Kapitel 12, Invasion Schon einmal landete Lutold an einer feindlichen Küste, doch dieses Mal war alles anders. Kein Gesang begleitete seine Schritte und statt Freude und Euphorie lag nun die Anspannung schwer auf seinen Schultern. 3.600 Männer folgten ihm und einem jeden merkte man die Anspannung an. Dies war nicht Reval, welches alleinstand und kaum auf Verstärkung hoffen durfte. Es war das von Dänemark beherrschte Schweden. Bereits am Morgen während des Anlandens hatten sie die Glocken von Niekoping gehört. Gewiss wäre man vorbereitet.
Parallel hierzu landete Hochmeister Conrad mit einem weiteren Heer nach der Festung Kalmar. Schwere Mauern sowie eine ausgezeichnete strategische Lage machten Kalmar zum Zentrum der Macht Dänemarks in diesem Teil Skandinaviens. Zahlenmäßig war sein Heer dem Luthold zwar unterlegen, aber seine 2.250 Mann gehörten zu Elite des Deutschen Ordens. Der Kern bestand aus schwer gepanzerten Speerträgern. Hinzu kamen Livländische Armbrustschützen und Männer des Schwertbrüderordens. Seine mächtigste Waffe stelle jedoch die 300 Ordensritte und ihre Schlachtrösser dar.
Die dänische Herrschaft über ihr Land rief schon lange Unmut unter dem angestammten schwedischen Adel hervor. Conrad wusste dies bestens zu seinem Vorteil zu nutzen und so gelangte der Orden an allerlei wertvolle Informationen insbesondere über Truppenbewegungen und Stärke der Garnisonen. Im Norden stellte sich die Lage wie folgt dar. Die Stadt Niekoping besaß zwar solide Steinwälle, aber nur knapp 250 Mann, um diese zu sichern. Hinzu kam allerdings ein von Westen nahendes Heer. Schätzung zufolge 700 Mann stark. Die Burg Uppsala durfte kaum auf Entsatz hoffen, jedoch war die Garnison hier selbst 600 Mann stark. Der Plan sah vor, beide Orte binnen eines Monats zu erobern. Nur so konnte man gewiss sein, dass der Papst, selbst alles andere als ein Freund des Ordens, einschritt.
Den ersten Streich führte man gegen Niekoping. Es dauerte mehrere Tage, ja gar Wochen, aber schließlich gelang es eine Bresche in die Stadtmauer zu schlagen. Mittels Bogenschützen zwang man die wenigen Verteidiger anschließend ins Stadtzentrum, umschloss dieses von drei Seiten und als die Dänen eine Kapitulation ausschlugen, ging Lutold zum Angriff über. Dabei setzte er allein auf die hohe Zahl seiner slawischen Speerträger, denn diese waren im Gegensatz zu anderen Truppenteilen entbehrlich und leicht zu ersetzen. Er selbst kämpfe wie immer an vorderster Front mit. 135 Soldaten verlor Lutold an diesem Tag und gewiss würden dies nicht die letzten sein.
Schon am nächsten Morgen ritt er nur in Begleitung seiner Garde gen Norden. Man hatte wie geplant 500 Meter von der Burg entfernt Stellung auf westliche Seite bezogen. Einer der Hauptmänner brachte Lutold auf den neuesten Stand. Auch hier entschied er nur einen Teil der Armee einzusetzen. Die fränkischen Ritter und seine schweren Speerträger, allesamt erfahrene Söldner, hielt er zurück. Stattdessen setzte er auf die Stärke Prusischer Schwerter und Äxte, unterstützt von einigen Milizen.
Angesicht der Anzahl der Verteidiger wurden zwei Breschen in die Mauern geschlagen. So müsste der Gegner seine Kräfte aufteilen, denn anders als bei Niekoping wichen die Dänen nicht einen Zoll zurück und hielten tapfer die Breschen. Am Ende unterlagen sie der schieren Überzahl, doch 320 Tote und diverse verwundete Ordensbrüder zeugten von erbittertem Widerstand.
Hochmeister Conrad stand zu dieser Zeit bereits vor Kalmar. Die Festung schien mit ihrem doppelten Mauerring schier uneinnehmbar. Nach einer Begutachtung des Geländes entschied man von der Nordseite aus zu belagern. Dies erleichterte es auch Verstärkungen heranzuführen. Doch schon am ersten Morgen der Belagerung sollte sich dieser Plan als unnötig erweisen. Die Späher hatten eine Gruppe Dänen unweit von Conrads Lager aufgegriffen. Spione, wie man anfangs vermutete, allerdings förderte die Befragung etwas anderes zu tage. Die Männer gehörten einem Heer und Hjalmar af Närke an. Dieser versteckte sich in den Dünen östlich von Conrads Position. Offenbar wartete er nur auf ein Signal seitens der Festung, um in das Geschehen einzugreifen. Der Hochmeister erkannte sofort die Möglichkeiten dieser neuen Lage und ließ das Heer marschbereit machen.
Hjalmar befehligte kaum 900 Mann, darunter aber viele Ritter, schweres Fußvolk und erfahrene Söldner. Wie von Conrad vorgesehen wich dieser seinen Truppen aus und suchte die nahe Festung zu erreichen. Diese wiederum wagte unter dem Befehl von Frederik Falk den Ausfall. Die Schlacht ereignete sich unweit der Küste auf von Frost überzogenem Boden. 2.250 Ordensbrüder standen 1.300 Dänen gegenüber.
Der Feind nährte sich von zwei Seiten. Conrad entschied sich zuerst, um Hjalmar zu kümmern. Im Zentrum positionierte er die Ordensspeerträger, welche zu beiden Seiten von Ordensrittern flankiert wurden. Links überdies durch Bogen- und Armbrustschützen verstärkt. Aufgrund der geringen Breite der dänischen Formation nahm der Orden bereits eine angewinkelte Formation ein. Hinter der rechten Flanke positionierte man ebenfalls mit Speeren bewaffnete Söldner, um eventuellen Angriffen seitens Frederik entgegnet zu können. Der Schwertbrüderorden bildete die Nachhut.
Hjalmar trieb seine Männer voran. Im Zentrum mehrere Gruppen Speerträger, Ritter an der rechten Flanke und Schwertkämpfer an der Linken. Die Schützen eröffnete schließlich die Schlacht. Wohl hiervon angestachelt stürmte die dänischen Ritter mutig nach vorn. Conrad, selbst auf der linken Flanke des Ordens, blies zum Konter und bald darauf krachten die Lanzen aufeinander.
Dies war auch für die Infanterie das Zeichen zum Vorrücken. Ob nun Mut oder Verzweiflung es waren, die Hjalmar antrieben, auf jeden Fall versuchte er sich im Alleingang dem Sperrwall entgegenzustellen. Mit gesenkten Lanzen brach er in die Formation des Ordens hinein. So wirkungsvoll dies im ersten Moment auch war, fand er sich alsbald umringt von Gegner wieder und kurz darauf fand Hjalmar af Närke den Tod.
Parallel hierzu überrannten die Ordensritter auf der rechten Flanke die dänischen Schwertkämpfer. Die Speerträger Hjalmars, welche bis hierhin untätig geblieben waren, fanden sich jetzt umringt von Feinden wieder und waren alsbald niedergemacht. Alles in allem dauerte das Gefecht kaum eine Stunde. Als schließlich die Verstärkung unter Frederik Falk eintraf, hatte der Orden sich bereits neuformiert. Ein einzelner Ansturm genügte, um ihre Reihen hinwegzufegen.
Letztlich verlor der Orden an diesem Tag nur 280 Brüder. Doch dafür tötete man zwei dänische Heerführer und nahm schließlich auch die Festung Kalmar ein. Somit war die Invasion des Ordens ein voller Erfolg und verlief sogar noch besser als erwartet.
Uppsala, Kalmar und Niekoping waren erobert und all dies hatte nur 635 Verlusten gefordert. Schon jetzt begann man in Königsberg mit der Rekrutierung, um diese zu ersetzen. Dänemarks Armee, zumindest der in Schweden stationierte Teil, war vernichtet oder befand sich auf dem Rückzug.