Henry II. erhielt nach Stephens Tod 1154 die englische Krone. Und das ist der Wechsel zu den Plantagenet, Henry war zugleich normannischer wie französischer Abstammung:

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(mit dem gelben Pfeil unten Mitte ist jene Tochter Matilda markiert, die Heinrich der Löwe zur Braut erhielt. Rechts neben ihr Richard, der spätere König Löwenherz)

Der Plantagenet Henry II. war einer der reichsten Fürsten des Abendlandes, neben England gehörten ihm die Ländereien seiner Eltern in Frankreich: Anjou, Tourraine und die Normandie. Damit nicht genug, hatte ihm die Heirat mit Eleonore von Aquitanien 1152 auch noch Poitou, die Gascogne und Guyenne gebracht. So war rund die Hälfte Frankreichs, vor allem seine Küsten, unter der Herrschaft des englischen Königs. Für den französischen König Louis VII. war es nur ein schwacher Trost, dass Henry II. formell sein Vasall für jene Gebiete war. Real war der Plantagenet der Herrscher und womöglich in der Lage, Louis' formelle Oberhoheit zu beseitigen. Verständlich, dass der französische König ständig in Angst vor einem Coup seines englischen Kollegen lebte. Ein englischer Bund mit dem römisch-deutschen Kaiser konnte diese Angst nur schüren.

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Rainald von Dassel traf im April 1165 am Hof des englischen Königs in Rouen ein. Henry II. empfing ihn voller Ehren und lobender Worte über den Kaiser, aber er war eben auch als wendiger Polit-Taktiker bekannt. Die Verlobung zwischen Henrys neunjähriger Tochter mit Barbarossas neugeborenem Sohn Heinrich (später: Heinrich VI.) war schnell unter Dach und Fach. Auch die Verlobung zwischen Matilda und dem Löwen war für ihn nützlich.

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Dann ging es an die Sache mit dem päpstlichen Schisma, da hatte Rainald von Dassel einen wichtigen „Türöffner“ bei dem Plantagenet. In England tobte seit einigen Monaten nämlich ein Kirchenstreit, weil der Erzbischof von Canterbury und Primas des englischen Espikopats, Thomas Becket, sich weigerte, die vom König erlassenen Konstitutionen zu erfüllen. Darin wollte der König die Überstellung der weltlichen Gewalt über die Kirche klarstellen. Thomas Becket hatte wegen des Streits England im November 1164 verlassen und war nach Frankreich geflüchtet, wo sich auch schon Papst Alexander III. aufhielt. Rainald von Dassel war der Vertreter des Gegenpapstes, ein Zusammengehen mit Henry II. bildete also eine Front gegen Frankreich und Exil-Papsttum.

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Mit Thomas Becket ging es übrigens so weiter: König Henry II. verhandelte jahrelang mit ihm und Papst Alexander, ohne dass Fortschritte erreicht werden konnten. Becket kehrte im Dezember 1170 gleichwohl in sein Erzbistum Canterbury zurück, wo er von der Bevölkerung begeistert empfangen wurde. Dem englischen König war Becket derart ein Dorn im Auge, dass er sich in Anwesenheit von vier Rittern zu der Bemerkung hinreißen ließ: „Wer befreit mich von diesem Priester?“ Die Ritter interpretierten diese Äußerung als Mordbefehl, den sie am 29. Dezember 1170 in die Tat umsetzten: Sie schlugen Thomas Becket in dessen Kathedrale mit einem Schwert die Schädeldecke ab. Der Vorwurf, Urheber dieses Verbrechens zu sein, machte Henry II. als Bundesgenossen des Kaisers unmöglich.

Aber zurück zu dem Stand von 1165: Mit diesem diplomatischen Ergebnis (dem Bund mit England) im Gepäck eilte Dassel von Rouen nach Würzburg zurück, wo er die deutschen Fürsten davon zu überzeugen versuchte, dass Henrys Umschwenken die Unterstützung auch von über 50 englischen Kirchenfürsten auf die Seite des Gegenpapstes bedeutete. Bei den deutschen Herren war der sarkastische Rainald von Dassel nicht sonderlich beliebt. Aber seine flammende Ansprache, in der er die Überwindung des Schismas in Aussicht stellte, zeigte Wirkung: Der Kaiser selbst gab als erster das öffentliche Versprechen ab, Alexander III. niemals als Papst anzuerkennen und weder ihm noch seinem Nachfolger Gefolgschaft zu leisten. Heinrich der Löwe tat es dem Kaiser gleich, andere Fürsten wie der schwäbische Herzog des oder der Mainzer Erzbischof zogen es vor, die Versammlung rasch zu verlassen. Der schwäbische Herzog Friedrich IV. war übrigens der Sohn des früheren König Konrad III., der 1152 wegen seines zu jungen Alters in der Thronfolge übergangen worden war. Er war aber immer noch ein mächtiger Reichsfürst und stand bis zur Geburt von Barbarossas Sohn in der Thronfolge ganz oben.

Mit seinem Abreisen aus Würzburg hatte sich Friedrich IV. wohl kaum bei Barbarossa empfohlen, für Heinrich den Löwen eine Chance zum Aufstieg in der Adelshierarchie des Reiches. Der Kaiser hatte sich jetzt endgültig auf den Gegenpapst festgelegt, beigelegt war die Sache durch den Hoftag in Würzburg jedoch nicht. Aber schon Anfang 1166 schwenkte der Löwe doch wieder zur Seite von Alexander III. um. Grund dafür war der Streit zwischen dem Kaiser und der Salzburger Kirche. Nach dem Tod des alten Erzbischofs Eberhard hatte die Salzburger Domherren ihrem neuen Erzbischof Konrad zur Auflage gemacht, sich im Kirchenstreit auf die Seite von Alexander zu stellen.

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Barbarossa dagegen verlangte von Konrad, entweder den Gegenpapst Paschalis anzuerkennen oder aber das Salzburger Erzbistum zurückzugeben. Da aber trat Heinrich der Löwe als Fürsprecher des Erzbischofs auf und erwiderte mit Nachdruck, dass Konrad das Erzbistum rechtmäßig besitze, da er kanonisch gewählt worden sei und auch dreimal beim Kaiser um die Erteilung der Regalien ersucht habe. Barbarossa wurde unsicher, aber die Sache musste geklärt werden, wenn er seine eigene Würzburger Anordnung in Misskredit bringen wollte. Spätestens jetzt zeigte sich, in welche Sackgasse sich der Staufer manövriert hatte. Da eine Vermittlung nichts brachte, musste Barbarossa über Konrad und die anderen Salzburger Kleriker die Reichsacht verhängen, ihre Lehen einziehen und schließlich auch den Krieg gegen die Salzburger erklären.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 9. Juni 2017 20:38

Heinrich der Löwe machte nun seinen nächsten Schachzug und vermählte seine Tochter Gertrud, die aus seiner ersten Ehe mit Clementia von Zähringen stammte, mit dem Schwabenherzog Friedrich, dem eben erwähnten Sohn des früheren Königs Konrad. Die Ehe sollte den Clinch zwischen Welfen, Staufer und Zähringer in Süddeutschland mildern, war aber nicht von langer Dauer.

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Im Herbst brach Barbarossa zu seinem vierten Italienzug auf – enttäuscht darüber, dass sein Vetter Heinrich ihm wieder keinen Beistand leistete. Der Kaiser musste erstmals mit einer größeren Zahl von Söldnern nach Italien ziehen, was ihn Unsummen kostete. Das Jahr 1167 brach an und brachte Heinrich dem Löwen einige eigene Probleme. Sein alter Widersacher Albrecht der Bär hatte mit dem Erzbischof von Magdeburg und dem Landgraf von Thüringen eine Fraktion gebildet, ihr gemeinsames Heer erschien vor der ihnen verhassten Festung Haldensleben und belagerten sie. Gleichzeitig zerstörte der Oldenburger Graf Christian eine von Heinrichs Burgen und zog mit seinen friesischen Soldaten nach Bremen, wo ihn die Bürger freudig als Befreier von dem unbeliebten Welfen begrüßten.

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Der Löwe musste jetzt schnell reagieren. Die Wenden befriede er, indem er seinen dort verhassten Präfekten zurückberief und den Fürsten Pribislaw mit dem Land seines Vaters Niklot belehnte. Nur das Gebiet um Schwerin nahm er davon aus, das er seinem getreuen Grafen Gunzelin gab. Das war für den Herzog ein Rückschlag, doch nur so konnte er den Zweifrontenkrieg entschärfen. So im Osten abgeschirmt, wendete sich Heinrich zunächst seinem Gegner, dem Erzbischof von Magdeburg, zu. Dort marschierte er ein und ließ schlimme Verwüstungen in den Dörfern und Feldern anrichten. Wichmann von Magdeburg ließ sich davon nicht abbringen, Haldensleben zu belagern, also ging der Herzog daran, seine eingeschlossene Garnison zu entsetzen. Da gelang es aber einigen geistlichen Herren, dem Kampf Einhalt zu gebieten und eine Vereinbarung zustande zu bringen, wonach der Herzog die Festung nach Ostern 1167 während eines Fürstentages dem Erzbischof übergeben sollte.

Das verschaffte dem Welfen Zeit, die er nutzte, um weiter nach Bremen zu ziehen. Zunächst standen sich die Gegner dort vier Tage lang nur auf Distanz gegenüber, denn jeder wollte erst einmal seine Siegchancen erkunden. Währenddessen hatte Heinrich Verstärkungen herangeholt, das zwang die Oldenburger zum Verlassen von Bremen. Sie zogen sich in die heimischen Festungen zurück, die inmitten der friesischen Sümpfe lagen und nur schwer anzugreifen waren (Sümpfe kommen in CK2 als Terrain leider gar nicht vor). Der Herzog ließ das abtrünnige Bremen plündern und erklärte über die Einwohner die Acht. Viele der Bremer flohen vor der Rache des Welfen in Scharen nach Friesland. Gegen Zahlung von 1000 Mark Silber nahm der Herzog die Bremer aber wieder in seine Gnade auf.

Nun sollte der Herzog Haldensleben dem Magdeburger Erzbischof übergeben. Aber Heinrich bereute diese Zusage längst, schließlich fühlte er sich jetzt wieder stark genug, um allen Attacken widerstehen zu können. Die Reaktion kam prompt, die gegen ihn gerichtete Koalition vergrößerte sich um den Markgraf von Meißen, außerdem erklärte das Kölner Erzbistum seine Solidarität mit den Empörern. Da war sie wieder, die Rivalität zwischen dem Welfen Heinrich und dem Kölner Rainald von Dassel. Die Situation war für Heinrich erst recht gefährlich geworden. Die Streitkräfte der vereinigten Fürsten zogen gegen Goslar und verwüsteten es samt ihrer Pfalz. Die Goslarer, die immer schon lieber königlich, also eine freie Reichsstadt gewesen wären, als dem Herzog zu unterstehen, erhoben sich nun ebenso wie einige Monate zuvor die Bremer, um die Herrschaft des Welfen abzuschütteln. Aber es nützte den Golarern ebenso wenig wie den Bremern, denn auch hier war der Löwe rasch zur Stelle und zeigte den Abtrünnigen, dass er nach wie vor der Herr war. Dem ebenfalls aufständischen Hildesheim ging es nicht anders. „Durch ganz Sachsen brauste der wilde Sturm des Aufstandes, weil alle Fürsten gegen den Herzog kämpften. Krieger wurden gefangen und verstümmelt, Burgen und Häuser zerstört und Städte eingeäschert“, schreibt Helmold von Bosau. In dem Karussell der gegenseitigen Verwüstungen, Plünderungen und Annexionen gelang es dem Magdeburger Erzbischof, die für uneinnehmbar gehaltene Festung Haldensleben zu zerstören. Nun schlug sich auch der Lübecker Bischof Konrad, den Heinrich erst drei Jahre zuvor selbst eingesetzt hatte, auch auf die Seite seiner Gegner. Der Herzog schlug zurück und konfiszierte den Lübecker Besitz, außerdem riss er die Verwaltung der Bremer Münze an sich. Wenn die sächsischen Fürsten geglaubt hatten, dank ihrer Überzahl in Abwesenheit des Kaisers mit dem Löwen leichtes Spiel zu haben, so sahen sie sich darin bald getäuscht, denn der Welfe wusste sich hartnäckig zu wehren und schlug unerbittlich zurück.

Von dem allgemeinen Aufruhr in Sachsen hatte auch der Kaiser in Italien erfahren und zwei Abgesandte dorthin losgeschickt, Erzbischof Christian von Mainz und Berthold von Zähringen. Den beiden kaiserlichen Beauftragten gelang es, das sächsische Chaos im Herbst 1167 zum Stillstand zu bringen und eine allgemeine Waffenruhe durchzusetzen.

Aus Italien, von wo aus die beiden Gesandten geschickt worden waren, gab es viel zu berichten. Kaiser Friedrich Barbarossa hatte es geschafft, Rom einzunehmen und seinen Gegenpapst Paschalis III. zu inthronisieren. Papst Alexander hatte die Stadt fluchtartig, als Pilger verkleidet, verlassen müssen. Der Staufer schien auf dem Höhepunkt seiner Macht zu stehen. Da machte in der Augusthitze 1167 ein über Rom hereinströmender Wolkenbruch die Stadt zu einer einzigen Kloake, in der sich die Malaria mit rasender Schnelligkeit ausbreitete. Einige tausend Deutsche wurden in wenigen Tagen dahingerafft, unter ihnen nicht wenige kirchliche und weltliche Fürsten, vor allem: der Kölner Erzbischof und Kanzler Rainald von Dassel, sowie der Schwiegersohn des Löwen Herzog Friedrich IV. von Schwaben.

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Mit den siechen Resten des Heeres konnte der Kaiser unmöglich einen weiteren Marsch nach Süden, gegen Sizilien, wagen. Selbst der Heimmarsch geriet zum Debakel, weil sich die lombardischen Streitkräfte den Deutschen in den Weg stellten. Barbarossa musste Italien im März 1168 schließlich mit einer kleinen Schar von Getreuen und als Knecht verkleidet, über den Umweg Piemont verlassen. Der direkte Weg nach Norden war ihm versperrt.

Nach dem vermittelten Waffenstillstand befand sich auch Heinrich der Löwe weiterhin in einer schwierigen Lage – und dachte ans Heiraten. Aber gut, es ging um die ihm anverlobte Tochter des englischen Königs. Die Aufbesserung seines Prestiges sowie die stattliche Mitgift der Braut konnten dem Welfen in seinen Kriegsbemühungen nur helfen. Außerdem war es Zeit, einen Sohn zu bekommen. Heinrich hatte noch keinen Erben und der einzige Spross seines Onkels Welf war in Rom an der scheußlichen Malaria gestorben. Die Hochzeit zwischen Heinrich und Matilda am 1. Februar 1168 in Minden war ein Gesellschaftsereignis. Das eigentliche Hochzeitsfest und das Beilager, mit dem die Ehe erst vollzogen wurde, feierte man in Braunschweig mit großem Gepränge. Auf dem folgenden Bild von 1172 ist Matilda im Alter von 16 Jahren zu sehen, bei der Hochzeit war sie, na ja, zwölf Jahre alt.

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Die Kämpfe in Sachsen brachen im Frühjahr 1168 erneut aus, aber dieses Mal war der Kaiser zurück im Lande. Er berief die sächsischen Fürsten für den 5. Mai zu einem Hoftag nach Würzburg – aber sie kamen nicht. Auch einen zweiten Termin im Laufe des Mai 1168 ließen sie verstreichen, ja setzten die Verwüstungen in den Gebieten des Herzogs nach Kräften fort. Das war ein deutliches Zeichen dafür, dass die Autorität des Kaisers arg gelitten hatte. Erst nach dem dritten Anlauf kam es Ende Juni 1168 zu dem Reichstag, bei dem sich alle Kontrahenten persönlich gegenüber saßen.

Friedrich Barbarossa nahm seinen Vetter gegen die Anklagen der Fürsten in Schutz und versuchte, Frieden zu stiften. Der Kaiser brauchte Ruhe in Sachsen, wenn er noch einmal mit Macht in Italien auftreten wollte. Die Gegner des Löwen bezichtigte er daher, Unruhe gestiftet und damit seinen Italienzug von 1166 geschwächt zu haben. Das war ein schwerer Vorwurf, darauf standen harte Strafen. Barbarossa machte damit aber nicht Ernst, das hätte nur Öl ins Feuer gegossen. Murrend versprachen die sächsischen Fürsten, Heinrich in Ruhe zu lassen. Der Kaiser war nicht gerade überparteilich aufgetreten, zu offenbar war seine Nähe zu dem Welfen. Heinrich war durch die Fürsprache des Kaisers in der Tat günstig davongekommen. Und daher verlangte Barbarossa nun eine Gefälligkeit dafür – die Rückgabe von Goslar. Dem musste Heinrich nachgeben, es war ein herber Verlust für ihn. Goslar war strategisch wichtig gelegen und mit seinen Silberbergwerken wirtschaftlich bedeutend. Heinrich der Löwe beschloss, dass sein Vetter dafür einen Dämpfer verdiente.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 13. Juni 2017 07:46

Der Herzog nutzte die familiäre Bande, die er zu Englands Henry II. geknüpft hatte. Der Plantagenet war ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass der Macht der Staufer Einhalt geboten werden müsse. Der im Exil weilende Papst Alexander bot sich da als geeignetes Gegengewicht zum Kaiser. Um das Schisma waren jüngst erhebliche Ungewissheiten entstanden. Im zehnten Jahr des Kirchenstreits starb der Gegenpapst Paschalis in Rom und wieder wurde Barbarossa von der schnellen Nachfolgewahl eines nächsten Gegenpapstes, Calixt III. sein Name, überrumpelt.

Auch in Sachsen starb jemand, und zwar der Bremer Erzbischof Hartwig, ein alter Gegner des Welfen. Sofort bildete sich eine Fraktion in Bremen, um Siegfried, den Sohn von Albrecht dem Bären, als Nachfolger auf den Erzbischofsstuhl zu wählen. Das war gefährlich für Heinrich, denn Bremen hätte dann mit der Macht des Brandenburger Markgrafen zusammengestanden. Und wieder war der Herzog entschlossener und grimmiger in seinen Handlungen, er unterband mit harter Hand die Wahl von Siegfried. Wieder musste der Kaiser einen Reichstag einberufen, um über die Streitigkeiten in Sachsen zu richten.

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Nur der kaiserlichen Autorität war es zuzuschreiben, dass sowohl Heinrich der Löwe als auch seine Gegner, der Erzbischof von Magdeburg sowie die Markgrafen von Brandenburg, Meißen und der Lausitz wie auch der Landgraf von Thüringen und andere Herren im Juni 1169 nach Bamberg kamen. Man kann sich vorstellen, mit welch mühsam verhaltenem Grimm sich diese Widersacher dort begegneten und gegenüber saßen, da sie sich doch sonst bei einem Treffen auf freiem Felde unweigerlich auf Leben und Tod bekämpft hätten. Und wieder hielt der Kaiser zu seinem Vetter, in Bremen sollte Heinrichs früherer Kaplan Balduin Erzbischof werden. Für die große Zahl der sächsischen Fürsten, die zum Askanier Siegfried hielten, war das eine bittere Enttäuschung.

Wieder verlangte der Kaiser für seine Parteinahme von dem Welfen eine Gegenleistung. Heinrich hatte zu unterstützen, dass Friedrichs vierjähriger Sohn Heinrich (VI.) zu seinem Nachfolger gewählt wird. Für den Welfen war das das Ende seiner Ambitionen, später einmal selber Nachfolger des Staufers auf dem Thron zu werden. Der Junge wurde im August 1169 dann auch in Aachen zum König gekrönt. Seinen erstgeborenen Sohn Friedrich überging Barbarossa. Das mag politisch begründet gewesen sein, denn nach dem Tod des Herzogs Friedrich IV. (die Malaria-Geschichte in Rom) war der kleine Friedrich der neue Herzog von Schwaben geworden. Von manchem Fürsten wäre Widerstand gegen eine solche Machtzusammenballung zu erwarten gewesen, wenn dieser Junge dann auch noch die Krone hätte erben sollen. Barbarossa hat seinen Erstgeborenen aber wohl auch übergangen, weil dieser vermutlich ein Gebrechen hatte, dass ihn für den Vater als Monarchen nicht für geeignet erscheinen ließ. Und in der Tat, der kleine Friedrich starb noch im selben Jahr. An seine Position als Herzog von Schwaben rückte nun Barbarossas dritter Sohn Konrad, der von nun an den staufischen Leitnamen Friedrich erhielt.

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Heinrich der Löwe musste zusehen, dass er beim nächsten Aufstand seiner sächsischen Fürsten nicht wieder alleine dastehen würde. In den Jahren 1170 und 1171 arrangierte er deshalb für zwei seiner Töchter politische Ehen. Zunächst gab er die unehelich geborene Mathilde dem Sohn des Wendenfürsten Pribislaw zur Frau, dann verhandelte er mit dem dänischen König Waldemar die Ehe zwischen dessen Sohn, dem Prinzen Knud, mit Gertrud. Die war vorher ja die Frau des Staufers Friedrich IV. von Schwaben gewesen (der mit der Malaria), nun also Witwe. Okay, Knud war erst acht Jahre alt, die Vermählung musste also später stattfinden. Aber Gertrud zog bald an den dänischen Königshof. Dem dänischen König gestand der Welfe eigenen Einfluss auf das Land der Wenden zu, es war eine Aufteilung der Beute. Heinrich der Löwe sicherte mit der zweifachen Heiratspolitik seine Grenzen ab.

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d) Heinrichs Pilgerfahrt

Als dann noch am 18. November 1170 sein alter Widersacher Albrecht der Bär starb, bedeutete das für den Herzog eine erhebliche Entspannung der Lage. Von Albrechts Söhnen und insbesondere von seinem Nachfolger Otto erwartete Heinrich offenbar keinen Angriff. Nach den Wenden und den Dänen waren nun auch die sächsischen Fürsten zu einem dauerhaften Frieden bereit. Die Voraussetzungen waren günstig, Heinrich der Löwe änderte seinen Fokus auf Frömmigkeit.

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Eine Pilgerreise in das Heilige Land gehörte zum guten Ton, in ritterlichen Kreisen allemal. Dem Welfen war es wohl nachträglich nur recht, dass er nicht 1147 mit dem großen Haufen des misslungenen zweiten Kreuzzugs ins Morgenland aufgebrochen war (er hatte ja damals seinen „eigenen“ Kreuzzug gegen die Wenden geführt). Jetzt hatte Heinrich eine bessere Gelegenheit, als Einzelreisender vor aller Welt seine Würde und seinen Reichtum zu präsentieren. Erzbischof Wichmann von Magdeburg, mit dem er noch vor kurzem im Krieg gelegen hatte, konnte kaum anders, als den Herzog für ein so frommes Unterfangen freizustellen. Der Kirchenfürst war sogar bereit, Heinrich während dessen Abwesenheit zu vertreten, und er gab damit die beste Versicherung für die Einhaltung des Friedens ab.

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Mit rund 500 Rittern brach der Löwe mitten im Winter, im Januar 1172, in Braunschweig auf, begleitet von Bischof Konrad von Lübeck, mit dem er sich wieder ausgesöhnt hatte. Auch die Äbte von Braunschweig und Lüneburg, Fürst Pribislaw und Graf Gunzelin waren dabei. Es ging zunächst über Baiern, wo Heinrich einige örtliche Angelegenheiten regelte. Weiter ging es nach Österreich, wo er von Herzog Heinrich II. Jasomirgott begrüßt wurde. Gut, die beiden hatten sich früher wegen des Herzogtums Baiern ordentlich gezankt, inzwischen war ihr Verhältnis aber ganz gut. Jedenfalls bereitete der Babenberger dem Welfen in Wien einen glänzenden Empfang, und der Löwe nutzte wohl die Gelegenheit, das nahegelegene Grab seiner Mutter zu besuchen.

Über die Donau ging es weiter nach Ungarn. Als Heinrich am 4. März 1172 Gran, die damalige Hauptstadt des Landes, erreichte, trafen sie auf die beginnenden Trauerfeierlichkeiten für den plötzlich völlig unerwartet verstorbenen König Stephan III. - konnte man unter diesen Umständen die Reise einfach fortsetzen? Nach Beratungen mit den ungarischen Fürsten und Versicherungen, dass man die Weiterreise nicht übelnehme, begaben sich die Wallfahrer wieder auf ihre Schiffe. Vor Belgrad gab es einen Schiffbruch, aber dem Welfen passierte dabei nichts. Hinter Belgrad musste die Reise zu Land fortgesetzt werden, die Stromschnellen des so genannten Eisernen Tores in den Karpaten waren zu heikel. Die Serben waren den Durchreisenden weniger gut gesonnen als die Ungarn, denn sie waren kurz zuvor vom byzantinischen Kaiser gedemütigt worden, nachdem sie einen Aufstand gewagt hatten. Die Reisegesellschaft war aber nicht unbewaffnet, man konnte sich nächtlicher Übergriffe erwehren. In erstaunlichem Tempo kam man voran und erreichte am 14. April 1172 Konstantinopel, die Kaiserstadt.

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Der byzantinische Kaiser Manuel I. war seit 1143 an der Macht und ein gebildeter Mann, dem Westen durchaus zugeneigt. Seine Gäste empfing er mit allem orientalischen Prunk, der die Besucher aus Sachsen tief beeindruckte. Es war Ostern und die Deutschen nahmen am Gottesdienst der Ostkirche teil, der fremdartig auf sie gewirkt haben muss. Manuel wollte die Spaltung der Kirche, die seit 1054 bestand, überwinden und dem römischen Papst unterstellen, mit sich selbst als den weltlichen Herrscher dieser vereinigten Christenheit. Deshalb sah Manuel in Friedrich Barbarossa stets einen Rivalen, mit dem er besonders wegen der Vorherrschaft über Italien aneinandergeriet.

Als die Pilger schließlich ihre Weiterreise antraten, beschenkte Manuel sie reichlich und gab ihnen ein voll ausgestattetes Schiff mit. Damit ging es auf dem Seeweg weiter nach Akkon, wo man wieder an Land ging. Dort kamen ihnen bereits Männer der Templer- und Johanniterorden entgegen. Unter Lobgesängen und Hymnen wurden die Pilger in die Stadt geleitet.

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Herzog Heinrich blieb mit den Seinen zunächst drei Tage in Jerusalem. Er stiftete unter anderem dem Heiligen Grab einen großen Geldbetrag und der Auferstehungskirche drei prunkvolle Ewige Lampen, zu deren Unterhalt er die Einkünfte von zwei Häusern bestimmte, die er in Jerusalem kaufte. Besucht hat der Welfe Bethlehem, den Ölberg, den Jordan und jene Stelle in der Wüste, wo Christus der Überlieferung nach vom Teufel in Versuchung geführt worden ist.

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Die Rückreise trat Heinrich über den Landweg an, während ein Teil seines Gefolges mit dem byzantinischen Schiff den Seeweg wählte. Von den Schiffsreisenden starben unterwegs der Bischof von Lübeck und der Abt von Lüneburg. Der Herzog besuchte währenddessen etwa Anfang Juli 1172 Antiochia. Auf der Weiterreise begrüßte auch der Sultan von Ikonium herzlich: Er hatte eine Christin unter seinen Vorfahren und empfand eine Geistesverwandtschaft mit dem Welfen. Das hatte eine gewisse Ironie, war doch hier 25 Jahre zuvor der zweite Kreuzzug gescheitert. Zwar wollte Sultan Arslan II. sich nicht taufen lassen, aber Heinrich konnte bei ihm die Freilassung von christlichen Gefangenen erreichen. Erneut mit Geschenken überhäuft, konnten die Pilger mit Geleitschutz weiterreisen. Westlich des Bosporus traf Heinrich erneut den byzantinischen Kaiser, und wieder gab es Geschenke. Die weitere Heimreise legten die Pilger ohne Zwischenfälle auf dem gleichen Weg zurück, den sie im Frühjahr auf der Hinreise genommen hatten. In Ungarn begrüßte der neue König Bela III. den Welfen und gab ihm eine Eskorte bis zur Grenze nach Österreich mit.

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Der Herzog ritt sogleich nach Augsburg, wo der Kaiser zusammen mit vielen Fürsten Weihnachten feierte und seinen Vetter freudig begrüßte. Natürlich ließ er sich ausführlich über die Ereignisse der Reise berichten, zumal er ja einen Teil der Orte von seiner Teilnahme am zweiten Kreuzzug her kannte. Gemeinsam zogen der Staufer und der Welfe gegen die Polen, die militärisch an ihre pünktlichen Tributzahlungen erinnert werden mussten.

Anschließend hielt sich Barbarossa eine Weile in Sachsen auf, wo ihm die dortige Aristokratie huldigte – mit Ausnahme der Söhne des verstorbenen Markgrafen Albrecht von Brandenburg. Der Kaiser wollte ihnen nämlich einen Teil ihres väterlichen Erbes wegnehmen und damit erwarb er sich natürlich keineswegs deren Sympathie. Heinrich der Löwe beäugte das Handeln seines Vetters mit Argwohn: Wollte Barbarossa in sein Einflussgebiet eindringen? Und was hatte der Kaiser während seiner Pilgerreise womöglich mit seinen sächsischen Fürsten besprochen? Womöglich waren seine Ländereien für den Fall seines Todes während der Pilgerreise verabredet worden, um seine Familie um ihr Erbe zu bringen. Aber Heinrich war wohlbehalten zurückgekehrt und eilte nach Braunschweig. In der Zwischenzeit war der erwartete Nachwuchs angekommen, allerdings war es zu seinem Leidwesen wieder eine Tochter.

Das änderte sich pünktlich neun Monate nach Heinrichs Eintreffen in Braunschweig, seine Frau Matilda brachte um die Jahreswende 1173/74 einen Sohn zur Welt. Der Junge wurde natürlich Heinrich genannt und dürfte den Herzog sehr froh gemacht haben. Immerhin war der Löwe bereits 44 Jahre alt. Danach kamen rasch zwei weitere Söhne: Wohl im Jahre 1175 oder 1177 kamen – die Reihenfolge ist unklar – der nachmalige König Otto IV. und der bereits 1190 verstorbene Lothar zur Welt. Vermutlich war Lothar der ältere der beiden, denn ihm hatte Heinrich den Namen seines kaiserlichen Großvaters Lothar III. gegeben.

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Auf dem Bild ist rechts Heinrichs Onkel Welf VI. zu sehen, der 1191 sterben sollte. Der hatte ja in Italien die Mathildischen Güter erhalten und ging inzwischen auf die sechzig Jahre zu. Weil er einen aufwendigen Lebensstil pflegte und keine Nachkommen hatte, ereignete sich 1174 etwas Außergewöhnliches: Welf ging auf den Kaiser zu mit dem Angebot, ihm die Verfügungsrechte über sein Lehen zu verkaufen – er war halt pleite und brauchte keine Rücksicht auf die Erbansprüche von Söhnen zu nehmen. Für Heinrich den Löwen war es bestimmt eine herbe Enttäuschung, denn es handelte sich um Gebiete, mit denen sein Vater Heinrich der Stolze 1137 von seinem Großvater Lothar III. belehnt worden war: Tuszien, Spoleto, Sardinien und Korsika. Welf hatte kein Interesse daran, sich damit an seinen Neffen Heinrich zu wenden, die beiden verband so ziemlich gar nichts. Barbarossa griff zu und versprach Welf das Geld.

Mit einigen politischen Schachzügen weitete der Kaiser das Gebiet der Staufer dann auch noch nach Franken aus und damit war klar, dass Heinrich der Löwe seine Herzogtümer Sachsen und Baiern nicht miteinander würde verbinden können. Der Welfe geriet ins Abseits gegenüber seinem Vetter, der seinen nächsten Italienzug plante, um endlich die Lombarden zu unterwerfen und das Problem der Kirchenspaltung – auch mit Gewalt – zu lösen. Es lag also Stunk in der Luft im Verhältnis zwischen Heinrich und Friedrich.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 19. Juni 2017 20:14

e) Die Unterredung von Chiavenna

Anfang des Jahres 1176. Heinrich der Löwe hat sich nach Baiern begeben, da erreicht ihn die Nachricht des Kaisers mit der Aufforderung zu einer Unterredung. Ort des Treffens soll der Ort Chiavenna nördlich des Comer Sees sein.

Barbarossa befand sich in einer sehr misslichen Situation. Nach einer monatelangen opferreichen und schließlich doch vergeblichen Belagerung der ihm verhassten Stadt Alessandria während des ganzen Winters 1174/75 hatte er zwar mit den Lombarden im April 1175 einen Vorfrieden geschlossen. Er hatte aber keinen Keil in das Bündnis zwischen Norditalien und Papst Alexander III. treiben können. Inzwischen konnte der Kaiser seine Söldner nicht mehr bezahlen und musste sie ziehen lassen. Nun konnte er die erneut ausbrechenden Attacken der Lombarden kaum abwehren. Barbarossa hatte im Herbst 1175 bereits den Kölner Erzbischof Philipp in die Heimat entsandt, damit dieser dort neue Streitkräfte mobil machte.

Mit seinem Vetter wollte der Kaiser offenbar selber reden. Ende Februar 1176 trafen die beiden wie verabredet zusammen. Der Staufer machte Heinrich dann Elogen, dass er ohne dessen persönliches Mitwirken gegen die Lombarden nichts ausrichten könne. Der Welfe stellte sich daraufhin wegen der Strapazen der bisherigen Feldzüge als ausgezehrt an Soldaten und Kräften dar, der 47jährige bezeichnete sich sogar selbst als einen Greis. Anstandshalber bot Heinrich stattdessen Geld an.

Der Kaiser antwortete darauf: „Der Herr des Himmels hat Dich erhöht unter den Fürsten und Dich vor allem mit Reichtum und Ehren begnadet. Die ganze Stärke des Reiches beruht auf Dir. So ist es billig, dass Du, um die Armee aller zu diesem Werk zu kräftigen, Dich an die Spitze stellst, damit das Reich, welches jetzt zu wanken beginnt, durch Dich, der bisher anerkanntermaßen dessen vorzüglichste Stütze war, sich wieder kräftig erhebe. Wir bitten Dich, daran zu denken, dass wir Dir nie einen Wunsch abgeschlagen haben und stets bereit gewesen sind, Dich in allen Deinen Ehren und Würden zu fördern; dass wir Deinen Feinden stets feind waren und keinen Dir gegenüber mächtig werden ließen. Ohne also Deines Wortes und Deiner Eide zu gedenken, welche Du dem Reiche geschworen hast, wollen wir Dich jetzt nur an unsere Verwandtschaft, wodurch Du uns vor allen nahestehst, erinnern, damit Du in der gegenwärtigen Not uns, der wir zugleich Dein Vetter, Dein Herr und Dein Freund sind, zu Hilfe kommen, und dafür in Zukunft in allem, was Du wünschest, unseres Wohlwollens Dich versichert halten mögest.“

Friedrich muss seine Lage wirklich in den düstersten Farben gesehen haben, wenn er davon sprach, dass das Reich zu wanken beginne. Wo war sein sonst stets spürbarer Stolz geblieben? Aber Heinrich ließ sich nicht durch solch unterwürfige, bittende Worte des Kaisers umstimmen. Zwar bot er Barbarossa jegliche Dienstleistung an, wies aber auf die Rechtslage hin, wonach er außerhalb der deutschen Lande und ohne allgemeines Aufgebot zu keiner Unterstützung des Kaisers verpflichtet sei.

Angesichts solch hartnäckiger Weigerung und seiner Notlage scheint der Kaiser alle Beherrschung und allen Stolz verloren zu haben und er fiel vor dem Welfen auf die Knie und bat ihn flehentlich um seine Hilfe.

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Über die unmittelbaren Reaktionen auf diesen Kniefall wird verschiedenes berichtet. Einer schreibt, dass Heinrich bestürzt seinen Vetter so schnell wie möglich wieder aufgerichtet habe. Nach einer anderen Version hat der Truchsess des Herzogs seinen Herrn zurückgehalten mit den Worten: „Lasst die Krone des Reiches jetzt nur zu Euren Füßen liegen, Herr, sie wird bald auf Euer Haupt kommen!“ Die anwesende Kaiserin Beatrix dagegen soll ihren Gemahl aufgefordert haben: „Erhebe Dich, mein Herr, und gedenke dieses Falles, an den sich auch Gott erinnern möge!“ Vielleicht haben sich diese unterschiedlichen Darstellungen auch zugleich ereignet und Heinrich hat den Kaiser erst nach einigen Momenten des Zögerns aufgehoben. Es gibt auch einen Bericht, nach dem der Welfe es nicht für der Mühe wert erachtet habe, Friedrich aus seiner demütigen Geste zu befreien.

Eines ist klar – der Löwe verlangte im Anschluss an diese Szene für seine Unterstützung vom Kaiser die neuerliche Belehnung mit Goslar, der reichsten Stadt Sachsens. Der Kaiser aber hielt es für schmachvoll, sich ein solches Lehen gegen seinen Willen abpressen zu lassen und verweigerte seine Einwilligung. Wenn es stimmt, dass die beiden einst die Aufteilung des Reiches in eine nördliche und eine südliche Interessensphäre verabredet hatten, dann hat der Löwe Goslar mit Recht zurückgefordert. Das Band zwischen den beiden Vettern war damit jedenfalls zerschnitten. Heinrich verließ Chiavenna voller Zorn über die verweigerte Belehnung und ritt zurück nach Baiern.

Jetzt führte Heinrich eine Politik, die sich gegen den Kaiser richtete. Mit dem Österreicher Jasomirgott ordnete er einige Ansprüche im Süden und gewann damit mehr Kontrolle über den Alpenübergang am Brenner – für den Kaiser eine strategisch wichtige Route nach Italien. Und seinen Onkel Welf VI. umwarb er so lange, bis dieser ihm statt dem Kaiser den Verkauf der Mathildischen Güter zusagte. Auf das zugesagte Geld von Barbarossa wartete Welf nämlich noch immer und hatte keine Geduld mehr. Verständlich, denn er wollte über die Mittel naturgemäß zu seinen Lebzeiten verfügen. Für den Löwen eine gute Wendung – aber er spekulierte wohl ebenso auf den baldigen Tod seines Onkels, der ihn dann der vereinbarten finanziellen Gegenleistung entheben würde. Und so ließ er sich mit der Bezahlung auch Zeit und zögerte sie mehrere Jahre hinaus.

Barbarossa erlitt unterdessen im Mai 1176 mit seinen viel zu wenigen Rittern in der Schlacht von Legnano nahe Mailand eine militärische Niederlage gegen mailändisches Fußvolk. Militärisch war die Niederlage nicht sehr bedeutend, aber politisch hatte es doch weitreichende Konsequenzen. Barbarossa musste Verhandlungen mit Mailand und Papst Alexander aufnehmen. Diese Verhandlungen führte der Kaiser zäh und mit Geschick und kam mit verhältnismäßig gutem Ergebnis durch. Im Frieden von Venedig 1177 schloss er zum einen mit den Lombarden einen sechsjährigen Waffenstillstand und mit dem Papst ein separates Abkommen. Die Kirchenspaltung wurde nach 18 Jahren beendet, denn Barbarossa erkannte Alexander III. nun als allein rechtmäßigen Papst an und leistete mal wieder den Stratordienst. Der Gegenpapst wurde abgesetzt.

Das Ende des Schisma bedeutete eine „Umorganisation“ der Kirche. Immerhin hatte der Gegenpapst, dessen Herrschaft nun offiziell als nichtig angesehen wurde, zahlreiche Geistliche in ihren Stand geweiht. Diese Weihen galten jetzt als ungültig. Der Staufer ließ so manchen deutschen Kirchenfürsten, der wie er selbst gegen Alexander III. gestanden hatte, aus seinem Amt entfernen – und zwar bevorzugt jene, die Heinrich dem Löwen nahestanden. Gegner des Welfen, wie Erzbischof Philipp von Köln, erhielten von Papst Alexander eine neue Ernennung für ihr Amt und wurden vom Kaiser nicht länger zurückgehalten, gegen Heinrich loszuschlagen.

Heinrich der Löwe glaubte sich zu dieser Zeit wieder einmal berechtigt, sich in zwei Fällen Erbschaften anzueignen, bei denen nur unmündige oder weibliche Nachkommen vorhanden waren (im Spiel sind das die Gründe, bei denen man schwache Ansprüche erheben kann). In einem Fall handelte es sich um die Erbschaft des Grafen von Oldenburg, wo er die Ansprüche von dessen kleinen Söhne überging. Im zweiten Fall ging es um Güter des Grafen von Assel, die eigentlich dessen Tochter zustanden. Und welch Zufall: In beiden Fällen handelte es sich um Verwandte des Erzbischofs Philipp von Köln. Der forderte vom Löwen die Rückgabe der Erbschaften an seine Familie, natürlich ohne Erfolg. Mit Ermunterung des Kaisers rüstete Philipp von Köln zum Krieg gegen Heinrich. Mit Mainz schloss Philipp einen Bund und stellte ein Heer auf, mit dem er in Westfalen einbrach.

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Sengend und brennend durchzog der Erzbischof mit seinen Truppen das Gebiet des Herzogs. Nicht nur Burgen wurden mit wildem Drang verwüstet, auch Kirchen und Klöster verschonten die Erzbischöflichen keineswegs. Heinrich musste sich angesichts dieses Sturms zurückziehen. Als bereits Hameln und Höxter verwüstet waren, gelang es Erzbischof von Magdeburg, den wütenden Philipp von Köln mit vielen guten Worten zum Stehen zu bringen. Heinrich der Löwe war offenbar so angeschlagen, dass er einem brüchigen Waffenstillstand mit vielen Zugeständnissen zustimmen musste. Philipp zog sich mit seinen Männer wieder über den Rhein zurück. Die Entscheidung über die Fehde sollte der Kaiser fällen, sobald er aus Italien zurückgekehrt war.

Der führte zunächst eine mehrmonatige Inspektion von Burgund durch und ließ sich im Dom von Arles am 30. Juli 1178 zum König von Burgund krönen. Damit war er auch formell der König aller drei Reichsteile Deutschland, Italien und Burgund. Tatsächlich herrschte er schon seit der Aachener Krönung von 1152 über das ganze Reich, weil es für die italienischen und burgundischen Fürsten nach damaligen Recht keine Einspruchsmöglichkeit gab, den gewählten und gekrönten deutschen König für ihren Reichsteil abzulehnen.

Im Oktober 1178 traf Barbarossa in Speyer ein, wo die Streithähne ihn erwarteten. Auch Herzog Heinrich ritt dorthin und beschwerte sich bei seinem Vetter über die Angriffe der anderen Fürsten gegen ihn. Natürlich stellte Philipp von Köln die Sache sogleich von der anderen Seite dar. Es stand Aussage gegen Aussage. Barbarossa überlegte – und vertagte die Angelegenheit auf einen Reichstag Mitte Januar in Worms, zu dem er beide Parteien lud.


f) Der Prozess gegen den Löwen

In Speyer war Heinrich der Löwe noch selbstsicher aufgetreten. So wie die Dinge nun standen, wurde ihm aber klar, dass er sich in einer nicht guten Situation befand. Noch immer war er der mächtigste unter den deutschen Fürsten, er hatte sich jedoch zu viele Feinde gemacht. Denen schenkte der Kaiser im Gegensatz zu früher sein Ohr, wenn sie Anklagen gegen ihn erhoben. Auch Welf VI. beschwerte sich bei Barbarossa, weil er seit drei Jahren vergeblich auf das Geld vom Löwen wartete. Heinrich entschied sich, nicht zu dem Reichstag nach Worms zu reisen, um sich der Anklagen nicht auszusetzen.

Hatte er die Stimmung dort falsch eingeschätzt? Sein Fernbleiben entzürnte die Fürsten in Worms. Unter Vorsitz des Kaisers verhängten sie über Heinrich den Löwen wegen fortgesetzten Landfriedensbruch die Reichsacht. Die Grundlage für diese Verurteilung bildeten die in Speyer vorgebrachten Vorwürfe. Durch das Nichterscheinen zu der Verhandlung in Worms verzichtete Heinrich auf eine Rechtfertigung. Barbarossa ließ seinem Vetter eine Frist, bevor die Reichsacht offiziell verkündet werden sollte: Er lud Heinrich für den 24. Juni 1179 nach Magdeburg vor. Ein deutlicher Warnschuss.

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Offenbar sah es Herzog Heinrich als unter seiner Würde an, sich einem solchen Fürstengericht zu stellen, selbst wenn der Kaiser selbst diesem vorstand. Der Welfe setzte wohl darauf, die Angelegenheit militärisch aus der Welt zu schaffen. Dabei übersah er aber, dass Barbarossa nach dem Ende des Kirchenstreits mehr Zeit hatte, sich um die Angelegenheiten im Reich zu kümmern und ihm der Hochmut seines Vetters spätestens in Chiavenna für seine eigene Position bedrohlich erscheinen musste.

Das Damoklesschwert der Reichsacht über dem Löwen – sein Onkel Welf VI. erkannte nun, dass er kaum noch mit dem Geld für seine Hinterlassenschaften rechnen konnte. Bis sich Heinrich aus diesen Verstrickungen lösen könnte – sofern ihm das überhaupt gelänge – läge er in der Grube, und sein Neffe würde das Erbe umsonst bekommen. Das wäre keineswegs in seinem Sinne gewesen! Die Aussöhnung des Kaisers mit Papst Alexander ermöglichte nun Welf eine Wiederannäherung an den Staufer, und die beiden haben sich in Worms offensichtlich darauf geeinigt, dass Friedrich an Welf eine größere Geldsumme bezahle und dafür nach dessen Tod die Güter Welfs bekomme. Alles zurück auf Anfang also. Heinrich der Löwe war wenig überraschend ziemlich verbittert darüber.

Ausgerechnet in dieser Phase, da Heinrichs Spielraum so eingeschränkt war, war Ende 1178 der Obodritenfürst Pribislaw bei einem Turnier ums Leben gekommen. Über sein Erbe gerieten sein Sohn und sein Neffe in Streit, Kämpfe brachen aus im Land der Wenden.

Ende Juni 1179 fand der geplante Reichstag in Magdeburg statt, auf dem Heinrichs Sache erneut verhandelt werden sollte. Heinrichs Gegner aus Sachsen, Brandenburg, der Lausitz und Köln erschienen in großer Zahl. Und der Löwe? Er hielt es für günstiger, in der nahegelegenen Burg Haldensleben zu bleiben und die Entwicklung abzuwarten. Diese neuerliche Missachtung der Vorladung löste bei den Versammelten in Magdeburg größtes Missfallen und Zorn aus. Sie fühlten sich vom Herzog provoziert. Sein Stolz hinderte Heinrich daran, vor einem Gericht zu erscheinen. Das aber musste dazu führen, dass jetzt die bereits im Januar in Worms über ihn verhängte Reichsacht ausgesprochen und wirksam wurde. Jeder konnte den geächteten Herzog nun töten, ohne deshalb eine Bestrafung fürchten zu müssen. Der Geächtete konnte sich aus diesem Bann noch lösen, wenn er innerhalb eines Jahres dem Gericht stellte und sich dessen Urteil unterwarf. Man gab ihm hierfür einen neuen Termin: Mitte August 1179 bei Altenburg.

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Die Missachtung der Vorladung durch den Kaiser zog auch noch ein lehnsrechtliches Verfahren nach sich, denn dieses Verhalten konnte als Missachtung der königlichen Majestät, also als Majestätsverbrechen, angesehen werden. Am Ende dieses Verfahrens konnte die Aberkennung der Lehen stehen, die Heinrich der Löwe vom Reich erhalten hatte. Auf Bitten von Herzog Heinrich traf sich der Kaiser mit ihm nach Beendigung des Reichstags in der Nähe von Haldensleben. Der Löwe versuchte, seinen Vetter zu besänftigen, doch selbst wenn Barbarossa gewollt hätte, wäre die Ächtung nicht mit einem Gespräch unter vier Augen wieder rückgängig zu machen gewesen. Dazu waren die Dinge zu weit fortgeschritten. Der Staufer verlangte eine Bußzahlung von 5000 Mark und stellte Heinrich in Aussicht, sich dafür bei den Fürsten für seine Begnadigung einzusetzen. Das aber war dem Welfen zu teuer und zu ungewiss. Es war ja zu erwarten, dass die anderen Fürsten für die Aufhebung der Ächtung auch noch einmal die Hand aufhalten würden. Heinrich lehnte das Angebot des Kaisers ab.

Die Konsequenz war, dass auch der Gerichtstag bei Altenburg verstrich, ohne dass Heinrich der Löwe dort erschien. Die Zeit für Verhandlungen war jetzt vorbei: Gunzelin von Schwerin und andere Anhänger des Löwen fielen in Westfalen über Anhänger des Kaisers her, besiegten sie bei Osnabrück und verwüsteten die Gegend um Soest sowie Halberstadt. Im Streit mit Erzbischof Wichmann um die Güter des Pfalzgrafen Adalberg (mal wieder war ein Graf ohne männlichen Erben gestorben) ließ Heinrich alle Zurückhaltung fahren und riss sie an sich. So entwickelte sich auf deutschem Boden ein Krieg zwischen der Partei Barbarossas und jener um den Löwen. Der Kaiser traf rasch Gegenmaßnahmen und fiel in das Land seines Herzogs ein.

Die Wenden und Pommern nutzten das Chaos auf ihre Weise und drangen über die Spree zur Lausitz vor. Magdeburg lag schon in ihrer Reichweite, da zwang der einbrechende Winter ihre Heere zum Rückzug. Natürlich bezichtigte der Magdeburger Erzbischof Wichmann seinen Widersacher Heinrich, hinter dem Angriff zu stecken. Er marschierte mit einer Streitmacht zur Festung Haldensleben. Und an der westlichen Grenze von Sachsen sammelte der Kölner Erzbischof Philipp eine Rotte von viertausend Söldnern, mit der er plündernd durch Westfalen zog, ebenfalls mit dem Ziel Haldensleben. Der Thüringer Ludwig steuerte seinerseits 400 Ritter für die Belagerung der Festung bei. Heinrich verwüstet unverdrossen das Gebiet um Magdeburg und brach damit schließlich die Koalition seiner Gegner auf. Haldensleben war vorerst gerettet, ein Erfolg für den Welfen: Die Reichsacht gegen ihn konnte nicht durchgesetzt werden.

Für Mitte Januar 1180 berief der Kaiser einen Reichstag nach Würzburg ein, weil er erkannte, dass das Patt nur zu schweren Verwüstungen in Deutschland führen konnte. Er lud den Löwen erneut ein, um im lehnsrechtlichen Verfahren weiterzuverhandeln. Und der kam wieder nicht. In Würzburg beklagte sich der Lausitzer Dietrich über die vom Welfen provozierten Überfälle der Wenden und Pommern in seinem Land und forderte Herzog Heinrich zum Gottesurteil durch Zweikampf auf. Heinrich war nicht bereit, sich einem solchen Zweikampf zu stellen. Aber nach damaligen Recht führte die Verweigerung dazu, dass die Klage als rechtmäßig angesehen wurde. Das Urteil des Gerichts konnte unter diesen Umständen nur so ausfallen: Heinrich dem Löwen wurde seiner Reichslehen Sachsen und Baiern für verlustig erklärt, so wie es seinem Vater 42 Jahre zuvor widerfahren war.

Der Kaiser musste nun überlegen, wie er das Urteil vollstrecken könne. Es mag wohl sein, dass Barbarossa erwogen hat, die beiden Herzogtümer einigen seiner fünf Söhne zu geben. Für die Hausmacht der Staufer wäre das eine verführerische Lösung gewesen. Aber dieser Weg erschien dem Kaiser dann doch nicht praktikabel, denn er hätte damit zweifellos eine gegen ihn gerichtete Adelsfraktion provoziert. Er brauchte aber die Fürsten, wenn er den Löwen kleinkriegen wollte. Also ging Sachsen im April 1180 an den Askanier Bernhard, einem Sohn von Albrecht dem Bären. Einen westlichen Teil trennte der Kaiser aber von Sachsen ab, fügte es zum Erzbistum Köln und erhob dieses Ganze dann zum Herzogtum Köln. Erzbischof Philipp war nun ein Herzog. Mit Baiern verfuhr Barbarossa ähnlich: Er trennte die Steiermark heraus und gab Baiern an den Wittelsbacher Otto. Mit diesem Verfahren band der Kaiser die Fürsten an sich und unterband, dass sich jemals noch einmal eine Machtballung wie bei Heinrich dem Löwen ereignen könne.

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Es war nicht zu erwarten, dass Heinrich der Löwe seine beiden Herzogtümer freiwillig herausgeben würde, also wurde eine Reichsheerfahrt gegen ihn beschlossen. Das Misstrauen der Fürsten, die beiden Vettern könnten sich plötzlich wieder verständigen, war so groß, dass Barbarossa vor ihnen einen Schwur ablegen musste: Nie mehr wolle er den Welfen in seine früheren Würden einsetzen, es sei denn, alle Fürsten wären damit einverstanden. Die Heerfahrt sollte am 25. Juli 1180 beginnen. Solange sollte Ludwig von Thüringen die Reichsstadt Goslar vor einem Angriff des Geächteten beschützen. Tatsächlich zog Heinrich dorthin und zerstörte die Silberbergwerke. Zwar konnte er die auf eine Belagerung vorbereitete Stadt Goslar nicht einfach einnehmen, Heinrich besiegte aber im Mai 1180 das Heer des Landgrafen Ludwig von Thüringen. Der geriet dabei sogar in Gefangenschaft und wurde im Triumph nach Braunschweig verschleppt.

Seit dem Ausspruch der Reichsacht war ein Jahr vergangen. Nun, nach Jahr und Tag, verfiel Heinrich automatisch der Oberacht, die nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Der ehemalige Herzog war nach dem Lehnsrecht völlig recht- und ehrlos.

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Ende Juli 1180 hatte Barbarossa das Reichsheer gesammelt und marschierte zum Gegenschlag. Als erstes fiel Wolfenbüttel mit seiner Festung Lichtenberg. Der Kaiser versuchte die Anhänger des Welfen mit einem Amnestieangebot zu spalten: Alle sollten sie die kaiserliche Gnade zurückerlangen, wenn sie sich bis spätestens 11. November 1180 unterwerfen. Und tatsächlich lief eine ganze Anzahl welfischer Dienstleute und Vasallen zum Staufer über. Für Heinrich ein herber Schlag. Siegesgewiss löste Barbarossa schon im September 1180 das Reichsheer auf, damit die Truppen nicht unnötig das Land verwüsteten. In Baiern konnte der Wittelsbacher Otto jetzt ziemlich ungestört sein Amt antreten, für Heinrich rührte hier kaum noch einer den Finger.

Unter denen, die das Amnestieangebot des Kaisers angenommen hatten, befand sich auch Graf Adolf III. von Holstein. Der war bisher ein treuer Anhänger des Löwen gewesen, umso zorniger war Heinrich über dessen Abfallen. Der Welfe ritt mit seinen Scharen nach Holstein, um ein Strafgericht gegen den Abtrünnigen zu halten. Das befestigte Plön konnte er rasch erobern, aber die Belagerung von Segeberg zog sich lange hin. Die Besatzung musste erst aufgeben, als der Brunnen ausgetrocknet war und es kein Trinkwasser mehr gab. Der vereinbarte freie Abzug wurde den Eingeschlossenen freilich nicht gewährt, sondern man nahm sie entgegen dem gegebenen Versprechen gefangen.

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Trotz alledem war unübersehbar, dass Heinrichs Macht bröckelte. Ungehindert konnte der Askanier Erzbischof Siegfried in Bremen einziehen. Und zu Weihnachten 1180 eröffnete Heinrich seinem Vasallen Graf Bernhard von Ratzeburg seinen Verdacht, dass dieser ihn und seine Frau Matilda ermorden wolle. Er ließ den Ratzeburger einkerkern und nahm seine Burg ein. Zwar ließ der Löwe ihn bald wieder frei, aber Bernhard zog es nach diesem Erlebnis vor, auf die Seite des Kaisers zu flüchten und fortan gegen den Welfen zu kämpfen. Die Wenden und Pommern gerieten unter den Druck von Dänemark und Brandenburg und fielen als Stütze ebenfalls aus, so wenig berechenbar sie zuvor auch gewesen waren. Und der dänische König Waldemar zeigte Heinrich die kalte Schulter, obwohl er sein Schwiegervater war. Mit dem Staufer wollte sich Waldemar nicht anlegen, außerdem war die Schwäche des Welfen zu seinem Vorteil.

Konnte dem Welfen jetzt wenigstens seine Ehe mit der Tochter des englischen Königs helfen? Zumindest versuchte Henry II. ein Bündnis mit Frankreich und Flandern auf die Beine zu stellen. In Frankreich war gerade erst Philipp II. seinem Vater auf den Thron gefolgt. Keiner der beiden Angesprochenen hatte indes Neigung, sich für den Welfen gegen den Kaiser zu engagieren. Und so ließ auch der Plantagenet die Finger davon, so gerne er dem Staufer beigekommen wäre.

Heinrich musste sich notgedrungen in Sachsen einigeln. Sein Bollwerk war nach wie vor das gut befestigte Haldensleben. Taktisch klug hatte man extra den kleinen Fluss Bever umgeleitet und die Festung dadurch zu einer Insel gemacht. Befehlshaber der Belagerer war Erzbischof Wichmann und der ersann einen ebenso kühnen wie riskanten Plan: Er ließ mehrere Staudämme errichten und setzte die Festung unter Wasser. Heinrich konnte mit seinen Soldaten nicht zu den Eingeschlossenen vordringen und wenn er plante, die feindliche Allianz erneut zu spalten, so gelang ihm das dieses Mal nicht. Am 3. Mai 1181 fiel Haldensleben. Die Garnison durfte abziehen, danach wurde die Festung zerstört.

Heinrich hatte noch das Gebiet zwischen Braunschweig und Lüneburg unter seiner Kontrolle. Aber immer wieder hatte er mit der Treulosigkeit seiner Leute zu kämpfen. Jetzt rächte sich, dass er sie stets so streng behandelt hatte. Die befestigte Ratzeburg fiel von ihm ab, seine eigenen Dienstmannen schlossen vor ihm die Tore. Der Kaiser erreichte mit dem Reichsheer unterdessen Lüneburg. Heinrichs Gemahlin Matilda war trotz der Gefahren dortgeblieben und ließ dem Kaiser mitteilen, dass Lüneburg zu ihrem Heiratsgut gehöre. Barbarossa respektierte dies und ließ die Stadt unbehelligt. Er zog mit dem Reichsheer weiter bis vor Lübeck, wo sich Holsteiner, Dänen und Wenden zur Unterstützung der Kaiserlichen gesellten.

Barbarossa verheiratete seinen Sohn Friedrich (derjenige, der zuvor Konrad geheißen hatte) mit der Tochter König Waldemars. Und die Fürsten Bogislaw von Pommern und Niklot von Werle ließen sich ihr Land von Barbarossa zu Lehen geben, anerkannten ihn also als ihren Oberherrn. Heinrich musste nun von Stade aus zusehen, wie Lübeck belagert wurde. Die Bürger dieser Stadt waren dem Welfen treu, denn er hatte viel für ihren Aufstieg getan. Aber sie sahen bald ein, dass ihnen die Vorräte fehlten, um dem Reichsheer widerstehen zu können. Ihr Bischof begab sich zum Kaiser, um ihm klarzumachen, dass sie ohne eigene Schuld in diese Bedrängnis gekommen seien. Der Kaiser möge ihnen gestatten, bei ihrem Herzog in Stade nach dessen Absichten zu fragen. Wenn er sie entsetzen wolle, würden sie die Belagerung so lange wie möglich aushalten. Wenn ihnen der Herzog keine Hilfe versprechen könne, würden sie Lübeck dem Kaiser übergeben. Und sollte der Kaiser ihnen diese Anfrage beim Herzog nicht gestatten, dann wollten sie lieber bei der Verteidigung ihrer Stadt ehrenvoll sterben als treuebrüchig werden.

Solche tapfere Gesinnung der Lübecker konnte auf Barbarossa nicht ohne Eindruck bleiben. Er wies den Bischof darauf hin, dass er alle Lehen Heinrichs bereits eingezogen habe und Lübeck sich ihm nicht widersetzen dürfe. Er wolle ihre Haltung aber nicht bestrafen, sondern die Gesandtschaft nach Stade bewilligen. Der Löwe konnte Lübeck einen Entlastungsangriff nicht in Aussicht stellen. Am 10. August 1181 öffneten sich dem Kaiser die Tore von Lübeck.

Nach dem Fall von Lübeck unterwarfen sich in rascher Folge auch die übrigen Orte, die noch unter dem Regiment des Löwen gestanden hatten. Er musste aufgeben und verhandelte sicheren Durchzug zu seiner Frau nach Lüneburg. Ansonsten geschah – nichts. Es ist bemerkenswert, dass Barbarossa seinen Vetter nicht zum Gefangenen nahm, wie das sonst vorgekommen wäre. Der Staufer zwang Heinrich nicht einmal zu einer förmlichen Kapitulation, sondern man ging einfach auseinander, als man glaubte, dass es nichts mehr zu kämpfen gäbe. Heinrich erhielt lediglich eine Vorladung zu einem Gerichtstag in Quedlinburg. Und die konnte er jetzt nicht mehr ignorieren.

Als man sich dort versammelte, gerieten Heinrich der Löwe und der neue sächsische Herzog Bernhard in die Wolle, das war zu erwarten. Es wurde ein zweiter Termin angesetzt, in Erfurt im November 1181. Dort hatte der Löwe keine andere Wahl, als sich dem Kaiser flehend zu Füßen zu werfen. Barbarossa gewährte ihm den Friedenskuss, aber das Urteil der Fürsten folgte prompt: Er wurde zu drei (oder sieben?) Jahren Exil außer Landes verurteilt. Nur Braunschweig und Lüneburg durfte er behalten, und das auch nur deshalb, weil Barbarossa ein gutes Wort für ihn einlegte. Der Kampf zwischen den beiden Großen war gefochten.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 24. Juni 2017 16:21

g) Nach dem Sturz

Der mächtigste, reichste und aktivste Fürst des Reiches war gestürzt. Der bisher so ehrgeizige und agile Welfe verschwand unmittelbar von der Bühne des politischen Geschehens. Man staunte und erschrak, dass so etwas möglich war. Nur Gottes Wille konnte so etwas vollbringen und man war infolgedessen von der Sündhaftigkeit des Löwen und der Wahrhaftigkeit des Staufers überzeugt.

Am 25. Juli 1182 begab sich Heinrich mit seiner Gemahlin, seinen beiden Söhnen Heinrich und Otto, seiner Tochter Richenza und wenigen Getreuen von Braunschweig zu seinem Schwiegervater Henry II. in die Normandie. Im Herbst 1182 unternahm er eine Pilgerreise ins spanische Santiago de Compostela zur Förderung seines Seelenheils. Möglicherweise hatte der Erfurter Hoftagsbeschluss Heinrich eine Bußwallfahrt auferlegt. Ab Weihnachten 1182 lebte der Löwe am Hof von Henry II. - für den englischen König wurde dies zu einer kostspieligen Angelegenheit: Denn auch im Exil unterhielt der Löwe einen eigenen Hof mit Hofämtern und eine vom englischen König bezahlte Leibgarde.

Was Heinrich während dieser Zeit in England unternahm, ist nicht bekannt. Er lebte wohl zurückgezogen, mit Sicherheit aber beobachtete er mit Interesse die Auseinandersetzungen seines Schwiegervaters Henry II. mit dessen aufrührerischen Söhnen, unter ihnen Richard Löwenherz. In Winchester wurde 1184 mit Wilhelm das vierte Kind von Matilda und Heinrich geboren.

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Dass man in Deutschland dem Löwen noch so einiges zutraute, zeigt die Unruhe, die sein überraschendes Erscheinen beim Hoftag zu Mainz, den Barbarossa Pfingsten 1184 veranstaltete. Im Juli 1183 war nämlich der Herzog von Baiern, Otto von Wittelsbach, verstorben. Heinrich der Löwe machte sich wohl Hoffnungen, wieder in sein Amt eingesetzt zu werden. Das Herzogtum ging aber an Ottos Sohn Ludwig. Baiern sollte übrigens noch über 600 Jahre unter der Herrschaft der Wittelsbacher bleiben. Heinrich kehrte verdrossen zurück nach England.

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Es war Henry II., der sich für seine Rückkehr aus der Verbannung verwendete. Ein diplomatischer Besuch des Kölner Erzbischofs Philipp in England gab die Gelegenheit dafür. Anfang 1185 war es soweit, der Kaiser erlaubte unter Auflagen Heinrichs Rückkehr ins Reich. Der ließ sich das nicht zweimal sagen und traf mit seiner Familie im Laufe des Jahres 1185 in Braunschweig ein. Den Löwen schmerzte es vielleicht in der Heimat noch mehr als in der Fremde, nun, da sein Herrschaftsgebiet im Vergleich zu früher so geschmälert war: Er war nur noch Graf von Braunschweig. Gebrochen war er in seiner Energie noch nicht, er überlegte, wie er wieder emporsteigen könnte.

Barbarossa wurde schnell misstrauisch, was seinen Vetter anging. Das Jahr 1185 war für den Kaiser nicht so gut gelaufen. In Rom war Papst Alexander III. gestorben und sein Nachfolger Urban III. galt nicht als Freund des Staufers. In Dänemark war Waldemar gestorben, sein selbstbewusster Sohn Knud IV. folgte auf den Thron. Als Knud dem Kaiser den Lehnseid verweigerte, verdächtigte Barbarossa seinen Vetter als Strippenzieher. Immerhin war Knud ja mit Heinrichs Tochter verheiratet. Und darüber hinaus hatte sich Barbarossas Verhältnis zum Kölner Erzbischof Philipp drastisch verschlechtert. Und war es nicht Philipp gewesen, der sich nach seinem Besuch in England so sehr für den Welfen ausgesprochen hatte? In Sachsen erwies sich der neue Herzog Bernhard als ziemlich schwach – konnte der Löwe in also zur Seite schieben und sich wieder zum Herrn über Sachsen aufschwingen?

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Die gegen Ende des Jahres 1187 im Abendland bekanntwerdenden Nachrichten vom Fall Jerusalems an das Heer Saladins gaben allen Entwicklungen eine veränderte Richtung oder brachen sie einfach ab. Der Papst rief zu einem neuen Kreuzzug (dem dritten) gegen die Sarazenen auf. Auch Kaiser Friedrich wollte daran teilnehmen und suchte bald alle Hindernisse dafür zu beseitigen. Er stellte den Löwen deshalb vor die Wahl, entweder auch persönlich an dem Kreuzzug teilzunehmen oder für die Dauer des Kreuzzugs erneut ins englische Exil zu gehen. Heinrich entschied sich sogleich für das Exil.

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Als er im Mai 1189 das Reich wieder verließ, blieb seine Frau Matilda in Braunschweig, um für ihn zu regieren. Heinrich traf gerade in England ein, als Henry II. am 6. Juli 1189 starb. Der Welfe traf sich mit dem Thronfolger, seinem Schwager Richard I. Löwenherz. Und musste zugleich erfahren, dass seine Gemahlin bzw. Richards Schwester Matilda Ende Juni ebenfalls verstorben war. Der Abschied aus Braunschweig war ein endgültiger gewesen.


Das letzte Aufbäumen des Löwen – Heinrich VI. (regierte 1190-1197)

Unter Bruch der gegebenen Versprechen schickte der Löwe nun seinen 16jährigen Sohn Heinrich zurück nach Braunschweig, um die welfischen Besitztümer zusammenzuhalten. Im Oktober 1189 brach der Welfe diesen Eid noch einmal und kehrte selbst zurück in die Heimat. Wollte er den Verlust von Braunschweig verhindern oder die Abwesenheit des Kaisers nutzen, um sich Sachsen zurückzuholen? Als er zurückkam, schloss sich ihm jedenfalls Erzbischof Hartwig II. von Bremen, sein früherer Notar, sogleich an und belehnte ihn sogar mit der Grafschaft Stade. Auch die Holsteiner schlossen sich dem Löwen an, obwohl oder weil ihr Graf Adolf III. mit auf dem Kreuzzug außer Landes war. Rasch setzte sich Heinrich in Hamburg und anderen Orten fest.

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Offenbar sehnten sich viele nach der starken Hand des ehemaligen Herzogs, denn in Sachsen regierte unter dem schwachen Bernhard das Unrecht. Das galt aber nicht für alle, Bardowick verschloss vor Heinrich die Tore. Dafür wurde es belagert und nach der Einnahme Ende Oktober 1189 niedergebrannt.

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Barbarossas Abwesenheit bedeutete nicht, dass das Reich führungslos war. Mit beachtlicher Schnelligkeit berief sein Sohn Heinrich VI., der das Regiment führte, noch im Oktober 1189 einen Reichstag zusammen. Dem Welfen wurde als Reichsfeind der Krieg erklärt. Während das Reichsheer aber vor dem gut verteidigten Braunschweig festhing, nahm der Löwe Lübeck und Lauenburg ein. Innerhalb weniger Wochen hatte er sich zum Herrn über beinahe alle nordelbischen Gebiete aufgeschwungen. Dann aber wendete sich das Kriegsglück von ihm ab. Segeberg widerstand dem Löwen, Hartwig wurde vom König aus Bremen verjagt. Im Frühjahr 1190 ging Lübeck wieder verloren.

Hoffnung für den Welfen kam auf, als im November 1189 war der sizilianische König Wilhelm II. starb und seine englische Gemahlin kinderlos hinterließ. Das bedeutete, dass der Staufer Heinrich VI. infolge seiner Verheiratung mit der Sizilianerin Konstanze Erbansprüche auf das Königreich Sizilien erheben konnte.

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Wenn Richard Löwenherz nun aber auf seinem Seeweg in das Heilige Land in Sizilien eingreifen und seine verwitwete Schwester unterstützen würde, müsste der Staufer vom Löwen ablassen und sich die Durchsetzung seines Anspruchs auf Sizilien kümmern musste. Und in der Tat schlossen der Löwe und Heinrich VI. aus diesem Grund im Juli 1190 einen Waffenstillstand. Als Garanten für die Einhaltung des Waffenstillstands nahm der Staufer zwei Söhne des Welfen als Geiseln mit. Der kleine Lothar verstarb kurz danach in Augsburg, den kleinen Heinrich nahm der König mit über die Alpen.

Da kamen aus Kleinasien Nachrichten vom Kreuzzug: Bis zur Grenze des byzantinischen Reiches war der Marsch ungestört verlaufen. Doch im Gebiet von Ikonium stellte sich ein Schwiegersohn Saladins den Kreuzrittern in den Weg. Er wurde besiegt, Barbarossa konnte durch das christliche Kleinarmenien weitermarschieren. Niemand zweifelte mehr am Sieg über Saladin. Da nahte mit dem 10. Juni 1190 der Schicksalstag, an dem der erhitzte 70jährige Kaiser in dem eiskalten Wasser des Flusses Saleph den Tod fand. Vermutlich erlitt er beim Baden einen Herzinfarkt. Ohne ihn als Anführer wurde der restliche Kreuzzug ein Fiasko: Ein Teil kehrte prompt wieder heim, ein anderer Teil setzte den Weg unter Herzog Friedrich von Schwaben fort. Barbarossa war tot.

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Unter den Zurückkehrenden befand sich der Graf Adolf von Holstein, der natürlich wenig erfreut darüber war, dass sich der Löwe in seinem Land festgesetzt hatte. Er belagerte Lübeck und Stade und eroberte die beiden Städte zurück. Der Welfe beteiligte sich kaum an den zahlreichen Kampfhandlungen. Offenbar war nun allmählich die physische Erschöpfung eingetreten, mit der er 15 Jahre zuvor in Chiavenna gespielt hatte. Wenn er auf die erreichten Ziele in seinem Leben zurückblickte, konnte er kaum zufrieden sein.

Da riss ihn noch einmal ein Hoffnungsschimmer hoch: Sein Sohn Heinrich war während der Belagerung von Neapel aus dem Lager des kaiserlichen Heeres entkommen und hatte sich nach Braunschweig durchgeschlagen. Er brachte die Nachricht mit, dass König Heinrich VI. vor Neapel vom Fieber dahingerafft worden sei. Kein Staufer mehr auf dem deutschen Königsthron! Kein Staufer mehr Kaiser des römisch-deutschen Reiches! Im Januar 1191 war auch noch Barbarossas ältester Sohn Friedrich (der den Kreuzzug fortgesetzt hatte) im Morgenland gestorben. Zweifellos wäre der Löwe zu gerne selber derjenige gewesen, der dem Staufer auf den Thron gefolgt wäre:

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Das sollte aber nur ein Traum des Löwen bleiben.

Denn es gab freilich noch drei weitere Söhne des Staufers Barbarossa, und Heinrich der Löwe persönlich war zu alt für die Krone – aber wie waren die Chancen für seine eigenen Söhne? Der Papst fand den Gedanken an einen Welfen auf dem Thron offenbar nicht verkehrt. Die Staufer hatten gezeigt, dass sie den Kirchenstaat territorial zu umklammern versuchten. Auch einige deutsche Fürsten zeigten sich offen dafür, den Sohn des Löwen (der dann als Heinrich VII. die Krone erhalten hätte) zu wählen. Die Nachricht vom Tod Heinrichs VI. erwies sich indessen als eine Falschmeldung, als ein Wunschdenken der Welfen. Ende 1191 kam der Kaiser zurück nach Deutschland und nahm den Kampf um Sachsen wieder auf. So schlecht standen die Chancen für den Löwen aber gar nicht: Gefährliche Widersacher wie der Magdeburger Wichmann waren gestorben und der Staufer Heinrich VI. war denkbar unbeliebt.

Da schlug die Nachricht von der Gefangennahme des englischen Königs Richard Löwenherz wie ein Blitz ein. Der Plantagenet hatte sich während des Kreuzzugs im Heiligen Land mehrfach unbeliebt gemacht, und Herzog Leopold von Österreich nahm eine günstige Gelegenheit wahr, ihn auf der Rückreise gefangenzunehmen, als Richard sich in Pilgerkleidung durch die deutschen Länder mogeln wollte. Dem Engländer war von seinem welfischen Schwager eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Staufer zugedacht gewesen. Und als Richard nun vom Babenberger Österreicher an Heinrich VI. übergeben wurde, fielen die Pläne des Löwen wie ein Kartenhaus zusammen. Gewinner der Situation waren neben dem Kaiser der französische König, und auch Richards Bruder John freute sich darüber: Er sah die Chance, selbst auf den englischen Thron zu kommen. Entsprechend lang zogen sich die Verhandlungen über das Lösegeld hin, Richard wurde erst am 4. Februar 1194 aus der Gefangenschaft auf dem Trifels freigelassen und konnte heimkehren.

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Die Welfen-Söhne Otto und Wilhelm mussten für die Bezahlung des Lösegelds haften. Der älteste Sohn sah nur den Weg, sich mit den Staufern zu arrangieren und vermählte sich heimlich mit Agnes, der Tochter des Kaisers. Heinrich VI. wollte Agnes eigentlich an den französischen König geben, um ein Bündnis mit ihm zu schmieden. Aber er willigte der Heirat nachträglich ein, weil er erkannte, dass die Verbindung eine Chance zur Aussöhnung von Staufern und Welfen bot.

Für Heinrich den Löwen war die Zeit des Kampfes gegen die Staufer damit vorbei. Der Kaiser lud ihn zu einen Reichstag, auf dem er sich mit dem Löwen versöhnen wollte. Der aber stürzte auf dem Weg dorthin so unglücklich, dass er den Ritt nicht fortsetzen konnte. Heinrich VI. reagierte misstrauisch und verdächtigte den Welfen einer Finte. Aber schließlich fand das Treffen dann doch statt und beide fanden einen Ausgleich. Der Kaiser bestätigte dem Löwen seinen reichen Besitz in Sachsen und gab seine Zustimmung dazu, dass sein neuer Schwiegersohn Heinrich aufgrund seiner Ehe mit Agnes einen Anspruch auf die Pfalz erhält.

Für Heinrich den Löwen war alles getan, was er tun konnte. Er zog sich in sein Braunschweig zurück und widmete sich friedlicheren Interessen wie der Literatur. Kurz vor Ostern 1195 erfasste ihn eine Krankheit, von der er sich über Monate nicht mehr erholte. Im Jahre der Vollendung des von ihm initiierten Braunschweiger Doms vollendete sich am 6. August 1195 auch sein Leben. Alle seine Bemühungen, das Schicksal nach dem Verlust seiner Herzogtümer und dem Achtspruch seines Vetters noch einmal zu seinen Gunsten zu wenden, waren vergeblich geblieben. Der Löwe hatte es sicher längst bereut, dass er 1152 nicht für die deutsche Königskrone kandidiert und gekämpft hat.

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Damit endete das 12. Jahrhundert - ein Jahrhundert, das in Deutschland vom Ringen zwischen Staufer und Welfen um die Macht bestimmt war. Dieser Kampf war aber noch lange nicht an sein Ende gelangt: Der frühe Tod von Heinrich VI. im Jahre 1197 verursachte im Reich ein Machtvakuum, denn sein Sohn Friedrich II. war erst drei Jahre alt und befand sich in Sizilien. Sowohl Philipp von Schwaben (Barbarossas jüngster Sohn) als auch Otto IV. (der dritte Sohn des Löwen) wollten das für sich nutzen: Ein Staufer und ein Welfe, im Kampf um die eine Krone.


... und wie ging es weiter?

Barbarossa und der Löwe waren tot, ihre Söhne aber führten den Kampf um die Krone weiter. Fortsetzung folgt also...

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Literatur:
Hiller: Heinrich der Löwe
Ehlers: Die deutschen Herrscher des Mittelalters

Video:
Barbarossa und der Löwe

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 30. Juni 2017 18:42

Duell: Saladin und Richard Löwenherz

Sultan Saladin von Ägypten und Syrien, lebte 1138-1193
König Richard von England, lebte 1157-1199
Startdatum: 1. September 1186


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Saladin in Ägypten

Es war im Jahre 1138. In Deutschland bestieg Konrad III. als erster Staufer den Thron. Und in der Festung von Takrit (Tikrit im heutigen Irak) wurde der Gouverneur Ayyub ibn Schadi Vater eines Sohnes, der zu großen Ruhm gelangen sollte. Ayyub war Kurde, stammte aus der Gegend von Tiflis im heutigen Georgien und soll ein vornehmer, großzügiger und friedfertiger Mann gewesen sein. Kurz nach der Geburt seines Sohnes wurde er von Takrit nach Mossul versetzt, wo der Junge dann aufwachsen sollte. Ayyub war ein geachteter militärischer Befehlshaber, wie auch sein Bruder Asad al-Din Schirkuh. Beide standen im Dienste des Atabeg Zanki.

Über die frühen Jahre des Sohnes, sein vollständiger Name ist Salah ad-Din Yusuf Ibn Ayyub, weiß man wenig. Sein Vater wurde schließlich nach Baalbek in Syrien versetzt, wohin ihm abermals der junge Saladin, so die Kurzversion seines Namens, mit hin folgte. Während dieser Zeit bemerkte man bereits die außergewöhnliche Begabung des jungen Mannes, der bald mit immer verantwortungsvolleren Aufgaben betraut werden konnte. Dann kam die Zeit, in der sein Onkel Schirkuh 1163 einen Feldzug nach Ägypten unternehmen sollte. Er nahm seinen Neffen Saladin mit.

Der Feldzug wurde im Auftrag des Sultans der türkischen Seldschuken gestartet. Zwar gab es nominell über dem Sultan stehend noch den Kalifen in Bagdad, der führte aber nur noch ein Schattendasein. Die Macht der Araber über den Orient war längst geschwunden. Vater und Onkel von Saladin standen im Dienst des türkischen Statthalters Imad ad-Din Zengi (auch: Atabeg Zengi), der der Erzieher der Söhne des Sultans Malik Schah war. Nun, Zengi hatte seine Position in Mossul dazu genutzt, sich zum Herrn über ein Gebiet aufzuschwingen, das vom Nordirak nach Syrien reichte, mit Aleppo als seiner Residenz. Als Zengi im Jahre 1146 einem Mordanschlag zum Opfer fiel, setzten seine beiden älteren Söhne seine Dynastie – die der Zengiden - fort, wobei Syrien an den Sohn Nur ad-Din ging. Er sollte zum Förderer Saladins werden.

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Während seiner Zeit in Baalbek lagen die Interessen Saladins eigentlich in religiösen Studien. Nur widerwillig folgte er den Aufforderungen seines Onkels, einem echten Haudegen, das Handwerk des Krieges zu erlernen. Onkel Asad al-Din Schirkuh (was übrigens Asadaldin der Löwe bedeutet) hatte nun also den Auftrag, nach Ägypten zu ziehen und Saladin mitzunehmen. Man schrieb im Abendland das Jahr 1163, Heinrich Löwe kämpfte gerade gegen die Wenden. Ägypten stand seit zweihundert Jahren unter der Herrschaft der schiitischen Fatimiden. Ihr Sitz war Kairo, das sie zu einem Zentrum blühender Kultur und florierenden Handels ausbauten. Ähnlich wie bei den Christen zwei Herrscher den Titel des Kaisers für sich beanspruchten, beanspruchten auch die ägyptischen Herrscher der Fatimiden für sich den Titel des Kalifen. Okay, der Kalif in Bagdad war Sunnit, während in Kairo ein schiitischer Kalif saß. Ungewöhnlich blieb es trotzdem, immerhin war der Kalif der rechtmäßige Nachfolger des Propheten und Mittler zwischen Gott und Menschen. Folglich stellte der Anspruch der Fatimiden, die nur die schiitische Minderheit der Muslime vertraten, eine Anmaßung dar.

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Aber selbst in Ägypten sah es mit der Macht des Kalifen nicht besonders aus, das ähnelte der Situation des Kalifen in Bagdad. Die wahre Autorität lag in den Händen der Wesire, die mit den eigentlichen Regierungsgeschäften betraut waren. Als Schirkuh und Saladin nach Ägypten kamen, war gerade der Wesir Schawer an der Macht. Es genügt zu erwähnen, dass von seinen fünfzehn Vorgängern nur einer am Leben geblieben war. Alle anderen waren entweder gehängt, enthauptet, erdolcht, gekreuzigt, vergiftet oder von der Menge gelyncht worden. Wer also einmal an die Macht gelangt war, war allein damit befasst, sich an der Macht zu halten.

Besagter Schawer war im Dezember 1162 an die Macht gelangt und wurde ein halbes Jahr später von seinem Rivalen Dirgham gestürzt. Mit knapper Not entging Schawer dem üblichen Schicksal eines Meuchelmordes, er konnte fliehen und suchte Zuflucht in Syrien, wo er Nur ad-Din um Hilfe bat. Eigentlich hatte der keine Lust, sich in die ägyptischen Palastintrigen reinziehen zu lassen, denn das benachbarte Kreuzfahrerreich unter König Amalrich machte ihm mehr Sorgen. Andererseits konnte Nur ad-Din es sich nicht erlauben, dass sich die Franken (so wurden die Kreuzritter allgemein bezeichnet) die ägyptische Schwäche zunutze machen und sich dort festsetzen. Dann lieber selber eingreifen. Schawer trat ein Drittel der ägyptischen Einkünfte ab, wenn er mit der syrischen Hilfe nach Kairo zurückkehren könne.

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So geschah es dann auch: Schirkuh, Saladin und Schawer marschierten über den Sinai bis nach Kairo und verhalfen Schawer zurück zur Macht. Dem völlig überraschten Wesir Dirgham blieb keine Zeit, die Verteidigung zu organisieren. Von allen verlassen, wurde er beim Fluchtversuch getötet und sein Leichnam den Hunden zum Fraß vorgeworfen. Mit anderen Worten: Es ereilte ihn das übliche Los. Kaum wieder im Sattel, widerrief Schawer jedoch seine in Syrien gemachten Versprechen und forderte Schirkuh auf, Ägypten zu verlassen. Ja, er rief sogar die Franken in sein Land (die sich nicht zweimal bitten ließen), um sich vor den syrischen Truppen zu schützen. Es kam zu einem militärischen Patt, Franken und Syrer einigten sich auf einen beiderseitigen Abzug ihrer Truppen. Lachender Dritter war Schawer. Er hatte die einen wie die anderen nur benutzt, um sich selbst wieder an die Macht zu bringen. Aber es war ein gefährliches Spiel, auf das er sich eingelassen hatte.

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Schirkuh sann auf Rache. Mehr noch: Er hatte erkannt, dass Ägypten eine leichte Beute war – sofern die Franken außen vor blieben. Er versuchte es mit einem Dschihad, den sich die Syrer vom Kalifen in Bagdad genehmigen ließen. Immerhin ging es gegen schiitische Ketzer. Erneut in Ägypten einmarschiert, stellten Schirkuh und Saladin jedoch fest, dass Schawer wieder die Franken für eine fürstliche Bezahlung in sein Land geholt hatte. Saladin schlug sein Lager vor Kairo bei den Pyramiden auf. Alle drei Parteien - Syrer, Franken und Ägypter - beäugten sich misstrauisch: Keiner wollte der Dumme sein, wenn sich die beiden anderen gegen ihn verbündeten.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 6. Juli 2017 19:25

Amalrich jedenfalls bestand darauf, dass Schawer auf seine Zusammenarbeit mit den Franken nun auch ein förmliches Bündnis folgen lassen solle. Der Besuch der Delegation bei dem erst 16jährigen Kalif lief nicht reibungslos ab: „Als unsere Abgesandten baten, der Kalif möge seine Worte durch Handschlag bekräftigen, schienen die Vertrauten des Kalifen diesen Vorschlag nur mit Entsetzen zu vernehmen, wie etwas Unerhörtes. Nach einem langen Zögern jedoch und auf die wiederholten inständigen Bitten des Wesir Schawer, streckte der Kalif mit viel Widerstreben die Hand aus und bot sie dar, mit einem Schleier bedeckt.“ Zur großen Überraschung der Ägypter sagte der christliche Verhandlungsführer frei heraus: „Herr, beim Ehrenwort macht man keine Umschweife, es muss alles unverschleiert sein in den Verpflichtungen, durch die sich die Fürsten miteinander binden.“ Der Sultan kam dem nach und gab dem Christen die unverschleierte Hand, aber was war das für eine Demütigung!

Schirkuh musste nun einen gemeinsamen Angriff der Bündnispartner fürchten und zog mit seinem Heer nilaufwärts gen Süden. Schließlich stellte er sich beim heutigen Aschmunein zum Kampf. Es war die erste militärische Bewährungsprobe für Saladin. Seinem Neffen wies Schirkuh das Zentrum der Aufstellung zu, während er selbst mit den besten Truppen am rechten Flügel Aufstellung nahm. Saladin fiel die Aufgabe zu, mit seinem Zentrum dem Feind nachzugeben und eine Flucht vorzutäuschen. Die hinterherstoßenden Franken sollten dann von den berittenen Streitkräften der Flügel niedergemacht werden. Es war also die übliche Taktik der Muslime – und sie funktionierte auch an diesem Tag. Schirkuh hatte eine Schlacht gewonnen, aber noch längst nicht den Krieg. Einen Angriff auf Kairo konnte er nicht wagen. Er behalf sich damit, nach Norden zu gehen und Alexandria zu besetzen, das er Saladin zum Regieren übergab. Nach einigem Hin und Her blieb den Syrern und den Franken wieder nur der Schluss, sich auf ein Unentschieden zu einigen und allesamt aus Ägypten abzuziehen.

Jeder ahnt es, bald kam es zur dritten Runde. Dieses Mal marschierten die Franken in Ägypten ein, ohne um Hilfe gerufen worden zu sein. Amalrich hatte bei den Feldzügen zuvor ein Minus gemacht und wollte sich mit einigen ägyptischen Grenzstädten schadlos halten. Die Franken plünderten und mordeten, dass es eine Lust war. Die Fatimiden in Kairo bekamen es mit der Angst zu tun und wandten sich die Syrer. Als Zeichen großer Bedrängnis ließ der Kalif dem Schreiben nach Aleppo Haarlocken seiner Frauen beifügen. Sie verfehlten ihre Wirkung nicht, jedenfalls schickte Nur ad-Din erneut Schirkuh und Saladin nach Ägypten. Mittlerweile hatte Saladin keine Lust auf das nächste zweifelhafte Abenteuer. Diesmal kam es aber anders.

Es begann damit, dass die Syrer reinen Tisch machten. Schawer war offensichtlich nicht in der Lage, sich gegen die fränkischen Invasoren zu behaupten. Und auf Dauer würden die Franken nicht darauf verzichten, in Ägypten Fuß zu fassen, egal wie häufig und in welcher Konstellation es zu einem militärischen Patt kommen würde. Dazu war Schawer zu sehr intrigant und zu wenig Heerführer. Schirkuh und Saladin erhielten von Nur ad-Din die Erlaubnis, in Kairo aufzuräumen. Saladin selbst traf sich vor Kairo mit Schawer – und verhaftete ihn kurzerhand. Die Ägypter schickten einen Gesandten in Saladins Lager, der eine Aufforderung aus dem Palast überbrachte. „Wir müssen seinen Kopf haben.“ So war es halt Brauch in Kairo, wenn ein Wesir sich gegen einen anderen durchsetze. Saladin ließ den Wunsch der Palast-Kamarilla erfüllen: Schawirs Kopf kehrte zurück nach Kairo, der Rest blieb im Lager.

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Zum neuen Wesir bestimmte der Fatimiden-Kalif angesichts der Machtverhältnisse nun Schirkuh, den Repräsentant eines fremden Herrschers, der zudem Sunnit war. Schirkuh hatte nun sein Ziel, auf das er wohl von Anfang an hingearbeitet hatte, erreicht. Doch er konnte sich seines Triumphs nicht lange erfreuen, zwei Monate nach seiner Machtübernahme starb er (+ 23. März 1169). Es heißt, eine Mandelentzündung habe ihn dahingerafft. Für einen rauen Krieger wie Schirkuh ein eher unrühmliches Ende. Nur ad-Din sah von Aleppo aus, dass in Ägypten jetzt ein gefährliches Machtvakuum drohte. Und besann sich auf Saladin, den Vertrauten von Schirkuh. Saladin erhielt kurzerhand den militärischen Oberbefehl über die syrischen Truppen in Ägypten und wurde außerdem zum neuen Wesir, somit zum ägyptischen Regierungschef, ernannt. Saladin nahm die Aufgabe ernst: Der 31jährige schwor dem Wein ab, verzichtete auf allen Müßiggang und legte die Gewänder der Ernsthaftigkeit und frommen Pflichterfüllung an.

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Die Franken versuchten, die vermeintlich chaotische Situation in Kairo für sich zu nutzen und stießen tiefer in Ägypten vor. Saladin erwies sich der Herausforderung als durchaus gewachsen und zwang die Kreuzritter, sich von Damiette, das sie belagerten, zurückzuziehen.

Den Spagat, als sunnitischer Syrer nominell unter dem schiitischen Kalifen zu regieren, musste Saladin nur zwei Jahre aushalten. Der junge Kalif starb bereits 1171. Dies war nun der Augenblick, um endgültig klare Verhältnisse zu schaffen. Das Kalifat der Fatimiden wurde für abgeschafft erklärt, und an seine Stelle trat das rechtmäßige orthodoxe Kalifat in Bagdad. Zugleich war dies der Beginn einer neuen Dynastie, der Ayyubiden, als deren erster Herrscher Saladin in Erscheinung trat, auch wenn er einstweilen noch unter der Oberherrschaft von Nur ad-Din stand (die Saladin auch weiterhin anerkannte). Erst als auch der 1174 starb, konsolidierte Saladin seine Macht weiter: Er heiratete die Witwe seines einstigen Lehnsherrn. Dessen Sohn und Erben (al-Malik al-Salih) erkannte Saladin aber auch als Souverän an. Er beschränkte sich auf die Macht in Ägypten und die umgrenzenden Gebiete. Bald waren der Hedschas bis zum Jemen, sowie Oberägypten seiner Herrschaft unterworfen. Saladin hatte seine eigene Machtbasis geschaffen.

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Und dann starb 1181 auch der Sohn von Nur ad-Din. Jetzt ergriff Saladin die Chance, sich auch zum Herrscher über Syrien aufzuschwingen. Er schob die Zengiden zur Seite und ernannte sich zum Sultan mit unumschränkter Macht, nur allein dem Kalifen in Bagdad unterstellt. Aber wie erwähnt, der hatte eh kaum tatsächliche Macht. Saladin war de facto jetzt sein eigener Herr über das Sultanat der Ayyubiden.

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Saladin war jetzt der Hüter der heiligen Stätten Mekka und Medina, wohin sich jedes Jahr Massen von Pilgern aufmachten. Ausgangspunkt der Pilgerreise war – neben Damaskus – meistens Kairo, wo die Frommen in der Vergangenheit eine bedrückende Wallfahrtsteuer an die Fatimiden hatten zahlen müssen. Saladin erhielt viele Sympathien, als er auf diese Einnahmen zu Lasten der Pilger nicht nur verzichtete, sondern im Gegenteil eine Steuer erhob, um mit diesem Geld entlang der Pilgerrouten ein Etappensystem mit Unterkünften, Verpflegung und Schutz vor Banditen aufzubauen. Mekka war endlich wieder vernünftig erreichbar.

Schon bald richtete Saladin, fest im Sattel der Macht, seinen Blick auf die Kernländer der Levante, Syrien, Palästina, der Libanon und Jordanien. Bald reichte seine Herrschaft bis nach Mesopotamien, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. Blieben die Besitzungen der Kreuzfahrer, die sich auf die Küstenregion der Levante konzentrierten, denn sie brauchten den Seeweg, um ihren Nachschub zu erhalten. Hier waren zudem die besten Ackerflächen. Die Kreuzfahrerstaaten waren Saladin ein Dorn im Auge, und er war entschlossen, die Schmach ihrer Präsenz zu beenden.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 8. Juli 2017 11:30

Jetzt kommt der Zeitraum an die Reihe, der den historischen Hintergrund für den Kinofilm bildet:

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Königreich der Himmel

Es war der 26. Juni 1187, als Saladin zu seinem entscheidenden Feldzug gegen die Franken aufbrach. Bisher hatte es nur halbherzige Kämpfe gegeben, was den Kreuzrittern nur recht sein konnte: Sie waren untereinander zerstritten und erkannten wohl, welche Gefahr Saladin darstellte. Allerdings gab es einen Störenfried in der Person Rainalds von Chatillon.

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Dieser Franzose, Sohn eines Grafen, war eine bemerkenswerte Persönlichkeit, ein Glücksritter und Abenteurer, der keine Skrupel kannte, um seine Ziele durchzusetzen. Da er als jüngerer Sohn keine Aussicht auf das väterliche Erbe hatte, versuchte er sein Glück dort, wo es am verheißungsvollsten war: Im Heiligen Land. Dort gab es nicht nur Ruhm, sondern auch Schätze zu erwerben. Für Rainald genau das, wonach er suchte. Der Glaube spielte dabei, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. Es traf sich günstig, dass just in dem Augenblick, da Rainald voller Tatendrang in Outremer eintraf, eine passende Partie auf den Richtigen wartete: Konstanze von Antiochia war verwitwet. Mit der Herrschaft über Antiochia war Rainalds Ehrgeiz erst geweckt. Geschickt taktierte er zwischen Byzanz, Armenien und Zypern, überfiel mal den einen, paktierte mit dem anderen, und ging letztlich als Profiteur aus den Konflikten hervor. Erst als sich Rainald mit dem Syrer Nur ad-Din (Saladins Souverän) anlegte, verbrannte er sich mit seinen Raubzügen die Finger. Dem Zengidenherrscher gelang es, sich des Franken zu bemächtigen und ihn in den Kerker zu werfen. Dort blieb Rainald ganze sechzehn Jahre, weil niemand das Lösegeld für ihn aufbrachte.

Während dieser Zeit im Kerker (1160-1175) starb Rainalds Frau in Antiochia und Saladin schwang sich zum Herrscher über Ägypten auf. Nachdem Nur ad-Din 1174 gestorben war, entließ dessen Sohn As-Salih Rainald aus dem Kerker. Der Franke musste zusehen, dass ihm wieder eine günstige Heirat gelingt. Seine Wahl fiel auf Stephanie von Milly, die ebenfalls verwitwet war. Sie war die Herrin von Transjordanien im Süden des Kreuzfahrerreichs. Rainald führte seine Raubzüge nun also als Nachbar von Saladin im Grenzgebiet zu Ägypten. Auch hier winkte lukrative Beute durch Überfälle auf Karawanen, die Pilger und Handelsgüter beförderten. Rainald baute sogar eine Flotte und erweiterte seinen räuberischen Wirkungskreis das Rote Meer hinunter bis fast nach Mekka. Saladin und Rainald waren also nicht gerade befreundet.

1174 war auch der Kreuzfahrer-König Amalrich gestorben, der durch seine Vorstöße nach Ägypten letztlich dazu beigetragen hatte, das Saladin an die Macht gelangt war. Amalrich war zweimal verheiratet gewesen: Von seiner ersten Frau Agnes hatte er sich scheiden lassen, um die byzantinische Prinzessin Maria Komnena heiraten zu können. Amalrich hatte aus der Ehe mit Agnes aber zwei Kinder, nämlich Balduin und Sybille. Balduin IV. trat 1174 Amalrichs Nachfolge als König an, hatte aber das Handicap, dass er an Aussatz litt, dem er schließlich erlag.

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Diesem Balduin, dem Aussätzigen, folgte 1185 sein Neffe Balduin V. nach, der jedoch noch im Knabenalter war. Als seinen Vormund hatte der Aussätzige den Grafen Raimund III. von Tripolis ernannt.

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Dummerweise starb der kleine Balduin noch im gleichen Jahr, und es brachen Streitigkeiten um die Thronfolge aus. Balduin V. war ein Sohn von Sybille und Wilhelm von Montferrat, der noch vor der Geburt des Kindes gestorben war.

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In Jerusalem bildeten sich jetzt zwei Fraktionen. Eine mit Raimund III. als Wortführer scharte sich um Maria Komnena, die zweite Ehefrau von Amalrich. Sie konnte auf die Unterstützung der Johanniter zählen. Die Partei ihrer Gegner entstand um Agnes, die erste Ehefrau von Amalrich, und ihrer Tochter Sybille. Sie hatten die Unterstützung der Templer. Auf ihrer Seite stand auch der räuberische Rainald von Chatillon, was schon kein gutes Zeichen war. Die eigentliche Schwachstelle war Guy von Lusignan, dessen einzige Empfehlung sein gewinnendes Äußeres war. Es reichte, um Sybille zu bewegen, ihn 1180 zu heiraten. Als nun 1185 Sybilles Sohn Balduin aus erster Ehe starb, sah die Fraktion um Agnes ihre Stunde gekommen und schob Sybille in den Vordergrund und damit auch den Schönling Guy, der außer seiner Erscheinung nichts zu bieten hatte.

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Trotzdem wurde er König, als Sybille schließlich aus dem Rennen mit Maria Komnena als Siegerin hervorging und 1186 den Thron von Jerusalem bestieg. Freilich war es ihr Mann Guy, der den Thron einnahm – mit katastrophalen Folgen für das Königreich.

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Selbst unfähig im politischen Geschäft und auch in militärischen Belangen, ließ sich Guy von Rainald sowie vom Großmeister der Templer, Gerard von Ridfort, in ein Unternehmen hineinziehen, das verhängnisvolle Folgen hatte: jenen Krieg, der mit den Übergriffen Rainalds von Chatillon begann und mit dem Fall von Jerusalem endete.

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Es war nun am 1. Juli 1187, dass Saladin mit einem frontalen Angriff Tiberias einnahm und niedermachen ließ. Tiberias, am See von Genezareth gelegen, gehörte zur Grafschaft von Tripolis, einem Teil des Königreichs Jerusalem. In der Festung der Stadt, die dem Ansturm noch standgehalten hatte, residierte Eschiva, die Frau des Grafen Raimund. Sie war von den Truppen Saladins eingeschlossen und sandte einen Hilferuf, der jedoch weniger von ihrem Mann, der zur Besonnenheit riet, als vielmehr von dem Hitzkopf Rainald aufgegriffen wurde. Dieser, in der Absicht, Raimund zu demütigen, drängte auf sofortiges Handeln. Auch die Templer rieten zum Feldzug gegen Saladin, der schließlich die Grenzen verletzt hatte und ins Heilige Land eingefallen war. Die Befürworter des Kriegs setzten sich durch, und Guy, der König, der sich von seinen Beratern einwickeln ließ, erteilte den Befehl zum Angriff.

Gott will es

Die Heere der beiden Kontrahenten, die sich schließlich am Horn von Hattin, einem Hochplateau westlich des Sees Genezareth, gegenüberstanden, waren von ungleicher Größe. Das Kreuzfahrerheer war nur etwas halb so groß wie das von Saladin, in sich zerstritten und litt auf ihrem Vormarsch unter der Hitze. Das Gelände war karg und gebirgig, es gab weder Wasser noch Schatten. Außerdem ließ Saladin den Christen ständig mit Plänklern zusetzen, damit sie keine Ruhe bekamen. Als die Kreuzritter am Nachmittag des 3. Juli 1187 die Höhe von Hattin erreichten, waren sie dermaßen erschöpft, dass nur die hereinbrechende Nacht sie vor der endgültigen Niederlage bewahrte. Doch es war nur eine kurze Frist, bis zum nächsten Morgen.

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Es gab für die Christen kein Zurück mehr, und wenn sie nach Tiberias durchbrechen wollten, mussten sie das Heer von Saladin besiegen, das sich ihnen in den Weg stellte. Mut schöpften die Kreuzritter aus der Reliquie, die sie bei sich führten: Das Heilige Kreuz, an dem Jesus gestorben sein soll. Nichtsdestotrotz, der Sieg der Muslime an diesem Tag war eindeutig. Wer von den Christen nicht getötet wurde, geriet in Gefangenschaft (auf dem Sklavenmarkt in Damaskus fielen die Preise ins Bodenlose, so groß war die Zahl der Gefangenen). Auf Pardon konnten nur hochgestellte Persönlichkeiten hoffen, weil bei ihnen mit entsprechendem Lösegeld zu rechnen war.

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Einer jedoch entging seinem Schicksal nicht: „Nachdem Gott ihm den großen Sieg geschenkt hatte, nahm der Sultan in dem Vorraum seines Zeltes Platz, denn es war noch nicht vollständig aufgebaut, während die Soldaten ihm Gefangene vorführten und alle Anführer, die sie hatten finden können. Als das Zelt errichtet war, nahm er darin mit großer Freude Platz und dankte Gott für die Gunst, die er ihm gewährt hatte. Dann ließ er König Guy, seinen Bruder und den Fürsten Rainald herbeirufen. Er reichte dem König einen Becher mit einem eisgekühlten Getränk, von dem dieser trank, denn er war schrecklich durstig, dann reichte der König den Becher dem Fürsten Rainald. Der Sultan sagte zu dem Dolmetscher: „Erkläre dem König, dass er ihm den Trunk gereicht habe. Nicht ich.“

Was der Sultan damit sagen wollte, bezog sich auf die Etikette, die die Muslime pflegten: Ein Gefangener, dem man zu essen und zu trinken anbot und der das annahm, durfte nicht getötet werden. Er hatte gewissermaßen den Sieg des anderen über ihn anerkannt. Wem jedoch der Sieger eine solche Geste verwehrte, dessen Leben war verwirkt: „Er, der Sultan, befahl ihnen, sich an einen Ort zu begeben, der als ihre Unterkunft vorgesehen war. Sie taten das und aßen etwas. Dann ließ der Sultan sie erneut zu sich rufen. Er bot dem König einen Platz im Vorraum an und wandte sich dann an den Fürsten Rainald, wie er es angekündigt hatte. Er sagte zu ihm: „Hier stehe ich nun, der ich Mohammed um Hilfe gebeten habe, und Gott hat mir den Sieg über dich gewährt.“ Er bot ihm an, den Islam anzunehmen, doch Rainald lehnte ab. Da zog der Sultan seinen Säbel und versetzte ihm einen Hieb, so dass er den Arm von der Schulter trennte.

Der Trunk für den Besiegten

Die übrigen Anwesenden gaben ihm den Rest, und Gott schickte seine Seele augenblicklich ins Höllenfeuer.“

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Das eigentliche Ziel von Saladin war Jerusalem. Der Ayyubide wollte das Ergebnis des ersten Kreuzzugs rückgängig machen und sie wieder aus der Heiligen Stadt vertreiben. Nach der Schlacht von Hattin, von der nur 3.000 Kreuzritter zurückkehrten, war das Königreich Jerusalem tödlich angeschlagen. Einen besonders hohen Blutzoll hatten die Mitglieder der christlichen Orden zahlen müssen: Saladin übergab sie Glaubenseiferern in seinen eigenen Reihen, die sie erbarmungslos niedermachten.

Am 20. September 1187 stand Saladins Heer vor Jerusalem, am nächsten Tag begann der Angriff. Inzwischen hatte der Sultan nach der Schlacht von Hattin praktisch das gesamte Königreich aufgerollt: Akkon, das Einfallstor zum Heiligen Land, war am 8. Juli gefallen. Bis hinauf nach Beirut und im Süden nach Askalon, das den Zugang zu Jerusalem beherrschte, hatte Saladin die Küsten zurückerobert. Lediglich Tyrus, Tripolis und Antiochia verblieben noch in der Hand der Kreuzfahrer, ferner die Gebiete in Transjordanien und Jerusalem. Die Belagerung Jerusalems zog sich fast zwei Wochen hin. Erst ein zweiter Angriff am 26. September konnte immerhin eine Bresche in die Mauer schlagen. Die Verteidiger der Stadt erkannten, dass sie verhandeln mussten. Doch davon wollte Saladin nichts wissen, er wollte Genugtuung für das Massaker von 1099, als die Christen ihrerseits die muslimische (und jüdische) Bevölkerung von Jerusalem niedergemacht hatte. Da offenbarte auch der Unterhändler der christlichen Seite, Balian von Ibelin, sein wahres Gesicht:

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„Wisse, Sultan, wir sind in so großer Zahl in der Stadt, dass nur Gott sie kennt. Jetzt fürchten sich alle zu kämpfen, denn noch hoffen sie auf ihr Leben, darauf, dass du es ihnen schenkst, wie du es anderen gewährt hast. Sie wehren sich gegen den Tod und wollen leben. Sehen wir aber den Tod unvermeidbar vor uns - bei Gott, wir töten unsere Frauen und Kinder und stecken unsere Habe in Brand! Wir lassen euch keinen einzigen Dinar noch eine Drachme in die Hände fallen, keinen Mann und keine Frau in die Knechtschaft schleppen. Dann zerstören wir den Felsendom, die Moschee al-Aqsa und die anderen heiligen Orte und töten die gefangenen Muslime – es sind fünftausend. Kein Pferd und kein anderes Tier findet ihr lebend bei uns. Endlich ziehen wir alle zum Kampf gegen euch heraus und streiten wie Männer, die um ihr Leben kämpfen. Dann wird kein Mann getötet, ohne vorher seinesgleichen umgebracht zu haben. Ehrenvoll sterben wir oder siegen edel!“

Die beherzte Rede Balians verfehlte ihre Wirkung nicht. Saladin besprach sich mit seinen Ratgebern, und es wurde ein Kompromiss ausgehandelt: Freier Abzug gegen Zahlung eines Kopfgeldes (Pech nur für diejenigen, die sich diese Zahlung nicht leisten konnten). Die Bedingungen wurden angenommen, und so konnte Saladin am 2. Oktober 1187 im Triumph in Jerusalem einziehen. Saladin hielt Wort, es gab kein Massaker und auch keine Plünderungen. Selbst die Großen, darunter das Königspaar Sybille und Guy, ließ er mitsamt ihrer Schätze abziehen. Solch einen Großmut hatten sie noch nicht erlebt.

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Von nun an wehten wieder die islamischen Banner auf den Mauern der Heiligen Stadt.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 15. Juli 2017 10:43

Die Nachricht von der Eroberung Palästinas schlug im Abendland wie eine Bombe ein. Noch im Oktober 1187 rief der Papst zu einem neuerlichen Kreuzzug auf, um Jerusalem für die Christenheit zurückzuerobern. Als erster Herrscher sagte der normannische König Wilhelm II. von Sizilien zu und schickte 50 Galeeren für die Verteidigung von Tripolis. Der englische König Henry II. und der französische König Philippe II. beendeten ihren Dauerkonflikt um die englischen Lehen in Westfrankreich und nahmen Anfang 1188 gemeinsam das Kreuz. Und dann stieß noch der deutsche Kaiser Friedrich Barbarossa zu den Kreuzfahrern, er erklärte im März 1188 seine persönliche Teilnahme an dem Kreuzzug.

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Weil Henry II. einige Monate später starb und sein Sohn Richard neuer König von England wurde, verzögerte sich in Westeuropa der Aufbruch ins Heilige Land. Richard und sein französischer Kollege Philippe misstrauten einander, der jeweils andere könne die eigene Abwesenheit während des Kreuzzugs dazu nutzen, sich in Westfrankreich einen Vorteil zu verschaffen. Deshalb war Barbarossa der erste Herrscher, der zum Kreuzzug aufbrach, als er sich im Mai 1189 auf den Weg machte. Der Marsch zur Befreiung Jerusalems endete für Barbarossa am 10. Juni 1190 – er ertrank in Kilikien in einem Fluss.

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Das deutsche Heer machte zu einem guten Teil schlicht kehrt, nachdem es ihren Anführer verloren hatte. Einige wenige setzten ihren Weg unter der Führung von Barbarossas Sohn, Friedrich von Schwaben, fort. Diese Männer erreichten Palästina im Oktober 1190 und schlossen sich dort der Belagerung des strategisch wichtigen Akkon an, das von den Muslimen gehalten wurde.

Dem deutschen Teil des Kreuzzugs war zu Saladins Glück der Zahn gezogen, bevor er überhaupt eingetroffen war. Sein gefährlichster Gegner hatte sich da noch gar nicht auf den Weg nach Jerusalem gemacht: Richard Löwenherz.


Die Plantagenet: Richards Herkunft

Als Henry I. (der jüngste Sohn von William dem Eroberer) im Jahre 1135 starb, hatte er keinen Sohn, der ihm auf dem Thron folgen konnte. Henry hatte deshalb vorsorglich seine Tochter Matilda zur Erbin bestimmt und vom englischen Adel bestätigen lassen. Matilda war die Witwe des 1125 verstorbenen deutschen Kaisers Heinrich V. und nun in zweiter Ehe mit dem Grafen Goeffrey von Anjou verheiratet, der als Wappen der Zweig einer Pflanze diente. Diese Pflanze war der Ginster, der im Lateinischen als „planta genista“ bezeichnet wurde. Die Dynastie, die von den Nachkommen Matildas und Geoffreys begründet wurde, nannte sich nach diesem Wappen Plantagenet.

Es gab aber in Frankreich noch einen männlichen Verwandten, der dank seiner Abstammung Ansprüche auf den englischen Thron erheben konnte und dies auch tat: Henrys Schwester Adele hatte einen Sohn namens Stephen de Blois. Stephen war also Matildas Cousin. Was folgte, war ein Bürgerkrieg in England, der sich ab 1135 über achtzehn Jahre hinzog und schlicht als „the anarchy“ bezeichnet wird. Erst 1153 gab es einen Friedensvertrag mit einem Kompromiss: Stephen sollte bis zu seinem Lebensende König bleiben, Matildas Sohn Henry II. sein Erbe und Nachfolger werden. Und Henry musste nicht einmal mehr lange warten, Stephen starb ein knappes Jahr später und machte den Weg frei für die schillerndste Dynastie des englischen Mittelalters.

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Mit dem Tag seiner Krönung am 19. Dezember 1154 wurde Henry II. der mächtigste Mann des Abendlandes. Bereits vorher waren ihm als väterliches Erbe die Normandie und Anjou zugefallen. Und durch seine Heirat mit der berühmten Eleanor kam das französische Herzogtum Aquitanien auch noch dazu. Eleanor hatte ihrerseits Aquitanien von ihrem Vater geerbt, der ohne einen männlichen Nachkommen gestorben war. Zunächst war Eleanor 1137 mit Frankreichs König Louis VII. verheiratet worden, weil der Aquitanien natürlich in die Finger bekommen wollte. Die beiden Ehepartner passten nicht gut zusammen: Louis war außerordentlich fromm, Eleanor lebenslustig und freidenkerisch.

1147 brach Louis VII. zum zweiten Kreuzzug auf (Edessa war gefallen) und zu seinem Verdruss kam Eleanor mit. Der Kreuzzug wurde zu einem militärischen Fiasko. Im März 1148 erreichten sie Antiochia, das von Eleanors Onkel Raimond regiert wurde. Bald wurde gemunkelt, Nichte und Onkel hätten eine heiße Affäre. Zurück in Frankreich kamen vergleichbare Gerüchte über eine Liaison zwischen Eleanor und Graf Joffrey Plantagenet von Anjou auf. Louis VII. hatte genug, er ließ sich 1152 – das Jahr, in dem Barbarossa König wird - von Eleanor scheiden. Mit einem Mal war Eleanor die begehrteste Partie im Abendland, den ihr gehörte ja ganz Aquitanien. Und wen heiratete sie? Genau, Henry II. von England – und der war der Sohn des Joffrey Plantagenet.

Die englischen Edelleute murrten, denn jetzt saßen quasi zwei Franzosen auf dem englischen Thron. Aber Henry II. agierte politisch geschickt und heilte die Wunden des langen Bürgerkriegs. Mit dem französischen König , dem Ex seiner Frau, legte sich Henry II. nicht an, er leistete ihm ordnungsgemäß den Lehnseid für die französischen Gebiete Anjou, Normandie und Aquitanien. Im Gegenzug stellte Louis VII. seine Unterstützung für Henrys Bruder ein, der ihm Anjou strittig gemacht hatte. Bald wurde Eleanor pausenlos schwanger, sie bekam drei Töchter und fünf Söhne, darunter Richard (1157), Joan (1164) und John (1167).

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Der König hatte Streit mit seinem wichtigsten Erzbischof, nämlich den von Canterbury mit Namen Thomas Becket. In ihm hatte er einen Widersacher, der ebenso stolz wie dickköpfig wie er selbst war. Als der König seinen ältesten Sohn Henry 1170 vom Erzbischof von York zum Mitkönig krönen, fühlte sich Becket übergangen und drohte, ganz England zu exkommunizieren. Entnervt schimpfte der König über den Erzbischof: „Befreit mich denn niemand von diesem lästigen Priester?“ Vier seiner Ritter nahmen das wörtlich und schlugen ihm in der Kathedrale von Canterbury mit einem Schwert die Schädeldecke ab. Die Ermordung des Erzbischofs auf geweihtem Boden war eine monströse Tat, auf die für Henry II. das päpstliche Interdikt folgen musste.

Der König unterwarf sich zerknirscht dem Papst. Henry II. war aber Politiker genug, dass er die Affäre überstand und im Umgang mit der Kirche einfach vorsichtiger wurde. Ein Beispiel: Nachdem König Stephens Bruder, der Bischof von Winchester, gestorben war und 1173 ein Nachfolger gewählt werden sollte, schrieb König Henry den Mönchen von Winchester: „Ich befehle Euch, eine freie Wahl abzuhalten, doch ich verbiete Euch, jemand anderen zu wählen als Richard von Ilchester.“ Sollte jemand Zweifel haben: Der nächste Bischof von Winchester hieß Richard von Ilchester.

Das nächste Problem erwuchs Henry nicht mit der Kirche oder seinen Edelleuten, sondern mit seinen eigenen Söhnen. Es war sowieso immer schwierig, viele Söhne zu haben. In diesem Fall galt das besonders, denn die Jungs waren ebenso intelligent, stur und machthungrig wie er. Mit Hilfe ihrer Mutter Eleanor sowie dem französischen König, der gerne einen Keil in die Plantagenet treiben wollte, wagten sie den Aufstand gegen ihren Vater. Eleanor geriet bei diesem Krieg in die Gefangenschaft ihres Gemahls. Und obwohl Henry II. im Jahre 1176 mit seinen Söhnen Frieden schloss, blieb sie noch elf Jahre in der Gefangenschaft. Offenbar war auch diese Ehe ziemlich am Ende. Der Frieden sah vor, dass Richard Aquitanien und Geoffrey die Bretagne erhalten. Der junge Henry guckte weiter in die Röhre, weil er der designierte Thronfolger war: Auch auf dem mächtigsten Thron kann halt nur ein König zugleich sitzen. Und John war als jüngster Sohn des Königs bei der Landzuteilung sowieso leer ausgeblieben – was ihm den Beinamen „Lackland“ (der Landlose) einbrachte.

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1182 erhob sich der Juniorkönig also wieder gegen seinen Vater, zusammen mit John Lackland und seinem zwielichtigen Bruder Geoffrey. Weil Prinz Richard dieses Mal nicht mitmachen wollte, fielen die Rebellen in Aquitanien ein, auf das der Juniorkönig ohnehin spekulierte. Hier zeigte sich erstmals, dass Richard ein enormes militärisches Geschick und großen Mut hatte. Er erlangte dank seiner Tugenden höchstes Lob seiner Zeitgenossen, die seine kriegerischen Fähigkeiten, seine tapferen Taten, auch seinen Großmut und seine Freigebigkeit rühmten. Richard wies allerdings auch einige Defizite auf, er war unstet und impulsiv, bei seinem Verlangen nach Ruhm ging er Pflichtarbeiten aus dem Weg. Und als Herzensbrecher war Richard ganz bestimmt nicht bekannt. Er zog Kameradschaft einer Liebschaft oder der Familie vor. Frauen interessierten ihn nicht bzw. nur in der idealisierten Form der Minne.

Als der Junior Henry 1183 an der Ruhr starb, bot der König seinem derzeit einzig loyalen Sohn Richard an, ihn zum Thronfolger zu ernennen. Bedingung: Richard sollte dafür Aquitanien an seinen Bruder John abtreten. Richard lehnte es ab, die sehr reale Macht in Aquitanien gegen einen bloßen Titel in England einzutauschen.

Unterdessen war der duldsame und meist kompromissbereite Louis VII. von Frankreich gestorben. Sein Sohn Philippe II. Auguste war zwar erst fünfzehn, aber er war bereits ein gefährliches Kaliber – entschlossen, die Macht der Plantagenet in Frankreich zu brechen. Philippe pochte darauf, dass die längst verabredete Hochzeit seiner Schwester Alix mit Prinz Richard nun stattfinden müsse. Das ging aber nicht. König Henry II. hatte nämlich eine Affäre mit seiner Schwiegertochter in spe, außerdem misstraute Henry II. seinem Sohn, seitdem der sein Thronfolge-Angebot ausgeschlagen hatte. Nicht zuletzt hätte die Rückkehr der französischen Prinzessin den Verlust ihrer Mitgift (die Grafschaft Vexin) bedeutet. Um den Skandal zu vermeiden, wurde Alix halt Richards Bruder John zugeschoben. Vorerst als Verlobte – zur Heirat mit John sollte es übrigens auch niemals kommen.

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Der Krieg zwischen Richard gegen Vater und Brüder konnte erst einmal beendet werden, als Henry II. zu dem Kniff griff, seine Frau Eleanor aus der Gefangenschaft freizulassen und Richard aufzufordern, ihr Aquitanien zurückzugeben. Damit war Richard einverstanden, denn er wusste, Eleanor würde es niemals einem anderen ihrer Söhne als allein ihm vererben.

1186 starb Prinz Geoffrey bei einem Turnierunfall, es blieben also nur noch Richard und John als Thronfolger übrig. Zu dieser Zeit muss der französische König Philippe II. den Fokus Zecherei gehabt haben, denn in seinem Verhältnis zu Richard gab es eine 180 Grad Wendung. Sie begegneten sich 1187 und ritten in großer Eintracht in Paris ein. Fortan waren sie unzertrennlich, aßen vom selben Teller, tranken aus demselben Becher und schliefen im selben Bett. Man darf wohl davon ausgehen, dass es sich dabei nicht um einen rein politischen Akt gehandelt haben dürfte.

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Henry II. reagierte sauer auf das eigenmächtige politische Verhalten seines Sohnes und bestimmte nun seinen zweiten verbliebenen Sohn John zum Thronfolger. Kurz darauf kamen die katastrophalen Neuigkeiten aus dem Osten: Das heilige Jerusalem war von Sultan Saladin erobert worden. Richard gelobte spontan, das Kreuz zu nehmen und Jerusalem den Heiden wieder zu entreißen.

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Zunächst aber musste Richard sicherstellen, dass nicht sein Bruder John nicht die englische Krone wegschnappen würde. Mit dem französischen König an seiner Seite war Richard in der Lage, seinem Vater mit militärischem Nachdruck davon zu überzeugen, dass nicht John, sondern ihm die Thronfolge zufallen solle. Henry II. war inzwischen alt und krank und musste hilflos zusehen, wie ihm alles unter den Händen zerrann. Prinz John war ihm jedenfalls keine Hilfe, der war nur ein verschlagenes und unfähiges Ungeheuer. Bald konnte Richard seinem Vater seinen Willen aufzwingen und die Bedingungen diktieren. Henry II. stimmte scheinbar demütig zu, flüsterte Richard aber ins Ohr: „Gebe Gott, dass ich nicht sterbe, ehe ich mich an Dir gerächt habe.“ Zwei Tage später starb Henry II. bereits, ohne seine Rache bekommen zu haben. Im Gegenteil, er hatte zwischenzeitlich erfahren, dass John zu seinen Feinden übergelaufen war.

In England verfügte man zu dieser Zeit bereits über die Techstufe Legalismus 3 und hatte die Erbgesetze auf Erstgeburtsrecht (Primogenitur) umgestellt. Von Henrys zwei verbliebenen ehelichen Söhnen war Richard der ältere, also stand ihm die Krone von England zu. Dabei war Richard in seinem Leben bisher so gut wie nie auf der Insel gewesen, er hatte sich stets auf dem Festland aufgehalten. Seine Krönung in Westminster erfolgte am 3. September 1189.

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König Richard auf dem Weg ins Heilige Land

Als erste Amtshandlung auf dem Thron befahl Richard I. die vollständige Rehabilitation seiner Mutter Eleanor, die er für die Zeiten seiner Abwesenheit zur Regentin über England ernannte. Sie war inzwischen steinalte 68 Jahre – offenbar hatte die kalte Zugluft der Burgen, in denen sie eingesessen hatte, eine konservative Wirkung auf sie gehabt.

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Die Männerfreundschaft zwischen Richard und Philippe, beide nun Könige, hielt nicht mehr lange. Der französische König fragte nämlich erneut bei Richard nach, wann der gedenke, endlich seine Schwester Alix zu heiraten. Immerhin war Richard schon 33 Jahre alt und die Verlobung mit Alix vor über zwanzig Jahren geschlossen worden. Bald, versprach Richard. Erst müsse das Gelöbnis, zum Kreuzzug aufzubrechen, eingelöst werden. Das war natürlich eine Ausrede, andererseits machte Richard wirklich ernst mit dem Kreuzzug. Er erhob in England den sogenannten Saladin-Zehnten, eine Art Kreuzzugs-Steuer. Von der Zahlung ausgenommen waren nur jene, die am Kreuzzug teilnahm. Weil das nicht ausreichte, besetzte Richard I. die hohen Posten seines Reiches neu: Die Vergabe von Privilegien und Ämtern war ein Vorrecht des Königs, mit dem er nicht zuletzt seine Schatulle füllte. Wer also nach einem Posten strebte, musste zahlen. Offenbar hatte der König auf diese Weise innerhalb von drei Monaten genug Geld zusammengerafft.

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Richard verließ England am 11. Dezember 1189 und widmete erst einmal dem festländischen Teil seines Königreiches. Die Sache mit der Verlobung musste nach Möglichkeit aus der Welt, Richards Mutter nahm die Sache in die Hand. Da Alix, inzwischen auch nicht mehr die Jüngste, nicht mehr in Betracht kam, musste man geeigneten Ersatz finden. Zum Glück bot sich die in Gestalt einer spanischen Prinzessin namens Berenguela an. Sie war die Tochter von Sancho VI., des Königs von Navarra. Eher ein unbedeutendes Königreich, gemeinsam mit Aragon und Kastilien bildete es das Grenzland zu den Mauren. Die Verbindung machte Sinn, denn Richard sicherte sich so die Grenzen von Aquitanien gegen den Grafen von Toulouse ab. Außerdem war Richards Mutter Eleanor bewusst, dass sich ihr Sohn kaum aus eigenem Antrieb um eine Frau und um Nachwuchs kümmern würde. Seine Neigungen waren ihr ja nicht verborgen geblieben. Trotzdem war sie guter Hoffnung, immerhin hatte Richard während seiner Jugend in Aquitanien bereits einen Bastard namens Philipp gezeugt. Die Verlobungsverhandlungen mussten unbedingt diskret ablaufen, damit der französische König davon nicht mitbekommt. Philippe II. begleitete Richard schon so nur widerwillig in das Kreuzzugs-Abenteuer. Die Demütigung, wenn ihm seine Schwester an den Hof zurückgeschickt wird, hätte alle gemeinsamen Pläne obsolet gemacht.

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Nachdem beide Könige ihre Vorbereitungen abgeschlossen hatten, trafen sie sich am 2. Juli 1190 und klärten ein wichtiges Detail: Was sollte mit der Beute aus dem Kreuzzug passieren? Man einigte sich darauf, die eroberten Gebiete und Schätze zu gleichen Teilen einander zuzusprechen. Der dritte Kreuzzug von englisch-französischer Seite konnte losgehen! Einen schweren Rückschlag hatte das Gesamtunternehmen soeben erst erhalten, weil der Heeresteil, der unter Führung des deutschen Kaisers Barbarossa auf dem Landweg Richtung Jerusalem marschierte, sich nach dem überraschenden Tod des Staufers führungs- und ratlos auf den Heimweg gemacht hatte.

Richard wählte den Seeweg nach Jerusalem. Am 31. Juli 1190 erreichte seine Streitmacht Marseille. Hier hoffte er auf die Flotte zu stoßen, die er in England und in seinen französischen Besitzungen zusammengestellt hatte. Es war verabredet worden, dass die über hundert Schiffe für den Transport der Streitmacht hier bereitstehen sollten. Die Franzosen unter Philippe II. wählten einen anderen Weg. Sie hatten sich in Lyon von den Engländern abgetrennt und zogen über Nizza nach Genua, wo sie eine eigene Flotte benutzen wollten. Das gelang ihnen auch, während Richard vergebens nach seiner Flotte Ausschau hielt. Sie war noch nicht eingetroffen, denn es hatte Verzögerungen von peinlicher Art gegeben. Ein Großteil der Flotte hatte nämlich in Lissabon eine Zwischenstation eingelegt, um auf den Rest zu warten. Die Seeleute gingen an Land und stellten die Stadt auf den Kopf. Dabei trieben sie es so bunt, indem sie schon mal die jüdische und muslimische Bevölkerung der Stadt angriffen, plünderten, mordeten und schändeten, dass der portugiesische König einschreiten musste und die Unruhestifter in den Kerker werfen ließ.

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Richard charterte nach einer Woche des Wartens in Marseille kurzerhand eine neue Flotte und schickte einen Teil als Vorhut direkt ins Heilige Land, das am 16. September 1190 Tyrus, einen Teil des Königreichs Jerusalem, erreichte. Mit dem zweiten Teil der Flotte segelte Richard gemächlich entlang der Küste Italiens und machte eine Sightseeingtour. Auffällig war, dass er Rom für einen Landgang aussparte – er war momentan sauer auf den Papst, denn der hatte ihm für die Besetzung eines kirchlichen Postens mit einem seiner Vertrauten noch mehr Geld abgeknöpft als er bei der Postenvergabe von seinen Untertanen verlangt hatte. Aber in Sizilien ging Richard bei Messina an Land, dort wartete Philippe II. bereits auf ihn.

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Richards Erscheinen hatte einen Grund: Im Jahr zuvor war Siziliens König Wilhelm II. gestorben, ohne einen Erben zu hinterlassen. Ihr ahnt schon, was das bedeutete. Es gab Streit um die Nachfolge.

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Mit Hilfe des Papstes war es einem unehelichen Vetter Wilhelms gelungen, die Macht an sich zu reißen. Papst Clemens III. unterstützte diesen Tancred, um einen Staufer auf dem Thron von Sizilien zu verhindern. Der deutsche König Heinrich VI. war nämlich mit der Sizilianerin Konstanze verheiratet und erhob über diese Ehe Anspruch auf die Krone. Dann aber wären Rom und der Papst vom staufischen Herrschaftsgebiet umklammert. Richard stand wie Heinrich ebenfalls in Gegnerschaft zu Tancred, weil der frühere König Wilhelm mit einer Schwester Richards, Johanna, verheiratet gewesen war und Tancred sie nun gefangen hielt.

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Zudem hatte Wilhelm seinerzeit ein Testament aufgesetzt, in dem er seinen englischen Schwiegervater Henry II. zum Erben von Sizilien benannt hatte, sollte er kinderlos sterben. Nun war Henry II. auch bereits tot, aber sein Nachfolger als englischer König war – Richard. Das ist nicht dasselbe, antworteten die Anhänger Tancreds, das Testament habe Henry II. persönlich und nicht den englischen König begünstigt. Was folgte, ist klar: Richard brach den Widerstand von Messina mit Gewalt und nahm die strategisch gelegene Stadt ein. Tancred lenkte ein und verhandelte mit Richard: Johanna kam frei und wurde von ihm für ihre Eheansprüche mit 40.000 Unzen Gold ausbezahlt. Sie reichte das Geld an Richard weiter, der damit eine enorme Verbesserung seiner Kriegskasse erzielte. Der Franzose Philippe II. erhielt von Richard aus dieser Summe wiederum gut 10.000 Gold. Nicht aus Freundlichkeit, sondern weil Philippe heimlich mit Tancred zu paktieren beabsichtigte. Richard gedachte, den Winter in Sizilien zu verbringen und wollte unangenehme Überraschungen vermeiden.

Es gab bald weiteren Missklang zwischen dem Engländer und dem Franzosen. Erst war Philippe empört, dass Richard seine Banner über Messina hissen ließ, denn das widersprach der Vereinbarung über die Teilung der Beute. Okay, also wurde Messina formell in die Obhut von Tempelrittern und Hospitaliter übergeben und deren Banner hochgezogen. Die tatsächliche Macht über die Stadt blieb natürlich bei Richard. Der nächste Anlass für eine Missstimmung auf Seiten des französischen Königs war Johanna, die jetzt in Messina eintraf und von ihrem Bruder Richard empfangen wurde. Philippe II. war seit kurzem Witwer (seine Frau war im Kindbett gestorben) und sehr angetan von der 25jährigen Johanna. Davon war Richard gar nicht angetan, eine noch engere Bindung der beiden Königshäuser erschien ihm nicht sinnvoll. Er verfrachtete Johanna in ein Kloster, wo sie den Avancen des Franzosen entzogen war. Und Philippe dachte bei dieser Gelegenheit wieder an die Sache mit seiner Schwester Alix, die immer noch nicht von Richard geehelicht war.

Das Fass zum Überlaufen brachte dann die Nachricht von der diplomatischen Mission, die Richards Mutter in Navarra unternahm. Mehr noch, Eleanor sei mit der spanischen Prinzessin im Gepäck bereits auf dem Weg nach Sizilien. Wütend stellte Philippe den englischen König zur Rede: Wann endlich würde Alix aus der endlosen Schmach befreit und geheiratet werden? So in die Ecke gedrückt legte sich Richard fest und erteilte Philippe die Absage. Alix sei die Geliebte seines Vaters gewesen und habe ihm einen Sohn geboren. Eine Heirat brächte ihm, Richard, nur Schande. Philippe erkannte, dass es nicht gut sein würde, wenn bei einer weiteren Eskalation der Sache die Gründe hierfür bekannt werden würden. Er stimmte der Kündigung des Eheversprechens zu, für einen angemessen Betrag zur Entschädigung natürlich. Alix wurde später übrigens an den Grafen von Vexin vertickt, immerhin.

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Re: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

Beitragvon Mark » 19. Juli 2017 20:57

Über all diesen Sachen war es Frühling geworden und an der Zeit, die Weiterreise anzutreten. Vor allem wollte Philippe nicht der spanischen Prinzessin begegnen, diese Schmach wollte er sich nicht antun. An dem Tag, an dem Berenguela in Sizilien eintraf, stach der französische König in See. Am 10. April 1191 folgte Richards Flotte, ihn begleiteten Johanna und Berenguela.

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Vor Zypern geriet die Flotte in stürmisches Wetter und war gezwungen, an Land zu gehen. Das war nicht ganz unproblematisch, den Zyperns orthodoxer Herrscher Isaak hatte vor kurzem die Seiten gewechselt und war in das Lager von Saladin gewechselt. Paktieren mit den Moslems, das war Verrat. Einige Schiffbrüchige aus Richards Flotte waren an Zyperns Küste von Isaaks Leuten gefangen genommen worden und wurden nicht freigelassen.

Das reichte Richard als Kriegsgrund und er rüstete zum Kampf. Hier war er in seinem Element und schlug Isaak schnell vernichtend. Da kündigte sich unerwarteter Besuch an: Kein Geringerer als Guy de Lusignan, seines Zeichens König von Jerusalem, gab sich die Ehre. Guy kam allerdings nicht ganz freiwillig: Der französische König Philippe, der ja vorausgesegelt und inzwischen im Heiligen Land eingetroffen war, hatte in einem Streit im die Herrschaft über die Reste des Königreichs Jerusalem die Partei des Gegners von Guy ergriffen. Guy erhoffte sich Unterstützung durch die Engländer. Richard konnte ihn als Verbündeten im Heiligen Land gebrauchen, er unterstützte de Lusignan also.

Nebenher sicherte Richard Zypern ab (er hatte erkannt, dass die Insel ein unverzichtbarer Stützpunkt zur Absicherung des Heiligen Landes war) und heiratete dort am 12. Mai 1191 Berenguela. Als Morgengabe erhielt sie die Gascogne nahe ihrer Heimat Navarra. Nach drei Wochen der Kämpfe war Isaak militärisch am Ende, zudem war seine geliebte Tochter in die Hände der Engländer gefallen. Isaak kapitulierte, stellte aber eine Bedingung: Man möge ihn nicht in eiserne Ketten legen. Also ließ Richard silberne Ketten anfertigen und schickte Isaak darin nach Libanon ins Exil.

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Nachdem die Verhältnisse in Zypern geordnet waren, das nunmehr unter der Oberhoheit des englischen Königs stand, stach die Flotte erneut in See und nährte sich schon bald dem eigentlichen Ziel. Es war die Bucht von Akkon im heutigen Israel. Akkon war ein wichtiger Stützpunkt der Kreuzfahrer gewesen, nur jetzt war die Stadt in der Hand der Muslime, wurde aber von einem Kreuzfahrerheer belagert. Doch noch ehe die englische Flotte in die Bucht einlaufen konnte, kam ein fremdes Schiff in Sicht. Es war ein ungewöhnlich großes, und nach einiger Zeit merkte man, dass es nicht das des französischen Königs, sondern ein feindliches Nachschubschiff war. Unmengen von Waffen und Nahrungsmitteln befanden sich im Bauch des Schiffes, es war eine lohnende Beute. Gleichwohl, die Besatzung kämpfte tapfer dagegen, geentert zu werden und wurde schließlich mit ihrem Schiff samt Ladung versenkt. Für Saladin war das eine entscheidende Niederlage: „Als sie aus der Ferne von der Höhe der Berge sahen, was geschehen war, waren die Sarazenen wie vom Donner gerührt. Sie benachrichtigten Saladin. Als er die Nachricht hörte, raufte er sich die Haare und zehrte an seinem Bart, so wütend war er. Er seufzte und brach in Wehklagen aus: Oh Gott, der Große und Allmächtige, nun habe ich Akkon verloren, und meine geliebten Elitetruppen, in die ich so viel Hoffnung gesetzt hatte. Welch widriges Schicksal, das mich vernichtet hat.“

Ganz so schlimm, wie es klingt, war die Niederlage nicht. Das sollten die Engländer noch früh genug erfahren. Aber nach ihrem Auftaktsieg waren sie zuversichtlich, dass ihnen das Glück auch weiterhin hold sein würde. Richard hatte bereits den Nimbus des Unbesiegbaren, bevor er überhaupt seinen Fuß auf den Boden des Heiligen Lands setzte. Am 8. Juni 1191 lief seine Flotte in den Hafen von Akkon ein. Der Sultan hatte sein Lager fünf Kilometer östlich auf einem Hügel errichtet, von dem aus er alles überblicken konnte. „Am Sonnabend traf der verfluchte König von England ein, nachdem er sich mit dem Herrscher der Insel Zypern geeinigt und sie unter seine Kontrolle gebracht hatte.“ Jetzt standen sich die beiden Kontrahenten Saladin und Löwenherz erstmals gegenüber.

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Richard Löwenherz im Heiligen Land

Akkon, diese wichtige Stadt, lag bereits unter der Belagerung der Christen, als Richard seinen Fuß auf das Heilige Land setzte. Zwei Jahre hatte es gedauert, bis die Kreuzritter die Schlappe, die ihnen Saladin beigebracht hatte, soweit überwunden hatten, dass sie gegen Akkon ziehen konnten. Vermutlich bereute Saladin es längst, dass er König Guy so großzügig, nur um den Preis eines pauschalen Kopfgeldes, freigelassen hatte. Denn Guy von Lusignan scharte damals eilig die Reste der Kreuzritter um sich, um Akkon ins Visier zu nehmen.

Nicht alle christlichen Fürsten folgten seinem Aufruf, immerhin waren die Niederlage von Hattin und der Verlust von Jerusalem das Ergebnis von Guys Politik. Im Gegenteil: Konrad von Montferrat, ein Cousin Barbarossas aus italienischem Adel, der sich zum Herrscher von Tyrus aufgeschwungen hatte, machte dem glücklosen Guy den Thron streitig. Als dann auch noch Sybille, die Königin, am 25. Juli 1190 vor Akkon mit ihren Töchtern bei einer Epidemie starb, erhielten die Gegner des Königs weiteren Auftrieb: Guy war schließlich nur Sybilles angeheirateter Prinzgemahl, nominell ging die Krone daher an Sybilles Schwester Isabella. Konrad von Montferrat entflammte nun spontan in Liebe zu Isabella und ließ sich rasch von seiner Frau Theodora (eine Schwester des byzantinischen Kaisers!) scheiden, um Isabella heiraten zu können. Das sollte ihm den Platz auf dem Thron des Königreichs Jerusalem sichern.

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Der Haken dabei war, dass Isabella schon verheiratet war, mit einem gewissen Humfried von Toron. Isabella war diese Ehe 1181 im zarten Alter von elf Jahren eingegangen. Zu ihrer Hochzeitsnacht gibt es eine Anekdote. Nicht die, dass sie den Vollzug der Ehe über sich ergehen lassen musste. Nein, Saladin war in gewisser Weise dabei zugegen, denn er belagerte zu der Zeit die Festung, in der die Hochzeit stattfand. Der Gastgeber der Hochzeit war kein anderer als Rainald von Chatillon gewesen, ihm gehörte nämlich die Festung. Man war so höflich, Saladin eine Kostprobe des Hochzeitsessens auf einem silbernen Tablett zukommen zu lassen. Der revanchierte sich mit der Frage, in welchem der Festungstürme das edle Paar die Nacht der Nächte zu verbringen gedenke. Diesen würden seine Truppen bei der Bombardierung der Mauern verschonen.

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Mittlerweile war Isabella immerhin achtzehn Jahre alt. Konrad von Montferrat hatte schnell einen Scheidungsgrund für sie zur Hand: Isabella war damals mit ihren elf Jahren schlicht nicht ehefähig gewesen. Außerdem war Humfried bekanntermaßen schwul. Und zack, war die Ehe geschieden und Isabella umgehend mit Konrad verheiratet. Verständlich, dass sein Rivale Guy bei König Richard vorsprach, wenn er sich auf dem Thron halten wollte. Und man ahnt es schon: Auf der anderen Seite rannte Konrad zum französischen König Philippe, um sich bei ihm Unterstützung zu holen.

Richard hatte allerdings dringendere Probleme als den Jerusalemer Thronstreit. Saladin war den Eingeschlossenen in Akkon zu Hilfe geeilt und belagerte mit seinem Heer wiederum die Belagerer. Bis zur Ankunft Richards hatte es deshalb vor Akkon eine Pattsituation gegeben. Zwei Jahre schon wurde die Festung belagert – Richard nahm sie innerhalb von zwei Monaten. Dank seiner Flotte konnte er die Verteidiger Akkons vom Nachschub zur See abschneiden, wie die Versenkung des großen Schiffs direkt bei Richards Ankunft in der Bucht eindrucksvoll bewiesen hatte. Als die Eingeschlossenen in Akkon erkannten, dass sie dem Angriff der Kreuzfahrer nicht mehr lange standhalten würden, während es Saladin draußen nicht gelang, ihnen wirksam Hilfe zu leisten, entschieden sie sich zu Verhandlungen mit den Christen. Richard hatte wenig Sinn für einen Kompromissvertrag, er war an dem Ruhm einer Eroberung interessiert. Die Muslime mussten viel anbieten, um ihn umzustimmen: natürlich die Übergabe der Festung, Geld, die Freilassung von zig christlichen Gefangenen sowie die Rückgabe des Heiligen Kreuzes, das in Hattin verloren gegangen war. Als die Vereinbarung getroffen war, öffneten sich die Tore von Akkon. Die Garnison durfte abziehen, Richard und Philippe zogen unbehelligt gemeinsam in die Stadt ein.

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Die beiden Könige teilten Akkon untereinander auf, ganz wie sie den Umgang mit jeder Eroberung zuvor vereinbart hatten. Einer ging dabei leer aus, und das blieb letztlich nicht ohne Bedeutung: „Der Herzog von Österreich, einer der frühen Belagerer von Akkon. Mit seinem Banner erschien er vor Richard, um für sich einen Teil am Triumph zu beanspruchen. Wenn nicht auf Befehl, so doch zumindest mit Zustimmung des verärgerten Richard wurde das Banner des Herzogs in den Schmutz geworfen und darauf herumgetrampelt. Der Herzog, obwohl er furchtbar wütend auf den König war, verbarg seinen Zorn über die Kränkung, denn er konnte sich nicht rächen. Er zog sich zurück in sein Lager und segelte bald darauf mit Ingrimm in sein Land zurück.“ Der Groll, den Leopold V. von Österreich hegte, war nur zu verständlich, denn immerhin war er der Oberbefehlshaber über das deutsche Kontingent, das bei Akkon kämpfte, gewesen. Leopold hatte die Nachfolge von Friedrich von Schwaben angetreten, als dieser – ähnlich wie schon sein Vater Barbarossa – eines der unzähligen Opfer dieses Dritten Kreuzzugs geworden war. In den Augen Richards war Leopold nur ein lästiger Bittsteller, der sich erkühnte, die gleichen Ansprüche zu stellen wie die eigentlichen Sieger, obwohl er nur geringen Anteil an der Eroberung gehabt hatte.

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Richard gönnte seinen Männern eine Pause in Akkon (Wein, Weib, Gesang) und ließ die Verteidigungsanlagen wieder instandsetzen. Er nutzte die Zeit, um mit König Philippe über das weitere Vorgehen zu sprechen. Richard brannte darauf, das gesamte Kreuzfahrerreich zurückzuerobern und bei Abreise in gesicherten Grenzen zu hinterlassen. Er wollte Philippe auf den gemeinsamen Schwur, den Kreuzzug zu diesem Zweck drei Jahre persönlich und gemeinsam fortzusetzen. Das entsprach Richards draufgängerischer Art, aber nicht dem in Intrigen versierten Philippe, der ahnte, dass er neben Richard auf dem Schlachtfeld wohl nie zu Ruhm gelangen würde. Philippe zog es vor, Richard den Vortritt im Heiligen Land zu lassen. Er ließ zwar einen Teil seiner französischen Truppen da, aber sein Rückzug bedeutete eine erbeute Schwächung des ganzen Unternehmens. Der Dritte Kreuzzug war zur Kampagne eines einzelnen Herrschers zusammengeschmolzen.

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Saladin schöpfte angesichts dieser Entwicklung Hoffnung und begann auf Zeit zu spielen. Die Übergabe von Geld, Gefangenen und Heiligem Kreuz verzögerten sich ein ums andere Mal. Doch Saladin verrechnete sich in Richard, der sich nicht hinhalten ließ. Als er erkannte, dass Saladin offensichtlich nicht die Absicht hatte, die vereinbarten Bedingungen zu erfüllen, griff er zu einem Mittel, dass dem Sultan klarmachte, dass sein Gegner nicht nur ein ernstzunehmen war, sondern auch vor rücksichtsloser Gewalt nicht zurückschreckte. Am 20. August 1191 ließ Richard 2.700 gefangene muslimische Krieger vor die Mauern führen und sie vor den Augen von Saladin, der den Hügel gegenüber der Stadt hielt, allesamt mit dem Schwert niedermetzeln. Der Gewaltakt hatte handfeste Zwecke: Richard wollte endlich mit seinem Heer aufbrechen und konnte die Unglückseligen schlecht mitnehmen. Er wollte die Gefangenen aber auch nicht unter der Bewachung der Franzosen und Konrad von Montferrat in Akkon zurücklassen. Konrad führte nämlich bereits geheime Verhandlungen mit Saladin über einen Separatfrieden und hätte dazu die Gefangenen als Verhandlungsmasse gut gebrauchen können. Nicht zuletzt deklarierte Richard das Blutbad als Vergeltung für die Massaker, die in Hattin den Christen angetan worden waren.

Richard hatte sich der Gefangenen entledigt, um den Rücken für den Weitermarsch nach Jerusalem freizuhaben. Dieses Ziel war ein schwierigeres als Akkon es schon gewesen war, denn es lag im Hinterland, weiter entfernt vom Nachschub an der Küste. Saladin wusste das und richtete sich darauf ein, den Gegner dorthin zu locken und dann zu schlagen – ähnlich wie er auf dem Wüstenplateau von Hattin gemacht hatte. Die Christen mussten also vorsichtig vorgehen. Richard quälten jetzt zwei weitere Probleme: Akkon hatte sich mit seinen Tausenden von Kreuzfahrern in seinen Mauern in einen Sündenpfuhl verwandelt, der den Kampfgeist seiner Soldaten schwächte. Sie verloren bereits das Interesse an dem großen Ziel Jerusalem. Den Draufgänger Richard drängte es also, den Feldzug bald fortzusetzen. Dem stand aber der Zwist zwischen Guy und Konrad im Weg: Man hatte gerade einmal Akkon erobert, da flammte die Frage, wer der König von Jerusalem werden solle, mit aller Macht wieder auf. Richard entschied: Guy bleibt auf Lebenszeit weiter König, Konrad oder dessen Erbe wird sein Nachfolger. Für Guy war das in Ordnung, Konrad zog sich schmollend mit seinen Truppen nach Tyrus, seiner Hochburg, zurück. Der nächste, der aus dem Kreuzzug ausstieg.

Für Saladin war die Lage auch nicht so einfach, wie es zunächst scheint. Seine Fürsten beklagten den Verlust von Akkon und hatten wenig Verständnis für seine geplante Taktik der Nadelstiche, mit der er auf Zeit spielen wollte, bis sich der Kreuzzug der Fremden mit der Zeit verlaufen würde. Die Hinrichtung der 2.700 Gefangenen tat ihr übriges, man drängte Saladin, endlich entschlossen zu handeln. Eine Entscheidungsschlacht hatte es bisher ja keine gegeben. Saladin musste seine Leute zufriedenstellen, am 7. September 1191 kam es zur ersten offenen Feldschlacht gegen Richard – die die Muslime verloren.

Saladin sah sich in seiner Vorsicht bestätigt und vermied künftig, sich auf die frontale Konfrontation einzulassen. Als er erkannte, dass Richard mit seinem Heer die Küstenstraße für seinen Vormarsch wählt, verlegte er sich auf ständige Flankenangriffe, auch wenn die nur Störmanöver darstellen konnten. Die Kreuzfahrer erwarteten solche Attacken ja und waren auf ihrer rechten Seite durch das Meer geschützt. Sie konnten sich also darauf einstellen, von welcher Seite Gefahr drohte. Saladin wartete darauf, dass der Feind das bewaldete Gebiet zwischen Caesarea und Jaffa erreicht, um eine Attacke aus dem Hinterhalt zu unternehmen. Hier war man gedeckt und vor möglicher Verfolgung sicherer. Das Heer Saladins umfasste insgesamt etwa 80.000 Mann. Das war wesentlich mehr, als die Kreuzfahrer aufbringen konnten, zumal sich ihre Reihen bereits gelichtet hatten. Richard verfügte über vielleicht ein Drittel der Mannstärke seines Gegners. Da konnten nur taktisches Geschick, größere Disziplin (Tech-Stufe Militärorganisation für höhere Moralwerte) und womöglich die besseren Waffen den Unterschied ausgleichen. Und in der Tat waren die Christen in dieser Hinsicht überlegen, zumindest unter Richards Führung.

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Der Angriff zielte auf die Nachhut des Kreuzfahrerheeres, und Saladin hatte in gut vorbereitet. Die Ordensritter, die die Nachhut bildeten, gerieten in arge Bedrängnis. Richard hatte ihnen Anweisung erteilt, mit einem Gegenangriff zu warten, bis der Feind seine ganze Streitmacht ins Feld geführt hatte, um dann in einem konzentrierten Gegenangriff vorzugehen und Saladin so eine vernichtende Niederlage zuzufügen. Unter dem Druck hielten die Ordensritter das nicht durch, sie bliesen zur Attacke. Richard musste zusehen, dass er rasch Unterstützung dorthin bekam. Sein Plan ging auf, die Sarazenen wichen zurück. Am Rande des Waldes, in den sie sich zurückzogen, blieben die Kreuzritter aber stehen, Richards geforderte Disziplin hielt stand. Die Ordensritter gingen nicht as Wagnis der weiteren Verfolgung ein. Aber auch so war es ein großer Sieg: 7.000 Mann verlor Saladin an diesem Tag, sein Heer flüchtete mehr als dass es sich geordnet zurückzog.