[HoI II AAR] The guilty have no pride

AARs zum Zeitpunkte der beiden Weltkriege

Moderator: Moderatoren

Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 25. November 2013 20:21

Fleet in beeing

1. September 1940, Norwegen, Trondheim

Es war eine harte Landung. Der dichte Bodennebel hatte die neue Landebahn vollstaendig verdeckt, so das die Junkers JU-52 per Funk zur Landung eingewiesen werden musste. Der junge Co-Pilot hatte mir die Sache so erklaert, das der Fluglotse mittels Funkmess die genaue Position unseres Flugzeugs kannte und dem Piloten so den Kurs vorgeben konnte. Die eigentliche Landung erfolgte dann im Instrumentenflug, dazu gab es verschiedene Instrumente im Sichtfeld der Piloten unter anderem einen kuenstlichen Horizont, dessen Funktion ich noch begriff, und einen Hoehenmesser der einen imaginaeren Nullpunkt hatte und dessen Funktion ich nicht begreifen wollte. Soweit wie ich verstanden hatte hieß das, dass der Pilot der Mittels dem Hoehenmesser landen wollte, wissen musste in welcher Hoehe ueber diesem Nullpunkt sich die Landebahn befand. Das klang wenig vertrauenserweckend und ich wurde auch nicht enttaeuscht.

Wir verschwanden kurz darauf in der grauen Nebelsuppe und es gab anschließend einen harten Schlag der sichtbar durch das ganze Flugzeug wanderte. Ich hoerte noch ein „Hoppla“ aus der Pilotenkanzel, und danach schuettelte sich das ganze Flugzeug als ob es zerspringen wollte. Ich krallte mich an dem Serviertisch vor mir fest und wurde dann Zeuge des surrealen Anblicks wie der kleine Speisewagen durch den Gang gesaust kam. Kaum das dieser an mir vorbei geschossen war hechtete hinter ihm ein Flugbegleiter her, der torkelte wie ein Seemann bei seinem ersten Landgang nach 6 Monaten. Der Flugbegleiter schaffte es tatsaechlich den Speisewagen wieder einzufangen, allerdings ohne die Speisen die auf ihm kredenzt waren. Diese flogen im hohen Bogen in Richtung Pilotenkanzel, wo ein Teil es auch noch in selbige schaffte. Der Co-Pilot rief mit einem Mal: „Spaeter! Spaeter!“ und schon flog das Gepaeck aus den Ablagen auf die Reisenden herunter. Einige der Gepaeckstuecke ueberstanden die Landung nicht heil und deren Inhalt ergoss sich dann in den Passagierraum. Uniformen, Socken, Unterwaesche, Zeitungen und vielerlei weiterer Kram flogen in dem bruellenden, schreiendem Chaos umher.

Wie durch ein Wunder kamen wir dann irgendwann zum stehen, die Motoren schwiegen alsbald und in die Stille hinein vernahm ich das Gespraech aus der Pilotenkanzel. „Was steht da auf dem Schild?“ „Kontrollturm Fliegerhorst M Trondheim“ „Ha, sogar die richtige Landebahn. Hat die grânde Madame uns wieder heil her gebracht. Ach Cherié, ich koennt dich knuddeln, wenn du nicht so groß waerst.“ „Aber ein bisschen nah am Kontrollturm meinst du nicht auch? Der Gefreite dort sieht aus als habe er dem Tod ins Auge geblickt.“ „Stimmt, jetzt wo du das sagst faellt mir auch der feuchte Fleck zwischen seinen Beinen auf, ach uebrigens ist das deine Hose hier?“. Es war etwas Geraschel zu vernehmen und dann setzte sich das Gespraech fort. „Nein, hab meine noch an, da klebt uebrigens noch etwas Kaese, reichste mir den mal bitte?“ „Aber natuerlich doch, Mahlzeit.“ „Mahlzeit.“.
Ich loeste mich nun aus meiner Schockstarre und begann Hund unter meiner Sitzbank zu suchen. Dieser schien ebenfalls mit den Nerven fertig zu sein und hatte sich offensichtlich vor Angst erleichtert. Ich striegelte ihn kurz ueber den Kopf, richtete mich dann auf und beobachtete wie der Kleiderhaufen anfing sich zu bewegen. Die restlichen Passagiere begannen sich wohl aus ihren Sachen zu kaempfen und ehe ich etwas mithelfen konnte eilten auch schon zwei Soldaten der Luftwaffe an mir vorbei. Ich wurde daraufhin ohne weitere Umschweife von einem weiteren Soldaten aus dem Flugzeug gebracht.
Anschließend geleitete man mich ueber das Rollfeld, nicht ohne zwischendurch fuer zwei Sanitaeter Platz zu machen, die einen Soldaten welcher sein Gewehr umklammert hielt und wirres Zeug faselte, auf einer Bahre durch die Gegend trugen. Ich wurde dann in ein Auto gepflanzt in dem schon Vizeadmiral Saalwaechter, sein Fahrer und der Einsatzgruppenleiter II Guenther der Organisation Todt, welche die kriegswichtigen Bauvorhaben leiteten, saßen. Soweit wie ich mitbekommen hatte, wollte man bis Kriegsende die vorhandenen (und funktionierenden!) Strukturen der OT weiter nutzen. Wir fuhren sogleich zu unserem Ziel los.

Nachdem ich mich etwas gesammelt hatte und ich feststellte das Vizeadmiral Saalwaechter meinen Hund in den Haenden hielt, kamen wir ueber den eigentlichen Grund meiner Reise ins Gespraech. Seit dem Fruehjahr 1940 gab es naemlich ein großes Bauvorhaben in Trondheim. Durch das OKW war ich beauftragt worden diese Anlage zu inspizieren und einen Rapport ueber den Baufortschritt und seine Funktion zu schreiben. Das war allerdings leichter gesagt als getan, denn das ganze großflaechige Areal war mehrfach abgesperrt, so dass wir mehrere Kontrollpunkte passieren mussten. Auf der Baustelle selber sah es auch nicht besser aus. Die Einfahrt war mit Baufahrzeugen verstopft, der Boden verschlammt und ueberall schwirrten Arbeitskraefte in ihren olivgruenen Uniformen umher.
Der Einsatzgruppenleiter II Guenther erklaerte mir das eigens fuer die Arbeitskraefte eine Barackensiedlung aus dem Boden gestampft worden sei. Dazu habe man noch einen Hafen errichtet an dem Tag und Nacht Schiffe anlegten die Baumaterialen loeschten. Auf meine Frage hin wie viele Leute an diesem Bauvorhaben beteiligt seien bekam ich die Antwort, das mit Planung, Materialversorgung und eigentlicher Ausfuehrung ca. 80.000 Mann an diesen Projekt beschaeftigt sind. Dies war allerdings nicht das einzige Projekt der OT. Ein weiteres, in aehnlicher Groeßenordnung, gab es noch. Hierbei ging es um den Neubau eines Truppenuebungsplatzes in Mitteldeutschland, allerdings gab es auch Mutmaßungen hinsichtlich eines neuen Hauptquartiers.

Um Einsatzgruppenleiter II Guenther los zu werden fragte ich ihn ganz ehrlich ob mein Besuch ihn von der Arbeit abhalten wuerde. Da er mit der Antwort zoegerte wusste ich das er „Ja“ sagen wollte und sagte ihm das er sich mal um seinen Ameisenhaufen kuemmern soll. Bei der Besichtigung der Baustelle haette ich ja den Vizeadmiral, der sich ja hier auskannte, neben mir und ansonsten habe ich auch nichts dagegen mich von einfachen Arbeitern umher schicken zu lassen. So ueberrumpelt gab der Einsatzgruppenleiter II auf und stampfte von dannen, so das ich mit dem Vizeadmiral und Hund meinen Rundgang fort setzte. Fuer Hund war das ganze ein besonderes Vergnuegen, da er hier im Dreck herum tapsen konnte und tausend verschiedene Gerueche in der Luft lagen welche man verfolgen musste. Dennoch entfernte er sich nie weiter als 20 Meter von mir, da er das dringende Beduerfniss hatte mich in diesem fremden Territorium im Auge zu behalten.

Das Bauprojekt das hier umgesetzt werden sollte umfasste einen kompletten Seitenarm des Trondheimfjordes und war ca. 30km Luftlinie von der Stadt Trondheim entfernt. Das war allerdings nicht alles, denn zu dem Bauprojekt gehoerte noch der Flugplatz auf dem wir heute gelandet waren sowie einige Verbesserungen der Infrastruktur in und um Trondheim. Diese wurde aber hauptsaechlich durch norwegische Unternehmen umgesetzt. Das Bauprojekt Trondheimfjord war fuer die Kriegsmarine gedacht, da Großadmiral Raeder die Einsatzreichweite der Kriegsmarine vergroeßern wollte. Auf meine Frage hin in wie weit die deutsche Kriegsmarine durch diese erhoehte Reichweite profitieren konnte winkte der Vizeadmiral allerdings ab. Seiner Ansicht nach waren nur die schweren Kreuzer, von den einfachen Soldaten auch als Westentaschenschlachtschiff verballhornt, dazu in der Lage ihren englischen Pendants Paroli zu beiten. Das Flaggschiff der Marine, die KMS Schleswig-Holstein sei diesen modernen Kreuzern ebenfalls unterlegen. Die Hauptgeschuetze dieses Schiffes wiesen die selben Durchmesser wie bei den schweren Kreuzern auf und bei der Verdraengung lagen sogar die schweren Kreuzer vorne. Auf meine Frage hin warum man diese Schiffe dann noch in einem Kampfverband einsetze antwortete Saalwaechter schlicht das wir nichts anderes haben. Zuversicht sah anders aus.
Dennoch konnte man mit diesem Schiffen in der Ostsee durchaus eine Rolle spielen. Die Großkampfschiffe der schwedischen und sowjetischen Marine seien ebenso veraltet wie unsere, auch war ihre Anzahl nur unwesentlich hoeher. Gegen die englische Marine allerdings waren sie bestenfalls noch als Zielschiff zu gebrauchen. Ich fragte Saalwaechter nun was man denn seiner Meinung nach mit diesem Stuetzpunkt und dem Schiffsverband Kriegsmarine ueberhaupt noch anfangen koenne.

Saalwaechter schweig erst einmal und ging mit mir dann bis zur Spitze eines kuenstlichen Landarmes hinaus wo er sich dann kurz umsah. Nachdem er sich versichert hatte das niemand außer uns in der Naehe war antwortete er mir kurz mit den Worten: „Fleet in beeing“. „Flotte im entstehen?“ fragte ich etwas verwirrt und der Vizeadmiral deutete mir ein "Naja" an. Anschließend referierte ueber eine Einsatzdoktrin der Marinestreitkraefte in der durch Stichpunktartigen Einsatz unserer Flotte die gegnerische Flotte gebunden werden sollte. Im derzeitigen Zustand und Umfang unserer Flotte waren wir fuer England und seinen Schiffsverkehr keine Bedrohung. Wenn es uns allerdings auch nur einmal gelaenge mit Großkampfschiffen auf dem Atlantik, sichtbar fuer die britische Marine, zu operieren und heil zum Stuetzpunkt zurueck zu kehren, waeren die Englaender gezwungen eine starke Flotte rund um Schottland zu stationieren, weil wir ja erneut angreifen koennten. Nach seinen Worten war unsere Kampfkraft zwar minimal, was auch fuer die zu erwartenden Schaeden galt, aber die Englaender wuerde es als nationale Schmach empfinden wenn ein deutscher Flottenverband in „ihrem“ Atlantik umher planschen wuerde. Schon allein um so eine Schlappe zu verhindern wuerden sie umfangreiche Abwehrmaßnahmen treffen.
Mehr als das sei mit den derzeit zur Verfuegung stehenden Mitteln allerdings nicht drin.

Auf meinen Hinweis hin, das ja in Bergen bereits ein Hafen war in dem deutsche Großkampfschiffe anlegen koennten, erhielt ich die Antwort das der Hafen den Englaendern nur allzu bekannt seie und in der Reichweite englischer Flugzeuge laege. Außerdem gab es noch einige weitere Besonderheiten bei diesem Bauprojekt welche hier umgesetzt werden sollten. Ein Teil des Fjordes sollte naemlich um einen Flachwasserbereich erweitert werden in dem die deutschen Kriegsschiffe vor Versenkung geschuetzt sein sollten. Der Gedanke war die Großkampfschiffe in diesem Bereich ankern zu lassen und anschließend den Wasserstand mittels eines komplizierten Schleusensystems abzusenken. Der Vizeadmiral hielt diese Idee allerdings fuer ziemlich spinnert, da er Schaeden an Ruderanlage und Antrieb der Kampfschiffe befuerchtete. Gleichwohl schien er der Idee nicht voellig abgeneigt, da ein Schiff das im seichten Wasser auf Grund gegangen waehre eher gehoben werden koennte als ein Schiff das auf dem Grund eines Fjordes liegt. Nichts destotrotz war der Bau nach Ansicht Saalwaechters nicht voellig umsonst, da ein solch kolossaler Stuetzpunkt dem Gegner etwas vorgaukeln wuerde das nicht da war und man gleichzeitig eine Menge wichtiger Erfahrungen sammeln koenne und falls Raeder sich beim Kaiser und dem OKW mit der Forderung nach einem Bau neuer Großkampfschiffe durchsetzen koennte... .

Ich wanderte mit Saalwaechter dann weiter ueber die Baustelle, begutachtete neue Kasernen und ein Holzmodell eines Bunkers in dem kleine Kriegsschiffe z.b. auch U-Boote anlegen sollten. Der Bunker sollte allerdings in den Berg hinein gebaut werden weswegen man derzeit noch nach einem geeigneten Standpunkt suche. Ein weiteres Modell gab dann Auskunft ueber die Groeße des ganzen Projektes. Der Seitenarm des Trondheimjordes wurde mit Luftabwehrstellungen und Kuestenbatterien gespickt genauso wie weite Teile der Nordseekueste. Dazu kamen noch eine ganze Reihe verschiedener Funkmessanlagen mit denen der Luftraum ueberwacht werden sollte. Alles in allem war es schon ein recht durchdachter Entwurf, der den neuesten technischen Entwicklungen Tribut zollte, nur fuer was?

Nachdem wir die Besichtigung abgeschlossen hatten, blieb ich mit dem Vizeadmiral auf einer Aussichtsplattform stehen von der aus man das ganze Gelaende ueberblicken konnte. Unten wirbelten ganze Heerscharen von Arbeitern umher, ein Schiff hatte im Verladehafen angelegt und... ploetzlich wurde Luftalarm gegeben. Die Arbeiter stoben auseinander, waehrend wir beide stehen blieben und den Himmel nach dem Grund dieser Stoerung absuchten. Nach gut fuenf Minuten machte Saalwaechter dann mit seinem Feldstecher einen zwei motorigen Bomber aus der in großer Hoehe ueber uns hinweh flog. Er seufzte nur und sagte dann leise: „Englaender.“. „Technischer Fortschritt.“ brummelte ich zrueck und wir blickten dann wieder ueber das, nun verlassende Gelaende. „Was meinen sie, ist das ganze hier Sinnvoll?“ fragte ich hinaus und vermochte keine einfache Antwort zu geben. Wenn man darueber nachdachte was fuer eine Masse an Schaffenskraft, Kampfkraft und Material hier konzentriert wurde ohne das man es je offensiv einsetzen koennte.
Die Englaender wuerden keinen direkten Angriff mit ihren Großkampfschiffen auf diesen Flottenstuetzpunkt wagen. Ja, sie wuerden nicht einmal in die Naehe dieses Stuetzpunktes kommen. Wir konnten hier nur sitzen und Daumen drehen. Aber wer sagt das dies so bleiben muss? Der technische Fortschritt hatte den Englaendern ermoeglicht ihre Flugzeuge bis hier zu schicken. Warum sollte er uns nicht eine andere Nutzung dieses Stuetzpunktes ermoeglichen? Was wenn wir mit einem Male so eine Technologie in den Haenden halten wuerden aber der Stuetzpunkt nicht da waere?
„Ich denke darueber wird die Geschichte ihr Urteil faellen.“
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 10. Dezember 2013 22:02

Kriegsrat

26. September 1940, Salzburg, Franz-Josef-Kaserne, Kommandantur

Ich legte den Telefonhoehrer zurueck auf die Gabel und atmete tief durch. „Ein Rad dreht sich.“ schoss es mir durch den Kopf und ich musste an den polnischen Offizier denken der damals die militaerische Kapitulation Polens unterschrieben hatte. Ja, das Rad dreht sich und zwar ohne Unterlass und es war niemand in Sicht der einen Stock in das Rad wirft um es aufzuhalten.
Von Biewalski hatte mich angerufen und mir mitgeteilt dass, die USA ein so genanntes Leih-Pacht-Gesetz ratifiziert haetten das es ihnen erlaubt Ruestungsgueter im Wert von 1.300.000.000 $ zu verkaufen, zu vermieten oder gar zu verschenken.
VERSCHENKEN! Im Kapitalismus! Die erste Regel die ich im Kapitalismus gelernt habe ist, das niemand dir etwas schenkt! Man will IMMER eine Gegenleistung. Die USA haben zudem nicht viel zu verschenken. Dem Land steckte die Wirtschaftskrise noch immer in den Knochen, aber eine angekurbelte Ruestungsindustrie wuerde ihm schon wieder auf die Beine helfen.
Die US-Regierung hat mit diesem Gesetz einen weiteren Schritt in Richtung Kriegseintritt getan. Ach, Kriegseintritt, sie ist damit faktisch in den Krieg eingetreten. Sie wird jetzt ihre Fabriken auf Touren bringen und unsere Kriegsgegner mit Waffen ueberschwemmen. Hier Jungs und nun kloppt euch mal schoen. Die Zeche zahlt ihr am Schluss.

Was solls, damit hat nun zumindest die Ungewissheit ein Ende. Wir koennen uns darauf einrichten das die USA ebenfalls in den Krieg eintritt und dementsprechend unsere weitere strategische Planung voran treiben. Denn wer sagt uns denn dass, die USA ueberhaupt so kriegsentscheidend eingreifen koennen?
Die Verhaeltnisse sind dieses Mal ja andere. Unsere Luftwaffe hatte die Luftherrschaft ueber Kontinentaleuropa, unser Heer ist kampferprobt, ausgeruht und unsere Gegner muessen es irgendwie schaffen auf dem Kontinent zu landen. Selbst wenn Ihnen dies gelingen sollte ist das noch keine Entscheidung. Die Frontsoldaten brauchen Waffen, Munition, Ersatz, Treib- und Schmierstoffe und vieles mehr. Ohne einen ordentlichen Hafen mit entsprechend Umschlagskapazitaet war das ganze ein Ding der Unmoeglichkeit.
Das wissen natuerlich auch unsere Gegner. Selbst wenn sie also gemeinsam agieren koennen, stehen sie immer noch einem Gegner gegenueber der bewiesen hat das er kaempfen kann und wird.
Die Frage vor der wir nun stehen lautet also: „Wann kommt der eigentliche Angriff?“. Eine Landung der Westmaechte in Europa kann erst gewagt werden wenn der Gegner erschoepft, des Kampfes muede und am Ende aller Kraefte ist. Eine Situation wie 1918 musste her. Nur wie dahin kommen?

Die USA koennen, ebenso wie England es versucht,ein Konzept des Abnutzungskrieges durchsetzen. Beide Maechte wollen ihre Reserven zu einem Zeitpunkt in die Schlacht werfen wenn ihnen der Moment guenstig erscheint. Einen Krieg von Anfang bis Ende mit allen Konsequenzen durch zu kaempfen ist beiden Maechten eine Horrorvorstellung. Fuer eine Abnutzung unserer Kampfkraft muss aber einer von den beiden den Kopf hin halten. Da die Konsequenzen beiden bekannt sind wird es aber keiner tun wollen. Ein Krieg auf Sparflamme ist fuer beide wesentlich guenstiger, da es einen gloriosen Sieg mit geringen eigenen Verlusten garantiert.
Gerade Englands juengere Geschichte ist voll von solchen Beispielen. Englands natuerliches Interesse war schließlich immer ein zerstrittenes, kleinstaatliches Kontinentaleuropa. Solange Europa sich gegenseitig schwaechte war der Ruecken Englands frei und man konnte weltweit das tun was einem beliebte. Ein vereintes Europa, ist fuer die englischen Politiker eine Horrorvision. Man stelle sich nur vor ein geeintes Europa wuerde England auf die Schulter fassen und sagen: „Du, wir wollen auch was vom Kuchen.“.
Das musste England verhindern und das hat es auch. Man verkaufte dies mit den blumigen Worten in Europa: „das Gleichgewicht der Kraefte“ waren zu wollen. Uebersetzt heißt dies nichts geringeres als: „Alle muessen gleich schwach sein, nur wir sind vorneweg.“. Erfolgreich waren sie aber, das muss man ohne Neid zugestehen. Sie haben auch immer wieder einen Dummen gefunden der mit ihnen eine Allianz gebildet hat und sich in Europa die Knochen blutig schlug waerend die Englaender zuschauten, Sahnestuecke weltweit abstaubten und am Schluss ihre Kraefte in den Kampf warfen. Die Englaender fanden immer einen Festlandsdegen.

Das war der Schluessel! England und Amerika brauchen einen Festlandsdegen! Frankreich hat in dieser Rolle versagt und ist damit ausgeschieden. Die Schlussfolgerung daraus ist: Bevor England und die USA sich auf einen offenen Kampf einlassen muss jemand fuer sie die Drecksarbeit machen. Frage wer?

Ich wandte mich um und suchte mir eine physische Landkarte Europas zusammen mit ein paar farbigen Fettstiften heraus. Nachdem ich die Karte vor mir auf dem Tisch ausgebreitet und mich wieder hingesetzt hatte, holte ich das Skat-Kartenspiel des alten Oberst heraus.
Ich holte es mir immer heraus wenn ich mich auf etwas voellig konzentrieren wollte. Ich denke dabei ueber etwas intensiv nach und sortiere gleichzeitig die Karten um die Motorik zu beschaeftigen. Einer meiner frueheren Vorgesetzten waerend der Weimarer Zeit hatte ein aehnliche Marotte, nur das er zum intensiven Denken immer sein Buecherregal, das in seinem Buero stand, durchsortierte. Jedesmal anders wohl gemerkt. Zuerst nach Anfangsbuchstaben der Autoren, dann nach Ueberschriften, dann nach Farbe der Buchruecken und und und. Trotz der staendigen Systemwechsel fand er allerdings immer sofort was er suchte.
Ein Selbstversuch meinerseits stellte sich allerdings als Fehlschlag heraus. Anstatt die Buecher zu sortieren begann ich diese immer zu lesen was mich dann voellig von meinem Tagewerk abhielt. Also musste was anderes her und bei mir waren es halt die Karten vom alten Oberst. „Vergiss das Sortieren! Woran denkst du?“

Nachdem ich das Deckblatt abgenommen hatte und angefangen hatte die Karten zu sortieren, klopfte es kurz an der Tuer und mein Adjutant Dengelmann kam herein gestoben. Dengelmann hatte wohl mit Hund eine Runde im Gelaende gedreht und nun trug er in seiner Hand ein Tablett mit zwei Tassen. In der einen war ein gebruehter Kaffee fuer Heinz und in der anderen warmer Kakao mit Milch fuer mich. Wie sich heraus stellte hatte Heinz gesehen das bei mir noch Licht brannte und wollte mir nun etwas ueber die Schulter schauen „um etwas zu lernen“ wie er es immer ausdrueckte. Ich akzeptierte dieses Begehr, einerseits wegen der Tasse Kakao, andererseits aufgrund der Tatsache das Heinz ein ganz Teil Jahre juenger war als ich. Dieser Jahresunterschied machte sich durch die unterschiedlichen Faehigkeiten und damit anderen Sicht der Dinge bemerkbar. Heinz konnte ein Funkgeraet im Schlaf bedienen, ich nur noch mit Muehe und Generaloberst Rundstedt wuerde vermutlich eher Signalflaggen heraus holen als ein Funkgeraet anzufassen. Heinz setzte andere (modernere?) Prioritaeten und diese koennen mitunter in ihren Auswirkungen viel tiefer greifen als jene die wir „alten Saecke“ setzen.

Doch zum eigentlichen Thema, ich erklaerte Heinz das wir uns nun mit den Handlungsmoeglichkeiten Englands beschaeftigen wollen. Wir suchen einen neuen Festlandsdegen nach dem Ausschlussprinzip.

Wir fingen im Westen Europas an und zwar mit Spanien.

Die Republik Spanien war fuer die Rolle eines Festlandsdegen relativ unbrauchbar. Einerseits war Spanien durch die Auswirkungen des Buegerkriegs geschwaecht, was die USA durch Materiallieferungen zumindest im Wehrbereich lindern koennte. Doch Spanien war auch ein in sich zerstrittenes Land. Es hatte gerade einen Buergerkrieg hinter sich gebracht und hatte dabei die Seite besiegt die Deutschland recht Nahe stand. Damit sind die Unstimmigkeiten aber nicht ausgeraeumt. Im Falle eines Krieges waere schlimmstenfalls ein neuer Aufstand denkbar und bestenfalls nur die Tatsache das die Falángisten uns bereitwillig mit Informationen und HiWi's unterstuetzen. Sobald naemlich die Moeglichkeit besteht ein paar Rechnungen zu begleichen sind all die Geister wieder da, die man vorher vertrieben glaubte. Doch unabhaengig von der inneren Unsicherheit kommt hinzu das die deutsch-spanische Grenze nur sehr kurz und vom Gelaende her unbrauchbar ist. Die Pyrenaeen koennen naemlich, wie bei Hochgebirgen so ueblich, nur an einigen Paessen mit schwerem Geraet durchquert werden.

Dieses natuerliche Hinderniss gibt dem Verteidiger zwar massig Vorteile, doch wer sagt das der Angreifer sogleich da durchbrechen muss? Es wuerde sich eher empfehlen etwas Gelaende aufzugeben und den Kampf in guenstigerem Gelaende, abseits der Kuesten wo die Alliierten in den Konflikt eingreifen koennten, wieder aufzunehmen. Dort koennte man dann das feindliche Heer zu zerschlagen und dann erneut auf Spanien marschieren.
Selbst wenn man dies nicht taete ist der Frontabschnitt nicht sonderlich brauchbar. Es koennen nur wenige Einheiten gleichzeitig ins Gefecht geworfen werden, das heist die erwuenschte Abnutzung ist a) minimal und b) wird Spanien einen langen Abnutzungskrieg infolge seiner angespannten inneren Lage nicht durchhalten koennen.
Die einzige Moeglichkeit waere, unter Verletzung der Neutralitaet Vichy's, den Krieg ueber die ganze Laenge der Pyrenaen zu eroeffnen. Das haette einerseits den Vorteil, das man gerade im Sueden sehr weit Vorstoßen kann ohne ernstlichen Widerstand fuerchten zu meussen, andererseits den Nachteil das Vichy-Frankreich sich auf die deutsche Seite schlagen koennte. Auch ist Spanien personell nicht in der Lage so eine breite Front ausreichend zu besetzen. Als letztes darf nicht unerwaehnt bleiben dass, das spanisch-amerikanische Verhaeltnis ein wenig vorbelastet ist. Remember the Maine, to hell with Spain.

Nein, Spanien wird hoechstens dann in den Konflikt eingreifen wenn es leicht einen Sieg erringen kann oder als Symbol.

Was ist mit Italien?

Italien ist eher deutschfreundlich eingestellt und duerfte kaum ein Interesse haben sich gegen ein starkes Deutschland zu wenden. Auch territoriale Versprechungen von England duerften kaum etwas bringen da man aus den Auswirkungen des ersten Weltkrieges wohl gelernt haben duerfte was davon zu halten ist. Doch selbst wenn, welche Handlungsmoeglichkeiten hat Italien?

Im Norden sind die Alpen, die ein natuerliches Hinderniss bilden und von den deutschen mit Leichtigkeit gehalten werden koennen. Eine Eroberung derselben koennte nur unter Inkaufnahme von unmenschlich hohen Verlusten an Mensch und Material in Angriff genommen werden. Gut, dem italienischen Generalstab traue ich sowas zwar zu, aber die Italiener wuerden gegen ein voll geruestetes deutsches Reich ebenda unterliegen. Wir wiederum koennen aus den Alpen heraus ins italienische Tiefland aktiv werden und ganz Norditalien bedrohen. Am Stiefel wuerde die Sache dann allerdings etwas kritischer werden wegen den moeglichen Landungsoperationen der Allierten. Italien ist allerdings mit dem Verlust ihrer Industriereichen Nordgebiete wirtschaftlich und Personell das Genick gebrochen.

Italien ist also zum Angriff verdammt, da es keine ausreichenden natuerlichen Hindernisse hat die seine Verteidigung staerken und seine wichtigen Industriegebiete, sobald Italien in die Defensive gedraengt ist, sich sofort im Hauptkampfgebiet wieder finden. Wenn man wollte koennte man die italienische Wirtschaft schon durch Bombenangriffe schwer schaedigen, denn die Industrie liegt in Reichweite der deutschen Luftwaffe. Das ist meiner Meinung nach auch der einzige brauchbare Ansatz fuer die Englaender und die USA. Von Italien aus koennte man den sueddeutschen Luftraum bedrohen.

Unter Verletzung der Neutralitaet von Jugoslawien waere auch ein Angriff in Richtung Ungarn denkbar. Allerdings wuerde ein solcher Vorstoß schon durch das Problem der ungedeckten Flanken einem Himmelfahrtskommando gleichen. Jugoslawien wuerde es gleichfalls nicht dulden das sein Staatsgebiet zu einem Kampfgebiet wird.

Bleibt noch Jugoslawien.

Jugoslawien, dieses Versailles-Konstrukt, ist durch seine vielen Ethnien und unklaren Grenzen, das beruehmte Pulverfass am Balkan. Es erscheint Unwahrscheinlich das es einer jugoslawischen Regierung gelaenge alle seine Voelker auf einen Krieg gegen Deutschland und seine Verbuendeten einzuschwoeren. Unabhaengig davon ist die durch eine Kriegserklaerung eroeffnete Frontlaenge recht beachtlich, nur auf den zweiten Blick unbrauchbar. Im Norden sitzen wir in den Alpen in einer komfortablen Verteidigungsposition aus der heraus wir den ganzen Norden Jugoslawiens bedrohen koennen. Die moegliche Bedrohung Ungarns verliert dadurch an Kraft, nicht zu vergessen das in Jugoslawien auch eine starke ungarische Minderheit existiert, die militaerischen Handlungen gegen ihr Heimatland bestenfalls ablehnend gegenueber steht.
Ein Angriff auf Rumaenien wiederrum wuerde spaetestens in den Karpaten liegen bleiben. Zusaetzlich kommt hinzu, das ein Achsenfreundliches Land wie Bulgarien so eine Kriegserklaerung ausnutzen koennte um seinerseits, in Folge des ersten Weltkrieges an Jugoslawien verlorene, Gebiete zurueck zu holen. Daraus schlussfolgern wir das Jugoslawien Personell wie Materiell nicht in der Lage ist der Achse Paroli zu bieten.

Und Bulgarien?

Bulgarien ist einer der Staaten, der mit den Folgen des 1. Weltkrieges maechtig zu kaempfen hatte. In dem Vertrag von Neuilly-sur-Seine den es 1919 unterschreiben musste, wurde Bulgarien gezwungen Teile seines Territoriums an seine Nachbarstaaten abzugeben. Neben verschiedenen Ortschaften in Jugoslawien gehoert dazu auch der wichtige Aegaeishafen Dedeağaç/Alexandroupolis, der Bulgarien einen freien Zugang zur Aegaeis gewaehrte. Da die Bulgaren dies nicht vergessen haben, duerfte ihrer Regierung eher die Hand abfaulen als fuer England den Festlandsdegen zu spielen.

Dennoch betrachtete ich die kurz Moeglichkeiten die sich mit einem Kriegseintritt der Bulgaren an der Seite von England und der USA ergeben wuerde. Bulgarien sitzt Kraft seiner geographischen Lage in einer defensiven Verteidigungsposition, naemlich dem Balkangebirge. Diese Position macht es schwer Bulgarien zu erobern, mehr aber auch nicht. Bulgarien kann von seiner derzeitigen Position lediglich die Tieflandgebiete Rumaeniens bedrohen. Das aber weniger durch einen Einmarsch mit Bodentruppen, als mit dem Einsatz der Luftwaffe gegen Ziele in Rumaenien.

Die Benelux Staaten habe ich von der Betrachtung ausgeschlossen da diese von der derzeitigen politischen Lage in Europa profitieren. Durch sie koennen naemlich immer noch dringend vom Reich benoetigte Rohstoffe eingefuehrt werden. Gleichzeitig schafft ihre exponierte Lage ihnen mit einem Kriegseintritt mehr Probleme als Vorteile. Ein Kriegseintritt kann daher nur erwartet werden wenn Deutschland bereits nieder gerungen ist oder aber sich die politische Lage in der Welt ein Zusammengehen mit den Englaendern und den USA notwendig macht.
Gleichwohl haben die Benelux-Staaten ein nicht zu unterschaetzendess Potenzial. Sehr gut ausgebaute Haefen!
Wenn die Westmaechte zum entscheidenden Schlag ausholen wollen, sind diese Staaten das beste Aufmarschgebiet. Sie sind neutral und liegen in Reichweite der britischen Luftwaffe. Ueber ihre Haefen kann eine erfolgreiche Versorgung einer entprechend großen Truppe erfolgen. Beide Staaten musste man also im Auge und entsprechende Kraefte fuer sie bereit halten.
Fuer einen Abnutzungskrieg waren sie aber nicht zu gebrauchen.

So gesehen existiert derzeit in Europa kein aedequater Festlandsdegen, da selbst bei einem gleichzeitigen Kriegseintritt aller Staaten diese kein unloesbares Problem darstellen. Bedingt durch geographische Hindernisse koennen gerade die Kraeftigsten unter den Staaten kaum ihre Schlagkraft entfalten, waerend der Rest schnell aus dem Konflikt geworfen werden kann. Gleichwohl wuerden in der Folge deutsche Truppen in diesen Staaten gebunden werden. Es konnte also nicht unser Bestreben sein mit diesen Laendern in einen Krieg hinein zu geraten.
Dieses Ergebnis fuehrt zu der Erkenntniss das es nur einen Staat in Europa gibt der personell, industriell und auch von der Ausdehnung der Front her in der Lage ist erfolgreich die Rolle des Festlandsdegen zu spielen. Die Sowjetunion.
Nur verstehe ich die Handlungsmotive der Sowjetunion noch nicht so richtig. Alles was ich bisher ueber ihre Ziele in Erfahrung bringen konnte deutet daraufhin das man von dort aus darauf draengt das wir die britischen Inseln besetzen. Man mutmaßt das die Sowjetunion im Windschatten einer solchen Landung ihrerseits in Asien die Verhaeltnisse neu ordnen will. Aber dazu sollten sie auch jetzt schon in der Lage sein. Weiterhin hat ihr zoegerliches Eingreifen in Polen gezeigt das Sie recht unsichere Kantonisten sind.

Bild


Nachdem wir alles durchgespielt hatten beendet wir unsere kleine Gedankenrunde. Die Karte die wir bemalt hatten lagerte ich in meinem persoenlichen Safe ein und als ich damit begann mein Kartenspiel wieder einzuraeumen, verabschiedete sich Heinz von mir, nicht ohne die Bemerkung das er noch etwas wichtiges ins Auge gefasst haette. Er wolle aber dazu erst etwas sagen wenn er sich etwas besser informiert haette und er eine qualifizierte Aussage zu seinem unbekannten Thema treffen kann. Ich blickte ihm noch einen Moment nach ehe ich mir den Atlas nahm mit dem er sich die ganze Zeit beschaeftigt hatte.
Es handelte sich um einen einfachen Schulatlas fuer die fuenfte und sechste Klasse aus dem Jahre 1938. Ich besaß mehrere solcher Atlanten, denn sie waren wegen ihre einfachen Zugaenglichkeit hervorragen dafuer geeignet sich schnell mal einen Ueberblick zu verschaffen. Fuer alles andere hatten wir dann ja einen kartographischen Dienst.
Ganz offensichtlich hatte sich Dengelmann mit Karten ueber historische Laendergrenzen, Bevoelkerungsdichte sowie den Industrie- und Rohstoffstandorten beschaeftigt. Was genau aber ihm ins Auge gesprungen war ist mir aber entgangen.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 11. Dezember 2013 21:55

Jahresausklang

Die naechsten Wochen und Monate waren gepraegt von Verwaltungsarbeit. Neben dem ueblichen Trott der von meinem Divisionsstab abgearbeitet wurde, erhielt ich, neben einigen anderen Offizieren auch, die Aufgabe dem Heereswaffenamt eine Zuarbeit bezueglich der Ausruestung der Gebirgsjaegerdivisionen zu machen. Ich ließ mir dazu eine „Kummerliste“ anfertigen wo alles benannt wurde was an unserer derzeitigen Ausruestung mangelhaft ist. Dabei kam eine erkleckliche Anzahl von „kleinen Problemen“ zusammen, die doch gerade in ihrer Verkettung und Umstand, das Potenzial hatten sich zu einem großen Problem auszuwachsen. Doch wie das oft so ist, macht Not erfinderisch und neben der Aufzaehlung der Probleme kamen auch gleich Reihenweise Loesungsvorschlaege ins Haus. Oft hatten die Soldaten sich naemlich im Felde mit Behelfsloesungen die Probleme vom Hals geschafft. Das fuehrte bei uns dazu, das wir den Heereswaffenamt neben der gewuenschten Zuarbeit auch noch eine Liste mit Anforderungen fuer Geschuetze, Maschinengewehre, Gewehrverschluesse, Koppelschloesser, Wintertarn und Feldstiefel ueberreichten.
Am dringendsten allerdings wurde, von allen Infanterieverbaenden wohlgemerkt, aber nach Panzerabwehrwaffen gefragt. Die Erfahrungen im Frankreichfeldzug hatten uns gezeigt, das die Panzerabwehr bei der Infanterie voellig unzureichend war und auch Unterstuetzung aus der Luft oder unserer Panzerwaffe nicht immer verfuegbar war. Demzufolge musste das Heereswaffenamt dringend eine leichte Panzerabwehrwaffe beschaffen die von einem Trupp Soldaten transportierbar und von maximal zwei Soldaten bedienbar sein musste. Wir werden sehen was dabei heraus kommt.

Nebenbei entkrampfte ich mein Verhaeltniss zu den Kommandeuren der Panzerwaffe ein wenig. Diese hatten nach dem Frankreichfeldzug teilweise einen totalen Hoehenrausch und glaubten mit ihren Panzern ueberall Krieg fuehren zu koennen. Eine paar Wehruebung im Wald und Gebirge ihrerseits zusammen mit unseren Gebirgsjaegern beendete diesen Allmachtsglauben zumindest bei den Anwesenden. Als Folge davon erlaubte mir Oberst Nehring einen Teil meiner Gebirgsjaeger im Rotationssystem auf einem seiner Uebungsplaetze an der Panzerwaffe zu schulen. Ziel davon war es nicht das die Soldaten nun einen Panzer III fuehren koennen, sondern das sie ein Gefuehl fuer die Moeglichkeiten dieser Waffe bekommen und gleichzeitig sich Gedanken ueber die Bekaempfung der selben machen.
Auf Anfrage bekamen wir vom Heereswaffenamt zudem noch zwei aussortierte englische Matildapanzer, die fuer uns zwar keinen Gefechts- aber dafuer einen Ausbildungswert hatten. Der Matildapanzer war kriechend langsam, lediglich als Unterstuetzungsfahrzeug konzipiert und in der schnellen, beweglichen Kriegsfuehrung voellig wertlos. Aber man konnte mit ihm immer noch eigene Stellungssysteme ueberfahren und so die Soldaten an den Einsatz einer solchen Waffe „gewoehnen“.
Das heist im großen und ganzen haben wir uns in den letzten Wochen mit uns selbst beschaeftigt. Ausruestung verbessern, Ausbildung auf den neuesten Stand bringen, Gefechtsuebungen absolvieren und so weiter und so fort.

Meine Weihnachtsferien verbrachte ich dieses Jahr bei von Biewalski in Dresden, wo ich mir einen großen Teil der Stadt ansah. Der absolute Hoehepunkt war allerdings das Weihnachtskonzert in der Dresdener Frauenkirche. Die Stimmung, die Zierde und die Akustik dort war einfach atemberaubend. Ich hoffe das ich naechstes Jahr etwas aehnliches bieten kann. Nebenbei erfuhr ich noch, das die Abteilung I (Auslandsspionage) erneut mehrere Erfolge gegenueber den Alliierten vorzuweisen hatte.
Im Anschluss daran fuhr ich nach Stralsund zu meiner Wohnung um nach dem Rechten zu sehen. Doch auch da gibt es kaum etwas negatives zu berichten. Meiner Vermieterin geht es den Umstaenden entsprechend, meine Wohnung ist blitzeblank wie eh und je und saemtliche meiner Postsendungen, die ich mir selbst geschickt hatte, waren angekommen. Den Großteil von dem Troedel den ich da zusammen gekauft hatte verstaute ich erstmal im Keller waerend ich im neuen Jahr damit begann meine, mir recht teure, Buechersammlung auf einem Gutshof eines befreundeten Bauers bei Schapprode einzulagern. Im Nachhinein weiss ich nicht genau warum ich das tat, aber irgend eine innere Stimme oder Antrieb riet mir dazu.

In der Welt selbst gab es auch ein paar Wendungen. Neben der Tatsache das in den USA der amtierende Praesident Roosevelt in Wahlen wieder bestaetigt wurde und der Kriegskurs somit fortgesetzt wird hat Italien Griechenland am 2. Oktober 1940 den Krieg erklaert. Das war fuer uns von aeussertem Interesse da sich nun zeigen wuerde wie Schlagkraeftig die italienischen Truppen wirklich waren. Nach den ersten Berichten, die wir Kriegsberichterstattern vor Ort bekamen, war die Erleichterung bei uns allerdings groß. Die Italiener versuchten in mehreren Großangriffen die griechische Grenze im Norden zu durchbrechen, scheiterten aber klaeglich. Doch der italienische Generalstab hatte fuer alle eine Ueberraschung parat. In einer gelungenen Unternehmung vollbrachte der italienischen Armee Mitte November die Wegnahme der griechischen Hauptstadt Athen. Diese fuehrte am 6. Dezember zu der Besetzung der Attika und nachfolgend zum griechischen Verlust des Pelepones. Anschließend wurde der Norden Griechenlands aufgerollt bis dieses am 8. Januar 1941 militaerisch kapitulierte.
In London formierte sich daraufhin eine weitere Exilregierung die den Kampf von da aus weiter fuehren will. Groß Britannien hat Italien aber nicht den Krieg erklaert, woraus jeder seine Rueckschluesse ziehen mag. Die einen sind der Meinung das Groß Britannien keinen Waffengang gegen die Italiener riskieren will, die anderen glauben das man den Italienern freie Hand laesst um sich ein moegliches Buendniss nicht zu verbauen.

Militaerisch gab es bei uns wie gesagt nicht viel zu tun. Unsere Luftwaffe war allerdings sehr aktiv und es gelang unserer Jagdwaffe, von Juni 1940 bis Januar 1941, ueber dem Reichsgebiet mehrmals englische Bomberverbaende abzufangen. Dabei wurden nach Angaben der Luftwaffe ueber 700 Wellington-Bomber abgeschossen. Bei einem Treffen im OKW Planungsstab fragte ich bei dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe Grauert nach ob diese Zahlen denn realistisch seien. Er bejahte und meinte dann dass, dies der Beweis dafuer ist das seine Ablehnung einer Luftschlacht um England der richtige Weg sei. Er erklaerte mir das die englischen Bomberverbaende ueber dem Reichsgebiet keinen Jagdschutz geben koennten und die Bomber daher den Jagdfliegern Schutzlos ausgeliefert seien. Etwas aehnliches haette unseren Bombern wohl ueber England geblueht.

Die Marine war auch nicht gerade faul und hatte mit dem Mut der Verzweiflung im September 1940 einen Durchbruch in den Atlantik gewagt. Der Kampfverband bestehend aus 12 Schiffen: KMS Schleswig Holstein (Linienschiff), KMS Schlesien (Linienschiff), KMS Deutschland (Schwerer Kreuzer), KMS Admiral Scheer (Schwerer Kreuzer), KMS Graf Spee (Schwerer Kreuzer), KMS Nuernberg (Leichter Kreuzer), KMS Leipzig (Leichter Kreuzer), KMS Koenigsberg (Leichter Kreuzer), KMS Karlsruhe (Leichter Kreuzer), KMS Koeln (Leichter Kreuzer), Z1 Leberecht Maass, Z2 Georg Thiele, wurde suedlich von Island durch einen britischen Flottenverband aus 23 Schiffen gestellt.
Die Briten verfuegten ueber mehrere leichte und schwere Kreuzer sowie ueber einen Begleittraeger. Es gelang den deutschen Schiffen nicht auf Feuerreichweite heran zu kommen, also wandte man sich im Schutze der Dunkelheit und lief wieder in Richtung Nordsee ab. Ursache fuer den Misserfolg waren in diesem Falle die beiden deutschen Linienschiffe im Verband. Sie konnten mit den britischen Schiffen nicht Schritt halten und bremsten so den gesamten Verband aus.
Trotz dieses taktischen Misserfolgs konnte Vizeadmiral Saalwaechter aber auch einen kleinen Erfolg verbuchen. Die britische Marine war ab jetzt gezwungen immer eine schlagkraeftige Flotte im Norden der britischen Inseln bereit zu halten und die Seewege aufzuklaeren.

Um den Druck aufrecht zu erhalten lief unser Kampfverband Anfang Januar erneut aus und wurde schon am 18. Januar 1941 erneut in eine Seeschlacht, mit dem selben englischen Kampfverband, verwickelt. Diesmal gelang es Saalwaechter aber mitsamt der Linienschiffe auf Feuerreichweite heran zu kommen. In der Folge wurden dann zwei schwere Kreuzer, HMS Dorsetshire durch die KMS Schleswig-Holstein und die HMS Frobisher durch die KMS Deutschland, versenkt. Erst mit dem Eintreffen mehrerer englischer Großkampfschiffe musste das Gefecht abgebrochen werden, da man den englischen Großkampfschiffen nichts gleichwertiges entgegen zu setzen hatte. Dieses hinzuziehen der Großkampfschiffe bewies dass, die Englaender offensichtlich eine große Flotte in Bereitschaft halten.
Unser Kampfverband schaffte es in der Folge erneut nach Rostock zurueck zu kehren um die entstandenen Schaeden beseitigen zu lassen.

Als ich am 28. Januar beim Planungsstab OKW eintrudelte um ein paar Unterlagen abzuholen, lief ich unserem Vizeadmiral und frischgebackenen EK Traeger Saalwaechter ueber den Weg. Es stellte sich dann heraus dass, die Kriegsmarine bereits die naechste Gemeinheit ausgeheckt hatte...
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 12. Dezember 2013 22:13

1941

Unternehmen Carl

Was durch den Verlauf der bisherigen Ereignisse stark ins Hintertreffen geriet, waren die Befindlichkeiten unseres Verbuendeten in Uebersee. Bereits im November 1939 hatte es von Seiten Englands den Versuch gegeben Argentinien durch eine Landungsunternehmung aus dem Krieg zu werfen. Dies konnte zwar abgewiesen werden, aber es machte sich Unmut in der argentinischen Bevoelkerung breit, da man auf einmal in den Fokus eines Konfliktes geraten ist den man so nie gewollt hatte. Erschwerend kam hinzu dass, die argentinische Regierung neben einer Handelsblockade durch Groß Britannien keine rechten Erfolge vorzuweisen hatte.
Aber trotz diesem Ungemach stand die argentinische Regierung als Verbuendeter fest an unserer Seite und schickte ueber Schiffe seiner Nachbarstaaten „Freiwillige“ nach Europa.
Diese „Freiwilligen“ bildeten nun in Nordfrankreich ein eigenes Abfangjaegerkorps und hatten dort auch schon an mehreren Luftschlachten gegen britische Kampfgeschwader teilgenommen. Doch was nutzte dies der argentinischen Regierung?

Was die argentinische Regierung brauchte war ein militaerischer Erfolg in Suedamerika und ihr Ziel war hierbei die Besetzung der Falklandinseln. Doch dazu fehlten dem argentinischen Militaer die Transportmoeglichkeiten, da einen Großteil ihrer wenigen Handelsschiffe entweder durch die Briten aufgebracht oder aber in neutralen Staaten interniert worden waren.
Nachdem der argentinische Botschafter beim Kaiser um Hilfe in dieser Sache bat, erhielt das OKW sogleich einen Hinweis sich doch bitte mit dem argentinischen Militaer, zum Zweck der Besetzung der Falklandinseln, in Verbindung zu setzen. Da jene Falklandinseln ja gleich um die Ecke liegen, hatte dieses Ansinnen im Planungsstab fuer heitere Gesichter gesorgt. Im Anbetracht der isolierten Lage Argentiniens war man dort viel eher der Meinung dass, die argentinische Regierung in Suedamerika lieber den „Ball flach halten“ solle.
So verschwand das Thema schnell wieder in der Schublade, bis der ehrgeizige Vizeadmiral Saalwaechter sich der Sache noch einmal annahm. Einer seiner Kollegen, der Konteradmiral Rolf Carls hatte naemlich eine Denkschrift bezueglich „Aufhebung einer englischen Seeblockade“ verfasst. Diese Denkschrift war dabei nicht auf Kriegsschiffe sondern auf Handelsschiffe bezogen und sollte eine wichtige Grundlage in dem nun folgenden Unternehmen bilden.

Nach mehrwoechiger Ausarbeitung des strategischen Plans wurden dabei folgende Ziele definiert:
1. Das KdF Passagierschiff Wilhelm Gustloff sollte ueber den Atlantik hinweg nach Argentinien durchbrechen.
2. An diesen Durchbruch sollen sich des weiteren 30 kohlebefeuerte Handelsschiffe und 10 Hilfskreuzer beteiligen. Diese Schiffe sollten dabei neben dem notwendigen Treibstoffvorrat und militaerischem Material auch noch eine Reihe von Sturmbooten, welche fuer Landungen gebraucht werden, nach Argentinien transportieren.

Der Durchbruch in den Atlantik sollte mittels Ablenkung durch die Kriegsmarine im Nordmeer erfolgen. Die Kriegsmarine operiert suedlich von Island, waerend die Handelsschiffe Island noerdlich umfahren und dann westlich von Island nach Sueden abdrehen.
Die Fahrt durch den Atlantik, der schwerste Teil dieses Unternehmens sollte dann in Halbtarnung erfolgen. Die Schiffe waren also angewiesen unter fremder Flagge, mit fremden Namen sowie unter Wahrung absoluter Funkstille nach Argentinien zu fahren. Das heißt die Verantwortung fuer das Schiff und die Mannschaft liegt bei dem Kapitaen, dem es auch erlaubt ist das Schiff in aussichtsloser Lage zu uebergeben. Die Funkstille sollte demzufolge nur dann gebrochen werden wenn das Schiff aufgebracht wird oder aber ein unvorhergesehenes Ereigniss auftritt dass, das gesamte Unternehmen gefaehrden kann.

Bild


Die Leitung des Unternehmens und die Verantwortung ueber die eingesetzten Schiffe und Besatzungen nach Ankunft in Argentinien, obliegt dem Konteradmiral Carls der auf der Gustloff ebenfalls nach Argentinien reist. Eine Rueckehr der Schiffe nach Europa ist waerend des Krieges nicht vorgesehen. Das bedeutete, das die bei diesem Unternehmen eingesetzten Schiffe dauerhaft fuer den europaeischen Kriegsschauplatz verloren waren.
Gerade der letzte Punkt war Teil einer sehr kontroversen Debatte, in dem Gegner dieses Unternehmens davon sprachen das die Wehrfaehigkeit des deutschen Reiches darunter leide. Dies laehmte das OKW soweit, das schlussendlich der Kaiser selbst ein Machtwort sprach und die Durchfuehrung eines solchen Unternehmens forderte. Allerdings mit der Einschraenkung das die Kriegsmarine sich schnell wieder zurueck zu ziehen haette. Der Kaiser hatte seine alte Liebe, die Kriegsschiffe, offensichtlich nicht aufgegeben.

Bild
Konteradmiral Rolf Carls

Nachdem also gruenes Licht gegeben worden war, organisierten Carls und Saalwaechter in den folgenden Wochen Schiffe, Besatzungen und geeignete Kapitaene fuer dieses Unternehmen. Gleichzeitig bauten die Werften die Schiffe teilweise um, damit sie Handelsschiffen anderer Nationen aehnlicher sehen. Auch wurde fuer jedes Schiff einzeln eine andere Anmarschroute vorgegeben.
Auf Grund dieser intensiven Vorbereitung dauerte es bis zum 1. Februar 1940 bevor das Unternehmen anlaufen konnte. Die argentinischen Verbuendeten erhielten derweil zu keinem Zeitpunkt Kenntnis ueber das Unternehmen, da man befuerchtete dass, die Englaender von dort aus Informationen erlangen koennten.
Am 1. Februar liefen die Handelschiffe und die Gustloff aus ihren Haefen aus und folgten dann der Kriegsmarine in sicherem Abstand. Die Reise ging entlang der norwegischen Kueste bis zur norwegischen Stadt Bodoe, wo der Verband dann nach Westen abdrehte. Die Fahrt durch das Nordmeer verlief weiter ruhig, auch wenn es zwischendurch einen U-Boot Alarm gab und 200 km oestlich von der islaendischen Kleinstadt Neskaupstadhur teilten sich dann die Marschbewegungen der Flotten. Waehrend die Kriegsmarine wie geplant suedlich von Island in den Atlantik durchbrach umfuhr der Rest der Schiffe Island von Norden her und ging dann ab der Daenemarkstraße getrennt nach Argentinien vor.

Die Gustloff konnte als erstes der Schiffe am 22. Februar den Militaerhafen von La Plata erreichen, wo Konteradmiral Carls sehr viel Ueberredungsarbeit leisten musste um mit dem Schiff ueberhaupt in den Hafen gelassen zu werden. Der argentinischen Marine war es naemlich nicht glaubhaft zu vermitteln das ein deutsches Passagierschiff quer durch den ganzen Atlantik reisen konnte ohne aufgebracht zu werden. Die argentinische Marinefuehrung schaetzte den Rahmen unser Handlungsmoeglichkeiten offenbar realer ein als ihre Regierung.
In den nun folgenden Tagen musste Carls bei verschiedenen Stellen des argentinischen Militaers vorsprechen um eine moegliche Besetzung der Falklandinseln in Angriff nehmen zu koennen, schließlich durfte der Moment des Vorteils nicht ungenutzt verstreichen. Das Konzept fuer eine Besetzung ebenjener Inseln hatte er zusammen mit Saalwaechter noch in Deutschland erstellt und musste es nun mit den Argentiniern eroertern. Diese waren zu Anfang zwar begeistert, wiesen aber auf ihre unzureichende Transportkapazitaet zur Versorgung der Falklandinseln hin, die eine Besetzung leider unmoeglich mache. Konteradmiral Cals wusste zwar das noch weitere Schiffe eintreffen sollten aber aus Gruenden der Geheimhaltung schwieg er dazu.
Erst am 26. Februar, als zwei deutsche Hilfskreuzer in La Plata anlegten, offenbarte er gegenueber dem argentinischen Militaer den ganzen Umfang des Unternehmen Carl, denn jene Schiffe welche es nun noch nicht in neutrale suedamerikanische Gewaesser geschafft haette wuerden ohnehin nur noch mit sehr viel Glueck eintreffen.

Jetzt zeigte sich aber dass, das argentinische Militaer schon voraus gearbeitet hatte und es wurde umgehend damit begonnen eine Infanteriebrigade auf der Gustloff einzuschiffen. Auch die Großkampfschiffe der argentinische Marine waren in Gefechtsbereitschaft versetzt worden, so das am 29. Februar, das Unternehmen Carl II anlaufen konnte. Die Besetzung der Falklandinseln.
Kurz nach dem Auslaufen der Großkampfschiffe wurde allerdings ein englischer schwerer Kreuzer gesichtet und umgehend vertrieben. Zu fuerchten war nun das es sich hierbei nur um die Vorhut eines groeßeren Kampfverbandes handelte. Es wurden daraufhin umgehend Aufklaerungsfluege der argentinischen Luftwaffe angeordnet. Da keine weiteren englischen Kriegsschiffe gefunden wurden, entschloss man sich dann dazu das Unternehmen fort zu setzen und konnte am 3. Maerz Westfalkland besetzten. Mittels der Sturmboote wurde schnell nach Ostfalkland ueber gesetzt und am 5. Maerz fiel Stanley, die Hauptstadt der Falklandinseln in die Haende der argentinischen Soldaten.
Nach der Rueckkehr der Gustloff in den Hafen von La Plata wurde Konteradmiral Carls dann das EK II verliehen. Gleichfalls hagelte es noch einige Orden von Seiten der argentinischen Regierung.
Am 14. Maerz erreichte uebrigens das letzte Schiff, das Unternehmen Carl beteiligt war argentinische Hoheitsgewaesser. Somit konnten Unternehmen Carl und Carl II als voller taktischer Erfolg gewertet werden. Wie sich das ganze aber strategisch Auswirken wuerde musste sich erst noch zeigen.

Bild


Nachdem das OKW dann offiziell bekannt gegeben hatte dass, die Gustloff nach Argentinien gefahren sei um das argentinische Militaer bei der Besetzung der Falklandinseln zu unterstuetzen, moechte ich nicht in der Haut des englischen Marineoberbefehlshabers stecken.

Anmerkung: Da ich nach der Besetzung der Falklandinseln feststellen dufte das Argentinien keine Konvois besitzt, habe ich Argentinien 10 Eskorten und 30 Konvois spendiert. Deswegen tauchen oben im Text besagte 10 Hilfskreuzer und 30 Handelsschiffe auf. Besagte Konvois und Eskorten wurden dem deutschen Reich abgezogen.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 26. Dezember 2013 15:06

Oberstleutnant Unser

Teil 1: Ein Debuet mit Ratseln

Berlin-Lichterfelde, Hauptkonferenzsaal

Als ich den Hauptkonferenzsaal betrat, musste ich fuer einen Moment inne halten. Man hatte mich zu einer politischen Schulung des Außenamtes beordert, nur waren hier außer Generalen der verschiedenen Fronten-, Armeen- und Wehrkreisstaebe keinerlei Zivilisten zu sehen. Davon stand in meinem Vorladungstext ueberhaupt nichts. Hatte ich irgendetwas wichtiges uebersehen?
Das hier war die ehemalige Hauptkadettenanstalt und bis vor kurzem residierte hier noch die Leibstandarte. Aber im Fruehjahr 1940 hatte man das Gelaende dem Außenamt zugeschlagen und auch einen Lehrbetrieb aufgenommen.
Im Vorladungstext selbst stand nur etwas von historischen, außenpolitischen Betrachtungen zur Lage des deutschen Reiches. Von welcher Historie sprach man denn da? Soweit man mir das bei gebracht hatte beginnt die Historie, also Geschichte, erst nach zwei Generationen. Wenn auch die letzten Zeitzeugen dahingeschieden sind, damit sie nicht vorsaetzlich oder unwissentlich Einfluss auf die Geschichtsschreibung nehmen. So hatte das einer meiner frueheren Vorlesungsprofessoren einmal kurz und knapp erklaert. In dem Sinne war tatsaechlich etwas faul. Im Vorladungstext wurde von einer Geschichte zum deutschen Reich gesprochen welche es noch gar nicht gab.

Ich war zwischenzeitlich von einem Saaldiener zu einem Sitzplatz gefuehrt worden und hatte mich auf dem Weg dorthin nach bekannten Gesichtern umgesehen. Derer waren reichlich vorhanden, neben von Fritsch und Beck hatte ich bei meinem Streifzug noch von Rundstedt, von Kayser, Blaskowitz, Raeder und Sperrle gesehen. Selbstverstaendelich waren auch noch Leute aus den Staeben da, deretwegen ich davon ausgehen konnte das sich auch noch die Guderians, Mansteins, Schoerners und Blumenfelds hier herum trieben. Nein, von einer einfachen außenplotischen Betrachtung konnte man jetzt wirklich nicht mehr sprechen.
Das Podium dieses Saales war von zwei, sich gegenueber stehenden Tischen eingerahmt. Dazwischen hatte man eine große, weiße Leinwand aufgehaengt, welche in Verbindung mit dem aufgestellten Diaprojektor darauf hindeutete das man auch eine Bildervorfuehrung machen wollte. Irgendjemand im Saal kommentierte das wohl mit den Worten: „Aah... Urlaubsdias!“.
Ich betrachtete danach die beiden Tische etwas genauer. Am linken Tisch waren die Namensschilder von Beck und von Fritsch sowie einiger ausgewaehlter Generalstabsangehoeriger angebracht. Am rechten stand nur ein Schild fuer von Neurath, einem seiner Stellvertreter und zwei unbeschriftete Plaetze. Das ist bisweilen sehr ungewoehnlich. Entweder sitzt dort niemand oder aber man durfte zwei Ueberraschungsgaeste erwarten.

Nach gut zehn Minuten allgemeinen Palavers verließen die Saaldiener den Raum und alle Tueren wurde geschlossen. Die Wehrmachtsfuehrung nahm am linken Podiumstisch platz und von Neurath trat hervor um seine Begrueßungsrede zu halten. Es war eine Rede mit allen moeglichen Floskeln, die wenig Aufschluss ueber den eigentlichen Inhalt der heutigen Konferenz gab. Spannend wurde es ab dem Moment, als er erklaerte dass, der Geheimdienstminister Carl von Schubert sowie eine weitere Person heute einen laengeren Vortrag halten wollten. Carl von Schubert sei auch derjenige der diese Konferenz anberaumt habe.
Als die Katze aus dem Sack war blickte ich noch einmal durch den Saal und durfte zufrieden feststellen das ich nicht der einzigste war der ein wenig „von der Rolle“ war. Was sollten wir denn mit Carl von Schubert?
Der Mann war so ueberfluessig wie ein Kropf! Er war Geheimdienstminister von einem Geheimdienst den es nicht gab. Der Geheimdienst, die Abwehr, ist der Wehrmacht unterstellt. Die GeStaPo wiederum, welcher man noch am ehesten Geheimdienstambitionen unterstellen konnte, unterstand dem Reichsinnenministerium. Dessen Minister war aber heute nicht da. Was sollte also dieser Quatsch?

Carl von Schubert betrat das Podium aus dem hinteren Bereich begrueßte die Wehrmachtsfuehrung, raeusperte sich kurz und begann sofort seine Ansprache: „Meine Herren, ich danke ihnen das sie alle eingetroffen sind und moechte mich hiermit kurz fuer die Umstaende dieser Sitzung entschuldigen. Natuerlicht haette ich sie gerne persoenlich eingeladen, aber man hat mir gesagt das waere nicht... praktikabel. Also haben wir es dann auf diesem Wege gemacht, danke Herr Minister von Neurath fuer ihre Hilfe.“
Der alte Herr nickte pflichtschuldig und sogleich ergriff unser „Geheimdienstminister ohne Geschaeftsbereich“ wieder das Wort. Was Beck und von Fritsch wohl gerade dachten?
„Vor wenigen Wochen habe ich die Bekanntschaft mit einem Mann gemacht welcher mich mit einer bedrueckenden Anzahl an Indizien und Beweisen zugeschuettet hat. Es ist so... das der Mann sich eigentlich an seine Vorgesetzten haette wenden muessen aber ebenda stieß er wohl auf Ablehnung. Also kam er in mein Buero und hielt mir einen Vortrag der mich, sagen wir mal, verstoert hat. Ich moechte mir kein Urteil ueber das Gesagte erlauben, dafuer bin ich kein Militaer. Deswegen habe ich Ihn gebeten hier und heute seinen Vortrag noch einmal zu wiederholen, vor Leuten die sich ein Urteil bilden koennen. Oberstleutnant Unser, bitte kommen sie doch herein.“.

Der nun-bald-Ex-Oberstleutant betrat sogleich das Podium und sofort wurde mir klar das ich diesen gedrungen und stabil wirkenden Mann kannte. Er hatte einen kugeligen Kopf, mit einem verschmitzten Laecheln und zwei sehr wache Augen die rastlos durch den Saal huschten. In seiner Erscheinung widersprach der Mann sich selbst, man war fast geneigt zu fragen wie der Carl von Schubert hatte so beeindrucken koennen. Aber wie gesagt ich kannte diesen Mann. Er kam aus der Abwehr.
Ob Canaris auch hier war? Oberstleutnant Unser duerfte ihn gerade bis auf die Knochen blamieren, schließlich war er ja aus seinem Hause. Was immer der Mann erzaehlen wollte haette ueber seinen Tisch gehen oder ebenda verenden muessen.
Ich selbst hatte ihn in meinen Abwehrjahren kennen gelernt, allerdings hatte man ihn nicht zur Strafe in den Keller sondern in den Dachboden versetzt. So konnte er gleich mit der ersten feindlichen Fliegerbombe aus der Gehaltsliste gestrichen werden. Er galt als „Problemfall“ der aber zu gefaehrlich fuer die einfache Entlassung war.
Oberstleutnant Unser war ein gebuertiger Russe der 1921 in die Reichswehr aufgenommen wurde. Er hatte in der Kaiserlich russischen Armee als Offizier und verschiedene Stellungen in den Staeben, Fachbereich Aufklaerung, gedient. Er selbst gab an bei der Brussilow-Offensive dabei gewesen zu sein, aber wer wollte das pruefen? Mit der Oktoberrevolution verschlug es ihn in die Wirren des Buergerkrieges wo er zuerst auf der roten, spaeter auf der weißen Seite diente. Als die Weißen den Buergerkrieg verloren hatten setzte er sich in den Westen, genauer gesagt Deutschland, ab und fing bei der Reichswehr an. Was genau die Fuehrung der Reichswehr dazu bewog einen Russen aufzunehmen war nicht ganz klar, aber er galt als Vertrauter von Friedrich Gempp. Letzterer baute gerade die Abteilung Abwehr auf und man vermutet das man Unsers Kontakte nach Russland fuer das deutsche Reich nutzen wollte.
Ob dabei je etwas heraus kam ist mir nicht bekannt, allerdings genoss er innerhalb der Abwehr Privilegien. Das ganz aenderte sich allerdings ab 1934-35. Zu dem Zeitpunkt gab es einen Fuehrungswechsel und unter Canaris sollte die Abwehr entscheidende Aenderungen erfahren. Dabei fiel er dann erstmalig negativ auf. Er wiedersetzte sich zum Beispiel dem Befehl sein Agentennetz offen zu legen und ins neue Archiv mit aufzunehmen. Hintergrund des ganzen war, das man auch beim Ausfall eines Fuehrungsoffiziers das Netz weiter betreiben wolle. Unser lehnte dies aus Sicherheitsgruenden ab. Was folgte war ein veritabler Machtkampf bis zur Durchsuchung seines Bueros, wo man allerdings nichts fand. Wobei das Nichts ganz woertlich genommen werden musste. Das Buero war leer. Außer Moebeln und dem ueblichen Inventar gab es nicht einen Fetzen Papier.
Also durchsuchte man auch seine Wohnung, aber da dasselbe Ergebnis. Außer bergeweise Literatur ueber die rote Armee, davon sprach man in der Abwehr wirklich anerkennend, fand man keinerlei Arbeitsunterlagen. Nach diesen Untersuchungen versetzte man ihn in den Dachboden und es verbreitete sich das Gerucht die Abwehr sei auf einen Aufschneider herein gefallen. Gleichwohl gab es auch Personen die ihm nachsagten einfach nur zu schlau zum aufschreiben zu sein. Macht was ihr wollt, nur hinterlasst keine Spuren... .
Ich selber habe mit ihm nie beruflich zu tun gehabt. Hin und wieder habe ich ihn mal gesehen und dann war fuer gewoehnlich sehr schweigsam. Weswegen trat er nun aus der dritten Reihe in der Abwehr an Spitze eines Podiums?
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 29. Dezember 2013 21:59

Teil 2: Mobilisierung ist Krieg

„Meine Herren, vielen Dank fuer Ihre Anwesenheit. Mein Name ist heute Waldemar Unser. Ich bin Oberstleutnant in der Amtsgruppe Abwehr, Abteilung I, Gruppe I/Heer. Mein Arbeitsplatz ist ein herrliches Buero im Dachgeschoss, in dem Sie im Sommer auf dem Schreibtisch einen Aufguss und im Winter den Eisblumen am Fenster beim wachsen zusehen koennen. Kommen Sie mich doch ruhig einmal besuchen.“ sagte er in akzentfreiem deutsch und jetzt begann er mir sympathisch zu werden. Im Geiste schien er ebenso ein enfant terrible zu sein, und das er, obschon er sich gerade um Kopf und Kragen redete, seinen Humor nicht verlor, wies darauf hin das er zwischen zwei Extremen eingeordnet werden musste. Entweder unheimlich schlau oder unheimlich doof.
"Ich bin in Russland, genauer in Pleskau geboren. Das russischen Zarenreich ist meine kindliche, wie auch meine geistige Heimat. Mein Vater hatte fuer mich eine Militaerkarriere ausersehen. Ich wurde in eine Kadettenschule aufgenommen und begann danach eine Offizierslaufbahn. Meine Truppengattung war die Kavallerie, ich leistete dort in verschiedenen Positionen Dienst und wurde nach einer Alarmuebung, sowie dem nicht genehmigten Niederreiten einer Absperrung erst degradiert und anschließend in den Stabsdienst uebernommen. Mein Fachgebiet innerhalb der naechsten Jahre war die Feindaufklaerung. In diesem Fachgebiet durchlief ich auch mehrere Weiterbildungskurse. Als Quintessenz daraus kann ich Ihnen nur mitteilen das die russische Aufklaerung damals Bodenstaendiger als die Deutsche heute ist. Auch hatten wir eine andere Vorstellung von dem was ein Geheimnis ist.
1921 erhielt ich einen deutschen Pass und einen neuen Namen. Einige Personen innerhalb der deutschen Passbehoerde waren der Meinung das es meinen neuen, deutschen Mitbuergern nicht zuzumuten ist den Namen Wladimir auszusprechen. Fast zeitgleich dazu wurde ich in die Reichswehr aufgenommen und kam zur neu gebildeten Abteilung Abwehr.

Ich moechte Ihnen hier und heute einen Einblick in Zustand, Ausstattung und Fuehrung der roten Armee geben. Weiterhin wird auch das innenpolitische Geschehen in der Sowjetunion aufgegriffen.
Doch zuvor ist etwas grundsaetzliches, außenpolitisches klar zu stellen. Reichsaußenminsiter von Neurath, wuerden sie bitte ein paar Worte zu den Zusaetzen des Deutsch-Sowjetischen-Nichtangriffspaktes sagen?“
.
Zusaetze?
„Die Modalitaeten das Molotow-Ribbentrop Paktes sind bekannt.“ antwortete von Neurath nur kurz angebunden und der Oberstleutnant verzog kurz, undefinierbar sein Gesicht. Keine schlechte Leistung, ich hatte nicht die leiseste Ahnung was der Mann gerade dachte.
„Dann ist das ja geklaert. Reichsaußenminsiter, schreiben sie das bitte auf und verbuergen Sie ihren Kopf dafuer das die versammelte Generalitaet ueber den gesamten Umfang des Paktes in Kenntnis gesetzt ist. Jetzt!“ gab Unser dann im Befehlston zurueck und jetzt wurde die Sache heftig. Von Neurath fuhr ihn an was er sich hier erlaube und Schubert neben ihm wurde derweil ein wenig blass im Gesicht. Von ihm durfte Unser keine Hilfe erwarten, tat es wohl auch nicht und griff von Neurath erneut bei seiner Ehre an. Worueber er sich denn Sorgen mache. Wenn alles bekannt ist, dann habe er doch nichts zu befuerchten.
Ich sah rueber zu von Fritsch und bemerkte das er irgendetwas mit Beck besprach. Gab es da etwas das wir bisher nicht wissen durften?
Derweil schwenkte der Oberstleutnant jetzt in der Argumentation und erklaerte das er nun ein paar Dinge erzaehlen werde garantiert NICHT die nicht im Molotow-Ribbentrop Pakt drin stuenden. Ich ertappte mich dabei laecheln zu muessen.
„Diese Dinge sind ein Staatsgeheimnis, Idiot!“ schoss jetzt Beck seine Stimme dazwischen und jetzt laechelte Oberstleutnant Unser nur. „Haben sie das gehoert meine Herren? Es gibt keine Zusaetze! Nein, Nein, Nein, Es hat sie nie geegeben, es gibt sie nicht, Nein! Wie ein Moerder vor Gericht. Nein ich war nicht da, nein ich habe nichts gemacht, ich habe mit der Sache nichts zu tun. Nein! Nein! Nein!.“.
Beck sah jetzt aus als haette man ihm eine Kugel durch die Brust geschossen, schmerzlich ueberrascht. Dieser Oberstleutnant ist kreuz gefaehrlich.
„Also meine Herren, es gibt keine Zusaetze, auch keine die NICHT darin stehen, sie sind ein Staatsgeheimnis. Das werde ich natuerlich respektieren und ohne diese wichtige Einleitung weiter machen.“ erklaerte er weiter und hob entschuldigend die Haende.
„Ihnen ist klar was Ihnen fuer das hier blueht?“ fragte von Fritsch dazwischen und doch der Oberstleutnant antwortete nur: „Er haftet mit seinem Kopf für die Bataillie“. Daraufhin wurde es still im Raum. Die kaempfenden Kraefte hatten sich alle gebunden und der geringste aeußerliche Einfluss vermochte die Schlacht in die eine, wie auch in die andere kippen lassen. Irgendwie bekam ich Durst.
Ich richtete mich auf, zog meine Uniform ganz langsam glatt, wischte mir die Aermel noch einmal ab und ging anschließend zu einem der Tische herueber wo die Getraenke aufgestellt worden waren. Derweil hoerte ich vom Podium nur eine Konversation zwischen von Fritsch und Unser. Es ging dabei um den Umfang dessen, was von Neurath denn erlaeutern muesse.
Bis ich wieder Platz genommen, hatte von Neurath schon mit von Fritsch gesprochen und erlaeuterte der gespannt lauschenden Generalitaet etwas ueber ein Zusatzprotokoll: „Als am 24. August 1939 der deutsch-sowjetische-Nichtangriffspakt unterschrieben wurde, gab es ein geheimes Zusatzprotokoll, das unter anderem die wirtschaftliche Zusammenarbeit, Materiallieferungen der Sowjetunion und auch die Intressphaeren beider Staaten abgrenzte. Kurz und knapp, das Baltikum, mit der Ausnahme von Litauen, und Bessarabien in Rumaenien sind Intresspaehere der Sowjetunion. Das deutsche Reich hat Anspruch auf Westpolen, freie Hand in Ungarn und Rumaenien. Beschlossen wurden weiterhin umfrangreiche Materiallieferungen fuer den Fall das Groß Britannien die Seewege sperrt. Es gibt noch mehr, aber das wuerde den Umfang hier sprengen.“.
Damit schien Unser allerdings nicht gerade zufrieden zu sein. Er hakte nach: „Moment, Reichsaußenminister von Neurath, wie ist die Lage nach dem Tod des ehemaligen Reichskanzlers so?“.
Von Neurath sah zur Wehrmachtsfuehrung herueber und schien eine Freigabe abzuwarten die er auch erhielt.
„Nun, es gibt ein paar Probleme. Die Sowjetunion hat versucht Finnland zu unterwerfen. Aufgrund des Widerstandes der Finnen ist es dazu aber nicht gekommen. Danach hat sich Sowjetunion alle baltischen Staaten einverleibt, was eigentlich gegen den Pakt verstoeßt. Dazu kommt die Besetzung Bessarabiens durch die Sowjetunion. Auch da hat man sich mehr genommen als eigentlich vertraglich abgestimmt wurde. Am 27. Juni 1940 wurde die Nordbukowina gleich mit besetzt. Dies verletzt die Interessen unseres neuen Buendnisspartners Rumaenien. Aufgrund dieser wiederholten Vertragsbrueche hat die Reichsfuehrung sich entschieden die diplomatische Verbindungen mit Finnland zu verbessern.“.
Jetzt schien der Oberstleutnant zufrieden zu sein, nickte leicht und bedankte sich anschließend bei Herrn Neurath. Gleichwohl solle er bitte noch bleiben, es gaebe da ein paar Dinge zu denen er noch einmal ein Wort verlieren muesse. Von Neurath antwortete daraufhin etwas das ich nicht verstand, aber von Unsers Laecheln machte klar das alles in seinem Sinne sein musste.

„So weit so schoen. Wir haben gehoert: Es gibt geheime Zusatzbestimmungen. Diese sind ab jetzt nicht mehr geheim, es sind zu viele Leute hier. Wir haben auch gehoert, die Sowjetunion haelt sich nicht an die Zusatzbestimmungen. Aha! Reaktion des deutschen Reiches?“ fragte Unser noch in den Saal und machte eine Kuenstlerpause ehe er fortfuhr: „Keine Ahnung. Haben sie etwas vernommen? Zu Durchsetzung der geheimen Zusatzbestimmungen haette das deutsche Reich der Sowjetunion in Litauen und bei der Nordbukowina in den Arm fallen muessen! Mein lieber Genosse Stalin, wir haben einen Pakt und den haelst du ein, ansonsten... !“.
Erneut machte er eine kurze Pause und machte dann etwas selbstverstaendliches klar: „Mit geheimen Zusatzbestimmungen kann man schlecht in der Oeffentlichkeit herum wedeln. Die Verbuendeten werden dies nicht goutieren. Wir lernen: Wenn man geheime Zusatzbestimmungen mit einem Vertrag abschließt muss man in der Lage sein diese auch durchzusetzen. Die Sowjetunion hat gegen den Pakt zu Zeitpunkten verstoßen, als das deutsche Reich im Westen „beschaeftigt“ war. Mit den paar ungarischen Divisionen in Polen ist kein Blumentopf zu gewinnen. Jetzt brauchen wir der Sowjetunion damit nicht mehr zu kommen. Wenn wir nun mit einem: „Ansonsten...“ drohen werden wir vor aller Welt erneut als Aggressor dastehen. Als undankbarer Aggressor, der dem lieben Vaeterchen Stalin auch noch bedroht. Da hat beim Vertragsschluss irgendjemand im deutschen Reich nicht zu Ende gedacht. Da hat Stalin einen tollen Fang gemacht.“ stelle Unser abschließend fest und trank etwas Wasser ehe er fortfuhr.
„Wird er sich nun, wo Frankreich geschlagen ist zuegeln? Warum sollte er? Wir haben im Westen immer noch Krieg gegen Groß Britannien und es sieht nicht nach einem schnellen Frieden aus. Jedes Schulkind weiss dass, das deutsche Reich einen Zwei-Fronten Krieg nicht gewinnen kann, denn um den Krieg weiter fuehren zu koennen brauchen wir die sowjetischen Rohstofflieferungen. Wer sitzt also am laengeren Hebel? Wer kann wen zur Einhaltung des Vertragswerkes zwingen?“. Fragte er anschließend in den Saal, ohne wohl wirklich eine Antwort zu erwarten. Sie zu stellen hieß sie zu beantworten.

„Natuerlich kann man jetzt relativieren. Ja, Stalin hat seinen Fang gemacht, ja, er hat gegen die Zusatzbestimmungen verstoßen, aber nun gibt es an seinen Landesgrenzen keine Zwergstaaten mehr die er einnehmen kann. Er hat nur noch uns und wir sind von einem anderen Kaliber, da muesste er sich schon ordentlich vorbereiten.“ fuehrte er weiter aus, doch es war zu merken das dies fuer Unser nicht ueberzeugend klang. „Letzteres ist wichtig! Darauf muessen wir achten. Wenn Stalin sein Schwert gegen uns erhebt, muss er sich ordentlich vorbereiten. Muss er? Hat das deutsche Reich sich auf seinen Krieg gegen Polen, Frankreich und Groß Britannien vorbereitet?“.
Er brach ab und lauschte in den Saal hinein, aber die Antwort wusste jeder hier. Selbst von Fritsch, der den Kriegsausbruch nicht zu verantworten hatte, verzog nun seine Miene.
„Gut... aber jetzt, jetzt ist es doch auf den Krieg eingestimmt? Wir haben Krieg, wir wissen nicht wie lang er dauert, also los deutsches Volk, mach die Heimat zur Front, gib der Truppe alles was es brauch und noch ein bisschen mehr!“.
Wieder brach er ab, lauschte in den Saal hinein und ich ahnte das er auf die Munitionsknappheit und andere Ausruestungsprobleme anspielte.
„Ich muss feststellen das deutsche Reich fuehrt einen sonderbaren Krieg! Die Soldaten kaempfen und sterben in der Schlacht und die Zivilbevoelkerung lebt weiter wie im Frieden. Gut, Verdunklung, aber die Produktion verkuemmert auf Vorkriegsniveau! In den Staedten gibt es Opern und Varieteevorstellungen... . Meine Herren, Schluss mit dem Unfug! Es ist Krieg! Her mit den Zwoelf Stunden Schichten, her mit der Rationisierung, her mit der Umstellung des oeffentlichen Lebens auf Krieg! Es ist Krieg! Groß Britannien hat das sofort nach Kriegsausbruch getan! Aber wir leben weiter wie im Frieden. Nochmal, muss Stalin sich auf einen Krieg mit dem deutschen Reich gesondert vorbereiten? Nein, das muss er nicht, sowas ist ein ganz schlechter Indikator! Aber er tut es!“.

„Sie werden jetzt sagen woher will der da vorne das wissen. Das erlaeutere ich gleich, zuvor allerdings moechte ich noch einmal zur Unterzeichnung des Paktes zurueck kehren. Betrachten wir doch mal folgendes Bild.“. Der Diaprojektor ging an und sogleich wurde das beruehmte Bild des Molotow-Ribbentrop-Paktes an die Projektionsflaeche geworfen.

Bild


„Ich habe einmal zwei nette Herren, die bei der Unterzeichnung des Paktes anwesend waren, rot eingekreist. Der eine, ein gewisser Stalin, bekleidet kein staatspolitisches Amt, sondern ist einfach mal als Zivilist dabei. Der Zweite, Boris Michailowitsch Schaposchnikow, ist der Generalstabschef der roten Armee. Genug der kleinen Scherze, wir wissen welche Rolle Stalin in der Sowjetunion inne hat. Wir lernen jetzt aber auch das Stalin und Schaposchnikow sich offensichtlich ganz gut kennen.“. Das naechste Dia wurde eingeschoben und nun sah man die beiden etwas vertrauter.

Bild


„Hier fleddert Schaposchnikow in einem kleinen Notizbuch umher und Stalin sieht ihm genuesslich dabei zu. Das kann man belaecheln oder man kann sich mal durchlesen was Graf von der Schulenburg, oder auch die Anwesenden bei der Unterzeichnung des Paktes, so zu Protokoll geben. Molotow spricht mit Stalin, dieser antwortet: „Genosse Molotow...“. Der sowjetische Botschafter im deutschen Reich, Schkvarzew kommt hinzu: „Genosse Schkvarzew...“ und so geht es weiter. Stalin spricht seine gegenueber immer mit „Genosse...“ an. Da gesellt sich mit einem Male Schaposchnikow hinzu und da geht ein: „Boris Michailowitsch...“ durch den Saal. Unwichtig? Nein! Stalin achtet auf Netiquette! Ist Boris vielleicht kein Genosse? Doch, ist er. Ja aber... Nichts aber, Stalin hat zu Boris eine andere Beziehung als zu allen anderen Anwesenden. Boris Michailowitsch...“ Das naechste Dia folgte und nun war wohl der juengere Schaposchnikow zu sehen.

Bild


„... ist Generalstabschef der roten Armee und Verfasser mehrerer Schriften. Seine wichtigste ist: „Mozg Armii“, das Hirn der Armee. Wenn sie es bekommen, lesen sie es. Stalin hat es auch getan und es steht im Buecherregal bei seinem Schreibtisch. Ich habe es auf den Fotos von Stalin gefunden. Das hat mich sehr gewundert, denn in dem Regal stehen sonst nur Traktate von Marx, Engels, Lenin und anderen Menschenschindern gleicher Coleur. Viel theoretisches, weltfremdes Geschwurbel. Ist Mozg Armii vielleicht theoretisches, weltfremdes Geschwurbel? Die Frage hat mich interessiert also habe ich es gelesen und nein, es ist ein Sachbuch. Ein tolles Sachbuch das im Schatten eines Weltkrieges unter gleichen Waffen geschrieben wurde. Es hat eine brilliant einfache Sprache und erklaert dem Leser die Dinge auf eine Weise, das man selbst zu den gebetenen Schluessen kommt.
Worum geht es darin?
Mobilisierung, ein sehr wichtiges Thema, richtige Stabsfuehrung, auch wichtig, Unterordnung des Militaers unter die Politik. Kann man drueber streiten, musste er aber schreiben sonst haette ein anderer beim unterzeichnen des Paktes gelaechelt. Zur Stabsfuehrung werde ich nichts weiter sagen, da ist die deutsche Wehrmacht ihre eigenen Weg gegangen. Bleibt noch das Thema Mobilisierung.
Nach dem 1. Weltkriege haben sich viele Militaers an ihm abgearbeitet. Sehr haeufig stoeßt man dabei auf Literatur ala: „und da hat der und der einen Fehler gemacht... hier haette das und das getan werden muessen“ und so weiter. Damit haelt sich Schaposchnikow nicht auf. Er stellt die Frage warum kein schneller Sieg moeglich war und antwortet kurz und knapp: „Unter gleichen Gegner und unter gleichen Waffen ist kein schneller Sieg moeglich. Es gewinnt stets die Seite die am meisten und laengsten Ersatz beschaffen kann.“. Das wird hier niemand bestreiten denke ich. Die Wehrmacht hat diese Lektion gelernt und ihre Truppen Offensiv ausgerichtet. Defensive ist fuer das deutsche Reich mit Niederlage gleich zu setzen.
Schaposchnikow hat anschließend in der Geschichte herum gewuehlt und nach den Ursachen von schnellen Siegen unter gleichwertigen Gegner gesucht. Er kommt zum Schluss das katastrophale Fehlentscheidungen einer Seite zu einem schnellen Sieg fuehren kann. Das interessiert ihn aber nicht. Auf Fehler anderer solle man sich nicht verlassen. Bleibt die Ursache: „Mobilisierung“.
Preußen hat seine großen militaerischen Erfolge durch schnellere Mobilisierung errungen. 1870, als die franzoesische Armee noch marschierte fuhren die Preußen mit der Eisenbahn zur Front. Das, sagt Schaposchnikow, war der Schluessel zum Sieg 1870.
Was geschah 1914? Russland mobilisiert, Deutschland erklaert den Krieg und tut es auch, Oesterreich-Ungarn ebenso, Frankreich macht mit und am Ende dieser Kette stehen sich eine Reihe gleichwertiger Gegner in voller Ruestung gegenueber. Kriegsentscheidende Offensiven sind nicht moeglich, schnelle Siege bleiben aus, das deutsche Reich verliert.
Schaposchnikow stellt fest das allein die schnelle Mobilisierung eine schnelle, kriegsentscheidende Offensive ermoeglicht. Wir sind stark, der Gegner ist schwach, der Sieg wird unser sein. Daraus leitet Schaposchnikow einen ebenso genialen wie einfachen Gedanken ab. Mobilisierung ist Krieg!“


„Die Mobilisierung ist kein geeignetes politisches Druckmittel. Wenn die Fuehrung eines Staates mobilisiert muss sie Krieg fuehren! Tut sie es nicht, zieht der Gegner gleich und das Ergebnis ist bekannt.
Daraufhin handelt er das ganze Ausmaß der Mobilisierung ab, das war wirkliche Fleißarbeit. Mobilisierung verkuenden, Maenner in die Kasernen holen, einkleiden und bewaffnen. Anschließend zur Front verlegen, Bereitschaftsraeume errichten, Uebungen durchfuehren, Nachschub und Nachrichtenverbindungen organisieren, Depots errichten, Artillerie und schweres Geraet heran holen, Ersatzteilversorgung sicher stellen, Treibstoffversorgung organisieren... ich bereche hier ab. Sie wissen das dies nicht an einem Tag gemacht wird. Dafuer ist die Transportkapazitaet zu gering.
Schaposchnikow kommt zum Schluss das die Mobilisierung sehr zeitintensiv ist und sich vor einem Gegner nicht verheimlichen laesst. Mit beidem hat er recht.
Bemerkenswert fand ich im uebrigen eine weitere Ausfuehrung zu seiner These: „Mobilisierung ist Krieg“. Er hat die oekonomischen Zusammenhaenge in einem Staat betrachtet und stellt fest das Mobilisierung die Wirtschaft des Staates ruiniert. Ein Staat kann nicht nach Lust und Laune mobilisieren. Seiner Auffassung nach muss die Mobilisierung auch die Wirtschaft umfasssen. Diese hat ab der Mobilisierung Nachschub, Ersatz, Material fuer Neuaufstellungen und vieles mehr in exorbitanten Mengen herzustellen. Im Krieg brauchen wir keine Teekannen mehr sondern Feldgeschirr. Die zivile Konsumgueterporduktion bricht zusammen und wird so weit wie moeglich auf Kriegswirtschaft umgestellt. Alles andere kommt unter die Raeder und die Arbeitskraefte an die Front. Das ist der naechste Punkt. Fuer die Mobilisierung werden Maenner benoetigt. Die sitzen ja aber nicht gelangweilt auf der Straße herum, sondern gehen einer Arbeit nach. Wenn wir aber die Maenner aus den Fabriken und der Landwirtschaft abziehen muss Ersatz herbei geschafft werden. Diesen muessen wir anlernen... es ist ein Teufelskreis!
Dazu bricht das Transportsystem fuer die Wirtschaft zusammen. Auf den Eisenbahnen werden Unmengen an Material, Soldaten, Waffen, Munition und Treibstoffen zu ihren Zielorten gebracht. Kein Staat der Erde kann genug Transportkapazitaet fuer eine Mobilisierung und die gesamte Wirtschaft bereit halten. Er wuerde an diesem Spagat bankrott gehen, denn das Transportsystem muss immer unterhalten werden, frisst Geld und Ressourcen. Dazu kommt das Problem dass, auf einem Gleis immer nur eine Eisenbahn fahren kann.
Mobilisierung ist Krieg! Je tiefer wir ins Detail gehen desto klarer wird der Gedanke, doch halt. Der Mann lebt in einem Land mit Planwirtschaft und er sagt das Mobilisierung die Wirtschaft und den Staat ruiniert. Wie soll das erst in einem kapitalistischen Staat aussehen?“

„Doch genug davon. Fest steht, Stalin hat das Buch gelesen, es steht in seinem Buecherschrank unter den Werken die das Heil der Menschheit verkuenden. Er handelt danach und ich suchte die Beweise.
Welche? Eine Mobilisierung kann nicht verheimlicht werden. Wenn wir statt Teekannen nur noch Granaten produzieren faellt das auf. Wenn das Transportsystem mit einem Male an seine Belastungsgrenzen stoeßt aber nicht mehr Waren ein- oder ausgefuehrt werden, dann faellt das auf. Wenn Reihenweise Fabriken schließen und die Maenner verschwinden, dann faellt das auf. Immer!
Ja und? Die Sowjetunion hat doch keine Mobilisierung verkuendet. Stimmt. Schaposchnikow ist der Auffassung das die Mobilisierung nicht bei Beginn verkuendet werden darf. Sie muss so weit als moeglich heimlich erfolgen, um dann im großen Finale zeitgleich mit der Kriegserklaerung ihre Vollendung zu finden. Klingt logisch. Zur Tarnung empfiehlt es sich die Mobilisierung nicht als schnellen Prozess, sondern in vielen kleinen Teilschritten durchzufuehren. Sie kennen die Anekdote mit dem Frosch im Kochtopf?
Die kleinen Teilschritte sind es die mich interessieren, denn der Umfang einer Mobilisierung bleibt immer gleich. Also los..."
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 3. Januar 2014 00:27

Die Errungenschaften des Kommunismus

„... , streifen wir kurz dass, was die Mobilisierung urspruenglich beinhaltete. Das Einziehen der Maenner um sie zu Soldaten auszubilden. Kann man das auf einen Schlag machen? Klar, kann man, aber... dazu braucht man Infrastruktur und Ausbilder. Doch damit nicht genug, sie muessen auch ein entsprechendes Offizierskorps und ausgebildete Unteroffiziere vorhalten. Die fallen nicht in einer sechs Wochen dauernden Grundausbildung vom Baum. Zudem hat der NKWD 1938-39 ja die rote Armee sorgfaeltig gegen den Strich gebuerstet. In unserer Abwehr gibt es Leute die der Meinung sind das die rote Armee aus diesem Grunde nicht in der Lage ist die entsprechenden Fuehrungsstrukturen heraus zu bilden. Also kein Grund zur Sorge?
Doch, ein großer Grund zur Sorge. Wer immer 1938-39 den großen Terror angeordnet hat, verfolgt damit ein Ziel. Es lautet: Gehorsam. Es wurden ja nicht alle erschossen. Es haben auch eine Menge Leute ueberlebt und wurden 1940 rehabilitiert oder gar frei gelassen. Glauben Sie das diese Leute noch einmal einen Befehl in Frage stellen? Glauben Sie das diese Leute sich noch einmal in sueßem Nichtstun suhlen? Glauben Sie das diese Leute ihrem geliebten Staatsoberhaupt in einer kritischen Situation eine Bombe unter den Tisch schieben? Fuer Sie kann ich nicht sprechen, aber ich wuerde es nicht tun.
Natuerlich reichen die hochmotivierten Zurueckkehrer nicht aus um die aufgerissenen Luecken zu schließen. Zu Ihnen gesellen sich noch die hochmotivierten Abgaenger der Militaerakademien. Kleines Detail am Rande, deren Umfang ist in den letzten Jahren kontinuierlich angewachsen. Da so eine Ausbildung aber drei bis vier Jahre dauert wird klar das irgendjemand, schon lange vor Beginn der großen Saeuberung, die Weichen in eine neue Richtung gestellt hat.
Aber ich schweife ab. Worauf ich hinaus will ist dass, das ploetzliche Einziehen von 2-3 Millionen Mann in die Armee bei jedem feindlichen Geheimdienst saemtliche Sicherungen raus haut. Es kann nicht verborgen werden. Bedenken sie bitte auch das diese 2-3 Millionen Mann ja auch irgendwo fehlen.

Aus diesem Grunde geht man in der Sowjetunion den Weg der kleinen Schritte. Hier ein paar Zehntausend, da ein paar Zehntausend und am besten nicht heimlich. Kuendigen sie es ganz offen an! Natuerlich sagen Sie nicht das die Leute zur Armee kommen. Das weckt Misstrauen. Sagen sie lieber etwas schoenes, sagen sie etwas... fortschrittliches!
Kennen sie Pascha Angelina? In der Sowjetunion kennt sie das ganze Land. Sie laechelt von den Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften. Sie, meine Herren, ist der erste weibliche Traktorist und Brigadier der ersten Frauentraktoristenbrigade. Zudem zeichnet sie sich nicht nur durch Arbeitseifer sondern auch durch Weisheit aus. Schon mehrfach haben ihre Gedanken Schlagzeilen auf den Titelseiten der großen Zeitungen gemacht: „Wir muessen besser arbeiten.“, „Besser arbeiten muessen wir“, „Arbeiten muessen wir besser“ und so weiter. Lachen Sie nicht meine Herren, in Ihrem Land gibt es Leute vom selben Kaliber und Medienaufmerksamkeit!
Doch zurueck zu Pascha Angelina. 1938 fiel ihr noch eine andere Weisheit aus dem Mund: „Hundertausend Kameradinnen auf die Traktoren!“. Doch damit nicht genug, diese Weisheit wurde durch die Zeitungen ins ganze Land getragen und sollte junge Frauen dazu animieren den Beruf eines Traktoristen oder Mechanikers zu erlernen. Ob Sie es glauben oder nicht, als ich das las ging mein Herz vor Freude ueber. Ich sah tausende Traktoren nebeneinander friedlich ueber die endlose russische Weit brummen, sah wie der Boden gepfluegt und aus ihm, dank fleißiger weiblicher Haende neues Leben spross.
Um mein Bild noch schoener zu machen schlug ich in sowjetischer Literatur nach. Ich wollte wissen wie viele Traktoristen in baelde den schoenen russischen Boden pfluegen moegen. Hier die Zahlen: Im Zeitraum von 1931 bis 1939 haben 3.382.900 Menschen den Ausbildungsberuf eines Traktoristen ergriffen. Abgeschlossen haben die Berufsausbildung im gleichen Zeitraum 1.756.400 Menschen. Was mit den restlichen 1.626.500 passiert ist weiss ich nicht. Vielleicht sind die durchgefallen, vielleicht hat man sie auch zu Mechanikern ausgebildet. Das war den Statistiken nicht zu entnehmen. Das hat mich gewundert! Sehr sogar.
Trotzdem, nennen Sie mir ein Land auf der Erde das heute ueber 1,7 Millionen ausgebildete Traktoristen verfuegt! Und wie sie alle auf ihren Traktoren sitzen... auf den 1,7 Millionen Traktoren... hm, na gut, nehmen wir die Haelfte wir arbeiten im Zweischichtsystem, also 850.000 Traktoren. Und dann stellen wir uns vor wie diese 850.000 Traktoren alle in vor Wind und Wetter geschuetzten Hallen stehen! Nein, meine Herren diese Traktoren stehen nicht draußen herum wenn sie nicht benoetigt werden. Da wuerden sie ja verrosten und was Genosse Stalin mit Leuten macht die Volkseigentum verrotten lassen, das hat er ja 1938 klar gemacht. Also, koennen Sie sich diese Hallen vorstellen?
Ich nicht. Also habe ich nach den Produktionszahlen der Traktoren gesucht. Bis dato, produziert wurden 3.700 Kommunar, 217.000 SchTZ-15/30, 69.000 Stalinez S 60, 37.600 Stalinez S 65 und 7.300 Stalinez SG 65 Traktoren. Dazu kommen noch aus Amerika importierte C 60 Traktoren, allerdings waren das eher Baumuster und ich habe dafuer auch keine Zahlen. Die streiche ich also wieder heraus. Bedeutet, in der Sowjetunion wurden bisher 334.600 Traktoren gefertigt. Aber auch die sind nicht alle in die Landwirtschaft gegangen. Gerade der Stalinez Traktor, er hat einen Kettenantrieb, ist fuer besonders schweres Gelaende und besonders schwere Lasten konzipiert worden. Man findet ihn auch bei der roten Armee als Artillerieschlepper. Aber ich will nicht kleinlich sein, sagen wir 300.000 Traktoren und wir arbeiten im Dreischichtsystem, leben ja im Kommunismus, bedeutet wir haben 900.000 Traktoristen. Aber verfluchtnocheins, wir haben doch 1,7 Millionen ausgebildet! Was machen die den ganzen Tag? Popeln die in der Nase? Lungern die irgendwo herum? Und welcher Dorfdepp kommt auf die Idee da noch einmal 100.000 Frauen drauf packen zu wollen?
Pascha Angelina! Und die Prawda kraeht es nach, die Komsomolz auch, ach der ganze kommunistische Blaetterwald raschelt damit durchs Land. Wozu?
Gedankenspiel, 100.000 Traktoristen verlassen die Kolchosen und kommen in die rote Armee. Wir wissen schon das einige Traktoren in der Sowjetunion sowohl zivil wie auch militaerisch genutzt werden. Was fuer ein Grund zur Freude, wir muessen die nicht einmal anlernen! Aber es kommt noch besser, wer einen kettengetriebenen Traktor fahren kann, der kann auch was anderes mit Ketten fahren. Panzer zum Beispiel! Ist das nicht toll? Ja, fuer uns nicht aber wenn ich mir die sowjetischen Zahlen so ansehe, dieses Missverhaeltniss zwischen Bedarf und „Produktion“ von Traktoristen, da gibt es nur zwei Moeglichkeiten. Entweder sind die Russen saudumm oder irgendjemand weiss das er alsbald einen sehr hohen Bedarf an fertig ausgebildeten Traktoristen hat. Das er Ersatz braucht, das er keine Humunkuli braucht die vor dem Traktor stehen wie das Schwein vorm Uhrwerk.

Wir sehen, ein wichtiger Schritt ist gemacht und alle Welt staunt. 100.000 weibliche Traktoristen, aber niemand fragt wozu und niemand fragt wo die Maenner bleiben. So laeuft das Schema und so geht es weiter.
Denn Pascha Angelina ist kein Einzelfall. In den letzten Jahren wachsen die Frauenbrigaden wie Pilze aus dem Boden! Und was die sowjetische Frau alles kann. Kohle in die Feuerung einer Lokomotive werfen, Torf stechen und Eisenbahnstrecken bauen. Ja, richtig gehoert Eisenbahnstrecken! Natuerlich zerren sie zu Dutzenden an einer Schiene umher, aber das macht nichts. Sie schaffen es schon!
Gemaeß offizieller Angaben stellen die Frauen Anfang 1940 41 Prozent aller Arbeiter und Angestellten in der Industrie. Wie viele Frauen arbeiten in der deutschen Industrie? Ja, ich weiss, die bekommen Kinder aber das tut die Sowjetfrau doch auch! Ist gut, ich hoer ja auf... .
Reichen die Frauen allein? Die Kommunisten sagen: Nein! Doch wen kann man dann noch holen? Na die Kinder und Jugendlichen! Machen sie das? Na klar. Am 3. Oktober 1940 wurde in der Prawda die Einfuehrung des Schulgeldes verkuendet. Dein Kind soll lernen? Das kostet Geld, richtig Geld.
Zeitgleich dazu verkuendet die Prawda den Erlass ueber die staatlichen Arbeitsreserven der UDSSR. In der Folge wird eine Hauptverwaltung fuer Arbeitsreserven eingerichtet welche 1551 Ausbildungsstaetten fuehrt. Die Hauptverwaltung ist dem Regierungschef unterstellt, also ganz oben. Die Aufnahme in die Ausbildungsstaetten erfolgt zwangsweise wie beim Militaer. Das Aufnahmealter betraegt 14 Jahre. Die Ausbildung erfolgt „in Verbindung mit der Erfuellung der Produktionsnormen“. Flucht aus den Arbeitsreserven hat das volle Strafmaß an romantischen Plaetzen in Sibirien zur Folge.
Das sind harte Regeln, aber der Staat versorgt die Schueler mit kostenloser Kleidung und Verpflegung. Da stiegen mir fast Traenen der Ruehrung in die Augen, bis mir auffiel das der Staat auch Gefaengnisinsassen mit Kleidung und Verpflegung bedenkt.

Doch es geht weiter, schauen wir uns die Arbeitszeit in der Sowjetunion an. Seit dem Beginn der Fuenfjahrplaene dehnt sich die Arbeitszeit in der Sowjetunion wieder aus. Zuvor war sie schon auf eine Fuenf-Tage Woche zusammen geschrumpft. Es gab einfach nicht genug Arbeit. Jetzt ist Arbeit da und das Schwungrad dreht sich, schneller und schneller. Her mit der Sechs-Tage Woche, Schluss mit der Kurzarbeit, ab jetzt spulen wir Schichten ab wie bei den Imperialisten.
Dann kommt das Jahr 1939 und die Einfuehrung von verbindlichen Arbeitsnormen in den Kolchosen. Der Kolchos ist eine freiwillige Angelegenheit, aber wer die Norm nicht erfuellt, der wird eingesperrt.
Das Jahr 1940 ist erreicht und jetzt kommt im Mai ein Erlass ueber die Anhebung der Rolle des Meisters in den Betrieben des Schwermaschinenbaus heraus. Aus dem guten Meister mit der Viertelliter Vodkaflasche im Kittel wird mit einmal ein Aufseher mit der Peitsche in der Hand.
Im Juni kommt der Erlass ueber den Uebergang zum Achtstundentag, zur siebentaegigen Arbeitswoche und dem Verbot des eigenmaechtigen Verlassens der Betriebe und Dienststellen heraus. Selbigentags gibt es zudem noch einen Erlass ueber die Anhebung der Arbeitsnormen und die Senkung der Lohntarife.
Im Juli kommt ein Erlass ueber die Verantwortlichkeit fuer den Ausstoß von Produkten minderwertiger Qualitaet und fuer die Mißachtung verbindlicher Normen durch die Industriebetriebe heraus. Kurz, wenn der Meister mit der Peitsche nicht klar kommt und Schwaeche zeigt, dann helfen die Genossen vom NKWD nach.
Und im selben Tenor geht es weiter. Es gibt Erlasse ueber Diebstahl und ueber die Zwangsversetzung von Ingenieuren, Meister und Arbeitern. Aber auch Bummelanten kommen nicht zu kurz. Mehr als zwanzig Minuten zu spaet gekommen? Da kommen schon die Genossen vom NKWD. Wer Bummelei deckt? NKWD! Es wird an alle, auch die Meister, Ingenieure und Direktoren, gedacht.
Schlussendlich dehnt sich auch die Arbeitszeit immer weiter aus. Inzwischen sind wir beim zehn Stunden Tag angekommen, aber man darf auch gerne laenger arbeiten, um sich etwas hinzu zu verdienen.
Jetzt moegen sie raunen: „Das kann nicht sein!“. Aber es steht doch in der Prawda. Oeffentlicher geht es nicht mehr! Doch sie raunen zurueck: „Nein, du missverstehst. Im Kriege ist sowas vielleicht moeglich, doch die Sowjetunion ist nicht im Krieg! Jeder Arbeiter wuerde gegen so etwas aufbegehren!“. Das stimmt fuer das deutsche Reich, aber in der Sowjetunion hat man 1938 und 39 klar gemacht was man von Zweiflern an der Weisheit der Partei haelt! Schon vergessen? Ist der große Terror im Anbetracht dieser Entwicklung eine dumme Idee?

Aber ich gehe noch einen Schritt weiter, ich frage zurueck! Koennen Sie, meine Herren, koennen Sie sich so etwas im deutschen Reich vorstellen? Nein? Ich schon. Hat es schon gegeben. Nicht mit den drakonischen Strafen, aber von 1915 bis 1918 wurden zum Beispiel die Aufnahmekriterien fuer die deutsche Industrie stetig abgesenkt. Da gab es auch Halbwuechsige und massenhaft Frauen in deutschen Fabriken. Dazu wurde die Arbeitszeit immer weiter ausgedehnt! Die Mobilisierung der Industrie, der Krieg, hat es diktiert. Es herrschte Kriegswirtschaft! Das deutsche Problem dabei war dass, sie ihre Arbeiter nicht so wie dir Kommunisten heute „behandelt“ haben.
Nun frage ich mich, was treiben die Russen denn da? Was haben die vor?

Ach je, nun bin ich ja schon wieder vom Thema abgekommen. Mobilisierung, Mobilisierung der Industrie... merken Sie es? Ein einziger, untrennbarer Prozess! Schaposchnikow.
Doch ich hatte Ihnen ja etwas zur Mobilisierung des Militaers versprochen. Auch das muss vorbereitet werden. Ich behaupte ja das Frauen und Halbwuechsige die Maenner in der Industrie ersetzen. Doch wo sollen die Maenner hin? Steht das etwa auch in der Prawda? Na klar, wo denken sie hin...“
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 3. Februar 2014 23:10

Planwirtschaft

„... nehmen wir zum Beispiel die Prawda vom 1. September 1939. Da wurde naemlich das Gesetz zur allgemeinen Wehrpflicht in der Sowjetunion eingefuehrt. Bis zu diesem Tage gab es keine Wehrpflicht in der Sowjetunion. Es wurden zwar alle gemustert, aber man pickte sich die Rosinen aus dem großen Teig heraus. Dazu kommt noch eine Besonderheit, denn bis zum ersten September lag das Einberufungsalter bei 21 Jahren.
Ich muss Ihnen gestehen, das habe ich nie so richtig verstanden. In den meisten Laendern der Welt werden die Jungens mit 18 Jahren gezogen, also mit Ihrer gesetzlichen Volljaehrigkeit. Kadetten nimmt man gerne auch mal frueher, aber 18 Jahre ist ein gutes Alter. Die jungen Soldaten sind ganz in Ihren Trieben gefangen, bilden Rangordnungen heraus, pflegen Imponiergehabe und haben keine familiaeren Verpflichtungen. Kurz, sie sind beeinflussbar und von Abenteuerlust Getriebene, bei denen der Verstand erst wieder einsetzt wenn der Arm ab oder der erste Kamerad jaemmerlich vor Ihren Augen krepiert ist.
Die Sowjetunion hat darauf verzichtet, sie zog 21 Jaehrige, Menschen die risikobewusster sind und oft schon Familien haben. Ich habe das nicht verstanden. Am 1. September wurde es mir klar, denn in dem Gesetz wurde das Einberufungsalter, je nach Kategorie, auf 18 bis 19 Jahre herab gesetzt. Das ganze ist ein unglaublicher Kunstgriff, denn am 1. September zog man gleich drei Jahrgaenge und noch mehr ein. Neunzehn-, Zwanzig- und Einundzwanzigjaehrige fluteten in die Militaerstuetzpunkte der roten Armee und traten ebenda ihre Grundausbildung sowie ihre regulaere Dienstzeit von zwei Jahren an. Ich finde die drei eingezogenen Jahrgaenge, wie auch die Dienstzeit sehr interessant. Die logistische Meisterleistung, die dahinter steht drei Jahregaenge auf einmal zu ziehen, ist aber noch viel interessanter. Doch alles zu seiner Zeit.
Der Zeitpunkt der Wehrpflicht ist gut gewaehlt. In Europa bricht ein Krieg aus und in weiser Vorraussicht der Besetzung Ostpolens ruestet sich die Sowjetunion zum Schlag den sie sechs Wochen spaeter auch ausfuehrt. Halt, sie hatte keine sechs Wochen gewartet! Das ist seltsam. Wie lange dauert die Grundausbildung bei deutschen Rekruten? Wie schnell wuerden sie einen neu ausgehobenen Verband mit einem Offensivauftrag, ja, generell einen Kampfauftrag, betrauen? Sieben Tage? Vierzehn? Drei Wochen? Vier? Fuenf?
Machen wir uns nichts vor, neue Verbaende wirft man nicht sofort mit ins Gefecht. Das haben unsere Ahnen schon gelernt und wurde uns als Erbe quer durch die Geschichte gereicht. Der Verband soll ethnisch und regionsbezogen Homogen sein damit sich in ihm eine hohe innere Festigkeit ausbilden kann. Ein gerade ausgehobener Verband besitzt nur eine geringe innere Festigkeit und hat ein hohes Risiko unter harten Schlaegen des Feindes zu zerbrechen. Machen sie sich keine Sorgen, das wissen wir in Russland auch.
Aber warum dann das Einziehen... ? Weil der Zeitpunkt gut passt! Und gleich drei Jahrgaenge auf einmal. Fuer Polen hat es die Rekruten nicht gerbraucht, da steckten die noch in der Grundausbildung. Finnland vielleicht? Zum kleinen Teil ja. Der Finnlandfeldzug war zwar eine dumme Kopfgeburt aus dem Kreml, aber aus den angrenzenden Wehrkreisen wurde auch frisch aufgestellte Verbaende eingesetzt. Das ist wichtig, denn aus den restlichen Wehrkreisen wurden keine Verbaende zur Verfuegung gestellt. Also hatten diese eine andere Aufgabe.
Estland? Gekniffen, Lettland? Gekniffen, Litauen? Gekniffen. Bessarabien und die Nordbukowina? Auch Gekniffen. Braucht man fuer diese schrecklichen sechs Gegner drei Jahrgaenge? Bringt man Sie zum Einsatz? Wo denken Sie hin, natuerlich nicht. Die Sowjetunion ist ja nicht so verrueckt wie das deutsche Reich. Die Sowjetunion nimmt sich jeden Gegner einzeln vor anstatt sich gleich mit halb Europa anzulegen.
Ich stand wieder vor einem Raetsel! Da nimmt man den Wahnsinn auf sich, gleich drei Jahrgaenge auf einmal zu ziehen und dann ist kein Gegner in Sicht der diesen Aufwand rechtfertigt! Also habe ich noch einmal das Gesetz gelesen und meinen Fehler gefunden. Die Sowjetunion hat zwei Jahre, als bis Herbst 1941, Zeit auf den Gegner zu treffen der diesen Aufwand rechtfertigt. Ich lege sogar noch einen drauf, die Sowjetunion muss bis Herbst 1941 auf den Gegner treffen der diesen Aufwand rechtfertigt! Warum? Ganz einfach, im Herbst 1941 kann nur ein Jahrgang gezogen werden! Es sei denn man setzt das Einberufungsalter auf mindestens 16 Jahre herab. Im Herbst 1941 wird die Schlagkraft der roten Armee schneller abnehmen als sie 1939 angeschwollen ist, eine Schlagkraft die man sich ordentlich was hat kosten lassen hat. Drei Jahrgaenge wurden an Waffen und technischen Geraet, zu Zugfuehrern, Pionieren, Panzerfahrern, Richtschuetzen, Scharfschuetzen, Funkern und weiss der Kuckuck was noch alles ausgebildet. Was glauben Sie was das gekostet hat? All die Munition, all das Material, die Schlafplaetze, der Treibstoff, die Truppenuebsungsplaetze, die Manoever und das Essen! Herrgott, all das Essen! Essen ist in der Sowjetunion knapp!
Und wie wollen Sie das ihren Bekannten verkaufen? Wir haben drei Jahrgaenge eingezogen, einfach so. Einfach so? Ja, so richtig gebraucht haben wir die nicht, also einfach so.
Ich bin geneigt den weisen Obersten Sowjet einen Idioten zu schelten, einen Idioten der auf die denkbar duemmste Art und Weise den Wohlstand und den Reichtum meiner Heimat verschleudert! Doch was wenn bis zum Herbst 1941 ein Gegner erscheint der diese Anstrengungen rechtfertigt? Kann man das wissen? Woher will der Oberste Sowjet es wissen? Den Zeitpunkt einer Verteidigung kann doch niemand bestimmen! Richtig, aber den Zeitpunkt eines Angriffs!
Den Zeitpunkt eines Angriffs bestimmt immer der Angreifer! Und jetzt sehen Sie sich noch einmal das Wehrpflichtgesetz von 1939 an. Im Sommer 1941 werden die Rekruten von 1939 ausgebildete Soldaten sein, drei Jahrgaenge in der Zahl und im besten Mannesalter! Was sie haben ist eine echte Kaderarmee die perfekt auf ihr Material eingestellt ist. Und Gedanken um Ihre Entlassung muessen Sie sich auch nicht machen! Im Krieg wird keiner entlassen, da kommt man unter die Erde. Drei Jahrgaenge, zwei Jahre...

Doch weg von der Wehrpflicht, hin zu den Fliegern! Ich mag die Flieger, sie auch? So schmucke Uniformen, ordentlich Sold und den Traumberuf. Flieger wird man Freiwillig! Zur Infanterie wird man geschickt, Flieger kann man werden!
In der Sowjetunion wird man als Flieger in der roten Armee automatisch Offizier! Damit gehen eine Menge Annehmlichkeiten einher. Man entflieht dem Kasernenleben, kriegt doppelt soviel Sold wie der Waffenbruder von der Infanterie und einen Schlips. Ist das nicht toll fuer die 150.000 Piloten die, die Sowjetunion 1940 ausgebildet hat?
Ja, richtig gehoert, 150.000. Das habe ich mir nicht ausgedacht, das steht in der Prawda! Und ausbilden tut man in der Sowjetunion Piloten seit 1931. Offiziell zu Sportpiloten und Freizeitflieger, Segelflugenthusiasten und dergleichen. Das sind natuerlich keine vollwertigen militaerischen Piloten, aber es erinnert mich an ein anderes Land das in den dreissiger Jahren viele Freizeit- und Segelflugsportclubs unterhielt und daraus eine formidable Luftwaffe geformt hat.
Aber mit den Segelfliegern will ich mich nicht aufhalten, zurueck zu unseren 150.000 Piloten aus dem Jahre 1940. Die haben 1937/-38 die Offizierslaufbahn ergriffen und stehen jetzt vor dem Abschluss. Die 37'ger haben ihn sogar schon hinter sich, aber sie sind noch da. Warum? Nun, man hat das Gesetz geaendert. Statt drei Jahre dient man nun vier Jahre in der Militaerfliegerei und wieder leuchtet das Jahr 1941 am Horizont auf!
Aber es kommt noch besser! Die 150.000 Piloten werden gar nicht Offiziere! Sie bleiben Sergeanten! Das schafft der Sowjetunion eine Menge Probleme vom Hals. Man muss zum Beispiel keine 150.000 Wohnungen aus dem Boden stampfen! Auch spart man sich 150.000 Uniformen aus edlen Stoffen und den Sold. Sparsamkeit ist geboten!
Fassen wir also zusammen. Der sowjetische Schulbetrieb spuckt 1940 150.000 fertige Piloten als Sergeanten mit vierjaehriger Dienstzeit aus, die man mit dreijaehriger Dienstzeit und dem Versprechen Offizier zu werden angelockt hat. Wie ist es wohl um die Moral dieser Maenner bestellt? Bedenken Sie das 1938 noch keine Wehrpflicht bestand und viele junge Maenner auch eine andere Laufbahn ergriffen haben. Deren Leben steht auf einem festen Boden, wohingegen unsere wackeren Piloten zwar fliegen koennen aber keinen Arbeitgeber haben der mit ihren Talenten etwas anfangen kann. Piloten werden in der Sowjetunion nicht gebraucht. Gleichwohl spuckt der Schulbetrieb Unmengen an weiteren Piloten aus!
Halt, Halt, dafuer gibt es jetzt keinen Nachschub mehr werden sie ausrufen. Nun wissen ja alle das sich das Flieger werden nicht lohnt. Unsere wackeren Sergeanten werden sich herzlich beim Staat bedanken und jedem mitteilen was ihnen widerfahren ist. Stimmt, aber auch dafuer hat der Oberste Sowjet eine salomonische Loesung gefunden. Wir haben jetzt Wehrpflicht und am 7. Dezember 1940 wurde die Zwangsrekrutierung zu den Fliegerschulen eingefuehrt. In der Sowjetunion wird man jetzt Pilot!
Nun werden Sie einwenden das man so etwas nicht machen kann. Einmal in der Luft ist der Pilot frei wie ein Vogel und es steht ihm frei da zu landen wo es ihm beliebt. Dem widerspreche ich nicht, moechte aber einschraenken, das dies sich nur lohnt wenn man einen Verteidigungskrieg fuehrt. In einem Angriffskrieg hingegen laeuft man Gefahr innerhalb weniger Tage wieder von den eigenen Truppen eingesammelt zu werden. Und was der NKWD mit Leuten macht die unseren weisen Obersten Sowjet nicht moegen... nun das will ich nicht weiter ausfuehren.
Aber noch einmal zurueck zum großen Ganzen. 1940 werden 150.000 Piloten ausgebildet und sitzen bis Herbst 1941 in der roten Armee fest. Der Ausbildungsbetrieb laeuft derweil weiter und ist sogar noch beschleunigt worden. Statt zwei Jahre Pilotenausbildung geht das nun auch in einem Jahre, oder gar sechs Monaten. Das heißt 1941 wird der Jahrgang 1939 und 40 auch noch in den Kasernen landen. Da wird es aber eng was? Machen Sie sich keine Sorgen... nein, keine salomonische Loesung. Diesmal nur Verstand.
Stellen wir uns doch mal vor wir sind Besitzer einer Gefluegelmastanlage und produzieren jedes Jahr 150.000 Schlachthaehnchen. Ob es viel oder wenig ist, interessiert nicht. Wir machen das Jahrein, Jahraus. 150.000 Schlachthaehnchen, jedes Jahr. Wir muessen uns der Frage zuwenden, was machen wir damit? Wir denken ueber den Absatz der produzierten Ware nach, sonst haben wir ueberfuellte Kuehlraeume und sitzen alsbald auf einer Handfesten Ueberproduktion fest, wie es bei Kapitalisten durchaus des oefteren vorkommt. Das kann in der Sowjetunion nicht passieren, da gibt es keine Kapitalisten, die hat man umgebracht. Dort herrscht Planwirtschaft, dort ist der Absatz von vorn herein einkalkuliert.
Scherz beiseite, in der Sowjetunion werden 150.000 Piloten ausgebildet und die Produktionskapazitaet steigt. Ich weiss zwar nicht was man mit all diesen Piloten macht, sie vielleicht, aber ich kenne jemanden der ganz bestimmt weiss was er mit all diesen Piloten, und auch den Traktoristen, vorhat. Aber der spricht nicht mit mir, der weise Oberste Sowjet.
Also muessen sie selbst darauf kommen wozu man all diese Spezialisten braucht.

Damit moechte ich dann auch meine Ausfuehrungen zur Mobilisierung beenden. Nicht weil es keine Themen mehr gibt, nein, sondern weil ich noch zu etwas Handfesterem kommen moechte. Außerdem wuerde es dann etwas sehr speziell und sie koennten meine Ausfuehrungen nicht mehr in den oeffentlich zugaenglichen Quellen pruefen. Das naechste Thema ist die strategische Ausrichtung der roten Armee.“
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 10. Februar 2014 21:24

Ein voller Beutel tut nicht weh...

Doch noch ehe der Mann fortfahren konnte fuhr ihm Generalstabschef Beck dazwischen: „Oberstleutnant, ich glaube kaum das Sie uns noch etwas brauchbares mitzuteilen haben!“. „Oh mitnichten, es gibt da sogar noch sehr viel zu berichten...“ war die eher lapidare Antwort, doch davon ungeruehrt mahnte Beck weiter: „Ich habe ihre Argumentationsline erkannt Unser! Sie klauben sich ein paar Zahlen zusammen, zitieren mutwillig aus einem sowjetischen Schmierblaettchen und bauen hier einen gewaltigen Popanz auf um damit einen Krieg herbei zu palavern. Sie, und nur Sie sind es hier mit ihrem Geschwafel der, den drei eingezogenen Jahrgaengen, einen Gegner von Format schaffen will. Doch nichts von dem was Sie hier erzaehlen ist mir neu. Unsere Abwehr dreht nicht den ganzen Tag Daeumchen! Die rote Armee steht nicht mit dem Messer zwischen Zaehnen an unsere Grenzen!“.
Der Angesprochenen verzog daraufhin ein wenig die Miene, so als wolle er das Gesagte verarbeiten. Aber noch bevor er die noetige Theatralik einstreuen konnte holte er zum Gegenschlag aus: „Sie haben Recht! Sie haben sogar absolut Recht! Die rote Armee steht nicht mit dem Messer zwischen den Zaehnen an unserer Grenze. Das wuerde uns ja aufschrecken! Gleichwohl, es macht mich traurig das sie meine Ausfuehrungen so deuten als wolle ich einem Kriege das Wort reden. Wie Eingangs erklaert versuche ich nur wiederzugeben. Die Schluesse die Sie daraus ziehen liegen allein in Ihrer Verantwortung!“.
Der Generalstabschef ließ jetzt von einer Erwiderung ab und sah genervt zu Generaloberst Fritsch herueber. Doch dieser winkte, mit einer Geste die sich wie ein: „Lass ihn quasseln“ deuten ließ, ab und sagte anschließend leise: „Fahren Sie fort.“.

Der Oberstleutnant bedankte sich artig, wandte sich dann wieder seinem Publikum zu und fuhr dann fort als haette es die Unterbrechung nie gegeben: „Meine Herren, Sie alle wissen das die Sowjetunion friedliebend ist. Vom Enfant terrible unter Lenin hat sie sich zum gern gesehen diplomatischen Gast unter Stalin gemausert. Die Sowjetunion will nicht laenger der Schrecken seiner Nachbarn sein und deshalb hat man auch solche Gestalten wie Trotzki außer Landes gedraengt. Der hatte irgendwie den Schuß nicht gehoert... .
Aber jetzt ist die Sowjetunion friedliebend! Was hoer ich da? Polen? Also... da sprang man seinen polnischen Bruedern bei um sie vor dem deutschen Joch zu retten. Wirklich... steht sogar so in der Prawda. Das war gelebte Verteidigung! Vorwaertsverteidigung sozusagen. Finnland wollen wir nicht vergessen sagen Sie? Aber, aber, das hat die Sowjetunion ja provoziert. Mit Grenzzwischenfaellen! Mut haben die Finnen, das muss man Ihnen lassen. Mut der fast schon an Dummheit grenzt. Estland, Lettland, Litauen, Bessarabien und die Nordbukowina sagen Sie? Nun werden Sie mal nicht kleinlich, wenn die Sowjetunion nicht friedliebend ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Also so ein friedliebendes Land wie die Sowjetunion, das erklaertermaßen nicht in den europaeischen Konflikt hinein gezogen werden will, hat natuerlich erhebliche Verteidigungsbemuehungen auf sich genommen. Von diesen moechte ich nun berichten.
Zuerst ein kleiner Blick in die deutsch-sowjetische Vergangenheit. Wie manche von Ihnen sicher wissen gab es bis 1933 eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen der Reichswehr und der roten Armee. Bei dieser Zusammenarbeit durfte die Reichswehr all das nutzen was man ihr im deutschen Reich untersagt hatte. Jagdflieger, Panzerwagen, schwere Artillerie, Flugzeuge, Manoeverplaetze... wir bekamen von den Sowjets alles. Und Sie? Sie bekamen von uns Erfahrungen, nahmen an den Manoevern teil und lernten. Ich denke es hat sich fuer beide Seiten gelohnt. Sogar fuer mich hat es sich gelohnt, obschon ich nicht dabei sein durfte. Ich konnte naemlich die Handschrift der russischen Armee in der neuen, roten Armee wiederfinden. Mehr noch wuerde ich sagen das die russische Armee in der roten einfach aufgegangen ist. Natuerlich hat der Buergerkrieg auf die Kommandeure und die Felddienstordnung abgefaerbt, aber das allgemeine Defensivkonzept ist geblieben. Dieses Defensivkonzept beinhaltet zum Beispiel den exzessiven Gebrauch von Sicherungsstreifen. Dabei handelt es sich um ein defensives Konzept bei dem eine gegnerische Streitmacht einen Sicherungsstreifen, welcher mit Sperranlagen gespickt ist und von leichten, schnellen Verbaenden verteidigt wird, durchbrechen muss. Nachdem der Gegner dann im Schweiße seines Angesichts diesen Sicherungsstreifen durchbrochen hat, darf er sich anschließend mit der Hauptstreitmacht umher balgen. Seinen Schwerpunkt hat der Angreifer damit unweigerlich verraten... .
Wirklich neu ist das aber nicht. Die slawischen Voelker haben dieses Konzept schon seit dem Mittelalter exzessiv angewandt. Im 16. Jahrhundert gab es in Russland Sperrzonen von ueber 1500 km laenge und einer Tiefe von wenigen Metern bis zu 60km. Aufgrund der Weite des russischen Raumes ist das ganze auch problemlos machbar. Ich moechte damit betonen, das diese Art Sperranlagen zu dem historischen Erbe Russlands und somit auch der Sowjetunion gehoeren. Das diese Art Sperrzone durchaus auch heute noch praktikabel ist hat die sowjetische Militaerfuehrung waehrend des finnisch-sowjetischen Krieges erfahren muessen. Seitens des finnischen Militaers ist uns bestaetigt worden, das der finnische Sicherungsstreifen vor der eigentlichen HKL 40-60km tief war. Dieser Streifen war gespickt mit Minenfeldern und Sperranlagen, waehrend Scharfschuetzen, Pioniere und mobile Abteilungen aeußerst aktiv operierten. Die rote Armee hat zur Bewaeltigung des Sicherungsstreifens 25 Tage gebraucht und einen enormen Blutzoll zu entrichten gehabt. Sie ist sich also darueber im klaren wie wertvoll ein gut ausgebauter Sicherungstreifen ist. Wir wissen weiterhin auch das die rote Armee ihre Sicherungsstreifen bis 1939 exzessiv weiter ausgebaut hat. Alles was westlich des Sicherungsstreifens lag und dem Gegner irgendwie von Wert sein konnte wurde zudem zur Sprengung vorbereitet.
Mit der Besetzung Ostpolens hat die Sowjetunion nun Territorium, von einer Gesamttiefe die sich bei 200-300km bewegt, hinzu gewonnen. Was fuer ein unglaublicher Grund zur Freude! Dieses ganze, neue Territorium kann nun in das Verteidigungskonzept eingearbeitet werden!
Im Winter desselben Jahres hat man in Finnland noch einmal der Wert eines solchen Sicherungsstreifens zu spueren bekommen. Was hat die Sowjetunion nun bezueglich ihrer Sicherungsstreifen getan? Keineswegs nichts, im Gegenteil sie beseitigt derzeit die frueheren Sicherungsstreifen. Die Sprengkommandos in den Vorraeumen sind ebenso aufgeloest wie die kleinen mobilen Verbaende. Die Minen werden seit Ende 1939 ausgebuddelt, die Durchfahrten und die Transportkapazitaet erhoeht.

Jenseits der Sicherungsstreifen liegt die Stalin Linie. Diese erstreckt sich entlang der alten sowjetischen Grenze, vom finnischen Meerbusen bis zum schwarzen Meer. Der genaue Verlauf ist uns zwar nicht bekannt, aber wir wissen das sie immer ein essentieller Bestandteil der Fuenf-Jahres Plaene war und selbst 1938 noch weiter verstaerkt werden sollte. Es wurden bis 1939 ueber 1000 weitere Gefechtsanlagen errichtet. Doch im Herbst ergeht ein Befehl, die Bauarbeiten an der Stalin-Linie einzustellen, die vorhandenen Waffen zu demontieren und die Garnisionen der Stalin-Linie zu reduzieren. Im Fruehjahr 1940 wird das ganze noch verschaerft. Die Kampfeinheiten der befestigten Raeume werden aufgeloest, die Gefechtsanlagen und Sperren werden zugeschuettet oder gar gesprengt. Im Sommer 1940 beginnen dann die Bauarbeiten an einer neuen Kampf-Linie und das Tag und Nacht, bei hellstem Scheinwerferlicht. Deutsche Grenzsoldaten koennen derzeit den Sowjets dabei zuschauen wie sie an einigen ausgewaehlten Orten Befestigungsanlagen bauen.
Ich bin zwar kein Befestigungsexperte, aber wenn ich Verteidigungsanlagen bauen wuerde, dann wuerde ich es so tun das Unbefugte mir NICHT dabei zusehen koennen. Dann geht ja der Ueberraschungseffekt dahin und der Gegner kann sich auf die Ausschaltung dererlei Befestigungen einstellen. Nicht so die Sowjetunion, sie baut die Verteidigungsanlagen so offensichtlich als wolle sie uns sagen: „Seht, wir bauen Verteidigungsanlagen, seht genau her.“
Desweiteren ist mir unverstaendlich warum man vorher die alten Befestigungsanlagen nicht nur Unbrauchbar macht, nein sondern sie sogar zerstoert. Ich meine das es nie zu viel an Schutz geben kann. Werfen wir einen Blick auf eine beliebige Burganlage. Im Zentrum steht ein Turm aus dem 11. Jahrhundert, umgeben von Mauern aus dem 13. und Tuermen aus dem 15. Jahrhundert. Rundherum wieder Bastionen aus dem 18. und schließlich Forts aus dem 19. Jahrhundert. Dazu dann noch Wassergraeben, Erdwaelle Schanzanlagen und so weiter. Niemand war bisher auf die Idee verfallen, beim Bau einer neuen Verteidigungsanlage die Alte zu vernichten!“


Bild

„Ein voller Beutel tut nicht weh und ueberfluessige Mauern kann es in einem Verteidigungsfalle gar nicht geben, je mehr, desto besser, lieber zuviel als zu wenig. Generalmajor Nachtwandler, sie wohnen ja in Stralsund, erklaeren sie mir wie sieht es da bei Ihnen mit den Wehranlagen aus?“
.
Jetzt war ich ehrlich ueberrascht. Warum zum Teufel sprach er mich an? Wollte er mich aus der Reserve locken? Konnte er etwa wissen das ich auf Fritsch seiner Abschussliste ziemlich weit oben stand? Ich spaehte zu Fritsch herueber, doch der hatte seinen Blick fest auf den Oberstleutnant gerichtet. Also nahm ich mir die Freiheit heraus zu antworten und schwenkte wieder zu Unser, aber in dem Moment wurde mir bewusst das ein Schatten ueber sein Gesicht huschte. Er hatte meinen Blick zu Fritsch registriert und ich konnte in seinen Augen erkennen das es in Ihm arbeitete. Sein Verstand versuchte jetzt diesen Blick zu deuten.
„Nunja, der Festungsstatus der Stadt ist aufgehoben worden, die Torwerke und ein paar Stadttore sind abgerissen worden. Aber der Großteil der Wehranlagen existiert noch, wurde aber teilweise zu Wohnungen umgebaut. Die Seen die die Stadt umgeben existieren auch noch. Diese waren integraler Bestandteil des alten Wehrkonzeptes, da man so moegliche Angriffe auf einige wenige Punkte lenken konnte.“.
Der Oberstleutnant nickte leicht und bohrte weiter nach. Ich musste auf der Hut sein. „Die Torwerke existieren nicht mehr, aber die Tore sind noch da? Was ist mit den Bastionen?“ „Die Torwerke wurden nach Aufhebung des Festungsstatus geschleift weil sie dem Verkehrsaufkommen nicht mehr gerecht wurden. Die Stadttore befanden sich hinter den Torwerken und sind teilweise eben noch intakt. Die Bastionen existieren alle noch, wurden aber teilweise bebaut bzw. bewaldet.“. „Wie hat man die Wehranlagen vor Aufhebung des Festungsstatus damals erweitert? Wurden die alten Wehranlagen zerstoert und neue aufgebaut?“ fragte er mich nun und ich konnte seine Angriffslust geradezu spueren. Die Frage war dermaßen bescheuert das man in diesem Kreise nur eine provozierende Antwort vom Stapel lassen konnte. Aber ich musste ruhig bleiben, eine Provokation wuerde mehr auf mich zurueck fallen als auf Ihn. Zudem war es wohl seine Art den Zuhoehrer zu Schluessen kommen zu lassen. Getreu dem Motto: Schau, wessen geistes Kind du bist.
„Nein, die neueren Wehranlagen wurden vor die Alten gebaut. Teile der vorhandenen Stadtmauer datieren bis in das 12. Jahrhundert zurueck. Die Stadt wurde zwischenzeitlich auch ein paar Mal erweitert, dabei wurden erst die neuen Wehranlagen fertig gestellt und anschließend Wehranlagen im Inneren der Stadt zurueck gebaut um mehr Wohnraum zu erhalten.“ „Aber die Wehranlage wurde immer so intakt gehalten das ein aeußerer Feind nicht einfach eindringen konnte?“ „Ja.“ „Danke.“.

Bild

Unser laechelte mich kurz vergnuegt an ehe er fortfuhr. „Nach meinem Verstaendniss kann es keine ueberfluessigen Verteidigungsanlagen geben und ebensowenig veraltete. Dem Soldaten faellt es leichter, sich in einer Festung aus dem 19. Jahrhundert oder jedem beliebigen verflossenem Jahrhundert zu verteidigen als im freien Felde. Steht dem Soldaten keine Festung zur Verfuegung, wird er sich leichter in einem gemauertem Haus verteidigen als dort wo es keine Haeuser gibt. Im Abwehrkampf nutzt der Soldat jeden Graben und jeden Granattrichter, um diese in eine uneinehmbare Festung zu verwandeln. Warum sollte man also die Stalin-Linie zerstoeren? Bei Nichtgebrauch die Besatzung reduzieren, gut, das verstehe ich, aber zerstoeren? Vielleicht wirklich nur dann, wie der Generalmajor sagt, wenn die Gefechtsanlagen einer anderen Nutzung im Wege stehen.“.
Danke, jetzt war ich mittendrin statt nur dabei. Seine Falle war schon viel frueher zugeschnappt.

„Doch es geht noch weiter... „
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 24. Februar 2014 23:43

Neue Verteidigung


„... waerend unser wehrtechnischen Zusammenarbeit wurden klare Beweise dafuer geliefert, dass der Partisanenkrieg fuer die Sowjetunion ein integraler Bestandteil der Landesverteidigung ist. Das wird uns nicht in Erstaunen versetzen, schließlich haben die Russen damit im Buergerkrieg ihre Erfahrungen gemacht und wir im Zuge der innerdeutschen Unruhen die unsrigen. Ich brauche hier nicht die Grundlagen zu erlaeutern, aber wir wissen dass, der Gegner durch Partisanenaktivitaet gezwungen ist Truppenteile zur Bekaempfung derselben abzustellen. Das hat auch Ihr Clausewitz schon verstanden. Diese abgestellten Truppen fehlen im Kampf gegen die gegnerische Hauptstreitmacht. Dazu kommt dass, der Nachschub behindert wird und die Logistik im ganzen darunter leidet. Schließlich muessen auch die Soldaten im Hinterland mit Verpflegung, Ersatz und anderen Koestlichkeiten bedacht werden. Nun wollen wir unseren Frontmuschkoten ja aber auch nicht allein ins Feld schicken. Also herbei mit der Artillerie, herbei mit Panzerwagen und Luftwaffe... all das muss unterhalten und auch geschuetzt werden. All das fehlt da wo es dringender gebraucht wird.
Fuer den Verteidiger ist der Partisanenkrieg im Hinterland des Gegners also ein Vorteil. Diese Binsenweisheit ist auch den fuehrenden Koepfen der roten Armee bekannt. Es gab daher bis Ende 1939 in Westrussland auf Partisanenkrieg geschulte Verbaende, deren Aufgabe es war sich ueberrollen zu lassen und danach Verwirrung zu stiften. Eigens dazu wurden Depots, Versorgungslager etc. pp. angelegt aus denen sich die Partisanen dann versorgen sollten. So gesehen sollte nichts dem Zufall ueberlassen werden. Dieses Partisanensystem ist seit dem Herbst 1939 nicht mehr existent. Die Depots wurden aufgeloest und Teile des Personals zum NKWD versetzt. Partisanen werden offensichtlich nicht mehr gebraucht. Mich wundert das. Aber ich wundere mich ja ueber vieles... .“


„Generaloberst von Rundstedt, bitte verzeihen Sie, aber ich moechte eine Frage an Sie richten. Wozu brauchen sie Eisenbahnminen?“ Der Generaloberst schien ob dieser Frage nicht sonderlich ueberrascht, statt dessen antwortete er nur knapp: „Fuer die Verteidigung.“. „Soso... verzeihen Sie meine Nachfrage, aber was kann man den Dingern machen?“ „Gleiswege auf einem Rueckzug sprengen und so fuer den Gegner unbrauchbar machen.“ „Wenn man keine Pioniere hat sicher eine gute Option. Waere es aber nicht viel besser wenn man diese Dinger, als Partisan, einer wichtigen Eisenbahnstrecke, auf der die Versorgungszuege des Gegner rollen, unterwuchtet?“ „Das waere der Hauptgewinn, aber so etwas gibt es im Kriege nicht oft.“ „Da haben Sie Recht Generaloberst, aber nur ein Coup dieser Art wuerde die feindlichen Logistiker und Strategen aufschreien lassen. Denken Sie nur an die Folgen und Moeglichkeiten. So eine Mine ist ein wunderbarer Kamerad. Sie frisst kein Brot, nimmt kaum Platz weg, hat auch nichts dagegen mal eine Weile allein irgendwo vor sich hin zu stauben und das Ende unserer Freundschaft naht erst wenn wir sie irgendwo scharf machen. Danach wartet das gute Stueck auf ihre Stunde. Generaloberst, wuerden sie auf Eisenbahnminen in der Verteidigung verzichten wollen?“ „Nein.“ „Danke Herr Generaloberst.“.
Unser schien gluecklich ob dieser Antwort, setzte ein gewinnendes Laecheln auf und erklaerte, fast selbstzufrieden: „Ich bin jetzt beruhigt. Meine russischen Brueder in der roten Armee sehen das naemlich ganz genauso. Also haben sie, kurz nachdem sich die zu verteidigende Grenze auf wundersame Weise gen Westen verschoben hat, 120.000 Eisenbahnminen angefordert. Man bereitet sich also intensiv auf die Verteidigung vor moechten Sie ausrufen? Aber ja doch, sicherlich, aber auf eine andere Art der Verteidigung. Eisenbahnminen spielen darin keine Rolle. Bekommen haben die westlichen Militaerbezirke naemlich nur 120 Minen. Mehr gibt’s auch nicht, die Sowjetunion hat die Produktion von Eisenbahnminen eingestellt. Schoene neue Zeit.“

„Aber ich sprach ja von Verteidigung. Offensichtlich bedarf die rote Armee keiner Minen mehr in der Verteidigung. Auf was setzte sie also dann? Klare Antwort: Panzer!“ stellte unser umtriebiger Oberst noch fest, bis sogleich wieder ein Dia auf die Projektorflaeche geworfen wurde.

Bild


„Betrachten wir also dieses Schmueckstueck. Was wir hier sehen ist ein BT-2 Panzer, inklusive zweier Besatzungsmitglieder die uns entgegen stieren. Ich sage es Ihnen gleich, das Ding ist inzwischen veraltet und hat bereits einen Nachfolger bekommen. Dennoch habe ich dieses Bild ganz bewusst gewaehlt, denn es zeigt ein paar sehr wichtige Details die in die weitere sowjetische Panzerentwicklung eingeflossen sind.
Betrachten sie das Bild genauer, nehmen sie sich Zeit. Sehen sie die formschoene, angeschraegte Frontpanzerung? Welche Vorteile eine schraege Panzerung bietet ist auch ihren Konstrukteuren inzwischen bekannt. Aber noch haben sie kein vergleichbares Gefechtsfahrzeug in die dieses Wissen eingeflossen ist. Aber machen sie sich keine Sorgen, das kriegen sie auch hin. In zwei, drei Jahren werden sie etwas vergleichbares vorzuweisen haben.
Doch mir faellt noch mehr auf... sehen sie das Laufwerk. Da fehlt die Kette! Ja, stimmt aber die hat niemand vergessen. Das muss so, dazu komme ich aber noch. Faellt ihnen nicht etwas anderes auf? Herr Nehring? Herr Guderian? Ich bitte Sie... vorne ist keine Antriebsrad! Wissen sie was das bedeutet, klar jetzt geht es ihnen wie Schuppen von den Augen. Dieser Panzer hat Motor und Getriebe sinnvoll und logisch angeordnet an einem Platz. Naemlich am Heck. Das haben die deutschen Konstrukteure noch nicht einmal in ihre Ideensammlung aufgenommen.
Nun mag der eine oder andere fragen warum das so schlimm ist. Nun, sind Motor und Getriebe getrennt angeordnet, also Heck und Front, so muessen sie mit einer kraftschluessigen Verbindung miteinander verbunden sein. Das hierzu notwendige Teil nennt sich Kardanwelle. Dieses Ding quert einmal den ganzen Panzer in seiner Laenge, es ist lebenswichtig fuer die Mobilitaet eines Panzers. Mit einer defekten Kardanwelle bewegt sich unser edles Gefaehrt nicht. Wo werden wir es also anordnen? Innen wo es durch den Schutz der Panzerung profitieren kann oder außen wo es feindlichem Beschuss und dem Unbillen der Landschaft ausgesetzt ist?
Dumme Fragen sagen Sie, Innen natuerlich. Gute Idee, wenn wir die Kardanwelle aber innen anordnen koennte uns der Fahrer aber nicht wie auf diesem Bilde entgegen grinsen. Sie wuerde mitten durch seinen Unterleib hindurch fuehren. Wir muessen seinen Sitzplatz also zur Seite verlagern. Na denn machen wir das eben... aber in diesem Panzer ist nicht viel Platz. Wir muessen ihn also breiter machen.
Gut, machen wir ihn eben breiter... aber ach, schon wird das Ding schwerer, es wird langsamer, es benoetigt mehr Treibstoff und auch unsere Kardanwelle muss an das neue Gewicht angepasst werden. Die Kardanwelle muss eine Menge aushalten. Zehn Tonnen Stahl muessen sofort beschleunigt und abrupt abgebremst werden. Die darf dabei nicht brechen. Wenn es aber mit einem Male zwanzig Tonnen Stahl sind? Dann muss die Kardanwelle angepasst werden, sie wird staerker, schwerer, der Innenraum verringert sich, der Panzer wird breiter, er wird schwerer... ein Teufelskreis. Ich will die deutschen Ingenieure nicht schelten. Sie haben die Kardanwelle als Antrieb auserkoren und meisterhaft in ihre Panzer integriert und ihre Ingenieure machen die Panzer auch nicht breiter, sie machen sie hoeher. Gehupft wie gesprungen an der Panzerung darf trotzdem nicht gespart werden und ihre Panzer werden unverhaeltnismaeßig schwerer. Die Reichweite verringert sich und sie fressen mehr Treibstoff... Treibstoff ist knapp im deutschen Reich. Kurz, ich halte ihre Kardanwelle fuer einen Fehler, einen Fehler den sie kurzfristig nicht beseitigen koennen. Alle ihre zukuenftigen Panzerentwuerfe basieren auf der Kardanwelle, das koennen sie nicht so einfach umstoßen. Sie muessen den Weg weitergehen.
Die rote Armee besitzt Panzer ohne Kardanwelle. Mehr noch, sie hat Panzer ohne Kardanwelle zum Grundprinzip ihrer Panzerwaffe erhoben. Aber ich will ihnen keine Vorwuerfe machen. Die rote Armee hatte auch viel mehr Zeit mit Panzern herum zu experimentieren. Sie hingegen mussten mit ihren Experimenten, Panzer I und II ins Gefecht ausruecken. Man hat ihnen einfach keine Zeit gelassen.“


Bild


„So, hier gibt’s nochmal einen BT-2, diesmal mit Kette und einem Panzeranklopfer im Turm. 37mm Kanone, bei Ihrer Truppe seit dem Frankreichfeldzug nicht gerade wohl gelitten. Fuer ihre Panzer reichen 37mm aber immer noch. Der BT-5 hat bereits eine 45mm Kanone im Turm. Was das fuer ihre Panzer bedeutet will ich nicht ausfuehren.
Doch kommen wir zum Namen, der BT-Serie. BT steht fuer Bystrochodny Tank, uebersetzt Schnellpanzer. Generalmajor Guderian, sie kennen diesen Panzer schon denke ich.“
Guderian betrachtete das Lichtbild einen Moment lang und antwortete. „Ich habe ihn Brest-Litowsk bei den russischen Trruppen gesehen.“. Das schien Unser aber nicht zu beeindrucken, da er umgehend nachlegte: „Ja, aber sie haben ihn auch schon einmal frueher gesehen. So 1933 in der Lokomotivfabrik „Komintern“ in Charkow?“.
Guderian zog mit einem Male die Stirn in Falten, betrachtete Unser als haette er soeben etwas ausgeplaudert das er lieber unterlassen haette und sagte dann etwas angesaeuert: „Ja, das stimmt, die wurden da in einer Nebenfertigung am Fließband hergestellt.“ „Das stimmt, an dem Tage als sie das Werk besichtigten wurden 22 Stueck produziert. So haben sie es in ihrem Bericht vermerkt. Der BT von damals ist inzwischen schon weiter entwickelt worden, wie genau die Produktion seit dem verlief kann ich nicht sagen, aber ich schaetze, dass die Russen derzeit 3000 Stueck davon Einsatzbereit haben. Rechnerisch viel zu wenig. 22 Panzer am Tag x 300 Tage x 6 Jahre macht die unglaubliche Anzahl von 39600 Stueck. Diese Zahl halte ich aber wie gesagt fuer unwahrscheinlich, bis zum Beweis des Gegenteils.
Doch kommen wir noch einmal zum Laufwerk. Auf diesem Dia hat unser BT Socken an, also er hat eine Kette auf dem Laufwerk. Auf dem ersten Bild fehlte das Detail noch. Ich sagte das die sowjetischen Ingenieure da keinen Fehler gemacht haben.Wie komme ich auf das schmale Brett? Die Leistungsdaten sind der Schluessel.
Der BT kann auf Straßen eine Geschwindigkeit von bis zu 80 kmh erreichen. Belegt sind derzeit 73 kmh, aber die Sowjets haben inzwischen neuere Motoren mit hoeherer Leistung montiert. Die hohe Marschgeschwindigkeit auf Straßen erreicht der Panzer dadurch, dass die Ketten abgeworfen werden koennen. Er faehrt dann auf den Laufrollen, die wie Raeder einen Gummiueberzug haben, weiter. Die Kette ist Mittel zum Zweck. Wie bei einem Fallschrimjaeger. Der wirft nach der Landung den Schirm auch ab. Warum? Weil er nur noch stoert.
Ich fasse das noch einmal zusammen, der Panzer ist auf Straßen sehr schnell und wenig, er hat eine duenne Panzerung aber eine gute Hauptbewaffnung. Generalmajor Guderian wofuer wuerden sie diesen Panzer einsetzen?“
. Guderian ließ sich mit der Antwort keine Zeit. „Fuer die Offensive. Nach einem erfolgreichen Durchbruch kann man weit in den gegnerischen Raum hinein stoßen.“ „Danke.“.
Oberstleutnant Unser warf noch einmal einen Blick auf den BT Panzer und fuhr fort: „Wie Generalmajor Guderian ueber dieses Gefaehrt denkt wissen wir. Ich frage mich nun ob unsere Strategen in der roten Armee anders denken. Mehr noch, koennen sie ueberhaupt anders denken? Im englischen gibt es einen schoenen Spruch, form follows function. Die Funktion bestimmt das Aussehen. Wir koennen einen tollen Sportwagen bauen und Geschwindigkeitsrekorde brechen aber dennoch werden wir uns damit im naechstbesten Kartoffelacker festfahren. Anders herum kommen wir mit einem Traktor ueberall hin, aber niemals zum Geschwindigkeitsrekord. Diesen BT-Panzer ereilt ein aehnliches Schicksal. Er ist seine sehr interessante Offensivkonstruktion, hat aber einen klitzekleinen Haken. Er ist auf sowjetischen Territorium nicht einsetzbar.“.
Gemurmel machte sich nun breit, doch Unser ging sogleich dazwischen: „Meine Herren, ich bin noch nicht fertig. Dieser Panzer ist fuer einen Krieg auf Straßen konstruiert worden. Mir ist aber nicht bekannt, das die Sowjets ihr Gelaende einbetoniert haetten. Also muss man die Panzer da einsetzen wo Straßen sind.“.

Wieder machte er eine kleine Kuenstlerpause und redete anschließend weiter: „Der finnische Generalstab hat es uns ermoeglicht einige Feldstudien an einem BT-Panzer durchzufuehren. Außerdem wurden uns Gefechtsberichte ueber diesen Panzer zugaenglich gemacht. Tenor daraus ist, das der Panzer im offenen Gelaende, also mit Ketten, nur solange brauchbar ist wie es einen trockenen, ebenen Untergrund gibt.“. „Das gilt im uebrigen fuer alle Panzer.“ merkte Guderian kurz an, woraufhin der Oberstleutnant entgegnete: „Ja, aber es geht mir um etwas anderes. Generalmajor von Manstein, sie haben im ersten Weltkriege an der Ostfront gedient?“ „Ja.“ „Wie ist der Boden da so in der Tauwetterperiode oder wenn es regnet?“ „Zu weich. Man versinkt foermlich im Boden. Fortbewegung ebenda erinnert eher an waten als an gehen.“ „Danke.“.
Von Manstein nickte kurz und lehnte sich zurueck als ahnte er was nun kommen wuerde. „Der Boden ist zu weich und feucht ist es in Russland auch haeufig. Wenn Gummi nass wird rutscht Metall darauf, da die Metalloberflaeche zu glatt ist. Gesellt sich Schlamm dazu haben sie faktisch Seifenlauge auf den Laufrollen und die Ketten springen von selbst ab. Das ist den Sowjets in Finnland immer wieder passiert. Die Ketten springen im Gelaende ab, die Raeder drehen durch der Panzer sitzt fest und verliert seine Mobilitaet. Den Rest besorgt dann die Artillerie oder die Luftwaffe. Aehnliches ist den japanischen Berichten vom Zwischenfall am Khalkin Gol bekannt geworden. Dies duerften auch die Strategen der roten Armee erkannt haben, trotz allem verwenden sie ihn ungeruehrt weiter. Haben sie vielleicht nichts besseres? Ich weiß es nicht, die Prawda schweigt dazu. Also ueberdenke ich noch einmal die Konstruktion. Es ist ein Offensivpanzer, ein Offensivpanzer der in Finnland seine Staerken nicht ausspielen konnte. Kein Wunder, da gibt’s nur uralte Birkenwaelder, Findlinge, Seen, Sumpf und Scheiße. Entschuldigung, das Gelaende eignet sich nicht fuer den Einsatz von Panzern und dem da schon gar nicht. Aber was wenn wir das Gefaehrt endlich da einsetzen koennen wo er seine Staerken ausspielen kann? Wo die Merkmale seiner Konstruktion sich voll entfalten koennen? Dieser Panzer will Straßen haben und nicht durch Waelder und Suempfe rumpeln. Nun stellt sich die Frage wo gibt es so viele befestigte Straßen, das sich der Einsatz dieses Panzers wieder lohnen koennte? Und wenn wir wissen das wir bald in so einem Gebiet kaempfen werden warum sollen wir dann nicht an ihm festhalten? Aber diese Fragen beantworten sie sich lieber selbst.“

„Wenden wir uns lieber dem naechsten Thema zu...“
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 17. März 2014 19:46

Von goldenen Armiereisen


„... naemlich meinen geliebten Fallschirmjaegern. Generalmajor Schoerner, sie sind ja Kommandeur der 1. Fallschirmjaeger Division, welchem strategischen Konzept sind die Fallschirmjaeger zuzurechnen? Offensive oder Defensive?“
Schoerner sah ihn mit einem nichtsagenden Gesichtsausdruck an und antwortete, ohne einen Anflug von Emotion in der Stimme: „ Offensive.“. „Aha. Entschuldigen sie die Nachfrage, aber warum?“ „Fallschirmjaeger werden auf dem Luftweg hinter den feindlichen Truppen abgesetzt, nehmen Schluesselpositionen ein und halten diese bis unsere Offensivkraefte am Boden zu ihnen durchstoßen.“. „Sie denken ihnen also die Rolle eines bewaffneten Vorauskommandos zu. Wie steht es mit der Verteidigung?“. „Nichts. Fallschirmjaeger sollen aus Flugzeugen springen, strategische Schluesselpositionen besetzen und so lange halten bis unsere Truppen sich mit ihnen vereinen koennen. Sie sind speziell im Einzel- und Kleingruppenkampf geschulte Soldaten. Ihre Aufgabe ist es nicht die Hauptkampflinie zu durchbrechen, sondern mit den rueckwaertigen Einheiten fertig zu werden.“. „Das sind gewiss gute offensive Eigenschaften, aber es muss doch fuer die Fallschirmjaeger auch eine defensive Rolle geben!“. „Nein! Sie sind fuer einen speziellen Zweck ausgebildete Soldaten, sie in der Verteidigung einzusetzen ist in jeder Hinsicht Verschwendung! Erstens koennen sie ihre speziellen Kenntnisse in der Verteidigung kaum anwenden, zweitens sind sie mit leichteren Waffen als die Infanterie ausgeruestet. Panzerabwehrwaffen haben sie zum Beispiel derzeit gar keine!“.
Jetzt ließ der Oberstleutnant locker, atmete tief durch und erklaerte anschließend mit einem gewissen Groll in der Stimme: „Gut, meine Herren, sie haben es aus berufenen Munde gehoert. Fallschirmjaeger sind fuer die Offensive gemacht. Fallschirmjaeger im Verteidigungsfall als Infanteristen einzusetzen waere dasselbe als wollte man bei einem Bau goldene anstelle von staehlernen Armiereisen verwenden. Gold ist weicher als Stahl. Die Fallschirmjaeger habe keine so schwere und starke Bewaffnung wie gewoehnliche Infanterie, weshalb ihre Widerstandskraft im Verteidigungsfall deutlich niedriger als bei der einfachen Infanterie ist. Zudem waere es viel zu kostspielig, Gold anstelle von Stahl zu verwenden.“.
Generalmajor Schoerner schien mit dieser, zugegebenermaßen interessanten, Erlaeuterung nun aber auch nicht zufrieden zu sein. Er erklaerte wuetend das seine Fallschirmjaeger, unter gleicher Bewaffnung, jeder Infanterie ueberlegen sei. Schon regte sich aus den Reihen der Infanterie erster Widerspruch, doch noch ehe sich eine hitzige Diskussion entwickeln konnte erklang ein schauerhaftes Kratzen im Saal, so dass es einem eiskalt den Ruecken herunter trieb. Oberstleutnant Unser zog seine Fingernaegel ueber eine kleine Schiefertafel und hoerte damit erst auf als wieder Ruhe eingekehrt war. Wie man sich Respekt verschaffte wusste der gute Mann.
„Generalmajor Schoerner, der Wert ihrer Soldaten ist in dieser Debatte hier nicht von Belang. Es geht hier um etwas anderes, naemlich heraus zu arbeiten welcher strategischem Ausrichtung das Konzept der Fallschirmjaeger dient. Das haben sie sehr deutlich gemacht. Offensive, Offensive und nochmals Offensive! Vielen Dank fuer ihre kompetenten Aussagen, ich ziehe sie nicht in Zweifel.“ sagte Unser anschließend und Schoerner stand einen Moment lang der Mund offen. Ob er etwas entgegnen wollte war nicht deutlich zu erkennen, aber aus irgendeinem Grunde zog er es vor zu schweigen. Ob ihm auch aufgegangen war das Unser ihn erfolgreich manipuliert hatte?
„Generalmajor Braeuer, wann wurden die ersten Fallschirmspringer ausgebildet?“ fragte der resolute Oberstleutnant nun nach und als Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Ab 1936.“. „Wie viele Fallschirmspringer hatten sie bei Kriegsbeginn?“. „Ca. 4000 Mann, vollstaendig ausgebildet.“. „HALT! Ich habe gefragt wie viele Fallschirmspringer sie haben, Die Anzahl der Fallschirmjaeger interessiert mich nicht!“. „Na wie sich sagte, 4000 Mann!“. „Sie wollen mir also ernsthaft sagen das die 4000 Fallschirmjaeger auch gleichzeitig ihre Anzahl an aktiven Fallschirmspringern ist?“. „Na selbstverstaendlich. Das mit dem Fallschirm macht die Truppe doch aus!“. „Es kommt Ihnen also nicht in den Sinn das jemand zu seinem Privatvergnuegen mit dem Fallschirm aus Flugzeugen hopsen koennte?“. „Bitte? Wozu? Wer soll das bezahlen?“ entgegnete Braeuer nur noch unglaeubig und schon begann Unser wieder selig zu laecheln: „Danke.“.
Mit eben jenem seligen Laecheln sah er danach wieder in den Saal und begann mit einer seiner monologhaften Ausfuehrungen: „Die Sowjetunion besaß bei Kriegsausbruch ueber eine Million ausgebildeter Fallschirmspringer. Ein guter Stratege wird sich fragen wozu. Auch dafuer liefert uns die Prawda eine zufriedenstellende Antwort: Aus Privatvergnuegen! Gut, Generalmajor Braeuer kann mit dieser Antwort nichts anfangen. Fuer ihn ist es einfach nicht vorstellbar das jemand aus purem Privatvergnuegen aus Flugzeugen springen koennte. Er meint das sei zu teuer. Das will ich nicht bestreiten, fuer das deutsche Reich mag das gelten, aber in der Sowjetunion ist das Privat- zu ein Kollerktivvergnuegen geworden und schon spielen Kosten keine Rolle mehr. Ueberall im Lande hat man Luftfahrtklubs gegruendet wo der gute Sowjetbuerger den Fallschirmsprung erlernen kann. Mehr noch, die Propaganda hat geradezu eine Fallschirmspringerpsychose losgetreten. Das Fallschirmspringerabzeichen ist fuer die Jugendlichen zu dem Symbol der Maennlichkeit geworden. Also gut, man koennte nun sagen so ein reiches Land wie die Sowjetunion will ihren Jugendlichen halt etwas gutes tun und ihnen Freizeitgestaltung anbieten. Aber was das alles kostet? Physische Tests, Theorieunterricht, Uebungsspruenge und dann noch ein richtiger Sprung aus dem Flugzeug. Das dies alles der privaten Zerstreuung diesen soll will Herrn Braeuer nicht in den Kopf. Mir schon, denn ich denke aus der Sicht der Planwirtschaft! Ich weiss was ich mit diesem „Privatvergnuegen“ zu gegebenem Zeitpunkt anfangen werde. Ich unterrichte die wackeren Fallschirmspringer zum richtigen Zeitpunkt naemlich noch im Schießen, der Taktik sowie Einzel- und Gruppenkampf. Das ist sozusagen meine Dividende fuer das „kostenlose“ erlernen des Fallschirmsprunges. Anschließend Helm ab zum Gebet und Hopp! Der Absatz an Fallschirmspringern ist schon einkalkuliert und zu verschenken hat auch die Sowjetunion nichts.“

„Doch kommen wir zu einem anderen goldenen Armiereisen, den Gebirgsjaegern. Generalmajor Dietl, welcher strategischen Ausrichtung sind die Gebirgsjaeger zuzurechnen? Offensiv? Defensiv?“. „Das kommt auf den Einsatzort an“ war die lapidare Antwort, doch wie erwartet hakte der Oberstleutnant sogleich nach: „Bitte, erklaeren Sie mir das doch einmal ganz kurz.“. „Nun ja, wenn die Gebirgsjaeger ein Gebirge nehmen sollen sind sie Offensiv, wenn sie eine Gebirge verteidigen sollen sind sie Defensiv.“. „Fuer mich zum mitschreiben, wenn ich Ihnen eine Division Gebirgsjaeger in das Erzgerbirge setze, wuerden sie einen defensiven Auftrag vermuten?“. „Ja, perfektes Gelaende fuer Gebirgsjaeger.“. „Und... nun, wenn ich Ihnen eine Division Gebirgsjaeger in die Ebene vor das Erzgebirge setze wuerden Sie auf einen offensiven Auftrag schließen?“. „Ja, eine Ebene ist nicht das Einsatzgebiet eines Gebirgsjaegers. Er wird das Gelaende auch im Verteidigungsfall nutzen, aber es gibt Truppenteile die wesentlich besser fuer so eine Aufgabe ausgeruestet sind.“.
Unser nickte verstaendnisvoll und wagte sich anschließend an eine Deutung des gesagten: „Als Mitarbeiter der militaerischen Aufklaerung entnehme ich Ihren Worten folgendes: Der Einsatzort einer Gebirgsjaegerdivision laesst Rueckschluesse auf ihren moeglichen Verwendungszweck, offensiv-defensiv, zu. Wuerden Sie das so akzeptieren?“. „Worauf wollen Sie hinaus?“ hakte Dietl nur misstrauisch nach. „Eine gute Frage. Schauen Sie, ich bin Mitarbeiter der militaerischen Aufklaerung. Ich bin ein alter Hase und bekomme manchmal Besuch von jungen, aufstrebenden Kraeften. Die stellen mir dann Fragen wie: „Warum steht Division Z da und da... Was verraet mir ein Massierung von Kraeften ueber die Absichten des Gegners... Warum sitzen Sie im Dachboden... Wenn eine bestimmte Truppengattung irgendwo erscheint, welche Rueckschluesse laesst das auf ihren Einsatzzweck zu?“ und so weiter. Ich moechte dann antworten geben koennen. Am liebsten ist es mir daher wenn ich mal mit jemanden aus der Truppengattung soundso gesprochen habe um ihr Denken zu verstehen. Meine Antworten koennen also nur genauer sein.“ antwortete Unser noch freundlich, ehe er schwieg und auf die Beantwortung seiner Frage wartete.
„Wenn sie keine genaueren Informationen haben, dann koennen sie den geographischen Standort einer Truppe durchaus als Indiz fuer ihre strategische Ausrichtung nehmen.“ gab Dietl anschließend zurueck und schon ergriff Unser wieder das Wort mit einer neuen Frage: „Generalmajor, wodurch unterscheiden sich die Gebirgsjaeger von der normalen Infanterie?“ „Hohe Kondition und Belastbarkeit, andere Ausbildung und leichtere Waffen und Ausruestung.“ „Leichtere Waffen und Ausruestung, warum?“ „Weil sie mit der Ausruestung durch Berg und Tal ziehen muessen. Im Gebirge kann man motorisierte Fahrzeuge nur begrenzt einsetzen, weil sie fernab der Passtraßen nicht einsetzbar sind. Dann muessen Waffen, Verpflegung und Munition von Menschen und Lastentieren transportiert werden. Da ergeben sich ganz einfach Grenzen der Belastbarkeit.“. „Gut Generalmajor Dietl, das verstehe ich. Eine weitere Frage noch, wofuer halten sie das hier?“.

Ein neues Dia erschien auf der Projektionsflaeche. Es handelte sich diesmal offenbar um eine Luftbildaufnahme eines Feldlagers. Neben einigen Zelten, diversen Personen und Lastentieren war auch noch eine Feuerstellen zu sehen.
„Das ist eine Luftbildaufnahme eines Gebirgsjaegerbiwaks.“ erklaerte Dietl sogleich und ich musste ihn mit einem nicken zustimmen. Die charakteristische Form und Groeße des Lastentieres verriet das es sich um Maultiere handelte. Diese fanden nur in einer Truppengattung Verwendung. „Entschuldigung, wie kommen Sie darauf? Bei Infanterie sieht doch irgendwie alles gleich aus!“. „Es sind die Lastentiere! Vergleichen sie die Groeße der Tiere mit den Menschen. Sollte es sich um Pferde handeln, so handelt es sich um noch nicht ausgewachsene Exemplare. Diese sind aber bei weitem nicht so Belastbar wie ausgewachsene Pferde, also mehr Klotz am Bein als Hilfe. Dazu kommt die Verpflegung der Tiere. Auch nicht ausgewachsene Exemplare brauchen ordentliches, ausreichendes Futter und das trotz einer eher schwachen Leistung. Deswegen handelt es sich um Esel oder um Maultiere.“ erklaerte Dietl nun wahrheitsgemaeß und mein einziger Einwand waere das ich keine Esel verwenden wuerde. Diese sind mir zu stur.
„Sie haben Recht Generalmajor, das Luftbild ist eine Aufnahme von einem Gebirgsjaegerbiwak in Frankreich. 1. Alpenjaegerdivision. Generalmajor Nqachtwandler, ich habe Herrn Dietl jetzt auf das Aeusserste beansprucht. Ich habe gesehen das Sie seinen Ausfuehrungen zugestimmt haben. Waeren sie so freundlich die naechsten Bilder fuer mich zu bewerten?“ war die direkt an mich gerichtete Frage und ich antwortete das ich es versuchen wuerde. Offenbar schien ihm der Versuch schon zu reichen, denn sogleich erschien das naechste Bild. Diesmal eine Marschkolonne, wieder Maultiere, danach noch ein Bild, jetzt eine Futterstelle, abermals ein Bild erneut ein Biwak, erneut Maultiere. So ging es noch eine ganze Weile weiter, bis ich dann leicht genervt nachfragte was er mit der Bilderserie bezwecke. Die Antwort fand ich verblueffend: „Es geht mir darum den Sehsinn der Anwesenden zu schaerfen. Warum? Nun, ich suche oft Ameisen. Schoen fuer sie, was hat das mit unseren Maultieren zu tun? Nun ich habe etwas bei der Suche nach diesen Tieren gelernt. Was denn? Tja, ich suche also Ameisen auf dem Waldboden. Aber verflixt, es sind keine da. Ich suche, ich suche... nichts zu finden, hols doch der Teufel! Doch da! Da krabbelt eines dieser kleinen, nuetzlichen Tierchen umher... da noch eines und noch eines und da und da und da... es ist nicht zufassen! Ich stehe mitten in einer Ameisenhorde! Aber ich habe die Tiere Minutenlang nicht gesehen. Warum? Weil der Sehsinn Informationen sucht, die wir als Menschen nicht bewusst wahrnehmen koennen. Wir wissen zwar wie eine Ameise aussieht, aber das allein reicht unserem Auge nicht um die Tierchen zu finden. Erst wenn wir nach muehsamer Suche das erste Exemplar gefunden haben finden wir auch den Rest um uns herum. Mehr noch, selbst Minuten spaeter, an anderer Stelle sind wir ploetzlich in der Lage ganze Horden von diesen Tieren auszumachen. Ich bin kein Biologe oder Mediziner, aber ich erklaere mir es so das unser Sehsinn geschaerft wird. Wir richten unser Visier aus und fokussieren. Sobald das erste Ziel ausgemacht ist sammelt unser Auge in Sekundenbruchteilen die fehlenden Informationen und ploetzlich wird alles ganz einfach. Unser Sehsinn, das Unterbewusste „weiss“ wonach es Suchen muss und die Sache wird zum Kinderspiel. Scheint ein evolutionaerer Trick zu sein. Wenn ich erfolgreich Suchen kann gibt’s abends auch was zu beißen. Leider kann sich unser Visier, unser Sehsinn solche Sachen nicht lange merken. Sobald andere Ziele ausgemacht sind geht die Suche nach den kleinen Tierchen wieder von vorne los. Auf unsere Bilder hier bezogen bedeutet das Folgendes. Sie, Generalmajor wissen wie ein Maultier von oben aussieht. Sie kennen die Proportionen der Tiere auf die sich achten muessen. Andere hier wissen das aber nicht, die haben eben andere Aufgaben. Die koennen Ihnen aus jeder Marschkolonne saemtliche Lastkraftwagen mit Typ, Hersteller und Leistungsdaten benennen, wo Sie nur einen Pritschenwagen, koennte Opel sein, sehen. Jetzt muessen aber alle Ihren Gedanken, Ihrem Visier, folgen koennen. Darum die vielen Bilder.“.
Sprachs und schwupps kamen die naechsten Bilder. Diesmal aber auch ein wenig schwerer, denn dazwischen mogelte der Mann auch Bilder von Pferden. So ging es noch ein bisschen weiter, die letzten Bilder wiesen allesamt Maultiere auf, als er ploetzlich inne hielt und mich fragte: „Wissen Sie wen sie hier so identifizieren?“. „Nun, Maultiere und ihre zugehoerige Truppengattung. Also Gebirgsjaeger.“. „Jaja, das stimmt aber um was fuer Gebirgsjaeger handelt es sich hier?“.
Ich betrachtet das jetzige Bild, wieder ein Biwak, genauer und erkannte anhand eines Zeltes darauf das es sich nicht um deutsche Truppen handelte. Nachtigall, ick hoer dir trapsen! „Rote Armee?“ „Wie kommen sie darauf?“ „Das Zelt ist kein deutsches Fabrikat, also die Truppe auch nicht. Sie reden die ganze Zeit von der roten Armee, also rote Armee?“. „Gut kombiniert, rote Armee. Aber wie kommen Sie darauf das es sich um Gebirgsjaeger handelt?“. „Form follows function.“ erwiderte ich knapp und wieder begann unser Oberstleutnant zu laecheln. Diesmal war es aber ein wenig anders, so als wuerde ein Funken Respekt durch ihn hindurchziehen.

Danach ging es ploetzlich schnell, es folgen eine Reihe Dias von immer dem selben Lager. Selbiges wurde immer kleiner weil der Maßstab der Aufnahme großer wurde. Bald war zu erkennen das es nicht nur ein Biwak gab, sondern derer viele. Je groeßer der Maßstab wurde desto großer wurde also auch der Verband. Es ging mit der Vergroeßerungen soweit das man schon die Topographie des Gelaendes erahnen konnte. Das letzte Dia der Reihe war eine Konstruktion. Auf der einen Seite war das vorherige Dia zu sehen und auf der anderen Seite eine geographische Landkarte. Mit ein bisschen Anstrengung war zu erkennen das beide Teile den selben Raum darstellten und zwar bei Iwano-Frankowsk oestlich der Karpaten. Ich ahnte worauf er hinaus wollte.
„Das letzte Bild dieser Reihe liegt jenseits der ungarisch-sowjetischen Grenze. Ich habe Ihnen ein Gebirgsjaegerbiwak aus dem Sommer 1940 oestlich der Karpaten gezeigt. Es war die Zeit als die Sowjetunion Rumaenien Gebiete abgetrotzt hat. Inzwischen sind die Biwaks wieder verschwunden, in Russland ist es kalt, aber die Gebirgsjaeger sind noch da. Sie sind in grenznahen Unterkuenften und Kasernen stationiert. Ich frage mich nun, was machen die da? Das Gebiet oestlich der Grenze ist eine Ebene. Ein Kommandeur der Gebirgsjaeger hat mir zu verstehen gegeben das man diese Truppengattung nicht zu Verteidigung einer Ebene verwendet. Jenseits der Grenze im Westen liegen aber die Karpaten, ein Gebirge. Waere ich ein Stratege, dann wuerde mich eine solche Konstellation sehr beunruhigen.“.

Bild
Bildquelle Barbarossaszenario, HoI II Doomsday

Bild

„Diese Bilder hier wurden von einem rumaenischen Aufklaerer aufgenommen der sich ueber die neue Grenze „verirrt“ hat. Das kann natuerlich mal vorkommen, schließlich ist die Luftnavigation eine Sache fuer sich und jeder kann auch einmal Fehler machen. Zum Beispiel den Fehler statt den eigenen Leuten einmal Fremde abzulichten. Machen Sie sich aber keine Sorgen, die Sowjetunion sieht den Rumaenen solche Vergehen mit einem nachsichtigen Laecheln nach. So wie wir auch ueber ihre verirrten Flugzeuge nachsichtig hinweg sehen. Kann ja mal vorkommen, der Himmel ist weit... und wir haben ja auch gar keine Abfangjaeger im Osten die diesem Treiben Einhalt gebieten koennten. Aber wir muessen uns ja keine Sorgen machen, Vaeterchen Stalin steht ja hinter uns. Darum sehen wir ihn ja auch so schlecht.
Ich koennte an dieser Stelle noch weiter machen. Ich koennte Ihnen davon erzaehlen was eine sowjetische Armee so im Monat verspachtelt. 60.000 Rinder hat man mir gesagt. Gut, das wird bei deutschen Armeen nicht anders sein sagen sie. Dem stimme ich zu, allerdings haben sie auch einen veritablen Krieg an der Backe. Sie kaufen im Ausland Nahrungsmittel ein, aus Schweden, Rumaenien, Ungarn, Niederlande, Belgien und auf Frankreich, Daenemark und Norwegen haben sie sogar freien Zugriff. Da koennen Sie nach herzenslust pluendern und brandschatzen. Ja, sie tun es nicht, aber ich will Sie darauf hinweisen das Sie eine breite Basis zur Nahrungsmittelversorgung haben und sollte es doch einmal nicht ganz reichen... na ja, sie haben ja Krieg!
Kurz, Sie koennen sich aus anderen Laendern versorgen und haben einen prima Grund fuer Engpaesse oder ekelerregende Kaffeersatzprodukte. Die Sowjetunion hat so einen Grund aber nicht! Sie macht auch keine Anstalten dazu. Nahrungsmittelimporte gibt es nicht, Exporte hingegen schon. Liegt das etwa an der hohen sowjetischen Produktivitaet, an den vielen nutzlosen, daumendrehenden Traktoristen?
Das weiss ich nicht, aber ZK-Mitglied A.G. Sewerew sagt in der Prawda das der Rinderbestand in der Sowjetunion Anfang 1941 noch nicht das Niveau von 1916 erreicht habe. Und zu diesem Zeitpunkt war das russischen Kaiserreich im zweiten Kriegsjahr angekommen. Die Bevoelkerung murrte, die Kriegslage war schlecht und zu essen gab es immer oefter nur Wassersuppe. So richtig satt ist die russische Bevoelkerung heute auch nicht, aber man kann leben und wer gar zu unzufrieden wird kann sich ja in beschaulichen Plaetzen in Sibirien erholen. Das hat der Oberste Sowjet 1938 klar gemacht. Und jetzt rufen wir uns in Erinnerung, dass man drei Jahrgaenge auf einmal gezogen hat. Wo kommen die her? Na aus der Landwirtschaft zum Beispiel und ebenda fehlen sie auch. Einer Landwirtschaft die noch heute auf dem Zahnfleisch des ersten Weltkriegs kriecht.
Ich mache Ihnen nichts vor, die 60.000 Rinder einer Armee werden auch zu Friedenszeiten verzehrt. Nur sind die Leute dann nicht in der Armee. Statt dessen misten sie Staelle aus, bestellen Felder, fangen Fisch, lernen Berufe, gehen einem Handwerk nach oder produzieren Gueter des taeglichen Bedarfs. Sie arbeiten also Produktiv, goennen wir Ihnen also ihr Rind. In der Armee aber werden diese Menschen zu reinen Verbrauchern. So lange kein Krieg herrscht ist ihre wirtschaftliche Bilanz hochgradig negativ. Ich frage mich ernsthaft ob die Sowjetunion dauerhaft in der Lage ist so ein Millionenheer in Friedenszeiten zu verkoestigen.
Schaposchnikow fragt sich das auch und er kommt zu eindeutigen Antworten. Er ist der Meinung, daß die Mobilisierung von Millionen Menschen und deren untaetiges Verharren in der Grenzregion auf laengere Sicht unmoeglich ist. Man hat wesentlich leichter ein bewaffnetes Heer waerend eines Krieges unter Kontrolle, als Millionen mobilisierter, bewaffneter Maenner die vor Warten und Nichtstun vergehen. Und dann unterlaesst man es noch diese bewaffneten Menschen zu ernaehren? Was ergibt das wohl? Wann ergibt das einen Sinn? Unter welchen Umstaenden kann es einen Sinn ergeben?

Ich koennte jetzt auch noch auf die Unterkunftsproblematik der roten Armee an der Westgrenze verweisen. Die sowjetische Grenze hat sich ja nach Westen verschoben und mit ihr wanderten auch die Einheiten der Militaerbezirke. Dazu kamen noch die ganzen Rekruten der neuen Wehrpflicht. Auch die wollen schlafen. Hat die rote Armee das Problem in den Griff bekommen? Hat Sie. Hier ein paar Betten mehr in den Raum, da ein paar Haeuser konfisziert und wenn es gar nicht anders geht, dann stellen wir eben Behelfsbauten auf die wir von außen mit Erde einschaufeln, gegen die Witterung. Das ist aber auch keine dauerhafte Loesung sagen sie. Ich werde nicht widersprechen. Aber die Sowjetunion hat kein Bauprogramm fuer Kasernen in Gang gesetzt. Sowas taucht im Fuenf-Jahres-Plan nicht auf. Es muss also reichen und es reicht dem russischen Soldaten.
Jetzt im Fruehjahr 1941 verlassen die Truppen im Westen ihre Unterkuenfte und verschwinden auf die Truppenuebungsplaetze. Gleichzeitg kommt der naechste Schwung Rekruten und weitere Verbaende aus dem Osten herein. Jetzt gibt es nicht mehr genug Schlafplaetze fuer alle, sagen Sie. Ich widerspreche nicht, aber irgendjemand in der Sowjetunion ist der Meinung das eine Meute bewaffneter Maenner ohne richtige Unterkuenfte keine Gefahr darstellt. Nun entgegnen Sie, das sich die Situation in Kuerze ja grundlegend entspannen werde. Dem widerspreche ich nicht, aber ich bitte Sie darum darueber nachzudenken ob man wirklich drei Jahrgaenge einfach so nach Hause schicken kann oder ob es noch eine andere Moeglichkeit gibt das Problem zu loesen. Ach und wenn sie schnon knobeln, vergessen sie nie was die drei Jahrgaenge gekostet haben muessen. Uebrigens in der Sowjetunion herrscht Planwirtschaft, der Absatz der Schlachthaehnchen ist schon einkalkuliert.

Meine Herren, sie merken es schon am Ton, mir reicht es. Ich will Sie nicht mehr weiter mit militaerischen Fragen eines einfaeltigen Mitarbeiters ihrer Abwehr behelligen. Statt dessen moechte ich jetzt zu etwas Handfesten kommen, etwas das sie alle auf einen Blick verstehen.
Aber noch einmal muss ich Sie mit einem kleinen Umweg stoeren. Reichsaußenminster von Neurath, Herr Molotow war doch Ende letzten Jahres unser Gast. Was gibt es ebenda fuer neue Entwicklungen?“
.
Der alte Herr sah nicht gerade gluecklich aus als Unser ihn angesprochen hatte und ich ahnte das Unser ihm die Antwort schon laengst vorweg nehmen konnte. Doch er wollte immer die Meinung der Beteiligten hoehren. Ganz offen und ehrlich sollt ihr sein... .
Von Neurath erhob sich schließlich, nahm ein Blatt Papier zur Hand und erklaerte: „Meine Herren, am 12. November 1940 hat der sowjetische Außenminister Molotow, auf Einladung durch die deutsche Reichsregierung, Berlin besucht. Hierbei sollte es von unserer Seite aus um weitere Zusicherungen, Sicherheiten und eventuelle millitaerische bzw. diplomatische Hilfen durch die Sowjetunion gehen. Molotow hat hierfuer Zugestaendnisse gefordert.
1. Einfluss in Ungarn, Jugoslawien, Griechenland und der Türkei, sowie Konzessionen im finnischen und rumänischen Raum.
2. Am 25. November 1940 erhielten wir eine Note in der man von uns zusaetzlich noch forderte Japan moege seine Bergbaukonzessionen in Nordsachalin doch an die Sowjetunion abtreten. Damit soll Japan ebenda seine Naptha- und Kohlegruben aufgeben.
In meinen Augen sind die Forderungen nicht zu erfuellen. Selbst wenn wir es schaffen sollten diese Forderungen zu erfuellen, so wuerde man umgehend weitere Aufstellen. Das Prinzip ist also immer mehr zu Fordern als der andere erfuellen kann. Die Beurteilung des strategischen Aspektes dieser Forderungen ueberlasse ich Ihrem Urteil.“

Von Neurath setzte sich wieder und schon legte unser Oberstleutnant wieder los: „Seltsame Forderungen sind das, nicht wahr? Japan soll aufgeben... sind sie mit Japan im Bunde? Wie wollen sie Japan dazu bringen? Und warum sollte Japan seine letzten eigenen Energie- und Oelversorgungsquellen einfach so aus der Hand geben? Die muessten ganz schoen doof sein, so mit diesem Krieg in China, der so viele Ressourcen verschlingt. Schließlich sollen sie auch Ungarn, Jugoslawien und Griechenland aufgeben. Was koennte sowjetischer Einfluss ebenda schon anderes Bedeuten? Wissen Sie ich verstehe das nicht. Da hat ihr alter Reichskanzler 1939 ein Pakt geschlossen in dem klar geregelt wurde: Das ist deins - das ist meins. Ende 1940 soll der Pakt nachverhandelt werden und dann haut man Forderungen auf den Tisch die sie erstens, nicht erfuellen koennen und zweitens, aus strategischer Sicht niemals erfuellen duerfen.
Warum, wieso? Koennte die Sowjetunion ihren Vorstellungen etwa Nachdruck verleihen?“
fragte Unser noch scheinheilig und warf ein weiteres Dia an die Projektionsflaeche: „Militaerische Aufklaerung der Ostgrenze durch die Abwehr, Stand: Februar 1941. Und sonst so?“

Bild
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 24. März 2014 20:15

Schachmatt

Von Sekund an ward es still im Saal. Gebannt sahen wir auf das projizierte Bild, waerend der Oberstleutnant genuesslich aus seinem Glas Wasser trank und zu den hohen Fenstern hinaus in den Himmeln sah.
Nein, man brauchte jetzt nicht zu schweigen oder betroffen zu tun und zwar mit gutem Grund. Worauf Unser in seinem Vortrag hinaus wollte duerfte auch dem letzten hier klar geworden sein. “Stalin ist unser Freund. Leider sehen wir Ihn so schlecht, weil er in unserem Ruecken steht.“. So wir uns dann aber einmal umdrehen um nach unserem Freund zu schauen, so ist man doch verwundert was dieser hinter unserem Ruecken so tut.
Das fuehrt aber schon zu dem guten Grund, warum sich ein schweigen hier und jetzt nicht lohnt. An dieser Stelle mussten eine einfache, kurze Fragen gestellt werden: „Chef der Abwehr Admiral Canaris, entspricht diese militaerische Aufklaerung der Ostgrenze der Wahrheit?“. Wenn nein, dann schmeißt den Unser raus, wenn ja: „Wurden diese Informationen an das OKW weiter geleitet?“. Wenn nein, bitte nehmen sie Ihren Hut, wenn ja: „Generalstabschef Generaloberst Beck, ist die strategische Lage des deutschen Reiches auf Grundlage dieser Informationen neu bewertet worden?“ Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was ist dabei heraus gekommen... .
So oder so aehnlich musste es jetzt ablaufen, aber stattdessen saßen wir jetzt wie das Maeusschen vor der Schlange und gafften auf dieses bloede Dia. Derweil griente der Oberstleutnant in den Saal, wohlwissend das die richtige Fragekette ihm nichts anhaben konnte. Womit man ihm noch an den Karren fahren konnte war die Tatsache das er die Befehlskette umgangen hatte, aber mit dem was er hier bekannt gemacht hatte war das ganze Zweitrangig. Eher etwas fuer die Militaertheoretiker, getreu dem Motto: „Wie kann es sein dass... .“.

Neben mir vernahm ich ein leises Gespraech: „Das sind mindestens zehn Armeen an unserer Ostgrenze, das ist Wahnsinn! Wo schlafen die Alle?“ „Wenn die so viele Kasernen gebaut haetten, dann muss die Abwehr davon etwas mitbekommen haben!“ „Hat sie, aber entweder juckt sie das nicht oder irgend jemandem darueber ist es egal.“. Offenbar sammelten sich bereits die richtigen Fragen und hinter allem schwebte die große Frage nach dem Warum. Warum all diese Merkwuerdigkeiten, warum zehn Armeen in unserem Ruecken. Bei den paar hingekleckerten ungarischen Sicherungsdivisionen haetten es ja auch Korps getan. Hatten wir die Sowjets provoziert? Wenn ja, wie und wenn nein... was will die Sowjetunion?
Ich sah nun zu von Fritsch herueber, verdaechtig ruhig der Gute, und konnte noch sehen wie er sein Monokel zurueck steckte ehe er sich zu Unser umdrehte und ihn wuetend anfuhr: „Was wollen Sie mir damit sagen Oberstleutnant?“. Unser sah sich verwundert um und zog sich sogleich auf seine Ausgangsposition zurueck: „Nichts, Herr Generaloberst, ich will damit gar nichts sagen, ich bin gar nicht befaehigt etwas zu sagen. Wenn sie es so aufgefasst haben sollten das ich etwas gesagt haette dann bitte ich dies zu entschuldigen. Ich wollte nur die derzeitigen Fakten rekapitulieren und ihnen damit ein Bild ueber die Lage im Osten vermitteln.“.
„Unser sie Narr, wir werde keine Front im Osten eroeffnen. Ein Zweifrontenkrieg ist unser Untergang, den koennen wir nicht gewinnen!“ gab nun auch Beck zurueck und da begann der Oberstleutant nur spoettelnd zu laecheln. „Dann koennen Sie diesen Krieg ohnehin nicht gewinnen. Sie sollten dann entscheiden ob sie gegenueber Groß Britannien kapitulieren, Gnade oh maechtiges Inselvolk, und auf einen geruhsamen Lebensabend hoffen oder ob Sie, nach kurzer Behandlung durch den NKWD sich in Sibirien in der Sonne aalen wollen.“.
„Ihren Zynismus koennen Sie sich sparen, ...“ funkte ploetzlich Canaris dazwischen und schob sogleich hinterher: „... es hat keinen Sinn in einer ausweglosen Situation einen Krieg vom Zaun zu brechen!“. „Seit wann verhindert eine ausweglose Situation einen Krieg? Ich bin zwar nur ein kleiner, schmaechtiger Wicht, aber bei den Keilereien in meinen Jugendjahren habe ich immer angegriffen. Vielleicht haben Sie das ja anders gehandhabt, aber ich bezweifle das sie als feiger Schwaechling hier sitzen wuerden. Sie koennen einen Wolf in die Enge treiben, aber er wird sich nicht kampflos umbringen lassen. Er springt sie mit gefletschten Zaehnen an! Immer! Die groeßten Siege der Menschheitsgeschichte wurden aus ausweglosen Situationen heraus erfochten.“.
„Die krachendsten Niederlagen aber auch.“ gab Canaris spoettelnd zurueck, aber unser Oberstleutnant war nicht aus der Ruhe zu bringen: „Gewiss, aber worauf ich hinaus will duerften Sie verstanden haben. Entweder sie nehmen die Armee gleich hoch und lassen sich die Fresse gruen und blau schlagen oder sie wehren sich. In einem der beiden Faelle verlieren sie hundertprozentig.“.

Generaloberst von Rundstedt ging nun dazwischen: „Werner, das hilft uns nicht weiter.“. Von Fritsch wandte sich um und blickte entgeistert zum Generaloberst herueber: „Werner, er ist der Bote. Wenn das stimmt was er uns gesagt hat, dann muessen wir im Osten praesent werden. Nicht mehr als noetig aber immerhin soviel, das die sowjetische Fuehrung nicht glaubt uns gefahrlos angreifen zu koennen.“.
„Und mit was Gerd? Mit dem was wir als Drohkulisse gegenueber Großbritannien stehen haben?“ fragte von Fritsch aber sogleich hoehnte es aus der Ecke der Luftwaffe: „Eure Drohkulisse kauft uns der Gegner da ohnehin nicht ab. Ohne Luftschlacht... ohne Schiffe.“.
„Wer war das?“ bellte nun Beck dazwischen und schon war es wieder still. „Also wenn ich nicht schon stehend wuerde, dann wuerde ich mich freiwillig dazu bekennen.“ fexite Unser und kurz darauf erhob sich Block der Luftwaffengeneraele geschlossen. „Arschgeigen.“ kam es von vorne zurueck.
Nun entwickelte sich eine lebhafte Diskussion zwischen den verschiedenen Teilnehmern und mein Blick zu unserem Oberkommando verriet mir das man mit der Situation sich in dem Maße noch nicht beschaeftigt hatte. Die Frage nach den Ursachen waere eine interessante, aber diese war es nicht die mich zum aufstehen bewog. Gemuetlich schlaengelte ich mich aus meiner Reihe, holte mir etwas zu trinken und ging anschließend zu dem Oberstleutnant. Er war einen guten Kopf kleiner als ich, aber zweifellos sehr gescheit. Vielleicht sogar verschlagen. Er waere bestimmt ein guter Verbrecher. Keiner der eine Bank ueberfaellt, nein, einer der ein Unternehmen gruendet und dann Geld waescht mit Dienstleistungen die er nie erbracht hat.
„Schon mal darueber nachgedacht in die militaerische Aufklaerung eines Divisionsstabs zu wechseln?“ fragte ich ihn leise doch er erwiderte nur: „Zuviel Arbeit.“. „Ist aber sicherer als in einem Dachboden zu verbrennen weil jemand die Fluchttueren zugeschlossen hat.“ „Gewiss, aber wer sagt das ich dann noch in dem Dachboden sitze?“ „Ich verstehe, ich wuensche Ihnen viel Glueck und alles Gute.“ sagte ich noch und trotz des eher lieblos dahin genuschelten „Danke“ spuerte ich Aufrichtigkeit in seinen Augen. Fuer einen kurzen Moment.
Ich ging weiter zu von Fritsch, stellte mich vor seinem Tische auf und wartete einen kurzen Moment. „Was wollen Sie?“ fragte er kurz angebunden und ich sagte nichts als die Wahrheit: „Ich moechte meinen Senf dazu geben.“. Sein Gesicht verriet mir keine Reaktion, also legte ich gleich noch einmal nach: „Vor denen da.“ und deutete mit der Hand hinueber in den Saal. „Es wird mir nicht gefallen, nicht wahr?“ „Bestimmt nicht. Deswegen frage ich sie ja vorher.“.
Einen kurzen Moment ueberlegte er noch, dann deutete er mit der rechten Hand auf das Podium und sagte mir freiweg in das Gesicht: „Sie sind ein Arschloch.“. „Ich weiss.“ antwortete ich nur und wandte mich um. Das „dazu haben Sie mich doch gemacht“ verkniff ich mir. Die Spielregeln meiner Existenz hier habe ich verstanden Generaloberst, also frage ich bevor ich sie in die Pfanne haue.

Ich stellte mich an das Podium und sah in den Saal hinein. Mir bot sich ein Bild des wilden Durcheinanders. Es herrschte eine lebhafte Diskussion zwischen den Generaelen und mir schenkte niemand hier Beachtung. Wobei, das stimmte nicht ganz. Mitten in dem Chaos saß von Rundstedt und sah mich emotionslos an. Er war der ruhende Pol, die erhabene Person, zu alt und zu gescheit um sich um des Kaisers Bart zu streiten. Aber er war nicht mein Ziel, ich brauchte den Rest.
Ich sah auf die Schiefertafel und dann zu Unser. Nein, die Schiefertafel war ein Anachronismus seiner Zeit. Was ich brauchte war etwas anderes, etwas mit mehr Durchschlagskraft. Nach kurzem Zoegern umfasste ich die Mikrophone, drehte sie zueinander und ließ eine Rueckkopplung durch die Audioanlage gehen. Das funktionierte sehr gut. Der hochfrequente Pfeifton beendete sogleich jegliche Diskussionen und innerhalb weniger Augenblicke hatte ich die Aufmerksamkeit des Saales.
Ich drehte die Mikrophone wieder zu mir und spielte gedanklich fuer einen Moment damit die Generaele gegen die Wehrmachtsfuehrung zu hetzen. Ist das Ergebnis der Aufklaerung bekannt? Wird darauf reagiert? Wenn nein, warum nicht.
Aber diesen Gedanken verwarf ich, er war nicht der Grund warum ich hier nach vorne gegangen war. Mir ging es jetzt nur darum diesem elendigen Streit zwischen einer offensiven und einer defensiven Antwort zu beenden: „Meine Herren Generaele, aufgrund der derzeitigen Situation im Osten nehmen sie eine defensive Aufstellung ein und erwarten den Schlag der roten Armee. Ich werde diesen Schlag nun ausfuehren und sie damit Schachmatt setzen. Habe ich meinen Schlag vollendet haben sie den Krieg unwiederbringlich verloren.“ Ich nahm mir einen Zeigestock und ging zu dem projizierten Bild herueber: „Bedenken sie bitte, das in der Sowjetunion Schach Nationalsport ist. Der eigentliche, heiße Kampf im Schach beginnt nach der Eroeffnung. Unter der Eroeffnung verstehe ich meine Schachfiguren in eine guenstige Angriffsposition zu bringen. So lange die Feindseligkeiten nicht eroeffnet und keine Figuren vom Feld genommen sind habe ich als Sowjet die Moeglichkeit meine Aufstellung zu vervollkommnen. Habe ich dies abgeschlossen greife ich hier an.“ Ich zeigte auf den Suedabschnitt der Karte und entfaltete die Streitkraefte der 9. Armee ueber die rumaenischen Grenze. Gleichzeitig ließ ich meine Gebirgsjaeger in die Karpaten vorruecken und warf zusaetzlich ein Luftlandekorps ueber dem Gebiet von Ploiesti ab. „Ich habe ihnen damit die Haende amputiert und erwarte ihre Reaktion.“
Bild


Es gab keine, also fuehrte ich weiter aus: „Um eine Schachpartie zu gewinnen ist es notwendig den gegnerischen Spieler die Handlungsmoeglichkeiten zu nehmen. Und was gibt man sich dabei fuer eine Muehe. Stundenlang knobelt man herum, geht Runde fuer Runde im Kopf durch, dabei ist es doch am einfachsten seinem Gegenspielder die Haende abzuhacken. Ich mache meinen Zug, der Gegner kann nicht, er hat keine Haende mehr, ich mach den naechsten, er tut immer noch nichts, ich mache weiter... sie verstehen. Haende abzuhacken ist die einfachste Art eine Schachpartie zu gewinnen. Der Gegner kann seine Schachfiguren nicht mehr bewegen und ich kann ihn in aller Ruhe schlagen. Gewiss, das ist nicht gerade fair, aber wer fragt den Sieger schon ob der Kampf fair war?“ .
Ich deutete mit meinem Zeigestock nun auf Ploiesti und erklaerte weiter: „Ihre Haende sind in diesem Falle Oel. Ohne Oel faehrt kein Panzer und kein LKW, fliegt kein Flugzueg und bewegt sich kein Schiff vorwaerts. Ohne Oel koennen sie sich nicht bewegen und auf meine Schachzuege reagieren, wohingegen ich absolute Handlungsfreiheit habe. Waerend des Frankreichfeldzuges sind mir Seinerzeit Oelfaesser mit kyrillischen Buchstaben aufgefallen, gewiss kein Scherz unserer Nachschubsabteilung. Wir waren bei unserem Bewegungskrieg mit den schnellen Verbaenden auf Oellieferungen aus der Sowjetunion angewiesen. Doch selbst das reichte nicht. Sobald sich unsere Offensive in Bewegung setzte schmolz der Treibstoffberg wie Butter in der Sonne. Deswegen rationieren wir den Treibstoff fuer den zivilen Sektor, deswegen erleben gerade Autos mit Holzvergaserkesseln eine Renaissance. Haben sie die haesslichen Dinger mal gesehen? Nicht gerade eine Augenweide.
Wenn diese Oellieferungen aus der Sowjetunion wegbrechen und Rumaenien samt seiner Erdoelfelder in sowjetische Hand geraet ist es nur eine Frage von Wochen bis unsere Oelvorraete erschoepft sind. England und seine Verbuendeten werden uns kein Oel liefern da die Sowjetunion der Festlandsdegen ist den sie brauchen. Wir haben verloren.“


„Die Haende der Sowjetunion koennen sie nicht amputieren. Die befinden sich in Baku und dem 2. Baku bei Samarkand. Die Front Rumaeniens zu verstaerken wird ihn ebenso nichts nutzen. Ich werde meine Fallschirmjaeger anweisen jeden Bohrturm und jede Raffinerie derer sie habhaft werden koennen zu zerstoeren. Anschließend werde ich das Gebiet aus der Luft bombardieren. Sind die Oelfoerderanlagen erstmal zerstoert werden sie Jahre brauchen bis sie wieder Oel foerdern koennen. Ich kann mir diesen Vorgehen leisten, ich brauche das rumaenische Oel nicht. Bekomme ich die rumaenischen Erdoelfelder ohne Krieg in meine Hand kann ich sie erpressen. Ich sage ihnen gegen wen sie Krieg fuehren sonst drehe ich ihnen den Hahn zu. Sie verlieren ihre Handlungsfreiheit.“
Ich raeusperte mich kurz und fuhr dann fort: „Die Fuehrung der Sowjetunion hat erkannt dass, das Oel wesentlich fuer den Krieg ist und sie handelt danach. Darum will Sie die rumaenischen Erdoelfelder, darum will Sie die japanischen Naptagruben. Hat Sie die Kontrolle ueber das Oel, kann Sie unsere Kampfkraft in jede, genehme, Richtung lenken. Oder eliminieren.“

„Wir koennen den Plan zur Wegnahme der rumaenischen Erdoelfelder nur dann stoeren, wenn wir angreifen waerend die rote Armee ihre Truppen in Angriffsposition bringt. Hat die rote Armee ihren Schlag erst ausgefuehrt haben wir schon verloren.“.
„Es reicht jetzt Generalmajor, ich denke jeder hat verstanden was sie sagen wollen.“ kam es nun von Generaloberst von Fritsch. Ich nickte nur, stellte den Zeigestock zurueck und sah an die Stelle wo eben noch der Oberstleutnant gestanden hatte. Unser war weg. Ohne mich zu von Fritsch umzudrehen ging ich zurueck auf meinen Platz, doch ich konnte Unser nirgendwo im Saal erkennen. Derweil klang in meinem Kopf etwas anderes nach. Wenn der Dachstuhl brennt, dann wird er nicht mehr da sein. Ein Mann der Tat.
Der Rest dieser Sitzung erschoepfte sich anschließend in leeren (aber interessanten) Worthuelsen seitens des Oberkommandos. Man sei ueber diese Informationen im Bilde, man beruecksichtige alle Eventualitaeten und man sei vorbereitet. Es klang nicht nur hohl, es war hohl. Die Wahrheit ist, das von Fritsch derzeit niemanden abservieren konnte ohne seinen ganzen Apparat in Frage zu stellen. Ehrlicher war hingegen seine weiteren Ausfuehrungen. Auf die Sowjetunion muesse man mit Augenmaß reagieren, schließlich wolle er nicht als Totengraeber des deutschen Reiches in die Geschichte eingehen. Das heutige Intermezzo, er suchte darauf wohl ebenfalls fuer einen Moment den Oberstleutnant, werde man noch einmal gruendlich auswerten und auch einzelne Generale konsultieren. Anschließend legte von Fritsch fest, dass der Inhalt der heutigen Sitzung streng geheim sei. Alles weitere werde auf dem Befehlswege bekannt gegeben.
Das wird die Diskussionen innerhalb des Offizierskorps zwar nicht beenden, aber wohl erstmal auf ein ertraegliches Maß reduzieren.

Damit endete eine denkwuerdige Sitzung. Zumindest fuer mich. Hinter den Kulissen waere ich jetzt gerne Maeusschen.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 31. März 2014 21:41

Schlussakkord

„...das geht so nicht!“
„Was geht nicht Werner? Das so ein Oberstleutnant Hans-Wurst da angetrampelt kommt und Interna an die große Glocke haengt? Wann hast Du denn daran gedacht auf die Gefahr im Osten einzugehen?“
„Du glaubst diesem Wichtigtuer doch nicht etwa? Er ist gebuertiger Russe, ein Weißer im Buergerkrieg und er hat mehr als eine Rechnung mit den Bolschewisten offen.“
„Quellenpruefung? Jetzt?“
„Natuerlich! Warum sollten wir ihm zuhoeren, warum erzaehlt er uns das? Weil er uns so gern hat? Ein Scheiß hat der seit wir ihn im Dachboden trocken gelegt haben!“
„Ich will Dir mal was sagen Ludwig, wenn auch nur die Haelfte von dem stimmt was er da erzaehlt hat, insbesondere die Sache mit dem Einziehen von drei Jahrgaengen und der sowjetischen Luftwaffe, dann sitzen wir in einer riesengroßen Scheiße! Denn ich gehe nicht davon aus das die sowjetische Regierung nur aus Irrlaeufern besteht. Dafuer handelt sie bisher zu rational. Was sagt die Abwehr denn zu seinen Behauptungen?“
„Nichts.“
„Wie nichts? Da schwadroniert einer von einer Mobilisierung jenseits aller Vorstellungskraft und die Abwehr sagt nichts? Wer hat denn jetzt keine Ahnung? Der Oberstleutnant oder die Abwehr?“
„Ich weiss es nicht. Die Abwehr hat den Aufmarsch der Russen an der Grenze schon im Blick, vermeldet aber das seien nur Manoever.“
„Reichlich garstige Manoever. Was bereiten die denn da vor? Defensive?“
„Du hast den Oberstleutnant doch gehoert. Offensive.“
„Das ist jetzt nicht dein Ernst oder? Offensive und die Abwehr sagt das alles in bester Ordnung ist?“
„Nein, das ist ja das Problem! Die Abwehr sagt Manoever, sonst nichts. Ich hab da auch nicht nachgefragt Hugo. Es ist naemlich nicht so das ich mich hier gerade langweile.“
„Das glaub ich Dir ja, aber Canaris und seine Leute muessen doch merken dass da irgendwas im Busch ist, Laerm schlagen, Krieg rufen und zeternd in deiner Tuere stehen.“
„Ja, sollten Sie. Tun Sie aber nicht. Entweder ist da wirklich nichts oder sie leiden an einem erschreckenden Mangel an Phantasie. Denn ich muss zugeben das die Interpretation der Daten durch Unser eine beeindruckende Vorstellung war. Da haette ich von Canaris erwartet das er am Schluss dazwischen haut und sagt: Schoener Quatsch den sie da erzaehlt haben, jetzt mal zu den Fakten. Das ist so, das ist so und dass da, haha, so. Stattdessen sitzt der da und schaut seelenruhig dabei zu wie dieser Nachtwandler das Mikrophon nimmt und noch einmal ordentlich Oel ins Feuer schuettet.“
„Hat Canaris nicht gemerkt das Unser ihm die ganze Zeit gesagt hat: Du machst deine Arbeit nicht!?“
„Was weiss ich? Canaris ist mit dem ersten Glockenschlag verschwunden. Wenn aber auch nur ein Funken von dem stimmt was Unser behauptet hat, dann scheint er in der Tat wenig zu merken!“
„Vielleicht hat er Unser auch benutzt?“
„Wer, Nachtwandler?“
„Nein, Canaris. Es will mir nicht in den Kopf das ein Exilrusse in der Wehrmacht, auf Abschussposition, sich zu Schubert durchfragt und anschließend ueber das Reichsaußenministerium eine Sitzung einberuft wo er vor ausgewaehlten Gaesten verkuenden kann: „Ihr sitzt alle ganz schoen in der Scheiße!“ .“
„Canaris hat ungehinderten Zugang. Wenn er wirklich so etwas getan haette, dann reiße ich ihm den Kopf ab.“
„Warum?“
„Weil das nicht sein Ernst sein kann! Er muss einen Krieg gegen die Sowjetunion ja nicht verantworten! Er geht nicht zum Kaiser und erklaert ihm das wir ab jetzt einen Zweifrontenkrieg gegen Großbritannien und die Sowjetunion fuehren muessen. Auch der Kaiser weiss was zwei Fronten bedeuten und lacht sich ueber solche Ratschlaege tot.“
„Wir stehen in der Treibstoffrage mit dem Ruecken zur Wand. Sollte die Bedrohung durch die Sowjetunion wirklich real werden, koennen wir uns entweder ueberrollen lassen oder aber mit dem Mut der Verzweiflung zum Angriff uebergehen.“
„Wenn man dem Kaiser die Gruende dafuer konstruktiv darlegt wird er kaum eine anderen Handlungsmoeglichkeit haben.“
„Ach, das begreift der doch nie.“
„Bitte?“
„Hoehr mal, der Mann ist in seinem Denken einer anderen Zeit verhaftet. Wenn ich dem sage das wir die Sowjetunion angreifen muessen um den Zugriff auf das rumaenische Oel zu behalten, damit unsere Panzer weiter rollen keonnen, wird er mir sagen das er fuer rollende Panzer keinen Krieg anfaengt. Er haette ja ohnehin schon immer den Einsatz von Pferden befuerwortet.“
„So ignorant gegenueber den Panzern kann er nicht sein.“
„Doch kann er und das weiss ich durch meine eigenen Ansichten. Panzer stinken, Panzer sind laut, Panzer taugen ohne Oel nichts... . Tolle Waffen haben wir da!“
„... und sie vereinen in sich eine Kampfkraft die jedes Reiterheer schlagen kann.“
„Ja, aber dennoch muss ich die Panzer nicht heiraten. Ich habe die Panzer nie befuerwortet genausowenig wie ich die Kavallerie befuerwortet habe. Ich kann solche Dinge nicht entscheiden weil die Panzer und all diese modernen Waffen nicht meiner Zeit entspringen. Was ich gemacht habe ist, das ich Leuten mit neuen Ideen, wie Guderian, die Moeglichkeit gegeben habe ihre Ideen zu verwirklichen. Gott sei dank hat sich nun gezeigt das dies der richtige Weg gewesen ist.“
„Darum geht es aber nicht meine Herren. Der Grund warum wir ein solchen Eklat nicht gebrauchen koennen liegt darin, das Unser nicht der Erste ist der auf der Floete: „Gegen die Sowjetunion!“ spielt. Bei uns haben schon genug Wirrkoepfe vorgesprochen die einen Angriff auf die Sowjetunion aus allen moeglichen, sogar ideologischen Gruenden befuerworten.“
„Wer...“
„Jeder der sich davon Vorteile verspricht. Industrielle genauso wie auch Mitglieder der Waffen ZZ. Was der Kerl, genauso wie Nachtwandler, diesen Leuten mit Ihrer „Ruecken zur Wand“ Theorie geboten haben ist eine Steilvorlage. Ich glaube nicht das die Beiden es schlecht meinen, aber es gibt eben Leute die daraus etwas absolut schlechtes machen koennen.“
„Und denen willst Du die Tuere nicht oeffnen?“
„Nicht einen Milimeter!“
„Und wenn Unser doch Recht hat?“
„Dann haben wir verdammt wenig Zeit um darauf zu reagieren.“
„Also muss das Gesagte geprueft werden und dann eine Entscheidung her.“
„In der Tat, aber das pruefen sollte schnell gehen. Wir haben ja eine ganz hervoragende Quelle!“
„Die Prawda?“
„Genau die, auf die hat Unser sich ja bezogen. Außerdem brauchen wir im Osten mal die Luftwaffe. Wird Zeit das wir uns auch mal verfliegen... .“
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 31. März 2014 22:42

Eine kriegswichtige Arbeitskraft I

Der Ostwind, der ihr gerade um die Nase pfiff, war eines Februars wirklich wuerdig. War die Kaelte an sich schon unertraeglich, dass einem das Atmen schwer viel, so tat der Wind sein uebriges dazu. Er zwickte und zwackte in ihrem Gesicht, der Mantel den sie sich umgeschlungen waermte nicht und ihre Finger spuerte inzwischen sie auch nicht mehr.
Ach ja, die Finger. Langsam setzte sie die beiden Koffer auf der Straße ab, loeste ihre zu Krallen erstarrten Haende von den Griffen und vergrub diese anschließend unter ihren Oberarmen. Mit verschraenkten Armen stand sie dann da und tadelte sich im Geiste selbst. So lange wie die Finger weh tun ist alles in Ordnung, sie sind noch da. Wenn man aber gar nichts mehr spuert... .
Ob das ganze eine gute Idee war? Ja, unzweifelhaft, aber eine bessere Jahreszeit haette sie sich fuer diesen Versuch aussuchen koennen. Zumindest aus dem jetzigen Standpunkt draengte sich Ihr dieser Schluss auf. Allerdings war das eine Fehlkalkulation, denn die Versuche im Sommer und Herbst waren seinerzeit grandios gescheitert. Aber diesmal wuerde es klappen, diesmal wuerde sie ihr Ziel erreichen. Keine Ad hoc Aktion, sondern Planung vom Anfang bis zum Ende.
In den Koffern war alles was sie fuer die naechste Zeit brauchen wuerde, dazu hatte sie genug zu essen, etwas zu lesen und ganz wichtig, Geld. Die Abreise hatte sie zum optimalen Zeitpunkt gewaehlt und mit der Kutsche war sie nicht erneut nach Budyšin gereist. Diesmal war sie nach Sueden gefahren, mehrmals umgestiegen und ihr jetziges Ziel war der Bahnhof in Žitawa. Von da aus wuerden sie so weit reisen wie sie Ihre Beine trugen und das Geld reicht. Mindestens aber bis nach Breslau. Dort wuerde es fuer sie mehr als genug Moeglichkeiten geben um sich selbst durchzuschlagen. Sage man noch einmal der Krieg habe nur schlechte Seiten... .

Vorsichtig zog sie ihre Haende unter den Oberarmen hervor und knetete anschließend ihre Finger. Sie ließen sich kruemmen, sie konnten zupacken und auch eine Faust ballen konnte man mit ihnen. Nur spueren tat sie sie nicht. Ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
Sie erhaschte einen Blick auf ihre Armbanduhr und schlagartig wurde ihr klar, ein hervorragendes Zeichen! Flugs griff sie wieder nach ihren Koffern, wuchtete diese empor und eilte weiter in Richtung des Bahnhofes. Ihr Zug wuerde in einer Dreiviertelstunde abfahren!
Der Wind machte ihr schon bald wieder zu schaffen, aber davon nahm sie nur noch am Rande Notiz. Statt dessen malte sie sich den Bahnhof aus. Sie erwartete ein großes, steinernes Gebaeude. Drei große Eingangstueren, dazu eine hochgeschlossene Fassade mit großen langen Fenstern darin. Einen Hauch von Neo-Gotik, von Anspruch und Architektur. Innen wuerde es warm und hell sein. Große Gussradiatoren einer modernen Zentralheizung wuerde Waerme verbreiten, schoene Holzbaenke aus polierten Eichenholz, angestrahlt von großen Deckenleuchtern, laden zum verweilen ein und ein Duft von frischen Brot und heißen Getraenken wuerde die Luft erfuellen. Dazu wuerde sich ein Stimmenwirrwarr der Kommenden und Gehenden verbreiten. Alle mit einem Ziel doch jeder fuer sich selbst. Planung ist alles!
Als sie den Bahnhof dann endlich erreichte war sie weder gluecklich noch enttaeuscht. Der Bau verspruehte keinen Hauch von Neo-Gotik, mehr etwas Kastellhaftes, abwehrendes. Auch waren die Fenster bei weitem nicht so groß wie sie sich es gewuenscht hatte, allerdings hatte das Gebaeude drei große Eingangstueren. Also musste es im Inneren auch warm sein!

Schnell draengte sie hinein, nur um festzustellen das die Haupthalle unbeheizt war. Es gab zwar ein paar Baenke aber es war weit und breit keine Heizung zu sehen. Keine modernen Radiatoren, nicht einmal ein alter Kachelofen stand herum. Auch von Reisenden war nicht viel zu sehen. Zwar rannten ein paar Leute hin und her, aber diese verspruehten keinen Hauch von Welt. Eher von biederem, baeurigem Mief. Einen Hauch von Biskopice.
Aber das Dorf war jetzt zweitrangig. Sie war nun in Žitawa und sie wuerde auch diesen Ort hinter sich lassen. Erst einmal musste sie aber von ihren Koffern lassen.
Sie stellte die beiden Dinger an einer Seite der Haupthalle ab und betrachtete hernach wieder ihre Finger. Die Farbe war von einem leichten rosa vorhin nun gaenzlich zu weiß geworden. Dazu fehlte noch immer jegliches Schmerzempfinden. Ob sich so abgestorbene Finger anfuehlen? Ihre Großmutter hatte ihr einst davon erzaehlt das die Koerperteile bei Erfrierungen schwarz wuerden und dann abfallen. Diese Finger waren nicht schwarz, bewegen ließen Sie sich aber auch nicht. Und das machte ihr ernsthaft Sorgen! Vom Zeige- bis zum kleinen Finger waren beide Haende steif!
Einen Moment dachte sie darueber nach die Haende einfach irgendwo gegen zu schlagen, allerdings hatte sie sogleich Angst das die Finger wie Glas zerspringen wuerden. Nein, das wuerde nicht helfen. Was sie jetzt brauchte war Hilfe und zwar professionelle Hilfe!

„Junge Dame, ist alles in Ordnung?“ fragte eine freundliche Stimme hinter ihr und sogleich wandte sie sich um. Sie hatte sich vorgenommen augenblicklich auf ihre Haende zu verweisen doch als sie in das Gesicht des Mannes sah traf sie fast der Schlag. Das war ihr gottverdammter Cousin zweiten Grades! Sie hatte ihn schon ein paar Mal gesehen und wusste auch das er bei der Reichsbahn arbeitete. Doch nie haette sie sich traeumen lassen das er in Zittau Dienst tun wuerde. Planung ist eben alles.
„Ja... also, nun wie soll ich sagen, ich habe meine Koffer... und meine Finger... ich kann sie nicht bewegen...“ stammelte sie los und versuchte um jeden Preis zu vermeiden ihn mit seinem Namen anzusprechen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Vorsichtig reckte Sie ihm ihre Haende entgegen und hoffte nur das er sie nicht erkannte. Maenner haben oft ein schlechtes Personengedaechtnis redete sie sich ein und außerdem … ja was außerdem? Was hatte er davon sie hier anzuschwaerzen? Ihre vielen tausend gute Gruende ein.
„Eieiei, das sieht aber uebel aus.“ sagte er nur und schien freundlich zu laecheln. Doch sie erkannte sofort die Falschheit in seinen Augen. Nicht ein Wort durfte sie ihm glauben und nicht eine Sekunde durfte sie hier bleiben! „Das sind ernsthafte Erfrierungen...“ raesionierte er weiter und tupfte sogleich mit einem Stock auf ihren Fingern umher. Sie spuerte nichts, doch ob vor Wut oder Taubheit ihrer Finger vermochte sie nicht klar zu sagen. „... da kann ich dir auch nicht helfen. Da muss ein Mediziner her, warte doch bitte hier, ich werde einen herbei rufen.“.
Sie war ertappt. Er hatte im vertrauten Plauderton geantwortet, nicht im reservierten Beamtendeutsch. Er wuerde zu Hause anrufen, er wuerde Bescheid sagen und dann schlussendlich wuerde die Hoelle erneut ueber sie herein brechen. Er wandte sich laechelnd von ihr ab und ging in Richtung der Verwaltung. Ihr schossen Traenen in die Augen.

Wie lange sie so stand wusste sie nicht. Sie hielt noch immer ihre steifen Finger vor sich hin und das was sie sah verschwamm zunehmends. Ob die Finger nun abfaulten war nicht mehr wichtig, wieder war sie gescheitert und diese zerstoerte Hoffnung war es die Sie so sehr schmerzte. Die Zeit verstrich, Traenen gingen ihr ueber die Wangen und erst nach einer Weile wurde ihr bewusst das man mit ihr sprach. Sie wandte sich der Stimme zu und sah alsbald zu einem großen, dunklen Schatten herauf. Mit etwas Muehe wischte sie sich die Traengen aus den Augen und jetzt erst erkannte sie das sie vor einem Wehrmachtssoldaten stand.
„Entschuldigung...“ presste sie leise hervor und trat sogleich einen Schritt zur Seite. Doch der Mann schien nicht zufrieden zu sein: „Junges Fraeulein, warum weinen Sie?“ fragte er und der Ton verriet ihr das er es wohl nicht zum ersten Mal tat. „Die Koffer... meine Finger, sie sind ganz steif, ganz taub... und der Bahnbeamte sagt das sie tot sind!“ erwiderte sie, wohl wissen das sie die Wahrheit gerade etwas bog. Aber vielleicht bot sich hier ein Ausweg? Vorsichtig fasste der Soldat daraufhin eine ihrer Fingerspitzen an, drueckte ein klein wenig auf die Haut und erwiderte dann laechelnd: „So ein Quatsch! Komm mal mit kleines Fraeulein.“.
Der Soldat ergriff ihren Oberarm und fuehrte sie dann quer durch die Haupthalle, hin zu den Waschraeumen. Innen angekommen gingen sie schnellen Schrittes zu einem großen Steinwaschbecken. „Die selben Dinger wie in der Kaserne.“ sagte der Soldat mit einem resignierten Unterton und krempelte anschließend ihre Aermel etwas hoch. Danach drehte er das Kaltwasser auf und forderte sie auf ihre Haende darunter zu halten. „Warmes Wasser waere mir lieber.“ gab sie zu Protokoll, doch der Mann lachte nur: „Das waere fuer deine Haende aber gar nicht gut. Da gehen die kleinen Aederchen kaputt und dann sind deine Haende gruen und blau.“. Danach begann er die Haut auf ihren Haenden zu massieren und fragte: „Sag mal kleines Fraeulein, wohin willst du mit den Koffern ueberhaupt.“. „Nach Breslau!“ „Hast du da Verwandte?“ „Nein, ich suche dort nach Arbeit!“. Sprachs und ploetzlich hielt der Soldat inne.
Statt dessen ließ er von ihr ab, setzte sich auf den Beckenrand und sah sie eine Weile wortlos an, bis er schlussendlich nachhakte: „Wie alt bist du?“. „Vierunzwanzig.“. „Bitte?“ kam es noch ueberrascht zurueck. Der Mann schien es nicht glauben zu wollen. „Ich bin vierundzwanzig!“ bestaetigte sie noch einmal, doch er erwiderte leise: „Verzeihen Sie bitte, aber ich haette sie auf vierzehn geschaetzt.“. „Ja, die kleine Sabine auf großer Fahrt.“ antwortete sie nun etwas verschnupft und bemerkte ploetzlich das sich ihre Finger wieder bewegten. „Meine Finger...“ rief sie ueberrascht aus und auch der Soldat betrachtete wieder ihre Haende. Er richtete sich flugs auf, mischte ein wenig warmes Wasser dazu und ergriff erneut ihre Haende. Die Massage begann von vorn und er brummelte vor sich hin: „Bei Erfrierungen zuerst kaltes Wasser und danach vorsichtig warmes dazu geben. Spuerst du das Wasser schon?“ „Ja... und in meinen Finger zwickt es.“ „Das ist ein gutes Zeichen. Wann sind Sie geboren?“ „1916, warum fragen Sie?“ „Weil sie entweder gut rechnen koennen oder wirklich vierundzwanzig sind.“.
Jetzt sah sie ihn empoert an: „Ich bin vielleicht klein, aber wie vierzehn sehe ich nun wirklich nicht aus!“. „Doch, tun Sie, aber sein sie froh drueber. Alt wird man frueh genug und meistens sieht man dann auch noch so aus.“ war die trotzige Antwort. Oder war sie resigniert?

Spaeter, als sie ihre Haende in das Handtuch legte das er bereit hielt, fragte er ploetzlich: „Hat das mit Breslau einen tieferen Sinn?“. „Wie meinen Sie das?“. „Naja, sind sie eine kriegswichtige Arbeitskraft?“. Einen Moment lang wollte sie fragen was das war, aber der Terminus verriet ihr das dies eine Steilvorlage darstellte. „Nein, noch nicht. Aber da kann ich es bestimmt werden. Frauen werden doch in der Industrie gebraucht!“. „Das stimmt, aber in Breslau werden sie hoechstens Granaten drehen und dafuer haben sie weder die Kraft noch die Gestalt. Außerdem werden sie dabei sehr schnell sehr alt.“.
Jetzt sah sie zu ihm auf und blickte in die grauen Augen des Mannes. Irgendwo hatte sie ihn schon einmal gesehen. Vielleicht in einer Zeitung? „Wo soll ich denn sonst hingehen?“. „Gehen sie nach Berlin. Da gibt es auch viele koerperlich einfachere Berufe und da werden auch viele Arbeiter gesucht. Da ist bestimmt auch etwas fuer sie dabei.“. „Hm, ... aber ich kenne Berlin doch ueberhaupt nicht.“. „Und? Breslau kennen sie auch nicht. Am Lehrter Bahnhof in Berlin gibt es ein Buero in dem Kriegswichtige Arbeitskraefte angeworben werden. Gehen Sie dahin und der Rest fuegt sich von selbst.“.
Sie zog ihre Haende aus dem Handtuch und betrachtete sie eingehend. Alles bewegte sich so wie es sollte, die Taubheit war fort und nur ein paar rote Punkte waren geblieben. Nichts ernsthaftes, nur ein paar geplatzte Gefaeße. Als sie wieder aufsah stand der Soldat schon in der Tuere: „Ueberlegen Sie es sich gut. Manche Entscheidungen sind endgueltig.“.
Sie sagte noch leise Danke, aber der Mann war schon verschwunden. Seltsamer, hilfsbereiter Kauz.

Als der Zug endlich aus Žitawa abfuhr viel ihr ein Stein vom Herzen. Anderthalb Stunden hatte sie auf dem Bahnhof ausgeharrt, immer mit der Angst von ihrem Cousin entdeckt zu werden. Doch gesehen hat sie ihn die ganze Zeit nicht. Die Karte zu bekommen war einfacher als befuerchtet und auch Fragen hatte keiner gestellt. Fuer sie begann jetzt eine neue Zeitrechnung. Sie war jetzt eine kriegswichtige Arbeitskraft.
Laechelnd betrachtete sie Ihre Finger, spielte mit ihnen und dachte an all die Handarbeiten die sie damit noch machen konnte. An all die Worte die sie schreiben wuerde, an all die tollen Sachen die sie damit ertasten, all die Stoffe die sie fuehlen koenne und all die Haende die sie schuetteln wuerde. Vielleicht eines Tages sogar von einem Soldaten. In Berlin bestimmt moeglich. Improvisation ist alles!
Zuletzt geändert von xxHyFoxx am 24. November 2014 23:07, insgesamt 1-mal geändert.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 2. April 2014 21:21

Der Brandbrief

Die strategische Lage Finnlands

Mit der Niederlage im Winterkrieg gegen die Sowjetunion war Finnland in eine Zwangslage geraten aus der es sich ohne Hilfe von außen nicht mehr befreien konnte. Die Sowjetunion hatte die Landstriche mit den staerksten Verteidigungsanlagen besetzt, waerend gleichzeitig die wenigen industriellen Zentren die Finnland nur noch eine Armeslaenge von der roten Armee entfernt lagen. Es gab fuer Finnlands Verteidigung somit keine strategische Tiefe mehr mit der man operieren konnte.
Gleichzeitig hatte der Fortgang des Krieges in Mitteleuropa Finnland in seinen strategischen Moeglichkeiten weiter eingeschraenkt. Die Besetzung Norwegens durch deutsche Truppen schloss naemlich eine Unterstuetzung durch die Westmaechte aus. Die Niederlage Frankreichs draengte zudem Groß Britannien in eine Situation in der es seine Kraefte selbst benoetigte. Finnland konnte daher nur hoffen dass, das deutsche Reich seine anfaengliche Passivitaet aufgab und brauchbare Sicherheitsgarantien abgeben wuerde.

Ebendiese Sicherheitsgarantien hatte man zwar im Sommer 1940 bekommen, aber die finnische Regierung kam zu keinem Urteil ueber deren Belastbarkeit. Bisher hatte das deutsche Reich naemlich außer diplomatischen Avancen keinerlei Anstalten gemacht sich um die Befindlichkeiten und Beduerfnisse des neuen, nordischen Partners zu kuemmern. Dies aenderte sich erst Mitte Maerz 1941, als eine Gruppe hochrangiger deutscher Militaers Finnland besuchte. Hierbei kam es zu einem regen Erfahrungsaustausch ueber Taktik, Strategie und Ausruestung der sowjetischen Truppen sowie die Moeglichkeiten des finnischen Militaers.
Recht offen sprach man zudem den Umfang der Sicherheitsgarantien an. Finnen wie Deutsche wollten in Erfahrung bringen wie die andere Seite auf einen Konflikt mit der Sowjetunion reagieren wuerde. Dabei kristallisierte sich fuer die deutsche Seite zunehmend eine finnische Passivitaet heraus. Die Finnen waren naemlich nicht ohne weiteres bereit sich in einen Krieg der letzten beiden Kontinentalmaechte einzumischen. Ob dieser zweifelhaften Motivation stellte sich daher die Frage ob sich ein deutsches Engagement in Finnland ueberhaupt lohnen wuerde. Denn was nuetzt ein Verbuendeter der zwar da ist wenn er Hilfe braucht aber ansonsten zur Passivitaet neigt? Eine nicht jugendfreie Antwort auf diese Frage konnten gewiss die Franzosen geben.

Ein rationeller Grund fuer ebenjene Passivitaet war fuer die finnischen Militaers die eigene zahlenmaessige Unterlegenheit. Der finnische Generalstab war der Meinung mit seinen wenigen Truppen nichts gegen die Sowjetunion ausrichten zu koennen. Man wollte lieber auf einen guenstigen Zeitpunkt warten. Wie er nun wiederum aussehen solle, dieser guenstige Zeitpunkt, das verriet man gleichwohl nicht.
Deutscherseits musste man aber zugeben das die finnische Lage trotz des hohen strategischen Geschicks, dass die Finnen durch die Rettung ihrer Armee im Winterkrieg beweisen hatten, mit suboptimal wohlwollend umschrieben war. Man besaß eine sehr lange Landgrenze mit der Sowjetunion (die allerdings Groeßtenteils schwer zu passieren war), hatte die Luftwaffe verloren und verfuegte nicht ueber eine Marine die in der Lage waehre eine sowjetische Landung an der Ostseekueste zu verhindern.
Wenn Finnland also wirklich eine Hilfe in einem moeglichen Konflikt mit der Sowjetunion darstellen sollte waeren umfassende deutsche Hilfen notwendig die anderswo fehlen wuerden und gleichzeitig die Frage aufwarfen ob der Einsatz dieser Mittel die moeglichen Ergebnisse ueberhaupt rechtfertigen wuerde.

Bild

Lage Finnland 1941



Geheime Kommandosache

Von: Abt. AF

An: OKW

Betreff : Dossier Leistungsfaehigkeit und Einsatz der finnischen Armee


Die finnische Armee verfuegt ueber hervorragende Soldaten, die mehr im Gruppen- sowie Einzelkampf als Verbandskampf ausgebildet sind. Sie sind sehr gut auf das Gelaende und auf die Witterung in der sie operieren vorbereitet und in der Lage eigenstaendig zu Handeln. Ihre Ausruestung ist allerdings nicht vereinheitlicht. Ein Großteil der Truppen ist mit Beute- sowie Importwaffen unterschiedlicher Kaliber bestueckt, was den logistischen Aufwand erhoeht. Davon ungeruehrt sind die finnischen Soldaten bereit der roten Armee erneut gegenueber zu treten.
Dennoch besitzen die finnischen Divisionen nicht den selben Kampfwert wie deutsche Divisionen. Dies hat seine Ursache aber nicht in der ungenuegenden Ausruestung sondern in einem Oberbefehlshaber der nicht weiß was er will, bzw. nicht bereit ist das zu tun was zu tun waere!

Feldmarschall Mannerheim hat gewiss viel fuer den Aufbau der finnischen Armee und bei der Verteidigung im Winterkrieg getan, ist aber ungeeignet einen offensiven Krieg gegen die Sowjetunion zu fuehren. Sein ganzes Denken ist auf die Rueckgewinnung von Ostkarelien und Wiborg fokussiert. Jedwede weitere Ausdehnung des Kampfraumes lehnt er konsequent ab um die „sowjetische Fuehrung nicht zu veraergern“. Ein bisschen Krieg fuehren geht aber nicht.
Dieser Standpunkt ist so lange verstaendlich wie man davon ausgeht das Finnland allein gegen die Sowjetunion losschlagen muesse. Mannerheim ueberdenkt seinen Standpunkt aber auch dann nicht wenn er mit anderen Kraeften gemeinsam losschlagen koennte.
An dem Manne scheinen 200 Jahre europaeischer Kriegsfiuehrung ohne tiefere Erkenntnis vorbei gewandert zu sein. Er vertritt allen ernstes die Auffassung, das nach einer erfolgten Rueckeroberung der strittigen Gebiete die sowjetische Fuehrung bereit waere den finnischen Besitzanspruch darauf anzuerkennen. Die Tatsache das er sein Kriegshandwerk im zaristischen Russland gelernt hat, scheint in ihm Vorbehalte bezueglich eines Krieges gegen dem Nachfolger Russlands hervor zu rufen.

Die finnische Militaerfuehrung beschraenkt sich folglich in seinen Planungen lediglich auf die Rueckeroberung der verlorenen Gebiete. Einen Angriff auf die Murmanskbahn lehnen die finnischen Militaers ebenso ab wie einen direkten Angriff auf Murmansk selbst. Sie sind ebenso wenig bereit Leningrad von Norden her zu bedrohen, noch einen Durchbruch zum weißen Meer zu wagen.
Beim Einsatz der finnischen Armee sind diese Zielsetzungen unbedingt zu beachten. Die finnische Militaerfuehrung wird nur so lange bereit sein an unserer Seite zu streiten wie sie noch nicht „ihre“ Kriegsziele erreicht hat. Sollten sich nach dem Erreichen dieser Kriegsziele eine Verhandlungsloesung fuer die finnische Regierung ergeben, so wird die Militaerfuehrung diese dazu draengen dies zu nutzen.
Auf den Gedanken das die Sowjetunion sie zu einem spaeteren Zeitpunkt noch einmal angreifen koennte kommt Mannerheim nicht (oder er interessiert ihn nicht).

Schlussfolgerung: Finnland wird uns als Verbuendeter nur so lange erhalten bleiben wie sie im Verlauf der Kaempfe nicht zu sehr geschwaecht werden oder aber ihre Kriegsziele erreichen. Ein Offensives Vorgehen auf Murmansk oder die Murmanskbahn ist nur mit deutschen Kraeften moeglich. Um Finnland moeglichst lange im Krieg zu halten und die sieben sowjetischen Armeen an der finnischen Front zu binden muss der Operationsraum der deutschen Streitkraefte auf Murmansk und die Kola-Halbinsel beschraenkt werden. Die geographische Naehe zu Norwegen ist dabei ein weiterer wichtiger Faktor. Hierdurch bleibt uns eine Hintertuer offen, sollte Finnland sich mit einem Male dazu entscheiden aus dem Krieg ausscheiden zu wollen.

Prinzipiell sollte Finnland nur unterstuetzt werden wenn wir die Truppen hierfuer entbehren koennen. Einen sowjetischen Zugriff auf Norwegen koennen wir naemlich auch mit wesentlich weniger Truppen, durch eine Verteidigung der Finnmark, sperren.

Dossier Ende
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir