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[HoI III TFH AAR] Das Blatt hat sich gewendet

Verfasst: 11. November 2015 17:43
von Taras
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Ich habe mich entschlossen, wiederum einen AAR anzuschieben.

HoI III - Their finest Hour; Walküremod
Land: Deutschland 1943, historischer Start 'Das Blatt hat sich gewendet'
Schwierigkeit: normal

.. und Eure Kommentare könnt Ihr hier hinterlassen: Kommentar

Das Blatt hat sich gewendet

Verfasst: 11. November 2015 17:47
von Taras
Stalingrad 2. Februar 1943

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Oberfeldwebel Hartranft steuerte seine Heinkel in den anbrechenden Tag. Vom Flugplatz Tazinskaja war es eine knappe dreiviertel Stunde reine Flugzeit bis zum Ziel. Generalleutnant Fiebig, Kommandeur des VIII Fliegerkorps, hatte seiner und noch vier anderen Maschinen den Auftrag erteilt, in Richtung Stalingrad aufzuklären und wenn möglich kämpfende Wehrmachtsverbände oder Ausbrecher zu versorgen. Unter den Tragflächen seiner He-111 waren zwei Versorgungsbomben aufgehängt – offizielle Bezeichnung Mischlastabwurfbehälter 250.
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Kurz vor dem Start hatten sie erfahren, dass die 6. Armee die Kämpfe eingestellt hatte und so war die Hoffnung gering, dass dieser Einsatz noch etwas nutzen würde. Es gab jedoch auch die Information, dass das XI Armeekorps unter General Strecker im Norden der Stadt beim Traktorenwerk weiterhin Widerstand leistete.

Vor ihnen schälte sich das völlig zerstörte Stadtgebiet aus der Eintönigkeit der Steppe und der Dämmerung des trüben Wintertages. In den Trümmern waren keinerlei Bewegungen auszumachen, keine Kämpfe, keine Signale. Trotz der Gefahren ließ Hartranft seinen Bomber tiefer sacken. Vom Tennisschläger – der nicht zu verfehlenden Schienenschleife – suchte er nach Süden in Richtung Kaufhaus Univermarg. Das war der letzte bekannte Gefechtsstand von General Paulus. Auch hier keine Regung. Niemand schoss auf sie und die Russen ließen auch keine Jäger aufsteigen. Die Stadt und der Krieg waren wie erstorben.
Am Ufer der Wolga entlang tastete sich der einsame deutsche Bomber nach Norden. Doch auch in der Trümmerwüste der Traktorenfabrik waren keine Signale auszumachen. Nach zwei vergeblichen Runden zog Hartranft seine Heinkel langsam in die Höhe und machte sich resigniert auf den Heimflug nach Westen. Zurück blieb das tote Stalingrad. Der Winter hatte sein Leichentuch über die Stadt und die in ihr verblutete 6. Armee gedeckt.

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3. Februar 1943
Aus dem Führerhauptquartier wird gemeldet: "Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt, der Kampf um Stalingrad ist zu Ende. Ihrem Fahneneid getreu ist die 6. Armee unter der vorbildlichen Führung des Generalfeldmarschalls Paulus der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen."

Die Lage

Verfasst: 13. November 2015 10:38
von Taras
Gleich dem Leichentuch über der 6. Armee hatte sich bereits weit vorher ein Netz über Deutschland und halb Europa gelegt. Zuerst nur dünne Fäden, von der Gestapo und dem Sicherheitsdienst leicht zerrissen, hat es sich mit den schweren Niederlagen von Moskau und Stalingrad dichter und stärker gewebt. In der Illegalität agierten Kommunisten mit ihren Hoffnungen auf Moskau und Sozialdemokraten mit ihren Hoffnungen auf die Sozialistische Internationale. Sie hatten Verbindungen zu Humanisten und Christen, die sich von der nackten Brutalität der Nazis abgestoßen fühlten. Von hier zogen sich Fäden zu düpierten Aristokraten und Mitgliedern der alten Eliten, denen in ihrem Standesdünkel die mangelnde Kultur und Bildung der proletenhaften Nazibonzen sowie deren frivole Plünderungsmentalität bitter aufstieß. Weiter zu den Militärs, die entlassen oder in die Reserve versetzt wurden. Das politische und strategische Versagen der Hitlerclique hatte sie 41 und 42 in unhaltbare Positionen manövriert und war letztendlich ihnen unter ehrverletzenden Vorwürfen zur Last gelegt worden. Diese hielten mit Kommandeuren, Patrioten und Nationalisten Verbindung, denen die abenteuerliche und dilettantische Militärpolitik größte Sorge um die Zukunft Deutschlands machte. Selbst überzeugte Faschisten befanden sich in diesem Netz. Sie postulierten, das Hitler die wahre Bewegung verraten und sich von der Bourgeoisie habe kaufen lassen. Andere Nazis witterten in einem Sturz des Diktators die einzige Chance auf persönliches Vorankommen.
Fäden spannen sich in Kirchen und Kanzleien, über Landsitze und Bürgerhäuser, in Botschaften und Ministerien. Sie legten sich zwischen die Stäbe der Besatzungstruppen, des Ersatzheeres und der Kampftruppen, von Berlin reichten sie bis ins ferne Russland.

Seit Dezember 42 war die Wehrmacht an der Ostfront fast ununterbrochen in Kämpfe verwickelt. Die Russen griffen an fast allen Frontabschnitten an um den Deutschen ein Manövrieren mit den Kräften zur Rettung der zerschmetterten Südflanke unmöglich zu machen.
Im Hauptquartier der Heeresgruppe Mitte bei Witebsk schafften es vier vertraute Generalstabsoffiziere erstmals seit Tagen wieder einige Augenblicke der Ruhe mit einander verbringen. Der Raum im Verwaltungsgebäude einer Kolchose war angenehm geheizt. Man konnte sogar die Mäntel ausziehen. Auf dem ramponierten Tisch dampfte Kaffee.
Müdigkeit stand in den Gesichtern der vier Offiziere und vorerst hatte niemand die Energie sich zu unterhalten. Worüber auch, die Nachrichten waren überall zu bedrückend.
Der Ia der Heeresgruppe Mitte, Oberst i.G. Henning von Tresckow schob schließlich mit einem Grunzen die Zeitung, in der er bis eben lustlos geblättert hatte in die Mitte des Tisches und rieb sich mit beiden Händen die brennenden Augen. Philipp Freiherr von Boeselager – Adjudant des Kommandeurs der Heeresgruppe – schaute skeptisch auf das bereits reichlich zerknitterte Titelblatt.
„Oh interessant!“ näselte er mit spürbarer Ironie. „Der Völkische Beobachter!“

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„Die nächste Seite musst du lesen!“ belehrte ihn Tresckow dumpf. „Der Reichsmarschall überblickt die Lage…“
Da Boeselager keine Anstalten macht, die Zeitung zu berühren, griff schließlich Fabian von Schlabrendorff mit einem vernehmlichen Schnaufen nach dem ‚Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung’. Stöhnend ließ er sich in seinen Stuhl zurücksinken und blätterte die angegebene Seite auf um den Artikel zu überfliegen.
Mit dem gleichen distanzierten Ton wie eben ließ Boeselager verlauten: „Siehe da, Reichmarschall Meier, der fette Kapaun, erlangt die Deutungshoheit über Zerschlagung unseres Südflügels.“
Schlabrendorff begann aus dem Artikel vorzulesen. Abgedruckt war die Rede von Reichsmarschall Herrmann Göring vom 30. Januar anlässlich der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad.

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„Appell an die Wehrmacht!“ begann der junge Offizier zu zitieren. „Aus all diesen gigantischen Kämpfen ragt nun gleich einem Monument der Kampf um Stalingrad heraus. Es wird der größte Heroenkampf unserer Geschichte bleiben. Was dort jetzt unsere Grenadiere, Pioniere, Artilleristen, Flakartilleristen und wer sonst in dieser Stadt ist, vom General bis zum letzten Mann, leisten, ist einmalig. Mit ungebrochenem Mut, und doch zum Teil ermattet und erschöpft, kämpfen sie gegen eine gewaltige Übermacht um jeden Block, um jeden Stein, um jedes Loch, um jeden Graben.
Wir kennen ein gewaltiges Heldenlied von einem Kampf ohnegleichen, es heißt: »Der Kampf der Nibelungen« Auch sie standen in einer Halle voll Feuer und Brand, löschten den Durst mit dem eigenen Blut, aber sie kämpften bis zum letzten. Ein solcher Kampf tobt heute dort, und noch in tausend Jahren wird jeder Deutsche mit heiligem Schauer von diesem Kampf in Ehrfurcht sprechen und sich erinnern, daß dort trotz allem Deutschlands Sieg entschieden worden ist...“

„Um Gotteswillen!“ ließ Tresckow verlauten.

Schlabrendorff fuhr fort und bemühte sich sogar um Patos:
„Hätten die Kämpfer von Stalingrad nicht diesen heroischen Kampf auf sich genommen, nicht mehr und nicht weniger als 60 oder 70 bolschewistische Divisionen auf sich gezogen, wären diese Divisionen damals mit durchgebrochen: der Bolschewismus hätte voraussichtlich sein Ziel erreicht. Jetzt kommt er zu spät. Der deutsche Widerstand konnte organisiert werden; die neuen Linien sind gefestigt, aber sie konnten nur befestigt werden, weil dort draußen in dem Trümmerfeld dieser Stadt Helden kämpften und noch kämpfen. Und wenn es nur noch wenige sind: solange ein deutscher Soldat steht, wird gekämpft.

Meine Soldaten, die meisten von euch werden von einem ähnlichen Beispiel der großen gewaltigen Geschichte Europas gehört haben. Wenn auch damals die Zahlen klein waren, so gibt es letzten Endes doch keinen Unterschied der Tat als solcher. Vor 21/2 Jahrtausenden stand in einem kleinen Engpass in Griechenland ein unendlich tapferer und kühner Mann mit dreihundert seiner Männer, stand Leonidas mit dreihundert Spartanern, aus einem Stamm, der wegen seiner Tapferkeit und Kühnheit bekannt war. Eine überwältigende Mehrheit griff diese kleine Schar immer wieder aufs Neue an. Der Himmel verdunkelte sich von der Zahl der Pfeile, die abgeschossen wurden. Auch damals war es ein Ansturm von Horden, der sich hier am nordischen Menschen brach. Eine gewaltige Anzahl von Kämpfern stand Xerxes zur Verfügung. aber die dreihundert Männer wichen und wankten nicht, sie kämpften und kämpften einen aussichtslosen Kampf, aussichtslos aber nicht in seiner Bedeutung. Schließlich fiel der letzte Mann. In diesem Engpass steht nun ein Satz: »Wanderer, kommst du nach Sparta, so berichte. du habest uns hier liegen sehen, wie das Gesetz es befahl!
Es waren dreihundert Männer, meine Kameraden, Jahrtausende sind vergangen, und heute gilt jener Kampf und jenes Opfer dort noch so heroisch, immer noch als Beispiel höchsten Soldatentums. Und es wird noch einmal in der Geschichte unserer Tage heißen: Kommst du nach Deutschland, so berichte, du habest uns in Stalingrad kämpfen sehen, wie das Gesetz, das Gesetz für die Sicherheit unseres Volkes, es befohlen hat. Und dieses Gesetz trägt jeder von euch in seiner Brust. Das Gesetz, für Deutschland zu sterben, wenn das Leben Deutschlands diese Forderung an euch stellt. Das ist aber nicht nur Verpflichtung für uns Soldaten. Dieses Heldentum, dieses Opfer ist verpflichtend für das ganze Volk.
Die Kämpfer von Stalingrad mußten stehen, das Gesetz befahl es so, das Gesetz der Ehre und der Kriegsführung. Dieses Gesetz der Kriegsführung gilt ja allein der Rettung unseres Volkes.
Es ist letzten Endes, das mag hart klingen, ja für den Soldaten gleichgültig, ob er bei Stalingrad, bei Rschew oder in der Wüste Afrikas oder oben im Eise Norwegens kämpft und fällt. Wenn er sein Opfer bringt, ist es gleich groß. Er bringt es für das Leben seines Volkes wie einst die dreihundert Männer des Leonidas…“

„Nunja.“ ließ Boeselager verlauten. „Vielleicht hätte er ja nicht diesen Schiller zitieren sollen ‚Wanderer, kommst du nach Sparta…!, sondern eher einen anderen Schiller Text wählen sollen. Zum Beispiel ‚Die Kraniche des Ibykus‘…“

Hauptmann Stargard – der Vierte in dieser Runde – verstand den offenen Hinweis auf einen Tyrannenmord sehr wohl und mußte verwundert den Kopf schütteln. Seit er vor einem halben Jahr mit Protektion Boeselagers in diesen Kreis gestoßen war, erstaunte ihn immer wieder die Offenheit, mit der sich die Gegner der Hitlerclique in seiner Gegenwart äußerten. Er könnte ja genauso gut ein Spion der Gestapo sein. „Sinnlos!“ wagte er sich einzuwerfen. „Den Jüngeren unter uns unbekannt, denn bei der HJ wurde nicht so viel gelesen!“

„Mir kommt der Kaffee hoch!“ fuhr Tresckow auf. „Diese Gesabber von: …In Tausend Jahren… und von …die neuen Linien sind gefestigt…“ Er schnellte aus seinem Sessel und stellte sich an die Lagekarte:

„Meine Herren!“ fing Tresckow an. „Unsere Lage dürfte ihnen ja bekannt sein. Ganz im Norden steht die Wehrmacht vor Petersburg – äh Leningrad in vakanter Position. Im Herbst 41 hat der Führer und Größte Feldherr aller Zeiten in all seiner Weisheit beschlossen, die Stadt nicht einzunehmen sondern sie einzuschließen und auszuhungern. Nun machen die Russen Druck. Sie wollen nicht nur die Geburtsstätte ihrer bolschewistischen Revolution befreien sondern die Stadt hat eine herausragende strategische Bedeutung. Fällt sie in unsere Hand, hätten wir nicht nur die Verbindung mit unserem finnischen Bundesgenossen hergestellt, sonder darüber hinaus hätte der gesamte russische Nordflügel seinen Halt verloren und würde in die Tiefe des Landes zurückklappen. Die Bahnlinie nach Murmansk wäre verloren und damit die wichtigste Verbindung über die englische und amerikanische Versorgungsgüter und Waffen in das Land strömen.
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Südlich des Ilmensees bei Demjansk ist seit Anfang 42 aufgrund des Führer-Haltebefehls des II Armeekorps unter Laux mehr oder weniger eingeschlossen.“
„Der Gröfaz!“ brummte Boeselager dazwischen.
Tresckow fuhr unbeirrt fort: „Ein scharfer Zugriff des Russen würde uns hier den Verlust von 6 Divisionen bescheren.
Weiter nach Süden im Abschnitt unserer Heeresgruppe kommt der Frontbogen von Rschew. Hier steht seit dem Ende der sowjetischen Winteroffensive von 41 die 9. Armee unter Model in exponierter Stellung. Auf Befehl des…“ Tresckow sah Boeselager erwartungsvoll an.
„Gröfaz!“
„…ist die Rücknahme dieser gefährdeten Gruppierung untersagt. Der Führer glaubt von hier aus noch einmal nach Moskau vorstoßen zu können. Model konnte bisher alle russischen Angriffe abwehren aber eine Frontverkürzung ist unbedingt erforderlich um Truppen freizubekommen, die im Süden benötigt werden. Denn wenn im Norden die Bedrohung schon groß ist, so sieht die Lage im Südabschnitt katastrophal aus.
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Große Teile von Weichs Heeresgruppe wurden im Zuge der sowjetischen Winteroffensive ab Dezember 42 abgeschnitten. Wenn wir die Verbände nicht rausgehauen kriegen, klafft hier ein gewaltiges Loch in unserer Front.
Auch bei Mansteins Heeresgruppe Don sieht es nicht viel besser aus.
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Zwar hat er irgendwie geschafft die gewaltige Lücke der 6. Armee zu schließen aber die Russen rennen weiter gegen seine Linien an. Und diese Linien sind vor allem mit ungarischen, rumänischen und italienischen Verbänden besetzt.
Der Plan der Russen ist klar zu erkennen. Mit einem raschen Stoß vom Mittellauf des Don in Richtung Dnepr - Asowsche Meer wäre die gesamte Heeresgruppe Don abgeschnitten. Zuzüglich der 17. Armee, die sich ja auf Anordnung des…“ Wieder ein Blick auf Boeselager.
„Gröfaz!“
„…bereits selbst auf der Taman-Halbinsel eingekesselt hat. Der Führer hofft ja von hier aus wieder in den Kaukasus vorstoßen zu können.
Das bedeutet dann den Verlust von fast der Hälfte der Osttruppe und damit können wir den Laden dicht machen!“

Betroffen starrten alle vier Offiziere auf die Lagekarte.
„Was können wir jetzt noch tun?“
Oberleutnant Schlabrendorff trat an die Karte. „Kluge muß den Führer zur Rücknahme der 9. Armee drängen. Mit den freiwerdenden Kräften kann der Rückzug des gesamten Südflügels an den Dnepr gedeckt werden.“
Tresckow fuhr aufgebracht dazwischen: „Der Führer…“ Er musste tief Luft holen um sich zu beruhigen. "Hitler genehmigt keine Rückzüge. Die Generale und Feldmarschälle drängen ihn ununterbrochen auf Rücknahme und Verkürzung der Linien doch der faselt nur irgendetwas von ‚Meine Generale haben keine Ahnung von Kriegswirtschaft’. Unsere Kommandeure gehen mit ihrer Meinung rein in die Wolfsschanze und kommen mit Hitlers Meinung wieder raus. Nein, der Führer kann dieses Problem nicht lösen. Er ist das Problem!“
Alle schwiegen. Der Hochverrat lastete auf einmal spürbar in dem Raum.
Schließlich entschloss sich Eichenlaubträger Major Boeselager etwas zu sagen: „Dann muß er weg!“

März 1943

Verfasst: 17. November 2015 10:32
von Taras
Fast den gesamten Februar 1943 stand das Schicksal der deutschen Ostfront auf Messers Schneide. Die sowjetischen Befehlshaber hofften in ununterbrochenen Angriffen an der gesamten Front ihre numerische Überlegenheit ausspielen zu können. Schmerzhafte Verluste an Menschen und Material mussten dafür in Kauf genommen werden.

Im Nordabschnitt gelang es den Sowjets Mitte Februar 1943 die Umfassung Leningrads zu beenden. Die dabei erlittenen Verluste, machten jedoch eine Ausnutzung des Erfolges unmöglich. Generaloberst Küchler gelang es die Front mit den eigenen geschwächten Kräften zu stabilisieren. Darüber hinaus gelang die Räumung des Kessels von Demjansk.
Nachdem sich die militärische Lage an den Kesselfronten immer unhaltbarer entwickelt hatte, genehmigte Hitler schließlich am 1. Februar 1943 die Räumung der weit ins Feindesland hineinragenden Frontausbuchtung. Die deutschen Truppen zogen sich ab dem 17. Februar bis Ende Februar planmäßig auf Stellungen ostwärts des Lowat-Flusses zurück. Die sowjetische Operation ‚Polarstern‘ konnte damit insgesamt zum Scheitern gebracht werden.

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Der Preis hierfür war, dass das Oberkommando der Wehrmacht mit der Genehmigung eines Rückzuges die eigene Schwäche eingestehen musste. Hitler hatte Rückzug als Zeichen der Feigheit grundsätzlich verboten. Vielmehr sollte die Truppe in den Linien aushalten um Ausgangsräume für künftige Angriffe zu beherrschen. Nun sah er sich gezwungen, die eigenen Grundsätze aufzugeben. Sein Vertrauen in die Generalität war ein weiteres Mal erschüttert und auch das Vertrauen der Osttruppe in die schicksalhafte Fortune des Führers war zerrüttet.
Um von der allgemein schlechten Lage abzulenken und dem Rückzug einen motivierenden Effekt abzuringen, stiftete das Reichpropagandaministerium den ‚Demjanskschild‘.
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Am linken Ärmel getragen, wurde er 100.000 Teilnehmern (Wehrmacht und Luftwaffe) der über ein Jahr währenden Schlacht um Demjansk verliehen.

Ebenfalls im Februar erteilte Hitler der Heeresgruppe Mitte die Erlaubnis, Models 9. Armee aus dem Frontbogen von Rschew zurückzunehmen.
Die vierwöchige Vorbereitung des Unternehmens Büffelbewegung umfasste eine immense logistische Aufgabe für den Generalstab der 9. Armee.
Einerseits musste der Aufbau einer 300 Kilometer westlich liegenden Wechselstellung für den Rückzug der Divisionen organisiert werden und andererseits mussten die Widerstandslinien für die phasenweise Absetzbewegung und die Räumung eines ca. 100 Kilometer tiefen Gefechtsraumes definiert werden. Hierzu musste das Verkehrsnetz erweitert werden, Bautrupps begannen mit dem Bau von 200 Kilometern Straßen für Kraftfahrzeuge sowie 600 Kilometern Straßen für Schlitten und Pferdefahrzeuge. Der besetzte Frontvorsprung wurde evakuiert: 60.000 Zivilisten wurden an die rückwärtige Front abgesetzt, Agrarprodukte, Nutztiere und andere Wirtschaftsgüter wurden ebenfalls mit Zügen abtransportiert, um der vorrückenden Roten Armee einen „leeren“ Raum und „verbrannte Erde“ zu hinterlassen.
Die Planungen des Unternehmens Büffelbewegung wurden vom Geheimdienst der Sowjetunion enttarnt, so dass Propaganda-Einheiten über Lautsprecher den deutschen Soldaten zuriefen: „Eure Offiziere packen die Koffer. Seht zu, dass ihr mitkommt.“
Das Unternehmen Büffelbewegung begann am 1. März 1943 bei Tauwetter. Starke Temperaturschwankungen, wie ein nächtlicher Frosteinbruch, verlangsamten die Rückwärtsbewegung. An der Wolga verblieben ca. zwei Drittel der 9. Armee in den ursprünglichen Stellungen und sollten dem Gegner ihre vermeintliche Sollstärke vortäuschen, indem sie beispielsweise MG-Salven aus verschiedenen Feuerstellungen abgaben. Die Rote Armee versuchte vergeblich in die Rückzugsbewegung hineinzustoßen. Um die feindliche Verfolgung nachhaltig zu verzögern, legten deutsche Pioniere im großen Umfang Panzer- und Schützenminen in den unterschiedlichsten Zündarten aus. Hierzu wurden Gelände flächenhaft vermint sowie Ortschaften durch Minen- und Sprengfallen unpassierbar gemacht. Die Sowjets erlitten durch Minenfallen in Rschew beträchtliche Verluste.
Auch hier gelang es der deutschen Seite die Front Anfang März zu stabilisieren.

Im Südabschnitt vor der Heeresgruppen B (Generalfeldmarschall Maximilian Freiherr von Weichs) sowie der Heeresgruppe Don (Generalfeldmarschall Erich von Manstein) sah es Mitte Februar 43 katastrophal aus.
Die abgeschnittenen Verbände der Heeresgruppe B konnten nicht freigekämpft werden und gingen in der Winterschlacht unter. Mit dem VII Armeekorps unter Generalleutnant Hell verlor die Wehrmacht sieben erfahrene Ostdivisionen. Die 2. Ungarische Armee verlor sechs Divisionen. In ihrem Bestand waren am 20. Februar nur noch 14.000 abgekämpfte und entmutigte Soldaten. Das italienische Expeditionskorps verlor 4 Divisionen. Insgesamt verlor die Heeresgruppe im Februar annähernd 200.000 Mann an Toten, Verwundeten und Vermissten.
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Die gesamte Front von Woronesch bis an den Mittellauf des Donets war aufgerissen. Von Weichs verfügte nur noch über angeschlagene Verbände, Stäbe, Lazarette, Versorgungsabteilungen, Polizeieinheiten und ein unverbrauchtes Panzerkorps. Die sowjetischen Versuche, nach Süden an das Asowsche Meer vorzustoßen, wurden in der Folge vom II SS Panzerkorps unter Obergruppenführer Paul Hausser fast im Alleingang abgewehrt. Mit den drei ihm unterstellten Panzergrenadierdivisionen (Leibstandarte, Das Reich, Totenkopf) gelang es in wiederholten kühnen Rochaden alle sowjetischen Angriffsspitzen zu zerschlagen. Entgegen Hitlers ausdrücklichem Befehl gab Hausser Charkow auf. Der Führer tobte vor Wut, dass sein SS General sich eher der militärischen Notwendigkeit beugte als dem starren Haftbefehl. Haussers Selbständigkeit zahlte sich dennoch aus –wenn auch nicht für ihn persönlich. In kühner Umgehung wurde Charkow Ende Februar wieder genommen und die russischen Verbände unter Zufügung hoher Verluste auf Woronesch zurückgeworfen.

Durch diese Deckung seiner Nordflanke gelang es damit auch Mansteins Heeresgruppe Don die Front vom Unterlauf des Don bis an den Mittellauf des Donets zu stabilisieren. Was dieser General mit seinem System der genialen Aushilfen erreichte, verlangte jedem Soldaten den höchsten Respekt ab.
Nach dem Verlust der 6. Armee konnte sich Manstein nur auf einige demoralisierte rumänische und italienische Einheiten und wenige Sperrverbände der Wehrmacht stützen. Auch hier wurde die Verteidigung oft von Bäckern und Fleischern der Versorgungeinheiten übernommen. Stabsoffiziere sahen sich gezwungen zu den Waffen zu greifen und aus dem Bodenpersonal der Luftwaffe mussten Panzerjagdtrupps gebildet werden.
Auch Generalfeldmarschall Erich von Manstein widersetzte sich wiederholt den uneinsichtigen Befehlen aus dem Führerhauptquartier. Nach dem an der Ostfront Anfang März Ruhe eingetreten war, eilte Hitler überraschen in das Hauptquartier der Heeresgruppe Don. Die fortgesetzten Disziplinlosigkeiten mussten überspielt werden. Auch hoffte Hitler durch sein persönliches Auftreten – wie so oft in der Vergangenheit – die Starrköpfigkeit seiner Generale brechen zu können.
Oberst von Tresckow war es gelungen seinen Vetter Oberleutnant der Reserve Alexander Stahlberg als persönliche Ordonanz bei Manstein zu installieren. Als Stahlberg von dem überraschend für den 10. März 43 angekündigten Besuch des Führers erfuhr, wurde das Netzwerk um Tresckow elektrisiert.

Saporoschje

Verfasst: 19. November 2015 16:47
von Taras
Noch am 9. März – unmittelbar nachdem er von Hitlers überraschenden Truppenbesuch erfahren hatte - eilte Tresckow in Begleitung von Hauptmann Stargard mit einem Verbindungsflugzeug zum Gefechtsstand der Heeresgruppe Don um persönlich mit Stahlberg zu sprechen. Nachdem sie sich am Feldflugplatz in Saporoschje getroffen hatten, begann Tresckow ohne Umschweife: „Alexander, das ist unsere Gelegenheit!“. Für ihre Unterredung hatten sie das Flugfeld gewählt, trotz des schneidenden Frostwindes und der immer wieder aufbrüllenden Flugzeugmotoren. Dafür konnten sie jedoch nicht belauscht werden.
Stahlberg antwortete nicht auf Tresckows ungestüme Eröffnung, sondern sah erwartungsvoll auf den unbekannten Offizier an der Seite seines Vetters.
Tresckow geriet wegen der offenbaren Zurückhaltung ins Stocken, bis ihm einfiel, dass sich Stargard und Stahlberg noch gar nicht kannten.
„Ich vergaß!“ berichtigte er seinen Fehler mit einem Handzeichen auf seinen Begleiter. „Wenn ich vorstellen darf: Hauptmann Taras Freiherr von Stargard, Abteilung Abwehr. Boeselager kennt ihn seit 39, in unsere Pläne ist er seit Herbst 42 eingeweiht.“ An Stargard gewandt setzte er fort: „Meinen Vetter Oberleutnant Stahlberg, habe ich ihnen während des Fluges vorgestellt.“
Die beiden Offiziere verbeugten sich grüßend voreinander.
Tresckow legte Stahlberg seine Hand auf die Schulter: „Alexander, jetzt müssen wir handeln! Du hast informiert, dass morgen Hitler mit Keitel, Göbbels und Himmler hier eintreffen. Mit einem Schlag könnte man sich die ganze Bande vom Hals schaffen. Unsere Leute warten auf das Zeichen und dann ist morgen auch Göring erledigt.“
„Wie stellst du dir das vor?“ gab Stahlberg zu bedenken. „Glaubst du, ich kann die alle im Beisein ihrer Kettenhunde unter den Augen des Generalfeldmarschalls über den Haufen schießen?“
„Manstein muss mitmachen!“ rief Tresckow eindringlich. „Du musst ihn für unsere Sache gewinnen. Du hast gesagt, dass du bereits mit ihm geredet hast.“
„Ja, das habe ich aber ich habe nicht behauptet, dass ich allzu weit gekommen wäre. Manstein ist viel zu sehr Soldat, als dass er bei solch einer Sache mitmachen würde.“
„Rede mit ihm! Rede sofort mit ihm. Erinnere an die Verbrechen im Rücken der Front, an die Bomben, die in der Heimat auf unsere Frauen und Kinder fallen, an den militärischen Dilettantismus im Führerhauptquartier. Appelliere an seine Verantwortung für Deutschland und für seine Soldaten. Es reicht ja, wenn er die Führungsriege des Regimes festsetzt. Der Rest läuft dann innerhalb von 24 Stunden von allein. Du weißt, dass ich es für das Beste halte, wenn diese Verbrecher sofort und endgültig ausgeschaltet werden. Jedoch die meisten Männer in unserem Kreis wollen diesen Weg nicht gehen. Sie hoffen auf eine Gerichtsverhandlung und so, naja.“
„Ja. Ich rede mit ihm“!
„Du musst alles versuchen! Wer weiß, ob solch eine Gelegenheit wieder kommt.“ Tresckow sah auf seine Uhr. „Ich muss zurück nach Witebsk – Verbindungen aktivieren, Vorbereitungen treffen. Wir warten auf Euer Signal. Ich lass dir Stargard hier als Verbindungsmann zu unseren Leuten bei der Heeresgruppe Mitte. Gib dein Bestes, es geht um das Schicksal Deutschlands!“
Dann eilte Tresckow zu seinem Flugzeug zurück, das mit laufendem Propeller gewartet hatte. Oberleutnant Stahlberg und Hauptmann von Stargard sahen hinterher während sich der Fieseler Storch von heftigen Windböen gebeutelt in dem grauen Winterhimmel verlor.

„Bitte folgen Sie mir, Herr Hauptmann.!“ Brüllte Stahlberg in das Anlassen eines anderen Flugzeugmotors. Und Stargard spürte, dass der Oberleutnant, auf den Tresckow so große Hoffnungen setzte, nicht an einen Erfolg glaubte.

Die beiden Männer ließen sich von einem Kübelwagen zum Hauptquartier der Heeresgruppe Don bringen. Generalfeldmarschall Erich von Manstein hatte in einem orthodoxen Kloster Quartier bezogen das nur aus einigen kleinen weißgetünchten Gebäuden bestand und von einer ebenso weißen Mauer umfriedet war.

Als persönliche Ordonanz hatte Oberleutnant Stahlberg jederzeit Zugang zum Kommandeur. Stargard wurde hingegen aufgefordert, in der vorgelagerten Schreibstube zu warten.

In der Schreibstube ging es trotz der angespannten Frontlage relativ ruhig zu. Einige Soldaten und Feldwebel versahen hier und in den angrenzenden Räumen ihre Verwaltungsaufgaben. Die Funkabteilung lag in einem anderen Bereich der bescheidenen Klostergebäude. Regelmäßig kamen entschlüsselte Funkkladden herein und wurden nach kurzer Einsichtnahme in verschiedene Ablagen sortiert. Stargard wurde es nun rasch sehr warm in seinem Mantel. Er zog sich aus und ließ sich trotz seiner Anspannung von dem Burschen einen Tee bringen. Da er sich im Vorzimmer des Feldmarschalls befand, wagte er nicht ohne weiteres zu rauchen sondern frage ob dies hier gestattet sei. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass sich Generale rasch Marotten zulegten, gegen die man besser nicht verstoßen sollte. Der hier Dienst tuende Obergefreite beruhigt ihn jedoch und brachte einen Aschenbecher.

Stargard wartet. Die Minuten tropften, die Zigaretten brannten ab.
Seine Gedanken schweiften ab. Was sollte er tun, wenn diese Sache aufflog, wenn sie jetzt reinkommen würden um ihn zu verhaften? Wenn es die Zähneausschläger vom SD wären oder die kaltschnäuzigen Schlächter der SS, würde er die Pistole ziehen und sein Leben teuer verkaufen.
Aber was, wenn es Kameraden wären oder der Feldmarschall selbst und die ihn auffordern würden, die Waffe auszuhändigen…
Es war müßig sich darüber den Kopf zu zerbrechen!
...und er würde die Heimat nie wieder sehen und Käthe auch nicht…
Immer schlimm solche Momente des Abwartens in denen man nichts mehr bewegen konnte.
Fast eine Stunde war vergangen, als endlich die Tür zu den Privaträumen des Feldmarschalls knarrend aufging.

„Schmidtke!“ rief Manstein aus dem Zimmer und erschien gleich darauf im Türrahmen. „Lassen Sie Verbindung zu Hoth herstellen. Der soll morgen auch mit dabei sein. Ich will aber selbst mit ihm reden.“
„Zu Befehl, Herr Generalfeldmarschall!“ Damit eilte der Feldwebel davon. Da auch der Obergefreite mit dem Aufsetzen von Heißwasser zu tun hatte, waren sie nun nur noch du Dritt in dem Vorzimmer.

Stargard war aufgesprungen, da er keine Kopfbedeckung trug, grüßte er mit einem zackigen Hackenschlag. Manstein nahm den Gruß mit einem eher väterlichen Nicken entgegen. Mit einem Seitenblick registrierte er die Abzeichen an der Uniform des unbekannten Offiziers - Infanterie-Sturmabzeichen, EK II, Verwundetenabzeichen.

Stahlberg übernahm die Vorstellung: „Herr Generalfeldmarschall, wenn ich vorstellen darf: Hauptmann im Generalstab Taras Freiherr von Stargard, Abteilung Abwehr bei der Heeresgruppe Mitte. Er gehört zu jenem Kreis, den die Sorge um Deutschland Handeln gebietet.“

Noch einmal grüßte Stargard in dem er die Hacken zusammenschlug.

„Stargard?“ fragte Manstein und schien sich an etwas zu erinnern. „Die ostpreußischen Stargards oder die …“
„Mecklenburg-Strelitz.“ Half der junge Hauptmann aus.
„In welcher Beziehung stehen Sie denn zu Paul von Stargard aus Hohenzieritz?“
„Mein Vater, Herr Generalfeldmarschall.“
„Was!“ rief Manstein erfreut aus. „Wir waren zusammen in Großlichterfelde und haben sogar im Krieg kurz gemeinsam gedient.“
„Ich war leider zu jung, als dass er mir davon berichten konnte. Er starb 1925.“
„Mm.“ Machte Manstein kurz und nahm militärische Haltung an. „War ein guter Mann. Ich hoffe, dass Sie ihm Ehre machen.“
„Zu Befehl, Herr Generalfeldmarschall!“

Manstein wandte sich nun wieder Stahlberg zu um ihr Gespräch von Eben zu beenden. und verfiel in einen gemütlich väterlichen Ton: „Nein, nein junger Mann, wie stellen Sie sich das vor. Während der Feind die Leitern an unsere Mauern stellt, soll ein Offizier die Führung in Frage stellen. Ich denke, solche Sachen sollten nach dem Krieg geklärt werden. Selbst wenn… Ich betone selbst wenn ich eine Änderung der Führung begrüßen würde, so steht es doch außerhalb aller Werte eines deutschen Soldaten, eine solche durch Verrat herbeizuführen! Mein lieber Stahlberg, sie sollten doch wissen: Preußische Feldmarschälle meutern nicht!" An Stargard gerichtet rief er noch: „Empfehlen sich mich Generalfeldmarschall von Kluge!“ Damit entließ er die beiden Offiziere und begab sich selbst zum Fernsprecher.

Entmutigt begaben sich die Beiden in Stahlbergs Unterkunft. Dem Oberleutnant zitterten sichtbar die Hände denn er hatte sich in dem zurückliegenden Gespräch sehr weit aus der Deckung gewagt. Da es bereits Späht geworden war, musste Hauptmann Stargard die Nacht in Saporoschje verbringen. Bei zahlreichen Cognacs berichtet Stahlberg, dass Manstein mit keinem Argument zu einer Beteiligung an einer Verschwörung zu bewegen war. Obwohl der Feldmarschall eine Ablösung Hitler wohl begrüßen würde und sich wohl auch einer dorthin gerichteten Aktion nicht entgegenstellen würde, wollte er mit einem damit einhergehenden Verrat nicht in Berührung gebracht werden.

Auch am nächsten Morgen konnte Stargard nicht abreisen, weil Hitler mit seiner gesamten Entourage einschwebte.

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Die Besprechung in Mansteins Lageraum währte nicht allzu lange. Sogar das anschließend geplante Essen wurde abgeblasen. Zu groß war das Zerwürfnis zwischen Hitler und seinen uneinsichtigen Generalen. Eine Starrköpfigkeit, die in besonders krassem Gegensatz zu der Willfährigkeit der Generale im Oberkommando der Wehrmacht stand. Wütend darüber, dass seine Aura bei den Frontkommandeuren verblasste, reiste Hitler frühzeitig wieder ab.

Während Hauptmann von Stargard auf seine Startfreigabe wartete. Wurde er unbeabsichtigt Zeuge wie Oberst Brandt aus der persönlichen Begleitung Hitlers zu Gruppenführer Hans Baur sagte: „Na, der Führer ist ja jetzt richtig in Fahrt. Und übermorgen kriegt der Kluge sein Ding!“
„Persönlich?“ fragte Baur nach.
„Das lässt er sich ja wohl nicht nehmen, dem Kluge in Witebsk höchstpersönlich den Marsch zu blasen!“

Nun konnte Stargard den Abflug Hitlers und seiner Paladine kaum abwarten. Er musste so schnell wie möglich zurück. Zurück nach Witebsk!

Stunde der Entscheidung

Verfasst: 21. November 2015 09:35
von Taras
Es war bereits wieder Abend als Hauptmann von Stargard am 10. März 1943 wieder im Stab der Heeresgruppe Mitte anlangte. Die Information, dass Hitler einen Truppenbesuch in Witebsk oder Smolensk plante, ließ die entmutigenden Nachrichten aus dem Hauptquartier der Heeresgruppe Don sofort vergessen. Dass sich so schnell wieder eine Möglichkeit zum Umsturz finden würde, damit hatte keiner gerechnet. Bei Manstein war Stahlberg praktisch allein hier jedoch konnte Tresckow auf zahlreiche Vertraute Offizier zugreifen.

Jetzt durfte nichts dem Zufall überlassen werden!

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Oberleutnant Fabian von Schlabrendorff

Die Vertrauensmänner in Berlin und Rastenburg mussten informiert werden, dass der nächste Anlauf startete. Schlabrendorff sollte gleich am nächsten Morgen mit der ersten Kuriermaschine nach Berlin fliegen und alles Notwendige einleiten. Jetzt fielen auch zum Ersten Mal in Gegenwart Stargards Namen. Mit einer Beseitigung der Nazispitze würde der Umsturz ja nicht erledigt sein. In Berlin sollte Schlabrendorff mit Generaloberst a.D. Beck, General der Infanterie Olbricht, Generalmajor Oster sowie dem ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler zusammentreffen und die Auslösung der bereitliegenden Pläne vorbereiten. Die Nachricht über den Tod Hitlers sollte dann das allgemeine Signal sein. Auch die Männer in Rastenburg – deren Namen Stargard nicht erfuhr, sollten auf diesem Weg über den bevorstehenden Putsch informiert werden.
Tresckow gemahnte Schlabrendorff jetzt keinerlei Diskussionen über den weiteren Weg nach dem Sturz der Naziclique zu zulassen. Die Meinungen der unterschiedlichen Beteiligten gingen da sehr weit auseinander. Es gab Strömungen, die eine sozialistische demokratische Republik anstrebten, Andere wollten das Kaiserreich in den Grenzen von 1914 wiederherstellen. Die Einen strebten einen unverzüglichen Friedensschluss um jeden Preis an, während weite Kreise – insbesondere in der Wehrmacht - einen Frieden im Westen schließen wollten um den Kampf gegen den Bolschewismus fortsetzen zu können. Das alles musste jetzt unbedingt zurückgestellt werden damit das Gelingen ihres Umsturzes nicht gefährdet wird.

Über die Art der Beseitigung Hitlers und seiner unmittelbaren Umgebung machte sich Tresckow keinerlei Illusionen. Er teilte nicht die Träumereien einiger Verschwörer, die Hitler vor ein ordentliches Gericht gestellt sehen wollten um dem deutschen Volk die Verbrechen seines Regimes unzweifelhaft zu belegen. Nein, Hitler und seine unmittelbare Umgebung mussten getötet werden um eine Neuordnung zu ermöglichen und einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Hierzu zählten in jedem Fall der nominierte Nachfolger Reichsmarschall Göring, der Reichsführer SS Himmler und der Reichspropagandaminister Goebbels.

Um alle Eventualitäten einzuplanen, bereiteten die Verschwörer drei Varianten vor. Hauptmann Stargard sollte an der Zufahrt vom Smolensker Flugfeld zu Kluges Hauptquartier einen Hinterhalt vorbereiten um den Konvoi zusammenschießen zu können. Oberst von Gersdorff, der Ic der Heeresgruppe Mitte würde Gleiches für die Variante Witebsk vorbereiten.

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Oberst Rudolf-Christoph von Gersdorff

Sollte dies nicht gelingen, sollten sich möglichst viele Mitverschwörer Zutritt zum geplanten Essen verschaffen und auf Treskows Signal die ganze Bande über den Haufen schießen. Der Tod aller Beteiligten wäre hierbei zwar sicher, der Umsturz würde mit Hitlers Abtreten jedoch auch ohne sie weiterlaufen.

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Major Philipp Freiherr von Boeselager

Sollte auch diese Variante nicht möglich werden, für diesen Fall sollte Major Boeselager eine Sprengladung und deren Platzierung vorbereiten.

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Oberst Henning von Tresckow

Oberst von Tresckow wollte den kommenden Tag nutzen um Generalfeldmarschall von Kluge für das Vorhaben zu gewinnen.

Donnerstag, der 11. März 1943

Bereits vor dem Morgengrauen übernahm Hauptmann von Stargard eine Gruppe der Stabskompanie und rückte unter dem Vorwand einer Übung der Bandenbekämpfung in den frostigen Morgen hinaus. Den Solden gab er den Auftrag einen Angriff auf den Flugplatz Smolensk abzuwehren. Beiderseits der Zufahrtsstraße ließ er mehrere Schützenmulden ausheben und tarnen.
Die, einem harten Frontdienst entwöhnten Soldaten fluchten nicht schlecht, dass sie auf Befehl des Schnösels Löcher in den granitharten Frostboden hacken mussten. Zu allem Überfluss auch noch simulierte Feuerüberfälle mit gedecktem Stellungswechsel. Der Tag ging zur Neige als sie müde und wahrlich abgekämpft in die Garnison zurücktrotteten.
Nach Einbruch der Dunkelheit schafften Stargard und Boeselager ein MG sowie Munition und Handgranaten in die angelegte Stellung hinaus und versteckten sie. Von hier aus plante Stargard die Kolonne des Führers unter Kreuzfeuer zu nehmen.
Zurück in der Unterkunft, war der Frontbesuch des Führers noch immer nicht bekannt.
Hatte sich Stargard verhört oder die Information falsch interpretiert? Tresckow konnte nirgends erreicht werden und Gersdorff war noch nicht aus Witebsk zurück.

Freitag, der 12. März 1943

In der Nacht war Gesdorff zurückgekehrt, aber auch er – immerhin Leiter der Aufklärung der Heeresgruppe – hatte noch nichts von einem Führerbesuch gehört.
Gegen 10 Uhr war Schlabrendorff aus Berlin zurück und auch Tresckow war zurück in seiner Unterkunft. Müde berichtete er, nachdem alle versammelt waren, über die jüngsten Ereignisse.
„Meine Herren.“ Begann Oberst Henning von Tresckow schleppend. „Zuerst die guten Nachrichten. Fabian, äh Oberleutnant Schlabrendorff berichtet, dass unsere Verbindungsleute im Reichsgebiet bereit sind und unser Signal erwarten.
Im Weiteren: Der Führerbesuch findet statt, er wurde jedoch auf Morgen verschoben. Der Führer wird sich in Smolensk von Generalfeldmarschall Kluge die Lage erläutern lassen und gemeinsam die Fortsetzung des Feldzuges besprechen.“ Tresckow rieb sich das stoppelige Kinn und fuhr nach einem hörbaren Seufzer fort. „Der Führer wird allein kommen da Keitel, Himmler, Göring und Goebbels und der Rest der Bande anderweitig zu tun haben.“
Die anwesenden fünf Offiziere sahen sich betroffen an. War damit ihr Plan gescheitert?
Bevor sich jemand äußern konnte, sprach Tresckow rasch weiter. Im Weiteren habe ich mit dem Herrn Feldmarschall gesprochen.“ Tresckow stockten und überlegte eine Weile. „Lange gesprochen! Ich mache es kurz – der Herr Feldmarschall untersagt einen irgendwie gearteten Anschlag auf den Reichkanzler und den Oberbefehlshaber im Bereich seines Stabes. Einerseits mahnte er an den Eid…“ Tresckow sah jetzt jedem in der Runde intensiv in die Augen. „Den Eid auf den Führer, den wir alle geschworen haben, andererseits hält er einen hinterhältigen Mordanschlag für nicht das geeignete Mittel um eine vielleicht durchaus berechtigte Kritik an der Führung zum Ausdruck zu bringen.“
Boeselager schnaufte ungehalten und schüttelte den Kopf.
„Ja Philipp, das waren seine Worte. Doch so wie ich ihn durch seine vorsichtigen und steifen Ausführungen verstanden habe, ist der Hauptgrund seiner Ablehnung wohl, dass Hitler allein kommt. Solange Goebbels und Himmler frei agieren können, befürchtet Kluge einen blutigen Bürgerkrieg zwischen der Wehrmacht und der SS. Er befürchtet in einer solchen Spannungslage ein Zusammenbrechen der Ostfront und eine Überflutung Europas durch Bolschewismus und Barbarei.“ Tresckow hob die Hand, damit ihm niemand ins Wort fiel. „Meine Herren, ich will nichts hören von allem was ich hätte sagen können. Ich will ihnen versichern, dass ich alles vorgetragen habe - all unsere Argumente, die wir jemals besprochen und erörtert haben. Ich habe mich zu meinem geplanten Hochverrat bekannt! Kluge - wird nicht mitmachen!“

Stille

Tresckow war selbst von Zweifeln gezeichnet und sah sich gespannt in der Runde um. Schlabrendorff hatte ratlos den Kopf gesenkt, Gersdorff blickte trotzig entschlossen und Eichenlaubträger Boeselager streckte sein Rückrat demonstrativ.
Hauptmann von Stargard, der Jüngste in der Runde, wagte als Erster das Wort zu ergreifen. „Wir müssen handeln! Wer weiß ob und wann sich die nächste Gelegenheit ergibt. Fehlgehen ist besser denn Zuwarten!“ rief er.
Das alte Zitat belebte alle. „Richtig!“ knurrte Tresckow. „Besser sterben als weiter zuwarten, wie Deutschland vor die Hunde geht! Meine Herren, wir werden die Bombe nehmen!“

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Das Attentat

Verfasst: 23. November 2015 17:06
von Taras
Ein Bombenanschlag auf die Führermaschine hatte den Vorteil, dass das Verbot des Generalfeldmarschalls von Kluge eingehalten wurde wenn die Explosion außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Heeresgruppe erfolgte. Darüber hinaus könnte der Anschlag als Unglück vertuscht werden, womit die Verschwörer gerade in den ersten Tagen des Putsches einen größeren Handlungsspielraum erhalten würden. Da die Anhängerschaft Hitlers trotz aller Rückschläge beträchtlich war, musste bei Bekanntwerden eines Attentates der verstärkte Widerstand dieser Kreise gegen den Staatsstreich befürchtet werden

Schlabrendorff und Gersdorff erläuterten Stargard den Sprengsatz.
Sie hatten sich schon vor Monaten das notwendige Material durch Oberst Freiherrn von Gersdorff beschaffen lassen. Ihm war es infolge seiner Dienststellung als Ic möglich, den Sprengstoff zu beziehen ohne dabei Aufsehen zu erregen.
Bei der Auswahl des Sprengmittels hatten sie sehr bald erkannt, dass deutsches Material ungeeignet war. Dieses war nur mittels einer Zündschnur zur Explosion zu bringen, wodurch ein leises Zischen unvermeidlich war. Dies wiederum hätte unter Umständen einem aufmerksamen Beobachter auffallen können.
Sie entschieden sich deshalb für englischen Sprengstoff und englische Zünder. Beides wurde vielfach von alliierten Flugzeugen über deutschem Gebiet abgeworfen, wohl um englische Agenten bei Sabotageakten zu unterstützen. Natürlich geriet ein großer Teil dieses Sprengmaterials nicht in die Hände von Saboteuren, sondern wurde von der Abwehr eingesammelt.

Dieser englische Sprengstoff hatte in ihren Versuchen auch in kleinen Abpackungen eine erstaunliche Sprengkraft bewiesen. Gezündet wurde er mit dem ‚Timepencil‘ - dem Bleistiftzünder.

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Schlabrendorff überreichte einen Metallstab – nicht viel größer als ein üblicher Bleistift. Der Zünder enthielt einen kleinen Säurebehälter – auf Englisch ‚Acid‘. Wenn dieser Behälter durch einen einfachen Druck auf den Hals des Zünders zerbrochen wurde also der Zündvorgang ausgelöst wurde, zerfraß die Säure innerhalb einer bestimmten Zeit den Draht – ‚Wire‘. Dadurch zog sich die gespannte Feder zusammen und katapultierte den Schlagbolzen ‚Striker Pin‘ auf die Sprengkapsel ‚Detonation Cap‘ und die Sprengladung wurde gezündet. Das geniale war, dass es die Zünder in drei verschiedene Arten gab, die nach 10 Minuten, einer halben Stunde oder nach zwei Stunden auslösten. Man konnte also den Zünder jeweils nach dem gewünschten Zeitpunkt der Explosion wählen. Während der Zeitdauer der Zündung fehlte jegliches Geräusch.

Tresckow, Schlabrendorff und Gersdorff hatten in den zurückliegenden Monaten viele Versuche sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen unternommen, die größtenteils gelangen. Dabei war ihnen aufgefallen, dass mitunter die Zündung verzögert wurde, was sie sich anfangs nicht erklären konnten. Nach Recherche bei den Sprengpionieren mussten sie schließlich feststellen, dass die britischen Zünder kälteanfällig waren. Bei der russischen Kälte wurde der Draht durch die Säure langsamer als vorgesehen zerfressen. Dieser Nachteil musste berücksichtigt werden.
Um ganz sicher zu gehen, hatten sie sich entschlossen zwei Sprengstoffpakete zu verwenden. Diese wurden in Form von zwei Cognac Flaschen getarnt. Angesichts der Flugzeit von Smolensk zurück ins Reich entschlossen sie sich für den Halbstundenzünder. Morgen musste es gelingen den Zünder im Flaschenhals auszulösen und das Paket in die Führermaschine zu schmuggeln.

Sonnabend, der 13. März 1943

In der zurückliegenden Nacht hatte kaum einer von Ihnen richtig geschlafen. Die Sorgen um das Gelingen des riskanten Planes und nicht zuletzt die Gedanken an die Konsequenzen im Falle des Scheiterns hatte die Offiziere nicht zur Ruhe kommen lassen. Nur Gersdorff hatte, nach eigenem Bekunden, geschlafen wie ein Baby.

Um 10 Uhr fuhr Tresckow als Begleitung von Generalfeldmarschall von Kluge zum Flugplatz Smolensk um Hitler abzuholen. Schlabrendorff blieb mit Stargard zurück du hielt die Bombe bereit. Während sie warteten, ging der Blick wieder nach innen.
„Es sind ja nicht alles Nazis, die wir töten werden.“ Sagte Schlabrendorff dumpf und bekannte sich damit zu seiner inneren Zerrissenheit. „Es sind… Es sind ja auch normale Soldaten darunter, Kameraden.“
„Richtig!“ Bestätigte Stargard. „Es sind auch Kameraden darunter. Und dennoch müssen wir Handeln um größeres Unheil von Deutschland abzuwenden. Immer wenn ich einen Angriff befohlen habe, war mir bewusst, dass ich Kameraden in den Tod schicke. Doch ich habe den Befehl gegeben, ich habe Soldaten für die ich verantwortlich war, aus der Deckung getrieben und ich habe sie anschließend beerdigt. Und dann musste ich erkennen wofür. Damit diese Bande in unserem Rücken morden und plündern konnte. Nein Herr Oberleutnant, ich habe keine Zweifel an unserem Vorhaben. Diese Männer, die wir töten werden, sind mir nicht einerlei und dennoch muss es sein! Mit diesem Verbrecherregime muss Schluss gemacht werden auch um diesen Preis!“

Hitler erschien wie immer mit einem unwahrscheinlich großen Gefolge. Zwei Focke-Wulf Fw 200 C4 waren notwendig um sein Gefolge nach Smolensk zu transportieren. Gedeckt wurden die beiden großen Maschinen von sechs Me-109 Jagdflugzeugen.

Nachdem Hitler gelandet und mit großer Eskorte ins Hauptquartier der Heeresgruppe Mitte geleitet wurde, telefonierte Schlabrendorff verabredungsgemäß mit dem von Oster bestimmten Mitarbeiter in Berlin, Hauptmann Gehre und übermittelte das Stichwort, welches bedeutete, dass das Attentat unmittelbar bevorstehe. Das Stichwort wurde an General Oster weitergeleitet, der wiederum General Olbricht verständigte. Es war die Aufgabe dieser beiden, die letzten für die Machtübernahme notwendigen Vorbereitungen zu treffen.

In Smolensk fand die Besprechung mit Hitler im Zimmer des Generalfeldmarschalls von Kluge statt. Tresckow sowie die Armeeführer der Heeresgruppe Mitte waren anwesend. Der Führer ließ sich die Absetzbewegung der 9. Armee aus dem Frontbogen von Rschew erläutern. Dabei legte er größtes Augenmerk darauf, dass der Eindruck einer Flucht der Wehrmacht vermieden würde. Die Heeresgruppe Mitte sollte nach Beendigung der bald einsetzenden Schlammperiode bereit sein, die Rote Armee zu schlagen und im Sommer den endgültigen und kriegsentscheidenden Stoß auf Moskau zu führen.
Dann holte der Führer zum ganz großen Bogen aus und monologisierte über eine Stunde über globale Zusammenhänge, Kulturgeschichte, Kriegswirtschaft und Schicksal.

Nach der Besprechung fand im Kasino ein Essen statt zu dem außer Schlabrendorff alle Verschwörer anwesend waren. Wie immer, nahm Hitler ein gesondertes Essen zu sich, das ihm von seinem Koch, den er mitgebracht hatte, zubereitet wurde und das vor seinen Augen von seinem Arzt, Professor Morell, abgeschmeckt werden musste. Der Vorgang mutete Hauptmann Stargard an, als ob man einen orientalischen Despoten der Vorzeit vor sich hätte.
Hitler essen zu sehen, war ein höchst befremdender Anblick. Die linke Hand stützte er auf den Oberschenkel, während er mit der rechten Hand sein aus vielerlei Gemüsesorten bestehendes Essen in sich hineinlöffelte. Dabei führte er nicht die Hand zum Munde, sondern ließ den rechten Arm während des ganzen Essens auf dem Tisch liegen, schob hingegen seinen Mund zum Essen hinunter. Zwischendurch trank er verschiedene vor seinem Teller aufgestellte, alkoholfreie Getränke. Vor dem Essen war darauf hingewiesen worden, dass auf Befehl des Führers das Rauchen nach dem Essen zu unterbleiben habe.
Tresckow nutzte die Gelegenheit um mit Oberstleutnant Heinz Brandt – der zu Hitlers unmittelbarer Umgebung gehörte - ins Gespräch zu kommen. Schließlich nahm Tresckow all seinen Mut zusammen und fragte Brandt, ob er nicht ein kleines Paket aus zwei Flaschen Cointreau für General Hellmuth Stieff dem Chef der Organisationsabteilung im Generalstab des Heeres auf seinem Rückflug nach Rastenburg mitnehmen könne. Es ginge hier um Wettschulden, die Tresckow ungern länger offen lassen wollte. Verständnisvoll lachend, sagte Oberstleutnant Brandt zu.

Nach dem Mittagessen wurde Hitler von Kluge und Tresckow zum Flugplatz begleitet. Schlabrendorff hatte die Bombe aus ihrem Versteck geholt und fuhr zusammen mit Stargard zum Flugfeld. Mit bleichem Gesicht hielt er während der holprigen Fahrt das Paket in Form zweier Flaschen auf seinem Schoß fest.

Auf dem Flugfeld angekommen warteten die beiden bis Hitler die Offiziere der Heeresgruppe Mitte verabschiedet hatte. Als sie bemerkten, dass der Führer im Begriff war, sein Flugzeug zu besteigen, betätigte Schlabrendorff den Zünder der Bombe. Gleich darauf gab Tresckow ihm ein Zeichen und mit steifen Bewegungen übergab er dem arglosen Oberstleutnant Brandt das Paket.

Brandt war im Begriff zur Führermaschine zu gehen, als Hauptmann Stargard die Kälte Empfindlichkeit des englischen Zünders einfiel. „Herr Oberstleutnant.“ Rief er hinterher. „Könnte ich Sie bitten, dafür Sorge zu tragen, dass die Sendung nicht im Gepäckraum einfriert. Dem Cointreau macht das ja nichts aber die beigelegten georgischen Naschereien sind dann nur noch Matsch.“
Brandt schürzte die Lippen. „Ich wusste ja gar nicht, dass der Stieff eine Naschkatze ist. Naja, in Ordnung, ich werde mich kümmern. Der Führer kann es nicht leiden wenn in seinem Flugzeug Krempel rumliegt. Ich gebe das Paket einfach in der anderen Maschine mit.“ Damit war der Oberstleutnant in einer Gruppe Stabsoffiziere verschwunden, bevor der schreckensstarre Hauptmann Stargard noch etwas sagen konnte.

Mit aufbrüllenden Motoren starteten die Begleitjäger. Gleich darauf rollten auch die beiden Condor Maschinen an und erhoben sich schwerfällig in die tief hängenden Wolken. Fassungslos und bewegungsunfähig blieben die drei Offiziere an der Startbahn zurück.
Oberst von Tresckow fand als erster seine Sprache wieder. „Hat jemand gesehen, wohin Brandt das Paket gebracht hat?“
Stargard schüttelte benommen den Kopf. „Ich befürchte, die Bombe ist im falschen Flugzeug!“


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Walküre

Verfasst: 30. November 2015 16:39
von Taras
Wie betäubt wankten die Offiziere zu ihren Fahrzeugen und ließen sich zu Tresckows Unterkunft bringen. Auch diejenigen, die Stargards letzten Einwurf an der Führermaschine mit gehört hatten, machten keinerlei Vorwürfe. Sie hatten es gewagt und eine Garantie auf das Gelingen des Unternehmens hatte es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Jetzt hieß es die Konsequenzen aus ihrem Scheitern zu ziehen. Paralysiert saßen sie mehr als eine viertel Stunde schweigend beisammen.

„Meine Herren.“ Stieß Henning von Tresckow endlich mit gepresster Stimme hervor. „Ihnen sollte klar sein, was nun folgt. Wenn die zweite Maschine abstürzt und man die Ursache feststellt, führt der direkte Weg zu mir und zu Ihnen.“ Dabei sah er die jungen Offiziere Schlabrendorff und Stargard schwermütig an. „Ich weiß was das bedeutet. Da ich zahlreiche Personen kenne, die in diese Unternehmung verstrickt sind und mir keinesfalls sicher sein kann, dass ich deren Namen verbergen kann, weiß ich auch was ich zu tun habe.“ Damit steckte er sich demonstrativ eine Handgranate in die Manteltasche. „Sie meine Herren, haben längstens bis übermorgen Zeit um die Spuren zu verwischen und ihre Konsequenzen zu ziehen.“ Ohne ein weiteres Wort wollte Tresckow seine Unterkunft verlassen als sein Bursche aufgeregt und ohne jeglichen militärischen Anstand ins Zimmer polterte.

„Herr Oberst!“ brüllte der Obergefreite. „Der Führer ist tot!“
„Was?!“ brüllte Boeselager zurück, da es Tresckow die Sprache verschlagen hatte.
„Der Führer ist tot!“ wiederholte der Soldat völlig aufgelöst. „Eben kam ein Funk aus Minsk. Er ist tot, mit dem Flugzeug abgestürzt!“
Die Offiziere stürzten zum Funkraum. Kurz darauf bestätigte Gersdorff die Meldung.

Minsk übermittelte die Funksprüche der Begleitjäger. Beide Condor Maschinen waren in den Berezinski Wäldern - 100 km nordöstlich von Minsk - abgestürzt. Eine Me-109 war bei dem Unglück ebenfalls so schwer beschädigt worden, dass sie notlanden musste. Angesichts der Umstände des Unglücks und des Trümmerfeldes in dem schwer zugänglichen Waldgebiet, das die Begleitjäger aus der Luft inspiziert hatten, musste davon ausgegangen werden, dass es keine Überlebenden gegeben habe. Von mehreren deutschen Stützpunkten waren verstärkte Rettungstrupps zum partisanenverseuchten Absturzgebiet unterwegs. Diese würden aufgrund des Wetters und der Weglosigkeit noch mehrere Stunden bis zum Eintreffen brauchen, was die Eventualität – Überlebende zu bergen – noch einmal verringerte.

„Wir müssen handeln!“ befahl Tresckow, der seine Niedergeschlagenheit überwunden und seine Entschlusskraft völlig zurückgewonnen hatte. „Gersdorff, funken Sie nach Berlin: ‚Walküre‘ muss ausgelöst werden! Stahlberg muss sofort mit Manstein reden bevor jemand anderes zum Feldmarschall durchdringt. Ich werde Kluge überzeugen. Und Sie, meine Herren.“ Tresckow blickte triumphierend auf Schlabrendorff und Stargard. „Sie fliegen unverzüglich nach Berlin! Sie werden Beck und Witzleben unterstützen und die Verbindung zur Ostfront halten!“

Während Hauptmann Taras von Stargard und Oberleutnant Fabian von Schlabrendorff in fieberhafter Anspannung den stundenlangen Flug nach Berlin erdulden mussten, liefen überall im Reich die Drähte heiß. Über Funk, Telefon und Fernschreiber wurde der Tod Adolf Hitlers verkündet und es wurde das Codewort ‚Walküre‘ übermittelt.
Der Plan ‚Walküre‘ wurde durch die Reichsführung bereits bei Kriegsausbruch entworfen um befürchtete Aufstände an der Heimatfront mithilfe des Ersatzheeres niederzuschlagen. Frühzeitig war in den Kreisen der militärischen Opposition die Idee gereift, diesen Einsatzplan abzuändern und zum Sturz der Naziclique zu nutzen. Zielstrebig wurden vertrauensvolle Personen in strategische Positionen lanciert. Die Auslösung der Mobilmachung des Ersatzheeres durch das Codewort ‚Walküre‘ war Adolf Hitler persönlich und dem Befehlshaber des Ersatzheeres Generalleutnant Friedrich Fromm vorbehalten. Hitler war tot und Fromm musste nun auf ihre Seite gezogen oder kaltgestellt werden.


Sonntag, der 14. März 1943

Es war bereits nach Mitternacht, als Schlabrendorff und Stargard in Berlin eintrafen. Sie wurden von den Verschwörern erwartet und mussten auf der Fahrt zum Bendlerblock erfahren, dass die Sache noch längst nicht gewonnen war.

Generalleutnant Fromm weigerte sich wohl noch immer den Walküre Befehl zu unterzeichnen. Er beharrte auf einer Zustimmung durch den designierten Erben des Führers – Reichsmarschall Göring. Die ‚Walküre‘ Auslösung per Funk und Fernschreiben waren also unautorisiert und demnach könnte das Unternehmen jederzeit zusammenbrechen.

Im Bendlerblock, dem Sitz des Wehrersatzamtes und des Befehlshabers des Ersatzheeres angekommen, erfuhr Hauptmann Stargard, dass mittlerweile auch Generaloberst Beck eingetroffen war - mit dem Ziel Fromm umzustimmen und die Macht zu übernehmen. Aus seiner Zeit als Chef des Generalstabes hatte Beck auch im verordneten Ruhestand großen Einfluss auf die Wehrmacht.

Das ganze Gebäude war hell erleuchtet und wimmelte wie ein Bienenstock. Als sie die breiten Marmortreppen emporeilten, kam ihnen eine Gruppe Offiziere – teils in aufgelöster Anzugsordnung - entgegen.
„Schlabrendorff!“ rief der General an der Spitze.
„Herr General!“ erwiderte Oberleutnant Schlabrendorff und salutierte. „Ich komme direkt vom Oberkommando der Heeresgruppe Mitte.“
Der General, später erfuhr Stargard, das es sich um General der Infanterie Friedrich Olbricht, Chef des Allgemeinen Heeresamtes handelte, hielt triumphierend einige Blätter in die Luft. „Er hat unterschrieben! Beck hat Fromm überzeugt, dass es besser ist, sich auf unsere Seite zu schlagen. Es wird gelingen! Wir müssen nun Göring, Himmler und Goebbels festsetzen, bevor die etwas unternehmen können. Walküre wird planmäßig durchgeführt. Wichtige Straßen, die großen Bahnhöfe, die Fernmeldeämter werden durch Truppen des Ersatzheeres besetzt. Etliche Kommandeure haben nur auf das Signal gewartet. Aus Paris berichtet Stülpnagel, dass er gleich nach der Meldung über Hitlers Tod die Leute der SS, des SD und der Gestapo inhaftieren ließ. Gleiches höre ich aus Wien und anderen Städten. Wir müssen schnell handeln! Göring ist der Wichtigste und Himmler der Gefährlichste. Am besten begleiten Sie das Kommando, das ich zu Göring nach Carinhall entsende. Sorgen sie dafür, dass der Reichsmarschall festgesetzt wird! Er ist jetzt das offizielle Staatsoberhaupt und es muss um jeden Preis verhindert werden, dass er Truppen unter seine Befehlsgewalt bekommt!“
„Zu Befehl, Herr General!“ keuchte Schlabrendorff und warf einen zögernden Blick auf Stargard.
„Herr General!“ schnarrte Hauptmann von Stargard und schlug die Hacken zusammen. „Wo kann ich mich nützlich machen?“
„Sie gehören…“ Olbricht sah unentschlossen auf Schlabrendorff. „Er gehört zu Tresckows Männern?“
Mit einem Nicken bestätigte Schlabrendorff, dass Stargard Vertrauen besaß.
„Gut!“ Willigte General Olbricht ein. „Sie Herr Hauptmann werden die Abteilung begleiten, die der Stadtkommandant von Hase zum Reichspropagandaminister entsendet.“ Er trat dicht an den unbekannten Offizier heran. „Herr Hauptmann, ich hoffe Ihnen ist die Komplexität der Lage klar. Die Soldaten, die sie begleiten werden, handeln auf Befehl, sie haben keine Ahnung was geschehen ist, es sind Soldaten des Wachbataillons ‚Großdeutschland‘ und damit sind die meisten von ihnen überzeugte Nationalsozialisten. Sie werden ihre Pflicht erfüllen, solange sie glauben, dass alles seine Ordnung hat. Sie Herr Hauptmann werden gegebenenfalls rasch agieren müssen, bevor es Goebbels gelingen sollte, die Soldaten auf seine Seite zu ziehen.“
„Zu Befehl, Herr General!“

Walküre

Verfasst: 2. Dezember 2015 10:31
von Taras
Im schwach erleuchteten Hof des Bendlerblocks übermittelte Schlabrendorff dem Stadtkommandanten von Berlin Generalleutnant Paul von Hase die Festlegungen Olbrichts. Schlabrendorff sollte jetzt mit einem fremden Hauptmann in Richtung Templin fahren, wo sich in der Schorfheide Görings protziger Landsitz Carin Hall befand. Stargard wurde einem Major Remer zugeordnet.
Der Abschied zwischen Schlabrendorff und Stargard verlief wortlos und doch mit einem langen Händedruck ungewöhnlich emotional. Sie kannten sich nicht besonders gut, dennoch hatten sie die letzten Tage und Stunden zusammengeschweißt.

Kurz darauf saß Stargard zusammengepfercht im Führerhaus eines Mannschaftswagens und fuhr in die Nacht hinaus. Er hatte einen fahlen Geschmack im Mund und die Anspannung sowie der mangelnde Schlaf der letzten Tage machten ihn leicht schwindelig.

Remer, eng neben ihm, sprach ihn an: „Wir kennen uns, richtig Herr Hauptmann!“ dabei legte der Major die gewohnt zackige Art an den Tag, die von einem deutschen Offizier erwartet wurde – selbst in dieser ungewöhnlichen Situation.
Stargard fuhr sich über das Gesicht. „Korrekt Herr Major. Ich meine mich zu erinnern, dass wir uns bei verschiedenen Anlässen begegnet sind.“
„Bündische Jugend, Ende der Zwanziger, Neubrandenburg!“ half Remer auf die Sprünge.
„Ja richtig, Sie waren Führer eines Jungsturms und wir vom Lande waren in der Stadt nicht wohlgelitten.“
„Wenn ich mich recht erinnere, sind Sie bei den Bündischen aber auch recht schnell aufgestiegen.“
„Da waren Sie dann aber schon bei der Reichswehr und so konnten wir nicht mehr aneinandergeraten.“
In Erinnerung an die Jugend lachte Remer ausgelassen. Während die Lkw den Kaiserdamm in Richtung Adolf-Hitler-Platz brummten, versuchte er im Stillen die Situation für sich einzuordnen. Major Remer war sowohl vom Dienstgrad als auch vom Alter der Kommandeur in der Erfüllung dieses Auftrages. Andererseits hatte sein direkter Vorgesetzter ihm diesen Generalsstabsoffizier als Bindeglied zur Führung des Ersatzheers mitgegeben. Damit war das Unterstellungsverhältnis schon nicht mehr ganz klar. Und das dann noch bei diesem Auftrag! Der Führer war tot, Generalleutnant von Hase informierte, dass Leute der Partei putschten und er sollte nun den Reichspropaganda Minister festsetzen. Er wusste noch nicht einmal genau, ob Goebbels nun zu den Putschisten gehörte. Andererseits war es auch nicht seine Aufgabe, Befehle zu diskutieren. Er sollte Goebbels verhaften und in den Bendlerblock bringen. Alles Weitere würde sich finden!

Es ging auf 3 Uhr zu, als die Mannschaftswagen vor der mondänen Villa des Reichspropagandaministers hielten. Das Gebäude war hell erleuchtet, auch hier versuchte man auf die bestürzende Nachricht vom Tod des Führers zu reagieren.
Bei dem Anblick von dreißig kampfbereiten Soldaten, die unter energisch gebrüllten Befehlen der Offiziere und Unteroffiziere von den Ladeflächen sprangen, wagten die wenigen SS Wachen keinen Widerstand. Der offensichtlich kommandierende Hauptscharführer verbat sich den Überfall, wurde jedoch entwaffnet und abgeführt.
Die Türen wurden aufgestoßen und mit polternden Schritten füllte sich das Haus mit Soldaten. Remer ordnete zackig die Sicherung des Gebäudes an und befahl dem verwirrten Hausdiener ihn zu Dr. Goebbels zu führen.
Im Gleichschritt, ohne es zu beabsichtigen, den Diener vor sich herschiebend, stürmten sie in Richtung des Büros des zweitwichtigsten Mannes im Reich. Remer voran begleitet von seinen Offizieren und einigen Soldaten – Stargard immer an seiner Seite.

Die Tür sprang auf und Joseph Goebbels erwartete sie – kerzengrade hinter seinem pompösen Schreibtisch stehend. Geschlafen hatte er diese Nacht offensichtlich nicht, denn er war in Uniform und keinesfalls verblüfft. Goebbels war es auch, der als Erster die Sprache fand. „Meine Herren, was hat dieses Husarenstück zu bedeuten!“
„Herr Dr. Goebbels!“ schnarrte Remer. „Ich muss sie bitten mir zu folgen!“
„Herr Major!“ Goebbels versuchte sich Autorität zu verschaffen und wurde lauter. „Wollen Sie mich etwa verhaften?“
„Der Führer ist gefallen, im Reich drohen Unruhen und ich habe Befehl, Sie bis zu Klärung der Umstände in Haft zu nehmen!“
„Ich habe zur Zeit hier das Kommando!“ Die Stimme des begabten Agitatoren füllte nun den ganzen Raum. „Ich unterstelle Sie und Ihre Männer meinem unmittelbaren Befehl.“
Stargard spürte, wie Remer unsicher wurde. Ein Seitenblick auf einen seiner Leutnants verriet sein Schwanken.
„Der Führer ist tot!“ versuchte Remer noch einmal und versicherte sich unbewusst des Sitzes seiner Pistole. „Das Oberkommando hat demnach Reichsmarschall Herman Göring und in seiner Abwesenheit der Kommandeur des Ersatzheeres Generalleutnant Fromm. Dieser hat mir über den Berliner Stadtkommandanten den Befehl erteilt, Sie in den Bendlerblock zu bringen. Herr Dr. Goebbels, ich fordere Sie auf den Anweisungen Folge zu leisten!“
Auch Goebels wurde unsicher. Die Situation stand auf Messers Schneide. Im bekannten singenden Tonfall seiner großen offiziellen Ansprachen rief er: „Aber der Führer ist gar nicht tot! Dies ist eine ganz abgefeimte Verschwörung! Ich kann Sie mit dem Oberkommando der Wehrmacht verbinden.“
Stargard war entsetzt über die Aura die Goebbels verströmte. In dieser verzweifelten Lage, gelang es dem Mann die erfahrenen Offiziere in seinen Bann zu ziehen. Die Mauer begann zu bröckeln. „Remer!“ zische Stargard. „Sie müssen handeln!“
Doch von der anderen Seite neigte sich der Leutnant Major Remer zu und flüsterte. „Vielleicht hat der Reichsminister ja Recht! Sollten wir nicht nachfragen?“
Remer atmete heftig, Schweiß trat ihm auf die Stirn, während er verwirrt zusah, wir Goebbels an seinem Telefon nestelte.
Hauptmann Stargard griff nach seiner Pistole und rief: „Major Remer, Sie haben einen Befehl! Handeln Sie endlich entsprechend!“
Von diesem Ruf erschreckt, ließ Goebbels den Hörer fallen, der mit lautem Poltern auf den Tisch aufschlug. Alle im Raum zuckten zusammen. Mit zittrigen Händen griff Goebbels nach seiner Schreibtischschublade.
„Hörn Sie auf!“ brüllte Remer und riss seine Pistole aus der Koppeltasche. Ungewöhnlich laut explodierte der Schuss in der Enge des Raumes. Goebbels wurde nach hinten gestoßen und purzelte über die Lehne seines Stuhles.
Keiner im Raum war handlungsfähig. Alle starrten auf den Fuß des Ministers, der sich an der Stuhllehne verfangen hatte und daher zitternd in die Luft ragte, während der Körper des Getroffenen hinter dem Schreibtisch nicht zu sehen war.

Die Türen zu den angrenzenden Räumen sprangen auf. Mit einem beinahe tierischen Schrei kam Magda Goebbels hereingestürzt und wollte zu ihrem Mann durchbrechen. Sie wurde aber von zwei Soldaten aufgehalten und zurückgedrängt. „Joseph!“ brüllte sie, dann wurde die Tür wieder zugestoßen und ihre Schreie wurden dumpfer.

Remer stand noch immer mit gezogener Waffe da, kreidebleich und bewegungsunfähig. Als erstes erlangte Stargard die Fassung zurück. Vorsichtig ging er um den Tisch herum und kniete sich neben Goebbels nieder. Noch immer zitterte die Schuhspitze an der Stuhllehne. Die Uniformjacke war rot. Goebbels versuchte etwas zu sagen, konnte aber nur blutigen Schaum emporwürgen. Stargard wusste, dass er einen Arzt rufen müsste und das eventuell noch etwas zu retten wäre aber er wusste auch, dass es vielleicht besser wäre wenn Goebbels hier sterben würde. Zögernd griff er nach dem auf den Boden gepolterten Telefonhörer und führte ihn zögernd ans Ohr. Keine Verbindung! „Keine Verbindung!“ brummte er schließlich und hielt dem zweifelnden Leutnant den Hörer hin.
Mit einem tiefen Aufatmen erhob sich Stargard endlich . „Herr Major, Sie haben vollkommen korrekt gehandelt! Sie hatten einen klaren Befehl, den Sie unmissverständlich übermittelt haben. Diesem Befehl wurde nicht Folge geleistet daher haben Sie den Umständen entsprechend gehandelt. Bringen Sie nun – wie angeordnet - Herrn Dr. Goebbels so schnell wie möglich in den Bendlerblock.“

Im Morgengrauen des 14. März war Hauptmann Taras Freiherr von Stargard völlig erschöpft zurück im Oberkommando des Ersatzheeres in der Bendler Strasse. General Olbricht informierte mit kaum beherrschtem Enthusiasmus, dass eben ein Fernschreiben aus Carin Hall eingetroffen sei. „Reichsmarschall Göring hat als Erbe des Führers den Walküre Befehl bestätigt. Er hat Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben zum Oberkommandierenden der Wehrmacht ernannt. Im Weiteren hat der Reichsmarschall den Generaloberst Ludwig Beck zu seinem Nachfolger ernannt und ist dann von allen Ämtern zurückgetreten. Originalurkunde mit Unterschriften und Siegeln war auf dem Weg nach Berlin und würde in den nächsten Stunden hier eintreffen.

Ohne weiter zu zögern veröffentliche der neue Oberbefehlshaber der Wehrmacht – auf allen verfügbaren Kanälen - seinen ersten Befehl:

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Walküre

Verfasst: 4. Dezember 2015 09:00
von Taras
Stargard kam weiterhin nicht zur Ruhe. Zuerst setzte er Tresckow über den Stand der Dinge in Kenntnis und wurde von diesem informiert, dass die Kommandeure der Heeresgruppen der Ostfront bereit schienen, die neue Ordnung anzuerkennen. Das Wichtigste wäre es nun, Himmler kalt zu stellen!

Gegen 10 Uhr wurde der Bendlerblock durch heftiges Gewehrfeuer und einige dumpfe Explosionsgeräusche aufgeschreckt. Die Beamten und Offiziere öffneten die Fenster oder liefen auf die Straße um festzustellen, was vorging. Gab es doch noch Kräfte, die den Machtwechsel scheitern ließen?
Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei. Es wurde berichtet, dass der SD der Anordnung des OKW nicht folgen wollte und daher der Widerstand befehlsgemäß rücksichtslos gebrochen wurde.

Am frühen Nachmittag des 14. März war Schlabrendorff zurück in Berlin. Bei Olbricht trafen sie sich und konnten jetzt alle Informationen der letzten 24 Stunden zusammensetzen.

Hitler war tot. Das wurde von der Ostfront gemeldet. Ein Rettungskommando war gestern Abend zur Unfallstelle nordöstlich von Minsk durchgedrungen und hatte keine Überlebenden gefunden. Im ersten Tageslicht des heutigen Morgen hatten sie die zerfetzte Leiche Adolf Hitlers geborgen und mussten sich dann - von Banditen bedrängt - zurückziehen.

Die Berichte der Begleitjäger waren ebenfalls nach Berlin weitergeleitet worden. Demnach wäre der Flug von Smolensk vorerst ohne Vorkommnisse verlaufen. Aufgrund der schlechten Sicht, hatte die ganze Fliegergruppe Befehl eng aufzuschließen. Ein Übersteigen der Wolken hatte sich als nicht möglich erwiesen. Condor II hatte sich an die Spitze gesetzt. Condor I mit dem Führer an Bord folgte dicht auf.
Gegen 14 Uhr wurde Condor II durch eine Explosion zerrissen. Die Ursache konnte nicht festgestellt werden. Feindflieger wurden keine angetroffen und ein Beschuss vom Boden erschien aufgrund der schlechten Sicht unmöglich.
Condor II brach unmittelbar in mehrere große Teile auseinander Der Rumpf von Condor II rammte sich in die Kanzel von Condor I. Eine Tragfläche, die sich gleich nach der Explosion von Condor II gelöst hatte traf auf die Motoren der linken Tragfläche von Condor I. Dabei wurde auch diese Tragfläche abgerissen. Condor I trudelte daraufhin über die rechte Tragfläche zu Boden. Herumfliegende Trümmerstücke beschädigten zwei Jagdmaschinen. Eine musste unweit der Rollbahn Minsk-Smolensk notlanden. Der Pilot konnte sich in die nächste Ortschaft retten.
Bedingt durch die starken Beschädigungen an Condor II und das Trudeln, das unmittelbar einsetzte, war es offensichtlich nicht möglich den Führer mittels des eingebauten Notrettungssystems aus der havarierten Maschine zu evakuieren. Weiter erschwerend kam hinzu, dass die Maschinen nicht auf freies Feld stürzten, sondern in dem Waldgebiet gegen die eng stehenden Bäume prallten.

Die Männer in Olbrichts Büro mussten kurz inne halten. Das hatten sie getan! Sie hatten es geplant und veranlasst – nun lag das Ergebnis ihrer Handlung Schwarz auf Weiß vor ihnen.
Weiter!

Walküre war bereits vor der Bestätigung durch Fromm angelaufen und hatte rasch Erfolge gezeigt. Das Oberkommando um Keitel in Rastenburg war von allen Fernverbindungen abgetrennt worden und konnte bisher nicht in das Geschehen eingreifen. Auf Meldung von Görings Rücktritt und von der Ernennung von Beck und Witzleben, hatte Rastenburg noch nicht reagiert. Nach wie vor war Berlin in der Offensive.

Die Vorfälle bei Goebbels wurden von Hauptmann Stargard berichtet. Der Reichspropagandaminister war auf dem Transport zur Bendler Strasse seiner Schusswunde erlegen. Ohne es auszusprechen, waren alle zufrieden mit diesem Ergebnis.

Wie es zum Rücktritt Görings gekommen war, berichtete Oberleutnant Schlabrendorff.
Bei ihrem Eintreffen in Carin Hall zeigte sich Görings Umgebung völlig überrumpelt und zu keinerlei Widerstand in der Lage. Dort hatte man von Hitlers Tod noch nichts gehört.
Der Reichsmarschall lag zu Bett und war vorerst nicht ansprechbar. Zwei Dienstmädchen vom BDM wurden in den Gemächern des Reichsmarschalls angetroffen - beide minderjährig. Die Personalien der beiden wurden festgestellt und die Aussagen aufgenommen.
Der Reichsmarschall wurde erst nach Hinzuziehung des Hausarztes ansprechbar.
Hier geriet Schlabrendorff ins Stocken. „Äh, der Selbe, also der Hausarzt…“ stotterte er nach mehreren Räuspern. „Also der Doktor versicherte auch, dass den Mädels aus – äh – wie sagt man… Sittlicher… Nee technischer Sicht nichts widerfahren sei, weil der Reichsmarschall aufgrund seiner…“ Jetzt ruderte Schlabrendorff hilfesuchend mit den Armen. „…seiner Kriegsverletzung und der daraus resultierenden Medikamentierung, nicht in der Lage sei…“
Olbricht half dem verunsicherten Oberleutnant aus der misslichen Lage. „Sie wollen sagen, Göring ist kastriert und morphiumsüchtig!“
Schlabrendorff bedankte sich erleichtert mit einer angedeuteten Verbeugung. „So in etwa. Herr Dr. Schwabe führte aus, dass die Mädels eher wegen ihrer Jugend und der daraus resultierenden heilsam wirkenden Energie gebeten wurden, dem Reichsmarschall Gesellschaft zu leisten. Wie dem auch sei, nach dem es endlich – mit erheblichen Aufwand – gelungen war den Reichsmarschall wach zu machen, gehörte nicht viel dazu, ihn zu dem bereits bekannten Einlenken zu bewegen.“ Schlabrendorff hielt sich zu einem gekünstelten Hüsteln die Faust vor den Mund und fuhr fort: „Ich gebe zu, moralisch nicht ganz unanfechtbar, haben wir den Reichsmarschall mit dem Ableben des Führers, den vorgefundenen Umständen und seiner, ärztlich bestätigten körperlichen Verfassung konfrontiert. Das war etwas viel! Nach erneuter Hilfe durch Herrn Dr. Schwabe und meiner – vielleicht voreiligen – Zusage, einer sicheren Pension, willigte der Reichsmarschall in den Rücktritt ein. Er wurde unter Hausarrest gestellt.

Olbricht berichtete, dass das Reichsicherheitshauptamt und damit der Sicherheitsdienst der SS und die Geheime Staatspolizei ausgeschaltet seien. Zuerst hatte sich Kaltenbrunner den Anweisungen des Berliner Stadtkommandanten widersetzt. Nach Übermittlung des Befehls des Oberkommandierenden der Wehrmacht, wurde um 10 Uhr der Sturm auf das Prinz-Albrecht-Palais angeordnet. Das war die Schießerei, die vorhin zu hören war. Kaltenbrunner und die meisten seiner Prätorianer sind tot.

Nun fehlte noch Himmler. Der war mit seinem Sonderzug im Generalgouvernement unterwegs und seine Position konnte bisher nicht festgestellt werden. Es war ihm aber auch noch nicht gelungen nach außen zu dringen. Mit jeder Stunde festigte sich die Position der neuen Machthaber.

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Am Abend des 14. März 1943 berief Generaloberst Beck die neue Reichsregierung zu ihrer konstituierenden Sitzung ein.

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Der 63 jährige Generaloberst Ludwig Beck wurde zum Staatschef bestimmt. Das Amt übernahm er in dieser Stunde der höchsten Not nach eigener Festlegung nur vorübergehend – bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich das deutsche Volk in freier Wahl eine neue legitime Regierung geben würde. Daher ließ er sich lediglich als Reichsverweser benennen.

Auf Vorschlag des neue Innenministers Josef Wirmer wurde in dieser Sitzung als Ersatz für die Hakenkreuzbanner eine neue Staatsflagge nach dem Vorbild der skandinavischen Kreuzflaggen festgelegt. Die schwarz-rot-goldene Flagge der Weimarer Republik war ebenso obsolet wie die Nazifahne. Durch die christliche Symbolik sollten auch die konservativen Kreise unter den Offizieren angesprochen werden. Schwarz-Rot-Gold wiederum sollte die eher liberalen und demokratischen Kräfte einbinden.

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Die neue Regierung

Verfasst: 7. Dezember 2015 16:20
von Taras
Die neue Reichsregierung hatte gigantische Aufgaben zu bewältigen.
Der neuernannte Reichkanzler Carl Friedrich Goerdeler kam aus dem nationalkonservativen Lager des Bildungsbürgertums. Er musste die kaum miteinander vereinbaren Strömungen in der Regierung ausgleichen. Die Opposition zu Hitler war meist das einzig verbindende Glied zwischen den gegensätzlichen Männern, die Deutschland retten wollten. Jedoch Hitler war tot und damit bestand die Gefahr, dass die politischen Meinungsverschiedenheiten in offenen Zwist ausbrachen.

Carl Heinrich Albert Freiherr Dufour von Féronce war mit 75 Jahren das älteste Mitglied der neuen Regierung. Als erfahrener Diplomat und ehemaliger Untergeneralsekretär des Völkerbundes hatte er sich bereitgefunden, das Außenministerium zu übernehmen. Seine erste und wichtigste Aufgabe würde es sein, eine Verbindung zu den Kriegsgegnern zu suchen. Dieser schreckliche Krieg musste beendet werden. Aber hier fingen die Probleme bereits an denn auf welchen Weg das notwendige Ende erreicht werden sollte, darüber war man sich noch lange nicht einig. Die Hauptströmung war der Auffassung, dass der Kampf gegen die bolschewistische Barbarei fortgesetzt werden müsse und dafür ein Separatfrieden mit den Westmächten erforderlich sei.
Die liberalen Kräfte der neuen Regierung wollten hingegen einen schnellen und umfassenden Frieden an allen Fronten um fast jeden Preis. Die bedingungslose Kapitulation oder eine neues Versailler Schanddiktat blieben jedoch ausgeschlossen.
Auch die Verbündeten mussten nach dem Machtwechsel bei der Stange gehalten werden.

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Ohne zu übertreiben könnte jeder Minister der neuen Regierung in Anspruch nehmen, dass er das schwerste Amt innehabe. Auf Hermann Eduard Johannes Popitz, der als Linksliberaler das Amt des Kriegsministers übernahm, traf dies auf jeden Fall zu.
Die alliierten Bomber zerschlugen die Wirtschaft. Die Blockade schnürte Deutschland die Luft ab. Die Knappheit an Ressourcen – insbesondere Erdöl und Seltene Materialien (Edel- und Schwermetalle, Grundstoffe für die Chemieindustrie) – nahm bedrohliche Formen an. Hinzu kam die gestiegene Verwirrung und Unzufriedenheit der Bevölkerung, die weiter auf die Effizienz der Wirtschaft drückten. Die Industriekapazität war auf 231 Einheiten gesunken. Das reichte bei Weitem nicht um alle Begehrlichkeiten zu befriedigen.
Die Konsumgüterproduktion musste gesteigert werden um die Bevölkerung mit dem Machtwechsel zu versöhnen. Die Wehrmacht musste ausgebaut und vor allem modernisiert werden. Man kam überein, die totale wirtschaftliche Mobilmachung zu befehlen. Dieser Krieg würde nicht mit halber Kraft zu beenden sein. Die staatliche Lenkung der Wirtschaft sollte beibehalten werden und der Fokus auf die Schwerindustrie gelegt werden.

Dem erst 42 jährigen Juristen Josef Wirmer – ebenfalls aus dem linken Lager – war das Innenministerium übertragen worden. Seine Aufgabe würde es sein, die Machtinstrumente des Hitlerregimes abzubauen und über Einflussnahme auf Presse, Kino, Kultur und Unterhaltung den nationalen Zusammenhalt zu festigen. Die Innere Sicherheit und die Gegenspionage fielen ebenfalls in sein Resort.

Hans Oster wurde Chef des Nachrichtendienstes. Seit 33 in der Abwehr, konnte er als alter Hase bezeichnet werden. Das erfolgreiche Spionagenetz sollte erhalten und ausgebaut werden. Wichtigste Aufgabe war es Informationen bei allen Großmächten – auch den verbündeten – zu sammeln. Weiter sollte über geheime Kanäle Einfluss auf Franco-Spanien und die Türkei genommen werden um diese Länder an die Seite Deutschlands zu ziehen.

Das Kommando über Wehrmacht und Ersatzheer übernahmen Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben und Erich Hoepner der seinen Rang als Generaloberst zurückerhalten hatte. Ihre Aufgabe würde es sein, mittels der schlagkräftigen Streitkräfte die Voraussetzungen für einen Waffenstillstand zu erreichen. Die Sicherung Frankreichs vor der erwarteten alliierten Landung musste gewährleistet werden aber die alles überragende Aufgabe war, einen Durchbruch an der Ostfront zu verhindern.
Die Abteilung ‚Fremde Heere Ost‘ hatte vor der Ostfront ca. 400 sowjetische Divisionen festgestellt, davon 34 Panzer bzw. motorisierte Divisionen. Das waren annähernd 6 Millionen Mann.
Nach den bitteren Verlusten seit Stalingrad verfügte Deutschland mit seinen europäischen Verbündeten über 340 Divisionen die jedoch ganz Europa decken mussten. Ein erheblicher Teil der Streitkräfte war daher von Norwegen über Frankreich, Italien und den Balkan verteilt. Lediglich 200 Divisionen hielten die Ostfront.
Um das weitere Vorgehen zu planen, sollten die Befehlshaber der Heeresgruppen unverzüglich zu einer gemeinsamen Besprechung geladen werden.

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Konteradmiral Gustav Kieseritzky leitete das Marineressort. Die Überwasserflotte der Kriegsmarine war kaum existent. Deutschland verfügte an Großkampfschiffen noch über das Schlachtschiff Tirpitz, die Schlachtkreuzer Scharnhorst und Gneisenau sowie die veralteten Schlachtkreuzer Schlesien und Schleswig-Holstein und die schweren Kreuzer Admiral Scheer, Admiral Hipper, Lützow und Prinz Eugen. Diese Einheiten waren aufgrund der alliierten Überlegenheit zum Nichtstun verurteilt.
Die U-Boot Flotte war nach wie vor schlagkräftig. Sie sollte auch weiterhin Handelskrieg gegen England führen um den Druck zum baldigen Friedenschluss zu erhöhen. Die älteren Boote (älter als Typ VII) sollten jedoch umgehend aus dem Dienst genommen werden.
An einen Ausbau der Flotte war vorerst nicht zu denken. Das Zeppelin Projekt – Deutschlands erster Flugzeugträger - sollte trotz der begrenzten industriellen Kapazitäten fortgesetzt werden. Die Erfahrungen der japanischen Verbündeten besagten, dass eine Großkampfschiff Einheit ohne Luftdeckung wertlos geworden war.
Die Überlegenheit der Gegner zur See war schlichtweg erdrückend. Ohne die veraltete und schlecht geführte Sowjetflotte überhaupt in Betracht zu ziehen verfügten die Alliierten über 27 Schlachtschiffe, 17 Flugzeugträger und 25 schwere Kreuzer.

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Generalfeldmarschall Erhard Milch war der neue Oberbefehlshaber der Luftwaffe. Seine vorrangigste Aufgabe würde es sein die alliierten Bomberflotten zu stoppen. Der schlechte Ruf, den die Luftwaffe unter Göring bekommen hatte, musste ausgebügelt werden. Die Auslandsaufklärung schätzte die generische Luftwaffe auf ca. 50 Geschwader auf der russischen und ca. 70 Geschwader auf alliierter Seite. Damit bestand hier annähernd Kräftegleichheit. Die Regierung kam überein, wenigstens in diesem Bereich durch Ausbau und Modernisierung eine Überlegenheit zu erlangen.

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Planungen

Verfasst: 12. Dezember 2015 12:53
von Taras
Am 15. März kam endlich die Nachricht, dass Reichsführer SS Heinrich Himmler aufgetaucht sei. Sein Sonderzug war vor Schneidemühl festgesetzt worden, jedoch der Ortskommandant sah sich nicht in der Lage – oder war nicht gewillt – die Verhaftung gemäß Walküre-Befehl durchzusetzen. Schnellst möglich wurden verlässliche Truppen nach Schneidemühl beordert. Bei ihrem Eintreffen am Abend des 15 März, ergab sich die Zugbesatzung kampflos. Himmler hatte sich aber bereits – in Verkleidung und unter Zurücklassung seiner Uniform und seiner Machtinsignien – abgesetzt.

Erste Vernehmungen der engsten Mitarbeiter ergaben, dass sich Himmler - nach Hitlers überraschendem Tod - große Hoffnungen gemacht hatte, selbst die Macht zu übernehmen. Er hatte seinen Zug nach Berlin befohlen um das Machtvakuum möglichst rasch zu füllen. Die Nachrichtensperre und der schließlich übermittelte Walküre-Befehl mit der gleichzeitigen Bekanntgabe des OKW Befehles ließen seine Erwartungen zusammenbrechen. Er gab das Spiel dann recht schnell verloren und suchte seine persönliche Sicherheit indem er seinen ganzen Stab im Stich ließ.

Umgehend wurde eine Großfahndung ausgelöst. Es war jedoch zu erwarten, dass Himmler über entsprechend gefälschte Papiere und Verkleidungen und sicher auch über die finanziellen Möglichkeiten und die Verbindungen für eine Flucht verfügte. Andererseits hatte er sich mit seiner erbärmlichen Flucht jede Möglichkeit genommen, noch einmal nach der Macht zu greifen.

Nicht ganz so überraschend war es dann, dass am selben Abend der Wehrmachtführungsstab in Rastenburg um die Befehle der neuen legitimen Reichsregierung bat. Die Herren um Keitel wollten sich ganz offensichtlich mit ihrem willfährigen Verhalten aus der Hitlernähe herausmanövrieren.


Da sich nun abzeichnete, dass der Sturz der Hitlerriege gelungen war, lud der Oberbefehlshaber der Wehrmacht Generalfeldmarschall von Witzleben die Kommandeure der Heeresgruppen zur Besprechung des weiteren Vorgehens zum 17. März nach Berlin.
Hauptmann von Stargard war in den Stab der Heeresgruppe Mitte zurückgekehrt. Mit Hitlers Sturz war der Krieg ja noch nicht zu Ende und daher hatte er seine Funktion in der Abwehr wieder übernommen.

Am späten Nachmittag des 16. März war Stargard daher zugegen als Generalfeldmarschall Kluge die Kommandeure der Armeen seiner Heeresgruppe zusammenrief. Einerseits wollte er die Vertretung während seiner Abwesenheit regeln, andererseits wollte er natürlich die Anregungen seiner Frontkommandeure mit nach Berlin nehmen.
Die Generaloberste Gotthard Heinrici, Befehlshaber der 4. Armee, Rudolf Schmidt, Befehlshaber der 2. Panzerarmee und Georg-Hans Reinhardt, Befehlshaber der 3. Panzerarmee waren als Erste eingetroffen. Kluge machte nun keinen Hehl mehr aus seiner Abneigung gegen die Nazis und begrüßte sogar öffentlich den Führungswechsel. Er vermied es jedoch, sich dem Dunstkreis der Umstürzler um Beck, Goerdeler und von Witzleben zu zuordnen. Genauso wenig wie er erkennen ließ, dass er von den Umtrieben seines Stabsoffiziers von Tresckow wusste oder auch nur ahnte.
Heinrici, Reinhardt und Schmidt gingen mit ihrem Kommandeur völlig überein. Insbesondere Schmidt der bei der Lagebesprechung vor drei Tagen für einen Affront gesorgt hatte. Als der Führer – gereizt von den Rückzugsforderungen – den anwesenden Generalen vorwarf, nicht im Schützengraben gesessen zu haben, wie er selbst, und daher nicht über genügend Kriegserfahrung zu verfügen, hatte Schmidt kühl entgegnet: ‚Ihre Kriegserfahrung trägt ein Spatz auf dem Schwanz weg!‘.
Umso gespannter wurde jedoch das Eintreffen Models erwartet. Anders als die meisten Generale stammte Model nicht aus einer alten Offiziersfamilie sondern war der Sohn eines Musiklehrers. Er galt als treuer Hitler Anhänger. Wie würde sich der ebenso erfolgreiche, wie exzentrische Generaloberst verhalten?

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Der Auftritt war dann bühnenreif! Die Tür wurde aufgestoßen und Model polterte mit genagelten Stiefeln in den Raum. Alle Anwesenden zuckten zusammen.
In vorschriftgemäßen Abstand blieb er vor seinem Vorgesetzen stehen und nahm mit eckigen Bewegungen seine Schirmmützen unter den Arm, die er eigentlich bereits vor dem Betreten des Raumes hätte abnehmen müssen. Kluge stand Model steif gegenüber und beide wichen dem Blick des Andren nicht aus.
Model war als Rangniedriger verpflichtet zu grüßen und so schlug er nach einigem Zögern die Hacken zusammen und neigte den Kopf um gleich darauf seinem Vorgesetzen wieder scharf anzusehen.
„Herr Generalfeldmarschall!“ hub Model in lautem knarrenden Tonfall an. „Was geht hier vor!“
„Herr Generaloberst!“ entgegnete Kluge – ebenso entschieden. „Die Reichsregierung hat gewechselt! Der Führer, auf den wir geschworen haben, ist tot! Jetzt gilt es die neue Strategie zu entwerfen! Unsere Treue gilt nun Deutschland!“
„Herr Generalfeldmarschall, das stinkt mir nach Meuterei!“ Models Kiefermuskulatur trat heftig hervor, er ließ sein Monokel in seine auf Koppelhöhe geöffnete Hand fallen. „Ein deutscher Offizier wird doch solch einen ehrlosen Verrat nicht unterstützen!“ Dabei wurde die Stimme immer schneidender.
Kluge ließ sich nicht beeindrucken, „Herr Generaloberst, jetzt gilt es! Jetzt geht es um Alles! Wir sind berufen Deutschland zu retten!“
„Einen Eid kann man nicht einfach in den Abort werfen!“
Kluge trat einen Schritt an Model heran. „Mensch, Model!“ rief er. „Deutschland braucht Sie!“ Er starrte dem Generaloberst erbittert in die Augen. „Model, ich brauche Sie!“
Beide Männer stierten sich an also ob sie einander mit Blicken niederringen könnten.
Dieser Augenblick schien fast eine Ewigkeit zu währen.
Schließlich fummelte sich Model zögernd sein Monokel zurück ins Auge und schnarrte beinahe unbeeindruckt: „Herr Generalfeldmarschall, die Truppe erwartet, dass der Durchbruch der Front um jeden Preis verhindert wird! Ich fordere dafür Sorge zu tragen, das der Front die hierfür benötigten Mittel zur Verfügung gestellt werden!“ Model schlug die Hacken zusammen. „Angesichts der angespannten Lage in meinem Frontabschnitt, empfehle ich mich!“ Dann setzte er mit eckigen Bewegungen die Mütze wieder auf und verließ die Besprechung mit polternden Schritten.


Die Kommandeurtagung in Berlin ergab als wichtigsten Punkt, dass die Wehrmacht die neue Regierung als legitim anerkannte.
Das übergeordnete Ziel der neuen Strategie sollte ein möglichst rascher Friedensschuss sein. Hierfür war es erforderlich, einen Waffenstillstand aus der Position der Stärke zu fordern. Sollte der Gegner nicht sofort zu einem Waffenstillstand bereit sein, sollte ihm im diplomatischen Wege aber besonders mit empfindlichen Schlägen der bewaffneten Macht, die Kosten für die Fortsetzung des Krieges bis ins unerträglich gesteigert werden. Hierzu kam die Generalität überein:

1. Neuordnung der Luftwaffe
Aus den 14 bestehenden Jagdgeschwadern werden 4 Kampfverbände zu je drei Geschwadern gebildet.
Reichsluftverteidigungsgruppe I – 3 Geschwader Abfangjäger (meist Me-109 E)
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Kampfgruppe I – 3 Geschwader Jagdbomber (Me-109 G)
Kampfgruppe II – 3 Geschwader Jagdbomber
Kampfgruppe III – 3 Geschwader Jagdbomber
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Diese 4 Verbände hatten die Aufgabe, die Lufthoheit über Deutschland zurück zu erringen.
Die restlichen Fliegerverbände (ausgenommen die Marineflieger und die verbliebenen Transportflieger) wurden zur Unterstützung der Ostfront abgestellt.

2. Aufgabe des Engagement in Afrika
Auch wenn die Technik nicht zu retten war, sollten die Mannschaften unverzüglich aus Afrika abgezogen werden. Proteste der italienischen Bundesgenossen sollten mit der Unmöglichkeit der Versorgung abgewehrt werden. Wenn die italienische Marine endlich in der Lage wäre, die britischen Stützpunkte (Gibraltar, Malta und Zypern) auszuschalten und eine sichere Versorgung in Nordafrika zu gewährleisten, wäre die Wehrmacht - aufgrund der erheblichen strategischen Bedeutung – bereit, sich erneut zu engagieren.

3. Aufgabe Finnlands
Finnland war nicht zu halten. Die deutschen Verbände sollten sich daher auf Nord-Norwegen zurückziehen und dort vorwärts Narvik das Eindringen der Russen mit geringen Kräften verhindern.
Dem Außenministerium wurde die Aufgabe übertragen, dem Bundesgenossen zuzusichern, dass die finnischen Interessen im Rahmen einer Gesamtfriedenslösung dennoch oberste Priorität besitzen würden.

4. Rücknahme der Ostfront in leicht zu verteidigende Stellungen
Die Ostfront sollte ein eigenes Oberkommando erhalten. Der Oberbefehl wurde Manstein angetragen. Dieser lehnte jedoch mit Verweis auf die schwierige Situation seiner Heeresgruppe ab. Zur Zeit sah er sich hier unabkömmlich.
Da die Heeresgruppe Afrika aufgelöst wurde sollte demnach Generaloberst von Arnim den Posten des OB Ost übernehmen.

Die Ostfront war in ihrer jetzigen exponierten Stellung nicht zu halten. Daher wurde – unter Ausnutzung der Schlammperiode – die Rücknahme der Front auf die allgemeine Linie Narwa / Peipussee / Pskowker See / Pskow / Dwina / Witebsk / Smolensk / Dnepr / Krim angeordnet.
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Mit den daraus gewonnenen mobilen Reserven sollte einerseits die Linie gehalten und anderseits ggf. Offensiven gewagt werden. Zur Schaffung mobiler Reserven wurden dem OB West von Rundstedt sämtliche motorisierten oder gepanzerten Einheiten weggenommen. Aller Protest und selbst die Rücktrittdrohung halfen Rundstedts nichts. Die Ostfront hatte oberste Bedetung!
Die Kommandeure der Ostfront forderten, dass die Panzerdivisionen, die hauptsächlich noch mit dem Panzerkampfwagen III ausgerüstet waren, unverzüglich auf den Panzer IV mit der langen 7,5 cm Kanone umzurüsten sind.
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Die Heeresgruppe E wurde aufgelöst und die 17. Armee der - in Heeresgruppe Süd umbenannten - Heeresgruppe Don unterstellt werden.

Die Hoffnung aller Kommandeure ruhte nun bei den Diplomaten. Würden sie angesichts der Veränderungen, die Deutschland durchliefen, einen Frieden erreichen? Oder wenigstens einen separaten Waffenstillstand mit den Westalliierten?

[HoI III TFH AAR] Das Blatt hat sich gewendet

Verfasst: 14. Dezember 2015 17:17
von Taras
Die Reichsregierung unter Ludwig Beck und Carl Friedrich Goerdeler ging unmittelbar nach der Machtübernahme in die diplomatische Offensive. Der erste Schritt waren offene Funksprüche an die Regierungen in London und Washington. Den beiden Mächten wurde übermittelt, dass Deutschland einen umfassenden und raschen Frieden anstrebte. Beide wurden aufgefordert die Eckpunkte zu benennen, unter denen ein Waffenstillstand geschlossen werden könne.

Das Außenministerium unter Freiherr Dufour von Féronce bemühte sich über die Botschaften in der Schweiz, Schwedens, Spaniens und der Türkei intensiv um Kontakt zu den Briten und Amerikanern. In Stockholm kam es dann Ende März zu einem inoffiziellen Treffen auf der Ebene der Staatssekretäre. Die Vertreter Großbritanniens und der USA machten dabei deutlich, dass nur eine bedingungslose Kapitulation Deutschland akzeptiert werden würde.
Die Einwände von deutscher Seite, dass die Forderung der Atlantik-Charta vom August 41 nach der Vernichtung der Nazityrannei durch Deutschland erfüllt wurde fanden kein Gehör. Die deutschen Diplomaten sicherten zu, dass die faschistischen Organisationen sämtlichts zerschlagen werden. Insbesondere wurden dabei die Konzentrationslager und die jüdischen Gettos angesprochen. Die rassistische Gesetzgebung sollte aufgehoben werden und Personen, die sich strafbar gemacht hatten vor Gerichte gestellt werden. Auch wurde deutlich gemacht, dass Deutschland eine Grenzziehung gemäß der Atlantik Charta – begründet auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker – unterstützen würde und sich Reparationszahlungen nicht völlig verschließen würde.
Die Westalliierten informierten, dass sie nicht bereit seien von der Forderung nach bedingungsloser Kapitulation abzuweichen. Im Januar dieses Jahres hätten sie sich auf der Konferenz von Casablanca hierzu eindeutig verständigt. Auch darüber, dass sich Deutschland nicht auf die Festlegungen der Atlantik Charta berufen könne. Den verblüfften deutschen Diplomaten wurde mitgeteilt, dass weder Churchill noch Roosevelt bereit waren, auf halbem Wege Stopp zu machen. Dieser Krieg galt doch nicht Hitler sondern der wirtschaftlichen und militärischen Stellung Deutschlands. Deutschland wie auch Japan mussten als Machtfaktoren ausgeschaltet werden um die angloamerikanische weltweite Dominanz nicht noch einmal zu gefährden.
Der deutsche Einwurf, dass mit dieser Haltung das Sterben an allen Fronten ungeahnte Ausmaße annehmen würde und dass eine deutsche Niederlage die Gefahr heraufbeschwor, dass ganz Europa unter bolschewistische Barbarei fallen würde, wurde durch den britischen Vertreter abgetan, dass es ja in deutschen Händen läge, dem Sterben mit der Kapitulation ein sofortiges Ende zu setzen.

In seiner Parlamentsrede verhöhnte der Britische Premier dann auch die neue deutsche Regierung. Offensichtlich wollten die Eliten in Deutschland ihrem vorgezeichneten Schicksal in der abzusehenden völligen Niederlage entgehen, indem sie sich nun gegenseitig umbrachten.

Der diplomatische Weg blieb damit in Richtung Westen verschlossen. In Richtung Osten wollte Dufour von Féronce erst agieren, wenn sich die Front stabilisieren würde. Weite Kreise der neuen Führung waren ohnehin gegen einen Friedensschluss mit den Bolschewisten. Dufour von Féronce spielte darüber hinaus das große Spiel indem er den Russen Informationen über deutsch-britische Verhandlungen zuspielte und Stalin im Unklaren ließ, ob sich im Westen ein Separatfrieden anbahnte.

Nicht nur, dass die deutschen Friedensbemühungen brüsk zurückgewiesen wurden, ab der zweiten März Hälfte versuchte das britische Bomber Command den Luftkrieg gegen Deutschland noch weiter zu steigern. Durch die Massierung der Luftwaffe konnten die Angriffe jedoch zunehmend abgewehrt werden.
Am 23. März versuchten die Briten einen Tagangriff mit über 600 schweren Bombern auf das Ruhrgebiet.

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Diese Änderung ihrer bisherigen Taktik wurde für die Briten zum Fiasko. Die Kampfgruppe III der Luftwaffe unter General der Flieger Ritter von Greim, konnte die eng aufgeschlossenen britischen Bombergruppen weit vor ihrem Ziel abfangen. Nachdem die englischen Begleitjäger über Holland abdrehen mussten, konnten die deutschen Jäger ab der Reichsgrenze kontinuierlich zum Angriff geführt werden.

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Die britischen Verluste wurden bald so unerträglich, dass der Angriff abgebrochen werden musste. Jedoch auch der Rückweg bis der eigenen Jagdschutz erreicht war, kostete noch etliche Abschüsse.
Annähernd die Hälfte der schweren Bomber, über die das Bomber Command verfügte, gingen verloren oder wurde irreparabel beschädigt. Besonders schwer wirkten sich die Totalverluste über dem Kontinent aus, da mit den abstürzenden Bombern in jedem Fall auch die Besatzungen verloren waren.
Die Kampfgruppe unter von Greim verlor von den 229 eingesetzten Maschinen 26 Jäger. In den meisten Fällen konnten sich die Piloten jedoch retten und blieben weiter einsatzbereit.

Die Bombenangriffe auf das Reichsgebiet mussten nach dieser Niederlage vorerst komplett eingestellt werden.

Neue Strategie

Verfasst: 15. Dezember 2015 19:57
von Taras
Auch an der Ostfront zeigte die neue Strategie erste Erfolge. Truppenführung erhielt freie Hand und war nicht mehr durch Haltebefehle behindert.
Die auf der Taman-Halbinsel abgeschnittene 17 Armee war der Heeresgruppe Süd unter Generalfeldmarschall von Manstein unterstellt worden. Dieser beschloss umgehend den Ausbruch in Richtung Rostow zu veranlassen. Eine Evakuierung dieses Großverbandes über die Straße von Kertsch auf die Krim, erschien ihm - unter zu erwartendem russischen Druck - zu riskant.
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Selbstverständlich war auch dieser Plan nicht ohne Risiko. Die gesamte Flanke von Woloschilowgrad bis an den Unterlauf des Don musste vorwiegend von demoralisierten rumänischen Truppen gehalten werden. Der Flankendeckung ließ Manstein mit dem XVII und dem XXX Armeekorps mehrere ‚Korsettstangen‘ einziehen. Aber auch diese Einheiten waren nach den Kämpfen, die aus der Katastrophe von Stalingrad folgten, ausgelaugt und nicht mehr voll kampfstark.
Für den angeordneten Ausbruch würde von Norden – aus dem Raum Rostow – die Tür eingetreten werden. Manstein übergab diese Aufgabe Generaloberst Hoth, dem vorübergehend sämtliche Panzerverbände der Heeresgruppe Süd zugeteilt wurden.
Mit dieser klassischen Scherenbewegung wurde Ende März in der Winterschlacht von Asow die 28. und große Teile der 58. Sowjetische Armee eingeschlossen und vernichtet. 22 Divisionen, darunter die 3., 7. und die 10. Gardeschützendivision, gingen unter.
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Solche Verluste sollten eigentlich den Druck vom deutschen Südflügel nehmen, doch tatsächlich schien es, dass die russische Führung aus allen Fronten Truppen nach Süden warf. Aussagen gefangengenommener Offiziere besagten, dass eine neue Offensive in Richtung Stalingrad befürchtet wurde.
So erleichterte der Sieg vor Rostow die deutsche Absetzbewegung vor Leningrad. Beginnend ab 1. April, konnte sich die Heeresgruppe Nord völlig unbehelligt auf Narwa – Pskow – Dwina zurückziehen.
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Diesmal wirkte die Schlammperiode zugunsten der Deutschen. Hinter sich zerstörten die zurückgehenden deutschen Truppen die ohnehin schlechte Infrastruktur und erreichten, dass die nachdrängenden Russen zu keinem Moment gefährlich wurden.

Die Heeresgruppe Mitte hatte nur einen kurzen Abmarschweg auf den Oberlauf der Dwina und die Landbrücke von Smolensk. Die Absetzbewegung der 9. Armee konnte so ungehindert fortgesetzt werden. Auch hier gelang es den Russen zu keinem Zeitpunkt, den deutschen Rückzug auszunutzen.

Bei der Heeresgruppe B gestaltete sich der Abmarsch auf den Dnepr zu schon weit gefährlicher. Die Verluste der zurückliegenden Winterschlacht waren einfach zu groß. Immer wieder gelang es ausgreifenden russischen Verbänden, die Front zu zerreißen und in die Absetzbewegung hineinzufahren. In ununterbrochenen kühnen Rochaden mußten die Panzertruppe der Heeresgruppe durch Schnee und Schlamm die russischen Vorstöße abwehren.
Vom 8. Zum 9. April gelang es Generalleutnant Hausser, die russische Speerspitze aus dem Raum Woronesch abzuschneiden und in der erbitterten Schlacht von Prochorowka zu vernichten.
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Die 1. Gardepanzerdivision, die 44. Gardeschützendivision und zwei weitere Schützendivisionen wurden vernichtet. Dies verschafft nicht nur 'von Weichs' erschöpften Truppen Luft, sondern die erfolgreiche Operation zeigte auch, dass die ehemaligen SS Verbände im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen nicht an Biss verloren hatten.

Da die Engländer keine Friedensbereitschaft erkennen ließen, wurde ab 1. April auch der U-Boot Tonnagekrieg wieder aufgenommen. Der Kommandeur der U-Boote wurde dabei dem OB West von Rundstedt unterstellt. Die Alliierten hatten sich durch die Vorgänge in Deutschland in trügerischer Sicherheit gewähnt und darum ihre Seeverteidigung in Richtung Ostasien umorientiert. Daher erzielt die deutsche U-Bootwaffe rasch Erfolge.
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Den Strategen war jedoch klar, dass sich mit den eingesetzten Booten vom Typ VII und den wenigen vom Typ IX diese Erfolge nicht aufrechterhalten ließen. Neue Bootstypen, die den alliierten Abwehrmaßnahmen gewachsen waren, mussten entwickelt und gebaut werden.

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Das Blatt hat sich gewendet

Verfasst: 19. Dezember 2015 11:03
von Taras
Am 18. April wurde von einer Schweizer Grenzpatrouille eine Person beim illegalen Grenzübertritt beobachtet. Die Soldaten gaben mehrere ungezielte Schüsse ab um die Grenzverletzung zu verhindern. Da die Person mehr als einen Kilometer in dem unwegsamen Alpengelände entfernt war, dauerte es fast 20 Minuten bis die Soldaten den Ort des Grenzübertritts erreicht hatten.
Der unbekannte Mann war nicht entkommen, sondern lag tot in einer Fichtengruppe. Aber nicht die Schüsse der Soldaten hatten ihn getötet. Wie später festgestellt wurde, hatte der Mann eine Zyankali Kapsel in den Zähnen. Ob er die Kapsel absichtlich oder durch Zufall auf der Flucht zerbissen hatte, ließ sich nicht mehr feststellen.
Die Papiere, die er neben großen Bargeldmengen in unterschiedlichen Währungen bei sich führte, wiesen den Toten als Heinrich Müller aus. Aber ziemlich schnell erwiesen sich die Papiere als gefälscht. Durch die Hinzuziehung deutscher Behörden konnte die wahre Identität des Toten ermittelt werden. Die Grenzer hatten Heinrich Himmler gestellt. Der ehemalige Reichsführer SS war tot.

Während der Südabschnitt der deutschen Russlandfront weiterhin verbissene Rückzugsgefechte führte, war im Nord- und Mittelabschnitt ab Anfang April 43 völlige Ruhe eingekehrt. Die deutsche Seite arbeitet am Ausbau der Verteidigungsstellungen und die Russen beschränkten sich auf gelegentliche Bombenangriffe gegen die Infrastruktur und die Belebung des Partisanenkampfes im deutschen rückwärtigen Gebiet.

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Am 12. April waren Leute der Organisation Todt beim Stellungsbau am westlichen Zugang nach Smolensk auf Massengräber gestoßen. Als Ic der Heeresgruppe Mitte wollte Oberst von Gersdorff die Sache in der darauf folgenden Woche selbst untersuchen. Da er befürchtete, dass man auf irgendeine Hinterlassenschaft der Einsatzgruppen der SS gestoßen war, nahm er Hauptmann von Stargard mit um gegeben Falls möglichst rasch Maßnahmen einleiten zu können.

Knapp 20 km westlich vor Smolensk bogen sie von der Rollbahn Richtung Orscha – Minsk in den Wald ab. Den Kübel mussten sie gleich darauf abstellen und sie wurden von voraus geschickten Soldaten der Stabskompanie und einem Obertruppführer der OT zum Fundort geleitet. Der Frühling war mit aller Macht hereingebrochen. Die immer kräftiger werdende Sonne hatte nicht nur den Boden aufgetaut und die ersten Knospen platzen lassen, sondern sie sorgte auch dafür, das der Verwesungsgestank aus den Kieferwald sie lange erreichte, bevor sie die ersten Leichen sahen.

Als sie die erste Grube erreicht hatten wurde rasch klar, dass es sich bei den Toten nicht um Gefallene der heftigen Kämpfe im Sommer 41 handeln konnte. Die Leichen waren teils bereits skelettiert teils in starker Verwesung begriffen. Aber man konnte sofort erkennen, dass etlichen von ihnen die Arme gebunden waren. Manche hatten Säcke oder Stoffstücke über die Schädel gebunden, anderen war die Jacke um den Kopf gebunden worden.

Russische Bauern der Umgebung waren zur Arbeit verpflichtet worden. Sie hatten bereits eine mannstiefe Grube ausgehoben und hunderte von Leichen freigelegt. Sah man sich in der Gegend um, konnte anhand der Bodenspuren noch weitere Gruben vermutet werden.

Gersdorff räusperte sich und versuchte angesichts der nackten Schädel mit den leeren Augenhöhlen und den klaffenden Kiefern keine Schwäche zu zeigen. „Stargard, meinen Sie, das war die SS?“
„Schwer zu sagen.“ Freiherr von Stargard versuchte durch den Mund zu atmen, weil ihm der mörderische Gestank den Magen umdrehte. „Da müssen wir wohl erst die weiteren Untersuchungen abwarten.“

Der Obertruppführer trat an sie heran. Eine zernarbte Landsknechtsfresse, der wohl als alter SA Kämpe bei der OT untergekrochen war, um der Front zu entkommen. Er wies auf seine Hand in der er einige verschmutzte Patronenhülsen und zerbeulte Geschosse hielt. „Das sind Pistolenpatronen aber keine Parabellum. Ick sach ma, die Schweinerei haben die Russen angerichtet. Muss gewesen sein, bevor wir hier waren.“

Gersdorff nahm eine Patronenhülse und betrachte sie genauer. „Das ist kleiner als 9 mm. Das könnte die 7,65 Luger sein. Haben die Russen viel aber wir auch.“
„Herr Oberst.“ Brummte Stargard. „Schauen Sie sich die Masse von Toten an. Wenn unsere Leute das waren, müssen wir 7,92 Gewehrmunition und 9 mm Parabellum finden. Ich werd mal versuchen, mit den Leuten zu reden. Die sind ja aus der Gegend, vielleicht wissen die ja was.“

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Ohne zu zögern stieg Stargard in die Grube hinab, obwohl der Gestank mit jedem weiteren Schritt beinahe physische Gewalt annahm. Er hob den Arm und rief „Delajet Pereruiw!“
Die Russen stellten das Buddeln ein und schauten misstrauisch auf den fremden Offizier.
Gersdorff sah verwundert zu wie der junge Hauptmann in der Leichengrube mit einem breiten Lächeln die Russen zu sich heranwinkte und leutselig mit ihnen zu sprechen anfing.
„Schto Wohnn!“ rief Stargard und begann Zigaretten auszugeben. Zuerst argwöhnisch, nahmen die Russen die Zigaretten gerne an. Mit einer fordernden Armbewegung schickte Stargard die bewaffneten OT Leute fort, die die Arbeiten überwachen sollten. Gleich darauf stand die ganze Traube Zwangsarbeiter am Grund der Grube und paffte. Dass die Zigaretten nicht für alle gereicht hatten, störte keinen. Die Stumpen gingen von Mann zu Mann. Stargard rief dann noch den Fahrer des Kübels zu sich hinunter und beauftragte ihn, die Wodkaflasche aus dem Auto zu holen. Mit der unbeschrifteten Literflasche voll klarer Flüssigkeit kam der Obergefreite zurück. Stargard machte den Anfang und dann ging auch die Flasche von Mann zu Mann.

Es dauert fast eine halbe Stunde bis Stargard wieder aus der Grube stieg. Den Obertruppführer forderte er auf, die Arbeiter anständig zu behandeln, denn der Ic bräuchte ihre Aussagen und daher ihr Wohlwollen. Dann deutete er Gersdorff an, dass sie sich entfernen sollten.

Auf dem Weg zurück zum Kübel platzte Gersdorff als erstes heraus: „Sie sprechen Russisch!? Das stand aber nicht in ihrer Akte!“
„Die Stargards haben über, mmh Jahrhunderte ins Baltikum eingeheiratet. Unsere Familienbande reichten bis nach Russland und sogar in die Ukraine. Daher auch mein Vornahme Taras. Und weil das so ist, werden die Stargardsprösslinge seit jeher mit Russisch traktiert. Mein Lehrer war ein russischer Graf, der am Ural Ländereien besaß die größer waren als Ostpreußen – behauptete er jedenfalls. Die Bolschwiken haben ihm alles genommen und während er unter Denikin diente auch noch die halbe Familien ermordet. Daher kann ich russisch – mit uralkosakischem Akzent.“
„Und, haben Sie was aus den Leuten herausbekommen?“
„Ja, habe ich.“ Stargard blieb stehen und atmete tief durch. Sie hatten den Gestank weit hinter sich gelassen und standen nun am Waldrand in der Frühlingssonne. „Das waren zumeist Leute aus Kosi Gori, einer Ansammlung von Hütten, nicht weit von hier am Dnepr. Sie erzählten, im April vor drei Jahren, wurden in Katyn, in der Bahnstation ein paar Kilometer die Straße runter, zahlreiche Pani herangekarrt. Sie meinen damit Polen, polnische Adlige und Offiziere.
Blaumützen, also Truppen des Innenministeriums, hätten damals hier im Wald mit Baggern Gruben ausgehoben und die, die Pani mit schwarzen Bussen hier her schaffen lassen. Und dann haben sie alle hier erschossen.
Die Leute sprechen von mehreren tausend Toten!“
Oberst von Gersdorff nahm die Schirmmütze ab und rieb mit seinem Taschentuch den ledernen Stirnschutz trocken. „Tausende Polen? Das müssen die polnischen Kriegsgefangenen sein, die die Russen 39 einkassiert haben.“ Er machte einige Schritte auf und ab du dachte angestrengt nach. „Mensch Stargard, wenn wir das groß raus bringen, sprengt das die Koalition gegen uns. Die Briten und die Amis können doch unmöglich noch zu den Russen halten, wenn rauskommt, dass die polnischen Soldaten hier hingemetzelt wurden. Wir müssen das ganz groß aufziehen, Kräfte müssen her, das muss bis ins Detail dokumentiert werden!“

Hauptmann von Stargard konnte die Begeisterung seines Vorgesetzten nicht teilen. „Was wollen wir denn den Alliierten sagen? Das die Russen das Gleiche gemacht haben wie wir?
Ich habe bereits schon mal an so einer Grube gestanden. Meine Einheit kam zufällig hinzu, als eine Sonderaktion abgeschlossen wurde. Da unten lagen hunderte nackte Männer und Frauen. Und neben mir standen die Letten und Ukrainer, die man in unsere schlecht sitzenden Uniformen gesteckt hatte. Ich hätte ihnen am liebsten das infantile Grinsen aus ihren hässlichen Visagen geschossen. Aber ich habe nichts getan. Ich habe am selben Abend mit ihren Offizieren gespeist und gesoffen bis ich ohnmächtig war.“
Taras von Stargard blickte starr in den Wald während er weiter erzählen musste.
„Ja Herr Oberst, ich habe mitgemacht. Ich weiß, dass der Kommissar Befehl nicht in allen Einheiten durchgesetzt wurde, weil viele ihn als unsoldatisch angesehen haben. In meiner Kompanie habe ich ihn durchführen lassen. Wir haben die Kommissare aussortiert und auch nicht so genau hingeschaut ob es Kommissare, Kommunisten, Komsomolzen, Juden oder einfach nur Leute waren, die man nicht leiden konnte. Ein einfacher Hinweis ihrer Kameraden hat genügt. Ich habe meinen Soldaten den Befehl gegeben, sie beiseite zu führen und zu erschießen.
Ich kann mich noch gut an den Einen erinnern. Der hatte seine Uniform nicht ausgezogen und seine Kragenspiegel wiesen ihn als Politruk aus. Der hatte keine Angst. Trotz seiner Verwundungen hielt der sich aufrecht und sah mir unerschrocken in die Augen. ‚Na du Hund‘ hat der mich angesprochen und ich verstehe ja alles. ‚Was willst du jetzt machen?‘ hat er gerufen. ‚Ich bin Kommissar, Offizier, Kommunist und Jude und du kannst mich nur einmal erschießen!‘
Ja Herr Oberst, ich habe mitgemacht.“ Dann schwieg er und seine Kiefern malten während er weiterhin in den Wald starrte.

Gersdorff sah den Hauptmann betroffen an. „Mensch Stargard, wer von uns ist denn ohne Schuld. Aber Sie haben sich entschlossen… Wir haben uns entschlossen genau deswegen zu handeln und diese Verbrechen nicht weiter zu dulden!“
„Richtig Herr Oberst!“ antwortete Stargard mit schwerer Stimme. „Aber das macht es nicht besser!“


Anfang Mai 43 ergab sich aus den Leichenfunden bei Katyn das gesamte Bild. Im Frühjahr 1940 hatten das NKWD (Volkskommissariat für innere Angelegenheiten) an mehreren Orten über 20.000 polnische Offiziere und Intellektuelle umgebracht. Polen war untergegangen und die Eliten wurden als Keimzelle eines nationalen Widerstandes identifiziert.
Außenminister Dufour von Féronce ließ internationale Beobachter vom Roten Kreuz und aus neutralen Staaten zu den Mordstätten führen. Er lud sogar die Kriegsgegner ein, Delegationen zu schicken und als die ablehnten, ließ er kriegsgefangene amerikanische und britische Offiziere die Ausgrabungen und Untersuchungen begleiten.

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Eine Reaktion der Westalliierten blieb jedoch aus. Die Meldungen über den Massenmord wurden in Washington komplett ignoriert und es wurde weiter die bedingungslose Kapitulation gefordert. Nachdem General Władysław Sikorski, der Ministerpräsident der Exilregierung Polens und Oberbefehlshaber der polnischen Exilarmee, hartnäckig die Aufklärung der Morde und sogar den Bruch mit dem ungeliebten russischen Verbündeten forderte, war man in London sogar regelrecht erleichtert, als er bei einem Flugzeugunglück tragisch ums Leben kam.

Die russische Seite stritt die Morde selbstverständlich kategorisch ab. Moskau behauptete, das die Deutschen offensichtlich eigene Morde vertuschen wollen und das dieses propagandistische Manöver so durchsichtig wie erfolglos war.

Unter Verweis auf die stabilisierten Fronten und den sich angeblich abzeichnenden Bruch der antideutschen Koalition, streckte Dufour von Féronce seine Friedensfühler nun auch nach Moskau aus. Stalin sah sich durch die gewaltigen Gebietsgewinne seit Januar jedoch auf dem Vormarsch. Er wies die Waffenstillstandsvorschläge in einer Radioansprache öffentlich zurück und erklärte: ‚Dieser Krieg wird nicht durch eine gewissenlose Clique meuternder Junker beendet sondern durch die siegreichen Soldaten der Roten Armee, die ihr Ruhmesbanner in Berlin aufpflanzen werden!‘

Die Wehrmacht bekam nun von der Reichsregierung grünes Licht zu begrenzten Offensiven überzugehen. Den Russen sollten, unter Schonung der eigenen Kräfte, möglichst hohe Verluste zugefügt werden um ihnen die Offensivkraft zu nehmen und um sie friedensbereit zu machen. Auf der Kommandeur Besprechung der Heerführer der Ostfront wurde beschlossen, das die Heeresgruppe Süd die Mittel zu Verfügung bekommen sollte die Roten Armee in einer begrenzten Operation zu schlagen.