[AAR] Der Sprung des Löwen (England)

AAR u.a. zu Spielen der Total War Reihe

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 21. September 2012 15:20

Königin Joan, so wird überliefert, nahm die Nachricht sehr gefasst auf und berief sofort den Kronrat zusammen, um alle Mitglieder zu informieren. Es stellte sich heraus, dass verschiedene Barone des hohes Rates die Nachricht von der Niederlage des königlichen Heeres wohl bereits kannten und es vorgezogen hatten, sich entweder auf ihre Güter oder gleich zum Herzog von York zu begeben.

Die verbliebenen Mitglieder, überwiegend Kampfgefährten Edmunds IV., hörten sich den Bericht Somersets bis zum Ende an. Danach war es vollkommen still. Der Kanzleischreiber Richard Attenborough hat seine Sitzungsprotokollen, die zum großen Glück erhalten sind, oft mit eigenen Randnotizen ergänzt. Diese „Kritzeleien“ übertrug er später in sein Tagebuch, welches als eine der wichtigsten Quellen dieser Zeit häufig zitiert wird. So findet sich auch die folgende Passage, die zweifelsfrei dieser Sitzung zugeordnet werden kann: „Man hörte nur noch das Knistern des Feuers im großen Kamin. Die Königin blickte gespannt auf die Mitglieder des Rates, diese jedoch hingen ihren eigenen Gedanken nach und mieden ihren Blick. Wahrscheinlich machten sie sich keine Gedanken um die Verteidigung der rechtmäßigen Königin, sondern eher um den Schutz ihres Ländereien und ihrer Titel. Lediglich Somerset und Buckingham flüsterten leise, bis sie von der Majestät aufgefordert wurden, offen zu sprechen.“

Während Buckingham dafür plädierte, sich mit den Resten des Heeres nach Wales abzusetzen und neue Truppen in Irland anzuwerben, riet Somerset, in London zu bleiben und die Stadt zu verteidigen. Der Erzbischof von Canterbury, Simon Islip, war der Einzige, der Königin Joan empfahl abzudanken. „Ausgerechnet ihr?“, soll Joan geantwortet haben, „Ihr, der mir die Krone aufs Haupt setztet und mich vor Gott und aller Welt zur rechtmäßigen Königin salbtet, ratet mir auf meine Ansprüche zu verzichten?“ Dass es weitere Mitglieder des Kronrates gab, die ähnlich dachten wie Erzbischof Islip, ist wahrscheinlich. Doch laut wagte diesen Gedanken niemand sonst auszusprechen.
Die Diskussion über den einzuschlagenden Weg dauerte bis spät in die Nacht. Schließlich traf die Königin selbst eine Entscheidung. „Ich weigere mich, den einmal eingeschlagenen Weg zu verlassen! Ich würde die Ideale meines Vaters und Großvaters verraten, wenn ich nun vor dem Bruder meiner Mutter das Feld räume. Gott und das Volk von England haben mich nicht zur Königin gemacht, um beim geringsten Anzeichen eines Sturmes zu fliehen. Und wenn es tatsächlich Gottes Wille ist, dass ich die Krone verliere, dann kann nichts und niemand auf der Welt dies verhindern.“

Buckingham sollte, so der Wunsch der Königin, wie vorgeschlagen nach Wales ziehen und in dieser nicht leicht zugänglichen Region neue Truppen sammeln. Er sollte außerdem versuchen, Wales bis zum Eintreffen weiterer Verstärkung vom Festland zu halten. Die vielen Burgen, die Henry III. hatte in Wales anlegen lassen, sollten die Eckpfeiler seiner Verteidigung bilden. Joan selbst wollte sich aus London zurückziehen, um die Stadt vor der Zerstörung zu bewahren. Dover Castle war der von ihr selbst gewählte Rückzugsort. Somerset sollte die Königin begleiten und im schlimmsten Fall die Verteidigung der Festung übernehmen.
Königin Joan informierte den Bürgermeister Londons in einer zweistündigen Privataudienz über die geplanten Schritte und riet dringend dazu, beim Einmarsch der Yorkisten keinen Widerstand zu leisten.

Plötzlich änderte sich die Situation durch einen überraschenden Sieg der Plantagenet-Fraktion vollständig...

Buckingham, der mit seinen Truppen sowie dem Großteil der Schiffsmannschaften sowie der Londoner Garnison nach Nordwesten marschierte, traf am 14. April 1361 vollkommen unvorbereitet auf die Vorhut der Yorkisten, die unter der Fahne mit dem Wappen Auncells von York – einer weißen Rose – auf London marschierten.

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Die tollkühne Attacke Buckinghams, die wohl eher dem Mut einer Verzweiflungstat entsprach, hatte tatsächlich Erfolg und beraubte durch ihre Wuchte dem Feind zwei der wichtigsten Feldherren. Baron Percy of Alnwick und Heinrich II., Graf von Holstein-Rendsburg und Anführer der dänischen Truppen, starben durchbohrt von Lanzen und Schwertern in den ersten Minuten des Angriffs. Der Rest des feindlichen Heeres floh vom Feld.
Die nun führerlosen Truppen der Yorkisten zog sich unter dem Befehl verschiedener Hauptleute wieder nach Norden zurück. Buckingham, der ein gutes Gespür für Situationen hatte, forderte Somerset umgehende auf, mit allen nur irgendwie verfügbaren Männern zu ihm zu stoßen. Somerset entblößte sämtliche Burgen Südenglands ihrer Besatzungen und zog in Eilmärschen an London vorbei nach Norden.

Bei Northampton, die Toten der letzten Schlacht lagen noch immer in Massen auf Wiesen und in Wäldern, vereinigten sich am 19. April 1361 die beiden kleinen Heeresteile Buckinghams und Somersets, alles in allem knapp 1.200 Männer. Gemeinsam setzen sie den sich weiter zurückziehenden Truppen Yorks nach, auf eine günstige Gelegenheit zum Zuschlagen wartend.

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Am 22. April 1361 bot sich endlich in der Nähe des Fleckens Cold Ashby die erhoffte Gelegenheit. Das Gelände war von vielen kleinen Kanälen und Bächen durchzogen und erschwerte das Vorankommen der dicht marschierenden Yorkisten. Durch die geographischen Gegebenheiten zogen sich die Formationen auseinander und zerfielen teilweise in kleinere Gruppen. Darauf hatten Buckingham und Somerset nur gewartet. Wie hungrige Wölfe fielen die Königstreuen über die Yorkisten her, die rasch in Panik gerieten. Das von den Soldaten Buckinghams gebrüllte „Joan! Joan!“ vereinigte sich mit dem Waffenlärm und dem Geschrei der Verwundeten und Sterbenden zu einem wahrhaft höllischen Inferno. Die feindlichen Formationen lösten sich nun ganz auf, das ohnehin führerlose Heer zerfiel und jeder Mann suchte sein Heil in der Flucht. Die meisten Soldaten versuchten sich in den Schutz kleinerer Wäldchen zu flüchten, um sich hier zu verbergen. Hier und da hatten sich Yorkisten sogar in Häusern verschanzt. Wo es den Königstreuen nicht gelang, die Feinde herauszuzerren und zu erschlagen, wurden kurzerhand die Häuser angesteckt. In einem Gebäude an der Hauptstraße, einem Wirtshaus, wehrten sich einige Yorkisten besonders heftig. Immer wieder stachen die Soldaten Buckinghams mit ihren Hippen und Spießen durch die Fenster des kleinen Hauses und johlten, wenn von drinnen Schmerzensschreie zu hören waren. Auch Bogenschützen stellten sich vor die Fenster des Hauses und schickten Pfeil um Pfeil nach drinnen. Der Kampf war so heftig, dass sich drinnen große Blutlachen bildeten, die langsam zur Türe hin abflossen. Das Originalgebäude steht heute leider nicht mehr, der Name für den immer noch betriebenen Gasthof an gleicher Stelle – „Red House“ – hat sich aber erhalten.

Mit diesem Sieg und der vollständigen Zerschlagung des Heeres des Herzog von Yorks hätte, so meinten viele, der Krieg beendet sein müssen. Doch dachte Auncell gar nicht daran, durch diese Niederlage seine Ansprüche aufzugeben. Überdies wusste er genau, welche Strafe er für das Verbrechen des Hochverrats zu erwarten hatte. So sammelte er in Yorkshire die Trümmer des zurückflutenden Heeres und befestigte die Stadt notdürftig, um den erwarteten Angriff Buckinghams so gut es eben ging abzuwehren.

Der Angriff kam nicht. Stattdessen erschienen Buckingham und Somerset mit kleinem Gefolge vor York und baten um eine Unterredung mit Herzog Auncell.
Zuletzt geändert von Condottiere am 21. September 2012 21:14, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 21. September 2012 19:23

An dieser Stelle soll unbedingt noch kurz über das Schicksal des Custav von Copenhagen, des Mörders Edmunds IV., informiert werden.
Buckingham hatte, wie schon geschildert, den Attentäter in einem innen mit kleinen Nägeln ausgeschlagenen Fass nach England überführt. Als der Kronrat am 28. September 1360 zusammentrat, um Joan nochmals als Thronfolgerin zu bestätigen, begannen die Folterknechte mit ihrer Arbeit. Es ging nicht darum, dem Gefangenen wichtige Information zu entlocken, sondern lediglich darum, ihn bereits vor der Hinrichtung für die Schandtat des Königmordes zu strafen.

Am ersten Tag trieben sie dem schreienden Dänen lange Holzsplitter unter die Fingernägel und brachen mit großen Schmiedehämmern seine Zehen. Am zweiten Tag wurden seine Fußsohlen mit Salz bestreut und man ließ Ziegen daran lecken. Das sich in furchtbare Schreie veränderte Lachen in seiner Zelle verwandelte sich in ein gurgelndes Geräusch, als ihm am nächsten Tag die Zähne aufgebohrt wurden, um den Mund anschließend abwechseln mit heißem und kaltem Wasser zu füllen. Die Knechte schnitten am vierten Tag die Haut seines bereits geschundenen Oberkörpers mit scharfen Messern in Streifen und bestreuten die Wunden großzügig mit Salz. Am fünften Tag wurde Custav von Copenhagen entmannt und die Hoden vor seinen Augen verbrannt.

Als am sechsten Tag schließlich die Männer Buckinghams kamen, um dem nunmehr rechtmäßig zum Tode verurteilten Hochverräter das Urteil vorzulesen, war dieser nur ein kreischendes Bündel blutigen Fleisches. Custav von Copenhagen, der kaum noch Ähnlichkeit mit einem menschlichen Wesen hatte, wurde nach Tyburn geschleift. Dort hing man ihn auf, nahm ihn jedoch rechtzeitig wieder ab, um seinen Leib zu öffnen und die Eingeweide zu entfernen. Dann schnitt man ihm das Herz heraus und verbrannte es anschließend. Custav wurde zum Schluss geköpft und sein Oberkörper in vier Teile zerhackt. Der Kopf des Königmörders wurde nicht ausgestellt, sondern zusammen mit den sonstigen Überresten in die Themse geworfen.

Es wird vermutet, dass Custav bereits tot in Tyburn ankam und das grausame Schauspiel nur noch für die mordgierige Menge abgehalten worden war. In der Geschichte des Königreiches England sollte jedoch die frevlerische Tat Custavs von Copenhagen die einzige dieser Art bleiben.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 25. September 2012 19:23

Das Treffen zwischen Auncell von York auf der einen und Buckingham und Somerset auf der anderen Seite fand am 12. Mai 1361 in Deighton, einem winzigen Flecken etwa 5 Meilen südlich von York statt.
Die beiden königstreuen Heerführer beschworen Auncell eindringlich, seine Ansprüche auf den Thron fallenzulassen und ins Exil zu gehen. Der Herzog von York bat um Bedenkzeit und bot eine zweimonatige Waffenruhe an, welche Buckingham und Somerset akzeptierten.

Herzog Auncell dachte aber überhaupt gar nicht daran, seine für ihn rechtmäßigen Ansprüche aufzugeben. Durch den im April 1361 geschlossenen Waffenstillstand zwischen Dänemark und Russland waren dem Herzog von York in der Zwischenzeit durch Waldemar IV. erneut größere Truppenkontingente versprochen worden. Und auch Irland, in dem der Herzog aufgrund seiner früheren Statthalterschaft einen guten Ruf besaß, stellte eine Armee zur Verfügung. Jedoch waren die Truppenanwerbungen noch in vollem Gang, bzw. die Verhandlungen mit den Dänen noch nicht einmal vollkommen abgeschlossen. Im Feilschen zwischen Auncell und Waldemar spielten wichtige Gebietsverhandlungen eine Rolle, in denen kurzfristig auch keine Einigung absehbar war. So verlangte Waldemar IV. von Auncell die Abtretung von Ost- und Westflandern sowie einen Großteil des nördlichen Frankens, welches sich bereits unter der Herrschaft des Grafen von Weinsberg befand. An anderer Stelle wurde schon kurz auf den Weinsberger eingegangen und es ist auch erwähnt worden, dass dessen Bemühungen große Unterstützung durch die Dänen erfuhr.
Auncell war aber nicht bereit, die ertragreichsten Festlandbesitzungen vollständig an Waldemar abzutreten und hatte nur Ostflandern angeboten, den Besitz von Antwerpen zum Beispiel aber ausgeklammert.

Mit der ausgehandelten Waffenruhe erkaufte sich Auncell also wenigstens etwas Zeit, wusste er doch, dass er Joan und ihre Berater sicherlich nicht acht Wochen hinhalten konnte.
Der Geniestreich gelang Auncell aber doch. Erst hieß es, geschwächt durch die Niederlage und gebrochen im Herzen sei der Herzog nicht fähig, eine längere Reise zu Schiff anzutreten. Dann wiederum ließ er mitteilen, dass Waldemar IV. sich weigere, ihn aufzunehmen, um die sich langsam verbessernden Beziehungen mit dem Königreich England nicht zu gefährden.

Vor allem durch die sich hartnäckig haltenden Gerüchte um den desolaten Gesundheitszustand des Herzog von Yorks ließ die Wachsamkeit der Königstreuen nach. Und während sich im Heer Buckinghams und Somersets erste Zerfallserscheinungen bemerkbar machten, sammelten sich in Sunderland an der Ostküste und Newton im Westen die dänischen und irischen Truppen, unentdeckt von den Spähern Königin Joans.

Als am 7. September 1361 Buckingham und Somerset erneut in Deighton erschienen, wimmelte es dort nur von feindlichen Truppen und so zogen es beide vor, sich schnellstmöglich zurückzuziehen. Auncell sandte zur selben Zeit eine ironische Botschaft an Königin Joan, in der er ihr mitteilte, dass er bereit zur Abreise sei. „Das Ziel ist London.“, so hieß es weiter und „Ich habe die feste Absicht, mich spätestens am Weihnachtsabend in Westminster krönen zu lassen.“

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Buckingham und Somerset erreichten am 08. September 1361 ihr eigenes Heer kurz vor dem Eintreffen der feindlichen Heeresmacht. Obwohl der sofortige Rückzug angeordnet wurde, kam es zwischen der Nachhut der Königstreuen und der aus dänischen Berittenen bestehenden Vorhut der Yorkisten zu einem heftigen Gefecht. Erst das beherzte Eingreifen der aus flämischen Pikenieren bestehenden Kerntruppe Somersets rettete das Heer Königin Joans vor der völligen Vernichtung. Als der aus Scham zum königlichen Heer zurückgekehrte Earl of Richmond schließlich todesmutig den Kampf mit seinen schwer gepanzerten Rittern aufnahm und immer wieder tief in die feindlichen Reihen vorstieß, mussten sich die Dänen sogar zurückziehen.

Dieser Tag gehörte also Buckingham, Somerset und Richmond, doch ließ das gewaltige Heer Auncells niemanden am weiteren Verlauf des Krieges zweifeln. Erneut hatten die Königstreuen eine empfindliche Schlappe hinnehmen müssen und befanden sich auf dem Rückzug nach Süden.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 25. September 2012 22:18

Der Rückzug der Königstreuen wurde mehr und mehr zu einer Flucht. Nur bei den Kerntruppen der Barone, Grafen und Herzöge war noch Ordnung erkennbar. Als die zurückflutenden Truppen schließlich am 23. September 1361 die kleine Ortschaft St Albans, etwa 20 Meilen nördlich Londons, erreichten, gab es das vor Cold Ashby siegreiche königliche Heer nicht mehr. Königin Joan erschien mitten in der Nacht im Ort und ließ sich von ihren Feldherren ins Bild setzen. Auch dieses Mal reagierte sie sehr gefasst auf die schlimmen Nachrichten, traf aber noch in der gleichen Stunde alle notwendigen Entscheidungen selbst.

Buckingham, so bestimmte sie, sollte den bereits im März des Jahres gefassten Plan verwirklichen und Wales für die Krone halten. Somerset und Richmond sollten die Königin auf das Festland begleiteten, wo neue Truppen ausgehoben werden sollten, um solcherart verstärkt den Kampf in England wieder aufzunehmen.

Während sich Buckingham also mit den wenigen Rittern seines Gefolges auf den Weg nach Wales machte, eilte die Königin mit den letzten verbliebenen Getreuen zurück nach London, um ihre Flucht über den Kanal auf die französischen Reichsgebiete vorzubereiten.
Die dänische Flotte, so wurde berichtet, war an der englischen Südküste entlang nach Osten gesegelt, hatte Portsmouth passiert und dann kleinere Städte und Dörfer geplündert. Der Weg über den Kanal schien also frei.

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Am 24. September war die Königin zurück in London, hatte erneut eine kurze Unterredung mit dem Lord Major von London und verließ die Stadt noch am gleichen Abend wieder. Dass diese Eile keineswegs übertrieben war, zeigte sich schon am nächsten Tag, als das Heer Auncells von York vor den Mauern der Stadt aufzog und die Übergabe der Stadt forderte. Wie mit Joan abgesprochen, überreichte der Magistrat Londons die Schlüssel zur Stadt und hieß den Herzog von York willkommen.

Und während Auncell endlich in London einzog und die Bürgerschaft schweigend die Besetzung der Stadt beobachteten, ritten Königin Joan, der Herzog von Somerset und der Earl of Richmond nach Southend-on-Sea, wo sie Schiffe der königlichen Flotte bestiegen und über den Kanal in Richtung Südwesten segelten.

Die Überfahrt dauerte viel länger als geplant. Die Vorboten der gefürchteten schweren Herbststürme auf der Nordsee streckten ihre Finger aus und ließen die Flotte mit den dezimierten Mannschaften zum Spielball werden. Erst wurden die Schiffe nach Norden abgetrieben und mussten dann mühsam jede Meile nach Süden gegen widrige Winde hart erkämpfen. Als man die französische Küste schließlich auf der Höhe von Calais schon am Horizont ausmachen konnte, erblickte man Segel am Horizont und segelte im Schutz der hereinbrechenden Dunkelheit nach Osten.

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So erreichte die Königin und die letzten Getreuen am 13. Oktober 1361 die Küste bei Dieppe. Auch ihre Landung auf dem Festland geschah sprichwörtlich in letzter Sekunde, zeigten sich doch kurz darauf unzählige Segel am Horizont, welche schließlich als Kriegskoggen der dänische Flotte erkannt wurden.
Joan zog sich rasch in Begleitung von Charles, dem Herzog der Normandie, in die Festungsstadt Rouen zurück und hoffte, dass Auncell seiner Krönung mehr Bedeutung beimaß als ihrer Verfolgung. Nur so hatte sie Zeit, ihre Rückkehr nach England vorzubereiten, an die im Übrigen nur noch wenige der gerade Gelandeten glaubten.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 27. September 2012 20:22

Rouen wurde nicht nur zum Zufluchtsort der rechtmäßigen Königin von England, die Stadt etablierte sich auch erstaunlich schnell zum Sammelpunkt der ihr treu gebliebenen Vasallen.

Ende Oktober 1361 - die dänische Flotte blockierte mittlerweilen die gesamte Küste der Normandie - erreichte auf einem der letzten Schiffe die aus England entkamen Roger Mortimer, der Earl of March im Gefolge des Earl of Burton, die Stadt Rouen. Mortimer kniete demütig vor Joans provisorischem Thron nieder und bat um Vergebung. Nach seinem Verrat am königlichen Heer in der Schlacht bei Northampton hatte sich Mortimer schnell mit Auncell überworfen und schmollend auf seine Gebieten zurückgezogen. Königin Joan, die bei ihren Anhängern aufgrund der allgemeinen Lage nicht mehr sehr wählerisch sein durfte, verzieh Mortimer großzügig. Der Earl of March und der Earl of Burton sollten aber nicht die letzten sein, die der englischen Königin ihre Dienste anboten.

Wahrscheinlich zu Allerheiligen 1361 erreichte John von Gent Rouen und bat Buckingham darum, der Königin vorgestellt zu werden. Mit diesem Treffen kam es im Thronsaal Rouens zu einem Ereignis, welches die weiteren Geschicke Englands für lange Zeit bestimmen sollte. Was genau sich im Saal an diesem Abend abspielte, ist nicht im Detail überliefert. Nachweisbar ist jedoch, dass sich die 24-jährige Joan Plantagenet und der 27-jährige John von Gent hier das erste Mal begegneten und die Königin von dem hochgewachsenen Sohn des Herzogs von Flandern sichtlich beeindruckt war. Zeitgenossen beschreiben John als „mutigen Ritter von großem Wuchs und breiten Schultern, ohne gedrungen zu wirken. Die Haare waren ganz dunkel, jedoch nicht schwarz. Die Augen blickten klar, von blauer Farbe, seine Gesichtszüge edel, die Wangen glatt.“
Auch John von Gent war wohl, als er vor dem Thron kniend zu Joan aufblickte, der Schönheit und natürlichen Anmut der Königin erlegen. Ein Chronist berichtete später: „Beide, Königin Joan und John von Gent, blickten sich lange an. So lange, dass es fast schon als unschicklich zu bezeichnen wäre. Erst als sich schließlich der Herzog von Somerset vernehmlich räusperte, wurde der Bann gebrochen und die beiden lösten errötend den Blick voneinander.“

John von Gent musste sich schnell gefasst haben, denn er bot der Königin die vollständige Unterstützung Flanderns an und berichtete, nachdem er dazu aufgefordert worden war, von seinem kürzlichen Kampf gegen Gawain de Molay. John versprach der Königin die Aufstellung einer Armee und die Wiedereinsetzung Joans als rechtmäßige Herrscherin von England. Als ihn Somerset darauf hinwies, dass ein Übersetzen über den Kanal durch die dänische Blockade unmöglich sei, soll John geantwortet haben: „Ein ‚unmöglich‘ gibt es für mich nicht. Sollte ich nicht halten, was ich eben hier versprach, so komme ich lieber bei dem Versuch um, als nach einem Scheitern ohne Ehre weiterzuleben.“

Es wird berichtet, dass Königin Joan unter dem Raunen der Anwesenden daraufhin John von Gent eine rote Rose überreicht hätte, die dieser nur kurze Zeit später zu seinem persönlichen Wappenzeichen machte. Inwieweit diese Geschichte in das Reich der Legenden gehört, ist nicht geklärt. Tatsache ist jedoch, dass sein persönliches Wappen eine rote Rose zeigte und dieses Zeichen auch alle seine Ritter trugen. In den Feldschlachten kämpfte John von Gent jedoch auch später ausschließlich unter dem englischen Löwenbanner.

Der Sohn des Herzogs von Flandern verließ Rouen mit allen guten Wünschen der Königin, während Somerset, Richmond und viele andere „dem Heißsporn“ eher die kalte Schulter zeigten.
Somerset zog nach Flandern, um hier in den bisher vom Krieg verschonten Gebieten neue Soldaten anzuwerben. Es gelang ihm auch bald, eine schlagkräftige Truppe zu sammeln. Mit diesem Heer hatte er seinem „Kontrahenten“ John von Gent zuvorkommen, den Kanal überqueren und London wieder für Königin Joan in Besitz nehmen wollen. Doch verhinderte dies die schon erwähnte Blockade der Dänen. Da Somerset in der Zwischenzeit vom Marsch Jehanin Becots, des Barons von Troyes, auf Marseille erfahren hatte, führte er seine Männer im Eiltempo nach Süden und erfocht nur wenige Monate später einen bedeutenden Sieg, über den hier schon geschrieben wurde.
Zuletzt geändert von Condottiere am 28. September 2012 11:26, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 27. September 2012 21:07

Im Januar 1362 kam es zu politischen Ereignissen weit im Osten, die entscheidend dazu beitrugen, das Blatt im Kampf zwischen Königstreuen und Yorkisten wieder zu wenden.
Der zwischen Russland – besser der Republik Nowgorod – und Dänemark ausgehandelte Waffenstillstand hatte nicht lange gehalten. Schuld am Wiederaufflammen der Feindseligkeiten war wohl ein Übergriff dänischer Händler auf Kaufleute aus Kiev in Malmö, der schnell zu einer militärischen Antwort Nowgorods führte.

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Waldemar IV. sah sich im Januar 1362 gezwungen, nicht nur seine Flotte aus den Gewässern der Nordsee, sondern auch einen Großteil der Truppen aus England abzuziehen. Das bereitete jedoch dem am 24.12.1361 zu Auncell I. gekröntem ehemaligen Herzog von York wenig Sorge. Er war sich sicher, dass er auf die Mehrzahl der ihm Treue gelobten Barone und Grafen bauen konnte und diese seiner Nichte keine Träne nachweinten.

Lediglich der erfolglose Kampf Thomas de Beauchamp, des 11. Earl of Warwick, gegen Buckingham in Wales machte ihm etwas Sorgen. Buckingham, so schien es Auncell, hatte sich „wie ein wütender Köter in den Fleischbatzen Wales verbissen“ und würde „eher daran ersticken, als diesen wieder loszulassen.“

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Buckingham schaffte es mit den Blitzattacken seiner Ritter immer wieder, Patrouillen Warwicks zu überfallen und komplett aufzureiben. Immer, wenn es Warwick unter großen Verlusten gelang, eine der heftig verteidigten Burgen in Wales zu erobern, loderten in bereits besetzten Gebieten Aufstände walisischer Bauern und Freischärlern auf, die er erneut bekämpfen musste. So sah sich Auncell schließlich gezwungen, sein gesamtes Heer nach Wales in Marsch zu setzen, um endlich den letzten Widerstand der Plantagenets auf der Insel zu brechen.

Er war kaum aufgebrochen, da erreichte ihn Mitte Februar 1362 die Nachricht von der Erhebung des gesamten englischen Südens. Vor allem in Cornwall hatte man den Anhängern Auncells sehr deutlich gemacht, was man von der Herrschaft des Thronräubers Auncells hielt und den dortigen Magistrat kurzerhand aufgehangen.

So war Auncell genötigt, sein Heer aufzuteilen und beide Brandherde zu bekämpfen. Als Heerführer des nach Wales marschierenden Heeres bestimmte er Sir William Hastings, ein glühender Verehrer Yorks jedoch ein nur mittelmäßiger Anführer und Feldherr.
Auncell selbst behielt es sich vor, zuerst die Rebellion im Süden zu bekämpfen und sich später wieder mit dem Heer Hastings zu vereinigen. Hastings bekam den Befehl, die Grenzgebiete zu Wales streng zu überwachen und sich mit den Truppen Warwicks zu vereinigen.

Buckingham hatte inzwischen Verstärkung durch walisische Freiwillige und einige irische Barone mit ihren Truppen erhalten. Ende Februar war er bereit, die Initiative zu ergreifen und das Heer Warwicks anzugreifen.

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Bei Aberdare kam es am 03. März 2012 zur Schlacht, die Buckingham aufgrund der Disziplin seiner Waliser und der ungestümen Art der Iren für sich entscheiden konnte. Vor allem das Geschick der walisischen Bogenschützen machten den Erfolg Buckinghams fast zu einem Spaziergang und mehrten seinen Ruf als klugen Taktiker und fähigen Feldherren.

Fortuna jedoch hatte mit Buckinghams Kriegsglück anderes vor. Noch bei der Verfolgung der in völliger Panik fliehenden Truppen Warwicks stießen Buckinghams Truppen auf den vorsichtig vorrückenden William Hastings. Die johlenden Soldaten Buckinghams standen völlig unvorbereiteten den geordnet marschierenden Reihen des Yorkisten gegenüber. Wie Wasser auf Fels trifft, fluteten Buckinghams Männer zurück und wurden nun ihrerseits zu Gejagten.

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Buckingham war gezwungen, sich mit seinen Männern nach Caernarvon zurückzuziehen, um sich hier neu zu formieren und den weiteren Verlauf der Dinge zu beobachten. Die Zeit arbeitete für ihn, wusste er doch, dass Auncell mit dem Aufstand in Cornwall alles Hände voll zu tun hatte und Hastings alleine zu schwach war, um ihn in Caernarvon anzugreifen. Jedoch hatte Buckingham mit den erlittenen Verlusten vorerst die Chance für eine Initiative wieder verspielt.

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Während sich also Fortuna vorerst von Buckingham abgewendet zu haben schien, begann an der Westküste Wales mit der Landung seines Heeres der kometenhafte Aufstieg des John von Gent…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 28. September 2012 15:56

John von Gent hatte den November und Dezember 1361 eifrig genutzt, um ein großes Heer unter seiner Führung zu sammeln. Glücklicherweise hatten sich dem Herzog von Somerset in Flandern zum größten Teil nur Söldnereinheiten angeschlossen. Doch die wirkliche Fußkämpferelite Flanderns – alles altgediente Veteranen mit enormer Kampferfahrung – strömten nun erst auf seinen Ruf zu den Sammelplätzen des Heeres. Auch in Flandern war man eher bereit, dem Sohn des eigenen Herzoges zu folgen, als sich von einem aus England vertriebenen Heerführer anwerben zu lassen.

So marschierte das Heer John von Gents bereits im Dezember durch die Normandie nach Westen. Auch hier, in den nordfranzösischen Gebieten schlossen sich ihm noch einmal etliche Soldaten an. Der Graf von Caen sandte ihm sogar zwei der wertvollen Bombarden samt zwei der fähigsten Geschützmeister und Mannschaften. In der Bretagne schließlich, liefen John von Gent noch einmal kriegserfahrene Soldaten zu, der Graf von Rennes und der Graf von Saint-Malo stellten eigene Kontingente und schlossen sich dem Vorhaben an.

Das ganze Unternehmen erhielt noch einmal eine immense Aufwertung, als der mittlerweile in Avignon residierende Papst eine päpstliche Standarte sandte.

Innozenz VI. hatte sich, nachdem er durch seine Landsleute vorerst keine Unterstützung im Kampf gegen Sizilien erfahren hatte, schmollend im August 1360 nach Mailand und später nach Avignon zurückgezogen. Obwohl ihm die jeweiligen Herzöge immer wieder versicherten, dass man dem Wunsch des Heiligen Vaters baldmöglichst nachkommen und Rom aus der Hand des blutrünstigen Neapolitaners befreien werde, glaubte Innozenz sicherlich nicht mehr daran, noch zu Lebzeiten nach Rom zurückzukehren. Bis September 1360 hatte es aber durchaus Überlegungen Edmunds IV. gegeben, Innozenz die Rückkehr nach Rom zu ermöglichen. Doch verhinderte die Ermordung des englischen Königs die Ausführung des Planes.

Der Papst hatte also ein ureigenes Interesse daran, dass sich die Verhältnisse in England wieder ordneten. Nur so konnte man die Unterstützung seiner eigenen Person wieder in den Fokus zukünftiger englischer Überlegungen rücken.

Wie durch ein Wunder – in Wahrheit aber durch die bereits oben geschilderten wiederaufgenommen Kampfhandlungen zwischen Nowgorod und Dänemark – war der Weg Ende Februar 1362 plötzlich für eine Überfahrt nach England frei. Die in den französischen Kanalhäfen mit Mannschaften wieder aufgefüllten englischen Schiffe waren einsatzbereit und durch die aus flandrischen Büchsenmacherwerkstätten geschmiedeten Kanonen eine gefährliche Waffe.

Durch Späher hatte John von Gent vom Aufstand Cornwalls gegen Auncell erfahren und wusste auch, dass dieser sein Heer geteilt hatte. Wegen derzeitig tobender schwerer Winterstürme, die eine Überfahrt über den Kanal unmöglich machte, saß er jedoch ungeduldig in Saint-Brieuc und wartete auf besseres Wetter.
Erst Anfang März 1362 standen Wind und Wetter günstig für eine Überfahrt. John von Gent hatte sich jedoch entschlossen, den längeren Weg nach Wales zu nehmen, um sich mit den Truppen Buckinghams zu vereinigen. Dass dieser in der Zwischenzeit geschlagen in Caernarvon festsaß, ahnte aber der junge Feldherr nicht.

Es muss für Buckingham ein unvergesslicher Anblick gewesen sein, als die englische Flotte schließlich in den Gewässern vor der imposanten Festungsanlage auftauchte und umgehend begann, die Truppen zu landen. John von Gent ritt unterdessen mit seinem Gefolge zu Buckingham, um Kriegsrat zu halten. Der alte Feldherr war wohl von der Person seines wesentlich jüngeren Gegenübers so beeindruckt, dass er überhaupt gar nicht auf die Idee kam, die Führerschaft des Feldzuges zu fordern. Bereitwillig stellte er seine Bogenschützen unter das Kommando des jungen Gent und überließ diesem außerdem den Großteil der verbliebenen irischen Fußkämpfer.

John von Gent marschierte nur vier Tage nach der Landung in Wales mit seinem Heer auf die Truppen William Hastings zu. Hastings, der bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal wusste, dass sich das Kräfteverhältnis in Wales komplett ins Gegenteil verkehrt hatte, wurde vom Aufmarsch des feindlichen Heeres vollkommen überrascht. Einer Panik nahe befahl er den sofortigen Rückzug, jedoch war die Verwirrung bei seinen Soldaten so groß, dass Signale falsch verstanden und Befehle schließlich gar nicht mehr weitergegeben wurden. Hastings Heer flutete bereits in Auflösung begriffen nach Osten zurück, während die flämischen, normannischen und bretonischen Soldaten eine wilde und blutige Hetzjagd begannen.

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Nur drei Stunden später hatte das Heer Hastings aufgehört zu existieren und unzählige Leichen bedeckten das Feld von Newtown. Nach Warwick floh nun bereits der zweite Feldherr Auncells nach Osten, zurück zu seinem Herrn und „König“.

John von Gent ließ sein Heer in der Nähe des Schlachtfeldes zwei Tage rasten und eilte dann den Resten der Truppen des geschlagenen Hastings hinterher. Bei Ludlow traf er noch einmal auf ein Heer der Yorkisten, welche sich an einem bewaldeten Hügel formiert hatte. Die Masse der aufgestellten Soldaten setzte sich jedoch aus Bauern- und Handwerkersöhnen zusammen, die entweder über gar keine oder nur unzureichende Kampferfahrung verfügten. Zudem dachten diese unfreiwillig zum Kriegsdienst gezwungenen Männer überhaupt gar nicht daran, sich für den Thronräuber Auncell abschlachten zu lassen.

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Das Heer der Yorkisten löste sich auf, als die aufmarschierten Truppen John von Gents sich zum Angriff langsam in Bewegung setzten. Der Weg nach London war nun vollkommen frei, jedoch gab es noch immer das Problem Auncell I., des Usurpators auf dem englischen Thron.

Auncell hatte in der Zwischenzeit die Rebellion in Cornwall blutig niedergeschlagen und sich gerade dadurch auch beim Adel Südenglands verhasst gemacht, waren es doch ihre Leibeigenen und Pächter, die der selbsternannte König hier foltern und aufhängen ließ. Auncell marschierte mit seinem Heer nach Norden, während Gent mit unglaublicher Geschwindigkeit auf London zu marschierte.

Bereits nach seinem Sieg in Ludlow hatte er eine Nachricht an Königin Joan gesandt, sich umgehend mit allen verfügbaren Rittern ihres Gefolges zurück nach England zu begeben. Und tatsächlich erreichten beide, die heimgekehrte Königin und der siegreiche Feldherr die Hauptstadt London nahezu zur gleichen Zeit.
In der Nähe von Stanmore, inmitten des vollständig angetretenen Heeres, empfing John von Gent seine Königin. Durch Roger Byrne, den Hauskaplan des jungen Feldherren, ist überliefert, wie sich die zweite Begegnung der beiden abspielte: „John von Gent ging der Königin allein entgegen, über der polierten Rüstung trug er seinen weißen Wappenrock mit der roten Rose. Er nahm den Zelter der Königin am Zügel und war ihr beim Absteigen behilflich. Dann kniete John von Gent nieder und hob nicht eher den Blick, bis die Königin das Wort an ihn richtete. Er erhob sich und führte Königin Joan zu einem thronartigen Stuhl, welcher vor einem prächtigen Zelt aufgebaut worden war. Unglaublicher Jubel erscholl, als die Königin schließlich auf dem Stuhl Platz nahm und somit ihren rechtmäßigen Herrschaftsanspruch über England erneuerte. Dann wurden zwölf große Kisten herbeigeschleppt, allesamt aus Eichenholz und mit eisernen Beschlägen versehen. John von Gent machte seiner Herrin nicht nur den Sieg über Hastings zum Geschenk, er gab auch das rechtmäßige Eigentum der englischen Krone, die Steuereinnahmen Südfrankreichs, Frankens und Bayern zurück. Nicht weniger als 30.000 Pfund Silber, eben jenes Silber, welches von Gawain de Molay in den französischen Gebieten zusammengeraubt worden waren, legte er der Königin sprichwörtlich zu Füßen.“

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Noch auf dem Feld bei Stanmore wurde an diesem Tag, dem 28. April 1362, John von Gent, dem Sohn des Herzogs von Flandern, die Herzogswürde über Lancashire verliehen. Er reihte sich nun ein in die adlige Elite der Peers von England, die bisher dem gekrönten Haupt des Königreichs England mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatten und dies auch in Zukunft wieder tun würden.

Doch galt es vor dem Schmieden von Zukunftsplänen dringend, feierlich in London einzuziehen und Auncell endgültig zu besiegen. London hatte, kaum dass die Bevölkerung die Nachricht von der Rückkehr ihrer Königin erfahren hatte, die verhassten Soldaten Auncells zusammengetrieben und etliche davon in der Themse ertränkt. Der Rest wurde aus der Stadt gejagt und floh in den Norden.

Als am 30. April schließlich Königin Joan in Begleitung des frisch gebackenen Herzogs von Lancaster in London einzog, säumten Zehntausende die Straßen. Ohrenbetäubender Jubel begleitete den Zug bis nach Westminster. Doch galt der Jubel nicht allein der zurückgekehrten Königin. Die Londoner, die schon immer eine große Schwäche für junge hübsche Ritter hatten, feierten auch den jungen Herzog von Lancaster. Und viele der Anwesenden – ob alt oder jung, ob Mann oder Frau, ob arm oder reich – waren sich hinterher vollkommen einig, dass Joan und John ein sehr hübsches Paar abgaben…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 2. Oktober 2012 13:37

Auncell hatte sich nach den Misserfolgen seiner beiden Feldherren nach Norden zurückgezogen und versucht, neue Verbündete und Truppen zu finden. Als Verbündete blieben ihm in Yorkshire nur noch die Nevilles, eine der größten Familien und eine Nebenlinie der Yorks.
Durch viel Zureden, noch mehr aber durch immense finanzielle Mittel, schaffte es Auncell tatsächlich, sein Heer noch einmal zu verstärken. Auch aus Schottland erhielt er von seinem letzten hier verbliebenen Verbündeten, Earl William Douglas, eine beträchtliche Anzahl mutiger schottischer Pikenträger. Durch diese Bemühungen gerüstet, wollte er einen finalen Angriff auf die wieder inthronisierte Königin Joan beginnen und den Nachfolgestreit endgültig beenden.

Den Herrschaftsanspruch seiner Königin wollte auch John, der Herzog von Lancaster, endgültig manifestieren. Mitte Mai 1362 hatte er sein Heer in den südlichen Midlands neu formiert und war bereit, dem Thronräuber Auncell das Handwerk zu legen. Das Rückrat seiner Armee bildeten die gepanzerten Fußkrieger der treu zur englischen Krone stehenden Barone, Grafen und Herzöge. Dass viele dieser Mitglieder des Hochadels noch vor Kurzem Auncell gehuldigt hatten, sei hier nur am Rande erwähnt… Unterstützt wurden die Truppen des Adels durch acht Kompanien walisischer Langbogenschützen und bretonische Söldner. Die Speerspitze jedoch waren die Ritter des Herzogs, die, hoch zu Ross, gepanzert und mit ihren bis zu 5 Meter langen Lanzen auf den Feind zustürmen sollten.

Lancaster, der wohl wie kaum ein anderer das späte Ideal eines „wahren Ritters“ verkörperte, lud Auncell auf ganz altmodische Art und Weise zum Schlagabtausch auf das Schlachtfeld ein. Als Auncell schließlich Mitte Juni in der Lage war die Herausforderung anzunehmen, hatte Lancaster bereits das perfekte Gelände für die Entscheidungsschlacht gefunden. Etwa zehn Meilen südlich von York, bei einem kleinen, verschlafenen Weiler namens Towton, sollte die letzte Schlacht dieses Krieges geschlagen werden.

Lancaster, der im Auftrag der Königin ein letztes Mal eine Aufforderung zur Aufgabe an York übebringen sollte, wollte jedoch den Kampf. Eine ehrenvolle Einigung mit Auncell – das Angebot ins Exil zu gehen, blieb weiterhin bestehen – wollte Lancaster jedoch nicht. Auch Buckingham und Somerset, Letzteren Ländereien hatten durch die Niederschlagung der südenglischen Rebellion durch Auncell am meisten gelitten, waren unversöhnlich in ihrer Abneigung.

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Dass Auncell selbst die Möglichkeit ins Exil zu gehen jemals als Option in Betracht gezogen hatte, ist nicht anzunehmen. Die Enttäuschung über die Abkehr seines eigenen Sohnes Richard und die Niederlagen seiner Heerführer hatten ihm gesundheitlich schwer zugesetzt. Wahrscheinlich ahnte der kurzzeitig zum englischen König ausgerufene Auncell, dass dieser Kamp sein Letzter werden würde.

Als das letzte Aufgebot der Yorkisten schließlich am späten Nachmittag bei Towton erschien, warteten die Truppen Lancasters schon in ihren Stellungen. Es kam zu einem letzten Treffen vor der Schlacht, an dem außer Lancaster noch Buckingham und Somerset auf der einen Seite und Auncell, der Earl William Douglas und Ralph Neville, der 1. Earl von Westmorland auf der anderen Seite teilnahmen. Auncell wurde als Onkel der Königin die Möglichkeit des Exils angeboten, Douglas und Westmorland sollten die Waffen niederlegen und sich vor dem königlichen Gericht verantworten. Alle drei Yorkisten lehnten das Ansinnen ab. Lancaster gab daraufhin bekannt, dass gegenüber Verrätern, denen man in und nach der Schlacht habhaft werden sollte, keinerlei Pardon gewährt würde.

Der Befehl erscheint heute grausam, im Kontext seiner Zeit jedoch absolut nicht außergewöhnlich. Das Vergehen, dessen sich sowohl Auncell als auch die mit ihm verbündeten Adligen schuldig gemacht hatten, war Hochverrat. Und Hochverrätern stand die schlimmste aller Strafen bevor. Da zogen die meisten der potentiellen Rebellen einen ehrenvollen Tod in der Schlacht doch lieber vor, als sich aufhängen, ausweiden, köpfen und vierteilen zu lassen.
Da über die besagten Verhandlungen – auch wenn diese nicht lange dauerten – bereits die Dämmerung hereingebrochen war, wurde der Waffengang auf den folgenden Tag verschoben.

Lancaster hatte seine Truppen im Süden Towtons auf einer kleinen Anhöhe formiert und die Stellungen mit schräg zum Feind in die Erde gerammten Holzpflöcken gesichert. Ihm direkt gegenüber hatte Auncell seine Truppen ebenfalls auf einer Anhöhe postiert, weitestgehend aber auf Feldbefestigungen verzichtet. Am Grund der kleinen Senke zwischen den beiden Höhen floss ein kleiner Bach, der zwar flach war und somit leicht zu durchwaten, jedoch über beidseitig schlammige Uferböschungen verfügte.

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Beide Heere verfügten in Towton über keine Artillerie. Lancaster hatte seine Geschütze – um schneller voranzukommen – in London zurückgelassen und Auncell verfügte nach den herben Niederlagen der letzten Monate über gar keine Kanonen mehr. Es sollte die letzte große Schlacht in England sein, die gänzlich ohne den ohrenbetäubenden Donner von Kanonen geschlagen werden sollte.

Der 27. Juni 1362 war ein sehr sonniger Tag, der heiß zu werden versprach. Linderung vor der Hitze verschaffte nur ein vom Süden wehende kräftige Wind. Die Schlacht begannen traditionell die Bogenschützen beider Seiten, doch erreichten die Pfeile der Yorkisten aufgrund des Gegenwindes die feindlichen Stellungen nicht, sondern fielen wirkungslos ins Gras. Die Antwort der Lancastertruppen war umso verheerender, trafen doch die Pfeile der Waliser nicht nur die ersten Reihen, sondern deckten die ganze Armee der Yorkisten ein. Zu einem der ersten Gefallenen an diesem Tag gehörte Richard Neville, der Sohn von Ralph Neville und ein Neffe des Herzogs von York. Auncell musste, wollte er nicht sein Heer im feindlichen Pfeilhagel verlieren, angreifen.

So stürmten die yorkistischen Truppen auf der gesamten Front den Hügel hinab, die ganze Zeit unter heftigem Beschuss durch Lancasters Bogenschützen. Sie erreichten den Bach, wo der Vormarsch durch den Schlamm ins Stocken geriet. Das war der Moment, in dem auch der Herzog von Lancaster den Angriff befahl. Während seine Bogenschützen den Vormarsch der feindlichen Fernkämpfer weiter verhinderten, erreichten die gepanzerten Fußkämpfer und die bretonischen Söldner den Bach, in welchem es von Feinden wimmelte.

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Kaum einem der Soldaten Yorks gelang es an diesem Tag, das andere Ufer zu erreichen. Wer es dennoch durch das Inferno aus blutigen Schwerter, Kriegshämmern, Piken und Lanzen auf die andere Seite schaffte, wurde dort erschlagen oder fiel verwundet den gezückten langen Dolchen der Knappen zum Opfer. Doch auch die gut gezielten Pikenstiche der yorkistischen Soldaten verursachten hohe Verluste bei den Truppen Lancasters.
Um die Mittagszeit hatte sich das Bachbett komplett mit Leichen gefüllt. Das Schlachten dauerte dennoch weiter an.
Am frühen Nachmittag, die Reihen Auncells gaben immer noch nicht nach, befahl Lancaster den Einsatz seiner Ritter auf die linke Flanke des Feindes. Wer der Wucht der galoppierenden Pferde oder den Lanzenstiche der gepanzerten Ritter nicht zum Opfer fiel, wurde zurückgedrängt. Die linke Flanke der Yorkisten konnte dem durch Somerset geführten Angriff nicht standhalten und musste langsam zurückweichen. Als Buckingham mit seinen Truppen den Druck auf diese Seite noch verstärkte, geriet der gesamte linke Flügel des feindlichen Heeres ins Wanken. Am späten Nachmittag wurde auch dem letzten der Yorkisten klar, dass diese Schlacht nicht mehr zu gewinnen war. Zuerst nur langsam, dann immer schneller dünnten sich die hinteren Reihen in Auncells Heer aus. Aus einzelnen fliehenden Soldaten wurden Gruppen, schließlich ganze Kompanien. Das Heer der Yorkisten war geschlagen und floh vom Feld.

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Die Verfolgung der nach Norden fliehenden Truppen des Herzog von Yorks dauerte bis zum Einbruch der Nacht. Somersets Soldaten waren besonders gründlich und gaben, dem Befehl Lancasters folgend, keinerlei Pardon. Als man in den nächsten Tagen das Schlachtfeld gründlich inspizierte, um den gefallenen Adel vom gemeinen Volk zu trennen, fand man schließlich auch die Leiche von Auncell, dem Thronräuber. In seinem Brustpanzer steckten zwei abgebrochene Pfeilschäfte, außerdem fanden die Soldaten Lancasters noch den abgebrochenen Schaft einer Lanze etwas oberhalb der rechten Hüfte. Damit war zumindest sichergestellt, dass die yorkistische Rebellion ihren Kopf verloren hatte. Die Soldaten fanden außerdem auch den erschlagenen schottischen Earl William Douglas und zahlreiche Ritter mit dem Wappen der Nevilles. Nur Ralph Neville, dem Earl von Westmorland, war die Flucht geglückt.

Mit dem Sieg bei Towton am 27. Juni 1362 war zumindest militärisch das letzte Wort im Thronfolgekrieg auf der Insel gesprochen. Gewaltigen Aufgaben wartete nun auf die Sieger, musste doch nach 2 Jahren blutigen Bürgerkrieges die Verhältnisse im Reich wieder streng geordnet werden.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 2. Oktober 2012 13:39

Das weitere Schicksal des vom Feld von Towton geflohenen Ralph Nevilles wurde bisher immer nur in Fußnoten erwähnt und soll deshalb auch hier in ein paar Worten geschildert werden.
Der Earl von Westmorland schaffte es, wahrscheinlich erst als Bauer dann als Kaufmann verkleidet, bis Southampton. Dort gab er sich als Sonderbotschafter Königin Joans aus, der in dringenden Angelegenheiten auf den Kontinent reisen müsse. Er fand eine Passage auf der Kogge „St. Cuthbert“, dessen Kapitän er befahl, mit der nächsten Flut auszulaufen. Nur wenige Minuten später erreichten Berittene Lancasters Southampton, wo sie die Spuren Nevilles im Gewirr des Hafens verloren hatten.

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Das Frachtschiff erreichte Saint-Malo nur zwei Tage später und Neville ging von Bord. Glücklich, dass er das Festland erreicht hatte, wurde er wahrscheinlich unvorsichtig und auf diese Weise in einem Gasthaus erkannt. Ausgerechnet Richard von York, königstreuer Sohn des mittlerweilen toten Thronräubers Auncell und gerade auf dem Weg nach London zu Königin Joan, erkannte seinen eigenen Vetter. Neville wurde noch im Gasthaus von Stadtbütteln festgenommen und – weil er sich heftig zur Wehr setzte – fast totgeschlagen. Erst als Richard von York einschritt und dem Treiben ein Ende machte, wurde Neville gebunden und bewusstlos in einem der Stadttürme eingekerkert.

Der Rest ist schnell berichtet. Als drei Tage der Herzog der Normandie in Saint-Malo eintraf, stellte man Neville vor die einfache Wahl: Hochverratsprozess in London oder schnelle Aburteilung an Ort und Stelle durch das Beil des Henkers.
Der Kopf Ralph Nevilles, des Earl von Westmorland, fiel am 17. Juli 1362 in Saint-Malo und zog einen Schlussstrich unter eines der unrühmlichsten Kapitel der englischen Geschichte.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 4. Oktober 2012 15:40

Der innere Kampf um die rechtmäßige Thronfolge im Königreich England war entschieden und es war nur einer äußerst glücklichen Fügung und sehr vielen Zufällen zu verdanken, dass er nicht gänzlich anders ausgegangen war. Wer weiß, vielleicht hätte sich Auncell nach dem endgültigen Sieg über seine Nichte und deren Anhänger gegen seine alten Verbündeten – Dänemark und den deutschen König – gewandt, um den Preis für die Unterstützung wieder zurückzufordern.
Fast ein Wunder ist es auch, dass es in diesen zwei Jahren keinem Feind der englischen Krone gelang, erwähnenswerte Gebietserfolge für sich zu erzielen.

Karl IV. hatte es sich in Prag recht gemütlich gemacht und die Stadt durch seine rege Bautätigkeit zur „Goldenen Stadt“ gemacht. Wundervolle Bauwerke wie der Veitsdom, die Karlsbrücke oder die Burg Karlstein (30 km von Prag entfernt) zeugen noch heute davon. Die in Prag gegründete erste „europäische“ Universität zeugte außerdem vom Willen Karls, die Stadt zu einem geistlichen und kulturellem Zentrum seines Reiches zu machen. Und so entwickelte sich Prag zur Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches.
Karl bemühte sich intensiv um eine gute Beziehung zum letzten verbliebenen weltlichen Reichsfürsten Rudolf IV., dem Herzog von Österreich, der Steiermark und Kärnten sowie den Lambertazzis, der bedeutendsten und einflussreichsten Familie in Bologna.
Er sandte darüber hinaus mehrere äußerst höflich formulierte Schreiben an Papst Innozenz VI, um sich über das Ergebnis des Konzils von Canterbury zu beklagen. Es gab zwar kein öffentliches Einlenken des Heiligen Vaters, die Korrespondenz verbesserte jedoch die Beziehung zum Papst und der Kurie erheblich. Vielleicht hielt sich Innozenz auch die Möglichkeit offen, den König des Heiligen Römischen Reiches statt den Herrscher Englands um Unterstützung bei der Rückkehr seiner Person nach Rom zu bitten. Neue Nahrung erhielt dieser – im wahrsten Sinne des Wortes – „fromme Wunsch“, als Karl IV. nach dem Angriff eines sizilianischen Heeres auf die Stadt Baberino dem süditalienischen Königreich den Krieg erklärte.

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Dass Angriffe auf ehemalige deutsche und jetzige englische Gebiete nicht stattfanden, war sicherlich den Tatsachen geschuldet, dass Karl umfangreiche Neuordnungen in seinem Reich vornahm und innenpolitischen Aktivitäten den Vorzug gab. Selbst an den Grenzen der beiden Reiche war es außerordentlich ruhig, obwohl es keinen vereinbarten Frieden gab. Um seine eigene Grenze zum gefährlichen englischen Nachbarn zu sichern, hatte Karl jedoch 1361 das Reichsheer unter dem Grafen Peter Trčka von Lípa in Richtung des Böhmerwaldes entsandt, um das wichtige Grenzgebiet zu Bayern zu kontrollieren.

Der wichtigste außenpolitische Faktor der Karl IV. vor Angriffen auf das Königreich England abhielt, war das Fehlen von starken Verbündeten. Daran änderte sich auch nichts, als 1361 der polnische König Kasimir III. die Lehenshoheit Karls IV. über die polnische Gebiete anerkannte und somit praktisch zum Vasallen des Heiligen Römischen Reich wurde. Das Festhalten am Bündnis mit den Mailändern – obwohl die Herzöge von Mailand schon längst nur noch vom Balkan aus operieren konnten – ist verbrieft. So wurde von englischen Spionen über ein Treffen Karls IV. mit dem Gesandten des Mailänder Herzogs Gimignano Bombello berichtet. Belegbare Ergebnisse der Verhandlungen gab es jedoch nicht.

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Dennoch scheint Karl gerade die Beziehung zum Mailänder Herrschergeschlecht intensiv gepflegt zu haben, konnten sich diese doch auf ihre Verbündeten Kastilien und Dänemark verlassen. Die ehemaligen Anführer des nicht mehr existierenden lombardischen Städtebundes waren sich auch nicht zu schade, mit den Feinden der Christenheit, den Türken, zu paktieren. Dafür waren sie zwar schon 1348 vom Papst exkommuniziert worden, an einem losen Bündnis mit den Heiden hatten sie aber trotzdem festgehalten.

Karls Gesandten nahmen außerdem Verbindungen zum ungarischen Königshaus auf, um den seit Jahrzehnten dauernden Grenzkrieg zu beenden. Jedoch bestand Ungarn auf seine erhobenen Ansprüche und dachte gar nicht daran, die immer wieder initiierten Angriffe einzustellen auf Reichsgebiete einzustellen.
Hart blieb Karl IV. auch im Kampf gegen die seit über 100 Jahren in Ägypten errichtete Mamluken-Dynastie. Der religiöse Eifer des deutschen Königs machte auf den Papst einen großen Eindruck, wenn auch keinerlei militärische Aktivitäten gegen die Heiden in Afrika auf den Weg gebracht werden konnten.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 4. Oktober 2012 18:25

Auch die anderen Kriegsgegner des Königreiches England hatten entweder mit der Absicherung ihrer Grenzen zu tun – so wie Dänemark und das Mailänder Herrschergeschlecht – oder fochten bereits einen Überlebenskampf im Inneren aus, so wie das Königreich Kastilien.

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Auf der iberischen Halbinsel hatte das muslimische Heer unter Emir Hicham al-Talamanki eine dutzende Kilometer breite Schneise der Verwüstung gezogen. Man sollte annehmen, dass sich die Granden und König Heinrich II. in der Bekämpfung dieser elementaren Gewalt in Gestalt tausender fanatischer Krieger des Islam einig waren. Doch weit gefehlt. Während Heinrich mit den Aufgeboten Andalusiens und Valencias dem muslimischen Heer vom Süden her folgte, bekämpften sich Edelleute in Leon bis aufs Blut gegenseitig oder rebellierten offen gegen Heinrich.

Für eine Bekämpfung des aufsässigen Adels hatte der König Kastiliens keine Truppen mehr zur Verfügung, der Bürgerkrieg gegen seinen Halbbruder Peter I. hatte das Land nahezu komplett ausgeblutet. Das sollte sich nun im Kampf gegen die muslimischen Eindringlinge bitter rächen.
Heinrich II. musste sich auf einen über fünfjährigen Krieg einlassen, der alle – wirklich alle – ihm zur Verfügung stehenden Kräfte band. Eroberungen folgten Rückeroberungen. Oft wechselten innerhalb eines Jahres Städte mehrfach ihren Besitzer und damit die in ihr ausgeübte Religion. Hauptleidtragende waren wie so oft die Bewohner von Städten und Dörfern, während sich die Adligen oft in ihren schwer zu erobernden Bergfestungen verschanzten. Und während im Königreich England eine neue Ära des Wohlstandes und der Ordnung begann, drohte die iberische Halbinsel vollkommen im Chaos zu versinken…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 4. Oktober 2012 22:42

Es wäre falsch, anzunehmen, dass sich im englischen Mutterland alle Verhältnisse sofort nach dem Sieg wieder normalisierten. Doch verbreitete sich die Nachricht vom endgültigen Sieg des Herzogs von Lancaster über Auncell wie ein Lauffeuer auf der Insel. Vor allem die Bevölkerung des ländlichen Raumes und die Stadtbevölkerungen atmeten auf, zogen doch keine plündernden und marodierenden Truppen mehr durch Dörfer und über Felder und Wiesen und mussten doch nicht mehr gewaltige Mittel in den Städten aufgewendet werden, um tausende hungriger Soldaten durchzufüttern.

Und als Joan für den 20. August 1362 zu einem Parlament nach London rief, beeilte sich dort wirklich jeder der geladenen Adligen, der Königin seine Treue zu versichern. Königin Joan nahm im Übrigen die Erneuerung der Treueschwüre sehr ernst und verlangte diesen tatsächlich von jedem Mitglied des englischen Hochadels.

Die durch Edmund IV. kurz vor seinem Tod auf den Weg gebrachte Reformierung des Steuersystems wurde durch neu ernannte Steuerbeamte ab Oktober 1362 endlich in die Tat umgesetzt. Die Beamten der Krone erfassten in einer umfangreichen und detaillierten Aufstellung sämtliche Besitztümer und arbeiteten dazu eng mit den Sheriffs der einzelnen Grafschaften zusammen. Hatten Bauern Beschwerden gegen den Sheriff vorzubringen, der in seiner Eigenschaft Verwalter, Steuereintreiber und Schöffe war, wurden diese genau geprüft. Im Falle der Schuldfeststellung oder nachgewiesenen Verfehlung wurde das Dienstverhältnis gelöst und ein neuer Sheriff ernannt. Das schaffte enormes Vertrauen in die Beamten und die englische Krone.

Bereits 1363 betrug der jährliche Steuererlös – nicht die Steuereinnahmen – für die Staatskasse 15.000 Pfund Silber. Das war eine gewaltige Summe. Vor allem wenn man bedenkt, dass dieses Geld zur Förderung von Handel und Bildung, öffentlichen Bauwerken und anderem eingesetzt werden konnte. Die Summe erscheint umso größer, wenn man weiß, dass die Kosten für Hofbeamte, das Heer und die Flotte sowie – selbstverständlich – die königliche Hofhaltung durch das aufgebrachte Steueraufkommen bereits beglichen war.

Auch der Bauer kam unter der englischen Herrschaft wieder zur Ruhe und vier aufeinanderfolgende Jahre mit Rekordernten sorgten dafür, dass die Wunden der eben vergangenen Pest- und Kriegsjahre schneller verheilten. Die Bevölkerungszahlen stiegen sprunghaft an und die relativ gute Versorgung mit Nahrungsmitteln bewirkte, dass die meisten Neugeborenen zu kräftigen Kindern heranwachsen konnten. Der englische Adel begann außerdem langsam damit, das System der Leibeigenschaft durch das Pachtwesen zu ersetzen. Der dadurch frei gewordene Bauer arbeitete auf seiner Scholle viel motivierter und konnte überschüssige Erträge auf regionalen Märkten zu klingender Münze machen. Die Pachteinnahmen der Adligen stiegen und dadurch auch das Steuervolumen der Krone.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 4. Oktober 2012 22:48

Maßgeblichsten Anteil an den riesigen Summen für das Staatssäckel hatten aber die Kaufleute. Vor allem jetzt, in Friedenszeiten, florierte der Warenaustausch auf einem Niveau, das es bisher nie gegeben hatte.

Eine der wichtigsten Grundlagen des englischen Warenhandels war die Wollproduktion im englischen Mutterland selbst und deren Verarbeitung zu feinen Tuchen in Flandern. Diese Tuche wurden bereits im Laufe des 13. Jahrhunderts immer gefragter bei italienischen Kaufleuten – hier vor allem Venezianern, Genuesen, Pisanern und Ragusanern. Die Messen und Märkte in den Städten der Champagne bildeten die Grundlage dieser Entwicklung.
Aber auch die Leinenproduktion in den deutschen Landen am Bodensee und im Donauschwäbischen spielte eine tragende Rolle. Die Bedeutung dieses Leinens nahm noch zu, als man ab dem 13. Jahrhundert begann, das viel weichere Barchent herzustellen. Möglich wurde die Veredelung, weil die Weber in eine Leinenkette einen Schuss einwebten, der teilweise oder sogar ganz aus levantinischer Baumwolle bestand.

Und so entstand ein echter, nahezu das ganze Abendland umspannender Warenkreislauf. Aus dem Osten – aus den Häfen der Republik Nowgorod und den großen Hafenstädten Preußens brachten englische Händler Pelze, Felle und Häute, die sogar oft schon zu Leder weiterverarbeitet worden waren. Außerdem transportierten sie mit ihren Schiffen Hanf, Flachs, Erz aus Schweden, Bernstein, Roggen und Weizen, Asche, Pech und Teer – Güter, die vielfältige Verwendung fanden. Begeht waren außerdem Bauhölzer aus Schweden und Preußen. Kaum jemand weiß, dass die wertvollsten Harthölzer – vor allem die preußische Eibe – nach England verkauft wurden und diese daraus die berühmten Langbögen herstellten…
Nicht zu vergessen im Warenfluss der Ost- und Nordsee natürlich der Hering, der nicht nur zur Fastenzeit ein Leckerbissen war, sondern auch zu Festtagen so manche feine Tafel bereicherte und das Salz, welches das Konservieren von Lebensmitteln überhaupt erst ermöglichte.

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Von diesen Waren stießen wie gesagt vor allem die flandrischen Tuche und oberdeutschen Leinen- und Barchentstoffe sowie die unzähligen Metallerzeugnisse Nordeuropas auf das große Interesse italienischer Händler. Fast noch wichtiger war, dass mit der Verbesserung der Abbaumethoden im Bergbau auch die Förderung von Silber, Kupfer, Eisen und Gold besonders im Zentrum des Heiligen Römischen Reiches zunahm. Vor allem Kaufleute aus dem Orient waren am gewonnenen Silber und Kupfer sehr interessiert.

Die Warenströme wurden teilweise über Land – hier umständlich und teuer – über die Alpen transportiert oder – viel günstiger – per Schiff ins Mittelmeer befördert. Zwar spielten die von England beherrschten Mittelmeerhäfen Marseille und Genua eine wichtige Rolle, Venedig stellte jedoch all diese Bemühungen durch ein ausgeklügeltes Konvoi- und Transportsystem in den Schatten.

Mit den Erzeugnissen aus Nordeuropa beladen, verließen die großen Konvois die Mittelmeerhäfen und nahmen Kurs auf die griechischen Inseln. Hier wurde Station gemacht und verkaufte Ladung durch Öl, Nüsse, Früchte und süße Weine ergänzt, welche sich in Ägypten zusammen mit den anderen Gütern hervorragend und mit großem Gewinn veräußern ließen. Das Land am Nil bot im Gegenzug Zucker, Bohnen, Weizen und Gewürze an, endete doch ein Großteil des indischen Gewürzhandels im Roten Meer. In den reichen Handelsstädten der Levante, Akkon, Tyros und Antiochia wurde die Ladung um weitere Gewürze – vor allem Pfeffer, Zimt, Nelken und Muskatnuss – und Früchten wie Zitronen, Orangen, Feigen und Mandeln vervollständigt. Aus Syrien und Palästina kamen Seidenstoffe, Baumwolle und Zucker sowie unzählige Ausfuhrwaren, die durch die Karawanen aus Damaskus und dem fernen Bagdad herangeschafft wurden.

Diese Waren wurden zurück nach Venedig und andere englische Häfen des Mittelmeers transportiert und fanden reißenden Absatz. Die Gewinne der Kaufleute in Nord und Süd, Ost und West stiegen gigantisch und von jedem Gewinn in einem englischen Hafen profitierte die englische Krone über die erhobenen Zölle und Steuern immer und unmittelbar.

Es war also selbstverständlich, dass Königin Joan bald nach dem Ende der letzten Kampfhandlungen in England den Aufbau einer Flotte befahl, die den reibungslosen Fluss von Waren und Geld schützen sollte. Dabei muss festgehalten werden, dass man im Mittelalter nie von einer wirklichen Beherrschung der Meere sprechen konnte. Es war eher der wirksame Schutz der eigenen Kaufleute und der anvertrauten Waren sowie die stetige Bekämpfung des Seeräuberwesens. In den 60er Jahren des 14. Jahrhunderts funktionierte die Piratenjagd an der englischen Küste und den Gewässern rund um die französischen Gebiete Englands so gut, dass sich nahezu alle Seeräuberaktivitäten in die östliche Nordsee oder ganz in die Ostsee verlagerten. Dadurch waren die dänischen Flotten gebunden und fanden somit keine Gelegenheit mehr, englische Häfen zu blockieren oder Küstenstädte zu überfallen.

Die Wirtschaft unter englischer Herrschaft erholte sich relativ schnell vom eben zu Ende gegangenen Thronfolgekrieg und wie beschrieben ging auch das Leben der einfachen Bevölkerung bald wieder normale Wege. Ereignisse von weitreichender Bedeutung sollte es also nicht hier, sondern im englischen Königshaus geben…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 5. Oktober 2012 12:47

Seit Ausbruch des Konfliktes zwischen Königin Joan und Auncell von York musste Lordkanzler William Edington immer wieder über ein großes Problem nachdenken, welches sich zumindest für ihn als recht delikat darstellte. Königin Joan als regierende Monarchin war in erster Linie ihrem Land verpflichtet. Dazu gehörte auch, das Fortbestehen der Plantagenet-Linie zu sichern. Da sie aber in ihrer Ehe mit Friedrich III. kein Kind empfangen hatte – schließlich wurde die Ehe nie vollzogen – machten sich zumindest weitsichtigere Geister am englischen Hof Gedanken um die Zukunft des Reiches nach Joan. Logische Konsequenz wäre eine Hochzeit Joans mit einem gleichgestellten Monarchen im Abendland gewesen. Das hätte aber erneut zu großen Spannungen und Unruhen geführt, denn kein Engländer hätte sich von einem König aus dem Ausland regieren lassen. Außerdem wären mit dieser Ehe im Prinzip Voraussetzungen geschaffen worden, die zumindest theoretisch zu neuen externen Erbansprüchen auf das Königreich England hätten führen können.

Trotzdem begannen die engsten Ratgeber der Königin ab November 1362 damit, nach geeigneten Kandidaten Ausschau zu halten. Königin Joan überraschte jedoch diesen „Kreis der königlichen Kuppler“ damit, dass sie ihren Ratgebern kurz vor dem Weihnachtsfest ihren eigenen Kandidaten vorstellte. Es handelte sich um niemanden anders als um John, den Herzog von Lancaster.

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Lancaster hatte wahrscheinlich im August 1362 den Weg ins Bett Joans gefunden, wobei ausdrücklich festgehalten werden muss, dass die Initiative dafür wohl eher von Königin Joan als von Lancaster ausging. Da beide mit äußerster Diskretion vorgingen und der Herzog weder Ämter noch Titel oder Land von der Königin erbat und erhielt, erfuhren noch nicht einmal der Lordkanzler und der Kronrat von diesem Verhältnis. Die Furcht vor einer außerehelichen Schwangerschaft zwang Königin Joan jedoch, zumindest ihre engsten Vertrauten zu informieren. Lordkanzler Edington schien nicht übermäßig überrascht und auch Buckingham und Somerset fielen nicht aus allen Wolken. Edington überraschte die Anwesenden sogar damit, als er über einen Kanzleischreiber in kürzester Zeit den Stammbaum Johns abbildete, um die Möglichkeiten einer ehelichen Verbindung zu prüfen. Tatsächlich fand sich ein gemeinsamer Vorfahre, Henry I. Da die daraus resultierende verwandtschaftliche Beziehung einen hohen Grad einnahm, musste nicht einmal der Papst einen Dispens erteilen.
Man einigte sich darauf, die geplante Verbindung am Weihnachtsabend öffentlich zu machen und die Hochzeit auf den 21. März 1363 festzulegen.

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Die Hochzeit von Joan Plantagenet, Königin von England und John Blackmore, Herzog von Lancaster war das gesellschaftliche Ereignis in England im Jahre 1363. Die Trauung fand in der Londoner Saint Paul’s Cathedral statt und wurde von Simon Sudbury, dem Bischof von London und nicht von Simon Islip, dem Erzbischof von Canterbury vorgenommen. Königin Joan nahm Islip noch immer übel, dass er ihr 1361 empfohlen hatte, zu Gunsten ihres Onkels abzudanken.
Die Feierlichkeiten in London zogen sich fast eine Woche hin und wurden gekrönt von einem riesigen Turnier am 25. März 1362, an dem beinahe die gesamte Ritterschaft der Insel teilnahm. Noch unmittelbar vor dem Turnier schlug Königin Joan selbst 38 Söhnen von Baronen, Grafen und Herzögen zu Rittern.
Schillernde Helden des Turniers waren außer dem Gemahl der Königin auch Thomas Mowbray, der Herzog von Norfolk, Richard, Sohn des Herzogs von Gloucester und der zurückgekehrte Richard von York.

Die feierliche Krönung und Inthronisierung Johns wurde auf den 7. April gelegt und letztlich nicht minder festlich zelebriert, als das Hochzeitsfest wenige Tage vorher. Vom 8. April 1363 an, hatte das Königreich England endlich wieder König und Königin!

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 8. Oktober 2012 15:49

Dem Königreich England waren tatsächlich nahezu vier ruhige Jahre vergönnt, in denen sich Handel und Wirtschaft prächtig entwickelten. Die Schatztruhen der Krone waren prall gefüllt und bereits Mitte 1364 hatte das Königspaar alle im Rahmen des Thronfolgekrieges aufgenommenen Schulden getilgt. Der Kronrat war ebenfalls glücklich, war doch Anfang 1364 dem Königspaar der lang ersehnte Thronfolger geboren wurden. Der Junge wurde nach seinem Vater John benannt und entwickelte sich prächtig. (Bereits Ende des gleichen Jahres war die Königin schon wieder guter Hoffnung.)

1364 war auch das Jahr, in dem es endlich zum langerwarteten Frieden mit Karl IV. kam. Damit zerbrach das mailändisch-deutsch-kastilische Bündnis endgültig. Maßgeblichen Anteil an diesem Werk hatte die umsichtige Politik und das diplomatische Geschick König Johns. Der Herrscher hatte mit dem Abschluss des Friedensvertrages dem englischen Volk bewiesen, dass er nicht nur zum Heerführer taugte.

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Mit dem Separatfrieden des Heiligen Römischen Reiches unter Karl IV. standen Kastilien und das Mailänder Herrschergeschlecht der Viscontis dem Königreich England allein gegenüber. Kastilien hatte – das wurde an anderer Stelle schon erwähnt – mit genug eigenen Problemen zu kämpfen und war somit überhaupt nicht in der Lage, gegen das englische Herzogtum Portugal oder gegen die französischen Gebiete vorzugehen.

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Die Viscontis hatten sich nach den verheerenden Niederlagen der letzten Jahre und dem Verlust sämtlicher Besitzungen in Italien auf ihre Festlandsbesitzungen auf dem Balkan zurückgezogen. Hier spie Bernabò Visconti, seit 1354 Anführer der anti-englischen Fraktion des ehemaligen Lombardischen Städtebundes von Zagreb aus Gift und Galle. 1362 hatte sich Bernabò sogar selbst den Titel eine Königs verliehen, um seinen Ansprüchen noch mehr Nachdruck zu verleihen. Dass er sich mit der Anhäufung von Titel – besonders als „Herr der Adria“ – vor allem bei seinem mächtigen Nachbarn, dem Byzantinischen Kaiserreich, lächerlich machte, störte ihn offenbar wenig. Die Engländer waren vorsichtig genug, Bernabò I. zu belächeln, in den Grenzlanden zu Dalmatien dennoch mit zwei offenen Augen zu wachen.

Man nahm die Viscontis allerorts etwas ernster, als es diesen 1366 gelang, Buda zu erobern und den regierenden König Károly I. Róbert zu erschlagen. In England löste die Ermordung König Károlys einen lauten Aufschrei aus, entstammte der tote Monarch einem eigentlich englischen Geschlecht, dem der Anjou. Der englische Statthalter Venetiens rechnete bereits mit dem Schlimmsten und dachte sogar daran, Genua und Mailand um Verstärkung zu ersuchen. Doch eine Invasion der Sizilianer in Kroatien machte dem Kriegszug der Viscontis nach Westen einen Strich durch die Rechnung. Zwar konnte sich das Heer der Süditaliener nicht behaupten, doch reichte der Schwung des Angriffs allemal, um die Rückeroberungspläne der Viscontis fürs Erste zurückzustellen. Durch die Niederlage in Kroatien ernüchtert, jedoch kein bisschen eingeschüchtert, eroberten die Sizilianer kurzerhand Korsika und Sardinien und beendeten nach über zweihundert Jahren die mailändische Herrschaft.

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Das durch den Tod seines Herrschers schwer mitgenommene Ungarn stellte den bisher für beide Seiten blutigen Krieg gegen die Republik Nowgorod ein und sondierte umgehend bei König John um Unterstützung gegen die Mailänder. (Dass der Frieden mit Nowgorod um den Preis hoher jährlicher Tributzahlungen erkauft werden musste, zu denen unter anderem 10.000 Pfund Silber und 15.000 Stück Schlachtvieh gehörten, sei hier nur am Rande erwähnt.)

Doch sich 1367 überschlagende Ereignisse im Heiligen Römischen Reich verhinderten die militärische Unterstützung Ungarns und lenkten den Fokus König Johns auf die eigenen Ostmarken.