Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride
Verfasst: 1. Juli 2013 21:29
23. November, Frankreich, Sedan
Mit der Post kam heute eine Ladung von Flugblaettern herein, in der eine neue Staatsregierung bekannt gegeben wurde.
„Deutsche Soldaten!
Die Demokraten haben Deutschland 1918 vor dem Untergang gerettet! Nur durch das mutige, selbstlose Handeln der Demokraten konnte eine unnoetige Zerstoerung der Heimat, eine weitere grosse Hungersnot und hunderttausendfacher Tod von dem deutschen Volke abgewendet werden. Hoehrt ihr das Wehgeschrei eurer Heimat?
Deutschland ist nun wieder in einem Krieg gefangen und wieder werden wir Demokraten zur Stelle sein um Deutschland zu retten!
Deutsche Soldaten, an euch ist es die Weichen auf eine neue, demokratische Zukunft zu stellen. Schuetzt Deutschland vor den Nationalsozialisten, die fuer ein neues Menschenbild die Menschenwuerde mit Fuessen getreten haben. Vertraut euren Demokratischen Fuehrern.
Deutsche Soldaten! Wir Demokraten werden alles tun damit ihr umgehend in eure Heimat zurueck kehren koennt!
Fuer Frieden, Wohlstand und ein demokratisches Deutschland!“
Die Rueckseite dieser Bekanntmachung war ebenfalls bedruckt. Auf ihr waren die Minister dieser zweiten Staatsfuehrung nach dem Anschlag abgebildet worden.
Fuer mein Verstaendniss handelt es sich hierbei um eine ziemlich brisante Mischung. Es erinnerte mich an mein Gleichnis mit der NSDAP, wo allzuviele durch ein und dieselbe Tuere wollten. In dieser Reichsregierung war jede nur moegliche politische Stroemung, mit Ausnahme der Kommunisten und Nationalsozialisten vertreten. Das waren lauter Leute die sich in einem permanentem Machtkampf miteinander befinden. Da war kein Vertrauen, das kann nicht funktionieren!
Aber was blieb mir anderes uebrig als das beste zu hoffen und unserem Koch den Mund zu verbieten. Denn der erzeugt mit seinen Spruechen naemlich noch weniger Zuversicht als ich. Das erste was ihm zu der neuen Reichsregierung einfiel war: „Heiliger Florian, zünd das Haus vom Nachbarn an....“ und schlug anschließend die Haende ueber dem Kopf zusammen.
Doch damit nicht genug, waehrend der Essensausgabe gab er seinen Unmut lautstark gegenueber einem Soldaten bekannt der sich wohl positiv ueber die neue Reichsregierung geaeussert hatte. Er griff dabei auf den ersten Satz in dem Flugblatt zurueck und legte im feinsten Dialekt los: „De Demokrade hobe Deutschland 1918 vor de Undergong gereddet! Hohoho, genau so wors. 1918 habens de Macht ergriffe un ihrn Pelz inne neue Zeit gereddet! Verroten un verkauft hobens uns, de Aersche! 14 Johre hobens Deutschland zu Schund gewirtschafdet und sische Tasche vollstopft! I kann gor ned soviel koche wie isch kotze moescht!"
Als der Soldat dann Wiederworte geben wollte gab es einen Satz heiße Loeffel mit der Suppenkelle und unser Koch bewies Eindrucksvoll warum sein Spitzname Kuechenbulle war. Fuenf andere Soldaten waren Notwendig ihn zu baendigen und ins Café Viereck zu verbringen. Diese Form der Meinungsaeußerung brachte unserem Koch allerdings einen mehrtaegigen Knastaufenthalt und uns fades Essen ein.
Entschuldigt hat sich unser Koch bei dem angegriffenen Soldaten spaeter aber auch noch. „Manchmal sind die Faeuste schneller als das Hirn...“
1. Dezember, Deutschland, Berlin
Auf Wunsch des Oberkommandos der Heeresgruppe Sued bin ich am 30. November 1939 zusammen mit unserem Oberkommandierenden, Oberst Blumentritt und zwei weiteren Generalen zu einer Reise nach Berlin aufgebrochen. Dort sollten wir der ersten Reichstagssitzung des, uebrigens undemokratisch bestimmten, Parlamentes unser neuen Reichsregierung, im noch immer schwer beschaedigten Reichstagsgebaeude, beiwohnen. Anschließend war noch an eine Besprechung zwischen dem OKW und der Reichsregierung anberaumt. Dort sollte das weitere politische und militaerische Vorgehen abgestimmt werden.
Ich hatte waehrend unserer Anreise mit dem Zug nur schlecht geschlafen und unter anderem getraeumt dass die Welt untergeht. Als ich in Berlin aufwachte war aber alles noch viel schlimmer, sie stand ja noch! Doch der Reihe nach...
Puenktlich um acht Uhr war die geladene Generalitaet vollzaehlig im Reichstag angetreten. Von den bestimmten Parlamentariern war auch schon gut die Haelfte eingetroffen und daher verzoegerte sich der Sitzungsbeginn nur ein wenig. Diese Unpeunktlichkeit fuehrte zu einigen sueffisanten Kommentaren einzelner Generale alà: „La Boheme ist zu dieser fruehen Stunde noch nicht wach...“. Andererseits gab uns dies Zeit die entstandenen, noch sichtbaren Schaeden durch den Reichstagsbrand zu begutachten. Derlei waren noch ueberall zu sehen, verkohlte Holzpanele, eine verrußte Kuppel, zerstoertes Mobilar und zerschlagene Fenster allerorten. Das Gebaeude machte trotz seiner massiven Bauweise einen aeußerst klapprigen Eindruck.
Einen aeußerst klapprigen Eindruck machten auch ein paar der Parlamentarier. Diesen schien die Regierungszeit der NSDAP nicht so gut bekommen zu sein. Der feine Zwirn der ihre Leiber bedeckte konnte nicht ueber die koerperlichen Schaeden der Abgeordneten hinweg taeuschen, was zu einer zynischen Konversation innerhalb unserer Delegation fuehrte von der ich nur einige Wortfetzen mitbekam: „Der sieht aber gar nicht einem Deputiertem aus. Eher nach einem Amputierten, der hat sich sicher verlaufen...“ „Scheint fast so als ob der die letzten sechs Jahre arbeiten musste...“ „Arbeiten, unfassbar...“ „Den koennen die aber nicht zum Predigen von Enthaltsamkeit vor die Kameras der Wochenschau stellen.“ „In der Tat, nicht dick und rund genug. Dem koennte man glauben das er weiß was Enthaltsamkeit ist.“
Tatsaechlich machten diese ausgemergelten Gestalten auf mich einen gewissen Eindruck. Ein paar von ihnen hatte ich schon vor '33 in verschiedenen Zeitungen gesehen. Damals hatten Sie sich mit ihrer Großspurigkeit gegenseitig uebertroffen und mit dem sicheren Abgeordnetenstuhl unter dem Hintern und dem Futtertrog vor der Nase den Deutschen empfohlen laenger fuer weniger Geld zu arbeiten. Der Deutsche seie ohnehin ueberversorgt und die umlagefinanzierte Rente werde in 30 Jahren zusammen brechen. Das brachte uns eine kapitalgedeckte Rente ein, an der Banken und Versicherungen zwar vortrefflich verdienten, aber der einfache Rentner nach Strich und Faden beschissen wurde. Ob die sich wohl immernoch wundern warum die radikalen Kraefte der Politik immer staerker geworden sind?
Doch von dieser Großspurigkeit war bei den Personen nichts mehr zu merken. Sie strahlten trotz ihres Zustandes eine gewisse Wuerde aus und wirkten in ihrem ganzen Benehmen weiser. Was hatte ihnen ihr ganzes Geld das sie angehaeuft hatten genutzt als blanke Gewalt ueber das Wohl und Wehe eines Menschen entschied? Ob sie die Belange des deutschen Volkes und seiner Lebensgrundlage nun ernster nehmen wuerden?
Gewiß mehr als jene Gestalten die als Abgeordnete neu hinzu gekommen waren. Ein besonders schoenes Exemplar davon, geradezu das Klischee des Deputiertem trampelte vor uns herum und tat sogleich das was er am zweitbesten konnte oder koennen musste. Wohlgenaehrt, Wohlgkleidet und sogleich am jammern. Der Sitzungssaal seie herunter gekommen, die Stuehle seien dreckig und ziehen tut es auch noch. Diese unhaltbaren, eines Parlamentes und seiner Anwesenheit unwuerdigen Zustaende tat er dann laut im Sitzungssaal kund. So laut das sich unser hochverehrter Generaloberst von Rundstedt zu einem seiner seltenen Kommentare veranlasst sah. Es war ein Zitat von Kaiser Wilhelm I das er gegenueber dem Reichskanzler Otto von Bismarck aeusserte, bezueglich der Tatsache das die Reichstagsabgeordneten unter anderem aufgrund des weiten Fußweges von den Hotels, es ablehnten das „ihr“ Reichstag dort gebaut wuerde wo nun die Krolloper steht. Der Kaiser befuerwortete den neuen Standort anstelle der Krolloper weil „dem doch eigentlich nur der gefürchtete Schnupfen einiger kränklicher Députirter entgegenstehet …“ .
Ueber den Rest dieser Sitzung ist mit einem Zitat von Bismarck alles wesentliche gesagt. Daher breite ich darueber den Mantel des Schweigens aus.
„(Es ist) "für mich an der Zeit, in das Haus der Phrasen (Abgeordnetenhaus) zu gehen. In diesem sitze ich nun wieder, höre die Leute Unsinn reden, und beendige meinen Brief; die Leute sind alle darüber einig, unsere Verträge mit Belgien gut zu heißen, und doch sprechen 20 Redner, schelten einander mit der größten Heftigkeit, als ob jeder den anderen umbringen wollte; (...) echt deutsch leider, Streit um des Kaisers Bart, querelles d'Allemand (...) diese Schwätzer können Preußen wirklich nicht regieren, ich muß dem Widerstand leisten, sie haben zu wenig Witz und zuviel Behagen, dumm und dreist. Dumm in seiner Allgemeinheit ist nicht der richtige Ausdruck: Die Leute sind, einzeln betrachtet, zum Theil recht gescheut, meist unterrichtet, regelrechte deutsche Universitätsbildung, aber von Politik über Kirchthurm-Interessen hinaus wissen sie so wenig, als wir Studenten davon wußten (...) massenweise dumm, einzeln verständig.“
Interessanter fuer uns und auch das einzig richtige Thema war eigentlich die Besprechung zwischen OKW und der Reichsregierung. Fuer mich sollte dies auch noch harte Konsequenzen nach sich ziehen, da mein emotionaler Zustand sich waehrend der Reichstagssitzung nicht zum besseren gewandt hatte.
Mit der Post kam heute eine Ladung von Flugblaettern herein, in der eine neue Staatsregierung bekannt gegeben wurde.
„Deutsche Soldaten!
Die Demokraten haben Deutschland 1918 vor dem Untergang gerettet! Nur durch das mutige, selbstlose Handeln der Demokraten konnte eine unnoetige Zerstoerung der Heimat, eine weitere grosse Hungersnot und hunderttausendfacher Tod von dem deutschen Volke abgewendet werden. Hoehrt ihr das Wehgeschrei eurer Heimat?
Deutschland ist nun wieder in einem Krieg gefangen und wieder werden wir Demokraten zur Stelle sein um Deutschland zu retten!
Deutsche Soldaten, an euch ist es die Weichen auf eine neue, demokratische Zukunft zu stellen. Schuetzt Deutschland vor den Nationalsozialisten, die fuer ein neues Menschenbild die Menschenwuerde mit Fuessen getreten haben. Vertraut euren Demokratischen Fuehrern.
Deutsche Soldaten! Wir Demokraten werden alles tun damit ihr umgehend in eure Heimat zurueck kehren koennt!
Fuer Frieden, Wohlstand und ein demokratisches Deutschland!“
Die Rueckseite dieser Bekanntmachung war ebenfalls bedruckt. Auf ihr waren die Minister dieser zweiten Staatsfuehrung nach dem Anschlag abgebildet worden.
Fuer mein Verstaendniss handelt es sich hierbei um eine ziemlich brisante Mischung. Es erinnerte mich an mein Gleichnis mit der NSDAP, wo allzuviele durch ein und dieselbe Tuere wollten. In dieser Reichsregierung war jede nur moegliche politische Stroemung, mit Ausnahme der Kommunisten und Nationalsozialisten vertreten. Das waren lauter Leute die sich in einem permanentem Machtkampf miteinander befinden. Da war kein Vertrauen, das kann nicht funktionieren!
Aber was blieb mir anderes uebrig als das beste zu hoffen und unserem Koch den Mund zu verbieten. Denn der erzeugt mit seinen Spruechen naemlich noch weniger Zuversicht als ich. Das erste was ihm zu der neuen Reichsregierung einfiel war: „Heiliger Florian, zünd das Haus vom Nachbarn an....“ und schlug anschließend die Haende ueber dem Kopf zusammen.
Doch damit nicht genug, waehrend der Essensausgabe gab er seinen Unmut lautstark gegenueber einem Soldaten bekannt der sich wohl positiv ueber die neue Reichsregierung geaeussert hatte. Er griff dabei auf den ersten Satz in dem Flugblatt zurueck und legte im feinsten Dialekt los: „De Demokrade hobe Deutschland 1918 vor de Undergong gereddet! Hohoho, genau so wors. 1918 habens de Macht ergriffe un ihrn Pelz inne neue Zeit gereddet! Verroten un verkauft hobens uns, de Aersche! 14 Johre hobens Deutschland zu Schund gewirtschafdet und sische Tasche vollstopft! I kann gor ned soviel koche wie isch kotze moescht!"
Als der Soldat dann Wiederworte geben wollte gab es einen Satz heiße Loeffel mit der Suppenkelle und unser Koch bewies Eindrucksvoll warum sein Spitzname Kuechenbulle war. Fuenf andere Soldaten waren Notwendig ihn zu baendigen und ins Café Viereck zu verbringen. Diese Form der Meinungsaeußerung brachte unserem Koch allerdings einen mehrtaegigen Knastaufenthalt und uns fades Essen ein.
Entschuldigt hat sich unser Koch bei dem angegriffenen Soldaten spaeter aber auch noch. „Manchmal sind die Faeuste schneller als das Hirn...“
1. Dezember, Deutschland, Berlin
Auf Wunsch des Oberkommandos der Heeresgruppe Sued bin ich am 30. November 1939 zusammen mit unserem Oberkommandierenden, Oberst Blumentritt und zwei weiteren Generalen zu einer Reise nach Berlin aufgebrochen. Dort sollten wir der ersten Reichstagssitzung des, uebrigens undemokratisch bestimmten, Parlamentes unser neuen Reichsregierung, im noch immer schwer beschaedigten Reichstagsgebaeude, beiwohnen. Anschließend war noch an eine Besprechung zwischen dem OKW und der Reichsregierung anberaumt. Dort sollte das weitere politische und militaerische Vorgehen abgestimmt werden.
Ich hatte waehrend unserer Anreise mit dem Zug nur schlecht geschlafen und unter anderem getraeumt dass die Welt untergeht. Als ich in Berlin aufwachte war aber alles noch viel schlimmer, sie stand ja noch! Doch der Reihe nach...
Puenktlich um acht Uhr war die geladene Generalitaet vollzaehlig im Reichstag angetreten. Von den bestimmten Parlamentariern war auch schon gut die Haelfte eingetroffen und daher verzoegerte sich der Sitzungsbeginn nur ein wenig. Diese Unpeunktlichkeit fuehrte zu einigen sueffisanten Kommentaren einzelner Generale alà: „La Boheme ist zu dieser fruehen Stunde noch nicht wach...“. Andererseits gab uns dies Zeit die entstandenen, noch sichtbaren Schaeden durch den Reichstagsbrand zu begutachten. Derlei waren noch ueberall zu sehen, verkohlte Holzpanele, eine verrußte Kuppel, zerstoertes Mobilar und zerschlagene Fenster allerorten. Das Gebaeude machte trotz seiner massiven Bauweise einen aeußerst klapprigen Eindruck.
Einen aeußerst klapprigen Eindruck machten auch ein paar der Parlamentarier. Diesen schien die Regierungszeit der NSDAP nicht so gut bekommen zu sein. Der feine Zwirn der ihre Leiber bedeckte konnte nicht ueber die koerperlichen Schaeden der Abgeordneten hinweg taeuschen, was zu einer zynischen Konversation innerhalb unserer Delegation fuehrte von der ich nur einige Wortfetzen mitbekam: „Der sieht aber gar nicht einem Deputiertem aus. Eher nach einem Amputierten, der hat sich sicher verlaufen...“ „Scheint fast so als ob der die letzten sechs Jahre arbeiten musste...“ „Arbeiten, unfassbar...“ „Den koennen die aber nicht zum Predigen von Enthaltsamkeit vor die Kameras der Wochenschau stellen.“ „In der Tat, nicht dick und rund genug. Dem koennte man glauben das er weiß was Enthaltsamkeit ist.“
Tatsaechlich machten diese ausgemergelten Gestalten auf mich einen gewissen Eindruck. Ein paar von ihnen hatte ich schon vor '33 in verschiedenen Zeitungen gesehen. Damals hatten Sie sich mit ihrer Großspurigkeit gegenseitig uebertroffen und mit dem sicheren Abgeordnetenstuhl unter dem Hintern und dem Futtertrog vor der Nase den Deutschen empfohlen laenger fuer weniger Geld zu arbeiten. Der Deutsche seie ohnehin ueberversorgt und die umlagefinanzierte Rente werde in 30 Jahren zusammen brechen. Das brachte uns eine kapitalgedeckte Rente ein, an der Banken und Versicherungen zwar vortrefflich verdienten, aber der einfache Rentner nach Strich und Faden beschissen wurde. Ob die sich wohl immernoch wundern warum die radikalen Kraefte der Politik immer staerker geworden sind?
Doch von dieser Großspurigkeit war bei den Personen nichts mehr zu merken. Sie strahlten trotz ihres Zustandes eine gewisse Wuerde aus und wirkten in ihrem ganzen Benehmen weiser. Was hatte ihnen ihr ganzes Geld das sie angehaeuft hatten genutzt als blanke Gewalt ueber das Wohl und Wehe eines Menschen entschied? Ob sie die Belange des deutschen Volkes und seiner Lebensgrundlage nun ernster nehmen wuerden?
Gewiß mehr als jene Gestalten die als Abgeordnete neu hinzu gekommen waren. Ein besonders schoenes Exemplar davon, geradezu das Klischee des Deputiertem trampelte vor uns herum und tat sogleich das was er am zweitbesten konnte oder koennen musste. Wohlgenaehrt, Wohlgkleidet und sogleich am jammern. Der Sitzungssaal seie herunter gekommen, die Stuehle seien dreckig und ziehen tut es auch noch. Diese unhaltbaren, eines Parlamentes und seiner Anwesenheit unwuerdigen Zustaende tat er dann laut im Sitzungssaal kund. So laut das sich unser hochverehrter Generaloberst von Rundstedt zu einem seiner seltenen Kommentare veranlasst sah. Es war ein Zitat von Kaiser Wilhelm I das er gegenueber dem Reichskanzler Otto von Bismarck aeusserte, bezueglich der Tatsache das die Reichstagsabgeordneten unter anderem aufgrund des weiten Fußweges von den Hotels, es ablehnten das „ihr“ Reichstag dort gebaut wuerde wo nun die Krolloper steht. Der Kaiser befuerwortete den neuen Standort anstelle der Krolloper weil „dem doch eigentlich nur der gefürchtete Schnupfen einiger kränklicher Députirter entgegenstehet …“ .
Ueber den Rest dieser Sitzung ist mit einem Zitat von Bismarck alles wesentliche gesagt. Daher breite ich darueber den Mantel des Schweigens aus.
„(Es ist) "für mich an der Zeit, in das Haus der Phrasen (Abgeordnetenhaus) zu gehen. In diesem sitze ich nun wieder, höre die Leute Unsinn reden, und beendige meinen Brief; die Leute sind alle darüber einig, unsere Verträge mit Belgien gut zu heißen, und doch sprechen 20 Redner, schelten einander mit der größten Heftigkeit, als ob jeder den anderen umbringen wollte; (...) echt deutsch leider, Streit um des Kaisers Bart, querelles d'Allemand (...) diese Schwätzer können Preußen wirklich nicht regieren, ich muß dem Widerstand leisten, sie haben zu wenig Witz und zuviel Behagen, dumm und dreist. Dumm in seiner Allgemeinheit ist nicht der richtige Ausdruck: Die Leute sind, einzeln betrachtet, zum Theil recht gescheut, meist unterrichtet, regelrechte deutsche Universitätsbildung, aber von Politik über Kirchthurm-Interessen hinaus wissen sie so wenig, als wir Studenten davon wußten (...) massenweise dumm, einzeln verständig.“
Interessanter fuer uns und auch das einzig richtige Thema war eigentlich die Besprechung zwischen OKW und der Reichsregierung. Fuer mich sollte dies auch noch harte Konsequenzen nach sich ziehen, da mein emotionaler Zustand sich waehrend der Reichstagssitzung nicht zum besseren gewandt hatte.