Ich wusste, heute würde ein schlechter Tag werden, es war kein fester Gedanke oder gar gespeichertes Wissen, eher ein Gefühl, ich hatte es irgendwie in den Knochen um nicht zu sagen im Urin. Vielleicht bilde ich mir auf eine Blasenentzündung auch zu viel ein, aber ich war mir sicher, es würde ein schlechter Tag werden. Doch noch bevor ich mir ausmalen konnte, was wohl den ganzen Tag passieren würde, stürmte Hiyo mit einem triumphierenden Lächeln herein. Alles nahm seinen Lauf.
»Ha, ich habe den ganzen gestrigen Tag und die ganze Nacht an Büchern geseßen und kann jetzt fließend Latein, na los, fragen Sie mich was.« brüllte Hiyo beinahe.
»Kann ich nicht.« erwiderte ich und begann Fluchtpläne zu schmieden, da ich wusste, dass Hiyo schon sehr bald, sehr sauer sein würde. Diesmal hatte ich es nicht im Gefühl, ich wusste es, weil ich genau wusste worauf dieses Gespräch hinaus lief … und dass es Hiyo nicht gefallen wird.
»Wie bitte?«
»Ich kann Latein nicht "sprechen", die Mühe macht sich heutzutage doch kaum jemand, ich habe Sie doch lediglich mit ein paar Zitaten geärgert.« Die Transformation seiner Mimik von Überraschung, zu Verständnis zu unsäglicher Wut und dann zu … Ruhe … war eine äußerst interessante Beobachtung.
»Dafür sollte ich Sie eigentlich kreuzigen lassen, oder vierteilen, oder falsch herum kreuzigen.In Sachen Todesstrafen waren die Lateiner genial. Aber irgendwie fehlt mir gerade die Lust, wütend auf Sie zu sein, was mich ernsthaft beunruhigt. Könnte ich krank werden, würde ich zum Arzt gehen.« Ich wollte gerade ernsthaft über diese Äußerung nachdenken, als ein mir fremdes Gesicht in mein Zimmer stürmte.
»Who the fuck is the boss?« rief er laut, obwohl nur ich und Hiyo anwesend waren. Und wahrscheinlich der Geheimdienstminister, aber den konnte man getarnt nicht finden, egal wie.
»Gegenfrage: Wer wagt es, hier hereinzuplatzen und nach ihm zu fragen?« erwiderte ich gebieterisch, wie es sich für den mächtigsten Herrscher der Welt gehörte. Die Miene des Mannes zuckte ein wenig, schien kurz gereizt, beruhigte sich dann jedoch wieder.
»Der Oberbefehlshaber der US-amerikanischen Streitkräfte und damit der mächtigste Mann auf Erden.« erwiderte der Mann, mit einem amerikanischen Akzent, das es an ein Wunder grenzte, dass ich ihn verstand.
»Okay, vergessen wir einmal, dass die japanische Armee die mächtigere ist. Wäre dann nicht Ihr Präsident der mächtigste Mann auf Erden?« Die Frage veranlasste den Mann zu einem Lachanfall.
»Sie sind ein lustiger Kerl, selbst wenn Kuhn wieder auffindbar wäre, auf den hört doch niemand.« antwortete er. Erst in diesem Moment fiel mir auf, dass wir Kuhn immer noch in unserem Kerker hatten. Ich beschloss, das erstmal für mich zu behalten. »Ich bin übrigens General Patton. Befehlshaber der ersten US Armeegruppe, die eigentlich nicht existiert, sie war dazu da um den deutschen Spionen Falschinformation für unsere Invasion vorzugaukeln. Aber als dann von einem Tag auf den anderen der Befehl für die wirkliche Invasion kamen, wurde einfach die komplette US-Army in meine Armeegruppe integriert und tat das, wofür sie angeblich da war.«
»Das heißt, die Deutschen hatten alle Informationen über die Invasion?« fragte ich schockiert.
»Eigentlich ja, aber sie waren erst in der Woche davor über die Tatsache gestolpert, dass es nur eine Irreführung war und haben folglich ihre Informationen ignoriert. Das nennt sich dann wohl Ironie des Schicksals.« antwortete er. »Warum ich hier bin. Ich verlange von Ihnen die amerikanischen Divisionen mit dem ihnen zu stehenden Respekt zu behandeln.«
Das schockierte mich ein wenig. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand auf die Idee kommen würde sich über meine Kriegsführung zu beschweren, außer Hiyo natürlich. Und dem General. Manchmal auch Harry. Also eigentlich alle. Aber das ein Amerikaner sich beschweren würde, das war mir nicht in den Sinn gekommen, warum auch. Ich behandelte die amerikanischen Divisionen wie der letzte Dreck oder um es metaphorisch auszudrücken, wie meinen Opferbauern im Damengambit … jetzt verstehe ich warum er sich beschwerte.
»Tue ich doch.« erwiderte ich.
»Wie bitte?« Sein Gesicht zeigte keine sichtbare Regung. »Sie schicken die Amerikaner vor Allem auf Operationen, die manche als Himmelfahrtskommando bezeichnen würden. Außerdem müssen sie hungern und haben schlechte Waffen.«
»Nun, die Amerikaner sind schlechter ausgebildet und außerdem machen die Japaner nicht so viel Lärm um amerikanische Leben, von daher kann ich mit amerikanischen Verlusten besser umgehen. Für Versorgung und Ausrüstung sind die USA selber zuständig.« erwiderte ich »Warten Sie mal, wir haben Ihre Soldaten nicht versorgt, und Ihre Regierung hat es auch nicht getan. Das heißt, die Leben seit Beginn des Krieges von dem, was sie sich organisieren. Ihre Soldaten sind einfach genial.« Eine unglaubliche Feststellung.
»Übertreiben Sie mal nicht, es ist nicht besonders schwer unbewaffnete Zivilisten auszurauben. Aber sie haben immerhin Leningrad erobert.«
»Nein, haben Sie nicht«
»Doch, hier. Taylor hat es erobert.«
»Wie haben die das nur geschafft. Das hätte ich denen nie zugetraut.« Ich war total überrascht.
»Ich will ehrlich sein, sie haben die Russen mit unglaublich viel Wodka bestochen, mit Mistgabeln die Deutschen zu vertreiben, sie haben Leningrad freiwillig geräumt.«
»Okay, das erklärt alles.«
Patton war ein überraschend kompetenter Mann. Ich hatte einen japanischen Historiker beauftragt seinen Stammbaum zu erstellen, ich war der festen Überzeugung, dass dieser Mann europäische Wurzeln haben musste, ein Land wie die USA wären nie in der Lage solch einen Feldherren hervorzubringen. Ich beschloss dieses unglaubliche Potential auszunutzen und gab ihm ein paar seiner amerikanischen Divisionen um damit die letzten deutschen Bastionen niederzureissen. Und wie zu erwarten war er unglaublich erfolgreich.
»Ach, wie süß. Sieh ihn dir an, er hat einen neuen Freund gefunden.« versuchte Hiyo mich zu ärgern. Doch ich weigerte mich diesmal darauf einzugehen. Wahrscheinlich hatte Hiyo einfach nur ein schlechtes Gefühl, weil er einen mächtigen Gegner mehr hatte. Nachdem er bereits im General einen ebenbürtigen Konkurrenten gefunden hatte, musste ihn das wirklich fertig machen.
»Hiyo, das muss Sie nicht fertig machen. Sie werden immer einen wichtigen Posten in meinem Kabinett haben.« versuchte ich ihn aufzumuntern. Hiyo blickte erst etwas verwirrt, dann lachte er laut auf. Ich war ein wenig verwirrt, doch war es schön, dass er es so leicht aufnahm.
»Glauben Sie wirklich ich bin von Ihrem Wohlwollen abhängig? Ach, wie herrlich, Sie haben wirklich keine Ahnung, wie das hier abläuft.« erwiderte er und klopfte mir auf die Schulter, dabei brachen mir etwa zwölf der vier dortigen Knochen und durch den Druck nach unten wurde mein rechtes Bein geschätzte 20 cm zusammengedrückt.
»Okay, lassen wir das. Reden wir über wichtige Dinge. Wie geht der Bau meiner Statue voran?« fragte ich.
»Nun, wir haben noch nicht angefangen. Alle übrigen Arbeitskräfte sind dabei mit den Alpen die Mittelmeerbrücke zu bauen, von der Sie geschwärmt haben.« erwiderte Harry.
»Na dann kommandieren wir eben die Soldaten ab, die sollen meine Statue bauen!« befahl ich.
»Aber wer soll dann unseren Krieg führen?« fragte der General.
»Ach, wen interessiert der Krieg, hier geht es um meine Statue, das hat höchste Priorität, das geht sogar vor dem Wohlergehen des Stabs. Außer mir natürlich.«
»Aber Sie haben doch noch nicht mal einen Entwurf.« warf Harry ein.
»Dann besorgen Sie mir gefälligst einen.«
Sofort gab es heftige Unruhen im ganzen Land. Alle japanischen Architekte trafen sich an dem weitbekannten Lieblingsort aller japanischen Architekten. Sie stellten jedoch recht schnell fest, dass der Walfleischstand in der Tokyoter Innenstadt für zwölf Leute ein bisschen klein war und siedelten in ein Restaurant um. Hunderte Portionen von Walfleisch wurden im Laufe der Arbeiten verschlungen, doch nach diesen zwölf Minuten hatte ich meinen Entwurf, er war perfekt. Die Statue war wie erwartet etwa 250 Meter groß und damit man das Kunstwerk auch sieht, erhielt sie einen Sockel der noch einmal gute 100 Meter maß. Ein Denkmal wie es seiner würdig war.
Auf einmal kam einer der Architekten zu mir »Hier der Entwurf.« sagte er. Er reichte mir ein Bild von schrecklicher Hässlichkeit, zum Schutze aller meiner Zuhörer und Nachfahren habe ich dieses Bild vernichtet, wie es sich für ein Satanswerk gehört. Ich habe mir damit eine Zigarre gedreht und es langsam und schmerzvoll vernichtet.
»Danke, ich behalte den Ersten.« antwortete ich.
»Den Ersten?« erwiderte der Architekt verwirrt.
»Na das hier.« Ich zeigte ihm den guten Entwurf.
»Ach das, das hat meine Tochter gemalt.« Ich warf den Mann aus dem Fenster und gab sofort Befehl im ganzen japanischen Reich zwölf Akademien für die hohe Kunst der Architektur zu errichten. Jede sollte den Namen einer der zwölf Architekten erhalten, die ab diesem Tag den Rest ihres Lebens, also wahrscheinlich zwei bis drei Stunden bis zur Hinrichtung, in meinem Kerker verbringen würden. Zur Ruhm und Ehre meiner Nation würde ich sie in den Geschichtsbüchern zu Künstlern verklären müssen, doch dieses Opfer war ich bereit einzugehen. Aber leicht würde es nicht werden, das stand fest.
»Finden Sie nicht, dass Sie ein wenig übertreiben?« fragte Harry
»Ob ich übertreibe? Warum sollte ich übertreiben? Weil ich die zwölf einzigen und damit angesehensten Architekten Japans wegen einem Fehler hinrichten lassen werde? Weil ich wegen einem Fehler zwölf Familien den Vater nehme? Weil ich wegen einem Felher zwölf Universitäten aus dem Boden stampfen werde? Weil ich wegen einem Fehler eine gigantische Geschichtsfälschung begehen werde? Deswegen?«
»Ja.«
»Ja, es ist ein wenig übertrieben. Aber hey, ich bin der Tenno, ich darf das.« erwiderte ich.
»Was machen wir eigentlich, wenn Deutschland endlich niedergerungen ist?« fragte Hiyo.
»WOLLT IHR DEN TOTALEN FRIEDEN?« brüllte Sepp. »Ne, das klingt nicht, wir müssen uns einen neuen Krieg suchen.«
»Wenn Deutschland besiegt ist, werden wir erstmal noch die Reste von Italien zusammensammeln, damit wäre der Krieg dann vorbei. Dann lasse ich mich von Hitler in einem Streitwagen durch Berlin ziehen, das zu diesem Zeitpunkt bereits Marvinstadt heißen wird und neben Marvingrad zur größten, tollsten, saubersten, absolut tollsten, beliebtesten, mächtigsten und was Ihnen sonst noch an tollen Adjektiven einfällt, Stadt ausgebaut wird. Tokyo wird mit weitem Abstand auf Platz drei ausgebaut. Das wären die wichtigsten Punkte.« Hiyo schüttelte entgeistert den Kopf.
Methos räusperte sich.
»Und wir werden den französischen Untertanen soviel Baguette und Rotwein schenken, wie sie essen und trinken können.« fügte ich hinzu und wieder einmal hieben mir Methos und Napoleon simultan ein Baguette auf den Hinterkopf. »Ist ja gut, ich habe verstanden. Frankreich wird als einzige Nation des japanischen Großreiches wieder Autonomie erlangen, zumindest weitgehend.«
Methos applaudierte.
»Du könntest es ja mit den französischen Kriegsgefangenen der Deutschen selbst besetzen.« schlug ich vor.
»Pah.« sagte Patton, der mit einem Schlag im Raum stand. »Ich habe lieber eine deutsche Division vor mir, als eine französische hinter mir.«
»Ja, das trifft die Sachlage ganz gut.« stimmte Methos im zu. Sein vollkommen fehlendes Vertrauen in die Nation die er führte, war schockierend. Andererseits, wer könnte es ihm verdenken, es ging immerhin um Franzosen.
»Ich werde mir eine japanische Division nehmen und Afrika über die neue Mittelmeerlandbrücke erobern.« sagte der General.
»Mit einer Division?« fragte Harry ungläubig.
»Sie haben Recht, ich will ja ein bisschen Spannung reinbringen. Ich nehme nur eine halbe.« antwortete der General.
»Sie wollen mit einer halben Division Afrika erobern?« fragte Harry nun endgültig entgeistert.
»Wenn ich so darüber nachdenke, ist das ziemlicher Irrsinn… «
»Ich wusste es doch, er kommt zur Vernunft.« frohlockte Harry
»Warum sollte ich den Ruhm teilen, ich werde Afrika alleine erobern. Aber wenn ich zurück komme, will ich auch eine große Statue.« verlangte er, Harry fiel in Ohnmacht.
»Okay, wir machen sie ein Stück größer als die Freiheitsstatue um die Amerikaner zu ärgern. Nichts für ungut, Patton.« schlug ich vor, der General willigte ein. So würde das japanische Großreich auch nach dem Krieg weiter wachsen und seine überlegene Zivilisation in die weite Welt tragen. Von den fernsten Gebieten Sibiriens, über den unbewohnten Ural hinab zu den gefürchteten Schluchten der deutschen Mittelgebirge zu den menschenfeindlichen Gebieten Südfrankreichs, über den Gibraltarkanal hin zum Kap der guten Hoffnung und dann … ja alles wieder zurück halt.
»Ich habe noch eine Idee.« begann ich. »Patton nimmt die amerikanischen Divisionen und unterwirft für das japanische Großreich die USA.«
»Hey, niemand hat behauptet ich wäre zum Landesverrat bereit.« erwiderte Patton
»Aber das ist doch kein Landesverrat, Sie nehmen was sich zusteht. Sie werden Präsident der USA, wenn auch unter meinem Oberbefehl.«
»Aber das ist doch auch Landesverrat.« erwiderte Patton
»Stört Sie das in dem Fall.«
»Nein, eigentlich nicht, hauptsache es geht rund.«