[AAR] "From Manassas to Appomattox"

AAR zum Spiel u.a. Empire: Total War

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Toffer_VM
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[AAR] "From Manassas to Appomattox"

Beitragvon Toffer_VM » 2. Dezember 2010 23:55

Hallo,
ich bin TofferVM(manche mögen mich vielleicht aus der TWZ kennen...) und hier möchte ich euch mein AAR vorstellen.
Ich spiele Empire: Total War mit der Modifikation "ACW- The Blue and The Gray", die Empire in die Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs versetzt.
Hierbei spiele ich die Konföderierten Staaten von Amerika, und werde die Kampagne aus Sicht von James Longstreet schreiben, einem der bekanntesten Generäle dieses Krieges(seine Memoiren heißen "From manassas to Appomattox). Kampagnen- und Schlachtenschwierigkeit werden auf "schwer" stehen. Beginnen werde ich mit einem kleinen Rückblick auf Longstreets Dienst für die USA im Mexiko-Krieg. Die richtige Kampagnengeschichte beginnt, sobald ich einen Fehler ausgemerzt habe, der mein Empire immer abschmieren lässt...^^

Kommentare, Kritiken und Verbesserungsvorschläge können in einem separaten Kommentar-thread gepostet werden.
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Intro:

13. September 1847, Chapultepec, Mexico

US-Major James Longstreet betrachtete gedankenverloren die steilen Hänge rund um die Festung von Chapultepec. Zerklüftete Felsformationen und spärliche Vegetation prägten den steilen Hang. Außer einigen Kakteen im Schatten einiger Steinblöcke und vertrockneten Baumskeletten war nichts zu erkennen, was auch nur annähernd an blühendes Leben erinnern könnte. Der junge Offizier fuhr sich mit einem Taschentuch fahrig über die schweißnasse Stirn. Für einen Tag im späten September herrschte eine abnorme Hitze, selbst für mexikanische Verhältnisse, und die Erregung vor der bevorstehenden Attacke tat ihr Übriges dazu, dass es Longstreet unter seiner Uniformjacke klamm wurde. Am wolkenlosen Himmel kreiste ein einsamer Geier. Dem Aasfresser würde am heutigen Tage ein wahres Festmahl bereitet werden.
Ein deutlich vernehmbares Räuspern riss Longstreet aus seinem Tagtraum. Ein junger, schneidiger 2nd Lieutenant mit einem imposanten, wohl geformten Oberlippenbärtchen trat einen Schritt nach vorne, als sich der Major zu der Quelle des Geräusches umdrehte. Es war George Pickett, trotz seines untergeordneten Ranges einer der besten Freunde Longstreets. Trotz seines denkbar schlechten Abschneidens bei der Abschlussprüfung von West Point als Letzter seiner Klasse, hatte er zu einem Offiziersrang gebracht und war erst kürzlich wegen besonderem Einsatz befördert worden. Die beiden Männer blickten sich eine Sekunde lang schweigend in die Augen. Dann ergriff Longstreet das Wort: „Es ist Zeit George, meinen Sie nicht?“ „Bereit, wenn Sie es sind, sir“, lautete Picketts förmliche Antwort.
Major Longstreet, der das 1. Bataillon der 8. US-Infanterie befehligte, war von General Winfield Scott persönlich damit beauftragt worden, die erste Angriffswelle gegen das von den Mexikanern unter Santa Anna gehaltene Fort zu führen. Hinter seiner Einheit würden sich die restlichen Regimenter der US-Armee formieren, doch er war auserwählt worden, die Speerspitze des Angriffs zu bilden.
Der Offizier ließ seine Blicke erneut wandern, diesmal über die Reihen seiner Männer. Diejenigen, die ihm durch den höllischen Sturm von Geschossen bis zur Festung folgen würden. Er betrachtete ihre Gesichter, verkniffen, grimmig, manche zu Fratzen verzogen, fast alle zerfurcht von den Zeichen des Krieges. Longstreet spürte die Entschlossenheit seiner Soldaten, diesen, den kommenden Kampf, zu gewinnen, und somit auch den Krieg. Hinter den Wällen von Chapultepec lag der Frieden, doch diese Mauern mussten ersteinmal überquert werden.
Mit dröhnender Stimme richtete sich der Kommandeur an seine Unteroffiziere: „Gentlemen, sammeln sie ihre Kompanien. Formieren Sie sie zu einer Kampflinie:“
Befehle wurden gebellt und innerhalb von wenigen Minuten bildete sich aus der Marschkolonne eine gestaffelte Schlachtformation. Glänzende Bajonette wurden an Musketen fixiert, ein letztes Mal die Munition überprüft, und die Fahne der 8. Infanterie entrollt. Als die Geschäftigkeit in den Reihen nachließ, ertönten Longstreets markigen Worte erneut: „1. Bataillon, vorwärts MARSCH.“
Wie ein Mann setzten sich die amerikanischen Truppen in Bewegung. Festen Schrittes überquerten sie die vom Bombardement des letzten Tages zerfurchten Wege bis zum Berghang.
„Im Laufschritt, MARSCH.“, war von der Spitze zu hören und geschwind machten sich die Männer der 8. Infanterie an den Aufstieg.
Nun, als der Feind nurnoch wenige hundert Meter von ihrer Stellung entfernt war, eröffneten die Mexikaner von den Festungsmauern Chapultepecs das Feuer. Das Krachen von Musketensalven und das Dröhnen schwerer Artillerie nahm Longstreet, der zusammen mit Pickett und dem Bannerträger an der Spitze marschierte, für kurze Zeit das Gehör. Die Schockwelle eines nahen Einschlages ließ den Major kurz straucheln, und er blickte zurück. Die erste mexikanische Salve hatte die Reihen gelichtet, Longstreet vermisste manch guten Mann in den Linien, die ihm folgten, doch darauf konnte er nun keinen Gedanken verschwenden. Er riss sein Schwert aus der Scheide, ließ es über seinem Kopf kreisen und lief weiter. Immer steiler wurde der Anstieg, den der Major und seine Truppe zu erklettern hatte, und immer mehr Männer fielen unter dem Musketen- und Kanonenfeuer der Männer Santa Annas. Ein Schrapnellgeschoss schlug nur knapp neben Longstreet ein, und sandte seine todbringenden Stahlsplitter tief in die Reihen der Anstürmenden. Schrille Schreie ertönten und ein gutes Dutzend Männer lag am Boden, sich windend vor Schmerzen und ihren roten Lebenssaft auf der sandigen Erde vergießend. Musketenkugeln sirrten durch die Luft wie wütende Hornissenschwärme und schickten weitere Amerikaner in den Staub.
Endlich erreichte das 1. Bataillon die mächtigen Festungswälle. Major Longstreet befahl die Leiterträger nach vorne, und ließ diese an die Mauer lehnen. Plötzlich ertönte zu seiner Rechten ein dumpfes Ächzen. Er wandte sich zur Seite und sah den Fähnrich zu Boden gleiten, der einen Bauchschuss erlitten hatte. Wütend und traurig zugleich nahm Longstreet das Banner aus den Händen des Sterbenden und bestieg als Erster eine der Leitern. Vorsichtig setzte er einen Fuß über den anderen, Schwindel erfasste ihn, aber er kam gut voran.
Als der amerikanische Offizier das obere Ende der Leiter erreichte, drehte er sich um und blickte auf das Panorama, das sich ihm darbot. Unzählige blaugewandete Soldaten erkletterten den Hügel und sammelten sich, um die Leitern zu erklimmen. In der luftigen Höhe wehte ein frisches Lüftchen und ein seltsames Gefühl der Entrücktheit ergriff Besitz von Longstreet. Noch einmal reckte er sein Schwert gen Himmel und rief: „Folgt mir Männer, der Tag gehört uns!!!“. Als er sich wieder der Feste zuwandte, durchzuckte ihn plötzlich ein ungeheurer Schmerz, der ihn sich krümmen lies. Als er die Mauer wieder im Blick hatte, bemerkte er einen jungen Mexikaner, wohl noch nicht einmal volljährig und mit einem Gesichtsausdruck, der Überaschung und Angst zugleich widerspiegelte. Als Longstreet an sich herunterblickte, bemerkte der das Bajonett, das ihm der junge Feind in den Unterleib gebohrt hatte. Er verlor das Gleichgewicht und es wurde ihm schwarz vor Augen. Die Fahne der 8. Infanterie entglitt seinen Fingern und er kippte nach Hinten weg.
Der Schock des Aufpralls auf dem steinigen Boden vertrieb die Ohnmacht für eine kurze Zeit wieder und er konnte den jungen Lieutenant Pickett auf der Spitze der Mauer ausmachen, das Longstreet entglittene Banner fest in der Faust. Mit einem gewaltigen Sprung setzte er auf die Mauer über. Als das Jubelgeschrei der Zehntausenden von Amerikanern erklang, schwanden Longstreets Sinne erneut und sein gepeinigter Geist suchte Zuflucht in der Dunkelheit.

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Re: "From Manassas to Appomattox"

Beitragvon Toffer_VM » 3. Dezember 2010 23:37

4. Juli 1861, Richmond, Virginia, Konföderierte Staaten von Amerika, 14 Jahre später

Ein goßgewachsener Mann Anfang Vierzig mit einem imposanten dunklen Vollbart bahnte sich seinen Weg durch das Chaos am Bahnhof Richmonds. Er trug einen dunklen, stilvollen Anzug und seine Beinkleider bestanden aus hochwertigem Leinen. Am Bahnhof herrschte rege Geschäftigkeit. Wagenladungen von Musketen und Minié-Geschossen wurden auf Güterwaggons geladen, zusammen mit kistenweise geräuchertem Schinken, Mehl in prallen Säcken und allerlei Haushaltsgeräten wie Pfannen, einfachem Geschirr und Waschbrettern. Der Bahnsteig vor den Personenwagen war überfüllt mit Soldaten. Einheitliche Gewandung war nicht auszumachen, manche trugen alte, abgetragene blaue Uniformen der Vorkriegsarmee, andere nagelneue , fabrikfrische graue Waffenröcke, und wieder andere waren in umgewandelten Zivilbekleidungen erschienen. Sie alle vereinte ein aufgeregter Gesichtsausdruck und eine Menge an individueller Bewaffnung. Trotz der riesigen, unübersichtlichen Masse, schien jeder einzelne Mann zu wissen, wohin er musste, und wann er dort einzutreffen hatte.
Der Neuankömmling schnaubte, als er einen jungen Mann von vielleicht zwanzig Lenzen betrachtete, der sich drei uralte Steinschlossmusketen über die breiten Schultern gehängt hatte, in der Tasche ein schwerklingiges Bowiemesser und im Beckengurt zwei blanke Revolver mit sich trug. Auf dem Rücken trug er einen völlig überladenen Rucksack, behängt mit unzähligen Kleinigkeiten. „Dieser Junge wird mit seinem Gepäck nicht mal die erste Stunde eines Tagesmarsches überleben“, dachte der ältere Mann belustigt. „Aber nein, das kann er nicht wissen, fast keiner von Allen hier weiß es, und darin liegt das Problem.“ Er setzte seinen Weg zielstrebig fort. Keiner der jungen Soldaten wagte es, ihm den Weg zu versperren. Trotz seiner Zivilkleidung strahlte er eine natürliche Autorität aus und unter seinem Anzug konnte der Interessierte kräftige Muskeln ausmachen. Am Beeindruckendsten war jedoch nicht die Autorität des Mannes, sein Selbstvertrauen, oder sein gepflegter Bart, sondern seine Augen. Intelligent und geschwind funkelten sie aus den Höhlen, starr und stechend wenn nötig, jedoch auch gefühlvoll und warm. Jahrzehntelange Lebenserfahrung spiegelten sich in diesen Augen wider. Als er den Zug betrat, suchte er sich einen ruhigen Fensterplatz, setzte sich nieder, streckte sich aus und entspannte sich. Als die Dampflok anfuhr, versank er in Gedanken, Gedanken an längst vergangene aber auch zukünftige Ereignisse.
Einige Stunden später wurde der Mann durch das schrille Pfeifen des Schaffners geweckt. Schläfrig tastete er nach seinen Sachen, und verließ mit der Masse der Soldaten den Zug. Als er aus der Tür trat, atmete er tief ein, genoss die frische Luft nach der langen Fahrt im stickigen Waggon und blinzelte in die gleißende Sonne. Er war in Manassas eingetroffen.
Direkt wurde er von einem jungen Sergeanten angesprochen. „Ähm, sir? Sir, sind sie General Longstreet?“ Der Mann, niemand anderes als der frischernannte Brigadegeneral James Longstreet, bejahte. „Sehr gut, ich hoffe sie hatten eine bequeme Reise, sir. Ich bin Sergeant Lew Baker vom 11. Virginia Regiment. General Beauregard hat mich beauftragt, sie nach ihrer Ankunft direkt ins Lager zu bringen. Wenn sie mir nun bitte folgen, sir, ich habe hier ein Pferd für sie.“

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In einer geräumigen Seitengasse, etwas entfernt vom Trubel der eingetroffenen Soldaten, die sich nun hektisch auf der Suche nach ihren jeweiligen Kompanien machten, waren zwei Pferde angepflockt. Der eine war ein gepflegter Apfelschimmel, der zweite ein dunkelbrauner Rappe. Beide schnaubten und scharrten mit den Hufen. Sergeant Baker bestieg direkt auf den Schimmel und forderte Longstreet auf, es ihm nachzutun. Dieser begutachtete sein Ross kurz, streichelte ihm kurz über die Nüstern und schwang sich schließlich auch in den Sattel.
Der Ritt führte die Beiden aus der Stadt heraus, über blühende Wiesen, durch kleine, schattige Waldstücke und dauerte eine knappe halbe Stunde. Schon aus einiger Entfernung, bevor das Heerlager in Sicht war, waren Trompetensignale und Trommelwirbel zu vernehmen. Als Longstreet und Baker in die konföderierte Stellung einritten, nahm Ersterer direkt die Atmosphäre wahr, die sich so sehr von den Erlebnissen am Bahnhof unterschied. War dort alles ungeordnet und chaotisch gewesen, herrschte im Lager strikte Disziplin. Der Brigadegeneral freute sich über den vertrauten Anblick, der sich ihm seit langer Zeit nicht mehr dargeboten hatte, gutgenährte, gepflegte und motivierte Soldaten, ausgebildet und bereit für den Kampf.
Nachdem die Pferde bei herangeeeilten Bediensteten abgegeben worden waren, führte der Sergeant seinen Vorgesetzten schließlich zum Zelt des kommandierenden Offiziers.
Als Longstreet ins Dunkel des Zelteingangs trat, richteten sich die Augen aller sich bereits im Inneren befindenden Personen auf. Einige waren Longstreet aus früheren zeiten bereits bekannt und er freute, sie an seiner Seite zu sehen, und nicht in den Reihen der Union. Ein Kreole in den mittleren Jahren mit einem schwarzen Schnauzbart verzog sein Gesicht zu einem Lächeln. Es war Pierre G.T. Beauregard, der konföderierte Armeekommandant.

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„Aah, General Longstreet, es ist mir eine Freude sie zu sehen, ihr Ruf eilt ihnen voraus. Nun, da alle anwesend sind, können wir also beginnen. Meine Herren Generäle, wie sie alle wissen, befinden wir uns im Krieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Auch wissen sie, dass wir diesen Krieg nicht wollen. Nach jahrelanger Unterdrückung durch die Regierung, nachdem unsere Rechte mit Füßen getreten, unsere Verwandten und Freunde, auch wir selbst, in Armut und Verzweiflung gestoßen wurden, und wir schließlich unsere Macht von der tyrannischen Zentralregierung zurückforderten um unsere Freiheit zurückzuerlangen, da war unser einziges Bestreben, in Ruhe gelassen zu werden und in Frieden zu leben, auf die Art, die uns am Besten deucht.“ Beauregard pausierte kurz und blickte den Umstehenden tief in die Augen. „Jedoch werden uns Frieden und Freiheit durch Lincolns Regierung verwehrt!!!“ fuhr er fort. „Vor einigen Wochen berichteten Späher, dass in Washington eine Armee zusammengezogen würde. Eine Armee, die nur einem einzigen Zweck dient, den Süden zu unterdrücken und ins Dunkel zu stürzen. Als Reaktion auf diese Bedrohung, wurde von Präsident Jefferson Davis der Auftrag erteilt, eine Verteidigungsarmee aufzustellen, die die Invasoren wieder dahin schickt, wo sie hergekommen sind. Das Kommando über diese Armee wurde mir übertragen, und meine Herren, sie sind meine Brigadeführer. Ich bitte sie, sich nun zu ihren Einheiten zu begeben. Laut Berichten ist die Unionsarmee bald bereit für den Marsch gen Süden, und bis dahin wartet auf jeden Einzelnen von uns eine Menge Arbeit. Weggetreten, meine Herren Generäle.“
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Re: "From Manassas to Appomattox"

Beitragvon Toffer_VM » 4. Dezember 2010 02:12

18. Juli 1861, Manassas, Virginia, Konföderierte Staaten von Amerika

Brigadegeneral Longstreet saß fest im Sattel. Munter trabte sein Rappe vorwärts. Hinter ihm marschierten in langen Kolonnen, das 1., 11. und 14. Virginia Regiment. Einige hundert Kavalleristen schützen die Flanken und eine Batterie schwerer 6-Pfünder Kanonen wurde von munteren Zugpferden wacker vorangezogen. Der Konföderierte blickte stolz über seine fast 3.000 Soldaten. In den letzten Wochen, die er dazu genutzt hatte seine Männer fürs Gefecht zu drillen, hatte er gespürt, aus welchem Holz sie geschnitzt waren. Nun würden sie dies auch in der Hitze eines Kampfes zeigen können.

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Die Vorpostenlinien hatten letzte Nacht die Kunde gebracht, dass sich die Unionsarmee, welche knappe 30.000 Köpfe zählte und von einem General Mc Dowell angeführt wurde, sich im Eilmarsch Centreville näherte, einem kleinen Städtchen nur wenige Meilen vor Manassas und dessen wichtiger Bahnlinie, welche die Soldaten des Südens täglich mit frischem Nachschub versorgte. Die ganze Nacht wurde aufs Heftigste über eine mögliche Vorgehensweise des Feindes und einer passenden Reaktion darauf debattiert. Schließlich wurde beschlossen, dass sich die knapp 17.000 Mann starke Konföderiertenarmee entlang eines kleinen Flüßchens positionieren würde, welches sich zwischen Centreville und Manassas befand und den Namen Bull Run Creek trug. Jede einzelne Brigade sollten einen Übergang über dieses Gewässer verteidigen, denn abgesehen von Furten und einer massiven Steinbrücke gab es keine Möglichkeit, den Bull Run in Armeestärke zu überqueren. Longstreet wurde auserkoren, eine Furt an der äußersten rechten Flanke der Konföderierten zu bemannen. Von den Einheimischen wurde dieser Flußübergang Blackburn Furt genannt.

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Als Longstreets Brigade schließlich den Flußlauf erreichte, war es schon fast Mittag. Die Sonne stand im Zenit, es war warm, jedoch eher eine wohlige, denn eine störende Wärme. Der Brigadeführer ließ eine Vorpostenlinie in Kompaniestärke über den Fluß setzen, die bei Feindannäherung Alarm schlagen sollte. Die Infanterieregimenter formierten sich zu einer Gefechtslinie, eine Reservetruppe in Bataillonsstärke nahm dahinter Aufstellung, während sich die Kavallerie in einem Wäldchen bereithielt und die Geschütze auf einem leicht exponierten Hügel abgeprotzt und ein letztes Mal überprüft wurden.

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Eine lange Zeit des Wartens begann. Die Schlachtformation lockerte sich auf, viele ließen sich nieder, Gespräche und sogar einige Kartenspiele begannen. Vom Artilleriehügel aus jedoch betrachtete Longstreet die Umgebung nervös mit einem Feldstecher. Nichts. Seine Zigarre, vor einigen Minuten angesteckt hatte, hing verloschen zwischen seinen Lippen. Immer und immer wieder musterte er die fernen Berge per Fernglas. Immernoch nichts in Sicht. Schließlich entschloss auch er, sich etwas zu entspannen. Mit einem Zündholz brachte er den breitgekauten Zigarrenstumpen erneut zum Glühen, kramte aus einer Satteltasche ein hartes Stück Brot und ein wenig Trockenfleisch und setzte sich ins hohe Gras, um sein durch den Aufbruch verpasstes Frühstück nachzuholen.
Gerade als Longstreet dabei war, seine Zähne in das marinierte Räucherfleisch zu schlagen, gab es Bewegung am Rande der Furt. Es war ein Einzelner seiner Vorposten. Wie auf Kommando war auch das hohle Knacken von entfernten Musketenschüssen zu hören. Außer Atem und mit rot angelaufenem Gesicht, keuchend und schnaufend erstattete der Mann Bericht. „General sir, die Yankees sind auf dem Weg hierher. Eine ganze verdammte Yankeedivision“.
„Mäßigen sie sich Soldat!“ antwortete Longstreet barsch. „Wissen sie wer diese Männer anführt? Wie viele es ungefähr sind? Wessen Schüsse sind hier überhaupt zu hören?“

„Sir, es ist Daniel Tylers Division, bestimmt 10.000 Mann stark. Unsere Posten versuchen sie etwas aufzuhalten. Sie liefern sich ein Scharmützel mit ihnen solange sie können.“

„Verdammt!!!“, Longstreet schrie seine Wut heraus. Der Feind war ihnen dreifach überlegen, und mit dem Namen Tyler konnte er nichts anfangen. „Hören sie mir zu, Mann. Sie nehmen sich ein Pferd und reiten so schnell es geht westlich, Herrgott, können sie überhaupt reiten Soldat?“

„Sir, meine Eltern sind Pferdezüchter aus aus Five Forks“

„Sehr gut, machen sie sich auf den Weg. Sobald sie auf irgendwelche unserer Männer zumindest in Regimentsstärke treffen, berichten sie, dass wir an der Blackburn Furt von überlegenen Kräften angegriffen werden und dringend Unterstützung benötigen. Jetzt gehen sie schon, wegtreten Soldat!!!“

Der junge Mann jagte davon, als sei der Leibhaftige hinter ihm her. Longstreet knurrte gepresst. „Männer, jeder auf seinen Posten, Regimentskommandeure zu mir“ tönte seine Stimme über das Feld.
Als sich seine Untergebenen um ihn sammelten, überquerten gerade die letzten Voraustruppen die Furt und reihten sich bei ihren Einheiten ein.

„Colonels, das ist unser erstes Gefecht. Ich erwarte, dass sie sich absolut meiner Befehlsgewalt unterordnen. Alleingänge sind strengstens untersagt! Um das Ganze nicht zu kompliziert zu halten: Was auch immer über diese Furt kommt, halten sie es auf. Wenn sie Verluste haben, wenn sie ein Loch in der Linie haben, stopfen sie es mit Männern aus dem Reservebataillon. Wenn sie etwas Wichtiges zu melden haben, schicken sie mir einen Boten. Haben sie alles verstanden?“

Ein lautes „JA, SIR“ erschallte von den Regimentsführern, und ein Blick in deren entschlossene Gesichter beruhigte Longstreet ein Stück weit. Diese Männer würden nicht weichen, und ihre Soldaten genausowenig.

„Wegtreten“. Die kleine Gruppe löste sich auf.

„General Longstreet, sir, wir können erste Ziele ausmachen. Haben wir die Erlaubnis, das Feuer zu eröffnen?“ erschallte es von der Artillerieposition.

„Feuern sie nach eigenem Ermessen, Gentlemen“, war die kurze Antwort.

Wenig später dröhnten die 6-Pfünder und Schwarzpulverdampf verteilte sich.

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Longstreet wandte sich der Front zu, erneut mit dem Feldstecher an den Augen. Zwischen den Bäumen auf der anderen Seite der Furt konnte er blaue Gestalten wahrnehmen. Eine Musketensalve von konföderierter Seite dezimierte ihre Reihen und der Vormarsch stockte.

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Bald stimmten weitere Musketen in den Geschosshagel ein, und auch die Unionstruppen eröffneten das Feuer. Nach einiger Zeit mischten sich die ersten Schmerzensschreie in das Knallen der Schüsse und das Grollen der Kanonen. Zum Geruch von Schießpulver und menschlichem Schweiß, gesellte sich der Gout frisch vergossenen Blutes.

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Longstreet ritt hoch zu Ross die Linie ab, ermunterte seine Männer und schrie dem Feind laute Beleidigungen entgegen. Auch er gewahrte nach langen Jahren wieder die Schrecken des Krieges. Ein Mann lag wimmernd vornübergebeugt, und Blut schoss aus seiner leeren Augenhöhle. Ein Anderer lag stöhnend auf dem Rücken. Seine Uniform war blutgetränkt und immer mehr des roten Nass strömte aus einer pulsierenden Bauchwunde. Der anwesende Sanitäter konnte nichts weiter tun, als die Hand des Mannes zu halten und in dessen letzten Minuten bei ihm zu sein. Der Tod nahm sie alle, ohne Rücksicht auf Alter, Jugend, Erfahrung oder Qualität. Er holte sich seine Ernte mit einer grausam anmutenden Willkür, und Longstreet registrierte, dass, obwohl er den Tod in vielen Facetten zu Gesicht bekommen hatte, dieser nicht einmal ein Bisschen von seiner Schrecklichkeit verloren hatte.

Weiter und weiter prasselten die Salven. Der Pulvernebel wurde dichter und dichter, und man Longstreet musste sich immer öfter nurnoch auf sein Gehör verlassen. Immer und immer wieder stießen die Unionisten vor, und jedes Mal wurden sie von den Konföderierten zurückgeworfen. Langsam machte sich unter den Männern Munitionsknappheit bemerkbar. Longstreet fragte sich, warum der gegnerische General seine Truppen stückchenweise vorschickte und nicht in Massen, fand jedoch keine gute Antwort darauf.

Plötzlich bemerkte der Brigadegeneral, dass sich von Westen ein Reiter näherte. Es war der konföderierte General Jubal Early persönlich, ein guter Freund Longstreets.
Tränen schossen Longstreet in die Augen, er wusste nicht, ob dies von der glücklichen Wendung oder dem scharfen Gefechtsqualm herrührte, aber es war ihm egal.

„Wie geht es ihnen James?“, rief Early aus der Ferne.

„Es ist verteufelt schwer, diese Position zu halten, Jubal“ antwortete Longstreet ohne große Umschweife. „Ich bin glücklich, dass sie hier sind. Sind ihre Männer weit hinter ihnen?“

„Nein, ihr Bote war ein guter Wegweiser, sie werden in wenigen Minuten hier sein.“

„Tyler kommt mit über 10.000 Mann über diese Furt, wenn wir Pech haben.“

„Nun, ich kann 4.000 weitere Männer in den Kampf führen. Wollen wir einen Vorstoß wagen?“

„Lassen wir es darauf ankommen, die Yankees müssen noch fertiger sein als wir…“

Als Earlys Männer auf der Hügelkuppe erschienen, begann spontanes Jubelgeheul in den Reihen der Konföderierten. Beide Brigadegeneräle verloren keine Zeit. Early ließ die Bajonette aufpflanzen, und mit markerschütterndem Geheul rückten die Südstaatler vor.

Als sie die johlenden, ausgeruhten Konföderierten erblickten, brach Panik in den Reihen der frisch rekrutierten Unionisten aus. Ein weißhaariger Mann hoch zu Ross, versuchte sie mit hektischen Gebärden an Ort und Stelle zu halten, als jedoch Earlys Soldaten eine Salve aus nächster Nähe abfeuerten, brach die Unionslinie auf ganzer Front ein. Buchstäblich jeder Blaurock rannte um sein Leben.

Das Siegesgeschrei der Grauröcke war noch ohrenbetäubender als ihr Kampfschrei. Alle lagen sich in den Armen und feierten hemmungslos.

Longstreet spielte kurz mit dem Gedanken, seiner zurückgehaltenen Reiterei eine Verfolgung zu befehlen, jedoch verwarf er dies schnell. Zu nahe waren die Konföderierten heute an einer Niederlage vorbeigeschlittert und zu überraschend war ihr deutlicher Sieg.

Es wurden Kundschafter ausgesandt um den Rückzug der Nordstaatler zu überwachen und beide Brigaden blieben gefechtsbereit, bis der Abend herandämmerte, jedoch kein erneuter Angriff gekommen war. Boten brachten Nachricht von anderen Truppenteilen. Niemand sonst war angegriffen worden, alles hatte sich auf Longstreets Flanke konzentriert.

„War dies schon der entscheidende Angriff gewesen?“, fragte sich Longstreet im Stillen. „War dies bereits der Sieg?“. Fragen, deren Antwort die folgenden Tage bringen sollten…
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Toffer_VM
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Re: [AAR] "From Manassas to Appomattox"

Beitragvon Toffer_VM » 6. Dezember 2010 18:24

21. Juli 1861, Manassas, Virginia, Konföderierte Staaten von Amerika, drei Tage später

Warme Sonnenstrahlen stahlen sich durch die kleine Zeltöffnung und schienen dem dösenden Longstreet direkt ins Gesicht. Unverständlich grummelnd drehte er sich zur Seite und tastete nach seiner Taschenuhr. Die Ziffern zeigten 7 Uhr morgens an. Schon seit Stunden pendelte das Bewusstsein des Generals zwischen Schlaf- und Wachzustand. Zu viel war in letzter Zeit passiert. Für seine Verteidigung der Blackburn Furt hatte er vom kommandierenden General Beauregard eine Belobigung erhalten und ihm war eine baldige Beförderung zum Generalmajor in Aussicht gestellt worden, sollte er sich weiterhin so gut bewähren.
All diese positiven Erfahrungen wurden jedoch vor der Ungewissheit überschattet, was auf dieses erste Gefecht folgen würde. Mc Dowell war immer noch dort draußen, seit drei Tagen nun, und wie alles schien, blieb er untätig. Beauregard war seit Tagen schlaflos auf den Beinen, um aus allen möglichen Winkeln Verstärkung zu organisieren. Hoffnung setzte er allein auf die Truppen General Joseph E. Johnstons, die im Shenandoahtal seit Wochen einige Unionsbrigaden aufhielten. Johnston hatte sich am letzten Abend endlich mit dem Gros seiner Armee auf den Weg gemacht, und obwohl er und seine Soldaten einen Zug requiriert hatten, war es unklar, wie lange sie für die Strecke benötigen würden.
Ächzend wuchtete sich Longstreet aus seiner Koje. Zu lange hatte er nicht mehr auf einem Feldbett geschlafen, die letzten Nächte waren eine reinste Qual gewesen. Als erstes tauchte er seinen Kopf in einen Bottich mit kaltem, erfrischendem Wasser, um auch den letzten Rest seiner Schläfrigkeit loszuwerden. Durch das kühle Nass gestärkt, kleidete sich der General an, brachte seinen Bart in Form und trat schließlich aus der Zeltöffnung heraus ins Freie.
Eine frische Morgenbrise wehte, Tau benetzte das Grün, und das Zirpen von Grillen war zu vernehmen. Longstreet blickte sich um. Zwischen den Mannschaftszelten herrschte Bewegung. Kompanien versammelten sich für den Morgendrill, während von Köchen und ihren ungezählten Helfern Frühstück zubereitet wurde. Lagerfeuer loderten hoch, köchelnde Bottiche über ihnen gespannt, Brot buk auf erhitztem Stein und der wunderbare Geruch von frisch geröstetem und aufgekochtem Kaffee erfüllte die Luft. Wie er doch dieses Lagerleben vermisst hatte.
Zwischen den Zeltreihen entlangschlendernd atmete Longstreet tief die frische Morgenluft. Langsam meldete sich sein Magen und er begab sich zur Feldküche. Dort versorgte er sich mit einem frischen Laib Fladenbrot, etwas geräuchertem Schinken und einer vollen Kanne Kaffee. Der Brigadegeneral ließ sich auf einer Bank neben seinem Zelt nieder, etwas abseits und im Schatten gelegen, und genoss seine Mahlzeit.
In dieser Abgeschiedenheit konnte er sich das erste Mal seit Tagen einige private Gedanken erlauben. Longstreet dachte an seine Frau, seine drei Kinder, die er zurückgelassen hatte, um für sein Land, für seine Sache zu kämpfen. Er fragte sich, ob sie ihm den Abschied übel genommen hatten, ob sie seine Motivation verstanden hatten. Er fasste den Entschluss, seine Familie so schnell wie möglich zu besuchen, sobald die aktuelle Bedrohung vorbei war. Longstreet besann sich auf das Gesicht seiner geliebten Frau, die zurückgehaltene Angst um ihn in ihren Augen. Sie hatte es nicht verdient, alleine gelassen zu werden, sie war eine gute Frau, vielleicht zu gut für ihn…
Ein Aufruhr im Lager riss ihn aus seinen Gedanken. Zwei Reiter preschten rücksichtslos über die Wege zwischen den Zelten. Longstreet schien ihr Ziel zu sein....
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Toffer_VM
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Re: [AAR] "From Manassas to Appomattox"

Beitragvon Toffer_VM » 11. Dezember 2010 20:36

„General Longstreet, Sir“, keuchte der eine der beiden Reiter, ein beleibter Sergeant. „Wir werden angegriffen!“

„Beruhigen sie sich erst einmal, was ist geschehen?“, fragte Longstreet kühl.

„Sir, es ist Tylers Division…“

„Tyler? Der Tyler, der vor drei Tagen hier versucht hat, unsere Flanke aufzurollen?“

„Jawohl, Sir, eben der. Seine Division steht nun im Zentrum und hat Colonel Evans bei der Steinbrücke angegriffen.“

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Longstreet dachte an den ungepflegten Offizier in den 40ern, dem er den Namen Evans zuordnete. Besonders gebildet hatte er nicht ausgesehen und er schien überdies noch ein Trinker zu sein. Bei Beauregard schien er jedoch aus unerfindlichen Gründen eine Menge Kredit zu besitzen.

„Wie steht es um Evans, Sergeant, kann er sich halten?“

„Zuerst schon Sir, Tyler machte keine Anstalten einen Großangriff zu starten, er brachte bloß einige Regimenter in Stellung und schickte Plänkler nach vorne. Dann jedoch sichteten Evans Posten die Hauptstreitmacht der Union. Sie hatten die äußerste Furt zu unserer Linken überschritten, vielleicht 25.000 Soldaten. Colonel Evans ließ einige Hundert seiner Männer an der Brücke zurück und stellte sich mit dem Rest der Bedrohung an unserer Flanke. Er konnte sogar einige Meter Bodengewinne erzielen, und hielt die Unionskräfte für knapp eine Stunde lang hin. An manchen Stellen mit dem bloßen Bajonett.“

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„Dieser Kampf dauert schon eine Stunde? Warum ist es niemandem in den Sinn gekommen, mich und die anderen Kommandeure an der Rechten zu informieren?“

„Sir, es herrschte große Verwirrung, das Oberkommando wusste nicht mehr ein, noch aus. Priorität besaß die Unterstützung von Colonel Evans. Glücklicherweise waren gerade die ersten Einheiten von General Johnston angekommen, direkt von der Bahnstation…“

„Johnston ist hier??? Und das erfahre ich so nebenbei???“

„Sir, es tut mir furchtbar leid, ich…“

„Berichten sie weiter, für Entschuldigungen ist auch später noch Zeit…“

„Sehr wohl, General Sir, wie ich bereits sagte, waren die ersten Truppen aus dem Shenandoahtal eingetroffen. Die Brigaden unter Colonel Bartow und General Bee wurden direkt zu Evans Position beordert. Sie erschienen genau im richtigen Moment, Die Yankees standen
kurz vor einem Durchbruch. Nachdem unsere Linien gestärkt wurden, stürmten die Föderierten jedoch umso entschlossener vor. Shermans und Burnsides Brigaden richteten unsere Einheiten ordentlich zu, und dann fiel auch noch Bartow, als er die Reserve persönlich beim Vorrücken anführte, um ein Loch in der Frontlinie zu schließen.“

„Mein Gott…erzählen sie weiter, schnell, was geschah danach?“

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„Wir wurden erneut zurückgedrängt. General Bee hatte als Ranghöchster das Kommando über die drei Brigaden übernommen und ließ sie einige hundert Schritte zurückweichen. Nach Problemen durch das ihnen unbekannte Gelände hatten sich die Unionsdivisionen neu geordnet und übten noch größeren Druck auf unsere Männer aus. Im Moment der größten Not, wo unsere Linie vor dem Kollaps stand, erschien jedoch ein weiterer von Johnstons Brigadiers, Thomas Jackson. Er errichtete eine Auffangstellung auf einer kleinen Hügelkette, den Henry Hills, und wies Bee an, sich hinter seinen Virginiern zu sammeln. Kurz darauf wurde Bee vom Pferd geschossen, als er seine versprengten Truppenteile zusammenführen wollte. Jackson hält sich momentan einigermaßen gut dort oben. Nach und nach erreichen weitere Truppen Johnstons das Schlachtfeld, aber der Feind ist immernoch zahlenmäßig überlegen.“

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„Und was ist meine Aufgabe, Sergeant, was soll ich tun?

„Sir, dieser Befehl kommt von General Beauregard persönlich. Sie sollen sich unverzüglich im Eilmarsch auf den Weg machen, und zu Jacksons rechtem Flügel aufschließen. Wir brauchen jeden frischen Mann dort drüben.“

„In Ordnung Sergeant, ihr Begleiter soll sich auf den Weg zum kommandierenden General machen und ihm melden, dass sein Befehl angekommen ist. Sie werden mir den Weg weisen.“

Nachdem Longstreet seine Colonels schnell über den Stand der Dinge in Kenntnis gesetzt hatte, begann das hektische Formieren der Regimenter. Bataillone begaben sich in Marschformation, die Reihen wurden geordnet und knapp eine Viertelstunde nach dem Ende des Berichts des Meldereiters, setzte sich die ganze Brigade im Laufschritt in Bewegung.

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Unermüdlich spornte der Brigadegeneral seine Männer an, noch ein wenig schneller zu marschieren. Kein Auge hatte er für die blühende virginianische Landschaft übrig, seine Gedanken drehten sich bloß um eine Frage, ob er rechtszeitig kommen würde.
Mit erstaunlichem Tempo kamen die Truppen voran, zuverlässig geführt von Beauregards Boten. Schon nach kurzer Zeit war Kanonendonner zu vernehmen und bald mischte sich damit das Krachen von Musketenschüssen. Von einer kleinen Anhöhe aus beobachtete Longstreet das Geschehen an den Henry Hills mit seinem Glas. Eine große Masse an blauen Truppen marschierte über das Feld zwischen dem Youngs Branch(einem kleinen Gewässer) und der aufragenden, bewaldeten Hügelkette. Artilleriefeuer hallte von den Hügeln wieder und Geschosse zerpflügten das ehemals blühende Feld. Unerbittlich und pausenlos tauschten Unionisten und Konföderierte Salve um Salve aus.

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Longstreet wandte sich ab, er hatte genug gesehen, noch hielten sich die Südstaatler.
Nur Augenblicke später erreichte seine Brigade das Kampfgeschehen. Voraustruppen meldeten Feindkontakt und Longstreet ließ seine Brigade aus dem Schatten der Bäume an den Rand des offenen Feldes treten. An der Linken hatte er wie befohlen Kontakt zu Jacksons Flügel, stand jedoch im rechten Winkel zu dessen Aufstellung und mit der Front zur offenen linken Flanke der Unionstruppen.
Longstreets erste Salve war verheerend. Dutzende, wenn nicht hunderte Nordstaatler sanken tot oder verwundet zu Boden, und ganze Kompanien wandten sich zur Flucht, da sie das plötzlich Auftauchen von Gegnern an ihrer ungeschützten Flanke komplett in Panik versetzt hatte.

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Der Brigadeführer wollte die Gunst der Stunde nutzen, und das Überaschungsmoment nicht aus der Hand geben. Er schrie seinen Männern zu, ihm zu folgen, und preschte zu Pferd vorwärts. Jubelnd folgten ihm seine Regimenter und rannten die lädierte Unionsflanke über den Haufen. Als Jackson dies bemerkte, erhob sich die ganze konföderierte Kampflinie und brach unter markerschütterndem Brüllen über die Nordstaatler herein.
Ein fürchterliches Hauen und Stechen begann, und Longstreet war mittendrin. Einer seiner Unteroffiziere schlitzte einem Yankee mit seinem schweren Paradesäbel den Hals auf, und stürzte sich mit animalischem Geschrei und mit dem Blut des Getöteten benetzt auf einen weiteren Gegner. Ein Unionssoldat bohrte einem Konföderierten mit grimassenhaft verzerrtem Gesicht sein Bajonett tief in die Eingeweide, und verpasste dem Sterbenden schließlich noch einen Stoß mit dem Musketenkolben, während ein Anderer seinem Gegner mit einem Revolver aus kurzer Distanz die Schädeldecke zerschoss.
Lange jedoch dauerte dieses Handgemenge nicht. In Front und Seite angegriffen und total erschöpft, brach Linie um Linie der Nordstaatler zusammen, bis sich schließlich die ganze Unionsarmee, oder das, was davon übrig war, in ungeordneten Rückzug verfiel.
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Toffer_VM
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Re: [AAR] "From Manassas to Appomattox"

Beitragvon Toffer_VM » 16. Dezember 2010 01:11

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Legende:
Blau: Union
Rot: Konföderation
Weiß: Bezugspunkte

LO: Longstreet
EA: Early
E: Col. Evans
BEE: Bee
BA: Bartow
JA: Jackson

TY: Tyler
BS: Burnside
SH: Sherman
FL: Franklin
PT: Porter
HW: Howard

BR: Bull Run Creek
S: Steinbrücke
HH: Henry Hills
BF: Blackburn Ford
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Toffer_VM
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Re: [AAR] "From Manassas to Appomattox"

Beitragvon Toffer_VM » 26. Dezember 2010 18:22

18. Dezember 1861, Richmond, Virginia, 5 Monate später

James Longstreet nahm einen geräuschvollen Schluck von seinem Kaffee und blickte sich um. Das koloniale Gasthaus direkt neben dem Rathaus Richmonds versprühte einen ganz eigenen Flair. Die dunkel getäfelten Holzwände und das gedämpfte Licht sorgten für eine wohltuende Anonymität. Longstreet war in seiner Sitznische nur mit geübtem Auge erkennbar, weitab von lärmerfüllten und tabakrauchverhangenen Hauptraum der Schenke, was ihm die Möglichkeit gab, die überaus glücklichen Umstände der letzten Zeit einmal ungestört zu reflektieren. Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarre, genoss den aromatischen Südstaatentabak auf der Zunge und seufzte behaglich. Sein Leben hatte sich seit der Schlacht von Manassas überaus positiv verändert. Der genauso großartige wie unerwartete Sieg der konföderierten Truppen, der maßgeblich durch Longstreets Einfallen in des Gegners Flanke zustande gekommen war, hatte ebendiesem eine Beförderung zum Generalmajor eingebracht. Dies war der schnellste Aufstieg einer Person im konföderierten Dienst, sodass Longstreets Geschichte bald in der ganzen jungen Republik bekannt war.

Longstreets neue Division sollte drei Brigaden, sowie eine Abteilung Kavallerie und drei Batterien Artillerie umfassen. Die erste Brigade ging an den erst 30-jährigen Texaner John Bell Hood, der in seinem Heimatstaat auf eigene Faust eine Einheit aufgestellt hatte. Die Texaner waren kampferprobt, mussten sie sich doch häufig Indianerangriffen auf ihre Farmen und Kleinstädte erwehren. Die zweite Brigade wurde von Nathan G. Evans kommandiert, dem Mann, der sich bei Manassas seine Sporen verdient hatte, und der nun von seiner Trunksucht kuriert worden war. Longstreets dritte Brigade schließlich ging an seinen alten Freund aus den Zeiten des Mexikokrieges, George Pickett, dem Longstreet bei einem Antrittsbesuch bei Präsident Jefferson Davis über den Weg gelaufen war.

Nach der Niederlage bei Manassas tat sich einiges im Norden. Mc Dowell musste seinen Hut nehmen, und der erst 33-jährige Demokrat George Mc Clellan übernahm das Kommando über die lädierte „Army of Virginia“. Durch harten Drill und verbesserte Versorgung, sowie dem Aufbau einer unumstößlichen Hierarchie an deren Spitze er stand, schaffte es Mc Clellan innerhalb von wenigen Monaten aus dem demotivierten Haufen versprengter und hungriger Soldaten eine Einheit, die den Titel „Armee“ verdiente, zu formen. Jedoch ließen sich neben Mc Clellans Qualitäten als Quartiermeister und Motivator auch negative Seiten erkennen. Die Armee war sein ein und alles, und er war nicht gewillt dieses aufs Spiel zu setzen. Er hatte Angst vor dem Kampf, und suchte immer neue Ausflüchte, um nicht nach Virginia marschieren, sich nicht den Konföderierten entgegen stellen zu müssen. Diese Tatsache verschaffte den Südstaatlern genug Zeit, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln, die Staatsgeschäfte zu beginnen und die konföderierten Truppen zu organisieren. Auch sie blieben von Problemen nicht verschont.

Direkt nach dem Sieg bei Manassas begann ein ausufernder Streit zwischen den Generälen Johnston und Beauregard. Beauregard fühlte sich bei einer Beförderung übergangen, und für seine Leistung bei Manassas nicht ausreichend belobigt worden zu sein. Dafür machte er Joseph E. Johnston verantwortlich, der angeblich hinter Beauregards Rücken gegen ihn intrigiert haben sollte. Dafür fanden sich keine stichhaltigen Beweise, jedoch war die Kluft zwischen den beiden Generälen zu tief, um die Streitigkeiten beizulegen. Präsident Davis hielt es für das Beste, Beauregard zu versetzen, und gab ihm somit den Auftrag, im Westen eine Armee aufzustellen, um mögliche Unionsübergriffe aus Missouri und Kentucky aufzuhalten. Johnston hingegen erhielt den Oberbefehl über die östlichen Territorien, und somit auch über die Verteidigung Richmonds und des restlichen Staates Virginia.

Seinem neugeschaffenen Kommando wurden James Longstreet und der gleichermaßen beförderte Held von Manassas, Thomas J. Jackson unterstellt. Weitere Brigaden wurden hastig in allen Staaten der Konföderation zusammengezogen, teils um bestehende Truppen zu verstärken, teils um neue Kommandos zu bilden. In unzähligen kleineren Scharmützeln kristallisierte sich die Offizierselite des folgenden Konfliktes heraus. Männer wie Ambrose P. Hill, Leonidas Polk, oder Patrick Cleburne sollten bald in aller Munde sein.
Durch die Untätigkeit Mc Clellans beflügelt, der zwar Männer aus allen regionen des Landes zusammentrommelte, seine Armee stetig vergrößerte, jedoch keinerlei Anstalten machte, diese enorme Streitkraft auch in den Kampf zu führen, ging Johnston schließlich in die Offensive. Allen hochrangigen Offizieren der Konföderation und natürlich deren Präsident war es klar, dass ein Sieg in ihrem Krieg für Unabhängigkeit nur möglich sein würde, wenn sich Mächte wie England und Frankreich auf ihre Seite schlagen würden, oder es ihnen alternativ gelänge, den Norden vernichtend zu schlagen und auf eine Abwahl Lincolns zu hoffen. Der pragmatische Johnston war für die militärische Alternative zuständig.

Johnston befahl Jackson, mit seiner Division durch das Shenandoahtal gen Norden vorzurücken, um auszutesten, wie Mc Clellan auf diese Bedrohung reagieren würde. Um ihn vernichten zu können, musste Johnston den jungen Unionsgeneral ersteinmal verstehen, und dies war eine gute Möglichkeit dazu, in die Psyche des Nordstaatlers eindringen zu können. In der Zwischenzeit sollte Longstreets Division Richmond vor etwaigen Angriffen zu schützen. Pickett und Hood wurden zwischen dem James River und dem kleinen Städtchen Charlottesville positioniert, um jeden möglichen Vorstoß von Norden her abzufangen.
Die Versetzung von Longstreet in die Nähe von Richmond, brachte einen positiven Effekt für den Generalmajor mit sich, er konnte seine in Richmond ansässige Familie besuchen. Als er seiner Frau Maria und den Kindern einen Überraschungsbesuch abstattete, fand er sich plötzlich in der Rolle des Überraschten wieder, denn statt der zwei Söhne, die er in der Obhut ihrer Mutter zurückgelassen hatte, fand er seine Frau mit einem schreienden Baby im Arm vor, einem Mädchen. Mit freudiger Stimme berichtete sie, dass sie gestern erst entbunden hätte und dafür gebetet hatte, ihn zu sehen. Von Glück überwältigt verbrachte er die nächsten Wochen im Kreise seiner Familie, und holte die Zeit nach, die er durch seine Abkommandierung verloren hatte.

Longstreet leerte seinen Kaffee in einem Zug. Den Hut weiterhin tief ins Gesicht gezogen, um ja nicht erkannt zu werden, wandte er sich dem Tresen zu. Schweigend warf er dem Wirt eine zerknitterte Dollarnote zu und drehte sich gerade zum Ausgang hin, als von draußen das unverkennbare Geräusch von Musketenschüssen zu vernehmen war. Einige Augenblicke später schon erreichte ein uniformierter Reiter den Rathausplatz. Er rief einem Wachmann vor dem Bürgermeisteramt etwas Unverständliches zu, sprang vom Pferd und riss mit einem gewaltigen Ruck die Tür des Gasthofes auf.
„Sie sind hier, Unionskavallerie, mit Infanterie direkt hinter ihnen, sie stürmen die Stadt!!! Rette sich wer kann!!!“

Von einem auf den nächsten Moment brach in der Taverne unbeschreibliches Chaos aus. Die Besucher sprangen von ihren Sitzgelegenheiten auf, schrien angstvoll, und versuchten zum Ausgang zu gelangen. Bänke wurden umgeworfen, Gläser zersplitterten auf dem Boden und manch Unglücklicher wurde von seinen Hinterleuten über den Haufen gerannt.

Longstreet hatte innerhalb weniger Augenblicke begriffen, was vorging. Allem Anschein nach hatte einer seiner Untergebenen etwas gehörig vergeigt. Fürs erste jedoch musste er schnellstmöglich aus der Stadt verschwinden. Und er musste Frau und Kinder finden.

Der Generalmajor erhob sich. Im Gegensatz zu den anderen Gästen dachte er nicht daran, den offensichtlichen Ausgang zu nehmen, der von der panischen Menschenmenge verstopft wurde. Hart fuhr er den schreckensbleichen Wirt an: „Sagen sie, Mann, gibt hier einen Hinterausgang?“
„N...Natürlich mein Herr, gerade den Gang runter.“

Schweigend hastete Longstreet los, in Gedanken bloß bei seiner Frau und seinen Kindern. Die getafelten Wände flogen nur so an ihm vorbei. Krachend riss er die unscheinbare Hintertür auf unsd stürmte aus dem Gebäude heraus. Der Konföderierte begann sich in einer der verwinkelten Seitengassen, die Richmond prägten. Fachwerkhäuser reihten sich aneinander, meist mit geschlossenen Fensterläden. Langsam und vorsichtig schlich Longstreet sich bis an die Öffnung der Gasse zur Hauptstraße heran. Er spähte um die Ecke und wurde einer großen Kolonne Unionskavalleri sten gewahr, die wild feuernd den Zentralplatz erreichten. Menschentrauben spritzten auseinander, in Panik schreiend, als die Reiter, die die Flagge der 7. US-Kavallerie führten, mit gezückten Säbeln über sie kamen. Angstschreie wurden zu Schreien des Schmerz und des Todes.
Mit Tränen der Wut und der Trauer in den Augen beobachtete Longstreet, wie ein blondgemähnter Colonel, der Anführer der Truppe, einer fliehenden Frau in den Rücken schoss, und danach sein Ross gnadenlos den leblosen Körper in den Boden trampeln ließ.
Rasend riss der Generalmajor seinen Revolver aus seinem Halfter, visierte den Reiterführer an, und drückte ab. Das Echo des Schusses hallte in der Enge der Gasse wieder wie ein Kanonenschuss. Die Kugel selbst verfehlte den Colonel nur um ein Haar, da sein Pferd just im Moment des Schusses einen gewaltigen Satz tat, und durchschlug die Brust eines dahinter Reitenden. Schrill kreischend rutschte er aus dem Sattel, und plötzlich richteten sich alle Augen auf die unscheinbare Gasse, in der sich Longstreet verborgen gehalten hatte.
Erst jetzt realisierte dieser, was für eine Dummheit er begangen hatte. „Tötet ihn!!!“, brüllte der Unionsoffizier, und wie ein Mann löste sich eine Abteilung von dem Gemetzel, und wandte sich der unerwarteten Bedrohung zu.
In Gedanken seine Heißblütigkeit verfluchend, sprintete Longstreet zurück in die schmale Kluft zwischen den aufragenden Häusern. Die Fachwerke jagten nur so an ihm vorbei, das Klappern der Pferdehufe auf dem Pflaster in seinen Ohren. Er war nie ein besonders guter Läufer gewesen, die Verzweiflung verlieh ihm jedoch in diesen Momenten beinahe Flügel. Tiefer und tiefer flüchtete sich der General in das dichte Geflecht der Seitengassen. Ein jedes Zeitgefühl ging ihm abhanden. Da eine Kreuzung, dort eine scharfe Kurve, Millisekunden reichten ihm für die Richtungswahl, und seine Beine trugen ihn sicher über den oftmals holprigen Boden. Unlängst hatte Longstreet die Orientierung verloren. Als er erneut scharf rechts abbog, wäre er beinahe in eine Kolonne blaugewandeter Infanterie gerannt, welche unter Pauken- und Trompetenspiel eine breite Straße entlangmarschierte.

Hinter sich die Rufe seiner Häscher zu Pferd, vor sich eine Hundertschaft Unionisten zu Fuß, Longstreet wusste nicht ein noch aus. Gerade, als die Reiter um die Straßenecke bogen, packte ein starker Arm aus einem Hauseingang den Konföderierten am Arm und riss ihn ins dunkle Innere des Gebäudes. Knallen flog die Tür ins Schloss, und der unbekannte Retter schob schnell einen massiven Riegel vor. Erst jetzt kam Longstreet dazu, ihn näher zu betrachten. Er blickte in das faltige Gesicht eines Greises, der in seiner festen Linken jedoch eine geladene Muskete hielt.
„Sir, sie sind doch Generalmajor Longstreet, oder? Ich bin Corporal Beens von der Homeguard. Wir müssen schnellstens hier weg!“

Wie um die Worte des Veteranen zu unterstreichen, ertönten Schläge und Stöße gegen die massive Eichentür. Ohne weitere Erklärung zog der resolute Unteroffizier den verwirrten Longstreet zur Treppe ins Obergeschoss. Auf halbem Weg war ein dumpfes Krachen zu vernehmen, allem Anschein nach, war die Tür von den eifrigen Unionisten aufgebrochen worden. „Weiter, immer weiter!!!“ waren die Worte des Corporals, und er führte Longstreet sicher über die löchrigen Dielen zur ausladenden Fensterschräge.
Ein schmales, aber solide wirkendes Brett verband das Fenster mit seinem Äquivalent auf der anderen Gassenseite. Hastig leitete Beens Longstreet über den Steig, folgte ihm nach und beförderte das Brett, nachdem beide sicher die andere Seite erreicht hatten, mit einem wuchtigen Fußtritt in die Tiefe zwischen den beiden Fachwerken.
Ausgepumpt kauerten sich die beiden Männer für einen Moment in eine Nische, schnappten nach Luft, und musterten sich das erste Mal seit ihrem Zusammentreffen genauer.

„Für ein älteres Semester sind sie aber ganz schön gut zu Fuß“, bemerkte Longstreet grinsend.

„Und für einen schnöseligen Paradehengst machen Sie sich auch nicht schlecht, Sir, ich meinte natürlich, General Sir“, konterte der ergraute Soldat geschwind. „Und so wie ich dieses Chaos hier deute, haben ihre Jungs einen schönen Anteil daran, dass diese Yankee-Aasgeier unsere schönen Straßen beschmutzen“.

„Schuldig, Corporal, ich verspreche, dass dafür Köpfe rollen werden“, Longstreet zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Schnell jedoch wurde dieser schalkhafte Ausdruck durch Sorge ersetzt. „Beens, meine Familie ist noch in Richmond, meine Frau, mein Neugeborenen...“

„General, ich habe bereits einige Männer zur Verteidigung der Flüchtlinge, von denen es eine verdammte Menge gibt, abgestellt. Ich muss sie jetzt dringend aus der Stadt bringen, den Blaubäuchen sollte lieber nicht so ein dicker Fisch wie Sie ins Netz gehen. Aber glauben sie mir wenn ich ihnen sage, dass meine Jungs die beste Bürgermiliz bilden, die sie im Süden finden können!“

„Nun gut, als kommandierender Offizier habe ich schließlich nicht nur Verantwortung für meine eigene Sippschaft, so sehr es mich auch schmerzt. Nun, wie komme ich schnellstmöglich zu meinen Truppen?“

„Folgen Sie mir, Sir“

Von der kurzen Rast und der erquickenden Konversation erfrischt, erhoben sich Beide vom staubigen Boden und stiegen zum Erdgeschoss herab. Als Zeugnis von Beens`herausragender Logistik fand Longstreet zwei Schimmel in der Wohnstube festgemacht. Kurzerhand traten die Männer mit vereinten Kräften einige Holzbretter aus der Wand, und sprengten heraus auf eine menschenleere Straße. Niemand war zu sehen, weder Nordstaatler, noch Zivilist.

Im Eiltempo jagten Longstreet und Beens durch Straßen und Wege, über Stock und Stein, bis sie die Stadt hinter sich gelassen hatten.

Als die beiden Konföderierten sich umblickten, bemerkten sie die Massen an blaugewandeter Infanterie, die sich schnell aus den Silhouetten der Stadthäuser herausschälten. Trompetensignale erschallten, und als sich die Infanteristen in die Richtung der Reiter wandten, dachten diese, dass nun die Hölle über sie herbrechen würde. Das Unionssignal wurde jedoch von einem dröhnenden Trommelsalut beantwortet, und als Longstreet nach Norden blickte, sah er graugewandete Gestalten in Reih und Glied über die hügelige Landschaft in ihre Richtung marschieren. Pickett und Early waren schlußendlich doch gekommen...
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