[AAR] Der Sprung des Löwen (England)

AAR u.a. zu Spielen der Total War Reihe

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 27. August 2012 19:15

Tatsächlich war eine etwas merkwürdige Situation entstanden: Der Grund für die Kriegserklärung Englands an das Deutsche Reich, die Nichterfüllung des Ultimatums zur Herausgabe der englischen Königstochter, war de facto hinfällig. Joan von England war in der - für viele spätere Zeitgenossen recht zweifelhaften - Sicherheit des Towers of London bei ihrem Vater. Und mit dem Tod des Kaisers – ob gewaltsam oder nicht – war dem englischen Verständnis von Ehre ebenfalls Genüge getan.
Selbst über eine Rückgabe des eroberten Nürnbergs und eine komplette Räumung der in jüngster Zeit eroberten deutschen Gebiete hätten Verhandlungen geführt werden können, wenn… Ja, wenn es nur eine zentrale Machtposition im Deutschen Reich gegeben hätte.

Und während Sir Fraunce langsam den Belagerungsring um Friedrich in Frankfurt schloss, Joan ihrem entsetzten Vater von Ihrem seelischen Martyrium berichtete und sich der liebeskranke Thomas von Salisbury zurück zu seinen Truppen im Taunus begab, grübelten ehrgeizige Mitglieder des Kronrates in London über eine Lösung des „deutschen Problems“.

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Ausgerechnet der in ehelichen Dingen sehr unerfahrene, dafür aber in der Jurisprudenz äußerst bewanderte Lordkanzler, der Bischof von Winchester mit Namen William Edington, fand die ganz einfache und für die Engländer logische Antwort: Sollte Friedrich III. als derzeit einziges gekröntes Oberhaupt des Deutschen Reiches sterben (bislang gab es keinen Gegenkönig!), wäre – ob anwesend oder nicht – seine angetraute Ehefrau Joan legitime und alleinige Erbin. Das schließe selbstverständlich nicht nur das Privatvermögen des Königs ein, sondern auch alle derzeit unter deutscher Herrschaft stehenden Gebiete und alle deutschen Gebietsansprüche. Man beachte hierbei, dass mit der Formulierung „Gebietsanspüche“ auch alle diejenigen Gebiete gemeint waren, die sich derzeit unter der Herrschaft einer anderen souveränen Macht als der der Deutschen befanden, ursprünglich aber dem Deutschen Reich zugehörten. Dass diese eigentlich rein englische Lösung königlicher Erbansprüche auf die Königsfolge des Deutschen Reiches keine Anwendung finden konnte und durfte – schließlich wählten die deutschen Kurfürsten ihren deutschen König – war den Engländern ziemlich egal.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 29. August 2012 11:41

Während sich in London der Kronrat mit dem Lordkanzler an der Spitze emsig bemühte, ein entsprechendes Dokument zu verfassen, welches die englischen Ansprüche perfekt formuliert beinhalten sollte, donnerten in Frankfurt bereits die beiden schweren Mauerbrecher.

Zumindest musste sich Sir Fraunce, der mittlerweile zum Grafen von Kent ernannt worden war, keine Gedanken über die Legitimität seiner Handlungen machen. Für ihn galten die königlichen Befehle Edmunds weiterhin, auch wenn die eingeschlossenen Reichstruppen unter Friedrich III. auf ein erbärmliches Häufchen zusammengeschmolzen waren.

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Die beiden in Brügge geschmiedeten Bombarden hatte man mittlerweile scherzhaft auf die Namen „Knocker“ (Türklopfer) und „Peacemaker“ (Friedenstifter) getauft und vor dem Eschenheimer Tor in Stellung gebracht. Bis zu zwölf Mal am Tag verschossen beide Kanonen ihre zirka 30 Kilogramm schweren Steinkugeln und sorgten für die Wucht des Aufschlags und die damit verbundene permanente Erschütterung für eine Ermüdung des Mauerwerks.

Schließlich stürzte ein großer Mauerabschnitt durch den andauernden Beschuss in sich zusammen. Die Bresche wurde sofort, noch bevor sich der aufgewirbelte Staub gelichtet hatte, gestürmt. Die englischen Soldaten drangen schnell bis tief in die Stadt ein, ohne auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen. Die verbliebenen Truppen Friedrichs ergaben kampflos oder flohen über den Main mit Booten und schnell zusammengebauten Flößen. Nur wenige Ritter hatten sich um ihren König auf dem Römerberg gesammelt und einen engen Verteidigungsring um ihn gebildet. Allein durch die Masse der auf den Rathausplatz strömenden Engländer wurde das kleine Grüppchen, welches sich tapfer wehrte, in Richtung der engstehenden Häuserzeilen gedrängt.

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Als auch der letzte Ausweg durch Hauswände im Rücken versperrt war und eben ein Fußknecht mit seinem Schwert zum Streich gegen den selbstgekrönten König der Deutschen ausholte, wurde Friedrich von einem herabfallenden Balken getroffen. Ob dieser sich von dem vielleicht beschädigten Gebäude allein gelöst hatte, ob er auf die Engländer oder aber wirklich gezielt auf Friedrich III. geworfen worden war, lässt sich heute nicht feststellen.
Der König wurde an der Schulter getroffen und dadurch scheinbar so schwer verletzt, dass er seitwärts aus dem Sattel glitt und nochmals mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Der bewusstlose Friedrich wurde sofort in das Haus eines reichen Kaufmann gebracht und durch rasch herbeigerufene Ärzte untersucht. Er erlangte aber das Bewusstsein nicht mehr und hauchte zwei Tage später sein Leben aus.
So endete ziemlich unrühmlich das Leben des deutschen Kaisersohnes Friedrich, der an der Seite seines englischen Schwiegervaters hätte Großes vollbringen können…

Die Bürgerschaft der Stadt konnte sich durch Summe von 12.000 Mark Silber freikaufen und entging so der Plünderung und Brandschatzung. Es wurde eine starke Besatzung in die Stadt gelegt und die restlichen Truppen auf umliegende Dörfer und Flecken verteilt. Der Graf von Kent hatte sich nämlich entschlossen, die kalte Jahreszeit war nicht mehr allzu weit entfernt, zum Überwintern in Frankfurt zu bleiben. Boten eilten bereits mit der Nachricht über den Tod Friedrichs nach Nordwesten, nach London, und erbaten weitere Befehle für das Heer in Frankfurt.

Mit dem Tod Friedrich III. kam es im zusammengeschrumpften Heiligne Römischen Reich zu einem Interregnum. Die Nachricht vom Ende des selbstgekrönten Königs verbreitete sich in Windeseile in den verbliebenen Reichsteilen und sorgte – je nach der Standeszugehörigkeit – für Entsetzen oder Schadenfreude. Bei den Armen überwog die Furcht vor entfesselter Willkür und einer furchtbaren Zeit der Rechtlosigkeit. Bei den Herren begann hingegen sofort ein heftiger Streit und Kampf um die Sicherung der jeweiligen Ansprüche in den deutschen Gebieten.

Das letzte in Italien verbliebene Gebiet um Bologna, hier gab es beträchtliche deutsche Truppenkontingente unter den Herzögen aus dem Geschlecht der Visconti, erklärte sich für Karl von Böhmen.

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Ruprecht von Schwaben schlich sich durch Thüringen in Richtung Osten. Weniger, um Karl von Böhmen zu unterstützen, sondern eher, um nicht zwischen den Truppen des Grafen von Kent im Norden und von Richard von York im Süden zerquetscht zu werden.
Ludwig, der Markgraf von Brandenburg, gab alles verloren und flüchtete nach Osten an den Hof des polnischen Königs Kasimir III. Hatte er bereits vor Jahren den Großteil seiner Ländereien - der Verlust Magdeburgs schmerzte ihn am meisten - an die Dänen verloren, rechnete er sich nun gar keine Chancen mehr aus. Ludwig starb zwei Jahre nach Friedrich III. ohne Nachkommen in Krakow.

Und Karl von Böhmen? Nun, der saß auch weiterhin in Prag, beobachtete gespannt die Vorgänge im Westen und wartete auf eine günstige Gelegenheit zur Erlangung der absoluten Macht.
Zuletzt geändert von Condottiere am 29. August 2012 16:24, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 29. August 2012 16:10

Edmund IV., mittlerweile von der Idee der Einverleibung der verbliebenen Reichsgebiete geradezu entzückt, befahl seinem Lordkanzler, umgehend alle dafür notwendigen Schritte einzuleiten. Der Lordkanzler kam darauf, sich dazu die Unterstützung der höchsten geistlichen Instanz auf Erden, des Papstes, zu sichern.
Dieses Vorhaben war etwas delikat, weil mit dem 1292 im Limousin als Stephan Aubert geborenen Innozenz VI. nämlich erstmals seit 1352 ein englischer Papst auf dem Stuhle Petri saß. Ausgewertete Dokumente der jüngeren Zeit ergeben, dass Innozenz VI. wohl wesentlich weniger vergnügungssüchtig war, als seine Vorgänger. Er reformierte den päpstlichen Hof, senkte dessen Ausgaben beträchtlich und reduzierte auch die Privilegien der Kardinäle. Das machte ihn zwar (vor allem bei den englischen Kardinalen) nicht gerade beliebt, sorgte aber eben aufgrund seines großen Gerechtigkeitsinns kaum für ernsthafte Spannungen im Kardinalskollegium.

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Innozenz VI. als geborenen Engländer anzurufen, einem eigens für die Untermauerung angeblicher englischer Rechtsansprüche einberufenen Konzil vorzusitzen, musste auf Stürme der Entrüstung bei den abendländischen Herrschern stoßen.

Vom 26. bis 31. Mai 1358 fand schließlich das Konzil von Canterbury unter Anwesenheit des Heiligen Vaters, 12 Kardinälen sowie 42 englischen und 17 französischen Erzbischöfen und Bischöfen statt. Zugegen waren außerdem die Bischöfe von Antwerpen, Gent und Brügge sowie Pamplona. Heftigsten Widerstand in der zu klärenden Frage erwartete man vor allem von den 3 deutschen Kardinälen, dem aus der Lombardei stammenden Kardinal Marco Radelli und dem Kastilier Ferran de Surriba.
Nur der polnische Kardinal Vaclav Grudziadz verhielt sich abwartend und gab keiner Seite eine verbindliche Antwort…

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Fünf Tage lang stritten sich die geistlichen Herren der zwei Lager in höchst weltlicher Manier und mit zuweilen sehr unflätigen Worten. Papst Innozenz musste leider zu oft die Sitzungen abbrechen und zu späterer Stunde fortsetzen lassen. An der Heftigkeit des Disputs und den festgefahrenen Standpunkten änderte dies freilich wenig.

Aus unerfindlichen Gründen änderte jedoch ausgerechnet einer der deutschen Prälaten, der vormalige Bischof von Innsbruck Eberhard Bresch, als erster seine Meinung in diesem Streit und verblüffte seine sprachlosen deutschen Kollegen, als er in gedrechselter Sprache den durchaus begründeten Anspruch auch aus deutscher Sicht darlegte. Noch in seiner Schlussbemerkung wurde Kardinal Bresch – vor allem vom Lombarden Marco Radelli – niedergebrüllt. Der daraufhin ausbrechende allgemeine Tumult unter den versammelten Würdenträgern war beispiellos in der Geschichte katholischer Konzile und Synoden.

Über die am 31. Mai 1358 stattfindende Schlussversammlung ist außer dem Inhalt der päpstlichen Bulle „Quo modo res se habet“ („Wie es sich verhält“) wenig bekannt.
In dieser Bulle wurde jedoch zweifelsfrei durch seine Heiligkeit und alle anwesenden Würdenträger festgestellt, dass die Erbansprüche der Witwe des verstorbenen Königs Friedrich III. legitim und somit von aller Welt anzuerkennen sind.

Die beiden deutschen Kardinäle Ehrhart Donner und Rainer von Kärnten waren ebenso wie Marco Radelli und Ferran de Surriba am vorhergehenden Abend aus Canterbury abgereist.

Vor wenigen Jahren wurde in der Universitätsbibliothek von Manchester, mitten in einem prächtigen Folianten aus dem 14. Jahrhundert, ein Beleg über die stolze Summe von 7.000 Mark Silber gefunden. Ausgestellt war diese Zahlungsanweisung für einen gewissen Arthur Audley, Sekretär des Lordkanzlers William Edingtons. Über Audley, der später rasch aufstieg und bald Gesandter am Hof des polnischen Königs wurde, ist nur bekannt, dass er am 29. Mai 1358 um eine Unterredung mit Kardinal Bresch gebeten hat und diese mehrere Stunden dauerte…

Mit dem Ergebnis des Konzils höchst zufrieden, konnte sich Edmund IV. nun ganz offiziell und mit dem Segen der Kirche an die Durchsetzung der Erbansprüche für seine Tochter machen.

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 31. August 2012 13:51

Bevor auf die weitere Entwicklung des Königreichs England und seines regierenden Monarchen eingegangen wird, müssen unbedingt die jüngeren Entwicklungen im Süden der Italienischen Halbinsel etwas näher beleuchtet werden.

Die verheerende Niederlage des kastilisch-sizilianischen Heeres 1357 vor Lissabon hatte rasch zum Abkühlen der Beziehungen zwischen den beiden Cousins Peter IV. von Sizilien und Alfons XI. von Kastilien geführt. Während Peter Alfons vorwarf, die Führung des Heeres in die Hände eines „furchtbaren Dummkopfes“ gelegt zu haben (Don Christobal Augusto de Valencia war der jüngere Bruder Alfons XI. und somit ebenfalls ein Cousin Peters), hielt Alfons dagegen, dass es zu alledem niemals gekommen wäre, hätte Peter das Heer nicht mit „dem Auswurf des Balkans“ verunreinigt. Dass der Herrscher Kastiliens außerdem seinem sizilianischen Vetter weissagte, in naher Zukunft „am Geize zu ersticken“, machte das Maß voll. Zwar verblieben die Gesandten im jeweils anderen Königreich, zu Konsultationen und diplomatischer Zusammenarbeit kam es jedoch nicht mehr.

Die Lage änderte sich nicht, als Ende 1357 Peter starb und sein Sohn Friedrich als 16 Jähriger den Thron bestieg. Der Beginn seiner Regentschaft war überschattet von einem kurzen aber blutigen Krieg mit dem Königreich Neapel. Dieser Konflikt konnte aber durch die Vermittlung des Papstes bereits Mitte 1358 beigelegt werden und endete in der Heirat Friedrichs mit der neapolitanischen Antonia Morolto.

Der junge Monarch zeigte sich im Umgang mit den widerspenstigen Adligen in Sizilien und Neapel in keinster Weise gewachsen und verließ sich in seinen Handlungen mehr und mehr auf die Einflüsterungen seines Günstling, den Grafen Enrico di Ventimiglia-Gerace. Als Friedrich schließlich am 30. Oktober 1358 einem Attentat in Messina zum Opfer fiel, übernahm seine neapolitanische Gattin, Antonia, die Herrschaft. Da es keine Beweise gab, konnten sich Gerüchte, Antonia wäre eine Liaison mit dem Grafen Enrico di Ventimiglia-Gerace eingegangen und hätte Ihren Gatten ermorden lassen, nicht erhärten. Der ehemalige Günstling Friedrichs starb nur wenige Tage nach dem Herrschaftsantritt Antonias bei einem Jagdunfall…

Die Witwe Friedrichs übergab noch vor Jahreswechsel 1358 die Geschäfte vier angesehenen – natürlich neapolitanischen – Familien, den sogenannten „Vikaren“. Unter diesen Vikaren, den Familienoberhäuptern der Provonzanos, Riinas, Ferras und Maronzanos, begann eine Zeit brutaler Unterdrückung, vor allem der Sizilianer. Die Familie Provonzano setzte sich schnell gegen die übrigen Familien durch und übernahm im März 1359 gänzlich die Macht im Königreich.

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Als sich in der sogenannten „sizilianischen Vesper“ das Volk von Sizilien gegen die Tyrannenherschaft erhob, entlud sich über dem ohnehin schon schwer unterdrückten Volk ein beispiellos blutiges Strafgericht. Teofilatto, der Sohn des alten Enrico Provonzano, machte sich auf der Insel durch sein militärisches Geschick, noch mehr aber durch sein besonders grausames Vorgehen, einen gefürchteten Namen. Seine Greuel und Plünderungen machten auch vor den Kirchen Siziliens nicht halt. Als er in Palermo sogar einen Geistlichen mit blanker Waffe niederstreckte und gar nicht daran dachte, die daraufhin vom Papst auferlegten Bußhandlungen zu vollziehen, verhing dieser gar den Kirchbann über den Mörder.

Teofilattos Rache folgte auf dem Fuß. Er schiffte sein Heer in Palermo ein und landete kurz vor dem Weihnachtsfest 1359 in Ostia. Innozenz IV. sah sich gezwungen, Rom fluchtartig zu verlassen. Mit nur wenigen Truppen und unter dem Schutz der beiden Hauptleute Gaitanus Gherardi und Bandinos de Ferro versuchte der Papst nach Florenz zu ziehen. Er kam aber abseits der größeren Straße nur langsam voran und musste so schließlich erschüttert feststellen, dass der Neapolitaner Florenz bereits mit seinem Heer besetzt hielt.

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Innozenz musste vorerst also im Herzogtum Romagna Zuflucht suchen, welches sich allerdings unter den Viscontis gerade für Karl von Böhmen erklärt hatte. Die zu Gunsten Englands entschiedenen strittigen Erbansprüche hatten den Papst bei den Viscontis nicht gerade beliebt gemacht. Dennoch sicherten sie dem Kirchenoberhaupt zumindest den Durchzug in Richtung Norden zu, wo die Truppen unter Sir Samuel Becket immer noch Venedig belagerten. So zog Innozenz über den Apennin in Richtung Adriaküste…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 3. September 2012 16:09

Im Juni 1360 schiffte sich Edmund IV. in Dover ein, um sich auf den Kontinent zu begeben und dort bei den deutschen Fürsten die Erbrechte für seine Tochter Joan einzufordern.

Wie gewohnt reiste er seiner Armee voraus, die sich noch im Süden Englands sammelte. Er hatte vor, bei den Herzögen der Normandie, der Bretagne und des Anjou um Unterstützung für einen Feldzug auf der Iberischen Halbinsel zu werben und sich dann nach Brügge und Antwerpen zu begeben, um dort erneut diplomatische Verhandlungen mit den Dänen aufzunehmen. Ob er über einen dauerhaften Frieden mit diesen nachdachte, um dessen Preis er auch über die Übergabe des Herzogtums Franken gefeilscht hätte, bleibt ungewiss. Sicher ist, dass er im August 1360 seine Rundreise durch die nördlichen kontinentalen Besitzungen erfolgreich beendet hatte und sich schon auf dem Weg nach Brügge befand. Dort wartete bereits eine dänische Gesandtschaft unter der Führung des Reichsrates Bo Jonsson von Södermannland aus dem Adelsgeschlecht der Grip.

Edmund kam am 02. September 1360 in Brügge an und wurde im Haus von Johann Vandewalle, dem Bürgermeister der Stadt, fürstlich untergebracht und bewirtet.
Im Laufe der Nacht kam es zu einer großen Explosion im Stadtzentrum, durch die das Haus, in dem der Monarch untergebracht war, vollständig zerstört wurde. Edmund IV., der König von England, Frankreich, Portugal, Irland, Schottland und Burgund war tot!

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Es begann noch in der Nacht die fieberhafte Suche nach den Schuldigen. In der Person von Gustav von Copenhagen aus dem Gefolge des dänischen Gesandten fand man tatsächlich einen Verdächtigen. Allen Regeln über die Unantastbarkeit einer Gesandtschaft zum Trotz begann man am nächsten Tag mit der peinlichen Befragung des Verdächtigen und erhielt tatsächlich ein Geständnis. Gustav von Copenhagen gab noch beim Zeigen der Folterinstrumente seine volle Schuld zu. Das Protokoll des Verhörs und sein Geständnis umfassten 72 Seiten und ergab, dass Gustav im Auftrag Karl von Böhmens gehandelt hatte. Selbstverständlich, ergab sich doch für Karl als Thronanwärter durch die Ansprüche Edmunds eine für in mehr als ungünstige Situation.

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Gustav schilderte genau, wie er sich bei einer der größten Pulvermühlen Brügges als Mittelsmann des englischen Heeres ausgegeben und sechs Zentner schwere Fässer des explosiven Pulvers erworben hatte. Diese dann zusammen mit den Weinfässer im Wirtschaftstrakt des Bürgerhauses zu deponieren und in der Nacht zu zünden, wäre Angelegenheit eines Dieners des Bürgermeisters gewesen, der für den Auftrag 800 Mark Silber erhalten hatte.

Entsetzt lauschte vor allem Sir Merryfield, der Herzog von Buckingham, einer der engsten Vertrauten des ermordeten Königs. Wahrscheinlich war ihm schneller als allen anderen bewusst, welche Situation sich mit diesem Frevel für das riesige Königreich ergab. Zwar hatte Edmund IV. in seinem Testament klar Joan als Nachfolgerin bestimmt, doch war bisher in der Geschichte des Königreiches noch nie die Herrschaft an eine Frau übertragen worden. Als einzige unmittelbare Erbin blieb also nur die 23-Jährige Joan, umgeben von teilweise gierigen Onkeln und Vettern. Zu dem vielleicht innerhalb Englands ausbrechenden Streit um den Amtsantritt kämen dann womöglich noch Unruhen auf dem Kontinent. Von den Ambitionen der Feinde des Reiches ganz zu schweigen.

Schnellstes Handeln war jetzt geboten und Buckingham handelte in der für seiner Familie bekannten Geschwindigkeit. Er untersagte umgehend das Auslaufen aller Schiffe aus dem Brügger Hafen und verhängte so eine – zumindest vorläufige – Informationssperre vom Ort des Geschehens und England. Buckingham sandte außerdem sofort seinen Sohn Morris mit allen ihm zur Verfügung stehenden Rittern direkt nach London, um für den persönlichen Schutz Joans zu sorgen. Joan sollte sich in den Tower begeben, wo sie und ihre Hofdamen unter dem Schutz der Palastwache standen. Buckingham lud auch im Namen des Königs umgehend zu einer Sitzung des Thronrates ein, zu dem alle Mitglieder des Hochadels, die sich in England, Irland, Schottland und Wales aufhielten, zu erscheinen hatten.

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Morris Merryfield übergab das entsprechende Schriftstück just in dem Moment dem Lordkanzler, als sein Vater in Calais ein Schiff nach England bestieg. In einem innen mit kleinen Nägeln ausgeschlagen Fass führte er außerdem Gustav von Copenhagen mit sich, dem man zu gegebener Zeit in London den Prozess machen würde.

England stand seine bisher schlimmste Bewährungsprobe bevor…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 10. September 2012 14:03

Um zu verstehen, welchen Entwicklungen das Königreich England in den nächsten Tagen, Wochen und Jahren unterworfen sein wird, ist ein ganz kleiner Exkurs in die verwandtschaftlichen Verhältnisse des englischen Herrscherpaares notwendig.

Edmund IV., einziger Sohn Edmunds III. war bis zu seinem gewaltsamen Tod mit Margaret von York verheiratet gewesen. Die Ehe blieb bis auf die 1337 geborene Tochter Joan kinderlos. Von den Zeitgenossen wird übrigens das Verhältnis zwischen Edmund und Margaret im Allgemeinen als harmonisch beschrieben, auch wenn dem König der Wunsch nach einem männlichen Thronfolger versagt blieb.

Und so war es für die überwiegende Mehrzahl der Herzöge und Barone keine Überraschung, als Edmund bereits 1353 seine Tochter zur zukünftigen Königin bestimmte. Doch es gab auch kritisch eingestellte Mitglieder des Thronrates gegenüber einer weiblichen Herrscherin. Stimme dieser Fraktion, welche aber ihre Bedenken 1353 äußerst leise formuliert hatte, war Auncell, der Herzog von York und gleichzeitig Bruder der Königin. Ob er sich selbst als zukünftiger Herrscher sah oder aber die Krone von Anfang an für seinen Sohn Richard in Betracht gezogen hatte, bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen.

Bereits Auncells Vater William, der Herzog von Cambridge, hatte seine Kinder klug verheiratet und so viele der großen und alteingesessenen Familien an die seine gebunden. Verwunderlich ist diese Strategie nicht, konnte doch Herzog William seine Familienbeziehung bis zu einem Sohn Wilhelms des Eroberers nachweisen, den im Jahr 1081 mit nur 24 Jahren unter mysteriösen Umständen verstorbenen Richard.
Ob William bereits in seinem Sohn Auncell den Wunsch bzw. die Begehrlichkeiten nach der englischen Krone weckte oder ob dieser mit dem Tod Edmunds IV. selbst dachte, die Zeit für etwas Größeres sei gekommen, bleibt völlig offen.

Auncells war Zeit seines Lebens ein Draufgänger gewesen und hatte seinen Mut in vielen Schlachten bewiesen. So kämpfte er unter Edmund III., dem er treu ergeben war, gegen die Mailänder in Lothringen und erlebte die Eroberung von Genua und die Schlacht von Bern gegen Jonas von Böhmen mit.
Mit dem hochmütigen Prinzen Edmund, dem Sohn seines Königs, verband ihn nichts. Er war es auch, der sich vehement innerhalb der Familie gegen die Heirat seiner Schwester mit dem damaligen Prinz Edmund stellte.

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Mit dem Tod des unliebsamen gekrönten Schwagers stünde plötzlich der Weg offen für den Herrschaftsanspruch des 60jährigen Herzogs von York - ob rekonstruiert oder real.
Was Historiker heute allerdings verwundert, ist die Tatsache, dass Auncell in seinem Sohn Richard einen der treuesten Anhänger Edmunds IV. und seiner Tochter Joan hatte. Für wen er also eventuell gedachte, die Krone des riesigen Reiches zu erringen, ist schleierhaft. Auch dass er mit seinem Ansinnen letztlich einen eventuell Jahre dauernden Bürgerkrieg heraufbeschwören könnte, musste Auncell klar sein…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 10. September 2012 15:31

Während der am 28. September 1360 in aller Eile einberufenen Sitzung des Thronrates wurde unter Vorsitz der Königin Margaret, des Lordkanzlers und des Herzogs von Buckingham Edmunds IV. einziges Kind, seine Tochter Joan, als legitime Thronfolgerin bestätigt. Da sich Margaret aufgrund ihres Gemütszustandes außer Stande sah, den Staatsangelegenheiten vorzustehen, wurde die feierliche Krönung und Inthronisierung der jungen Joan für Mitte Oktober bestimmt. Die Krönung ihrer Tochter erlebte die Königin jedoch nicht mehr. Sie starb aufgrund des tragischen Verlustes ihres Gatten an gebrochenem Herzen am 12. Oktober 1360 in Westminster.

Die Krönung Joans wurde von Chronisten als eine der schönsten beschrieben, die es bis dahin in Westminster Abbey gegeben hatte. Das scheint zunächst erstaunlich, hatten doch die für das Zeremoniell Verantwortlichen nur wenige Wochen Zeit für die Vorbereitungen.
Bedenkt man aber, dass Joan bereits vor der Krönung allein aufgrund ihrer hochgewachsenen Gestalt und ihrer natürlichen Anmut und Schönheit bestach, so kann man sich leicht ausmalen, welchen Eindruck die junge Herrscherin im Krönungsornat bei den Anwesenden hinterließ.

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In der bereits am folgenden Tag stattgefundenen Sitzung des Thronrates ließ sich Königin Joan über alle dringend anzugehenden Punkte ins Bild setzen. Die Aufgaben, die die junge Herrscherin zu bewältigen hatte, waren gewaltig: Eine dänische Flotte bedrohte die englische Ostküste, hatte schon zahlreiche Landstriche verwüstet und kleinere Städte geplündert. Und in Schottland brodelte es aufgrund des von Edmund eingeführten Steuersystems ebenso wie in Irland. Am dringendsten aber war nach Meinung Joans ein persönliches Treffen mit Ihrem Onkel Auncell, dem Herzog von York. Dieser hatte nämlich unmittelbar nach Bekanntwerden des Todes Edmunds IV. damit begonnen, Truppen in Yorkshire auszuheben und freiheraus erklärt, Joan nicht als Königin anzuerkennen. Einen Bürgerkrieg um die Krone Englands wollte aber Joan auf jeden Fall verhindern. So begab sich die Königin mit kleiner Eskorte zunächst nach Nottingham, um ihren Onkel Auncell später weiter im Norden, in York, zu treffen.

Buckingham, der die Anstrengungen der letzten Wochen nicht umsonst auf sich genommen haben wollte, hatte bereits zur Verstärkung der nördlichen „Interessengrenze“ Garnisonstruppen aus Shropshire und Herefordshire in Marsch setzen lassen. Diese sollten sich mit in Cornwall angeworbenen walisischen und irischen Truppen in Nottinghamshire vereinigen und sich den Truppen Auncells entgegenstellen. Natürlich nur für den Fall, dass das diplomatische Geschick Joans versagte oder das Treffen überhaupt gar nicht zu Stande käme…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 12. September 2012 15:42

Das Treffen fand am 30. November 1360 in Pontefract Castle statt. Und wie sowohl von Buckingham als auch von den übrigen Anhängern der jungen Königin erwartet, kam es zu keiner Einigung. Lediglich Königin Joan hoffte bis zum Schluss des Treffens, ihren Onkel von der Rechtmäßigkeit der vom Thronrat bestätigten Nachfolgeregelung ihres Vaters überzeugen zu können.

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Auncell sprach seiner Nichte sogar in einem persönlichen Gespräch die Fähigkeit ab, wichtige Entscheidungen von größter Tragweite allein treffen zu können. Joan entgegnete darauf, dass dies bislang auch noch gar nicht notwendig gewesen wäre. In diesem Fall würde sie sich aber mit den fähigen Mitgliedern des Thronarates besprechen, zu denen sie auch ihn – ihren Onkel – zählen würde. Der alte Herzog von York soll darauf erwidert haben: „Augenscheinlich bedeutet Dir der Friede im Königreich nichts! Du würdest sonst schon längst die Krone in erfahrenere Hände gelegt haben. Nimm endlich Vernunft an oder trage die Verantwortung für deinen Starrsinn!“ Auncell soll anschließend aus dem Zimmer gegangen sein und nur zu Buckingham gesagt haben: „Hier gibt es nichts mehr zu sagen. Wir sehen uns im Felde!“ Die Chroniken von Pontefract überliefern uns über das Treffen nur noch, dass Auncell sich mit seinen Rittern im scharfen Ritt nach Norden begeben hätte, um sein Heer in York zu versammeln.

Die Fronten waren damit geklärt und die Schranken für einen Waffengang geöffnet. Nach fast drei Jahrhunderten sollten auf angelsächsischem Boden wieder Schlachten geschlagen werden, sollten Städte und Dörfer brennen und unsägliches Leid die Bevölkerung heimsuchen. In dem bevorstehenden Kampf ging es um nicht weniger, als um die Krone des größten mittelalterlichen Staatsgebildes seit dem Reich der Karolinger. Welch ein Frevel, die Anstrengungen Wilhelms, Henrys, der Eduards und der Edmunds aufs Spiel zu setzen, um – wie Joan des nannte – „einen eitlen Reif aus Gold“ zu tragen.

Dass es sich bei der Haltung Königin Joans in Pontefract nicht um Starrsinn handelte, sondern vielmehr um die Fortführung wohlüberlegter Politik ging, ist heute klar. Im Verständnis der damaligen Zeit musste die Weigerung einer Frau – zumindest bei ihren Feinden – auf heftige Gegenreaktion stoßen. Dass die Königin bereits als Thronfolgerin von ihrem Vater selbst bestimmt und diese Entscheidung mit allen Konsequenzen vom Thronrat noch einmal bestätigt worden war, schien die wenigen Anhänger Yorks jedoch nicht zu beeindrucken.

Es war ein großes Glück für die Krone, dass man in Auncell zwar einem gefährlichen Feldherren dafür aber unbedachten Politiker gegenüberstand. Der Herzog von York verfügte zwar über ein riesiges Privatvermögen und eine große Anzahl gut zu verteidigender Burgen, doch hatte er sich viel zu spät um Verbündete bemüht. Das Ansinnen, die Krone für sich selbst zu erringen, ließ viele Familienmitglieder von ihm abrücken. Königin Joan war klug genug, diese „Yorkisten“, wie sie bald genannt worden, mit offenen Armen zu empfangen. Damit ging ein Großteil der Unterstützung für den alten Herzog verloren. Damit war zwar der Charakter eines Krieges zwischen großen Koalitionen verfeindeten Adelshäuser dahin, die Gefahr für das Königreich England bestand aber dennoch.

Beide Seiten waren auf einen längeren Krieg in der Heimat überhaupt gar nicht vorbereitet. Mit den Truppen, die York und die Königin in dieser kurzen Zeit auf der Insel mobilisieren konnten, waren höchstens größere Scharmützel möglich. Während York sich um die Verstärkung seiner Armee mit schottischen Clanmitgliedern und ausländischen Söldnern – vor allem Dänen – bemühen musste, konnte die Königin mit den kampferprobten Armeen auf dem Festland rechnen. Doch die seit dem Attentat auf Edmund IV. eingesetzten Entwicklungen auf dem Kontinent machten es im Augenblick unmöglich, von dort auch nur einen einzigen Soldaten abzuziehen…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 12. September 2012 16:21

Es hatte noch nicht einmal einen Monat bis nach dem Tod Edmunds IV. gedauert, bis die Aasgeier an den Grenzen des englischen Reiches begannen zu kreisen. Sie wurden mutiger, als bekannt wurde, dass scheinbar nicht jedes Mitglied des englischen Hochadels mit der Nachfolge Joans auf den Thron zufrieden war. Um mögliche Chancen nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, wurde oft sehr schnell und manchmal auch recht unüberlegt gehandelt.

Bevor auf kleinere Krisenherde im Reich eingegangen wird, müssen die Bestrebungen der englischen Hauptfeinde, des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, des Königreiches Kastiliens und das Herzogtums Mailand, etwas näher beleuchtet werden.

Eine Ausnahme im sonst so hektischen Handeln der Feinde Englands bildeten merkwürdigerweise die Deutschen, die plötzlich scheinbar ihre Liebe zur Diplomatie wiederentdeckten.

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In Prag hatten die verbliebenen Kurfürsten – aufgerüttelt vom Tod ihres größten Widersachers – endlich Karl von Böhmen zum deutschen König gewählt. Durch die Einmütigkeit etwas verunsichert, hatte auch Ruprecht von Schwaben sein Heer nach Prag geführt und dort Karl IV. gehuldigt. Auch Rudolf IV., der als Herzog von Österreich, Herzog der Steiermark und Herzog von Kärnten gleich drei Titel auf seiner Person vereinte, hatte Bayern verlassen und sich mit einem Heer auf den Weg nach Böhmen aufgemacht.

Kurios ist, dass die Verhandlungen über einen Frieden nicht in Böhmen, sondern in Bologna stattfinden sollten. Doch hatte man mit dem fast 70jährigen Richard Churborne einen fähigen Verhandlungsführer und Diplomaten in Mailand, der die angenehme Reise für den Preis des Friedens gerne auf sich nahm.

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Hätte der englische Gesandte gewusst, welche Art von Verhandlungen in Bologna ihn erwarteten, hätte er die Reise durch das herrliche Italien sicher nicht angetreten und sich stattdessen weiterhin mit der Lektüre antiker Schriften beschäftigt.
Karl IV. wollte Frieden, ja. Aber er forderte im Gegenzug die Räumung Bayerns und Frankens sowie die Rückgabe Lothringens und Mailands. Churborne, der bisher immer als Verhandlungsführer des mächtigsten Reiches des Abendlandes nur Bedingungen gestellt hatte, war zuerst verwirrt und dann belustigt. „Sollte euer König Karl wirklich annehmen, dass es sich mit Mut und Herz der Engländer plötzlich anders verhält, nur weil uns eine Königin regiert? Unsere Löwin wird schon bald ein so großes Gebrüll anstimmen, dass selbst ein Thron in Prag bedenklich wackeln könnte.“

Die Verhandlungen wurden ergebnislos abgebrochen und die Gesandten beider Seiten reisten heim. Nur fünf Tage später konnte sich Richard Churbone wieder seinen Studien widmen, zehn Tage später erinnerte er sich kaum noch an die blassen Gesandten des deutschen Königs…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 13. September 2012 15:23

Auf der iberischen Halbinsel kehrte nach dem katastrophalen Ausgang der Belagerung Lissabons im Jahre 1357 für ganze drei Jahre Ruhe ein. Das lag jedoch nicht an der militärischen Stärke der Engländer (von der gar keine Reide sein konnte) im Herzogtum Portugal, sondern an den inneren Entwicklungen und Wirren im Königreich Kastilien.

Alfons XI. war 1358 verstorben und hatte so den Weg für seinen Sohn Peter freigemacht.
Peters Hass auf die Engländer war aufgrund der geplatzten Hochzeit mit der damaligen Prinzessin Joan bekannt. Dass er also die durch seinen Vater begonnenen Anstrengungen, die Engländer von der iberischen Halbinsel zu vertrieben, weiterführen würde, wurde nicht bezweifelt. Allein ein beinahe drei Jahre dauernder Streit mit seinem Bruder Heinrich von Trastamara verhinderte, dass sich erneut ein kastilisches Heer auf den Marsch nach Portugal begab. Peter ging im Kampf gegen seinen Bruder mit solcher Brutalität und Unbarmherzigkeit vor, dass er bald überall nur noch Peter der Grausame genannt wurde. Selbst sein im Kampf gegen die Engländer glückloser Onkel, Don Christobal Augusto de Valencia, wurde auf seinen Befehl hin ermordet. Ob Peter aus der Vergangenheit gelernt hatte, dass es keine weiteren Anwärter auf die Königskrone geben sollte oder er seinen Onkel aus einer Laune heraus töten ließ, ist ungeklärt.

Durch die inneren Streitigkeiten in Kastilien konnte zumindest Henry Fitzroy, der nach seinem Sieg gegen Don Augusto von Edmund IV. (seinem Halbbruder) zum Herzog von Portugal ernannt wurde, die Verwaltung in Portugal vollständig reorganisieren. Fitzroy ernannte eine Vielzahl portugiesischer Kleinadliger zu Magistraten und sorgte so für Ruhe in den Städten und Gemeinden. Er forcierte den Abbau der reichlich vorhandenen Bodenschätze Gold, Kupfer und Zinn und begann mit dem Ausbau des Hafens in Lissabon. Dieser sollte sich bald zum größten und wichtigsten Handelshafen und Umschlagplatz an der Atlantikküste entwickeln.
Selbst in der Reorganisation des Heeres konnte der Herzog von Portugal große Erfolge verzeichnen. Da durch den Krieg gegen das sogenannte Heilige Römische Reich und das Herzogtum Mailand alle verfügbaren Truppen gebunden waren, musste sich Fitzroy selbst helfen. Er fand großen Zulauf aus der bäuerlichen Bevölkerung und den ärmeren Stadtbewohnern und konnte so schon bald seine Truppen verstärken. Der Umgang mit der Hippe, der beliebten Stangenwaffe der Engländer, ließ sich auch den im Kampf ungeübten Bauern und städtischen Taugenichtsen schnell beibringen. Erfolge gegen die im Grenzgebiet marodierenden Soldaten Peters oder die unzähligen Räuberbanden hoben die Kampfmoral und das Selbstbewusstsein der Hippenmilizen schnell.

Dennoch blickte der Herzog von Portugal im Frühjahr 1360 mit einiger Sorge nach Osten, von wo sich ein gewaltiger Heerwurm unter dem Befehl des kastilischen Granden Don Alvarado Ferrand näherte. Peter, durch seine zeitweiligen Erfolge gegen seinen Bruder Hinrich mutig geworden, hatte den Großteil seines Heeres zur Eroberung des feindliche Portugal entsandt. Dies jedoch sollte eine seiner letzten falschen Entscheidungen sein.
Im März 1360 kam es nämlich endlich bei Montiel zur Entscheidungsschlacht zwischen den Armeen Heinrichs von Trastamara und Peter I. von Kastilien. Peter unterlag jedoch – nicht zuletzt durch seine zahlenmäßige Unterlegenheit – und wurde kurze Zeit später eigenhändig von Heinrich umgebracht.

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Die Nachricht von der Niederlage seines Königs wurde dem kastilischen Heerführer Ferrand jedoch nicht von den eigenen Leuten, sondern vom englischen Unterhändler Stephen Dane überbracht. Dane schilderte detailliert, wie sich Heinrich gegenüber den gefangenen Soldaten Peters verhalten hatte und sorgte damit für große Unruhe im Heer Ferrands. Gleichzeitig überbrachte Dane aber auch ein Angebot des Herzogs von Portugal, in dem dieser Ferrand für die Auflösung seiner Armee die stolze Summe von 10.000 Pfund Silber anbot und ihm außerdem Asyl in England gewährte. Ferrand nahm das Angebot an, überquerte den Grenzfluss Guadiana und begann mit dem Bau eines großen Heerlagers in der Nähe des Ortes Moura. Als im April 1360 dem Kastilier die vereinbarte Summe übergeben worden war, zweifelte kaum jemand daran, dass sich Ferrand an die Abmachungen halten würde. Doch entgegen dem vielgerühmten Ehrgefühl kastilischer Granden entließ Ferrand nur einen kleinen Teil seiner Truppen. Wieder musste Dane bei Ferrand vorsprechen und diesen an sein gegebenes Wort erinnern. Der Kastilier verlangte mehr Geld und machte dem englischen Unterhändler gleichzeitig klar, dass ihm Portugal so gut gefalle, dass er sich hier dauerhaft niederzulassen gedenke. Dane reiste vom plötzlichen Sinneswandel Ferrands verwirrt nach Lissabon zurück, um neue Befehle des englischen Herzogs zu erhalten.

Zum Glück hatte aber Stephen Dane nicht nur schlechte Nachrichten in seinem Gepäck. In einer geheimen Mission war es ihm nämlich endlich gelungen, ein Bündnis mit den in Nordafrika herrschenden Almohaden gegen das Königreich Kastilien zu schließen. Ein kleines muslimisches Heer hatte bereits die Straße von Gibraltar überschritten und war tief ins kastilische Kernland eingedrungen. Die gut gerüstete und ausgebildete Truppe standen unter dem Befehl Ali Abu l-Hasan as-Smail, des Fürsten von Tiaret. Diesem gelang es durch kluges Taktieren verschiedene größere Einheiten Heinrichs aufzureiben, so dass dem englischen Portugal vorläufig aus Kastilien keine neue Invasion drohen sollte.
Das Bündnis mit den erklärten Feinden des Christentums hinterließ bei den eingeweihten Vertrauten Henry Fitzroys einen bitteren Beigeschmack. In Anbetracht der Tatsache jedoch, dass vorläufig weder aus dem englischen Mutterland, noch aus den französischen Gebieten mit Verstärkung gerechnet werden konnte, war eine geschickte – besser zweckmäßige – Diplomatie notwendig.

Leider ahnten weder der Herzog von Portugal noch sein fähiger Unterhändler Dane, dass mittlerweile das als militärische Unterstützung gegen Kastilien gedachte Bündnis zu einer Bedrohung für die gesamte Christenheit geworden war.

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Unter dem Befehl des Emirs Hicham al-Talamanki hatte nämlich im August 1360 ein gewaltiges muslimisches Heer die Meerenge überquert. Der kastilische Chronist Alvaredo Mendoza, der die Landung des feindlichen Heeres in Europa mit eigenen Augen sah, berichtete später: „Die Anzahl muselmanischen Schiffe war so groß, dass man trockenen Fußes hätte von Iberien nach Afrika gelangen können.“
Das Heer al-Talamankis wälzte sich unaufhaltsam nach Norden, in Richtung der kastilischen Hauptstadt Toledo. Dane wurde als Beobachter der englischen Krone von Henry Fitzroy beauftragt, den Heerzug des Almohaden-Herrschers zu begleiten und über alles detailliert zu berichten.

Der eben noch siegestrunkende Heinrich II. von Kastilien war nun in einer nahezu ausweglosen Situation. Seine Truppen waren durch den eben beendeten Bruderkrieg um die Krone stark geschwächt und außerdem über das gesamte Land verteilt, um auch die letzten befestigten Orte und Burgen Peters in ihren Besitz zu bringen.
Wen sollte er um Hilfe ersuchen? Sizilien hatte sich seit 1358 kontinuierlich politisch von Kastilien entfernt und mit der Übernahme der Herrschaft in Süditalien durch die Neapolitaner verfolgte man dort sowieso eigene Pläne. Das Heilige Römische Reich bestand nur noch aus Österreich, Böhmen und dem Herzogtum Romagna und hatte – wie schon oben beschrieben – genug eigene Probleme.

Wohl oder übel musste sich also Heinrich II. von Kastilien selbst helfen, denn auch vom Letzten im Reigen der Verbündeten Kastiliens, dem Herzogtum Mailand, war seit 1360 keinerlei Hilfe mehr zu erwarten…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 13. September 2012 19:39

Nahezu die einzige wirklich gute Nachricht, die die englische Königin kurz vor Jahresende 1360 erhielt, war die Nachricht vom Fall Venedigs. Die Stadt war aber letztlich nicht durch das militärische Geschick Sir Samuel Beckets genommen worden, vielmehr hatten aufständische Venezianer den aus Mailand geflohenen Herzog im Dogenpalast umgebracht und den englischen Truppen das Eindringen in die Stadt ermöglicht.

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Zu den im Laufe der Kampfhandlungen in den engen Gassen und auf den vielen Brücken getöteten Mailändern gehörte auch der Befehlshaber der mailändischen Garde, Graf Beca. Mit ihm starb die gesamte Garde des bereits toten Herzogs von Mailand, über 1.000 Elitesoldaten. Nicht verschwiegen werden darf aber an dieser Stelle, dass auch der Blutzoll der Engländer sehr hoch war. Mehr als 300 Engländer wurden teilweise in Hinterhalte gelockt und abgeschlachtet, von Armbrustschützen erschossen oder ertranken jämmerlich in den Kanälen der Stadt.

Becket war nach dem Ende der Kämpfe sehr bestrebt, die städtischen Verhältnisse schnellstmöglich wieder zu normalisieren. Vor allem das gewaltige Potential des riesigen Handelshafens musste wieder zur Verfügung stehen.
Unsicherheit bestand nur im Umgang mit der politischen Zukunft der Stadt. England hatte keinerlei Interesse an einer dauerhaften Besetzung Venedigs. Doch das amtierende Oberhaupt der Stadt, der Doge Giovanni Dolfin, hatte sich beim Einzug Galeazzos II. nach Kreta zurückgezogen und schmiedete seitdem Pläne zum Verlassen des lombardischen Bundes.

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Welche Genugtuung musste es dem Dogen Giovanni Dolfin gewesen sein, als er vom gewaltsamen Tod Viscontis erfuhr. Auch dass die Engländer über ihren Gesandten Finbarr McLoughlin Verhandlungen über die Übergabe Venedigs eröffneten, beeindruckte den Venezianer sehr. Vorerst war jedoch an eine Übernahme der Stadt noch nicht zu denken, standen doch noch verschiedene lombardische Heere in Venetien. Die Blockade der Insel Kreta durch die Flotten der verfeindeten ägyptischen Mamelucken war ein weiterer Hinderungsgrund, die Regierungsgeschäfte in der Heimat anzutreten. Der englische Unterhändler McLoughlin versicherte dem Dogen, dass binnen Jahresfrist sämtliche lombardische Truppen aus Norditalien vertrieben wären und somit seiner Rückkehr nichts im Wege stünde. Über das Problem der mamelukischen Blockade würde man später nachdenken…

Leider konnte sich Sir Becket weder den Ruhm für die Vertreibung der lombardischen Truppen, noch für die Wiederaufnahme des normalen Alltags in Venedig auf seine Fahnen schreiben. Im März 1361 starb er nach einem kurzen aber sehr heftigem Fieber, wahrscheinlich an Malaria.

Nachfolger wurde Sir Nigel Neville, der 1. Earl von Westmorland. Ihm, der unter den Merryfields das Kriegshandwerk gelernt hatte und der Krone ähnlich nahestand wie Henry Fitzroy - der Herzog von Portugal - oblag es nun, das dem Dogen im selbstgewählten Exil gemachte Versprechen einzulösen.

Als erstes sorgte Nigel Neville für die vollständige Wiederherstellung der ständischen Ordnung in der Stadt. Diese Ordnung hatte seit der Mitte des 13. Jahrhunderts eine enge Verbindung zur Arbeitsteilung: der Adel war für die Politik und die höhere Verwaltung sowie die Kriegs- und Flottenführung zuständig. Die sogenannten „Cittadini“, die bürgerlichen Kaufleute, sorgten für Geldmittel und Wertschöpfung durch Handel und Produktion, die „Populani“, die Mehrheit der Bevölkerung, stellte Soldaten, Matrosen, leistete Handarbeit und trieb Kleinhandel.
Bei allen Fragen der Kriegsführung verfügte Neville eine zeitweilige Einschränkung der Ordnung, stand doch Venedig gerade unter dem Protektorat der englischen Krone. Dieser Sachverhalt schien aber in der Stadt niemanden zu stören.

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Bereits Ende Mai 1361 hatte Neville seine Truppen neu organisiert und war bereit, die im nördlichen Italien stehenden Truppen des Feindes endgültig zu vernichten. Sorgen bereiteten ihm weniger die weit verstreuten Aufgebote des toten Herzogs Galeazzo, sondern eher die mittlerweilen kampferfahren Söldner Anselm von Penzbergs. Diese hatten verschiedene kleine Städte erobert und sich schließlich in Conegliano eine feste Basis geschaffen, von der aus sie ihre Raubzüge unternahmen.

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Für Neville war der Kampf gegen die Lombarden, oft nur in größter Eile eingezogenen und notdürftig bewaffnete Bauern und Kleinbürger fast ein Spaziergang. Meist genügten allein der Aufmarsch seiner Truppen und das langsame Angaloppieren seiner schweren Reiterei, um die Feinde zu zerstreuen. Waren die lombardischen Aufgebote erst einmal in Auflösung begriffen, war es ein Leichtes, sie vollständig aufzureiben.

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So gelang es bis Ende Juni 1361 zumindest die unmittelbare Umgebung Venedigs bis zum Einflussgebiet Anselms von allen Feinden zu befreien. Neville, der sich wie viele andere Heerführer mit dem behelfen musste, was ihm zur Verfügung stand, wagte den Frontalangriff auf das mittlerweile schwer befestigte Lager Anselms in Conegliano jedoch nicht. Die erwarteten Verluste wären zu groß und würden dadurch die eben gefestigte englische Position im östlichen Norditalien gegenüber den verbliebenen Viscontis in Bologna schwächen.

Er verlegte sich also auf geschicktes Taktieren und tatsächlich gelang es ihm, durch klug gelegte Hinterhalte kleinere Haufen herum streifender Söldner niederzumachen. Diese Situation und die damit verbundenen Verluste wurden schließlich für Anselm von Penzberg so untragbar, dass er sich entschließen musste, dem Engländer offensiv entgegenzugehen.

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Neville war dennoch überrascht, als Anselm schließlich am 18. September 1361 bei Oderzo in Schlachtordnung aufmarschierte und er in seinen Reihen eine große Anzahl dalmatischer Bogenschützen entdeckte. Schnell ließ er seine Truppen eine kleine Anhöhe in der unmittelbaren Nähe Anselm besetzen, um die aber schon bald heftig gekämpft wurde. Immer wieder ließen die Schützen beider Seiten einen Pfeilhagel auf den Gegner niedergehen, der die Reihen auf beiden Seiten lichteten.

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Zäh wurde um jeden Meter Boden heftig gerungen. Die Söldner Anselms verstanden ihr Handwerk so gut, dass es ihnen sogar zeitweise gelang, die Ritter Richard Fitzalans, des Earls von Arundel, zurückzutreiben. Fitzalan gelang es jedoch, seine Ritter neu zu sammeln und noch einmal machtvoll gegen die Flanke der sich gerade im Vormarsch befindlichen Fußtruppen Anselms zu stürmen. Das war die Wende im Kampf.

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Anselm von Penzberg gab den Kampf verloren und floh vom Schlachtfeld. Leider war dem Söldnerführer das Glück nicht hold. Ein gezielter oder verirrter Pfeil traf ihn in den Hals und er starb. Mit dem Sieg Nevilles über den gefährlichsten seiner Gegner im Norden Italiens war das Versprechen gegenüber dem Dogen eingelöst. Ein ursprünglich zur Verstärkung der Lombarden auf dem Marsch befindliches Heer, hatte sich nach Bekanntwerden des Sieges Nevilles wieder nach Dalmatien zurückgezogen.

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Damit war der gesamte Norden Italiens in englischer Hand. Ob es den Heerführern allerdings gelingen würde, die gesicherten Gebiete auch zu halten, stand auf einem anderen Blatt.
Während sich die Anstrengungen Sir Nigel Nevilles in Venetien und Sir Henry Blounts in Mailand in den nun folgenden Monaten tatsächlich nur auf die Festigung der Macht und die völlige Wiederherstellung einer gut funktionierenden Verwaltung beschränkten, wurde im Norden Frankens sowie in verschiedenen französischen Gebieten blutige Kämpfe ausgetragen…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 16. September 2012 11:16

Bei aller Wichtigkeit der Kämpfe im Osten, Westen und Süden des Reiches – von den in der Zwischenzeit verlustreichen Gefechten auf dem englischen Mutterland ganz zu schweigen – sollen nun doch in aller Kürze die Nebenkriegsschauplätze betrachtet werden, die unbedingt als Teil des ausgebrochen Thronfolgestreites zwischen den Plantagenets und den Yorks gewertet werden müssen.

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Während sich in England die beiden Lager ab Januar 1361 eifrig bemühten, Kämpfer anzuwerben und sich gegenseitig mit Überfällen auf das jeweils andere Gebiet das Leben schwer zu machen, während kleinere Burgen belagert und erobert wurden und Regionen – auch mehrfach – die Seiten wechselten, begann es im Norden des Herzogtum Frankens zu schwelen.
Heinrich von Weinsberg, ein Lehnsmann Ruprecht von Schwabens, hatte sich kurz nach dem Fall von Frankfurt langsam in den Norden Frankens begeben und – unentdeckt von den Engländern – unterwegs ein kleines Heer gesammelt. Im Norden eroberte er zwischen 1358 und 1360 Hersfeld, Fritzlar und Kassel zurück und etablierte hier einen deutschen Herrschaftsbereich. Unterstützung erhielt er ausgerechnet vom ehemaligen deutschen Erbfeind, den Dänen. Diese schütteten nicht nur ein wahres Füllhorn von Geld über dem Weinsberger aus, sondern sandten ihm auch kleinere Kontingente dänischer Fußtruppen. Der Graf von Kent musste baldmöglichst gegen Weinsberg vorgehen, sollte sich nicht das bisherige Schwelen zu einem größeren Flächenbrand entwickeln.

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Kent zog kurzerhand den Großteil seiner Truppen aus Frankfurt ab und stieß mit seinem Heer so schnell auf Kassel vor, dass Weinsberg sich mit seinen Soldaten fluchtartig auf dänisches Gebiet zurückziehen musste. Für Kent, der die brüchige und trügerische Waffenruhe mit den Dänen auf keine Fall gefährden wollte, war „die Sache“ damit erledigt. Kent legte in einige größere Städte in Grenznähe Truppen und ließ das Grenzland durch seine Späher scharf beobachten. Hersfeld, Fritzlar und Kassel, die dem Engländer sofort die Tore öffneten, bekamen eine große Garnison und schon im Juni 1361 war Franken wieder vollständig befriedet.

An der Grenze zwischen Thüringen und Bayern hatte sich für die englische Herrschaft jedoch ein viel größeres Problem ergeben.
Das ursprünglich von Edmund IV. für einen Feldzug gegen Kastilien angeworbene Heer aus französischen Kontingenten hatte sich noch Ende September 1360 unter dem Befehl Charles, des Grafes von Angoulême, auf den Weg gemacht. Zuerst war Charles in Richtung Südwesten auf die Pyrenäen zu marschiert, dann jedoch – es muss Mitte Dezember 1360 gewesen sein – nach Osten abgeschwenkt. Der Graf hatte mit seinen Truppen Frankreich durchquert, plötzlich Mitte Mai 1361 Frankfurt passiert und stand nur wenig später vor Bamberg.

Richard von York, der laut den immer noch geltenden Befehlen die Stadt Nürnberg gesichert hatte und eben dabei war, sich die lokale Bürgerschaft gewogen zu machen, musste durch Charles von Angoulême vom Aufbegehren seines Vaters erfahren. Der Graf teilte dem peinlich berührten Richard außerdem mit, dass dieser sich umgehend gegen alle Versuche englischer Truppen, die Stadt gewaltsam zu nehmen, zu wappnen hätte. Er, Angoulême, sei ein treuer Anhänger seines Vaters und würde die westliche Grenze Bayerns sichern. Richard von York erbat sich eine Unterredung mit seinem Kriegsrat, begab sich wieder nach Nürnberg und schlug dem verblüfften Angoulême die Tore einfach vor der Nase zu. Dieser ritt verwirrt und beleidigt zu seinem Heer zurück.

Da erst wurde bekannt, dass Auncell von York sich mit dem deutschen König Karl IV. verbündet hatte, um durch den nun entstehenden Druck die Ansprüche Yorks in England endgültig durchzusetzen. In der Kanzlei in Prag wurde später ein Schriftstück gefunden, welches eindeutig belegt, dass Auncell für die Hilfe Karls IV. nicht nur Bayern, Franken und Lothringen, sondern auch Portugal und Navarra zu opfern bereit war. Der Verrat Auncells war so unfassbar, dass selbst Buckingham, als er davon erfuhr, ungläubig den Kopf geschüttelt haben soll.

Richard von York, der von alledem nichts ahnte und dem englischen Königshaus nachwievor in unverbrüchlicher Treue zur Seite stand, sandte umgehend Nachrichten an den weiter im Süden stehenden Bruder Buckinghams, den Grafen von Hereford. Er machte diesem in aller Kürze mit der Situation vertraut und bat gleichzeitig darum, als Sohn des Verräters von seinem Kommando entbunden zu werden. Hereford kam dieser Bitte umgehend nach, was vor allem bei den Soldaten Yorks, die seine bedingungslose Treue zur englischen Krone kannten, auf Empörung stieß. Richard von York konnte sich jedoch auf Ehrenwort völlig frei bewegen. Das beruhigte die erhitzten Gemüter schnell wieder.

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Das Problem des gut gerüsteten Grafen von Angoulême bestand aber weiterhin. Hereford wollte keinesfalls zwischen den Hammer des verräterischen französischen Lehensträgers und den Amboss des deutschen Königs geraten. So machte er sich auf, um Charles von Angoulême eine Lektion zu erteilen.

Herford hatte mit seinem Heer aus Veteranen der Mailandkriege eine scharfe Waffe in der Hand und als Feldheer genügend taktisches Geschick, diese Waffe mit tödlicher Präzision zu führen. Dazu kam seine Neigung, den Ausgang einer von ihm geführten Schlacht schon vorher zu bestimmen. Zu seinen Vorbereitungen im Kampf gegen den Grafen von Angoulême zählten also nicht nur die Wahl des perfekten Schlachtfeldes, sondern auch der Einsatz beträchtlicher Geldmittel aus der reichlich gefüllten Privatschatulle des Engländers.

Als Charles, der Graf von Angoulême, am Vormittag des 01. Dezember 1361 schließlich sein Heer zum Angriff gegen die englischen Truppen führte, stand für ihn scheinbar alles zum Besten. Die Moral der Truppe war hervorragend und die Gewissheit, mit den Truppen Karl IV. bald unüberwindlich zu sein und so mit den verstreuten englischen Truppen leichtes Spiel zu haben, gab zusätzlichen Mut.

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Unsicher wurde Charles erst, als die mitgeführten Bombarden des englischen Heeres erste blutige Schneisen in seine vorgehenden Reihen rissen und sich er sich gleich darauf den wohlgezielten Pfeilen der walisischen Bogenschützen Herfords ausgesetzt sah. Um ihn herum fielen die Männer wie Grashalme unter der Sense des Schnitters. Als sich schließlich die englischen Fußtruppen in Bewegung setzten, bemerkte Charles voll Schrecken, dass sich verschiedene seiner Hauptleute begannen, mit ihren Truppen abzusetzen. So liefen zum Beispiel, bezahlt mit englischem Gold, mehr als 400 bretonische Soldaten geschlossen zu Hereford über und verstärkten dessen Reihen zusätzlich. Auch die schwere Reiterei des Franzosen, meist in Burgund und Lothringen angeworben, verließ das Schlachtfeld und kehrten in die Heimat zurück, die Satteltaschen gut gefüllt mit englischen Münzen. Das war das Ende für Angoulême.

Charles, der wusste, was ihm im Falle der Gefangennahme bevorstand, stürzte sich ins dichteste Kampfgetümmel und wurde kurz darauf von einer englischen Hippe so schwer am Hals verletzt, dass er starb.

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Der Graf von Herford hatte einen weiteren glänzenden Sieg errungen und durch sein Geschick kaum Verluste erlitten. Das Heer zu schonen, um hier an den östlichen Grenzen des englischen Reiches gegen die sicherlich bald erfolgenden Angriffe Karls IV. gewappnet zu sein, hatte für ihn äußerste Priorität. Sorgen machte er sich allein um seine Finanzen, die nach der Bestechung der feindlichen Hauptleute, in einem schlimmen Zustand waren. Aus England war keinerlei Hilfe zu erwarten, denn mittlerweile kämpfte Königin Joan mit ihren Anhängern ums nackte Überleben. Wie man hier vernommen hatte – und keiner konnte den Wahrheitsgehalt dieser Nachrichten einschätzen – wurde London durch ein Heer des Herzogs von York belagert. Da die englische Flotte durch eine Seuche geschwächt in verschiedenen Häfen der Südküste festsaß, konnten dänische Geschwader die Versorgung der Hauptstadt unterbinden. Für Königin Joan und das Herrschergeschlecht der Plantagenets stand es also nicht zum Besten...

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 16. September 2012 14:06

Zwei weitere Brandherde entwickelten sich Mitte 1361 in den französischen Gebieten Englands.
Teile der erfolgreich vom Herzog von York bei den Schotten und den Dänen angeworbenen Truppen hatten sich nämlich im südlichen Flandern gesammelt und waren auf verschiedenen Weg in Richtung Südfrankreich unterwegs.

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Ein kleines Heer unter Gawain de Molay, dem Grafen von Dorset, zog an Reims vorbei auf Dijon zu. Ein wesentlich größeres und gefährlicheres Heer unter Jehanin Becot, dem Baron von Troyes, hatte es anscheinend auf die Eroberung und Sicherung der Mittelmeermetropole Marseille abgesehen.

Beide Heerführer waren erklärte Parteigänger Yorks und verfolgten außerdem auch noch undurchsichtige eigene Absichten.
Die Ziele, das burgundische Dijon und das südfranzösische Marseille waren nicht willkürlich von Auncell von York ausgesucht worden. Dijon galt als Sammelstelle der Steuereinnahmen der südfranzösischen Verwaltungsgebiete und der weiter östlich gelegenen deutschen Gebiete Franken und Bayern. Von Dijon aus wurden diese Gelder später weiter nach Norden gebracht, bevor sie dann von Antwerpen oder Rouen aus den Kanal überquerten.
Mit Marseille hoffte Auncell von York einen bzw. den bisher wichtigsten Mittelmeerhafen in seine Gewalt zu bringen und somit seiner Kriegskasse einen permanenten Zustrom von Geld zu garantieren.

De Molay schaffte es tatsächlich, den für die englische Krone lebenswichtigen Geldfluss in Burgund zu einem Rinnsal verkümmern zu lassen. Er blockierte sämtliche Straßen nach Norden und zeigte sich sogar mehrfach in Sichtweite Dijons.
Die Magistraten der Stadt sandten Hilferufe nach Flandern und in die Normandie, doch wurde diese fast alle von den herumstreifenden Reitern de Molays abgefangen. Lediglich eine Botschaft erreichte im Hochsommer 1361 das ostflandrische Gent.
Herzog von Flandern war der 49 Jahre alte Henry von Blackmore, ein Ururenkel Henrys I. Er sandte seinen Sohn, den 28jährigen John von Gent (von dem später noch zu hören sein wird) mit einem kleinen Aufgebot städtischer Milizen in den Kampf gegen de Molay.
John von Gent schaffte es, in Reims zusätzliche Truppen aus der städtischen Mittelschicht anzuwerben und mit diesem das Heer de Molays herauszufordern.

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Nördlich von Dijon kam es Anfang September 1361 zur Schlacht, in deren Verlauf es den Miliztruppen des jungen Heerführers tatsächlich gelang, die Soldaten de Molays nahezu komplett aufzureiben. Lediglich das Fehlen von Reiterei, selbst John von Gent kämpfte zu Fuß, verhinderte, dass man die flüchtenden Soldaten komplett vernichtete. Und wie so oft bei kleineren Verbänden im Feindesland, wurden die nach Nordosten strebenden Soldaten des Yorkisten de Molays von Bauern und Stadtmilizen gnadenlos gejagt und umgebracht. De Molays selbst fand den Tod in der Schlacht, makabrer Weise durch den Axthieb eines Genter Metzgers.

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Damit hatten die Königstreuen nicht nur einen weiteren Sieg gegen die Yorkisten außerhalb Englands errungen, John von Gent fielen auch die geraubten Steuereinnahmen eines halben Jahres in die Hände, mehr als 30.000 Pfund Silber. Das Geld wurde nach Gent gebracht und tauchte ein halbes Jahr später, im Spätfrühling 1362 unter ganz besonderen Begleiterscheinungen in London wieder auf…

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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 19. September 2012 18:48

Weitaus schwieriger war der Kampf gegen den zweiten Heerführer Yorks im Süden Frankreichs. Auf seinem Weg nach Marseille hatte Jehanin Becot mit seinem Heer den Großteil der Städte, die auf Kampfhandlungen völlig unvorbereitet waren, erobert und geplündert. Dies sollte nur ein kleiner Vorgeschmack auf das sein, was seine Söldnerarmee später in der Provence anrichten sollte.

Im September 1361 erreichte Becot Lyon. Die Stadt viel nach einem Sturmangriff noch am Tag der Ankunft und wurde schwer verwüstet. Allein 2.000 Bürger fielen hier den Schwertern der dänischen und schottischen Söldner zum Opfer. Anfang Oktober fiel Grenoble – man hatte vergessen die Stadttore rechtzeitig zu schließen. Auch diese Stadt zahlte nun einen sehr hohen Blutzoll.
Noch vor dem ersten Schnee überquerte Becot mit seinen Truppen und dem geraubten Gut den Col du Lautaret und erreichte kurz darauf die wärmeren Gefilde der reichen Grafschaft Provence.
Er wählte Manosque als Winterquartier und ließ umgehend ein gut befestigtes Heerlager anlegen. Ob Becot tatsächlich damit rechnete, hier angegriffen zu werden, ist recht zweifelhaft. Wahrscheinlicher ist eher, dass er seinen Soldaten etwas Beschäftigung verschaffen musste und außerdem Zeit benötigte, um über die weiteren Schritte nachzudenken.

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Trotz Bau des Heerlagers mit einem bis zu fünf Meter tiefen Graben sowie einer drei Meter hohen Palisade, fanden scheinbar noch genügend Männer seines Heeres Gelegenheit, Streifzüge in die umliegenden Dörfer und Städte zu unternehmen. Der Magistrat Marseilles musste von den hohen Mauern der Stadt mit ansehen, wie täglich mehr dunkle Rauchsäulen brennender Ortschaften in den Himmel stiegen. Bald gab es um das Heerlager Becots nur noch eine menschenleere Ödnis und in den ehemals blühenden Dörfern und Weilern ragten leider zu oft nur noch die verbrannten Balken ehemals schmucker Häuser in den Himmel.

Becot selbst erschien Anfang März 1362 das erste Mal persönlich vor der Stadt und übergab einer Abordnung der Bürger die Aufforderung, die Stadttore für das Heer des Herzogs von York zu öffnen. Er erhielt eine höflich formulierte jedoch abschlägige Antwort und musste sich wieder zurückziehen. Becot wusste, dass die kleine Garnison der Stadt sowie die im Kampf unerfahrenen Händler und Handwerker nicht gegen die kampferfahrenen Söldner seiner Armee bestehen konnten. Er wusste aber auch, was der Mut der Verzweiflung bewirken konnte und dass eine Erstürmung der Stadt auch für ihn mit hohen Verlusten verbunden wäre. Eben diese Verluste konnte sich Becot nicht leisten, war doch der Erhalt und die permanente Vergrößerung seiner Armee für ihn am wichtigsten. Nur dann konnte er den Befehlen seines Dienstherren, des Herzog von Yorks, folgen und nach der Eroberung Marseilles ins Languedoc einmarschieren, um Toulouse zu erobern. Im Mittelpunkt der thronräuberischen Aktivitäten Yorks standen also nicht mehr vordergründig die Vorgänge in England selbst, sondern bereits die Sicherung seiner Herrschaft auf dem Festland. Doch zu den Vorgängen in England etwas später…

Die Zeit für diesen Kampf schien für Becot also günstig, gab es doch in den französischen Gebieten kaum nennenswerte englische Truppenpräsenz. Und bei den bisherigen Entwicklungen in England selbst sollte – so Becots Annahme – der allgemeine Widerstand der Plantagenet-Anhänger auch hier auf dem Kontinent bald erloschen sein. Doch hatte er die Rechnung ohne die zähen Anhänger Königin Joans gemacht, die es auch auf dem Festland noch gab.

John Beaufort, der Herzog von Somerset, hatte im Oktober 1361 England verlassen und im östlichen und westlichen Flandern Truppen angeworben. Auch das Heer Somersets bestand gänzlich aus Söldnern. Da waren flämische Spießträger, Bogenschützen aus Friesland, Armbrustschützen aus der Normandie, burgundische Fußsoldaten sowie zwei Abteilungen schwer gepanzerter Berittener aus Lothringen und Franken. Ursprünglich wollte er mit diesen Truppen zurück nach England, um das von Auncell besetzte London zu befreien. Doch die andauernde dänische Blockade des Kanals und der Mangel an Schiffen machten dies unmöglich. Da er mittlerweile von den Vorgängen im Süden gehört hatte, machte er sich noch Anfang Dezember 1361 auf den Weg in Richtung Marseille.

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Somerset passierte Nancy Ende Dezember, erreichte Dijon – wo er seinem Heer eine zweitägige Rast gönnte – und jagte seine Männer weiter am verwüsteten Lyon vorbei nach Süden. Er zog weiter das Rhonetal hinab, vorbei an Avignon und überquerte Mitte Januar den Fluss weiter im Süden bei Arles. Von den sorglosen Truppen Becots unentdeckt, drehte er nach Nordwesten und umging den Feind, in dem er durch das Tal des Coulon marschierte. Hier, in Apt, gönnte er seinen Männern noch einmal ein paar Tage Ruhe, bevor der Engländer die letzte Etappe in Angriff nahm.
Ende Februar erreichte er den Ausgang des Coulontales bei Villeneuve und schwenkte nun endlich nach Süden, auf Manosque zu. Jedoch fand Somerset das Heerlager Becots verlassen vor.

Becot, der sich zwei Tage vor der Ankunft Somersets in Richtung Süden in Bewegung gesetzt hatte, war von der Nachricht vom Auftauchen des Feindes in seinem Rücken völlig überrumpelt.
Die Nachricht verwirrte ihn umso mehr, als dass er außerdem vom Nahen eines Ritterheeres aus dem Languedoc erfahren hatte, welches sich aus dem Westen näherte. Eile war geboten, sollte das Unternehmen noch gelingen. Becot entschloss sich, sofort die Rhoneübergänge zu blockieren, das Heer Somersets zu vernichten und Marseille im Sturm zu nehmen. Diese zeitweilige Teilung seines Heeres führte zum Untergang, auch wenn der Sieg durch englische Waffen letztlich schwer erkauft werden musste.

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Das Ritterheer unter der Führung des Grafen von Toulouse hatte die Rhone bereits überschritten und stand nur wenig westlich des sich rasch nähernden Heeres Somersets. Da die kleineren Verbände Becots den geschlossen marschierenden Truppen der Engländer nicht ebenbürtig waren, fluteten sie – ohne etwas ausgerichtet zu haben – Richtung Süden zum Meer hin zurück.

Doch auch der Weg zur Küste war blockiert. Hier hatten sich die örtlichen Milizen mit den Mannschaften des in Marseille liegenden Mittelmeergeschwaders vereinigt und den Weg verlegt. Verstärkt wurden diese Reihen noch durch die nach Rache schreienden Überlebenden der durch Becot geplünderten Ortschaften der Provence.

Jehanin Becot, Graf von Troyes, blieb keine andere Möglichkeit, als sich dem Kampf zu stellen.
Da das Vorgehen der englischen Truppen ihm wenig koordiniert erschien, versuchte er, die einzelnen Truppenkörper zu zerschlagen. Die volle Wucht des ersten Angriffs bekamen die regionalen Milizen ab, die sich aufgrund der hohen Verluste langsam nach Süden abdrängen lassen mussten. Doch war die Wut auf die verhassten Söldner Becots so groß, dass der Kampfeswille nicht gebrochen werden konnte und die Reihen hielten.

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Somerset, der den Lärm der Schlacht schon hören konnte, ließ seine Männer das Marschtempo forcieren. Er tauchte genau in dem Moment im Rücken Becots auf dem Schlachtfeld auf, als sich die Reihen der Milizen aufzulösen begannen. Die Armbrustschützen hatten lediglich Zeit für einen gezielten Schuss, dann rückten bereits die Flamen und Burgunder vor. Überholt wurde diese nur von den deutschen Berittenen, die allein durch die Wucht des Aufpralls tiefe Löcher in die feindliche Formation rissen. Doch waren die Soldaten Becots kampferfahren genug, um weitere Reiterattacken zu vereiteln. Schon dem zweiten Angriff der deutschen Reiter stellten sie eine nahezu undurchdringliche Speerwand entgegen, die auch durch größten Opfermut nicht durchbrochen werden konnte. Dies gelang erst den gepanzerten Fußkämpfern Somersets, die sich stechend und hauend einen Weg in den feindlichen Truppenkörper bahnten. Es entwickelten sich blutige Zweikämpfe, die auf beiden Seiten große Opfer forderten. Doch eine Entscheidung brachte auch das noch nicht.

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Erst als am Nachmittag endlich der Graf von Toulouse mit seinen Rittern das Schlachtfeld erreichte, drehte sich das Schlachtenglück zu Gunsten der Engländer. Toulouse stieß immer wieder in jede sich öffnende Deckung der feindlichen Truppen hinein. Dieses Mal konnten Becots Söldner keine geschlossene Abwehr mehr bilden. Das Söldnerheer des Yorkisten zerbrach.

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Die Söldner Becots, meist zu schwach um zu fliehen, wurden niedergemacht. Die Soldaten Somersets machten sich nach dem blutigen Handwerk umgehend daran, die schwer beladenen Wagen Becots zu plündern und die Leichen ihrer erschlagenen Gegner zu fleddern. Was aus Becot selbst wurde, ist nicht geklärt. Vielleicht ist starb er unerkannt in der Schlacht, vielleicht gelang ihm auch die Flucht. Eine Rolle spielte es nicht, da mit seinen Männern auch das letzte Heer des Herzogs von York auf dem Festland vernichtet worden war.

Fest stand jedoch, dass es auch in absehbarer Zeit nicht möglich sein würde, Truppen aus den Festlandsgebieten in die Heimat zu entsenden, wollte man die schwer erkämpften Gebiete nicht wieder verlieren. Zu groß war nachwievor die Anzahl der Feinde, die gierig auf jedes Zeichen von Schwäche warteten.

Mit banger Hoffnung blickten die großen Heerführer auf dem Festland also nach England, wo sich letztlich das weitere Schicksal der Krone und des Reiches entscheiden sollte…
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Re: [AAR] Der Sprung des Löwen (England)

Beitragvon Condottiere » 20. September 2012 19:06

Der Thronfolgekrieg in England

Königin Joan war nach dem Abbruch der Verhandlungen mit ihrem Onkel Auncell, dem Herzog von York, wieder nach London zurückgekehrt. Desillusioniert übertrug sie Buckingham den Befehl über das königliche Heer in England. „Welches Heer, eure Hoheit?“, soll dieser geantwortet haben. Dennoch begab er sich umgehend nach Buckinghamshire, um in seiner Heimat Truppen anzuwerben. Der Prozess ging jedoch sehr schleppend voran, denn die Kriege Edmunds III. und seines Nachfolgers Edmunds IV. hatten Mittelengland unzählige seiner waffen- und somit zeugungsfähigen Männer beraubt.

Unterstützung erhielt er von John Beaufort, dem Herzog von Somerset, Roger Mortimer, dem Earl of March und Patrick, dem Earl of Richmond. Mit den bereits in Shropshire und Herefordshire abgeworbenen Soldaten verfügte Buckingham nun zumindest über ein dem Herzog von York zahlenmäßig ebenbürtigem Heer.

Auncell von York hatte ebenfalls Unterstützung von einigen schottischen Clanführern sowie von Baron Percy of Alnwick erhalten. Zudem brachte der dänische König Waldemar IV. mehrere große Abteilungen Fußkämpfer über die Nordsee, die im Februar 1361 in Northumberland landeten und sich mit den schottischen Truppen vereinigten.

Das erste Gefecht im Kampf um die englische Krone wurde am 12. März 1361 in der Nähe von Northampton ausgetragen.
Buckingham hielt sich gerade im Süden des Landes auf, um mit den wenigen ihm verbliebenen Männern der ständigen dänischen Küstenüberfälle Herr zu werden. Das Gros seiner eigenen Truppen lagerte zusammen mit den Kontingenten der Königstreuen unter Somerset, Richmond und March nördlich von London. Am 07. März erfuhr Richmond vom Nahen der Streitmacht der Yorkisten, denen sich mittlerweile auch John Hastings, der Earl of Pembroke, angeschlossen hatte.

Richmond drängte Somerset zum schnellen Aufbruch, während dieser auf Buckingham warten wollte, dem er bereits Nachricht gesandt hatte. Der Earl of Richmond konnte sich schließlich durchsetzen. Die Armee der Königstreuen zog bis Northampton und bezog dort Stellung hinter einem kleinen Wäldchen. Unentdeckt vom Feind wollte man hier über die Truppen der Yorkisten herfallen. Leider sahen jedoch Späher Baron Percys eine Fahne mit dem Wappen Königin Joans am Waldrand und konnten so den Hinterhalt umgehen.

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Der Hinterhalt wurde schließlich selbst zur Falle für das Heer der Königstreuen. Großräumig umgangen, stürmten plötzlich die Truppen Yorks über die hinter dem Wäldchen liegenden Hügelkuppen hinab und stießen in den Rücken des königlichen Heeres. Somerset, der den rechten Flügel befehligte, ließ seine Männer schnell neue Stellung mit Front zum Feind beziehen und notdürftig befestigen. Das rettete ihm und vielen seiner Männer wahrscheinlich das Leben. Bis zum Einbruch der Dunkelheit war der größte Teil der Soldaten des königlichen Heeres tot oder hatte sich ergeben. Richmond war geflohen, Roger Mortimer, der Earl of March, sogar zum Feind übergelaufen. Nur Somerset hielt noch immer seine Stellung hinter einem kleinen Graben, der fast gänzlich mit Leichen erschlagener Yorkisten gefüllt war. Auncell, der Herzog von York, erschien persönlich am Abend vor Somersets Stellung und sicherte ihm und seinen Männern freien Abzug ohne Bedingungen an. Somerset zog sich im Schutze der Nacht langsam nach Süden zurück, tatsächlich von den Truppen der Yorkisten unbehelligt.

Er erreichte London und traf auf Buckingham, der eben nach Norden ziehen wollte. In aller Stille bezogen die verblieben Soldaten Somersets und Buckinghams ein Lager im Nordosten Londons, während sich die Heerführer nach Westminster begaben, um die Königin über die Niederlage zu informieren.