[AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

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[AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 7. Februar 2015 23:38

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Vorwort:
Hallo lieber Leser,
nach vielem Überlegen und Grübeln habe ich mich entschlossen, einen AAR zu verfassen. Es gibt schon sehr, sehr viele und gute AARs und ich versuche ebenfalls ein solches Niveau zu halten.
Ich möchte jedoch schon mal vorweg sagen, dass ich keinen historischen AAR verfassen werde!
Zum einen eignet sich die verwendete Mod (s.u.) dafür nicht und zum anderen habe ich zwar ein gewisses, rudimentäres Wissen, aber dabei bleibt es auch schon. Ich bin eine ziemliche Laie.
Der Stil des AAR wird sich ständig ändern. Die ersten Beiträge, bis meine Macht am Bosporus gefestigt ist, werden wahrscheinlich aus der Sicht des allwissenden Erzählers geschrieben. Doch ich plane auch Kapitel oder sogar kleinere Episoden aus der Sicht einzelner Personen zu schreiben. Kaiser, Generäle, Attentäter, Kaufleute, Spione, Priester und Prinzessinnen geben sicherlich genug Material, um etwas Gutes und Unterhaltsames zu schreiben. Besonders, wenn deren Gefolge berücksichtigt und „belebt“ wird.

Ich versuche ein Mal in der Woche, wahrscheinlich Sonntag, ein neues Kapitel hochzuladen. Sollte das mal nicht klappen, bitte ich jetzt schon mal um Verzeihung. Aber es wird sicherlich gute Gründe haben. Das Leben außerhalb der Zone hat mich in den letzten Monaten schon genug gefordert. Wenn die Motivation jedoch stimmt und sich in den nächsten Monaten nicht allzu viel ändern sollte blicke ich meinem Vorhaben zuversichtlich und positiv entgegen.
Zu guter Letzt noch die Daten.
Mod: Schwert und Speer Ulitmate
Kampagnenschwierigkeit: Sehr schwer
Schlachtenschwierigkeit: Sehr schwer
Scripts: Feldkosten, Gebäudekosten, Finanzunterstützung für die künstliche Intelligenz
sonstige Änderungen: Wachstumsgrenze von Siedlungen wurden überarbeitet, Schießpulver erst ab ~1440 n. Chr., Amerika ab Rd. 3
Hausregeln: Byzantinische Wachbogenschützen, Flammenwerfer, Elefanten und Warägergarde werden nur vom Kaiser geführt // Legionen haben eine feste Zusammenstellung (wird aber erst berücksichtigt, wenn die Ausbildung der Truppen möglich ist) // Latinkon werden max. 2 Einheiten pro Legion vertreten sein // viele Söldner // Schlachten an Furten/auf Brücken werden nach Möglichkeit vermieden // Kaiser ist entweder in der Hauptstadt oder führt eine Armee // Ostrom schließt keine Bündnisse mit muslimischen Reichen oder Königreichen, die auf dem Gebiet des ehemaligen römischen Reiches 117 n. Chr. liegen // Ring des Todes zur Agentenvernichtung erlaubt // Wiederherstellen des römischen Reiches von 117 n. Chr. Kampagnenziel


Wachstumsgrenzen (Öffnen)
Ortschaft: 1.000 – 5.000
Kleinstadt: 5.000 – 13.000
Stadt: 13.000 – 32.000
Großstadt: 32.000 – 80.000
Metropole: 80.000
Motte und Außenhof: 500 – 1.000
Holzburg: 1.000 – 3.000
Burg: 3.000 – 9.000
Festung: 9.000 – 18.000
Zitadelle: 18.000

Genug geredet: Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen.






Byzanz – Das Schild des Christentums


Spoiler (Öffnen)


Einst waren die Römer das mächtigste Volk der bekannten Welt. Ihre Städte waren die größten, ihre Bauten die prachtvollsten, ihre Philosophen die weisesten, ihre Mediziner die besten und ihre Soldaten die stärksten. Ihrer Macht konnte nur die Natur Einhalt gebieten.
Die römischen Legionen errangen unendlich viele Siege. Glorreich und ehrenvoll, aber auch mit List und Tücke. Ganz, wie es die Situation verlangte. Und hier lag einst auch die Stärke des römischen Imperium: Es konnte sich anpassen und beinahe jeder Situation entsprechend reagieren.
Die Römer waren zu Beginn in keiner Disziplin ein herausragendes Volk. Doch sie übernahmen die Techniken und Denkweisen der Nachbarvölker und verbesserten sie. Schließlich brachte ihnen dies den Erfolg, den sie brauchten um ein mächtiges und starkes Imperium zu errichten. Eines, das dem Alexanders gleich kam. An Struktur, Ordnung und Stabilität diesem sogar weit überlegen.
Die Geschichte lehrte die Römer jedoch eins schon früh:
Nichts ist unbeständiger als der Mensch selbst. Nach der Zerschlagung Karthagos begann ein schleichender Niedergang der römischen Glorie. Dekadenz und Arroganz hielten Einzug in der römischen Welt. Rom hatte kaum noch Feinde, die sich mit der Macht des Imperiums messen konnten. Zumindest so lange nicht, bis die Dekadenz ihren Höhepunkt erreicht hatte. Viele hundert Jahre nach dem Sieg über Karthago gab es hin und wieder einen Kaiser, dem es noch ein letztes Mal gelang, römische Stärke und Überlegenheit zu demonstrieren und die Welt zittern zu lassen.
Doch sie lebten nicht ewig, die Feinde hingegen waren zahlreich.
Im Jahre des Herren 453 wurde das weströmische Reich, das nach der Teilung des Reiches in zwei Hälften stets schwächer und kränker erschien, zerschlagen. Die letzte Provinz im Nordwesten der Provinz Gallia wurde 473 nach Christi Geburt erobert. Westrom gab es nicht mehr. An seiner Stelle enstanden viele kleine Königreiche, geführt von primitiven Barbaren.
Der östliche Teil des Reiches war jedoch stärker. Hier herrschten noch römisches Recht und römische Ordnung, von starken Kaisern aufrechterhalten und mächtigen Legionen gestützt. Doch mit der großen Pest und dem Tod Iustinians begann auch Ostrom krank und schwach zu werden. Spätestens seit der Katastrophe von Manzikert wurde klar, dass Korruption, Arroganz und der schleichenden Niedergang der Dekadenz auch vor Konstantinopel nicht Halt machten. Das mächtige Reich zerfiel und neue Könige und Fürsten besetzten das Land, das einst Rom treu und ergeben gehorchte.


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Lediglich die befestigte Stellung Nikosia auf Zypern untersteht noch direkt dem Kaiser. Doch die Besatzung ist schwach und an der Küste des Heiligen Landes haben sich mächtige Reiche etabliert, die sich selbst Fürstentum und sogar Königreich nennen! Eine Beleidigung, die der Kaiser später ausmerzen müssen wird. Da ist es nicht besser, dass diese Reiche vorgeben christlich zu sein. Im Norden und Süden davon herrschen jedoch die Türken und Sarazenen, deren islamischer Glauben sie zu heldenhaften Taten anspornt.


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Die wirtschaftliche Lage des oströmischen Reiches ist am Boden. Nie waren die Kassen des Kaisers so leer wie zehn Jahre nach der Schlacht von Manzikert. Despoten und Kriminelle haben ganze Provinzen in die offene Rebellion geführt. Der Kaiser muss zunächst Nizäa und Thessalonica restaurieren, wenn sie Konstantinopel wirtschaftlich unterstützen sollen.


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Gleichzeitig zieht Kaiser Alexios, unterstützt von seinem Sohn, Milizen zusammen. Mit ihrer Hilfe sollen die ersten Despoten und Demagogen zu Fall gebracht werden.
Doch die zweifelnden und unbeholfenen Blicke seiner Militärberater und schließlich sogar seines eigenen Sohnes sind berechtigt: Hier kämpfen Bauern, Schmiede, Bäcker und simples Gesinde, bewaffnet mit Speer, Schild und einem Bogen. Das sind keine Legionäre.
Kaiser Alexios sieht es selbst, doch bleibt ihm keine Wahl. Andere Männer hat er nicht. So zieht er aus Konstantinopel, Nicäa und Thessalonica seine Soldaten zusammen und marschiert gegen Kavala. Hinter den primitiven und hastig zusammengezimmerten Holzlatten hockt Petros, ein Despot, der sich selbst jedoch „Kaiser“ nennt und versucht Alexios auf Augenhöhe zu begegnen. Er entsendet Boten, sowohl zum Kaiser, um eine friedliche Lösung des Konfliktes zu beschwören, als auch in den Norden, um eventuell Unterstützung gegen die Armee zu gewinnen. Doch seine Versuche schlagen fehl. Alexios lässt den Diplomaten hinrichten und marschiert unbeeindruckt weiter.


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Schließlich schließen seine Truppen die Stadt Kavala ein. In alter Manier werden Befestigungen mit Turm und Tor, Graben und Spitzpfählen errichtet und die Stadt komplett eingeschlossen. Zusätzlich entsendet Alexios einige Soldaten, um die nahegelegenen Fischerdörfer zu besetzen und die Armee so zumindest mit frischem Fisch zu versorgen.
Petros sitzt in der Klemme. Nicht nur, dass seine Soldaten bereits jetzt Hunger und die Bevölkerung unter Angst leidet, nein. Er ist auch noch ein ausgemachter Feigling. Doch jetzt, mit dem Kaiser Ostroms höchstpersönlich vor seinen Toren kann er beweisen, dass er selbst es wert ist den Titel „Kaiser“ zu tragen. Nach einigen Wochen der Belagerung können seine Berater ihn dazu überreden die Regeln der Belagerung umzukehren und selbst den Angriff zu übernehmen.


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Es ist die erste große Schlacht nach Manzikert.
Der Kaiser muss jetzt seine Stärke beweisen, damit nicht noch mehr Teile dem Reich abtrünnig werden. Ein Sieg muss her!






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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 8. Februar 2015 05:58

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Heute ist Sonntag und das bedeutet:
Neuer (und auch erst zweiter) Teil des AARs!
Viel Spaß
:)




Es war nicht klar, woher der „Kaiser von Kavala“, wie sich Petros selbst nannte, das Geld hernahm, um seine Soldaten zu bezahlen. Gerüchten zufolge soll das Geld aus Europa gekommen sein. Nördlich der Alpen saß ein wohlhabender und wohlwollender Mann mit unermesslichem Reichtum. Zumindest war dies das Gerücht.

Zehn Jahre nach der Katastrophe von Manzikert hatte er eine starke Streitmacht aus Bulgaren, Transilvaniern, Slawen und einigen griechischen Milizen geformt. Er selbst führte sogar eine berittene Leibgarde. Der Trumpf seiner Armee waren die muslimischen Bogenschützen mit denen die Römer im Laufe der Geschichte schon so manche leidvolle Erfahrung gemacht hatten. Ihre Pfeile waren spitz und ihre Bögen stark. Kaum eine Rüstung konnte diesen Pfeilen widerstehen. Der Kaiser von Konstantinopel würde entweder selbst gegen die Bogenschützen reiten oder das Feuer seiner eigenen Schützen auf diese Truppen konzentrieren müssen. So oder so war diese Einheit, unterstützt von einigen Bulgaren und tumben Bauermnbogenschützen, das Herzstück der Armee Petros´.


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Schlacht von Kavala (Öffnen)
Kaum, dass die Schlacht begonnen hatte, bellte der Kaiser höchstpersönlich mit machtvoller Stimme seine Befehle über das Schlachtfeld vor den Toren Kavalas. Alexios wollte kein Risiko eingehen: Er musste diese Schlacht um jeden Preis gewinnen! Auch wenn es ihn die Schwurhand kosten sollte!

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Die schwergepanzerte Garde seines Sohnes sollte die rechte Flanke abdecken und gegebenenfalls vorstoßen. Der Plan sah vor, dass die Milizionäre die Truppen des Feindes in ein Handgemenge verwickeln sollten, während der Prinz und möglicherweise er selbst die Flanke des Feindes aufrollten, die Bogenschützen niederritten und anschließend einen tödlichen Kessel um Petros´ Truppen schließen sollten.
Auch wenn der Vergleich sehr stark hinkte, so orientierte sich der Kaiser Ostroms am Schlachtplan Hannibals. Bei der Schlacht von Cannae 217 Jahre vor Christi Geburt war das Synonym jeglicher römischer Angst geboren worden.


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Gedeckt vom Feuer der Bogenschützen nahmen die Speerträger Aufstellung. Die leichten, einfachen Speerträger sollten dem Ansturm des Feindes Einhalt gebieten. Anschließend sollten die schweren Milizionäre von hinten unterstützend anrücken und den Feind im Handgemenge festhalten.

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Alexios saß seelenruhig im Sattel, während die ersten Scharmützel an der Frontlinie ausbrachen und die Bogenschützen Petros´ Truppen, vor allem die muslimischen und bulgarischen Schützen, unter Dauerfeuer nahmen.

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In der Manier Alexanders ritt Petros mit seiner Garde selbst direkt auf die Linien der Römer zu. Er wollte einen schnellen Durchstoß durch ihre Reihen erzwingen und Alexios von eigener Hand tot wissen. Sein Plan wurde jedoch im Ansatz vereitelt: Bevor die schweren Lanzenreiter die Linien erreichten konnten schwere Wagen vorgefahren werden, die den Ansturm der Kavallerie verlangsamen sollten oder im günstigsten Falle sogar ganz stoppen.

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Der Plan ging auf. Wenig später zog Petros sich zurück und überließ seinen Nahkämpfern die Schlacht.
Derweil gab Alexios den Befehl die rechte Flanke des Feindes anzugreifen. Würdevoll nickte der Prinz seinem Vater zu und gab seiner Garde den Befehl zum Sturmangriff. An dieser Stelle würde sich das Schicksal der Römer entscheiden!


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Schwer gepanzerte Gardisten des Prinzen von Ostrom stürmten gegen leichte transsilvanische Bauern. Sie trugen keine Rüstung, doch ihre langen Hieb- und Stichwaffen, deren Klingen in der grellen Sonne blitzten und funkelten sollten der Elite des Reiches Warnung genug sein.

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Bis zu diesem Zeitpunkt ging der Schlachtplan des Kaisers nicht auf. Obwohl er ein ausgezeichneter General war – was man von vielen, vielen seiner Vorgänger nicht behaupten konnte – war genau das Gegenteil dessen, was er erreichen wollte, eingetreten. Seine Soldaten hatten es, die Wagen als Basis nutzend, geschafft einen Keil in die Frontlinie des feindlichen Heeres zu treiben. Die linke Flanke war jedoch in großer Gefahr. Hier lauerten ausgerechnet die griechischen Milizen in Petros´ Armee darauf in eine Lücke zu stoßen. Lediglich ein paar schwere Speerträger, die Befehle ihres Vorgesetzten missachtend, warfen sich zwischen die Milizen und die eigenen Kameraden.

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Doch schließlich gab der Centurio dem Rest der schweren Speerträger den Befehl gegen die Griechen in Petros´ Heer zu ziehen. Ein von beiden Seiten verbittertes und blutiges Gemetzel begann. Während der Prinz auf der rechten Flanke in die selbstmörderischen Kämpfe mit den Bauern aus Transsilvanien verstrickt war wog das Schlachtenglück hin und her. Keine Seite konnte die Oberhand gewinnen. Zumindest war es Alexios´ Bogenschützen gelungen, die feindlichen Schützen unter permanentes Feuer zu nehmen, sodass sie ihre tödliche Wirkung nicht entfalten konnten.


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Auch wenn er es nicht zugeben wollte, wurde der Kaiser von Konstantinopel nervös. Warum nur brauchte sein Sohn so lange gegen die Einheiten des Feindes? In seiner Garde waren Männer, die lange vor Manzikert bereits Leibwächter der kaiserlichen Familie gewesen waren (auch wenn diese Familie schon häufiger gewechselt hatte). Ihre Erfahrung und Kraft musste denen der Rebellen doch weit überlegen sein!
Oder… ?
Nein! Er musste selbst in die Schlacht reiten. Mit knappen Worten, der Nervosität war seine Kargheit geschuldet, befahl er seine Garde ebenfalls auf den rechten Flügel. Das Zentrum musste so lange ohne ihn auskommen. Kaum in einer rentablen Position angekommen befahl er den Sturmangriff.


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Petros sah das Unheil kommen. Auch wenn er feige war und kaum auf Schlachtfeldern gestanden hatte, so erkannte er dennoch die Gefahr auf seiner linken Flanke. Umgehend ritt er selbst mit seiner Garde dorthin. Alexios sah ihn kommen und empfing ihn mit blutgierigem Geschrei. Die kaiserlichen Soldaten Ostroms unterstützten ihren Kaiser ihrem Stand gebührend.
Die Welt und vor allem der Papst in Rom hatten viel Hohn und Spott über Ostrom regnen lassen, nachdem die Katastrophe von Manzikert in der Welt verkündet worden war. Viele andere Königshäuser hatten den Untergang prophezeit und der falsche Kaiser im Westen diesen sogar mit Geldern zu unterstützen versucht. Aber damit sollte jetzt Schluss sein!
Konstantinopel sollte wieder die Hauptstadt eines Imperiums werden! Glanz und Gloria, Wissenschaft und Fortschritt, Schrift und Wort sollten wieder ein Synonym für das Reich im Osten werden. Stolz und Erhabenheit!
Das alles sollte in diesem Augenblick herbeigeführt werden. Und, gelobt sei Gott der Allmächtige, so kam es auch: Nach kurzem Handgemenge löste sich die Garde des „Kaisers von Kavala“ auf. Mit einem mächtigen Schrei stieß Alexios seinem Feind das Schwert in die Brust.


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Die Siegesschreie von Prinz und Kaiser hallten über das Schlachtfeld und die Soldaten des nunmehr toten Demagogen hörten diesen Schrei. In Panik zogen sie sich zurück.

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Ungestüm brachen die römischen Soldaten Mauern und Tore Kavalas auf und stürmten die Stadt, Prinz John an der Spitze. Doch er sollte den Sieg nicht mehr miterleben. Ein einsamer Pfeil, geschossen von einem muslimischen Bogenschützen, durchbohrte seine Rüstung und zerstach sein Herz.

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Alexios sollte vom Tod seines Sohnes erst nach der Schlacht erfahren. Doch jetzt war zunächst Zeit für seine Rache, für die Rache des oströmischen Reiches. Zu hunderten stürmten die Soldaten die Stadt und fegten jeglichen Widerstand hinfort.

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Der Tod des Prinzen erschütterte den Kaiser schwer. In blindem Zorn und stumpfer Wut gefangen ließ er die Stadt plündern. Drei Tage und Nächte sollten seine Soldaten durch die Straßen ziehen und alles nehmen, was sie wollten.
Geld, Schmuck, Werkzeug, Frauen… Knaben…


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Während dicke Rauchschwaden über den Häusern Kavalas, nun wieder eine Provinz des Reiches, traurig in den Himmel stiegen, landete eine riesige Armee aus Sicilia unter normannischer Führung in Griechenland. Das Ziel dieser Expedition war die italienische Handelsstadt Durazzo. Einst ebenfalls unter römischer Kontrolle hat sich die Stadt nach der Katastrophe von Manzikert vom Kaiser losgesagt. Ein Zustand, der nicht geduldet werden kann. Doch dem Kaiser fehlten bisher die Mittel. Nun, so schien es, kamen neue Herren. Auch sie würden das Land unrechtmäßig besetzen und müssten so Gott, der Allmächtige, es wollte, mit Gewalt aus Griechenland vertrieben werden.

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Um die Macht weiter zu festigen und auch um seinen eigenen Schmerz zu vergessen verließ der Kaiser Kavala. Er würde diese Stadt nie wieder betreten, so schwor er sich, selbst, wenn alles andere seinen sicheren Tod bedeuten würde.
Seine Soldaten waren müde und erschöpft. Er ließ sie ruhen; nüchtern betrachtet verstand der Kaiser die Lage seiner Soldaten jedoch, auch wenn er sich insgeheim ärgerte. Wahre Legionäre würden nicht motzen. Sie würden für den Kaiser aufstehen und kämpfen, wann immer es nötig sei!
Verbittert sandte er Nachricht nach Konstantinopel und Nicäa, dass ihm neue Soldaten geschickt werden sollten. Doch Manzikert hat gezeigt, dass sich ein Kaiser nicht auf seine Untertanen verlassen kann. Sicherheitshalber heuerte er daher einige Slawen an. Er musste jedoch auch hier die Balance halten: Es durften nicht zu viele Söldner sein. Auch hier war Manzikert ein hervorragendes, negatives Beispiel was passieren konnte. Doch mussten es auch ausreichend viele Söldner sein, da er sonst die Niederlage in der Schlacht riskierte.


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Die Truppen aus Konstantinopel und Nicäa kamen jedoch, wenn auch erschöpft, schlecht ausgerüstet und hungrig. Doch sind nicht alle Römer seit Manzikert hungrig?
Nach eingehenden Beratungen mit seinem Generalsstab beschließt der Kaiser auf Yalova zu marschieren.


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Die Stadt südlich von Nicäa hat enormen strategischen Wert, wenn sein Reich die nächsten Jahrzehnte überdauern soll. Sie lag nahe am Meer und die verfallenen Ruinen des ehemals stolzen Hafenbeckens warteten nur darauf wieder in Stand gesetzt zu werden. Gerüchten zufolge soll Petros auch hier, bei Valsamon dem Falschen, um Unterstützung geworben haben. Der Herr, der sich selbst Fürst von Gottes Gnaden nennt, trug seinen Beinamen aber nicht umsonst.
Wie schon Kavala wurde die Stadt eingeschlossen, hölzerne Mauern mit Turm und Tor errichtet, tiefe Gräben gezogen und spitze Pfähle aufgestellt.
Valsamon erkennt die Situation. Er hat vom Tod des Prinzen gehört und versuchte den Kaiser Ostroms zu unüberlegten und törichtem Handeln zu treiben. Er setzte ihn daher unter Druck und wagte den Ausfall.


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Es sieht düster für die Truppen um Kaiser Alexios aus. Das überlegene Heer des Demagogen ist siegessicher. Die versprengten muslimischen Bogenschützen haben sich gegen horrende Summen unter dem Banner des falschen Fürsten versammelt, unterstützt auch hier von Bulgaren.

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Welche Strategie wird der Kaiser ohne die schwere Garde seines Sohnes wagen? Er kann nur auf den Zusammenhalt seiner Armee in dieser dunklen Stunde hoffen. Erneut steht das Schicksal des römischen Reiches auf dem Spiel. Verliert Alexios vor den Toren der Hafenstadt war der Sieg von Kavala und der Tod seines Sohnes umsonst!






Kurze Info bzgl. der Instandhaltungskosten (Öffnen)
Momentan besitze ich Konstantinopel, Nicäa, Kavala, Thessalonica, Korinth und Nikosia.

Konstantinopel, Stadt, kostet 700 Gulden
Nicäa, Kleinstadt, kostet 500 Gulden
Thessalonica, Kleinstadt, kostet 500 Gulden
Kavala, Ortschaft, kostet 300 Gulden

Korinth, Burg, kostet 500 Gulden
Nikosia, hölzerne Burg, kostet 300 Gulden

Ich habe pro Runde also Festausgaben von 2.800 Gulden. Weiteres zu den Finanzen gebe ich in den nächsten Teilen entweder innerhalb des AARs oder erneut in Form eines Spoilers wieder.

Hier zuletzt noch die Meldung:
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Zuletzt geändert von Berenike am 20. Februar 2015 01:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 14. Februar 2015 07:54

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Da ich das Wochenende über kaum oder keine Zeit für die Zone haben werde folgt der Teil einen Tag verfrüht.
Heute mal etwas anderes. Die Schlacht um Yalova muss noch warten. Jetzt geht es erst mal um die Formen byzantinischer Diplomatie, repräsentiert durch die bezaubernde Prinzessin Anna Commenus. lol
Viel Spaß!





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Schon seit Beginn der römischen Republik waren Frauen ein politisches Werkzeug. Sie hatten keinen eigenen Willen, beziehungsweise wurde dieser schlichtweg ignoriert. Wenn das Oberhaupt der Familie sagte, wer geheiratet werden sollte, musste die Tochter gehorchen. Es gab nur wenige Frauen, die sich offen dagegen sträubten und noch weniger, die mit ihrer Rebellion erfolgreich waren.
Die junge Prinzessin Anna Commenus gehörte sicherlich nicht dazu. Vor sieben Jahren hatte ihr Vater sie in den Osten befohlen und sie war aufgebrochen. Sie sollte auf der einen Seite die Lage der Türken nach der Schlacht von Manzikert ausspionieren und andererseits vorläufige Waffenstillstände mit den Reichen im Osten aushandeln. Vorläufig nur, da der Kaiser plante, die verlorenen Provinzen wieder zu erobern.

Anna konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Vater wirklich so erfolgreich sein würde. Die Rebellen um Konstantinopel waren stark und das Volk war ihnen nicht abgeneigt. Umso mehr erfreute sie jede Botschaft eines Sieges. Ein Tiefschlag war jedoch der Tod ihres Bruders John. Als Prinzessin eines mächtigen und geschichtsträchtigen Reiches durfte sie aber keine Schwäche zeigen, weder vor ihren Begleitern, noch vor Fremden oder gar den Türken.
Der Tross der Prinzessin hielt gerade in der Nähe von Adana. In dieser Holzburg hatte sich ebenfalls ein Demagoge breit gemacht, doch römischer Einfluss galt hier schon seit mehreren hundert Jahren nichts mehr. Nach dem Fall Antiochias hatte es kein Römer wieder bis hierher geschafft. Zumindest nicht nach ihrem Wissen. Sicherlich trieben sich hier einige Siedler rum, doch sie hatte noch keinen getroffen.
Prinzessin Anna saß tief in Gedanken versunken in ihrem prächtigen Zelt. Mehrere kurulische Stühle, erst Zeichen der Prätoren Roms, dann der Casaeren, standen mit Kissen ausstaffiert an einem massiven Tisch. Vereinzelt lagen Dokumente, mehr oder weniger wichtig, unordentlich auf dem Tisch. Ein kleines Feuer knisterte in einer großen Schale nahe ihrem Nachtlager, die sternenklare Nacht konnte hier sehr kalt werden. Mehrere kleine Beutel waren an beliebigen Stellen des Zeltes verteilt und verbreiteten einen angenehmen und beruhigenden Geruch.
Die Prinzessin nippte nachdenklich an ihrem Wein, den sie aus einem goldenen Becher trank.
Was wird Vater wohl als Nächstes machen? Wenn ich den Nachrichten Glauben schenken darf stürmt er wohl gerade die Stadt Yalova im Süden von Nicäa. Ob es ihm gut geht?
Einen kurzen Wimpernschlag huschten ihre ruhelosen Gedanken zu ihrem Bruder, Prinz John.
Der Herr hat befohlen und wir müssen folgen, ging es ihr durch den Kopf, doch warum gerade John?

Plötzliches Rascheln und das Reiben von Stoff holte sie aus ihren Gedanken.
„Seid gegrüßt Prinzessin“, sprach eine junge Frau und machte sogleich einen Knicks.
„Ach Penelope“, erwiderte Anna genervt, „ich habe dir doch schon mehrmals gesagt, dass du nicht so förmlich zu sein brauchst, wenn wir unter uns sind!“
Penelope war seit Kindertagen Annas Freundin. Woher sie ursprünglich kam wusste Anna nicht so genau und wenn sie ihre Freundin darauf ansprach hüllte diese sich in mysteriöses Schweigen. Selbst ihr Vater wollte oder konnte es ihr nicht sagen. Er murmelte nur mal etwas, dass sie eine Syrerin sei.

Die junge Frau, sie mochte ungefähr 20 Jahre alt sein, war eine Schönheit. Ihr schwarzes, volles Haar harmonierte wunderbar mit ihrem dunklen Teint und ihren dunkelbraunen Augen. Ihre gerade Nase mochte vielleicht etwas zu klein sein, doch ihre vollen Lippen und ihre geschwungenen, diskreten Augenbrauen rundeten das Bild einer hübschen Dame am Hofe ab.
Sie mochte es nicht, schwere Kleider zu tragen. Am liebsten trug die Freundin der Prinzessin schlichte weiße Kleider, die ihren Teint noch etwas hervorhoben. An den richtigen Stellen die richtigen Rundungen hatten ihr schon so manchen begehrenden Blick seitens der Männer am Hofe eingebracht. Doch als Freundin der Prinzessin geziemte es sich nicht Affären zu haben, auch wenn Anna mit einem Schmunzeln an manch nächtliche Geräusche aus Penelopes Lager dachte.

„Und jetzt setz´ dich zu mir und unterhalte mich. Mein Kopf ist schwer von düsteren Gedanken.“
„Gerne, Herrin.“
Die Prinzessin seufzte genervt. Penelope wollte sie doch nur aufziehen, das tat sie alles doch bestimmt mit Absicht! Immer dieses förmliche Gehabe unter Freundinnen…

Anna war das genaue Gegenteil von Penelope. Ihre Haut war sehr blass, fast schon weiß. Sie hatte sowohl eine kleine Nase, als auch sehr schmale Lippen, als auch sehr dünne Augenbrauen. Ihre leuchtend blauen Augen harmonierten mit dem strahlenden Blond ihrer Haare. Auf eine gewisse, andere Art war die Prinzessin ebenfalls eine Schönheit. Doch in einer Sache konnte sie ihrer Freundin nicht gleichkommen: Sie hatte einen sehr schmalen, fast schon dürren Körper. Wo bei der Syrerin ordentliche Kurven weibliche Reize hervorhoben, war bei der Prinzessin nur Haut und Knochen. Sie konnte so viel essen wie sie wollte, doch kein Speck setzte sich auf den Hüften der Prinzessin ab. Sie blieb ewig dürr.
Manchem Adligen mochte dies gefallen, doch Penelope zog mehr Blicke auf sich. Schleichende Eifersucht machte sich seit jeher in der römischen Prinzessin breit und hatte schon immer an der Freundschaft der beiden Frauen gefressen.

„Habt Ihr etwas Neues von Eurem Herrn Vater, dem Kaiser gehört, Anna?“
Sie seufzte schwer. „Nein. Das Letzte, was mir die Boten und Kaufleute sagen konnten, war, dass er anscheinend weitere Milizen aushebt. Er soll sogar einige Slawen in unsere Dienste aufgenommen haben! Er muss es wirklich ernst meinen.“
„Söldner?“, verwirrt und etwas verunsichert schaute Penelope Anna an, „aber ist das Wagnis nicht etwas zu groß?“
Als Antwort zuckte sie mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Anscheinend reicht die Staatskasse, um diese zusätzliche Belastung zu stemmen. Ich bin auch sehr skeptisch, aber ich bin sicher, dass Gott die Schritte meines Vaters lenken wird und ihm die richtigen Worte in den Mund legen wird.“
„Ja, das denke ich auch“, meinte die Syrerin mit etwas zusammengekniffenem Gesicht.


Einige Wochen waren seit dem Gespräch im Zelt der Prinzessin vergangen. Der Tross näherte sich dem Ziel der Reise: Antiochia.
In der Stadt erwartete man gespannt die Ankunft der römischen Prinzessin. Es waren mehrere Jahrzehnte vergangen, seit der Konstantinopel und Antiochia Kontakt zueinander hatten. Nach der Katastrophe von Manzikert hatte es im Rat des christlichen Kreuzfahrerstaates viele Diskussionen und Debatten um eine weitere Vorgehensweise im Osten gegeben. Das Fürstentum verdankte sein Entstehen und Überleben, ebenso wie das weiter südlich gelegene Königreich Jerusalem, nur der massiven Unterstützung der ehemaligen Kaiser und ebenso der Patriarchen von Konstantinopel. Mehrmals hatte der Kaiser, auch auf Drängen des Patriarchen, Truppen ins Heilige Land entsandt und den Katholiken gegen die Muslime geholfen. Der Preis war der Schwur ewiger Treue dem Kaiser des römischen Reiches gegenüber. Doch dieser wurde schon lange nicht mehr eingehalten. Und aus genau diesem Grund hatte Kaiser Alexios seine Tochter losgeschickt.

„Die Stadt ist wahrlich prächtig, nicht wahr Penelope?“
Aus ihrer Sänfte heraus, getragen von vier Dienern des Kaisers, ließ Anna ihren Blick über die Stadt schweifen. Mächtige, breite und hohe Mauern umgaben die Stadt. Das brennende Sonnenlicht wurde von dutzenden Kuppeln muslimischer Moscheen, orthodoxer und katholischer Kirchen reflektiert und tauchte die Stadt in einen goldenen Glanz. Fast schon so sehr, dass die Prinzessin ihre Augen abschirmen musste. Doch über all diesen Gotteshäusern ragte die Kathedrale der Katholiken hinaus. Die Spitze der Kirche überragte die Stadtmauern um ein gutes Stück und signalisierte jedem, trotz des vielfältigen Glaubens, der hier vertreten war, dass katholische Christen Herren der Stadt waren.
Männer und Frauen unterschiedlichen Alters, Aussehens, unterschiedlicher Religion und unterschiedlichen Kleidungsstilen drängten sich um die Mauern und schwappten wie eine Welle auf das große Stadttor zu.

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„Ja, Herrin“, pflichtete die Syrerin ihr zu, „es erinnert mich an Konstantinopel.“
Grob ruckte der Kopf der Prinzessin zu ihrer Freundin. „Sei nicht albern“, sagte sie schnell und doch etwas unsicher. Das Zentrum des Kaiserreichs hatte in den letzten Jahren viel an Glanz verloren. Konstantinopel befand sich auf einem sinkenden Schiff und konnte nur mit massiven Geldmitteln wieder stolz in jeglichen Gewässern fahren. Doch hier draußen galt es das Reich, den Kaiser und die Stadt würdevoll und einer kaiserlichen Prinzessin angemessen zu vertreten. „Nichts kann es mit dem Glanz und der Schönheit der Kaiserstadt aufnehmen!“
Schuldbewusst senkte Penelope den Kopf. „Aber natürlich Herrin.“
Mit einem eingeschnappten „Hmpf!“ zog Anna sich hinter die Schleier ihrer Sänfte zurück. Bis sie bei Fürst Bohemund waren würden noch einige Minuten vergehen. Die Hitze machte sie müde.


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Doch diese Minuten waren schneller vergangen, als der Römerin lieb war. Sie hatte das Gefühl gerade erst die Augen geschlossen zu haben, als sie schon von einer rauen Männerstimme aus ihrem Schlummer geweckt wurde.
„Herrin“, ein stämmiger Krieger, gehüllt in ein schweres Kettenhemd, das von einem Überwurf mit einem schwarzen Kreuz darauf bedeckt war, hielt den Schleier zurück, „Prinz Bohemund, Oberhaupt des Johanniterordens, Beschützer aller Pilger und Freund der Christenheit heißt Euch in Antiochia Willkommen.“

Etwas verwirrt und perplex schaute Anna den Johanniter schlaftrunken an. Wer hatte diesem Tölpel erlaubt, sich ihr so sehr zu nähern? Wo war Penelope?
Der Fremde stand direkt an ihrer Sänfte, er hatte es sogar gewagt den Schleier zur Seite zu schieben und lugte mit gierigen Augen über die Kissen und Schmuckstücke, die Anna mit sich führte. Selbst vor ihrem Körper machte er nicht halt. Was bildete sich dieser Barbar nur ein?
Ein sonnengebräuntes und unrasiertes Gesicht blickten ihr entgegen. Trotz dessen wirkte dieser Johanniterritter nicht ungepflegt. Seine schwarzen Haare, eher eine Mähne, denn eine Frisur, fielen ordentlich an den Seiten seines groben Schädels hinab. Sein Kettenhemd und Überwurf wirkten sauber und ebenfalls sehr gepflegt. Selbst sein Geruch war sehr angenehm und überhaupt nicht abstoßend. Eher schien sich dieser Franke mit der Kunst der Parfümerie auszukennen. Oder er besaß sehr viel Geld.
„Ich bin Andriet von Marseille. Ich werde Euch nun zum Prinzen geleiten.“

Was??

Vollkommen überrumpelt und überfordert starrte die Prinzessin ihn mit verständnislosem Blick an, doch dann erwachte sie aus ihrer Starre.
„Knecht!“, keifte sie. Das hatte gesessen! Der Ritter, sicherlich ein Edelmann, drehte sich ruckartig zu ihr um und taxierte sie scharf. „Was denkst du, mit wem du hier sprichst?“
Kaum war Anna aus ihrer Starre erwacht, erwachte ihr Kampfgeist.
„Ich bin Anna Commenus! Prinzessin des Kaisers von Konstantinopel, dem rechtmäßigen Kaiser von Gottes Gnaden und einzigem wahren Schutzherren der Christenheit! Das Kaiserreich bestand lange bevor Barbaren aus dem Westen wie du überhaupt denken, lesen oder schreiben konnten!“
Ihr Gesicht war vor Wut und Zorn hochrot geworden, doch sie war noch nicht fertig.
„Du bist ein kleiner Nichts, ein Speichellecker und Arschkriecher. Und du, gerade du glaubst mich abführen zu können wie eine Gefangene?“ Ihrem Stand nicht entsprechend, aber doch wirkungsvoll zog sie sämtlichen Schleim in ihrer Nase hoch und spuckte einen großen, gelben Klumpen direkt ins Gesicht des Johanniters.
„Ich bin deine Herrin, du dreckiger Hurenbock!“, keifte sie noch zum Abschluss, „deine dreckigen Finger dürften diese Sänfte nicht berühren! Eigentlich dürftest du mich nicht mal sehen! Du bist so weit unter mir, dass du mir nicht mal die Stiefel sauberlecken darfst, nachdem ich in Kuhmist getreten bin!“
Schwer atmend und mit irrer Wut im Blick betrachtete sie das Gesicht Andriets erneut. „Und jetzt verpiss und hol deinen Fürsten! Fürsten! Den Titel eines Prinzen wird er erst erlangen, wenn mein Vater ihm diesen verleiht!“
Sie atmete schwer. Was, bei Gott war in diesen Mann gefahren??
„Niemand Geringeres wird kommen, verstanden?!“

Der Schwarm von Menschen um sie herum huschte weiter gehetzt durch die heiße Sonne, Marktschreier priesen noch immer ihre Produkte an, Bettler jammerten und Kinder spielten kreischend.
Doch zwischen Anna und Andriets war es für einen Moment ruhig. Zu ruhig.
Anna sah eine Zornader am Hals des Ritters anschwellen. Und einen ganz kurzen Augenblick hatte sie Angst, er würde sie schlagen. Er würde ihr den Handrücken ins Gesicht schlagen, ihr ins Gesicht spucken und sie dann einkerkern lassen. Vielleicht war sie etwas zu weit gegangen…?
Betont ruhig wischte Andriets von Marseille den Speichelklumpen der Prinzessin aus dem Gesicht. Seine Hand zitterte dabei. Er sollte diese Hure umbringen! Auf der Stelle! Doch es wäre nicht gut für die Beziehungen zwischen seinem Herrn und den Oströmern. Und gerade jetzt, wo die Türken im Norden immer stärker auf Adana stürmten konnte sich das Fürstentum keinen weiteren Feind leisten.

Als er sprach zitterte seine Stimme, doch er schaffte es, nicht zu schreien.
„Selbstverständlich… Herrin“, presste er bemüht und betont ruhig zwischen den Zähnen hervor, „ich möchte mich bei Euch für meine Unverfrorenheit entschuldigen. Ich werde sofort den Fürsten rufen lassen.“
Wut gemischt mit Hass lag in seinem letzten Blick. „Wenn Ihr mich also entschuldigen würdet… Herrin?“

In einem Wirrwarr aus Wut, Irritation und Schuldgefühl legte Anna sich zurück auf ihre Kissen. Was war hier nur los? Seit wann behandelten die Herren von Antiochia so ihre Kaiser und deren Vertreter? Jeder, der im Namen des Kaisers nach Antiochia reiste durfte sich geehrt fühlen. Umso mehr Ehre wurde dem Fürstentum zuteil, als dass es sich bei dem Diplomaten um sie, Prinzessin Anna Commenus, handelte. Ihr Vater hätte auch einen der niederen Diplomaten entsenden können. Aber er hatte sie auf die Reise geschickt.
Konnten die Katholiken diese Ehre nicht verstehen?

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Fürst Bohemond, oder Prinz, wie er sich selbst nannte, war nach kurzen Augenblicken zu ihr gekommen. Mit knappen Worten hatten sie sich begrüßt, äußerst reserviert, wie es der Prinzessin erschien. Weitere Förmlich- und Höflichkeiten sollten im Palast des Fürsten ausgetauscht werden. Sie gab ihr Einverständnis und so setzte der Tross der Prinzessin, angeführt vom Fürsten und seiner schwerbewaffneten Leibwache, seinen Weg fort und erreichte ohne Zwischenfälle den Innenhof des Palasts. Anna hatte wissentlich ignoriert, dass dem Fürsten viel Zuspruch und manches Mal sogar lauter Jubel entgegengebrandet war.
„Versorgt die Pferde! Bringt das Gefolge der Prinzessin in angemessene Gemächer!“, befahl er in strenger Stimme, „und beeilt Euch! Der Herr hat nur einen Tag geruht und nicht wie ihr sieben!“
Kurz räusperte Bohemond sich, ehe er mit gemäßigter Stimme zur Prinzessin sprach:
„Prinzessin, möchtet Ihr zunächst für Euch sein und Euch erfrischen?“

Damit du deine dreckigen Pläne aushecken und mit dem Barbaren Andriet besprechen kannst? Dass ich nicht lache.

„Das ist sehr zuvorkommend von Euch, Fürst“, sie legte absichtlich den Schwerpunkt auf das letzte Wort, „aber ich würde nach der langen Reise sehr gerne sofort erste Ergebnisse festhalten. Mein Vater, Kaiser Alexios, hat große Pläne und die können nur durch zeitnahe Ergebnisse gestützt werden. Ihr versteht sicherlich nicht allzu viel davon, werter Fürst, daher möchte ich Euch nicht weiter mit den großen Gedanken meines Vaters langweilen.
Wie gesagt, Ihr würdet sie eh nicht verstehen.“ Gekünstelt lachte Anna hoch auf. Sie musste diesem Pack nur zeigen, wie es war mit der Tochter eines Kaisers zu verhandeln!
„Natürlich, werte Prinzessin“, er klang angestrengt. Anscheinend verursachte die Konversation mit einer Prinzessin ihm wirklich Kopfzerbrechen. Anna frohlockte: Das würden einfache Verhandlungen.
Wenige Minuten waren vergangen und schon saß die Prinzessin bei leichtem Obst, wohlschmeckendem Wein und erfrischendem Wasser dem Fürsten von Antiochia gegenüber.
Er hatte schon viele Jahre des Herrn erlebt. Sein Haar war bereits grau. Sein Gesicht schien… zerdrückt. Alles an ihm schien krumm und schief, als wäre sein gesamter Schädel gebrochen und danach von Kindern wieder in Form gebracht worden. Ein schrecklicher Gedanke durchfuhr die Prinzessin: Wurde hier etwas mit dem Teufel praktiziert?
Aber… nein, das konnte nicht sein. Barbaren waren nun mal hässlich. Dieser unverschämte Trottel Andriet war sicherlich nur eine Ausnahme.

„Also, werte Prinzessin“, begann Fürst Bohemond leicht lächelnd, „es freut mich natürlich, dass das Fürstentum so hohen Besuch erhält. Das zeigt seine gefestigte Stellung in der Welt und es ist mir und dem gesamten Fürstentum eine außerordentliche Ehre Euch zu empfangen.“
Unwillkürlich blitzten Gedanken eines sehr, sehr wütenden Andriets durch Annas Kopf.
„Doch womit habe ich Eure Anwesenheit verdient?“ Er schloss seine Worte mit einem Lächeln, das sicherlich beruhigend und freundlich wirkten sollte. Hier bist du sicher, sollte es heißen. Doch die Prinzessin sah nur die Hässlichkeit und das Abstoßende an diesem Mann. Unwillkürlich verzog sie angeekelt das Gesicht, was dem Fürsten nicht verborgen blieb.
„Nun“, begann sie, erneut etwas aus der Fassung, „zunächst… einmal interessiert es mich und damit auch den römischen Kaiser, warum Ihr Euch Prinz nennt? Hat der Kaiser Euch dies erlaubt?“
Noch immer lächelnd antwortete Bohemond: „Nein, der Herr über den Bosporus war anscheinend nicht verfügbar und hat mir daher diesen Titel nicht gegeben.“
„Wer war es dann?“
„Der Papst, der wahre und einzige Stellvertreter Gottes auf Erden.“
Ein Schlag ins Gesicht. Mit einem Eisenhandschuh, ein kräftiger Rückhandschlag. Das war es und nichts anderes. Anna war tatsächlich etwas betäubt von den Worten des Mannes.
„Was redet Ihr da?“, fragte sie nur schwach, „der Papst…?“
„Ganz recht, werte Prinzessin Anna.“ Und unaufhörlich lächelte er.
„Was erdreistet Ihr Euch?“, fragte sie, ihre Stimme noch immer schwach, doch sie gewann wieder an Kraft, „Ihr tragt einen Titel, den Euch der Diener des Teufels aus Rom gab? Wie könnt Ihr es wagen? Nur die Kaiser Ostroms haben das Recht Euch Titel zu verleihen. Niemand sonst ist Euer Herr und hat das Recht Euch Titel oder Ländereien zu geben!“
„Ihr irrt Euch gewaltig, Prinzessin. Nur Gott, der Herr, und der Papst haben das Recht mir Titel zu geben. Niemand sonst“, sprach Bohemond. Seine Stimme war eine Spur kälter geworden, sein Lächeln gefroren.
„Ihr schwört den Kaisern von Konstantinopel ewige Treue im Gegenzug für die Hilfe, die sie Euch und Eurem Fürstentum, von Gnaden des Kaisers, gaben. Dank der Großzügigkeit, Weisheit und Erhabenheit der ehren- und ruhmvollen Kaiser habt Ihr überhaupt noch ein Fürstentum!“

„Anna“, sagte der Fürst und seine Stimme wurde kalt und leise, seine Augen verengten sich und sein gesamter Körper spannte sich an, „Ihr sprecht wie eine dahergelaufene Hure, die um ihren Lohn betrogen wurde.
Es ist richtig, dass vor vielen, vielen Jahren die Kreuzfahrerstaaten am Anfang ihrer Entstehung Hilfe aus Konstantinopel erhielten. Es war ehrenvoll und christlich, dass den Glaubensbrüder, die alle in Gottes Hände gewandert sind, geholfen wurde. Natürlich konnte das Fürstentum nur dank dessen bestehen.“ Er atmete tief ein und aus. „Aber die Zeiten haben sich geändert.
Kaum, dass die Macht der Kaiser nach schweren Kämpfen mit Normannen, Venezianern, Ungarn und Türken wieder gesichert war, zerfleischten sich die Väter und Großväter Alexios´ in blutigen Bürgerkriegen selbst. Die Macht zerfiel und Manzikert war das Endergebnis einer langen Phase von Dekadenz, Arroganz und Selbstüberschätzung. Die Adligen gaben sich der Völlerei, Hurerei und Fresssucht hin. Ihr wurdet faul und fett und habt Eure Verbündeten im Stich gelassen.
Schon oft rannten Türken, Mamelucken und Sarazenen gegen die ehrwürdigen und heiligen Mauern Antiochias und oft stand der Fall der Stadt und die Vernichtung des Fürstentums unmittelbar bevor. Wir entsandten Boten nach Konstantinopel und erbaten dringend benötigte Hilfe. Es wäre für die Kaiser ein leichtes gewesen, eine mächtige Armee zu senden und als Entsatz die Belagerungsringe zu sprengen. Doch was geschah?

Nichts!

Die Kaiser verspotteten unsere Hilfegesuche und so mussten unsere Boten mit leeren Händen zu einer leidenden Bevölkerung wiederkehren. Alte und Schwache starben während der Belagerung, Mütter verhungerten, da sie ihre Kinder ernähren wollten und selbst hungerten. Ehrenhafte Männer zerbrachen an dem Elend, das sich während der zahllosen Belagerungen in der Stadt ausbreitete. Seuchen vergifteten unsere Brunnen. Es gab keinen Krumen Brot mehr. Nicht mal Mehl konnte in der Stadt gefunden werden!“
Heftig atmend und mit hochrotem Kopf zwang sich Bohemond zur Ruhe. Seine Stimme war klar und freundlich, als er wieder ansetzte.

„In der Stunde höchster Not, als viele meiner Brüder und Schwestern bereits den Glauben an Gott verloren hatten, kam Hilfe. Aber nicht aus Konstantinopel oder aus einem anderen Teil Eures Reiches! Nein!
Hilfe kam aus dem Süden. Das Königreich Jerusalem entsandte den Templerorden. Der Papst aus Rom sandte seine persönliche Garde, um der Stadt zu helfen. Zusätzlich sandte er Geld und Nahrung, ebenso unsere Brüder aus Jerusalem. Dank ihrer Hilfe konnten wir jegliche Angriffe abwehren und das Christentum in Antiochia bewahren.
Gott sei mein Zeuge: Ich bin dem Papst von Rom, dem König von Jerusalem und Gott selbst loyal.
Einer falschen Schlange, die mit gespaltener Teufelszunge spricht und Gift spuckt aber nicht! Der Kaiser hat hier nicht länger Macht oder Einfluss!
Ich bin Prinz Bohemond, Herrscher über die heilige Stadt Antiochia. Von Gottes, des Papstes und des Königs von Jerusalem Gnaden wurde mir die Herrschaft, der Erhalt und die Verteidigung der Stadt und seiner umliegenden Ländereien und Provinzen anvertraut.“

Anna war von dieser Rede erschlagen. In ihrem Kopf wuselten hunderte Gedanken. Ihr eigentliches Ziel, den Herren von Antiochia an seine Gehorsamkeit zu erinnern, hatte sie aus den Augen verloren.
„Ihr brecht den heiligen Eid Eurer Vorfahren…,“ stammelte sie, „und Ihr-“
„Welchen Eid?“, fuhr Bohemond hitzig dazwischen, „es gibt nichts, ich wiederhole: Nichts!, was mich an irgendeinen lächerlichen, selbsternannten Kaiser bindet!“

Mit einem Ruck stand die Prinzessin auf. Diese Beleidigungen ihrem Vater und ihr selbst gegenüber konnte und wollte sie sich nicht länger anhören. Sie schickte sich an zu gehen. Ihr Vater würde sich selbst darum kümmern müssen.
Doch sie wurde grob an der Hand herumgerissen. Erschrocken starrte sie den Fürsten an, dessen gepanzerte Hand sich wie ein Schraubstock um ihr Handgelenk gelegt hatte. „Und merkt Euch folgendes, Prinzessin Anna,“ höhnte er, „sollte je wieder ein Oströmer mit einer Waffe und sei es auch nur ein kleiner Dolch oder ein großes Küchenmesser, das Gebiet des Fürstentums betreten, werden die Waffen des Fürstentums, Gott sei mein Zeuge, ihm Nase, Zunge und Augen ausschneiden! Jeder von deinem schwächlichem Griechenpack soll lernen, was es heißt im Stich gelassen und ausgenutzt zu werden!“
Sie riss sich los, längst nicht so geschmeidig und kräftig, wie sie es sich gewünscht hätte, doch sie bekam ihre Hand frei. „Das bedeutet nur eins, Barbar,“ sie holte kaum merklich Luft, „hier und jetzt soll Krieg zwischen dem römischen Reich und jeglichem Eurer Gefolgsleute herrschen.“
Bohemond lachte nur. „Der Arm des Kaisers ist verkümmert und schwach. Er wird mich hier nie erreichen!“

In Todeswut spuckte Anna ihm vor die Füße. „Merk dir meine Worte, du dreckiger Hurenbock: In zwanzig Jahren steht eine prächtige und mächtige Legion vor den Toren deiner hässlichen Stadt. Dann wirst du dir wünschen niemals geboren worden zu sein!“
Mit diesen Worten verließ sie Bohemond.
Es mag kaum verwunderlich sein, dass die Prinzessin bereits am nächsten Tag zur Abreise drängte.






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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 1. März 2015 19:17

Byzanz – Das Schild des Christentum


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Heute ist Sonntag und das bedeutet:
Neuer Teil des AARs!
Viel Spaß
:)




Die Schlacht von Yalova (Öffnen)
[b]Alexios wusste: Diese Schlacht würde hart werden. Die Mauern waren, wenn auch nur aus Holz, stark und fest im Boden. Hier musste mehr geboten werden als bei Kavala, wo seine Soldaten mit Fackeln, Äxten und teils sogar mit bloßer Muskelkraft die Befestigungen hatten einreißen können. Außerdem schien der Feind unter Führung von Vlasomon dem Falschen deutlich stärker zu sein.

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Die Bogenschützen eröffneten die Schlacht, doch ihre Pfeile schienen in der Masse der Feinde unterzugehen. Es schien, als prallten ihre Geschosse wirkungslos an den Schilden, Rüstungen und Helmen der feindlichen Streitmacht ab.

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Es war wahrlich ein beeindruckendes Bild, das Vlasomons Armee abgab. Die Helme und Klingen blitzten im Sonnenlicht. Zudem schien die Armee des römischen Reiches unter der Masse der Feinde einfach erdrückt werden zu können.

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Alexios entschied sich den Platz seines Sohnes in der Schlacht einzunehmen. Mit seinen schweren Gardisten wählte er jedoch die linke Flanke, um später den Feind aufzurollen und bis zum Zentrum vorstoßen zu können. Doch kaum hatten er und seine Männer Stellung bezogen stürmten ihnen auch schon gepanzerte, griechische Milizen entgegen. Vlasomon setzte seine Speerträger gezielt gegen die kaiserlichen Gardisten ein.

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Fast zeitgleich befahl er den Sturm seiner gesamten Frontlinie, um die Moral des Feindes zu schwächen. Mit lautem Gebrüll stürzten sich seine Soldaten auf die verschüchterten Römer. Eine blutige Schlacht begann.

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Doch Vlasomons Angriff hatte nicht den gewünschten Effekt. Die slawischen Söldner im Heer des Kaisers kämpften wie wilde Löwen und verschafften den römischen Soldaten einige Verschnaufpausen, sodass sie ihre Kraft besser einteilen konnten.
Als der Fürst von Yalova dies sah, schickte er seine muslimischen Bogenschützen in den Kampf. Verwirrung entstand unter den Einheiten des Demagogen, doch nach mehreren energischen Befehlen fügten sich die Schützen, legten ihren Bogen beiseite und zogen mit einem Schwert bewaffnet in den Kampf gegen die erneut schwankende römische Front.

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Der Kaiser erkannte die Gefahr der frischen Truppen des Feindes und versuchte mit seinen übrigen Gardisten einen gewagten Vorstoß auf die muslimischen Soldaten. Doch die Speere und Schilde der Milizen fesselten ihn und seine Soldaten wie eine Phalanx. Nur vereinzelt konnten einige Schützen angegriffen und beseitigt werden und dass nur, wenn sie sich selbst todesmutig den gepanzerten Pferden und Soldaten entgegenwarfen.

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Die Slawen kämpften, als hätte Gott ihnen neue Kraft geschenkt. Und so kam es, dass der Kaiser wohl auf ewig in der Schuld eines jeden slawischen Soldaten stehen würde: Ein Speer eines Söldners durchbohrte den Harnisch und die Brust Vlasomons. Schwer getroffen fiel er aus seinem Sattel und rammte sich beim Aufprall den Speer noch tiefer in den Leib. Wie schnell er an der Verletzung gestorben war, ist nicht bekannt. Doch die Wirkung auf sein Heer blieb nicht aus: Es nahm die Beine in die Hand und floh in wilder Panik hinter die rettenden Stadtmauern.

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Die Slawen, von diesem Erfolg angestachelt, wollten die Stadt stürmen und folgten den fliehenden Einheiten. Doch am Torhaus endete der ruhmvolle Weg der Slawen. Von dem erschöpften und erleichterten Heer Alexios´ allein gelassen wurden die Söldner leichtes Feuer für die Bogenschützen. Zudem hatten einige Soldaten neuen Kampfesmut gefasst und stürmten hinaus, um zumindest die Slawen zu vertreiben.

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Alexios sah diesen Verlust zwar, unternahm jedoch auch nichts, um dem entgegen zu wirken. Wenn es nach ihm ginge, hätten die Rebellen ruhig jeden Slawen abschlachten können. Nach der Schlacht brauchte er keine betrunkenen Soldaten, die sich selbst zu Helden aufschwangen. Vor allem keine Söldner…
Die Slawen wurden aufgerieben, niedergemetzelt und die versprengten Reste flohen in die nahegelegenen Berge. Durch diesen Erfolg aufgestachelt wagten die Soldaten des toten Fürsten immer und immer wieder Ausfälle, doch selbst nach Tagen konnten die Soldaten des Kaisers standhalten.

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Selbst die zuvor noch so gefürchteten muslimischen Bogenschützen konnten das Blatt nicht mehr wenden. Zwei Tage nach der Zerschlagung der slawischen Verbände konnten die Soldaten einzelne Mauerstücke einreißen. Auf dem Marktplatz, direkt vor dem Regierungssitz gelegen, stellte sich das letzte Aufgebot dem nun überlegenen und ausgeruhten römischen Heer entgegen.

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Der Sieg war klar. Nach dem Tod Vlasomons hatten die Aufständischen nicht mehr den Hauch einer Chance gehabt. Kaiser Alexios konnte einen weiteren, ruhmreichen Sieg verzeichnen.

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Trotz der anhaltenden Vorbehalte und sogar vereinzelter Übergriffe gegen römische Truppen ließ Alexios die Stadt nicht plündern. Er befahl eine friedliche Besetzung. Die Soldaten fügten sich dem Befehl zähneknirschend.

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Yalova war wieder unter römischer Kontrolle. Sofort befahl der Kaiser Wiederaufbaumaßnahmen, die schon nach wenigen Wochen Früchte trugen. Yalova war eine reiche Handelsstadt und warf ordentliche Erträge ab. Die Finanzen der Staatskasse waren zwar noch immer am Boden, doch sie wuchsen ständig. Bald würde der Kaiser genug Geld haben, um Legionäre statt Milizen in den Kampf zu führen.

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Doch Reichtum und Wachstum zogen Neider auf sich. Das wusste auch der Kaiser Alexios. Er konnte sicherlich noch keine neuen Milizen ausheben, geschweige denn Legionen aufstellen lassen, doch er investierte in einen viel subtileren und verschlungeneren Weg, um überall Augen und Ohren zu haben. In Konstantinopel, der größten Stadt des Imperiums, befahl er die Ausbildung eines weiteren Spions.
Spione waren eine kostbare Waffe. Sie gewährten genauen und sehr detaillierten Einblick in die Armee oder Flotte eines Feindes, auf die Charaktereigenschaften eines feindlichen Agenten, Generals oder sogar, wenn der Spion gut genug war, eines Prinzen oder Königs! In diesem Fall war dem Spion Kyriakos Loukites jedoch keine so bedeutende Aufgabe angedacht. Seine Aufgabe war es zunächst Konstantinopel und die Ländereien rundherum nach feindlichen Agenten oder sogar Soldaten abzusuchen und nach einem ausführlichen Bericht nach Thessalonica zu ziehen. Die Normannen im Westen Griechenlands bereiteten dem Kaiser Ostroms große Sorgen, zumal er über deren Truppenstärke kaum zuverlässige Informationen hatte.
Alexios rechnete nicht damit, in der Nähe seiner Hauptstadt, die von mächtigen und breiten Mauern umgeben war, Feinde zu finden. Umso mehr besorgte ihn eine feindliche Flotte.

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Obwohl er Anspruch über den Bosporus und alle umliegenden Gewässer hatte, hatte Alexios das Aufstellen größere Flottenverbände sträflich vernachlässigt. Die eigene Flotte dümpelte im Hafen von Nicäa vor sich hin, unfähig für größere Expeditionen. Sie war lediglich dazu geneignet einige römische Soldaten von einer Küste an die nächste zu bringen.
Doch wie sollte er der Situation begegnen? Die Staatskasse war noch immer leer, auch wenn die Finanzen sich erholten und die Wirtschaft zu florieren begann. Ein Umstand, der sicherlich auch Demetrios Calaphates, einem geschickten Kaufmann im Dienst des Kaisers, zu verdanken war. Noch bevor Prinzessin Anna eine diplomatisch vernichtende Niederlage hatte hinnehmen müssen, konnte er einige Handelsrechte und –privilegien sowohl mit Antiochia als auch mit der nahegelegenen, kleinen Burg Aleppo aushandeln.

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Trotz allem konnte der Kaiser kein Goldstück für das Aufstellen einer Flotte verwenden. Er hätte seine Glaubensbrüder im Norden, die Kiever Rus um Hilfe bitten können, doch der Kaiser des oströmischen Reiches bittet nicht. Er befiehlt!
Die Lage wurde noch prekärer, als im Westen Thessalonicas eine große, normannische Armee gesichtet wurde.

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Sofort rief der Kaiser alle verfügbaren Männer aus Yalova zusammen und setzte mit seiner kläglichen Flotte nach Thessalonica über. Zumindest versuchte er es, doch ein Sturm hielt ihn fest.

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Sollte er wie die Perser auch an den Felsen der Halbinsel Athos scheitern? Theotokios Olaskos, der Statthalter in Thessalonica, mochte zwar schlau sein, doch er war auch abergläubisch. Obwohl der Kaiser ihm zuvor bereits durch einen Brief mitgeteilt hatte, dass er selbst auf dem Weg sei und Theotokios daher keine frischen Rekruten zu den Waffen zu rufen brauchte, befahl er die Aushebung weiterer schwerer Milizionäre. Doch selbst mit diesen Truppen verfügte der junge und zunehmend verzweifeltere Statthalter keine nennenswerte Streitmacht unter einem Banner einigen zu können. Lediglich ein paar Jäger, mit schwachen und krummen Bögen, sowie eilig zusammengerufene Bauern folgten seinen Befehlen. Ob die schweren Milizionäre da noch Gewicht hatten?
Es mochte beinahe ein Omen sein, doch kaum, dass der letzte Milizionär die Ausbildung beendet und gerüstet wurde, schlossen die Normannen die Stadt ein. Thessalonica wurde tatsächlich belagert!

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Gerade als der Kaiser nach überstandenem Sturm an Land gegangen war, machte sich Verzweiflung unter den Verteidigern breit und einige sprachen bereits von einer Kapitulation.
Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende!
Unter dem Befehl des Statthalters waren keine Soldaten oder gar Legionäre versammelt. Es waren einfache, abergläubische, ungebildete und schwache Bauern. Sie sorgten sich mehr darum, was sie am nächsten Tag in den Bauch bekamen, als, wie sie ihrem Kaiser am besten dienen konnten. Sowohl Theotokios als auch Alexios war das bewusst.
Und so geschah es, dass ein römischer Kaiser nach der Katastrophe von Manzikert tatsächlich noch mal froh über das Angebot turkmenischer Söldner unter ihrem Hauptmann Ikshar ibn Iksharhim sein sollte.

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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 28. April 2015 13:50

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Nach langer Zeit mal wieder ein neuer Beitrag meinerseits. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich mich freue Euch, liebe Leser, mal wieder etwas präsentieren zu dürfen.
Die Lage vor den Toren Thessalonicas spitzt sich zu und der Kaiser sieht auch noch eine Befehlsverweigerung im Handeln des Statthalters der Stadt.
:)




Musik? (Öffnen)


Umgeben von Wächtern, Dienern und seinem Takitos Olybrius saß Kaiser Alexios angespannt auf seinem kurulischen Stuhl im hastig errichteten Legionslager vor Thessalonica. Hin und wieder wippte er mit den Füßen nach vorne und nach hinten, versuchte ansonsten jedoch eine ruhige, dominante Autorität auszustrahlen, die er jedoch angesichts der angespannten Lage nicht besaß.

Thessalonica wurde belagert!

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Die normannischen Hunde standen mit abertausenden Soldaten vor den Toren seiner Stadt und der dortige Statthalter und General der Garnison Theotokios Oslakos war ein abergläubischer Feigling. Obwohl der Kaiser selbst ihm eine Nachricht geschrieben hatte, in der es hieß, er bräuchte keine weiteren Milizionäre zu rekrutieren, hatte er sich dem Befehl des Kaisers widersetzt. Das würde tiefe Löcher in seine Staatskasse reißen. Natürlich, so wusste der Kaiser, war es ein beruhigendes Gefühl mehr Männer hinter sich zu wissen. Doch wenn ein Statthalter, und mochte er eine noch so bedeutende Stadt verwalten, sich einem direktem Befehl widersetzte, konnte das Vertrauen nicht sehr hoch sein. Ein weiteres Problem, um das sich der Kaiser Ostroms nach der Schlacht würde kümmern müssen. Theotokios war ein fähiger Mann, keine Frage. Doch er durfte sich nicht den Befehlen des Kaisers, und schon gar nicht öffentlich, widersetzen. Normalerweise stand auf Befehlsverweigerung die Blendung durch den Speer, doch das konnte der Kaiser unter keinen Umständen riskieren. Sein Statthalter war beim Volk sehr beliebt, hatte viele Händler, Großbauern und Adlige in seinem Gefolge und wusste die Münze und den Handel gut einzusetzen. Alexios musste sich etwas Anderes überlegen. Doch was sollte es sein? Handelsverbote und –beschränkungen wären eine Idee und würden Konstantinopel und Nicäa sicherlich zu Gute kommen. Aber konnte er sich das momentan erlauben? Die Kasse des Kaisers war leer und Konstantinopel konnte alleine oder selbst mit Nicäa zusammen nicht das Handelsvolumen erreichen. Hatte Theotokios Oslakos Kinder? Oder überhaupt eine Frau? Er musste sich weiter darüber informieren. Mit einem Wink seiner Hand rief er seinen Takitos Olybrius zu sich.

„Mein Kaiser“, begann dieser und verbeugte sich in seine Panzerrüstung gekleidet unterwürfig. Selbstgefällig lächelte der Kaiser über diese Geste. Olybrius war ein guter Soldat und kam einem Freund am nächsten. Er war einige Jahre jünger als er selbst, eventuell im Alter seines Sohnes. Doch genau konnte Alexios das nicht sagen. Der Grund war einfach: Das gesamte Gesicht seines Takitos war mit Narben, Schnitten, tiefen Furchen und Entstellungen übersät. Olybrius hatte als einfacher Soldat bei der Armee begonnen, konnte sich jedoch schnell über den Durchschnitt erheben, als er mit einigen Männern unter seinem Befehl viele Räuber- und Banditennester nahe Konstantinopels vernichtete. Er wurde dann bald Berater verschiedener Generäle und schließlich des Kaisers.

Eigentlich hatte Alexios keinen Takitos gebraucht, war sein Sohn doch normalerweise bei ihm. Doch mit der Hilfe von Olybrius hatten seine Generäle zu große Erfolge in zu kurzer Zeit erzielt. Was für das Reich gut war, konnte für den Kaiser dennoch schlecht sein. Um rebellischen Gedanken schon im Keim die Nahrung zu nehmen, hatte Alexios den jungen Takitos also zu sich berufen und in sein Gefolge aufgenommen. Natürlich trauten sich die Generäle nicht offen zu widersprechen, doch ihrer Missgunst war sich der Kaiser seit dem bewusst. Ein wichtiger Grund, der ihn dazu verleitete, die Legionen des Reiches selbst anzuführen.

„Was weißt du über Theotokios Oslakos?“, fragte Alexios in harschem Ton.
Kein Murren, Meckern oder Zetern, dass der Kaiser seinen Diener weiterhin knien ließ. Das Grinsen in seinem Gesicht wurde breiter. Konnten nicht alle Römer so sein?
„Ich bitte um Verzeihung, mein Kaiser“, begann Olybrius, während sich Alexios´ Gesicht schon bei diesen Worten verdunkelte, „ich konnte, wegen meiner eigenen Unfähigkeit noch keine Erkundigung über den Statthalter Thessalonicas einholen.“
„Ich frage dich nicht nach Erkundigungen, sondern danach, was du weißt“, herrschte der Kaiser seinen Diener an.
„Ja, mein Kaiser, verzeiht bitte.“ Unruhig rutschte der Takitos auf seinen Knien hin und her. Anscheinend wurde er nervös. Oder war seine gebeugte Haltung auf Dauer unbequem? „Theotokios Oslakos ist der Statthalter Thessalonicas. Er ist beim Volk sehr beliebt und versteht sich auf Geldgeschäfte. Auch mit dem Getreideanbau und der Viehzüchtung ist er vertraut und teilt sein Wissen mit dem Volk. Dies bringt ihm die angesprochene Beliebtheit und der Stadt und dem Reich den Reichtum entgegen.
In der Schlacht ist dieser Mann jedoch nicht zu gebrauchen. Er versteht nichts von Schlachtplänen, der Versorgung einer Legion im Feld oder dem Taktieren auf dem Schlachtfeld.“

Alexios lauschte konzentriert, konnte aber nichts Neues erfahren. Enttäuscht und genervt seufzte er auf. „Auf dich kann man sich wohl auch nicht mehr verlassen, Takitos“, murmelte er mehr zu sich selbst, als wirklich an seinen Diener gerichtet. Doch dieser hatte seine Worte gehört.
„Verzeiht, mein Kaiser. Ich werde mich, sollte dies Euer Wunsch sein, schnellstmöglich über Theotokios Oslakos informieren.“
„Nein, Olybrius. Lass meinem Spion Kyriakos Loukites diesen Auftrag zukommen. Noch bevor dieser Monat endet möchte ich alles über ihn wissen. Und wirklich alles!
Hast du verstanden?“
„Ja, mein Kaiser“, antwortete sein Diener.
„Dann darfst du dich entfernen und den Spion kontaktieren.“
„Danke, mein Kaiser.“
Sein Diener entfernte sich und genervt seufzte Alexios auf. Ruckartig taxierte er den ihm am Nächsten stehenden Diener. „Bring mir Wein!“, blaffte er.



„Was machst du denn, Agapitus? Du sollst nicht schreiben, du sollst mich beraten!“
Auf den hölzernen Mauern der eingeschlossenen Stadt stand ein zerstreuter und aufgeregter Theotokios Oslakos. Seine Stadt, einst eine der wichtigsten im römischen Reich, wurde von Normannen belagert. Zwar erst wenige Wochen, doch es machten sich die ersten Zeichen einer Nahrungsmittelknappheit breit. Die Rationen wurden karger, das Brot härter und das Wasser immer weniger. Zumindest konnte er selbst sich noch das tägliche Bad gönnen, auch wenn sein Becken wie gewohnt nicht mehr bis zum Überlaufen gefüllt werden konnte.

Einige Dutzend Schritte entfernt standen einfache Milizsoldaten. Sie waren in Lederrüstungen gezwängt, die ihnen zu groß, zu klein, zu eng oder zu weit waren. Manch einem Soldaten hatte die Rüstung schon die Haut zerschnitten, während andere mehr damit beschäftigt waren, die viel zu große Rüstung immer wieder gerade zu rücken, statt zu marschieren oder zu exerzieren.
Die Speere seiner Soldaten waren kurz und krumm, die Bögen alt und brüchig und die Schilde klein und zerbeult.
Auch wenn Theotokios einen Brief des Kaisers erhalten hatte, der ihm verbot weitere Soldaten zu rekrutieren, musste der Statthalter etwas tun. Zugegeben, er war nicht sonderlich mutig und konnte sich nicht vorstellen in voller Panzerung und in wildem Galopp auf die Reihen der Feinde zu sprengen, doch er verstand zumindest ein wenig von der Verteidigung einer Stadt. Und dazu gehörten ausreichend gut ausgerüstete Soldaten. Die letzten, die die Kasernen verließen, hatten harte Blicke und unterschieden sich in jeder Hinsicht von seinen restlichen Truppen. Sie konnten kämpfen, ihre Rüstungen passten, die Speere waren lang und scharf und die Schilde groß und stabil. Doch selbst mit diesen Männern konnte er der normannischen Übermacht nur einen Grashalm und den Hufen eines Elefanten entgegensetzen.

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Und so konnte Theotokios mit seinen Männern nur ausharren, hoffen und beten. Hoffen, dass der Kaiser sein Versprechen hielt und Beten, dass Gott ihm ein Zeichen sandte oder ihn gar von dieser Situation erlöste.
„Mein Herr“, begann Agapitus und schaute selbst jetzt nicht von seinem Blatt auf, sondern schrieb unaufhörlich weiter, „irgendjemand muss doch niederschreiben, wie Ihr ruhmreich die Stadt verteidigen werdet -“ Theotokios schnaubte. „- Und je schlimmer ich den Feind darstelle, desto größer ist Euer Ruhm.“
Agapitus schaffte es nun doch zumindest für eine Sekunde aufzublicken und schenkte seinem Statthalter ein jugendhaftes Lächeln.

Der junge Schreiber mochte nicht älter als 17 Jahre sein, doch hatte er schon seit seiner Kindheit großes Interesse am geschriebenen Wort gezeigt. Während andere Kinder draußen spielten, hatte er in der Stube mit seinem Lehrer gesessen und Griechisch, Latein und Fränkisch gelernt. Später noch einige arabische Sprachen und Italienisch. Mit der Mannwerdung hatte Agapitus seinen Mentor überflügelt und krampfhaft nach weiteren Möglichkeiten gesucht, Texte zu lesen, nein zu verschlingen und zu schreiben. Schließlich war Theotokios auf ihn aufmerksam geworden. Im Gegenzug dafür, sein Schreiber am Hof zu werden, hatte der Statthalter ihm erlaubt die Bibliothek der Stadt, so oft seine Arbeit es zuließ, zu besuchen und dort zu studieren. Seit zwei Jahren war Agapitus nun an der Seite seines neuen Mentors (auch wenn dieser ihm nichts beibringen konnte, sondern viel eher von ihm lernte) und Theotokios hatte ihn niemals ohne Papier oder Papyri und Schreibfeder gesehen.

„Leg die Feder mal beiseite, Junge“, sagte der Statthalter hektisch und aufgekratzt, „und sag mir lieber, was du mir in dieser Situation sagen würdest. Irgendetwas muss doch in deinen Büchern stehen! Ein Hinweis, wie ich aus dieser Situation herauskomme! Oder auch nur, wie die Normannen normalerweise kämpfen!“
Agapitus ließ sich von der Hektik und Unruhe seines Herrn nicht anstecken, stattdessen schrieb er noch einige Sekunden, ehe er die Feder tatsächlich absetzte. Er ließ den Blick über das offene Feld wandern und betrachtete das Zeltlager der Normannen.

„Betrachtet genau das Lager des Feindes, Herr“, begann er und deutete mit der Feder auf die kleinen, weißen Hütchen auf der Hauptstraße zur Stadt, „seht Ihr sie?“
„Ja doch! Ich bin doch nicht blind!“, langsam wurde Theotokios ungeduldig, „was ist damit?“
„Sie sind ungeordnet und stehen hier und da. Sie haben keine Ordnung. Manche stehen so weit auseinander, dass drei Ochsenkarren zwischen ihnen durchfahren könnten. Andere aber stehen so eng aneinander, dass nicht mal ein junger Knabe hindurch schlüpfen könnte.“
„Das sehe ich doch alles, Junge!“, brauste der Statthalter auf, „nun komm´ zur Sache.“

Unbeeindruckt fuhr der Schreiber fort. „Wenn Ihr noch genauer hinseht, werdet Ihr bemerken, dass viel mehr Zelte eng aneinander stehen und nur wenige den eben von mir erwähnten Platz zueinander haben, nicht wahr? Das lässt auf eine soziale Hierarchie innerhalb des Heeres schließen. Alles, was Geld hat, kauft sich eine Rüstung, Schwert, Schild und Pferd“, fuhr der junge Mann lapidar fort, „und alles, was kein Geld hat… nun, Ihr seht es bestimmt selbst.“ Verwirrt schaute der Statthalter ihn an, bis Agapitus sich erbarmte. „Na, das ist doch klar!“, rief er laut aus und zwar so laut, dass sich einige der umstehenden Soldaten zu ihnen umwandten. „Das normannische Heer verfügt über eine – im Vergleich zur Heeresstärke – große Anzahl an Reitern!“
Theotokios wurde blass. „Normannische Reiterei?“
„Ganz recht“, verkündete Agapitus stolz. So stolz, dass es schien, er habe gerade das Rad neu erfunden oder die Studien des Aristoteles gelesen und weiterentwickelt. Dass es sich bei den Reitern um seine Feinde handelte, bedachte der junge Schreiber nicht. Doch viel eher alle umstehenden Soldaten, die nun ängstlich über die Mauer schauten.

Herr im Himmel, bitte lass den Kaiser schnell mit einer schlagkräftigen Legion erscheinen! Sonst sind wir alle verloren!






P.S.: Bilder werden nachgereicht :)

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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 7. Mai 2015 07:47

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Hallo :)
Heute ist zwar nicht Sonntag, sondern Donnerstag, aber ich habe den Teil fertig gestellt und überarbeitet. Daher bin ich sehr gespannt, was ihr davon haltet.
Kritik, Lob und Verbesserungsvorschläge werden gerne gesehen.
Viel Spaß!
:)




Theotokios Oslakos versuchte die Schlacht noch um einige Wochen hinauszuzögern, hatte er doch vernommen, dass der Kaiser Söldner in seine Reihen berufen hatte und mit einigen weiteren Verbänden in Verhandlungen stand. Der Statthalter hoffte, dass es noch mehr werden würden, doch als seine Boten diese Hoffnung verneinten, seufzte er schwer. Es würde also Zeit, die Entscheidungsschlacht sollte beginnen.

Die Heere waren gerüstet und die Spannung stieg. Zwei byzantinische Armeen standen einer großen sizilianischen Armee gegenüber. An einem regnerischen Tag im Juli im Jahre 1092 des Herrn sollte die große Schlacht vor den Toren der altehrwürdigen Stadt Thessalnoica ausgefochten werden.

Schlacht um Thessalonica (Öffnen)
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Der Stellvertreter des Kaisers in der Provinz Macedonia schluckte schwer, als er sich umsah.
Hier waren schwache Bauern mit Mistgabeln und kranke Gerber mit krummen Rücken und noch krummeren Bögen versammelt. Der Regen peitschte den vom Hunger gezeichneten und verzerrten Gesichtern seiner Milizen schwer ins Gesicht. Lediglich seine eigene schwergepanzerte Garde und die wenigen schweren Milizionäre konnten Hoffnung auf einen Sieg machen.

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Der oströmische Statthalter und Kommandant der Garnison gab mit einem grimmigen Nicken den Befehl zum Ausrücken. Auch ihm setzte der Regen stark zu, doch er musste vor seinen Männern stark sein und durfte sich nicht vom Wetter beeindrucken lassen. Von dem unruhigen, ängstlichen Kommandanten, der vor einigen Wochen seinen Schreiber noch panisch um Hilfe angefleht hatte, war nichts mehr übrig geblieben. Hier saß ein stolzer Römer fest im Sattel seines Pferdes. Und, so wahr Gott sein Zeuge sein möge, er würde die normannischen Hunde vertreiben und mit seinen Männern Wein saufen und Huren genießen.

Und kaum verließen die ersten Soldaten die sichere Stadtmauer konnten sie das Leuchten einiger hundert Fackeln durch den dichten Regen erkennen. Ihre Gesichter erhellten sich und schnell erreichte die freudige Kunde den Statthalter: der Kaiser war gekommen! Und mit ihm einige hundert Soldaten, aus den Schlachten von Kavala und Yalova gestählt. Unterstützt wurden sie von turkmenischen Söldnern.

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Theotokios lächelte erleichtert. Gott hatte seine Gebete erhört. Nun fühlte er sich nicht mehr ganz so hilflos und schwach. Seine Soldaten jubelten überschwänglich, fast so, als wäre die Schlacht bereits siegreich geschlagen. Mit einigen harschen Worten bremste er seine Milizen jedoch und konnte sie wieder zu Ordnung und Disziplin rufen.
„Seine Laune ist wohl wie Gottes Pisse“, raunte ein Soldat, „sauer und matschig.“



„Jubel brandet auf, mein Kaiser. Euer Kommen ist ein Symbol der Hoffnung für die eingeschlossene Stadt. Erste Milizen marschieren aus dem Tor und beziehen vor den Stadtmauern Stellung. In Kürze sollte ihr Angriff erfolgen“, Takitos drehte sich im Sattel zu seinem Kaiser, „wie gehen wir vor, mein Kaiser?“

Schwere Wassertropfen prasselten auf den Kaiser, der vollkommen gepanzert und geschützt auf seinem schweren Schlachtross saß, nieder. Er musste nicht lange überlegen und wandte sich sofort an Olybrius. „Die Turkmenen sollen über die rechte Flanke konzentriertes Feuer auf das Zentrum des Feindes eröffnen. Sie sollen genau schießen, dort werde ich mit meiner Leibwache durchbrechen und zu Theotokios stoßen. Die Bogenschützen sollen die Flanken ausdünnen und von den Milizen geschützt werden. Wenn der Hurenbock von Normanne auch nur ein bisschen etwas von Taktik versteht, wird er nach meinem Durchbruch die Bogenschützen ausschalten wollen. Habe ich den Durchbruch geschafft, werden die Turkmenen den Feind umgehen und sich mit mir in Theotokios´ Armee versammeln. Bis zum Ende der Schlacht werde ich also nicht bei der Legion sein. Sobald ich die Truppen verlassen habe und mich auf den Weg zur Stadt mache, bist du der Legat, verstanden?“
Überrascht riss Olybrius die Augen auf, besann sich aber schnell wieder. „Ja, mein Kaiser!“
„Also dann: Gib den Turkmenen den Befehl, Legat!“
„Jawohl, Kaiser!“

Wenige Sekunden später befand sich bereits ein Bote auf dem Weg zu den berittenen Bogenschützen und überbrachte ihnen die Nachricht. Augenblicklich setzten sich diese in Bewegung.
Den Takitos zum Legat zu machen, mochte wie eine Notlösung aussehen, doch Alexios war sich sicher, dass er die Unterstützung des Jungen noch einige Zeit brauchen würde. Sich mit ihm gut zu stellen und ihn ein kleines bisschen Ruhm ernten zu lassen würde seine Loyalität noch steigern. Und außerdem konnte der Kaiser so endlich herausfinden, wie gut der Takitos wirklich war.

Doch jeglicher Plan wurde zu Nichte gemacht. Die Normannen ergriffen die Initiative! Ihr General, ein unbekannter Emporkömmling, der auf den Namen Colcuccio hörte, befahl seiner gesamten Reiterei die Armee des römischen Kaiser anzugreifen. Zähneknirschend sah der Kaiser, wie seine turkmenischen Reiter von der schweren Kavallerie in Bedrängnis gebracht wurden. Zwar kam es nicht zum Nahkampf, doch gegen die verstärkten Rüstungen konnten die Pfeile nur wenig ausrichten. Das Feuer der Turkmenen richtete kaum Schaden an.

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Doch das größte Unheil sollte noch kommen: In gestrecktem Galopp preschte der größte Teil, es mochten 300 Reiter mit spitzen Lanzen, breiten Schilden und schweren Kettenpanzern sein, auf seine Reihen zu! Alexios spürte, dass seine Männer wankten, waren sie doch nur mit Speer, Schild und leichten Kettenpanzern gerüstet. Doch sie durften nicht weichen.

„Männer! Römer! Freunde!
Bevor diese normannischen Hunde an unseren Schilden zerschellen wie Ton auf den Straßen Konstantinopels lasst mich euch eins sagen: Ihr seid der Stolz des römischen Imperiums! Keine Streitmacht, und sei sie noch so groß, kann es mit einem von euch aufnehmen!“

Die Reiter der Normannen kamen immer näher, Alexios hörte bereits ihr barbarisches, aber angst einflößendes Gebrüll.

„Ein jeder von euch ist eine volle Legion wert! Steht beisammen und schließt die Reihen wie es die Legionäre Caesars vor Alesia auch taten und ich versichere euch, bei meiner Ehre: Nichts wird unsere Reihen durchbrechen können!“

Das Stampfen der Hufe war nun gut zu hören, die Erde bebte unter dem Gewicht der Normannen.
„Männer!“ Kaum mehr als 40 Meter lagen zwischen den Speeren der Milizen und den Mäulern der Pferde. „Auf in den Kampf!“
Kaum, dass der Kaiser seinen Mund schloss brach eine kleine Apokalypse über die Milizen des Reiches herein.

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Wie es wohl um die Soldaten des Kaisers stehen mag?

Theotokios trieb seine Männer zur Eile an, doch er hörte schon das infernalische Geschrei der berittenen Normannen. Seine Augen, getrübt von unzähligen Nächten bei Kerzenschein und flackernden Fackeln, deren Licht er nutzte, um die Finanzen der Stadt nachts zu überprüfen, ließen ihn nichts außer dem schwachen Fackelschein erkennen. Er konnte nicht mal die Banner sehen, hoffte aber inständig, dass die römischen Banner stolz dem Wetter und dem Feind trotzten.

„Diese scheiß Pisse“, grummelte er mürrisch und versuchte sich das Wasser aus dem Gesicht zu wischen.
„Hey!“, bluffte er einen seiner Leibwächter an, dessen Name er nicht mal kannte, „sag mir, was du siehst!“

Der Angesprochene zuckte kurz zusammen, nickte dann aber begleitet von einem kurzen „Ja, Herr!“ und starrte angestrengt in den prasselnden Regen. Ungeduldig rutschte der Statthalter auf dem nassen Leder seines Sattels hin und her. Hoffentlich würde er sich die Stellen im Verlaufe der Schlacht nicht blutig scheuern. Doch sollte das wirklich seine einzige Sorge sein? Selbst mit den Truppen des kaiserlichen Heeres sollte das Kräfteverhältnis gerade einmal ausgeglichen sein. Zweifel und ein wenig Furcht durchzogen das Gesicht des Theotokios, doch er musste stark sein und wischte seine Geühle mit dem Wasser aus seinem Gesicht.

„Und?“, hakte er nach einigen Minuten doch ungeduldig nach, „was siehst du?“
„Die Reiterei des Feindes scheint auf die Reihen des Kaisers getroffen zu sein, während die Fußsoldaten die Stellung halten und unsere Soldaten erwarten.“
„Wie sehen die Verluste auf Seiten des kaiserlichen Heeres aus?“
„Nun…“, der Leibwächter druckste ein wenig herum, „der erste Ansturm war verheerend, mein Herr. Hoffen wir, dass seine Soldaten standhaft bleiben.“

Bei Gott, das können wir wirklich nur hoffen.



Alexios zischte scharf, als er einem Normannen sein Schwert zwischen die Rippen stieß.
Nach dem ersten Aufprall der normannischen Reiter hatten die Reihen seiner Speerträger zu wanken begonnen. Er fürchtete um die Moral der Milizen und hatte sich kurzerhand selbst in die Schlacht geworfen, gefolgt von 70 schwer gepanzerten Leibwächtern. Ihre Schwerter wüteten unter den Normannen wie die Sense im Korn, doch nach und nach fielen auch die ersten seiner Männer tödlich getroffen aus dem Sattel. Schließlich wusste er sich nicht mehr zu helfen und hatte den turkmenischen Reitern befohlen sich ebenfalls dem Kampf zu stellen.
Eine Ordnung gab es nicht mehr. Es war ein Hacken und Hauen, Stechen und Beißen.

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Auch wenn Theotokios Oslakos endlich in den Kampf eingreifen konnte und seine Bogenschützen das Feuer auf die Infanterie eröffnet hatten, während seine Soldaten sich dem Feind entgegenwarfen, wurde die Lage immer aussichtsloser. Die Truppen des Kaisers schmolzen immer weiter dahin und selbst seine Bogenschützen mussten sich ihrer Haut selbst erwehren.

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Schließlich kam es soweit, dass die ersten Soldaten, Veteranen aus zwei bedeutenden Schlachten für das Imperium, die Flucht ergriffen. Ihr Kampfgeist hatte sie verlassen und sie suchten ihr Heil in der Feigheit statt mit römischem Stahl in der Hand. Doch der Kaiser konnte sich um dieses Problem gerade nicht kümmern. Er selbst war noch immer mitten im Geschehen und focht, so schien es, mit seiner Garde an mehreren Orten zugleich.

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Die Lage schien immer aussichtsloser. Immer mehr Soldaten wandten der Schlacht ihren Rücken zu und versuchten sich hinter den vermeintlich sicheren Stadtmauern zu schützen. Sollte dies das Ende von Alexios´ Traum, dem römischen Imperium sein? Sollten vor den Toren dieser altehrwürdigen, aber heruntergekommenen, von Seuchen gezeichneten, kleinen Stadt, in der Provinz Macedonia, eine 1800 Jahre alte Geschichte enden?

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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 10. Mai 2015 08:24

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Hallo :)
Nach langer, langer Zeit kommt endlich mal wieder sonntags ein weiteres Kapitel des AARs raus. Meine Motivation ist ungebrochen und jetzt habe ich wieder Zeit diese zu nutzen. Wie lange kann ich nicht sagen, so dass es durchaus sein kann, dass das nächste Kapitel wieder auf sich wird warten lassen müssen.
Kritik, Lob und Verbesserungsvorschläge werden gerne gesehen.
Viel Spaß!
:)





Mit Beginn der großen Reformen des Militärwesens Ende des zweiten Jahrhunderts vor der Geburt Christi wurde der Platz für herausragende Einzelleistungen in einer Legion immer kleiner. Die Ausrüstung der Legionäre wurde vereinheitlicht und war nicht mehr vom Vermögen der Soldaten abhängig. Dadurch und durch die gleiche Art der Ausbildung, die alle Legionäre erhielten, gab es kaum noch einen Unterschied zwischen einem Patriziersohn, der auch schon vor der militärischen Laufbahn mit dem Schwert gelernt hatte, und dem einfachen Bauernkind, das mit Beginn der Ausbildung das erste Mal ein Schwert, und wenn es auch nur eines aus Holz war, in die Hand bekam. Eine Kohorte musste wie ein Mann marschieren und kämpfen können.

Doch bei der Schlacht von Thessalonica, bei der der oströmische Kaiser Alexios und der römische Statthalter und General Theotokios Oslakos gemeinsam mit ihrem kümmerlichen Abklatsch einer stolzen, römischen Legion gegen eine normannische Invasion in Griechenland kämpften, war wieder Platz für Helden. Legionen gab es nicht mehr und es würden noch viele, viele Jahre ins Land gehen, bis Legionen wieder über römische Straßen marschierten.

Schlacht um Thessalonica II (Öffnen)
Bei Gott, unserem Vater, dem Allmächtigen! Wie sollen wir diese Krieger schlagen?
In die Hiebe des Kaisers kam zu Genauigkeit und Schnelle immer mehr Verzweiflung. Die Kraft seiner Soldaten schmolz immer mehr dahin, während die normannische Streitkraft kaum zu schrumpfen schien. Jedes Mal, wenn er vom Rücken seines gepanzerten Ross das Gesicht eines Normannen zerhackte, kamen zwei neue, die mit ihren spitzen Speeren nach ihm stießen. Selbst er, der römische Kaiser, erkannte, dass es kaum noch etwas gab, was eine Niederlage abwenden konnte. Es musste etwas geschehen!

Theotokios Oslakos fasste sich ein Herz. Er sah, dass die kaiserliche Armee in Bedrängnis geraten war. Mit seiner schwer gepanzerten Leibwache stürzte er sich ins Gefecht. Sein Ziel war die Zerschlagung der normannischen Reiterverbände. Ob ihm dies mit gerade mal 60 Mann gelingen konnte, wusste nur Gott.

Ikshar ibn Iksharhim war Söldner durch und durch. Es gab nichts, was er nicht für Geld machen würde. Absolut nichts.
Als er vor wenigen Wochen gehört hatte, dass der römische Kaiser für einen Krieg gegen die Normannen um Söldner warb, hatte er nicht lange gezögert. Natürlich, das wusste auch so ein einfacher Söldnerhauptmann wie er, war das Reich am Bosporus nichts im Vergleich zu dem einstigen Glanz eines römischen Imperiums gewesen. Doch Konstantinopel war noch immer eine große und reiche Stadt. Und Reichtum, das Glitzern goldener Münzen und der Gedanke daran, was er damit alles anstellen und erreichen konnte, hatten schon immer eine besondere Wirkung auf Ikshar gehabt.
Natürlich hatte er, kaum dass die Verhandlungen begonnen hatten, überzogene Forderungen gestellt. Die autarke Statthalterschaft über Thessalonica zu fordern war dreist, doch er hatte auch keine Hoffnung gehabt, dass dieser Forderung entsprochen werden würde. Auch ein „vererbtes Vorrecht auf die Söldnerarmeen des Reiches“ mochte eine hohe Forderung gewesen sein, doch immerhin erschien ihm diese realistischer. In seinen kühnsten Träumen hatte er gehofft, dass er zu Lebzeiten und später seine Nachfahren einen festen Sitz in Griechenland bekämen, eventuell die Festung Korinth im Süden Hellas, und von dort aus alle Söldner beherrschen würden und frei über diese verfügen konnten. Der Sprung zur Unabhängigkeit und einem kleinen, aber starken Königreich war mit der Festung im Rücken sehr kurz.
Doch auch hier hatte der Hauptmann keine Chance gehabt. So musste er sich also wieder nur mit Gold zufrieden geben. Doch es war die doppelte Menge von dem, was er sonst forderte. Ein Kaiser und noch dazu einer, der sich selbst als Erben des römischen Reiches sah, konnte dieses Geld sicherlich entbehren.

Das Geld im Voraus zu bekommen war ungewöhnlich, besonders angesichts dieser Situation. Die Armee der Normannen war übermächtig. Selbst die Bögen seiner Männer konnten den gerüsteten Reitern kaum Schaden zufügen. Als der Kaiser dann kurz nach Beginn der Schlacht auch noch den Befehl für den Nahkampf gab, sah der Hauptmann seine Chancen auf ein Überleben immer mehr schwinden. Was für eine närrische Idee mochte den Römer auch dazu verleitet haben, sie in diese Situation zu schicken? Der Hauptmann und seine Männer waren darauf ausgelegt aus dem Sattel mit dem Bogen die Reihen der Feinde zu vernichten, und nicht, gegen gepanzerte Reiter oder ausgerüstete Speerträger zu kämpfen.

Wie konnte er da sein Überleben erwarten?
Er focht wie ein Löwe, doch die Reihen der Feinde wurden nicht dünner. Die Speerträger wussten ihren Speer zu schwingen. Er hatte selbst schon häufiger mit den Normannen gefochten. Meist auf Sicilia und angebliche Glaubensbrüder von ihm von der Insel vertrieben. Er kannte die Kraft der normannischen Speerträger, zumal die Rüstungen dieser hier noch verstärkt schienen.

Ein Speer zischte nur wenige haarbreit an seiner Wange vorbei. Ein entscheidender Fehler seines Gegenübers. Ruckartig trat der Söldner ihm ins Gesicht und schickte ihn so ohnmächtig zu Boden. Doch Zeit für ein Gefühl der Erleichterung oder gar der Freude konnte er nicht empfinden. Sein Nebenmann, ein Veteran aus mehreren dutzend Schlachten wurde von einem Speer durchbohrt. Mit einem saugenden Geräusch zog der Normanne seinen Speer wieder heraus und jagte diesen dann sogleich dem arabischen Pferd ins aufgerissene Maul. Mit einem jämmerlichen Laut, das einem Wiehern nur entfernt glich, stürzte es um und begrub seinen ohnehin schon sterbenden Reiter unter sich. Mit grimmigem Blick suchte der Normanne sein nächstes Opfer und schaute Ikshar direkt in die Augen.

Bei Allah!, schoss es diesem durch den Kopf, ehe er auch schon den wilden Hieben des normannischen Speerträgers ausweichen musste.
„Selbst ihr könnt den Kaiser nicht retten, ihr dreckigen Muslime!“, brüllte er ihm entgegen. Doch Ikshar entschied sich, seinen Atem zu sparen und sich stattdessen auf den Feind zu konzentrieren. Die Stöße des Feindes wurden immer heftiger, genauer und schneller und Ikshar sah sich in schwerer Bedrängnis. Schließlich war es soweit: Sein Fuß rutschte aus dem Steigbügel und er somit der Speerspitze des Normannen geradewegs entgegen. Er schloss die Augen und wartete. Allah hatte ihn zu sich gerufen, also gehorchte er. Er hatte in seinem Leben kaum etwas richtig gemacht. Wenn er jetzt im Nachhinein darüber nachdachte, so hatte er den größten Teil seines Lebens nur bei Fraß und Weib verbracht, doch war er deswegen ein schlechter Moslem? Nein, sicher nicht... oder?
Allah würde schon über ihn zu richten wissen. Es dauerte nicht mehr lang, dann würde er seinem Schöpfer entgegentreten.
Doch nichts geschah. Stattdessen ging ein gewaltiger Ruck durch die Reihen der Feinde. Ikshar riss die Augen wieder auf und sah, wie der Normanne, der eben kurz davor war sein Leben zu nehmen, mehrere Meter durch die Luft geschleudert wurde. Was war hier geschehen?

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„Dankt mir später, Söldnerhauptmann Ikshar ibn Iksharhim!“, brüllte ihn der Kaiser des römischen Reiches noch zu, ehe er sich mit dem Schrei „Roma Victor!“ auf weitere Feinde stürzte.
Völlig verdattert blinzelte der Söldner einige Male, ehe er wieder einen Gedanken fassen konnte. Er lebte! Allah hatte ihn noch nicht zu sich gerufen! Ein christlicher Kaiser hatte ihn gerettet! Er lebte!
Mitten in der Hitze des Gefechts konnte er sich einen Moment kurz umschauen. Wo eben noch die normannischen Krieger auf dem Vormarsch waren und Fuß für Fuß an Platz gewannen, wurden sie jetzt mit doppelter Härte zurückgedrängt. Stück für Stück wichen sie zurück und mit jedem Atemzug, so schien es, fiel ein Normanne. Seine Männer wurden entlastet und viele sackten erschöpft im Sattel zusammen, manche so entkräftet, dass sie nicht mal den krummen Säbel und das kleine Rundschild weiter halten konnten.
Doch das hier war eine Schlacht! Es gab Messerarbeit zu erledigen.
„Allah u-akbahr!“, brüllte er aus vollem Hals und stürzte sich erneut in die Reihen seiner Feinde..

Die Speerträger waren nach dem verheerenden Ansturm keine Gegner für die gepanzerte Garde des Kaisers. Er und seine Männer zerschlugen ihre Reihen wie ein Meißel Sandstein. Immer mehr Normannen wandten sich zur Flucht. Nach kurzem Gemetzel konnte der Kaiser die Reihen des Feindes endgültig durchbrechen und ritt geradewegs auf die feindlichen Bogenschützen zu.

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Nachdem diese in einem kurzen und sehr heftigen Gefecht in die Flucht geschlagen wurden, schwenkte er um und preschte in die Flanke der letzten normannischen Speerträger, die versuchten die Garde seines Statthalters zu dezimieren.

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„Christus, gib uns Kraft!“
Mit diesem Schrei auf den Lippen fuhr seine Garde durch die Ordnung der letzten Reste der normannischen Armee. Der Sieg war, trotz aller Widrigkeiten, errungen.

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Das Blut am Schwert des Kaisers war noch nicht abgewischt, als auch schon Theotokios Oslakos zu ihm geritten kam.
„Mein Kaiser“, mit einer angedeuteten Verbeugung bezeugte der Statthalter seine Loyalität, „ich beglückwünsche Euch zu Eurem Sieg. Jeder wird davon beeindruckt sein. Rom kann nicht untergehen.“
„Du sprichst wahr, mein treuer Diener“, sagte der Kaiser erleichtert grinsend und wischte gerade das Blut am Saum seines Überwurfs ab, „doch verrate mir: Wie hast du die feindlichen Reiter vertrieben?“
Der Statthalter erlaubte sich ein kleines Lächeln. „Ich habe wie Caesar bei Pharsalos gehandelt“, verkündete er mit Stolz, „ich nahm die Überreste meiner Milizen und lockte die feindlichen Reiter auf meine Garde. Im letzten Moment rissen die Milizionäre ihre Speere empor und spießten so die Feinde auf. Den Überlebenden habe ich den Rest gegeben.“
Der Kaiser nickte. „Über dich wurde eine Lüge verbreitet, deren Unsinnigkeit ich heute selbst erlebt habe.“ Neugierig musterte der Statthalter seinen Kaiser. „Du verstehst doch etwas von den Schlachten auf dem Feld.“
Theotokios grinste. „Das ist zu viel der Ehre, mein Kaiser. Den Sieg habt ganz allein Ihr errungen.“
Lachend setzte der Kaiser zur Antwort an. „Nicht doch, nicht doch. Sei nicht so bescheiden. Durch deine überragenden Taten hast du dich um eine wohlverdiente Strafe erleichtert. Ich werde sie ausfallen lassen.“
Der Kaiser lachte weiter, doch Theotokios wurde kreidebleich. Wieso eine Strafe? Was hätte mich erwartet?
„Du hast dir sogar eine Belohnung verdient: Du darfst entscheiden, was du mit den Gefangenen machen möchtest. Ich schenke sie dir.“
„Danke, mein Kaiser.“

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Mit einem großen Gottesdienst zum Gedenken der Gefallenen und einer großen Siegesfeier zur Ehre der Gefallenen endete der Tag. Noch wochenlang wurde das Schlachtfeld gesäubert. Die gefallenen Normannen wurden auf einem Scheiterhaufen gesammelt und verbrannt, während die gefallenen Milizionäre gesäubert, aufgebahrt und nach einem Gottesdienst feierlich beerdigt wurden. Es würde Monate dauern, bis die Stadt wieder ihre wirtschaftliche Kraft zurückerlangt hatte. Mit dem Lösegeld, das Theotokios für die gefangenen Normannen forderte, hoffte er diese Monate überbrücken zu können. Doch zu seiner Enttäuschung lehnten die Diplomaten aus Sicilia es ab, das geforderte Geld zu zahlen. Die Konsequenz war eindeutig und hinreichend bekannt. Die Straßen von Kavala nach Thessalonica waren mit Kreuzen gesät, eine alte, römische Form der Hinrichtung. Durch den Tod am Kreuz sollte den Normannen eine letzte Form der Ehre und des Respekts erwiesen werden: Sie konnten wie Christus, der Sohn Gottes, am Kreuze sterben.

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Doch der Kaiser Ostroms hielt sich nicht mit solchen Gedanken auf. Noch während er in Thessalonica verweilte, befahl er bereits die Ausbildung weiterer Rekruten. Nachdem die Armee der Normannen geschlagen war, sollte die Stadt Durazzo nur schwach befestigt sein. Nach der Einnahme würde ganz Hellas wieder unter römischer Kontrolle sein. Dies würde dem Kaiser sowohl Prestige, als auch die nötigen finanziellen Mittel geben, die er brauchte, um Legionäre und Auxiliartruppen rekrutieren zu können.

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Die Gelegenheit schien günstig!
Kyriakos Loukites, der Spion, der bereits die große Piratenflotte nördlich von Konstantinopel entdeckt hatte, berichtete dem Kaiser in einem Schreiben, dass lediglich ein normannischer Statthalter mit einigen Edelmännern in der Stadt sei. Eine Eroberung würde leicht fallen und nur wenige Opfer fordern. Sofort sammelte der Kaiser seine verbliebenen Truppen, überließ Theotokios Oslakos wieder die Verwaltung der Stadt und marschierte an die Grenze der Provinz Macedonia. Im Winter durch die unwirtlichen Gegenden Westgriechenlands zu marschieren, würde seine Männer demoralisieren. Zähneknirschend musste Alexios seinen Männern den Befehl geben, ein Winterlager aufzuschlagen. Doch seine Rache würde kommen! Im nächsten Frühjahr, so schwor er sich, würde er ganz Hellas unter seiner Herrschaft haben.

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Hier auch noch ein kleiner Nachtrag:
Das letzte Script, die Feldkosten, wurde nun aktiviert. Damit steigt die Schwierigkeit erneut. Wie bereits am Anfang des AARs erwähnt, habe ich auf Sehr Schwer/ Sehr Schwer mit diesen Scripts in Kombination noch nie so gespielt. Die nächsten Runden wird es zwar noch ruhig blieben (die kI tut sich in Schwert und Speer ja bekanntlich schwer Städte zu erobern), aber ich bin mal auf den weiteren Verlauf gespannt. Gespielt habe ich bisher bis Runde 30.


Feldkostenscript (Öffnen)
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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 17. Mai 2015 14:31

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Es ist Sonntag! Und das bedeutet: Neuer Teil des AARs!
Viel Spaß beim Lesen :)





Während der Kaiser im Jahre 1094 des Herren sein Winterlager am Rande der Provinz Macedonia abbrach und den Marschbefehl nach Durazzo erteilte, erreichte ihn eine Nachricht, die ihn erblassen ließ:
Der Papst aus Rom rief die christlichen Streiter im Namen Gottes zu den Waffen!

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Augenblicklich sandte er Nachricht an seine Tochter Anna. Sie sollte Kontakt zum Papst aufnehmen und nach dem Grund und Ziel des Kreuzzugs fragen. Gerüchten zu folge sollte Kairo, die Hauptstadt der ägyptischen Mamelucken, das Ziel der Heerfahrt sein.
Zwiegespalten saß der Kaiser viele Abende und Nächte im kaiserlichen Zelt und überlegte, was dies für Auswirkungen auf sein Reich haben könnte. Ein Kreuzzug war gut für das Reich, da so die muslimischen Streitkräfte im Osten seines Reichs geschwächt wurden. Er kannte, teils aus Chroniken, teils von Augenzeugen, die Taten, die Katholiken und Muslime während einer solchen Zeit einander antaten. Massaker und das Auslöschen von Dörfern und Kleinstädten, das Erobern und Schleifen von Festungen gehörten in die Erzählungen ebenso hinein, wie grausame Folter und Zwangsbekehrungen. Nur selten hatte er gehört, dass sich die feindlichen Fürsten geschont hatten. Güte und Nächstenliebe, wie es oft aus den Mündern der Marktschreier krakeelte, wurden in den Chroniken oder Erzählungen nur sehr selten und vereinzelt erwähnt.

Ebenso war ein Kreuzzug gut für das Reich, da die christlichen Heere in seinen Ländern Vorräte kauften und somit den Geldhandel beflügelten. Doch waren seine Städte selbst gut genug versorgt? Reichte das Getreide für den Winter? War genug Wasser zum Waschen und Trinken vorhanden, die Zisternen und Kornkammern voll? Bei Konstantinopel konnte der Kaiser sich sicher sein: Bevor er seine Eroberungszüge begonnen hatte, hatte er die monatliche Überprüfung der Zisternen unter der Stadt,den Wiederaufbau des Aquädukts der kaiserlichen Stadt befohlen und große Farmen errichten lassen, die von fähigen Edelmännern geleitet wurden. Thessalonica schien, trotz der gerade erst überstandenen Belagerung, dank der Verwaltung von Theokotios Oslakos schnell zu erstarken. Nicäa lag im Schutz der Hauptstadt. Hier musste sich der Kaiser keine Sorgen machen.

Doch wie war die Lage in Kavala und Yalova? Vor allem Yalova lag auf dem Weg der europäischen Streitkräfte. War die kleine Stadt an den Dardanellen gut versorgt? Würden die vorbeiziehenden Heere die Stadt christlich und gerecht behandeln? Andernfalls, so wusste er zu gut, würden die Soldaten sich einfach holen, was sie brauchten. Die Bewohner der Festung Ragusa, heute im Besitz der Venezianer, hatten diese leidvolle Erfahrung schon machen müssen. Tagelang hatten christliche Krieger die Festung geplündert und Waffen und Nahrungsvorräte geraubt.

Zu seinen Befürchtungen um Kavala und Yalova kam noch hinzu, dass er seit Monaten keine Berichte von diesen Städten bekommen hatte. Er wusste nicht mal, ob die Städte dem Reich noch loyal ergeben waren. Seufzend schüttelte er innerlich den Kopf. Sein Kommunikations- und Informationsnetz war viel zu durchlässig. Zu viele Informationen gingen an ihm vorbei. Das musste er ändern!

Die Lage seiner Soldaten war solide. Der Winter in Griechenland war nicht so hart gewesen, wie er und sein Takitos Olybrius erwartet hatten. Er war sogar erstaunlich mild gewesen, seine Soldaten guter Laune und dank der guten Ernte waren mehr Menschen als jemals zuvor in die Städte des Reiches gekommen. Gott musste an dem was der Kaiser tat Gefallen gefunden haben.
Doch wenige Wochen, nachdem er beschlossen hatte, seine Kommunikations- und Informationsnetze zu erweitern, musste er einen Rückschlag hinnehmen. Sein Spion Kyriakos Loukites war von normannischen Wächtern gefangen genommen und nach einem kurzen Prozess hingerichtet worden. Der Beweis war der abgetrennte Kopf des Spions, der eines morgens vor dem Nachtlager der kaiserlichen Armee lag.

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Zudem schien die Garnison in Durazzo verstärkt worden zu sein. Zwar waren es noch immer nicht genug Männer, um einer römischen Belagerung bestehen zu können. Doch der Kaiser musste jetzt schnell handeln, sonst würde sein Plan, ganz Hellas wieder dem Reich zuzuführen, scheitern.

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Nach einem Gewaltmarsch ließ er die Stadt von östlicher Seite einschließen und ein Lager mit Mauern, Türmen, Toren und tiefen Gräben, in denen spitze Holzpfähle in den Boden gerammt waren, errichten. Niemand sollte die Stadt verlassen und niemand sollte sie bis zum Ende der Belagerung wieder betreten.

Belagerung von Durazzo (Öffnen)
Wenige Tage nach der Ankunft des kaiserlichen Heeres war das Lager errichtet und die Arbeiten an den Befestigungsanlagen beendet. Seine Soldaten, nach der blutgierigen Schlacht von Thessalonica erholt, waren rachsüchtig. In ihnen brannte das Feuer, das nach Vergeltung für die Toten vor den Toren der römischen Stadt schrie, lichterloh. Abends saßen die Soldaten schweigend an den Lagerfeuern und schärften ihre Waffen, überprüften ihre Schilde und besserten ihre Rüstungen aus. Nur selten waren Stimmen zu hören und noch seltener saßen Soldaten bei Wein und Würfelspiel zusammen.

Alexios war stolz auf die Entwicklung seiner Soldaten. Mit manchen von ihnen hatte er Seite an Seite bei Kavala und Yalova gekämpft, auch wenn die Zahl der Männer, auf die das zutraf nach der letzten Schlacht deutlich gesunken war. Doch die übrigen würden ihren Mann stehen und alles tun, um die wenigen Verteidiger der Stadt zu zerquetschen.

Alexios stand auf einem Hügel in der Mitte seines Lagers und überblickte seelenruhig die Lage. Hinter ihm stand sein großes, pompöses, kaiserliches Zelt, in dem zahlreiche Kerzen brannten und Kohlebecken glühten und so auch außerhalb des Zelts eine angenehmen Wärme verbreiteten. Der Kartentisch des Kaisers war von einem Wirrwarr an Dokumenten, Notizen, Karten und Schlachtplänen für Durazzo bedeckt. In Kürze würde er seinen Männern den Befehl geben Rammen, Leitern und Belagerungstürme zu bauen. Der Sturm auf die Stadt sollte bald beginnen und einen schnellen Sieg bringen. Zumindest hoffte er das.

Der Kaiser wollte angesichts der heraufziehenden Kreuzfahrerheere schnell in eine strategisch günstigere Position ziehen. Natürlich sollte es das Ziel eines christlichen Heeres sein, die Mission Gottes zu erfüllen und das Heilige Land zu sichern. Doch ihm spukten noch immer die Geschichten von Ragusa und die Erzählungen der Christen und Muslime aus Kleinasien und dem Heiligen Land im Kopf herum. Manche Foltermethoden waren so schlimm, dass selbst seine grausamsten Henker und Foltermeister nicht auf solche Ideen kamen.
Alexios spürte wie sich ihm jemand von hinten näherte und wenige Augenblicke später hörte er schwere Stiefel.

„Es ist nicht klug, deinen Kaiser zu so später Stunde noch zu stören. Zumal du schweigend und unangemeldet zu mir kommst, Olybrius“, sagte Alexios, drehte sich aber nicht um und sprach somit ins Lager seines Heeres, was aber natürlich keiner Soldaten hörte. Sein Instinkt hatte ihm gesagt, dass sein Takitos zu ihm kam und er sollte Recht behalten.
„Verzeiht mir, mein Kaiser“, sagte dieser sogleich, „ich werde mich wieder zurückziehen und Euch allein lassen.“ Alexios hörte, wie sich die schweren Stiefel des Veteranen drehten und Olybrius ihn verlassen wollte.
„Nein“, sagte der Kaiser, „ich verzeihe dir.“ Er drehte sich um und schaute seinen Takitos an. „Komm zu mir.“
Sein Gegenüber nickte nur und überbrückte die wenigen Meter. Schweigend standen die Männer Seite an Seite und beobachteten, wie die Sonne vor ihnen im Meer versank. Erste Lagerfeuer wurden entzündet und erhellten die Nacht.

„Glaubst du an meinen Erfolg, Olybrius?“
„Mein Kaiser, ich denke, dass die Stadt in wenigen Tagen gestürmt werden kann. Bevor Euer Spion hingerichtet wurde, waren seine Aussagen sehr präzise. Die Befestigungsanlagen der Stadt weisen schwere Mängel auf und heute Nacht werden die besten meiner Männer zu den Toren der Stadt schleichen und sie für Eure Männer markieren. Das Tor ist nämlich brüchig, müsst Ihr wissen, mein Kaiser.“
„Brüchig, sagst du?“
„Oh ja!“, ein wenig Stolz funkelte in den Augen seines Beraters, „nachdem die Normannen die Stadt unrechtmäßig eroberten setzten sie die Verteidigungsanlagen nur notdürftig wieder in Stand. Sie trachteten zu schnell danach dem Reich einen empfindlichen Schlag zuzuführen und haben ihre Verteidigung vernachlässigt.“
„Die Schlacht vor Thessalonica war sehr knapp“, murmelte der Kaiser, „die Truppen des Feindes waren zu stark und nur dank Theotokios Oslakos und seinem verdammten Wagemut konnte die Stadt gehalten werden.“ Ein Laut der Verärgerung kam aus dem Mund Alexios´.
„Weshalb seid Ihr verärgert, mein Kaiser? Ist es nicht gut zu wissen, dass so tatkräftige und starke Römer in Eurem Reich dienen?“
„Natürlich ist es das!“, hielt der Kaiser noch immer etwas verstimmt dagegen, „doch hast du vergessen, was bei Mantzikert geschehen ist? Auch vor, während und nach dieser Schlacht hielten sich alle für tatkräftige und starke Römer, doch statt ihre Stärke nach außen zu tragen, metzelten sie sich in blutigen Bürgerkriegen selbst danieder. Und sieh doch, wo wir jetzt stehen!
Es ist noch nicht lange her, da war diese Stadt römisch. Ganz Magna Graecia war römisch. Ebenso Asia Minor, wenn auch nicht ganz. Doch im Streit sahen die Mächtigen des Reiches nicht, was an ihren Grenzen geschah und jetzt muss ich mit dieser Imitation einer Legion die einzelnen Teile des Reiches wieder zusammenfügen. Magna Graecia zu erobern liegt noch sehr weit entfernt. Und selbst an den direkten Reichsgrenzen lauern Demagogen und Usurpatoren und gieren mit schäumenden Mund nach dem Reichtum der Städte und meines Reiches.“
„Viel Feind, viel Ehr´!“, sagte Olybrius nur knapp.

Erst wollte der Kaiser ob dieser dreisten Ansage auffahren und ihm eine Ohrfeige geben, doch nach einem kurzen Moment erschien ihm dies sinnlos. Sein Takitos war ein guter, zuverlässiger und loyaler Römer. Was brachte es ihm da, ihn wegen solch einer Lappalie zu verärgern? Er musterte seinen Berater und stellte nach kurzer Zeit fest, dass noch mehr Narben und Entstellungen in seinem Gesicht zu sehen waren. Wenn ihn nicht alles täuschte, fehlte sogar ein Stück seiner Nasenspitze? Dieser Mann setzte sich wirklich für den Ruhm des Reiches ein. Warum konnten das nicht alle so machen?

„Du hast wohl Recht“, seufzte der Kaiser schwach, „du hast wohl Recht...“
Einen Moment schwiegen die beiden Männer, doch dann ergriff der Kaiser wieder das Wort.
„Du bist mir noch eine Antwort schuldig, Olybrius“, begann der Kaiser und erntete einen fragenden Blick des Angesprochenen, „glaubst du, ich habe Erfolg?“
„Ich verstehe nicht, mein Kaiser. Ich sagte doch bereits, dass die Stadt einem Sturm mit Ramme, Leiter und Turm nicht wird widerstehen können... ?“ Alexios sah die Verwirrung in den Augen des Takitos.
„Ich spreche nicht von der Belagerung. Ich spreche von meinem Vorhaben.
Glaubst du, es kann mir gelingen, das römische Reich wieder zu Ansehen, Stolz und Größe zu führen? Zu einem Reich zu machen, dass Konstantins ebenbürtig wäre?“
Olybrius sah seinen Kaiser nicht an, während er nachdachte.

Im Lager erhellten immer mehr Lagerfeuer die kommende Nacht. Kalte Brisen und pfeifende Winde zogen durch das Lager des kaiserlichen Heeres und ließ die Soldaten enger zusammenrücken. Alexios sah, wie einige Männer mürrisch den Getreidebrei über dem Feuer erwärmten. Er kannte die Speise nur zu gut, wenn man sie denn so nennen durfte. Sie machte satt, gab genug Kraft für den nächsten Tag, schmeckte aber wie Löwenkotze. An guten Tagen, wenn einige Soldaten Zeit und Muße für eine Jagd gehabt haben, gab es sogar Fleisch dazu, doch hier in den kargen Gegenden Griechenlands gab es kaum Wild. Lediglich der graue Getreidebrei füllte die Mägen der Männer, hinuntergespült mit etwas Wasser und Wein. Ein wenig Mitleid machte sich im Kaiser breit, doch er verdrängte diese Gedanken schnell wieder.

„Nun“, begann Olybrius, „ich denke nicht, dass es Euch möglich sein wird Konstantins Reich wieder auferstehen zu lassen.“ Interessiert schaute der Kaiser seinen Berater an und forderte ihn somit stumm auf weiter zu reden. „Das Reich ist zu schwach. Selbst zu diesem Zeitpunkt, an dem wir uns auf einem Eroberungsfeldzug gegen die Normannen bewegen, müssen wir die Zerschlagung unseres Reiches befürchten. Die Grenzen sind unbewacht und jeder Frieden brüchig. Die Soldaten sind schwach und die meisten Eurer Generäle sind, mit Verlaub, schwachköpfige Schlappschwänze und Feiglinge, die kaum etwas von Taktik oder Schlachtordnung verstehen. Ihr und Euer Sohn, ihr ward die einzigen Lichtgestalten, die das Reich hatte. Doch mit dem Tod Eures Sohnes seid nur noch Ihr da. Und, bei all Eurer Herrlichkeit, Erhabenheit und Großzügigkeit: Ihr könnt nicht alles alleine machen. Nicht mal Konstantin der Große hat alle Grenzen des Reiches allein verwaltet und verteidigt.“

Der Kaiser wollte zu einer Antwort ansetzen, doch Olybrius kam ihm zuvor. „Natürlich könnt Ihr, mein Kaiser, noch viele, viele Länder erobern. Doch allein Eure Lebenszeit wird nicht reichen. Gott sendet Euch bereits graue Haare. Ein sicheres Zeichen, dass er langsam gedenkt, Euch zu ihm zu rufen.
Hellas soll noch während Eurer Amtszeit zurückerobert werden. Doch was soll danach geschehen? Die Finanzen liegen am Boden. Eine schlagkräftige Armee zu rekrutieren oder gar eine Legion aufzustellen, dafür reichen die Mittel schlichtweg nicht.
Mantzikert hat Euer Reich zerstört, mein Kaiser. Auch wenn Ihr selbst nichts damit zu tun habt.“
Alexios war zunächst ruhig. Er musste all das Gesagte zunächst noch auf sich wirken lassen. Zwischen Wut, Dankbarkeit und Freude drehten sich seine Gedanken und wurden nicht langsamer. Doch nach einer Weile verstand er, was sein Berater ihm sagen wollte.
„Ich danke dir, Olybrius. Du kommst einem Freund am Nächsten.“

Wie angekündigt ließ der Kaiser wenige Tage nach dem Gespräch mit seinem Takitos breite Leitern, massive Rammen und starke Türme errichten. Er durfte nicht zu lange an den Grenzen seines Reiches verweilen. Wer wusste schon, was in Konstantinopel oder in einer anderen Stadt des Reiches zu dieser Zeit vor sich ging?


Abseits all dieser Geschehnisse, weit entfernt vom tatsächlichen Machtbereich der Römer hatte sich eine neue Großmacht etabliert. Vor einigen hundert Jahren hatte Karl der Große ein mächtiges und großes Reich geschaffen, doch nach seinem Tod war es schnell wieder zerfallen. Ein west- und ein ostfränkisches Reich teilten sich die Besitztümer auf. Auch, wenn diese Reiche niemals den Glanz und die Glorie eines römischen Reiches besaßen, schloss sich den dummen Bauern und Barbaren mit dem Reichtum und der Macht die Dekadenz an. Sie kannten den Wert ihrer Macht nicht und gaben sich dem Prunk, der Völlerei, Hurerei und Fresssucht hin. Die Römer hatten es bereits schon vor tausend oder noch mehr Jahren entdeckt:
Nichts ist unbeständiger als der Mensch selbst.

Beide Reiche zerfielen und ihre Provinzen spalteten sich auf. Viele wurden von Heiden überflutet und ebenso wie im römischen Reich griffen auch hier Demagogen und Usurpatoren nach der Macht. Der Papst versuchte die Macht der Könige nördlich der Alpen noch ein mal zu stärken, in dem er den Herrscher des westfränkischen Reiches zum König und den Herrscher des ostfränkischen Reiches zum Kaiser ernannte. Doch damit hatte er sogleich Zwietracht unter den Herrschern geschaffen und sich selbst sogar einen Feind. Nach einem kurzen Aufblühen konnten die Herrscher mit ihrer neugewonnen Macht nichts anfangen. Die Reiche zerfielen weiter und während sich Ost- und Westfranken in blutigen Kriegen selbst schwächten, erstarkten die Heiden und fielen über immer mehr Provinzen der Reiche her.

Doch nun, so schien es, hatte sich im westfränkischen Reich ein starker König durchgesetzt. Er trachtete danach sein Reich zu alter Stärke zurückzuführen. Auch wenn er zähneknirschend einen Frieden mit den Ostfranken vereinbaren musste. Seine Bemühungen, allen Unwägbarkeiten, allem Risiko und allen Rückschlägen zum Trotz, trugen süße und weiche Früchte davon. Kein Reich der Welt, nicht mal das des römischen Kaisers, war so groß, wie das des Westfranken. Beeindruckend, aber auch beängstigend.

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Prinzessin Anna hatte den Auftrag ihres Vaters nach wenigen Tagen erhalten und sich sofort aus Nicäa auf den Weg gemacht. Sie sandte Boten nach Rom und bat um ein diplomatisches Treffen mit einem Abgesandten des Papstes. Prompt erfolgte eine überraschend höfliche und fast schon freundliche Antwort, dass sich ein Diplomat des Papstes, Tarlentus Arlocti, bei Ragusa befände. Schnell hatte die Tochter des Kaisers ihre Vorräte zusammenpacken lassen und reiste mit vergleichsweise wenig Gepäck und nur begleitet von einigen Wachen und Penelope nach Ragusa.

Ihre syrische Gefährtin ritt neben ihr und schaute gedankenverloren auf die mächtigen und breiten Mauern und Türme der Festung. Wind und Licht spielten wunderbar mit den Haaren der Syrerin und Anna kam nicht umhin wieder mal die Schönheit der Frau zu bemerken. In stummer Bewunderung hingen ihre Augen an ihrer Freundin.

„Das Wetter ist uns wohl gesonnen, nicht wahr Prinzessin?“, fragte Penelope, die sehr wohl die Blicke bemerkt hatte, aber den Anstand besaß die Prinzessin nicht direkt darauf anzusprechen und sie so in Verlegenheit zu bringen. Dennoch erlaubte sich die junge Frau ein kleines, schelmisches Grinsen.
„Oh ja!“, stimmte Anna ihr schnell zu, froh über die Rücksicht ihrer Freundin, „es ist wirklich ausgezeichnet.“
„Hoffen wir, dass die Verhandlungen ebenso gut werden wie das Wetter.“
Anna nickte nur. Schweigend richtete sie ihren Blick ebenfalls auf die mächtige Festung.

Ragusa.
Das war der Name für viel Leid und Elend, den ein Kreuzzug auch über Christen bringen konnte. Der Doge von Venedig, ehemals ein treuer Gefolgsmann Konstantinopels, hatte schon immer ein Auge auf diese Festung geworfen. Als die Kreuzfahrer in seine Stadt kamen, mit der Bitte um Unterkunft und Verpflegung, Transport und Waffen, hatte er ihnen geholfen, jedoch mit der Auflage, dass das geeinigte Heer der Christen im Namen Gottes die Festung erobern und ihm überlassen solle.

Während der Belagerung war es zu gottlosen Gräueltaten und abscheulichen Handlungen gekommen. Hunger und Not, Seuchen und Verschmutzungen hatten die Bewohner heimgesucht. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung war gestorben, dahingerafft durch Entkräftung und Kampf. Und doch hatten sie beim Sturm auf die Festung tapfer gekämpft und ihre Kräfte sinnvoll aufgeteilt. Unterstützt wurden sie damals von Bulgaren und transsylvanischen Kriegern. Die Bulgaren hatten, wie die kaiserliche Armee der Römer es hatte erleiden müssen, mit ihren Bögen hundert, wenn nicht sogar tausendfach den gefiederten Tod auf das Heer entlassen, während die Krieger aus Transsylvanien mit großen Äxten und breit gefächerten Hieb- und Stichwaffen unter den Rittern und Knappen wüteten. Nur mit der Hilfe von viel List und Tücke war die Festung dann doch in einer nächtlichen Attacke gefallen, unterstützt von vielen venezianischen Spionen und Attentätern. Doch damit endete das Leid der Bevölkerung nicht. Die Kreuzfahrer plünderten und erbeuteten, was sie tragen konnten.
Gold und Silber waren nicht mal die wertvollsten Sachen, die sie plünderten. Viel schlimmer waren die Nahrungsmittel, die in gierige Mäuler gestopft wurde. Jedes Haus wurde geplündert, meist mehrmals. Frauen und Kinder geschändet, Greise verstümmelt und Knaben entmannt. Selbst die Kirchen und Kapellen der Festung waren den Eroberern nicht heilig und wurden geplündert.

Die Verwüstung war so groß, das Leid so schlimm, dass selbst der Papst in Rom mit einer Exkommunikation drohte, sollte die Festung nicht auf der Stelle verlassen und solche Gräueltaten niemals wiederholt werden. Selbst gegen Muslime sollte nie wieder so gewütet werden.
Anna vermutete, dass daher ein päpstlicher Diplomat, noch dazu ein sehr mächtiger und einflussreicher, in Ragusa verweilte. Er sollte die Bevölkerung mit seiner bloßen Anwesenheit schützen. Bisher schien es ihm auch gelungen zu sein, denn die Prinzessin konnte keine Spuren eines Kampfes oder gar Spuren der Verwüstung erkennen.

„Wann trefft Ihr Euch mit dem päpstlichen Abgesandten?“, fragte Penelope und zog Anna damit aus dem Strudel ihrer düsteren Gedanken.
„In zwei Tagen, so Gott unser aller Gesundheit erhalte, werden wir uns gegenüberstehen.“
„Was ist die Mission, die Euer Vater Euch gab?“
Die Prinzessin runzelte die Stirn. „Warum möchtest du das wissen? Du weiß doch, dass ich nicht über den Briefwechsel zwischen meinem Vater und mir sprechen darf.“
Die Syrerin grinste. „Ich bin nun mal neugierig, was meine kleine Prinzessin diesmal für ihren Vater machen muss.“
„Nenn´ mich nicht so! Ich bin immer noch die Prinzessin des römischen Kaisers, der Herrscher -“
„-Über den gesamten bekannten Erdenkreis ist“, vollendete Penelope den Satz der Prinzessin, „ich weiß.“ Ihr wunderbares, helles Lachen erklang. „Aber kannst du nicht auch einfach mal Anna sein? Ohne, dass du die Prinzessin eines Kaisers bist, sondern einfach eine junge, lebenslustige, frohe Frau?“

Völlig verdattert öffnete und schloss Anna ihren Mund mehrmals und schluckte schwer. Was verlangte sie denn da? Und warum sprach sie mit ihr, als seien sie Vertraute auf einer Stufe?
„Denk doch mal darüber nach“, flüsterte sie verschwörerisch, „und außerdem: Einer der Wächter hat ein Auge auf dich geworfen. Ich bin mir sicher, er kann dir zeigen, wie wunderbar es sein kann, mal Frau zu sein.“ Zum Abschluss zwinkerte sie ihr anzüglich zu.
„Penelope!“, rief die Prinzessin brüskiert und schaute sie anklagend an. Doch die Syrerin lachte nur. „Ich dachte mir schon, dass Ihr so reagieren werdet“, sprach sie, „doch vergesst es nicht.“ Kurz wandte sie sich ab und blickte sich suchend um. Schließlich hatte sie gefunden, was sie suchte, und deutete der Prinzessin mit einem Kopfnicken ihrem Blick zu folgen. Annas Blick fiel auf einen geraden, starken Rücken, der in einer glänzenden Rüstung steckte. Die Prinzessin warf ihrer Freundin einen fragenden Blick zu und diese erwiderte ihn mit einem wissenden Grinsen.
„Der Mann, den ich meine, ist übrigens ein Grieche. Er marschiert meist ein wenig entfernt. Abends, wenn wir rasten, sitzt er abseits, reinigt Waffen und Rüstung und wirft Euch verstohlen Blicke zu, wenn er denkt, niemand würde es bemerken.“ Penelope kicherte. „Denkt darüber nach.“
„Darüber nachdenken?“, fragte Anna verwirrt, „in erster Linie gilt es, eine Mission des Kaisers zu erfüllen! Und ein zweiter Auftrag ist auch sogleich hinzugekommen.“ Kurz stockte die Prinzessin, dann seufzte sie genervt auf. „Jetzt habe ich doch etwas verraten.“
Penelope grinste.

Am nächsten Morgen saß Anna allein in ihrem prächtigen Zimmer und schaute gedankenverloren auf eine Nachricht, die sie noch gestern Abend erreicht hatte.
Der Sturm auf die Stadt Durazzo stand unmittelbar bevor! Ihr Vater würde wieder ein mal in die Schlacht ziehen.

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Ich weiß natürlich, dass die Fakten, die ich über die Plünderung Ragusas geschrieben habe, frei erfunden sind. Ebenso alles, was ich über das erste Kreuzfahrerheer geschrieben habe. Doch irgendwie muss das Fürstentum Antiochia und das Königreich Jerusalem ja entstanden sein. Und natürlich auch alles, was ich über das Ost- und Westfrankenreich, sprich das Heilige Römische Reich und Frankreich geschrieben habe. Also hoffe ich, dass es euch, liebe Leser, nicht stört, dass ich mich da an ein paar historische Tatsachen angelehnt habe und sie für Schwert und Speer in einen erfundenen Kontext gesetzt habe.

Über Kommentare würde ich mich sehr freuen. :)
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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 24. Mai 2015 15:57

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Es ist Sonntag! Und das bedeutet: Neuer Teil des AARs!
Viel Spaß beim Lesen :)





Was bedeutet es, einem päpstlichen Abgesandten gegenüber zu stehen?, fragte sich die junge Prinzessin.

Es war der zweite Tag ihres Aufenthalts in Ragusa und die Verhandlungen mit dem päpstlichen Abgesandten Tarlentus Arlocti sollten zur Mittagsstunde beginnen. Der Gedanke daran hatte ihr den Schlaf geraubt. Sie wusste natürlich, dass sie dem Diplomaten aus Rom als römische Prinzessin auf einer Ebene begegnete. Dennoch machte sie der Gedanke an die bevorstehenden Gespräche nervös. Sie wusste, dass es einen großen Streit, ein Schisma, mit der katholischen Kirche gegeben hatte, doch das war lange bevor sie die politische Bühne betreten hatte und ihren Charme, ihren Witz und ihr Aussehen in das diplomatische Netz der Welt verflochten hatte. Was sollte sie tun, wenn die Gespräche in diese Richtung verlaufen sollten? Sie konnte sich diese Schwäche unmöglich anmerken lassen. Das käme einem diplomatischen Fiasko gleich! Nervös begann sie unbewusst an ihren Haaren zu zupfen. Sehr zum Missfallen ihrer Freundin Penelope.

„Prinzessin!“, schimpfte diese auch sogleich los, „wenn ich Euch die Haare richten soll, so müsst Ihr mich auch ohne Euer Zutun gewähren lassen!“
Schuldbewusst ließ Anna ihre Haare sofort los. „Tut mir leid, Penelope.“
Diese schnaufte. „Kein Wunder, dass Ihr keine Kammerzofe habt.“ Entrüstet besserte sie die Stelle, an der Anna gerade noch gezupft hatte, wieder aus.

Das Zimmer der Prinzessin war, obwohl es für sie war, sehr schlicht. Doch in ungreifbarer Art und Weise auch sehr gemütlich und heimelig. Ein Fenster gab es nicht. Das quadratische Loch in der südwestlichen Wand sollte eine primitive Imitation dessen sein. Lediglich eiserne Gitterstäbe hinderten Vögel daran, ins Zimmer zu fliegen. Durch die lauen und sachten Brisen vom Meer wurde es in der Kammer jedoch nicht kalt. Die Prinzessin hatte selbst in der Nacht darauf verzichtet ein Feuer im Kamin zu entzünden.

„Was glaubst du: Wie ist es einem päpstlichen Gesandten gegenüber zu stehen?“, fragte Anna schließlich und bat ihre Freundin in Gedanken inständig darum, ihr Mut zuzusprechen. Doch ihre Freundin war so sehr in die Haare der Prinzessin vertieft, dass sie nicht antwortete.
„Es muss schwierig sein“, antwortete Anna sich schließlich selbst und begann daraufhin einen wilden Monolog, „ob er wohl glaubt, ich sei eine Heidin? Aber ich glaube doch auch an Gott, unseren Herrn und Schöpfer.
Denkt er vielleicht, wir würden täglich der Fleischeslust frönen und mit Ketzern und Häretikern verkehren?“ Zweifel stiegen in ihr auf. „Penelope!“, wandte sie sich nach einigem Grübeln an ihre Begleiterin, „ich muss perfekt aussehen, damit der Abgesandte nicht auf ungläubige Gedanken kommt.“
Penelope lachte auf. „Wenn es nach mir und meiner Auffassung von perfekt ginge, würde der Abgesandte, kaum, dass er Euch gesehen hat, über Euch herfallen.“
Als die Syrerin dann das ungläubige und verstörte Gesicht der Prinzessin schaute, brach sie in schallendes Gelächter aus, in das auch die Prinzessin nach kurzer Zeit einstimmte.
„Vielleicht nicht ganz so perfekt“, sagte Anna nachdem sich die beiden Frauen beruhigt hatten.

Ihr Gegenüber saß ein junger Mann. Sein Alter mochte ungefähr dem ihren entsprechen, was ihm aber nichts von seiner Ausstrahlung nahm. Der Prinzessin schien es sogar so, als könne diesem Mann nichts anhaben. Mit seiner Präsenz und Macht schien er den gesamten Raum auszufüllen. Anna hatte das Gefühl als könne sie kaum atmen. Jedes Partikel in der Luft war mit der Macht und Präsenz dieses jungen und unglaublich gutaussehenden Mannes gefüllt. Dennoch musste Anna die Haltung als römische Prinzessin wahren, auch wenn es ihr unglaublich schwer fiel.

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„Nun denn, Tarlentus Arlocti“, begann sie heiser. Wo war nur die Luft geblieben? Warum wurde ihr so heiß, wenn er sie anlächelte? „Ich komme im Auftrag des Kaisers des römischen Reiches.“ Sie versuchte etwas Sicherheit zu gewinnen, doch in der Gegenwart dieses Mannes fühlte sie sich wie ein kleines Mädchen, das beschützt und in den Arm genommen werden wollte. Er würde sie sicherlich gut beschützen können.


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Vor den Mauern Durazzos hatte sich die Armee des Kaisers aufgestellt. Die grimmigen Gesichter, eingerahmt in blitzende Helme, die von der aufgehenden Sonne angestrahlt wurden, versprachen ein blutiges Gemetzel. Es war kein Laut zu hören. Lediglich ein gelegentliches Husten, Niesen oder Rascheln der Kettenhemde unterbrach die Stille. Die Soldaten warteten auf die Rede des Kaisers, die die Schlacht um die Stadt eröffnen sollte.
Es herrschte Stille. Nun... fast überall.

„Wann geht es denn endlich los?“, nörgelte ein Soldat.
„Gute Frage“, stimmte ihm sein Nebenmann zu, „es ist nämlich wirklich verdammt kalt! Und wenn wir nicht bald loslegen, wachen die Idioten auf der anderen Seite der Mauer auch noch auf.“
Ebenfalls zustimmend nickte Trasaric seinem Nebenmann Droserius, der eben von den vielleicht noch schlafenden Verteidigern gesprochen hatte, zu. „Wenn die aufwachen, müssen wir ja wirklich kämpfen! Das wäre wirklich zu viel für meinen leeren Magen.“
Droserius nickte auf diese Worte Trasarics und fuhr fort. „Ich bin diesen kümmerlichen Fraß hier so langsam leid. Das schmeckt wie Scheiße mit Scheiße vermischt.“ Vereinzelt kam Gelächter auf.
„Schweigt still, ihr beiden!“, fuhr eine aufgebrachte Stimme dazwischen, „der Kaiser kommt in Kürze!“
„Ach, halt dein Maul, Menas“, schimpfte Trasaric und machte eine abfällige Handbewegung, „selbst wenn der Kaiser mir persönlich den Arsch abwischen würde, wäre ich nicht ruhig. Für das, was Droserius und ich geleistet haben, könnte er ihn eigentlich sogar sauberlecken!“
Das Gelächter wurde lauter.

„Willst du den Kaiser beleidigen, Trasaric?“, fragte der Beschimpfte und versuchte mit seinen Worten eine Drohung zu implizieren, „wenn er davon erfährt, ist er sicherlich nicht sehr erfreut.“
Doch nun lag es an den beiden Soldaten, die das Gespräch begonnen hatten, zu lachen. „Wir sind mit dem Kaiser länger marschiert, als du dir den Arsch selbst abwischen kannst. So wie du aussiehst, hat deine Mutter das noch bis gestern für dich gemacht.“
„Ja“, stimmte Droserius seinem Freund zu, „aber weißt du, was deine Mutter danach mit mir gemacht hat?“ Er grinste anzüglich. Zu sehr für den stets etwas ordnungsliebenden und übereifrigen Menas. „Halt dein Maul“, winkte er daher genervt ab, „ich wollte euch beiden Hurenböcke ja nur daran erinnern. Wenn unser Centurio davon erfährt, seid ihr arm dran.“
„Als würde der Kaiser uns ein Haar krümmen“, hielt Trasaric dagegen, „und unser allseits geliebter Centurio, der uns behandelt, als wären wir es noch nicht mal wert die Scheiße aus der Hölle zu fressen, liegt wohl noch besoffen in seinem Zelt. Er verträgt wohl doch nicht so viel, wie er uns gestern vollmundig versprochen hat.“ Schallendes Gelächter ergriff nun die gesamte Einheit.

Trasaric und Droserius. Diese Namen versprachen in der Armee des Kaisers eine unbeschwerte und angenehme Ablenkung vom harten Soldatenalltag. Die beiden Jungspunde waren in der Armee die Unterhaltungskünstler. Geliebt und gefordert waren ihre nächtlichen und humorvollen Auftritte bei flackerndem Fackelschein, wenn die Armee über Nacht eine Rast einlegte. Sie waren objektiv gesehen zwei gutaussehende, junge Soldaten, die zwar kämpften wie Löwen, großes Verständnis von Taktik und Versorgung, aber auch immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hatten und sich über jeden das Maul zerrissen.
Sei es der Kaiser, der besonders oft das Ziel ihrer abendlichen Parodien war, ihr Zenturio, mit dem sie in einer freundschaftlichen Rivalität lagen, oder Menas, der ihnen mit seinem Eifer und Gehorsam manchmal den letzten Nerv raubte. Doch insgeheim mochten sie den übereifrigen Soldaten, der seit der Schlacht von Yalova mit ihnen marschierte. Auch Menas konnte gut kämpfen und verstand es, in einer Notsituation seine Kameraden gut zu versorgen. Doch war er wegen seiner Ernsthaftigkeit, die manche als Verklemmtheit und Verbohrtheit betrachteten, bei weitem nicht so beliebt wie Droserius und Trasaric. Die beiden sahen in Menas ihren natürlichen Gegenspieler und wussten in ihrem Inneren, dass sie den jungen Soldaten als Ausgleich zu ihrem Übermut brauchten. Er bremste sie, wenn sie es zu sehr übertrieben und hatte ihnen schon manches Mal mahnende Worte zur richtigen Zeig gesagt.

„Ah, da kommt unser allseits geliebter Kaiser ja endlich“, rief Droserius und deutete mit seinem Speer nach links, wo der Kaiser mit seiner Garde vor den Soldaten ritt.
Alexios, auf seinem prachtvoll geschmückten und schwer gepanzertem Pferd, ließ seinen Blick prüfend über seine Truppen gleiten. Unter seinen Augen waren tiefe Ränder, die jedoch kaum jemandem auffielen. Seit sie von Thessalonica aufgebrochen waren, schien er ständig übermüdet und sorgenvoll zu sein. Warum konnte sich keiner der einfachen Soldaten erklären. Die Centurios mochten etwas wissen, gaben jedoch nichts preis.
„Er sieht wie immer scheiße aus“, stellte Trasaric knapp fest.
„Jap“, stimmte sein Kamerad und Freund ein. „Aber seine Rüstung glänzt wie immer“, fügte er hinzu und ließ es so klingen, als könne die funkelnde Rüstung von dem müden Gesicht des Kaisers ablenken.

Tatsächlich glänzte und funkelte der Plattenpanzer des Kaisers in der aufgehenden Sonne so sehr, dass manche Soldaten vom Anblick des Kaisers geblendet wurden.
Der Kaiser ritt auf seinem Schlachtross einmal die lange Reihe seiner Soldaten ab und musterte jeden kritisch. Er drehte elegant um, als er die Reihe abgeritten hatte und hielt auf halber Strecke auf dem Rückweg an, sodass er genau vor der Mitte seiner Soldaten stand.
„Männer“, begann er mit lauter und kräftiger Stimme, die sein müdes Aussehen Lügen strafte, „ich sehe hier nur tapfere und stolze Römer! Ihr alle seid der Stolz des römischen Reiches!“
Jubel aus tausenden Kehlen brandete auf. Nur aus zwei Kehlen nicht.

Genervt rollte Droserius mit den Augen. „Bei Gott! Jetzt geht dieses Ihr-seid-alle-Römer-Geschwafel schon wieder los.“
„Sehr kreativ ist unser tolle Kaiser wohl nicht, was?“, stimmte Trasaric ihm zu, „aber was wollen wir schon machen?“
„Wir könnten uns einfach eine Leiter schnappen und schon mal anfangen. Die paar Normannen schaffen wir auch alleine.“
„Ja, du hast Recht. Das sind angeblich ja wirklich nicht viele. Aber ich habe ein wenig Bedenken wegen der Bogenschützen.“
„Warum? Hast du Angst vor Pfeilen.“
Mit scherzhaft verkniffenem Gesicht nickte Trasaric. „Die piksen so ekelig. Kann ganz schön weh tun?“
„Wirklich?“, fragte Droserius rhetorisch und spielte damit auf eine üble Pfeilwunde an, die Trasaric bei Kavala von einem bulgarischen Bogenschützen bekommen hatte.
„Ja, wirklich“, nickte er, „ist gar nicht toll.“

Dabei beließen die beiden Soldaten ihr Gespräch und lauschten nun auch den Worten des Kaisers, der, langsam auf einer Spanne von wenigen Metern, vor seinen Soldaten auf- und abritt.
Die Rede zog sich noch einige Minuten, ehe der Kaiser auf die Taktik für die kommende Schlacht zu sprechen kam. Doch diese stellte sich als sehr einfach heraus und Droserius und Trasaric schauten sich schlussendlich etwas ernüchtert und enttäuscht an.
„Diesen Plan hätten wir auch machen können, oder?“
„Ja“, stimmte der andere zu, „hätten wir.“
„Aber dafür dürfen wir den Belagerungsturm schieben und die Drecksarbeit machen, während der Kaiser mit seiner berittenen Garde die Truppen am Tor unterstützen möchte“, kurz stoppte Trasaric, „warum müssen eigentlich wir immer das Futter für dir Bögen sein?“
„Du hast doch schon Erfahrung damit“, neckte ihn sein Kamerad, wechselte aber schnell das Thema. „Wo ist eigentlich unser Centurio? Haben wir ihn gestern wirklich so sehr abgefüllt?“
Trasaric lachte auf. „Wir hätten seinen Wein gegen Ende wirklich mit Wasser verdünnen sollen.“
„Ja, vielleicht.
Aber was machen wir jetzt? Wer übernimmt das Kommando?“

Wie auf ein Stichwort löste sich aus der ersten Reihe ein Soldat und stellte sich vor seine Kameraden. Erst schauten die Jungspunde neugierig und gespannt, ließen sich jedoch schnell wie nasse Säcke zusammenfallen, als sie sahen, wer da stand.
„Der Centurio ist krank und daher unabkömmlich“, rief der Soldat an der Spitze, „daher werde ich euch heute anführen. Wir sollen den Belagerungsturm nehmen und den Mauerabschnitt südlich des Stadttores einnehmen. Aber ich glaube, bevor wir das tun, sollte ich noch einige Worte an euch richten, meine Kameraden!
Wie der Kaiser schon sagte, sind wir alle Römer und als solche ist es unsere Pflicht-“
„Laaaaaaangweilig!“, brüllten Droserius und Trasaric wie aus einem Mund und unterbrachen somit die Rede Menas´ in Windeseile. Dankbares Gelächter erscholl.
Beleidigt nahm Menas die beiden ins Visier. „Möchtet ihr die Männer ermutigen?“
„Nein“, riefen sie, „wir wollen saufen, fressen und ficken! Ich glaube, die Aussicht darauf ermutigt die Männer mehr, als deine schwülstigen Reden!“
Menas warf beiden einen Blick zu, der sie sicherlich getötet hätte, wäre es möglich gewesen. Doch nach ein paar Sekunden lenkte er ein.
„Männer! An den Turm! Droserius! Trasaric! Ich habe ein Auge auf euch! Ihr geht nach ganz vorne!“
Genervt stöhnten beide auf. „Als hätte ich nicht schon genug Pfeile abbekommen...“

Doch alles Murren, Zetern und Meckern half nicht. Der Turm musste an die hölzerne Mauer und die beiden jungen Soldaten fügten sich ihrem Schicksal. Entgegen ihren Erwartungen wurden sie kaum von Pfeilen beschossen. Selbst die, die abgefeuert wurden, trafen ihr Ziel nicht, sondern blieben surrend im Holz des Belagerungsturms stecken. Dafür hörten sie die lauten Rufe der normannischen Soldaten.
„He, Menas!“, rief Droserius ächzend nach hinten, „das Gejaule der Normannen hört sich ebenso an, wie das Gejaule deine Mutter, wenn sie unter mir liegt.“
Dreckiges Gelächter.
„Halt dein Maul, du vorlauter Hurenbock! Und jetzt schieb´ den verdammten Turm, wenn du saufen, fressen und ficken willst.“

Schnaufen schoben die Männer den Turm weiter. Vereinzelt wurden immer mal wieder Pfeile auf die Soldaten geschossen, doch den Trupp am Rammbock nahmen die Normannen unter konzentriertes Feuer.
Etliche starben oder lagen schwer verwundet vor dem Tor. Doch selbst der Beschuss konnte die römischen Soldaten nicht davon abhalten, das Tor zu erreichen und die Ramme in rhythmischen Schlägen gegen das Tor zu dreschen.
Derweil hatte der Trupp um Menas, Droserius und Trasaric die Mauer erreicht und stürmte den Turm hinauf, um die Planke zu senken.
„Ich wette, die scheißen sich die Hosen voll, sobald sie dein hässliches Gesicht sehen, Trasaric“, begann Droserius schnaufend.
„Ich wette, die kotzen uns auf die Schilde, wenn sie deinen Gestank wahrnehmen“, hielt sein Kamerad dagegen, „wann hast du dich das letzte Mal gewaschen?“
„Nachdem ich auf deiner Mutter lag, du Prinzesschen. Und das dürfte schon einige Monate her sein.“
„Das riecht man sehr deutlich.“

Die Männer rannten die Stufen des Turms hinauf und waren letztendlich vor der Planke angekommen. Bis sich mehr als zwei Dutzend von ihnen versammelt hatte, warteten sie. Droserius und Trasaric, die beide in der ersten Reihe standen, nickten einander zu.
„Seid ihr bereit, Männer?“, fragte Menas angespannt. Zustimmendes und angespanntes Nicken. „Durchtrennt die Seile!“

Die Taue, die die Planke an den Turm banden, wurden durchtrennt und mit einem grauenhaften Quietschen und einem brachialen Schlag, der das Holz der Mauer gefährlich ächzen ließ, sauste die Planke hinunter.
Droserius und Trasaric stimmten ein infernalisches Gebrüll an, hoben Speer und Schild und warfen sich in die wartende Reihe der Normannen, die ihrerseits brüllten und kampfbereit auf sie warteten.
Das Gemetzel begann.

„Prinzessin! Prinzessin!“, aufgeregt rief die junge Syrerin ihre Freundin.
Penelope hatte viele Stunden vor dem Verhandlungsraum gewartet, hatte versucht still zu sitzen, musste dann doch immer wieder aufspringen und nervös auf- und ablaufen. Doch nun war die Prinzessin endlich herausgekommen und sah... zerwühlt aus. Überrascht musterte Penelope Anna.

„Was ist geschehen?“
Die Prinzessin schaute sie an, doch ihr Blick war nicht in dieser Welt. Auf ihren Augen lag eine feine Schicht, so erschien es der Syrerin, die den Blick auf diese Welt verschwimmen ließ. Die Bewegungen der Prinzessin waren langsam, als wäre sie gerade aus dem Schlaf erwacht.

„Geht es Euch gut?“, fragte Penelope besorgt und musterte ihre Freundin genau, „wie sind die Verhandlungen verlaufen?“
Doch die Prinzessin schien noch immer nicht in dieser Welt. Was war nur geschehen?
„Prinzessin? Prinzessin?“
Langsam nur erwachte sie und schaute sich dann plötzlich überrascht um. Penelope lachte erleichtert auf. „Habt Ihr gut geschlafen?“
„Was?“, fragte Anna noch immer leicht benebelt.
„Wie sind die Verhandlungen gelaufen?“, fragte Penelope erneut. Doch die Prinzessin ging nicht darauf ein.
„Ich muss meinem Vater schreiben! Dieser Kreuzzug nimmt Ausmaße an, die keiner ahnen konnte.“ Und schon rauschte Anna an ihr vorbei und verschwand um die nächste Ecke.
Besorgt schluckte Penelope einen dicken Klos hinunter. Was war nur geschehen?

Die Schlacht um Durazzo verlief erfolgreich. Nachdem der Belagerungsturm die Mauer erreicht hatte, war sie schnell erobert und die Truppen von den Türmen konnten den Normannen, die am Tor hartnäckig Widerstand leisteten, in den Rücken fallen. Selbst die kaiserliche Garde vermochte den dichten Schildwall nicht zu durchbrechen. Doch mit der Hilfe von der Mauer war die Schlacht schnell entschieden. Der Sieg war eindeutig und Griechenland somit wieder unter römischer Herrschaft vereint.

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Kaum, dass sich diese Nachricht in der Welt verbreitet hatte, erkannten die restlichen Fürstentümer, König- und Kaiserreiche, sowie die gesamte arabische Welt die Macht des römischen Kaisers an. Unter römischer Herrschaft waren die meisten Städte vereint, das Reich war das größte der bekannten Welt. Selbst der westfränkische König, der sich König von Frankreich nannte und in dessen Land sich ein römischer Akzent durchgesetzt hatte, musste dieses Reich als das größte anerkennen.

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Kaum war die Stadt erobert ließ Kaiser Alexios Boten zu den Normannen senden. Magna Graecia war ein weit entferntes Ziel und die Macht der Normannen in Süditalien zu groß. Eine Invasion wäre, zudem mit den geschwächten und ausgedünnten Truppen seines Feldzuges, einem Selbstmord gleichgekommen und so bot er einen Waffenstillstand an, der auch sogleich akzeptiert wurde. Anscheinend erkannten auch seine nun mehr ehemaligen Feinde, dass es sinnlos erschien den Krieg fortzusetzen.
Durch das Geld, das die Eroberung Griechenlands in die Kassen des Kaisers spülte, konnten wichtige und notwendige Bauten in Auftrag gegeben werden. In Nicäa sollte zur Abwehr der Imame und Ketzer aus dem Osten die orthodoxe Kirche erweitert werden.

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In der Kaiserstadt Konstantinopel wurde der Hafen erweitert, damit eine mächtige, römische Flotte über das ägäische Meer herrschen konnte. Die Herrschaft über das Meer war ungemein wichtig, um Handel zu treiben und Soldaten schnell von Asia Minor nach Griechenland und umgekehrt verschiffen zu können.

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Um die Truppen aus Korinth weiterhin zu verstärken mussten die ersten Rüstungsschmiede in die Burg gelockt werden. Erste Gebäude, die einfache verstärkte Lederrüstungen herstellten, wurden in Auftrag gegeben und sollten den Schmieden auf Kosten der römischen Kasse zur Verfügung gestellt werden.

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Die Lage im römischen Reich schien sich zu beruhigen. Erste Gilden wollten sich in den Städten niederlassen, so zum Beispiel eine Kaufmannsgilde in der römischen Hauptstadt.

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Sie wurde mit offenen Armen in Empfang genommen. Dem Gildenmeister wurden weitreichende Befugnisse und Sondergenehmigungen ausgestellt, sodass er den Handel am Bosporus bald kontrollieren, aber auch manipulieren sollte. Eine Tatsache, über die sich der Kaiser später ärgern sollte und um die er sich würde kümmern müssen.

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Doch bis es soweit kam und der Kaiser die Notwendigkeit erkannte, sollten noch einige Monate ins Land gehen. Der Kaiser war zufrieden mit seinen Erfolgen in Griechenland. Eine ausreichende Besatzung zurücklassend, marschierte er mit den kläglichen Resten seiner Armee zurück nach Thessalonica.

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Das nächste Ziel seines Feldzuges sollte Edirne sein. Doch mit dem Erfolg standen dem Reich auch wieder innenpolitische Querelen bevor, denen sich der Kaiser, wollte er an der Macht bleiben, würde stellen müssen.


Mögen sie mich hassen, so lange sie mich nur fürchten!








Hallo noch mal :)
Ich konnte es dann doch nicht lassen, mich am Ende des Kapitels noch mal zu melden. Ich hoffe, es nervt Euch nicht ;)
In den letzten Kapiteln habe ich mehr Text als Bild.
Wie gefällt Euch das?
Ich versuche damit den ansonsten ziemlich trockenen Handlungen des Spiels etwas Tiefe und Farbe zu geben. Die Episode mit Menas, Droserius und Trasaric ist nur ein Versuch. Doch wenn er euch gefällt, setze ich das gerne fort, da ich schon einige Ideen habe, was ich mit den Drei anstellen könnte (vielleicht hat ja jemand von euch auch einige Bücher von Simon Carrow gelesen? lol ).

Über Tipps, Verbesserungsvorschläge und Kritik würde ich mich sehr freuen.
Link zu den Kommentaren!


Liebe Grüße :)
Berenike
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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 20. September 2015 17:44

Byzanz – Das Schild des Christentums


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Es ist Sonntag! Und das bedeutet: Neuer Teil des AARs!
Viel Spaß beim Lesen :)





Die römische Prinzessin Anna hatte es kommen sehen. Sie wollte ihrem Vater eine Nachricht zukommen lassen, doch da der Kaiser im Feld gebraucht wurde, hatte er die Nachricht erhalten.
In den Gesprächen mit dem päpstlichen Abgesandten hatte Anna erfahren, dass Papst Gregory höchstselbst eine Armee im Zeichen des Kreuzes anführte. Als er mit seiner Streitmacht nahe Konstantinopel auftauchte, ergriff die Bewohner der Kaiserstadt Angst, doch auch Neugier. Was wollte der selbst ernannte Stellvertreter Gottes auf Erden? Eben diese Frage stellte sich auch Kaiser Alexios. Und so dauerte es nur wenige Tage bis er mit seiner Leibgarde und einigen treuen und unerschrockenen Soldaten das provisorische Heerlager Gregorys aufsuchte.

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„Diese Scharen des Himmels haben keine Ahnung, wie man ein Lager aufschlägt, vernünftig befestigt und in Stand hält“, bemerkte Trasaric trocken, „ein paar Banditen könnten mit Leichtigkeit ins päpstliche Lager eindringen und dort ein paar Lebensmittel rauben.“
Droserius nickte zunächst ernst ehe sich der Schalk in seinen Nacken setzte. „Oder diesen lustigen Hut, den der Papst immer trägt.“
Sein Kamerad und Freund verstand die Anspielung und grinste. „Was uns der Kaiser wohl dafür zahlen würde?“, fragte er gespielt unschuldig, „oder ein anderer Herrscher der Welt?“
„Mehr als wir jemals ausgeben könnten, schätze ich.“
„Dann steht unsere nächste nächtliche Mission schon mal fest, nicht wahr?“
Ein Nicken, begleitet von einem breiten Grinsen war die Antwort.

„Das kann doch nicht euer Ernst sein?!“, donnerte die aufgeregte Stimme Menas´ in ihrem Rücken, „kaum vertraut euch unser glorreicher Kaiser und schon wollt ihr es ausnutzen und das römische Reich in einen total sinnlosen Krieg stürzen? Hat euch der Verstand verlassen?!“
Gleichzeitig stöhnten Droserius und Trasaric auf und drehten sich zu Menas. „Als würden wir sowas machen…“, seufzten sie nur, „du verstehst wirklich keinen Spaß, oder?“
Der angesprochene verzog mit einer Mischung aus Wut und Unglauben das Gesicht. Gerade wollte er Luft holen, als Trasaric ihm zuvor kam. „Spar dir deine Predigt bitte für den nächsten Ketzer. Der kann es besser gebrauchen.“ Menas sah, dass er hier nicht mehr viel erreichen konnte und zog sich zurück.

Nach der Schlacht von Durazzo hatten sich Trasaric, Droserius und zu deren Leidwesen auch Menas einen Namen im kaiserlichen Heer gemacht. Sie waren für ihren Mut beim Kampf um die Stadt gelobt und mit Achtung überschüttet worden. Eine Beförderung bekamen sie jedoch nicht. Es sei keine Stelle frei, hieß es von offizieller Seite. Doch in Kürze würden Heeresreformen anstehen und dann gäbe es sicherlich genügend freie Stellen zu besetzen.
Im Grunde war es den drei Soldaten einerlei, welche Stelle sie in der Armee hatten. Solange ihr Magen gefüllt würde, ihr Geldbeutel nicht leichter und ihr Leben durch Waffen und Rüstungen ausreichend geschützt würde, würden sie nicht meckern wie eine alte Jungfer. Doch die Ankündigung der Heeresreform hatte sämtliche Soldaten im Reich neugierig gemacht.
Gerüchten zufolge sollten wieder Legionäre unterstützt von Auxiliartruppen in die Schlacht geschickt werden. Legionen, die denen Caesars gleichkommen sollten, sollten wieder marschieren und Ruhm und Ehre für das römische Reich erringen. Von dem Plan, das römische Reich wieder auferstehen zu lassen und sogar noch über die Grenzen hinaus zu vergrößern war natürlich ganz zu schweigen. Doch noch sollte es einige Zeit in Anspruch nehmen. Menas, Trasaric und Droserius waren natürlich auch neugierig, wussten jedoch ihren Mund zu halten.

Das Treffen zwischen Kaiser und Papst fand in einem kleinen Tal nahe Konstantinopel statt. Das Heer aus Rom hatte sich in diesem Tal niedergelassen, während die wenigen kaiserlichen Soldaten auf einem kleinen Hügel in Sichtweite zum päpstlichen Heer Stellung bezogen hatten. Sollte es zur Schlacht kommen, wären die römischen Truppen den päpstlichen hoffnungslos unterlegen, doch niemand rechnete mit einer Schlacht. Das Treffen zwischen Papst und Kaiser war rein diplomatischer Natur. Welche Abmachung Kaiser und Papst treffen würden oder mit welchen Worten der Kaiser zum Papst ging war niemandem von den einfachen Soldaten bekannt. Lediglich die engsten Vertrauten des Kaisers wussten von den Forderungen, die der Kaiser stellen würde.

„Papst Gregory, Bischof und Tyrann von Rom, Anhänger des falschen Glaubens und Frevler der Christenheit“, begann Alexios, „was treibt Euch und Euren Schare ins Gebiet des römischen Kaisers?“
Der Papst, gekleidet in seine edelsten Gewänder, unterstützt von seinen Beratern, unter denen sich auch der päpstliche Diplomat Talentus Arlocti befand, mit dem Anna bereits gesprochen hatte, verzog das Gesicht als er die beleidigenden Worte hörte. Einen Moment sah es aus als würde er auf die Beleidigungen des Kaisers eingehen, doch dann hielt er inne. Er schloss die Augen und holte hörbar Luft, ehe er seine Augen öffnete und ein Lächeln erzwang.

„Nun, Herrscher über einige Landstriche Griechenlands“, erwiderte er spitze, „ich, Papst Gregory, Bischof von Rom, Herrscher über die Christenheit und Stellvertreter Gottes auf Erden -“ Alexios´ Gesicht wurde bei diesen Worten puterrot -„ ziehe mit den Streitmächten des Himmels nach Ägypten, gegen die Stadt Kairo, die von den Heiden unrechtmäßig in Besitz gehalten wird. Ich führe den Auftrag Gottes durch, zu dem sich Eure… Vorfahren anscheinend nicht berufen fühlten: Ich verteidige alle Christen dieser Welt gegen die mamelukischen Teufelsanbeter!“

Die Antwort kam wie von einer Armbrust geschossen: „Niemand zieht durch die Länder des Kaisers ohne vorher seine Erlaubnis eingeholt zu haben! Das gilt besonders für gottloses Gesindel wie Euch!“
Erneut musste der Papst seinen Ärger runterschlucken. „Ihr stellt Euch gegen Gottes Mission? Hört Eure Worte, Alexios! Sagen sie nicht, dass Ihr nicht in der Lage seid, dass Euer kleines römisches Reich so schwach ist, dass Ihr Gottes Mission nicht durchführen wollt? Oder wollt Ihr es nicht?“

„Ich brauche meinen Schwur vor Gott nicht vor einem gottlosen zu wiederholen“, polterte der Kaiser. Im Rücken des Papstes griffen einige Wachen auffällig unauffällig zu ihren Schwertgriffen. Die Wachen des Kaisers taten es ihnen nach, doch noch wurde kein Schwert gezogen. Kurz warf der Kaiser ob dieser Geste einen Blick zu seinen Wachen, schüttelte bestimmt den Kopf und wandte sich dann dem Papst wieder zu. „Bevor meine Männer Euch in Stücke schneiden, sage ich Euch noch eins: Ich habe ein Heer von 100.000 Legionären in Konstantinopel stationiert. Mit dieser Armee ist es mir ein leichtes Gottes Mission zu erfüllen und Gottes Wort zu verbreiten. Ich richte mich gegen jeden Feind der Christenheit. Und Euch und Euren jämmerlichen Haufen verwahrloster Bauern zähle ich dazu! Verlasst sofort diese Länder und sucht Euch einen anderen Weg!“
Alexios wartete nicht auf eine Antwort des Papstes. Mit wehendem Umhang drehte er sich um und verließ das Lager des Papstes.

„Schau mal, Droserius!“, rief Trasaric und deutete mit seinem Speer auf eine kleine Gruppe schwergepanzerter Reiter, die mit wehenden Umhängen auf ihr Lager zugeritten kamen, „der Kaiser kommt zurück.“
Droserius, ebenfalls Speer und Schild im Anschlag, eilte zu seinem Kameraden und erfasste mit einem kurzen Blick die Situation.
„Die Verhandlungen scheinen kein gutes Ende genommen zu haben. Sie sind zu schnell, als würden sie sich zurückziehen.“ Er schaute Trasaric direkt an. „Halt dich bereit. Es würde mich nicht wundern, wenn wir später doch noch eine Schlacht zu fechten hätten.“

Doch nichts dergleichen geschah. Zwar wurden die Truppen des Kaisers zu erhöhter Aufmerksamkeit ermahnt und in ständiger Kampfbereitschaft gehalten, doch die Situation entspannte sich. Die Truppen des Papstes zogen tatsächlich wenige Wochen nach der Unterredung zwischen Papst und Kaiser ab und verließen das Gebiete des römischen Reiches Richtung Norden.
Noch während die Armee des Papstes sich nach Norden zurückzog, wurde die Heeresreform vollzogen und erste Legionäre marschierten von Korinth nach Thessalonica, wohin sich der Kaiser zurückgezogen hatte. Begleitet wurden sie von einigen Auxiliartruppen: Schweren Speerträgern und römischen Bogenschützen vom schwarzem Meer.

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Nur wenige Wochen später war der Hafen von Konstantinopel erweitert worden und ein neuer und doch altbekannter Schiffstyp wurde gebaut: Feuerboote.

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Die Feuerboote waren mit besonderen Geschützen ausgestattet. Durch eine Kombination von Druck, Dampf und Luft war es möglich Flammen aus langen Eisenrohren auf den Feind zu feuern. Feuer auf See war eine verheerende Waffe, zumal es sich bei den Flammen der Römer um griechisches Feuer handelte. Eine Flamme, die niemals erlosch und so lange loderte und fraß bis nichts mehr übrig war!
Die Monate gingen ins Land und das Reich gediehe prächtig unter der Regentschaft Alexios´.Der Reichtum wuchs immer weiter, das Ansehen der Familie Kommenos´ stieg und so buhlten bald die ersten Freier um die Hand der Prinzessin.

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Doch sie wurden für unwürdig befunden und abgewiesen.
Der Kaiser verstärkte seine Armee weiter und wollte bald den Sturm gegen Edirne beginnen lassen. Die Abtrünnigen und Usurpatoren sollten dem Reich wieder treu ergeben sein!

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Die Armee wuchs immer weiter an, die Legionäre und die Hilfstruppen erreichten den Kaiser. Trasaric, Droserius und Menas wurden den Legionären zugeordnet. Sie erhielten scharfe Schwerter, große Schilde und dazu einen kräftigen Lamellenpanzer und waren fortan 25 Jahre in der Armee des Kaisers. Sie waren nun Legionäre und keine einfachen Milizen mehr.
Zunächst waren die Kameraden Trasaric und Droserius hocherfreut, hofften sie doch auf ihren Kriegszügen genügend Beute zu machen, um nach dem Kriegsdienst ein ruhiges Leben zu führen. Doch ihre Freude verlor sich sehr schnell wieder. Menas war zum Optio der Zenturie ernannt worden. Zenturio wurde jener, der schon zuvor ihr Zenturio gewesen war und während der Schlacht von Durazzo seinen Rausch hatte ausschlafen müssen: Zenturio Marcus. Mit dem Zenturio waren die beiden zufrieden, doch nun Menas als ihren Vorgesetzten zu haben, bereitete den beiden Bauchschmerzen. Das würden nervenaufreibende und anstrengende Jahre werden.
Der Kaiser verfügte nun über eine ansehnliche Armee, doch fehlte ihm noch Kavallerie. Als hätte der Himmel sie gerufen boten sich der Armee einige fränkische Söldner-Ritter an. Die schwere, panzerbrechende Einheit wurde sofort angeheuert. Zusätzlich noch zwei Einheiten slawischer Bogenschützen, um die Feuerkraft zu verstärken.

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Der Kaiser begann daraufhin seinen Marsch auf Edirne, musste vorher jedoch noch eine diplomatische Niederlage hinnehmen: Papst Gregory hatte weitere Krieger unter dem Zeichen des Kreuzes vereinigen können. An den Grenzen zum römischen Reich warteten Truppen aus dem ostfränkischen Reich, dem ehemaligen Gallien. Zusätzlich war noch eine Armee aus dem weit entfernten Dänemark bis an die Grenzen marschiert. Sie scherten sich nicht um die Botschafter des römischen Kaisers, die jedem den Zutritt verweigerten, der das Reich betreten wollte. Stattdessen gingen sie noch weiter und erklärten dem römischen Reich, dass sie sich das Recht, die Mission Gottes durchzuführen, notfalls mit dem Schwert in der Hand erkämpfen würden. Dies wurde vom Kaiser als Kriegserklärung aufgefasst!

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Beunruhigend war ebenfalls das Bündnis zwischen Ungarn und dem Reich des deutschen Kaisers. Auch wenn Alexios den Titel offiziell nicht anerkannte, musste er sich doch eingestehen, dass es unmöglich war, gegen die Ansprüche des Mannes nördlich der Alpen vorzugehen.
Durch das Bündnis hatten sowohl das ostfränkische Reich, eben jenem des Kaisers nördlich der Alpen, als auch Ungarn ihre Stellung gefestigt. Der Balkan hatte sich gegen das römische Reich verschworen. Früher oder später würde der Kaiser die Landstriche mit Gewalt für das Reich wiederholen müssen.
Doch zunächst musste die Herrschaft nördlich von Griechenland gefestigt werden. Mit einem weiteren Sprössling aus seinem Herrschergeschlecht, Isaac Commenus als Militärberater, schloss er die Stadt nach römischer Sitte ein. Niemand konnte Edirne verlassen, geschweige denn betreten!

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Lange Zeit war es still um diesen AAR und wahrscheinlich dachten manche von euch, er sei unangekündigt beendet worden. Aber dem kann ich glücklicherweise widersprechen :) Ich kann allerdings nur unregelmäßig neue Kapitel hochladen. Tut mir leid :(

P.S.: Weiß jemand von euch, wie die Bilder wieder größer werden? Da braucht man ja eine Lupe!

Über Tipps, Verbesserungsvorschläge und Kritik würde ich mich sehr freuen.
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Liebe Grüße :)
Berenike
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Re: [AAR: Medieval 2] Byzanz - Das Schild des Christentums

Beitragvon Berenike » 25. September 2015 15:30

In Überarbeitung.
Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt.