1. Quartal 1936
Ein braver Parteisoldat Am 7. Januar 1936 brachte ein Bote einen Brief, dass ich mich am folgenden Tage zur Sitzung des Zentralkomitees einzufinden hätte. In diesen Tagen war dies ein zweischneidiges Schwert, da diese Praxis sowohl bei Politikern angewandt wurde die im Begriff waren die Karriereleiter hinaufzusteigen als auch bei solchen die ihren Zenit erreicht und die Clique um Stalin verärgert hatten. Diesen wurde dann vor der versammelten politischen Führung der SU die Hölle heiß gemacht und nicht wenige wurden direkt danach vom NKWD zur Vernehmung eingesammelt. Von diesen sah man nichts mehr bis sie irgendwann gebrochen in Schauprozessen abgeurteilt wurden, natürlich erst wenn sie das gestanden hatten, was die Parteiführung wollte. Davor war ich auch durch meinen Posten als Bürgermeister von Moskau nicht gefeit, falls ich die falschen Leute verärgert hätte. Durch meine Vergangenheit beim NKWD hatte ich dort noch einige Bekannte und erkundigte mich bei diesen ob mein Name auf einer ihrer berüchtigten Listen aufgetaucht wäre. Dem war nicht so, daher fuhr ich am nächsten Morgen mit dem mir geschickten Schlitten frohen Mutes zum Kreml. Als ich dort ankam meldete ich mich bei Stalins Sekretärin die mir bedeutete kurz zu warten. Sie verschwand hinter einer reich verzierten hölzernen Doppeltür und kam nach einigen Augenblicken zurück. Danach winkte sie mich durch. Der Raum in den ich kam war vollgestopft mit der politischen Nomenklatura des Landes. Vor Stalins Platz stand ein eingeschüchterter Mann der von Stalin, Molotov und Kaganowitsch die Hölle heiß gemacht bekam. Ich verstand nur „…Sie haben das Plan soll bei weitem nicht erfüllt…Korruption allenthalben…“ Wiktor Urbanov, so hieß der arme Hund, plötzlich erinnerte ich mich, stammelte etwas von korrupten Provinzfürsten und unfähigen Kombinatsleitern. Das schien Stalin nicht zu beeindrucken, nachdem er eine weitere Minute zugehört hatte sagte er: “Wiktor Michailowitsch, gestehen sie ein dass sie schuld an der ganzen Misere sind.“ Worauf dieser dieses weiter verneinte. Man sah dass bei Stalin die Halsschlagader wuchs, das war ein sicheres Zeichen dass er gleich explodieren würde. So kam es dann auch, sein Gesicht färbte sich dunkelrot und brüllte: “Seien sie einfach still. Wenn sie hier nicht gestehen wollen, können sie das beim NKWD tun, sie Verräter!“ Zwei stämmige Geheimpolizisten packten den aschfahl gewordenen Mann und schleiften ihn aus dem Raum. Ich versuchte in dem Moment nicht weiter aufzufallen. Stalin beruhigte sich so schnell wieder wie er aus der Haut fuhr. Er zündete sich seine georgische Pfeife an und schwieg ein paar Augenblicke. Dann rief er meinen Namen und ich trat vor. „Genosse Bulganin…“ er ließ die Anrede etwas ausklingen und setzte dann wieder an „… ich habe mir sagen lassen, dass sie vorzügliche Leistungen in der Leitung eines Elektroindustriekombinates und als Direktor der Moskauer Elektrizitätsversorgung gezeigt haben, bevor sie Moskauer Bürgermeister wurden“. Ich nickte nur. „Gut“ fuhr er fort „sind sie bereit für die Sowjetunion größere Verantwortung zu übernehmen?“ Ich schluckte, eigentlich hatte ich mich auf meinem Posten als Moskauer Bürgermeister gut eingerichtet, doch eine Ablehnung hätte Stalin vor der versammelten Nomenklatura verärgert, was zu dieser Zeit äußerst hässlich enden konnte. Daher sagte ich: „Natürlich Genosse Stalin“. Die Antwort schien Stalin zu gefallen, er beugte sich zu Lazar Kaganowitsch herüber und flüsterte ihm etwas zu. Dann wandte er sich wieder mir zu und sagte: „Der bedauernswerte Verräter der vorhin abgeführt wurde, war als rechte Hand des Kommissars für die Industrie für die Überwachung des 5-Jahresplanes zum Industrieausbau verantwortlich, und grandios erfolglos. Sie haben nun seinen Posten, machen sie es besser. Ach ja, sie bekommen auch den Kandidatenstatus des bedauernswerten Genossen im ZK.“ Ich bedankte mich bei Stalin, für die Ehre und trat zurück in die Reihe der anderen ZK Mitglieder und Kandidaten. Die Sitzung ging noch stundenlang und endete wie viele dieser Sitzungen zu jener Zeit spät in der Nacht mit einem orgiastischem Saufgelage. Der Chef der Geheimpolizei Jagoda hatte irgendwo freizügige Damen aufgetan. Ich machte mir ernsthafte Sorgen um meine Gesundheit falls jede dieser Sitzungen so ablaufen sollte, vor allem da Stalin jeden am nächsten Morgen an seinem Posten erwartete. Die die das Pensum nicht durchhielten, hielten sich in der Regel nicht lange im engsten Kreis der Macht.
Am nächsten Morgen brachte man mich in ein Büro das bis unter die Decke vollgestopft war mit unzähligen Akten. Also machte ich mich zuerst mal ans Aktenstudium.
In den Jahren 1933, 1934 und 1935 war der 5-Jahresplan zur weiteren Industrialisierung des Landes nicht nach Stalins Vorstellungen gelaufen. Der Ausstoß an schwerindustriellen Gütern war nicht signifikant gestiegen. Dieser Posten war einerseits ein Sprungbrett ganz nach oben und andererseits hatte er schon viele Karrieren ruiniert. Es waren schon eine ganze Reihe von fähigen Männern an der Trägheit der russischen Industrie gescheitert.
Zuerst ließ ich alle Angestellten meines Bereiches kommen stellte mich als der neue Chef vor und hörte mir ihre Meinung an, woran mein Vorgänger gescheitert wäre. Bevor ich hochtrabende Pläne schmiedete wollte ich zuerst die Probleme analysieren. Es kristallisierte sich langsam heraus, dass mein Vorgänger anscheinend kein glückliches Händchens bei der Besetzung der Posten der Kombinatsleiter hatte. Alle hatten eine tadellose Parteibiographie, die meisten hatten auch schon in der Industrie gearbeitet, doch als Maschinenschlosser lernt man nicht wie eine Fabrik zu leiten ist. Und studierte linientreue Parteikarrieristen fehlte einfach die Praxiserfahrung. Alles in allem ein systemgeschuldetes Problem.
Also mussten 2 Dinge geschehen:
Die bestehenden Fabriken mussten effizienter Arbeiten und perspektivisch musste weitere Schwerindustrie aufgebaut werden.
An der ersten Aufgabe waren wie schon gesagt schon einige Industriekommissare gescheitert. Ich versuchte einen Zwischenweg, jungen theoretisch gut ausgebildeten Hochschulabgängern stellte ich erfahrene Industriearbeiter zur Seite, so dass beide voneinander profitieren konnten. Zum einen hoffte ich so die Theorie mit der Praxis besser vereinen zu können und zum zweiten hoffte ich, dass sich die beiden gleichberechtigten Leiter gegenseitig auf die Finger schauten und so die ausufernde Korruption eingedämmt werden könne.
Für den zweiten Punkt hatte ich ebenfalls einen Plan entwickelt der mit der vorherigen Praxis brach. Nach einer Begutachtung der bestehenden Industriekomplexe kam man schnell zu dem Schluss dass das Herz der sowjetischen Industrie in der der westlichen Russischen RSFSR und der Ukrainischen SSR angesiedelt war. In Sibirien dagegen, wo nach Angaben von Geologen riesige Rohstoffvorkommen unter der Erde schlummerten waren nur vereinzelte Betriebe angesiedelt, was natürlich auch an der geringen Bevölkerungsdichte und schlechten infrastrukturellen Anbindung dort lag. Doch potentielle Arbeitskräfte gab es inzwischen viele in Westsibirien. Das Heer der Deportierten.
Mit einem Team von ausländischen, hauptsächlich deutschen Industrieexperten, die ich aus politischen Emigranten des Deutschen Reiches rekrutierte, die vorher in der prosperierenden deutschen Schwerindustrie beschäftigt waren und Geologen der Moskauer und Leningrader Universitäten besuchte ich die bestehenden Betriebe und potentielle Gebiete für neue volkseigene Industriekomplexe. Mir wurden einige Vorschläge gemacht wie man die Effizienz der derzeitigen Betriebe steigern könne. Ausserdem erarbeiteten meine Berater ein Konzept zur besseren Aus- und Fortbildung der Arbeiter. Dazu entwickelten wir ein Programm für die Leichtindustrie um die Nachschubgüterproduktion anzuschieben. Es sollte 1936 vor Allem die Produktion von Radioapparaten, Grammophonen und Fahrrädern erhöht werden um den Lebensstandard der sowjetischen Bevölkerung zu verbessern.
Darüber hinaus gab ich die Direktive heraus, dass die bestehende Schwerindustrie Maschinen und Teile für weitere Betriebe produzieren sollten die in Zukunft in Sibirien entstehen sollten. Durch einen Erlass des Genossen Stalin konnten die Bauern in der Sowjetunion zu unbezahlten Arbeiten im Infrastrukturbereich herangezogen werden, was meinen Plänen sehr entgegenkam um das Land für neuen Industriekomplexe zu erschließen.
Berichte aus der Sitzung des ZK im 1.Quartal 1936:In der turnusmäßigen ZK-Sitzung brachte der Genosse Voroshilov, Volkskommissar für Verteidigung, Bilder der aktuellen Panzer und Flugzeugmodelle mit die die Rote Armee aktuell verwendet.
Die Anforderung der Roten Armee umfasst vor allem eine Weiterentwicklung bei den Panzern, zu schwereren und stabileren Konstruktionen. Daher wurde eine Weiterentwicklung der aktuellen Panzer- und Flugzeugmodelle für die Landesverteidigung veranlasst.
In der Folge berichtete der Oberbefehlshaber der Roten Flotte Wladimir Orlow und setzte das Politbüro über die Verfassung und Zusammensetzung der Flotte in Kenntnis was alle im Raum ernüchterte und es wurde einigen klar warum die SU nicht zu den diversen Konferenzen zur Begrenzung der Flottenrüstung die von den Briten, Amerikanern, Franzosen, Italienern und Japanern abgehalten wurden eingeladen wurde. Die Flotte war einfach keine Bedrohung für die Marinen der Welt. Eine Handvoll abgehalfterter Schlachtschiffe aus der Zarenzeit und einige Kreuzer und Zerstörer verrotteten seit 15 Jahren in den diversen Häfen. Die modernsten Einheiten waren ein paar Uboote die in den letzten 10 Jahren gebaut wurden. Die Flotte war keiner der Marinen der Großmächte auch nur annähernd gewachsen.
Es wurden vom Genossen Volkskommissar für Außen- und Innenhandel Anastas Mikojan verschiedene Handelsabkommen mit diversen europäischen Mächten geschlossen um den Bedarf an Konsumgütern zu decken, solange die sowjetische Wirtschaft noch nicht komplett autark ist.
Bericht des Volkskommissariats für Auswärtiges:- Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges
- Am 7. März rückten deutsche Truppen in die aufgrund des Versailler Vertrages von 1919 und des Locarno-Vertrages von 1925 entmilitarisierte Zone des Rheinlands ein; sie sollen die deutsche Wehrhoheit wiederherstellen.
- Die französische Regierung erklärte sich bereit, Rumänien eine Anleihe in Höhe von mehreren Milliarden Francs zu gewähren. Außerdem wollten die Franzosen Waffen an Rumänien und Jugoslawien liefern, ein Affront gegenüber uns. Wir schickten eine Protestnote gegen die weitere Bewaffnung der immer kecker auftretenden Rumänen.
Bericht des Volkskommissariats für Verteidigung:- In Moskau verkündet der sowjetische Marschall, Michail N. Tuchatschewski, dass die Stärke der Roten Armee 1936 auf 1,3 Millionen Mann gestiegen sei.
- Der sowjetische Volkskommissar und Vertraute von Regierungschef Josef W. Stalin, Lasar M. Kaganowitsch, sagt bei einem Besuch in Wladiwostok, die Sowjetunion sei gerüstet, um eine Offensive der Japaner abzuwehren.
- Nach einem Zwischenfall an der mandschurisch-mongolischen Grenze verschlechtern sich die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Japan weiter, Stalin verspricht der Mongolei militärische Hilfe im Fall eines Konfliktes mit Japan. Bei einem Zwischenfall an der mandschurisch-sowjetischen Grenze werden zwei japanische Piloten von sowjetischen Soldaten gefangengenommen.