[AAR] Empire - Sie trugen die Krone

AAR zum Spiel u.a. Empire: Total War

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 30. Mai 2012 19:47

Was niemand vor einigen Jahren für möglich gehalten hatte, stand nun wirklich bevor: Der Fall von Paris und der Verlust Frankreichs für das königliche Haus der Bourbonen. Dieses Geschlecht stammte letztlich von den Kapetingern, die auf Hugo Capet zurückzuführen waren, ab und hatte nicht weniger als acht französische Könige - darunter den wohl bekanntesten unter ihnen, den Sonnenkönig Ludwig XIV. - hervorgebracht. Dass die Soldaten Hannovers vor den Toren von Paris standen, musste zu einem Rutsch in der internationalen Politik führen. Den Anfang machte die Republik Genua, die sich von Spanien abwendete und die Nähe zur neuen dominanten Macht in Italien suchte: Österreich.

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Ungewiss blieb vorerst noch, wie sich die Thronfolge und damit die neuen Regenten zweier Mächte in Europa verhalten würden: Im Jahr 1750 bestieg zum einen Iwan VI. Antonowitsch nach dem Tod seiner Großtante, Kaiserin Anna, den Thron des russischen Zaren. Die Kaiserin folgte damit dem Testament von Peter dem Großen. Peter I. bestimmte darin kurz vor seinem Tod, dass der jeweils regierende Zar seine Nachfolger selbst ernennen darf. Diese neue Thronfolgeregelung versetzte das Haus Romanow in große Schwierigkeiten, da die Zaren nun ernannt und nicht mehr durch das Erstgeburtsrecht bestimmt wurden, und führte zu großen Intrigen am Hofe. Jeder Prinz bzw. Prinzessin war somit ein potentieller Nachfolger und viele Mitglieder des Hauses Romanow machten sich Hoffnung auf eine Thronbesteigung.

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In Preußen starb nach langen Jahren der Regentschaft König Friedrich Wilhelm I. und hinterließ den Thron seiner Frau Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg Sie war das zweite Kind und die einzige Tochter des späteren Königs Georg I. von Großbritannien (in Personalunion Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg) und dessen Frau Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg-Celle, der „Prinzessin von Ahlden“.

Die Ehe mit dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. führte zwei höchst ungleiche Charaktere zusammen. Der spartanische König teilte nicht die musische Ader seiner Frau Sophie Dorothea, die sich für Kunst, Literatur und Mode interessierte. Trotz ihrer Verschiedenheit pflegte sie ihren Gatten während seiner Krankheiten mit Hingabe, dieser gewährte ihr zu Lebzeiten allerdings keinen Einfluss auf die Politik.

In ihrem Schloss Monbijou traf sie sich häufig mit ihrem Sohn Friedrich, der sie sehr liebte und auf den sie großen Einfluss hatte. In Monbijou befand sich auch dessen Geheimbibliothek, hier plauderte er angeregt mit seiner Mutter über Philosophie und konnte die Dinge tun, die so sehr das Missfallen seines Vaters erregten. Friedrich verehrte seine Mutter sehr; so bestimmte er unmittelbar nach seinem Regierungsantritt, dass Sophie Dorothea nicht etwa als Königin Witwe, sondern als Königin Mutter gesprochen werden solle und im Rang vor seiner eigenen Frau Elisabeth Christine die erste Dame am preußischen Hof sein solle.

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Am 31. Mai 1749 bestieg Friedrich II. nach dem Tod seines Vaters den preußischen Thron. Zu den ersten Maßnahmen Friedrichs im Sinne der Aufklärung gehörte die Abschaffung der Folter. Schon seit längerer Zeit war die Folter in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit als Barbarei abgelehnt worden, und Gelehrte, wie der von Friedrich bewunderte Christian Thomasius, hatten ihre Abschaffung gefordert. Auch Friedrich sah in der Folter ein grausames und ungewisses Mittel zur Entdeckung der Wahrheit und war sein Leben lang der Ansicht, „lieber sollten zwanzig Schuldige freigesprochen als ein Unschuldiger geopfert werden“. Trotz des Widerspruchs seines Justizministers und anderer Ratgeber ordnete Friedrich am 3. Juni 1750 per Edikt an, „bei denen Inquisitionen [Friedrich meinte die Beschuldigtenvernehmungen] die Tortur gänzlich abzuschaffen, außer bei dem "crimine lasae maiestatis [Verbrechen zur Verletzung der Majestät, gemeint waren ein Mordanschlag oder tätlicher Angriff auf den König] und Landesverrat, auch denen großen Mordtaten, wo viele Menschen ums Leben gebracht oder viele Delinquenten, deren Connexion herauszubringen nötig, impliciret sind“.

Ferner verfügte Friedrich, dass es zu einer Verurteilung fortan keines erfolterten Geständnisses mehr bedürfe, wenn „die stärksten und sonnenklare Indicia und Beweise durch viele unverdächtige Zeugen“ vorliegen. Die abschreckende Wirkung der Folter im Auge, ließ Friedrich das Edikt zwar allen Gerichten bekannt geben, untersagte aber im Unterschied zur Praxis bei Gesetzestexten seine Veröffentlichung. Im Jahre 1754 wurde die Folter dann ohne jeden Vorbehalt abgeschafft, nachdem sie in der Zwischenzeit vermutlich nur in einem Fall zur Anwendung gekommen war.

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Die für Preußen in wirtschaftlicher Hinsicht nicht ganz uneigennützige Toleranz und Offenheit gegenüber Einwanderern und religiösen Minderheiten wie Hugenotten und Katholiken war keine Reform, sondern wurde schon vor seiner Amtszeit praktiziert. Der geflügelte Ausspruch „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“ fasste diese Praxis nur in eine griffige Formel. Auch in der diskriminierenden Behandlung der Juden knüpfte Friedrich II. nahtlos an die Politik seiner Vorgänger an.

Neuen Industrien gegenüber war er sehr aufgeschlossen. So ordnete er bereits 1752 per Edikt die Anpflanzung von Maulbeerbäumen zur Seidenraupenzucht an, um von ausländischen Seidelieferungen unabhängig zu werden.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 31. Mai 2012 20:53

Bei seinem Regierungsantritt gab er dem Professor Formey den Auftrag, in Berlin eine französische Zeitung für Politik und Literatur zu gründen. An den Minister Heinrich von Podewils erging der Befehl, die Zensur für den nichtpolitischen Teil der Zeitungen aufzuheben. Politische Äußerungen unterlagen freilich nach wie vor der Zensur. Preußen war damit die erste absolute Monarchie Europas, in der eine zumindest eingeschränkte Pressefreiheit eingeführt wurde. Außerdem war es im Preußen Friedrichs II. für alle Bürger möglich, sich brieflich oder sogar persönlich an den König zu wenden. Er versuchte, zu große Auswüchse des Feudalsystems zu unterbinden. Dabei war er insbesondere misstrauisch gegenüber seinen eigenen Beamten, denen er im Zweifelsfall einen ausgeprägten Standesdünkel zum Nachteil der ärmeren Schichten unterstellte.

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Ende 1751 war es soweit, dass Graf Leopold Josef von Daun, den Angriff auf das französische Savoy befehlen konnte. Sein Heer umfasste 4.000 Soldaten, die bereits den Angriff auf Mailand assistiert hatten. In der zweiten Novemberhälfte 1751 traf es östlich von Turin auf eine ebenso starke Armee der Franzosen, die sich fest entschlossen zeigten, sich einem österreichischen Vormarsch nach Südfrankreich entgegen zu stellen.

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Dem Grafen von Daun war der heranmarschierende Entlastungsangriff der Franzosen bereits von Kundschaftern aus Burgund gemeldet worden. Das war für den Habsburger General etwas überraschend angesichts der Tatsache, dass Paris sich auf Leben und Tod einem starken Angriff der Welfen ausgesetzt sah. Offenbar war König Ludwig XVI. zuversichtlich, beiden Angriffen von Hannover und Österreich standhalten zu können. Weil daher aus dem vermeintlich sicheren Sieg nun doch eine ungewisse Schlacht wurde, hatte Graf Leopold Josef seine Stellungen vor Turin befestigen lassen und befahl, die Stadtmauern von der Artillerie unter Beschuss zu nehmen.

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Es war ein ungewöhnlich milder und trockener Tag für einen November. Das Vogelgezwitscher auf der Ebene vor Turin wurde um neun Uhr unterbrochen von dem gewaltigen Knallen der österreichischen Kanonen, die gegen die Verteidigungsanlagen feuerten. Der Graf von Daun ließ auf die Mauern selbst zielen und unterband das Feuern der Artillerie in das Stadtinnere, um die Zahl der zivilen Opfer nicht in die Höhe zu treiben. Gleichzeitig stürmten die Infanterie-Regimenter die weiteren Mauern empor: Mittels Eisenhaken und Zugseilen erklommen sie die höher gelegenen Stellungen der Franzosen und lieferten sich mit ihnen einen erbitterten Nahkampf auf den Mauern.

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Dort oben tobte der Kampf Mann gegen Mann lange unentschieden, und zahlreiche Männer flohen entsetzt vor dem Grauen der Schlacht. Gegen Mittag aber zeigte der unablässige Beschuss der Mauern durch die Artillerie seine Wirkung. Graf von Daun ließ seine Kavallerie vorrücken, um sogleich die entstandene Bresche in der Stadtverteidigung mit frischen Berittenen zu stürmen.

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Diese Taktik führte zu einem schnellen Sieg. Im Nahkampf mit den angreifenden Fußtruppen Österreichs auf den Mauern gebunden, vermochten die Franzosen nicht, sich gegen den Kavallerieangriff in die Stadt zu wehren. Die ausgeruhten Reiter fegten die Milizen ohne Mühe vom zentralen Platz und hielten diesen, bis die Franzosen entmutigt aufgeben mussten. Bei Dämmerung gegen 17 Uhr bat der französische Stadtkommandant Georges Appert seinen Gegner Graf von Daun um Waffenstillstand und kündigte an, Turin an die Österreicher übergeben zu wollen.

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Die Österreicher hatten Turin nur unter schweren Verlusten einnehmen können. Von den 4.000 Soldaten, die beide Seiten jeweils in die Schlacht führten, beklagten die Habsburger in ihren Reihen den Ausfall durch Tod oder Verwundung über die Hälfte ihrer Truppen. Wer auf Seiten der Franzosen den Abwehrkampf unbeschadet überstanden hatte - und das waren nicht viele - trat den Gang in die österreichische Gefangenschaft an.

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Die meisten französischen Gefangenen konnten aber schon wenige Monate später in ihre Heimat zurückkehren, nachdem sie entwaffnet worden waren. Der Winter in Norditalien war mild und forderte unter ihnen nur wenige Opfer. Wichtiger war aber, dass der Krieg für Frankreich noch im gleichen Winter, im Dezember 1751, entscheidend verloren wurde.
Zuletzt geändert von Mark am 2. Juni 2012 08:38, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 2. Juni 2012 08:37

Seit Wochen standen überlegene Kräfte der Reichsarmee, geführt von den Generälen des Kurfürsten von Hannover, nahe Paris. Hier war das Wetter im November aber zu schlecht, um einen Angriff auf die Stadt zu wagen. Zudem liefen noch hektische Verhandlungen mit dem französischen König Ludwig XVI., in denen Möglichkeiten über den Verbleib der Bourbonen auf dem Thron Frankreich, aber unter Regie des Geschlechts der Welfen, diskutiert wurden.

Die Soldaten der hannoverschen Reichsadministration gingen während dieser Wochen in den besetzten Gebieten bei der Rekrutierung und dem Eintreiben von Versorgungsleistungen äußerst brutal vor, worunter vor allem die Landbevölkerung zu leiden hatte. Als Konsequenz kam es zu ersten Aufständen und Gewalttätigkeiten der von der Zwangsaushebung betroffenen Männer, die bereits die Losung für die folgenden Revolten prägten: „Lieber französisch sterben, als kaiserlich darben“. Anfang Dezember 1751 wurden achtzehn Rekruten, die zur Armee abgeführt werden sollten, auf offener Straße befreit. Trotz des Einschreitens der Reichstruppen breiteten sich die Aufstände in den besetzten französischen Gebieten schnell aus.

Die Zeit des Waffenstillstands nutzten die Aufständischen zur Ausarbeitung eines Plans, wie die deutsche Besatzungsmacht vor Paris vertrieben werden könnte. Die kaiserlichen Soldaten sollten im Osten Frankreichs durch Aufstände gebunden werden. Zugleich sollte die ehemalige Pariser Bürgerwehr die Revolutionäre mit einem Ausfall aus Paris unterstützen. Man beschloss, sich nicht an den Waffenstillstand zu halten und mit der Aktion so schnell wie möglich zu beginnen.

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Als der Aufstand losbrach, streute man in Frankreich das Gerücht, dass der französische König die Revolte mittragen und so bald wie möglich zu den Revolutionären stoßen würde. Diese dienten vor allem dazu, patriotische Gefühle anzusprechen und eventuelle Legitimitätsbedenken auszuräumen. Wo dieser Appell an die Heimatliebe und Untertanentreue zur Mobilisierung des Volkes nicht ausreichte, half man mit Druck und Zwang nach. So drohten einige französische Bürgermeister ihren Bürgern mit dem Entzug der Bürgerrechte, sollten sie sich dem Aufstand verweigern. Im gesamten Land wurden Bauern vor die schwere Wahl gestellt, entweder ihre Söhne und Knechte mit den aufständischen Truppen ziehen oder ihre Höfe in Schutt und Asche legen zu lassen.

Am Heiligen Abend gegen Mittag begannen die Aufständischen ihren Marsch auf Paris. Doch sie erhielten die schlechte Nachricht, dass die Pariser Verbündeten die geplanten Aktionen nicht mehr wie besprochen durchführen könnten. Die deutschen Besatzer hatten die Truppen verstärkt und Soldaten patrouillierten bereits auch in der Stadt. Gegen Mitternacht erreichte der Tross der Franzosen die Vororte von Paris, wo das Kommando im örtlichen Wirtshaus Stellung bezog, während das gemeine Volk in eisiger Winternacht im Freien kampierte.

Leicht- und Unbewaffnete sollten in den Vororten bleiben, während zwei weitere Gruppen sich zum Angriff auf Paris postierten. Die aufständischen Verbündeten sollten die Stadttore um 1 Uhr früh des 25. Dezembers öffnen, was aber nicht geschah. In den folgenden nächtlichen Kämpfen um die Stadtmauern konnte keine Seite die Oberhand gewinnen. Im Morgengrauen wurden die französischen Volkstruppen aus Osten von herangeführten Reichstruppen angegriffen und aufgerieben. Einige Aufständische konnten sich nach Versailles durchschlagen, wo sie sich erneut verschanzten. Kurz darauf nahmen auch hier die deutschen Truppen Aufstellung. Die aufständischen Franzosen ergaben sich und legten ihre Waffen nieder, doch die kaiserlichen Offiziere gewährten nur scheinbar Pardon und ließen die entwaffneten Revolutionäre an Ort und Stelle niedermetzeln. Einige letzte Überlebende flüchteten auf den Friedhof einer nahen Kirche in der Hoffnung, die kaiserlichen Truppen würden zumindest am Weihnachtstag den geweihten Bezirk achten und sie dort nicht töten. Doch auch hier kannten die Besatzer kein Pardon und töteten jeden. Auch die Kirche wurde mehr oder weniger vollständig zerstört und geplündert.

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(Im Beitrag vom 31. Mai hatte ich anstelle des Bildes vom Angriff auf Turin bereits dieses hier verwendet, ich habe sie nun ausgetauscht)

Entgegen landläufiger Auffassung wurde das Blutbad bei Versailles nicht von Hannoverschen Soldaten selbst angerichtet, sondern von einem würzburgischen Infanterieregiment aus dem Kontingent des fränkischen Reichskreises der unter kaiserlichem Befehl stehenden Reichsarmee. Auch ungarische Husaren waren beteiligt, sie machten ohne Pardon insbesondere Flüchtende nieder. Der für die Zeit der Kabinettskriege ungewöhnliche Gewaltexzess dieses Massakers hat historische Vorläufer z. B. in der brutalen Unterdrückung der Bauernaufstände des 16. Jahrhunderts. Gerade weil die kaiserlichen Truppenführer nicht mit "ebenbürtigen" Gegnern, sondern unbotmäßigen Aufrührern konfrontiert waren, konnte jegliche Rücksicht und Hemmung fallengelassen werden. Der blanke Hass, mit dem die adeligen Offiziere gegen die Aufständischen vorgehen ließen, resultierte auch aus der Erkenntnis, dass diese mit ihrem demokratischen Ansatz ein überaus gefährliches Gegenmodell zum absolutistischen Staat in die Welt gesetzt hatten.

Nach diesem Massaker sammelten die kaiserlichen Soldaten die etwa 500 noch lebenden Verwundeten ein und brachten sie nach Paris, wo man sie vor dem Jesuitenkolleg gefangen hielt. Um die Verwundeten durfte sich auf Befehl der Administration drei Tage niemand kümmern, um so weitere Revolutionsgedanken im Keim zu ersticken. Die zeitgenössische Rezeption des Aufstands war ambivalent. Von Ludwig XVI. wurde überliefert, dass er nicht die geringsten Sympathien für die Bauern hatte, die vor Paris für seinen Verbleib auf dem französischen Thron protestierten. Stimmen die Berichte, so teilte er die deutsche Sicht, nach der jeder vergleichbare Aufstand im Keim erstickt werden musste. Jegliche königliche Machtausübung durften an dieser Stelle keine Toleranz gegen Bauernrevolten zulassen.

Hier galt eine Standesklausel: Ein Adelsaufstand hatte politische Dimension, eine Bauernrevolte stellte dagegen die ständische Ordnung der Gesellschaft und damit die herrschende Stellung des Adels und der Fürsten in Frage und war daher ein nicht zu duldender Aufruhr.
Die Folge dieser Ereignisse war die Abdankung des Bourbonen Ludwig, der seinen französischen Thron nun zugunsten der Welfen räumen musste. Politisch waren die Veränderungen beispiellos: In Wien hatte man Frankreich bereits als gefährlichen Gegner erkannt, als es noch gegen Großbritannien und Hannover stand. Jetzt sah sich die Kaiserin Elisabeth I. durch den überraschend klaren und schnellen Sieg der Welfen einem vereinten Frankreich-Hannover, das zudem mit Großbritannien verbunden war, gegenüber! Das konnte auch für die Rolle Österreichs bzw. Hannovers innerhalb des Reiches nicht ohne Folgen bleiben. Die Kaiserkrone des Heiligen Reiches war für Habsburg vorerst noch nicht gefährdet, weil sich diverse Kurfürsten ja zur Unterstützung eines Habsburger Kandidaten bei einer Kaiserwahl verpflichtet hatten. Zudem nahm der König von Hannover 1752 die Krone von Frankreich an - ihm dann noch die Kaiserkrone anzutragen hätte in den Augen der übrigen Kurfürsten eine zu große Machtkonzentration bedeutet. Hannover war im Reichsverbund bereits jetzt übermächtig und hatte Österreich und erst recht Preußen bereits überflügelt.

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Für den Bourbonen Ludwig XVI. blieb nach dem Verlust seines Königreiches Frankreich nur noch der Besitz der Kolonien in Amerika. Von Neufrankreich, wie das koloniale Territorium genannt wurde, war er aber nur das nominelle Oberhaupt. Natürlich erhielt er seine ihm zustehenden Einkünfte aus den Steuern der Kolonie, betreten hatte Ludwig XVI. sie aber nie, erblieb bis zu seinem Tod in Madrid, am Hof des spanischen Königs.

Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Neufrankreich waren aber gar nicht so schlecht. Ihr blieb in der strategisch wichtigen Grenzregion Akadien, die am Zugang des Sankt-Lorenz-Strom zum Atlantik lag, im besonderen Fort Louisbourg. Folgerichtig wurde Louisburg zur militärischen Feste, zur mächtigsten Zitadelle Nordamerikas ausgebaut. Um 1750 hatte das Fort in etwa 2.000 Einwohner – eine Zahl, die sich in den nächsten Jahren schon verdoppelte. Louisburg wurde eine militärische Festung, aber auch einer der wichtigsten Handelshäfen für britische Schiffe von den westindischen Inseln und Neuengland, aber ebenso für jene aus Québec und Frankreich.

In der kommenden Friedensperiode begann Neufrankreich wirtschaftlich erstmals verstärkt zu prosperieren. Der französische Fellhandel hatte zwar nun mit der britischen Hudson Bay Company starke Konkurrenz bekommen, trotzdem florierte auch der Warenaustausch auf der längeren, mühsameren und kostenintensiveren Sankt-Lorenz-Route. Indianische Stämme begaben sich nun oft selbst zur Hudson Bay, um ihre Felle zu handeln und sich im Gegenzug direkt dort mit Gütern zu versorgen. Dies ging auf Kosten der Wirtschaft Neufrankreichs, das sich gezwungen sah, mit den indianischen Völkern ins Geschäft zu kommen, bevor diese mit den Briten handelten. Franzosen errichteten entlang der als indianische Transportrouten genutzten kleinen Flüsse deshalb neue Handelsposten westlich der Bay. Fischerei und Landwirtschaft, aber auch der Schiffbau entwickelten sich als tragende Wirtschaftszweige Neufrankreichs. Der Bau einer königlichen Straße, der Chemin du Roy zwischen Montreal und Québec verbesserte die infrastrukturelle Verknüpfung der wichtigen Städte und ermöglichten intensiveren Warentausch und schnellere Abwicklung des Handels. Neue Häfen wurden errichtet und ältere ausgebaut.

Die Anzahl der Neukolonisten wuchs stark an und Québec wurde zu einer eigenständigen Kolonie innerhalb Neufrankreichs mit 25.000 Einwohnern. Diese Jahre des Friedens wurden oft auch als das goldene Zeitalter Neufrankreichs bezeichnet – wenn es auch, dies darf nicht ungesagt bleiben, für die Indianer ein Zeitalter fortschreitender Dezimierung ihrer Stämme gewesen ist. Zugleich traute man dem Frieden mit Großbritannien nicht, daher erhielt Montreal ab 1757 eine steinerne Stadtmauer, ähnlich wie Québec, das schon ab 1690 befestigt worden war.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 3. Juni 2012 16:03

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DER TÜRKENKRIEG (AB 1754)

Frankreich und das mit ihm verbündete Italien waren besiegt, und damit konnte es an der Legitimität der weiblichen Thronfolge von Elisabeth I. keinen Zweifel mehr geben - auch wenn sich Spanien da noch immer sperrig zeigte. Für Wien stand nach dieser erfolgreich bestandenen Prüfung die neue Sorge an, dass der französische König, der ja nun aus dem Hause Hannover kam, jetzt endgültig zu mächtig innerhalb des Heiligen Reiches werden würde. Italien und damit das Papsttum waren klar in der Hand der Habsburger, damit schied die Gefahr aus, dass der Papst jemand anderen als einen Habsburger als Kaiser anerkennen würde. Aber der Kaiser wurde ja nun einmal nicht mehr vom Papst, sondern von den Kurfürsten auserkoren. Es erschien zwar unwahrscheinlich, dass ein französischer König einmal den Titel des Kaisers für sich beanspruchen könnte. Aber das Risiko, dass nicht ein Habsburger, sondern ein Welfe zum Kaiser gewählt werden könnte, war dagegen nicht auszuschließen.

In Wien überlegte man daher, wie man den Einfluss Österreichs im Regnum mehr Geltung verschaffen könnte. Innerhalb des Reiches konnte das nur ein politischer Weg sein: Die Kurfürsten mussten von Hannover abrücken und in Wien den Garanten ihrer Unabhängigkeit sehen. Dazu bedurfte es aber einer Macht Österreichs, die es mit dem nun überlegenen Hannover (hinter dem ja die nicht unbedeutenden Mächte Frankreich und Großbritannien standen) aufnehmen konnte. Es musste eine Machtvergrößerung für Habsburg her, die nicht die Kurfürsten des Reiches erschreckte. Ein neuer Krieg zu diesem Zwecke musste sein Ziel also außerhalb suchen und möglichst die Akzeptanz der Kurfürsten finden...

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Eine Großmacht in Europa erfüllte diese Anforderungen vortrefflich: In Zentraleuropa war man sich über die Andersartigkeit des Osmanischen Reiche immer im Klaren geblieben. Dieses Bewusstsein war über die Jahrhunderte hinweg nur in eines eingemündet: die Türkenfurcht, von der viele Flugschriften und Bildzeugnisse kündeten und die durchaus geeignet war, den Gedanken an neue Kreuzzüge zu konterkarieren. Dieses Bewusstsein von der Andersartigkeit gründete schon darin, dass eine derart ungebremste, scheinbar kaum Grenzen kennende Expansion in alle Himmelsrichtungen wie die des Osmanischen Reiches seit dem Ausgang des 14. Jahrhunderts weit über alle Europäern vertraute Maßstäbe hinaus ging (mal abgesehen von dem meines Reiches in der ersten Krone-Story *g*). Die Türken blieben den Europäern auch aufgrund ihrer Religion und Kultur fremd, obwohl sie keineswegs eine gezielte Politik der Islamisierung in den eroberten Gebieten verfolgten. Hinzu kam, dass die Europäer einen gewaltigen Respekt vor dem türkischen Heer hatten, dass sie lange für unbesiegbar hielten - und das Kriegslisten verwendete, die christliche Heere nicht gewohnt waren. Nicht zuletzt war das gesamte Herrschaftssystem den Europäern in hohem Maße befremdlich: Ein System, in dem der Herrscher nach seiner Thronbesteigung zwecks Vermeidung von Bürgerkriegen seine immer als Rivalen eingestuften Brüder umbringen ließ. Im Osmanischen Reich gab es lange (bis ins 17. Jahrhundert) kein Primogeniturrecht, sondern eher eine Art institutionalisierten Thronfolgestreit noch zu Lebzeiten des meist schwachen Sultans.

Aus heutiger Sicht ist man sich einig, dass das Osmanische Reich um 1650 längst den Zenit seiner Weltstellung überschritten hatte, obwohl Istanbul zu dieser Zeit noch zur größten Stadt Europas aufstieg und die Osmanen die Grenzen ihres Reiches noch einmal bis nach Podolien ausdehnten. Von den Zeitgenossen wurden diese Erfolge aber nicht als überraschend empfunden, sondern als Bestätigung einer nach wie vor verbreiteten Türkenfurcht. Dabei hatten bereits die zuletzt geführten Schlachten vor 1700 signalisiert, dass der Höhepunkt der militärischen Durchschlagskraft des Osmanenreiches überschritten war.

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Das Russische Kaiserreich verfolgte bereits in den 1740er Jahren weiterhin die strategischen Ziele Peters des Großen, die darin bestanden, die Grenzen des Reiches bis an die Küsten des Schwarzen Meeres auszudehnen, die allerdings von Vasallenstaaten des Osmanischen Reiches bevölkert waren. Davon versprach man sich einen Anteil am ergiebigen Schwarzmeer- und Mittelmeerhandel. Als es in Asien zu kriegerischen Verwicklungen zwischen dem Osmanischen Reich und den Persern kam, entdeckte man darin auf Seiten Russlands eine günstige Gelegenheit zum Angriff. Begünstigt wurde diese Entscheidung durch die vorherrschende Ansicht bei den führenden russischen Ministern, dass das Osmanische Reich dem Kollaps nahe wäre. Als unmittelbarer Vorwand dienten im Jahre 1745 die gelegentlichen Einfälle der Krimtataren in die russischen Grenzgebiete, woraufhin im folgenden Frühjahr die Feindseligkeiten eröffnet wurden.

In der Wiener Hofburg reifte beim Hofkriegsrat seitdem der Plan, die Gunst der Stunde zu nutzen und mit dem Ziel zumindest der Befreiung des Balkans - wenn nicht mehr: Brauns Visionen reichten bis an den Bosporus!

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Der Habsburger Kaiser hoffte deshalb in einem erneuten Krieg gegen das Osmanische Reich neue Länder zu erobern, um mit diesen den Machtzuwachs Hannovers zu kompensieren. Ein zweiter Grund lag darin, dass man verhindern wollte, dass das Zarenreich seinen Einfluss auf dem Balkan zu weit ausdehnen könnte. Als Rechtfertigung für seinen Kriegseintritt im Jahre 1754 diente ihm ein Bündnis mit Russland aus dem Jahre 1736, das ihn verpflichtete, Russland im Kriegsfall mit mindestens 30.000 Soldaten zu unterstützen.

Die südungarische Stadt Szeged "entsteht": Geburtsort und Heimat meiner Mutter bzw. meiner Vorfahren mütterlichseits.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 4. Juni 2012 20:40

Am 12. November 1754 überschritten kaiserliche Truppen zunächst unter dem Kommando von Ferdinand V. (dem Gemahl Elisabeths I.) die Grenzen zum Osmanischen Reich. Die erste Hauptarmee unter Feldmarschall Andreas Hadik besetzte Anfang Dezember Sarajevo, dessen Garnison nach der Zusicherung freien Abzugs die Provinz Serbien kampflos übergab.

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Die zweite Hauptarmee unter Graf Leopold Josef von Daun besetzte einen Teil Serbiens und belagerte Belgrad. Auch hier waren die Verteidiger, die sich lediglich aus rund 1.000 Mann leichtbewaffneter Milizen zusammensetzten, derart unterlegen, dass sie das Kapitulationsangebot der kaiserlichen Armee annahmen und Serbien bis zum Jahresende 1754 räumten.

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Hadik konnte es sich unter diesen Umständen erlauben, in Sarajevo bzw. Bosnien eine nur kleine Garnison zurückzulassen, um die Region zu sichern und zu befrieden. Schäden wurden zügig behoben und die Zusammenarbeit mit den lokalen Kräften lief gut an, die Regierungsübernahme konnte reibungslos vonstatten gehen. Mit dem Groß seiner Streitmacht zog Hadik nach kurzer Zeit bereits weiter Richtung Serbien. Graf von Daun wiederum brach von Belgrad aus nach Osten auf, um an die Grenze zu Bulgarien zu marschieren . Der Norden dieses von den Osmanen abhängigen Königreiches war bereits durch russische Truppen besetzt worden. Die Österreicher hatten Spione nach Sofia entsandt, die in ihren Berichten den Grafen vor einer dort versammelten osmanischen Streitmacht warnten. Es ging also darum, das Heer des Sultans zu schlagen - und Sofia vor den russischen Truppen einzunehmen.

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Der überzeugende Sieg der Heiligen Liga 1755 in Bulgarien zeigte allen Beobachtern deutlich: Das Osmanische Reich war auch im militärischen Bereich auf dem absteigenden Ast. Weil Sofia von den Truppen Österreichs eingenommen worden war, fiel die gesamte Provinz Bulgarien an die Habsburger, und die russischen Truppen zogen sich hinter ihre östliche Grenze nach Moldawien zurück. Die Auseinandersetzungen von 1754/55 hatten Bulgarien schwer verwüstet, zahlreiche Städte und Dörfer waren von den durchziehenden Soldaten beider Seiten in Brand gesteckt worden.

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Nun ging die gesamte Anrainerschaft des Osmanischen Reiches, sich mehr oder weniger deutlich der Krisensymptome dieses Imperiums bewusst werdend, von der Defensive zur Offensive über und forderte das weitere Schicksal dieses Kolosses heraus. Freilich war das politische Bewusstsein Mitte des 18. Jahrhunderts unter dem Schlagwort vom "Gleichgewicht der Mächte" schon sensibel genug, um eine schrankenlose Bereicherung der Anrainerstaaten auf dem Balkan aus der osmanischen Verfügungsmasse skeptisch zu sehen. Es wurde in den europäischen Hauptstädten mit jedem Sieg der vorwärts marschierenden Österreicher und Russen zunehmend klarer, dass das Osmanische Reich auch für das europäische System eine Funktion hatte.

Feldmarschall Daun sammelte die Hauptarmee (3.500 Mann, 36 Geschütze) im August 1755 und führte sie zunächst entlang der Donau, anschließend weiter nach Süden. Am 10. Oktober überschritt diese Armee die Grenze zur osmanischen Hauptprovinz Rumelien. Da nunmehr kein osmanisches Heer mehr im Feld stand, rückte Dauns Armee ungehindert vor, bevor er im Dezember wegen schlechten Wetters zeitweise in die Winterquartiere ging.

Die Belagerung von Istanbul begann im Januar 1756 und zog sich beinahe zwei Jahre lang hin. Im Hintergrund agierte der Hannoversche König, um eine diplomatische Lösung des Konflikts zu ermöglichen. Die Vermittlung zwischen den Kriegsparteien wurde durch französische Diplomaten organisiert, die traditionell gute Beziehungen zur Hohen Pforte (der osmanischen Regierung) unterhielten. Ziel Frankreichs war es, Österreich aus dem Bündnis mit Russland zu lösen und zugleich seinen eigenen Einfluss im Osmanischen Reich zu stärken. Die Bereitschaft der drei Kriegsparteien war unterschiedlich groß. Die Osmanen hatten gegenüber den Russen und Österreichern schwere Verluste und Niederlagen erlitten. Die Habsburger belagerten Istanbul, während russische Truppen 1757 in das fruchtbare Mesopotamien vordrangen und sogar Bagdad eroberten!

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 5. Juni 2012 19:28

Das Russische Kaiserreich sah sich durch die neuerliche Aufrüstung Schwedens bedroht und wünschte seine Armee bald nach Norden verlegen zu können. Vor allem aber machte dem Zaren die Überfälle persischer Soldaten in sein ausgedehntes Reich zu schaffen:
Der Russisch-Persische Krieg ab 1757 war ausgelöst durch die Erfolge des Zaren, den russischen Einfluss auf die kaspische Region und den Südkaukasus auf Kosten Persiens auszudehnen, sowie den Rivalen Osmanisches Reich von Territorialgewinnen abzuhalten. Vor dem Feldzug sicherte sich Ivan VI. eine Allianz mit dem georgischen König Wachtang VI. von Kartli, sowie mit dem Katholikos von Armenien. Diese christlichen Herrscher suchten russische Hilfe in ihrem Kampf gegen zwei expansionistische moslemische Mächte – Türkei und Persien.

Im Juli 1755 verließ die russische Armee Astrachan mit der neu gebauten Kaspischen Flotte, angeführt vom Admiral Apraxin. Später wurden sie auf dem Landweg durch weitere Kavallerie und Kosaken aus Zarizyn verstärkt. Am 23. August 1755 eroberte die an Land gegangene Armee Derbent im Süden Dagestans. Allerdings zwangen die herbstlichen Stürme auf dem Kaspischen Meer Peter die militärischen Operationen in diesem Jahr einzustellen, und sich wieder nach Astrachan zurückzuziehen, wobei eine starke Garnison zur Bewachung in Derbent, sowie dem neu gegründeten Fort Sviatoi Krest (Heiligkreuz) gelassen wurde.

Im Winter 1756 eroberte die russische Armee Rasht und im Juli erfolgte die Einnahme von Baku. Der militärische Erfolg der Russen, die wie erwähnt Anfang 1757 in Bagdad einmarschierten, zwangen die Regierung von Tahmasp II. zu einer Reaktion. In einer weit gefassten Umgehungsaktion gelang es persischen Truppen, das Kaspische Meer zu überqueren und weit nach Norden vorzustoßen. Dort eroberten sie die Provinz Komi, eine weitläufige Region, die vor allem durch ihre Holzexporte profitabel war.

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Der unerwartete Rückschlag des Zaren konnte Wien nur recht sein, trieb doch hier vor allem die Sorge vor einem zu schnellen und umfassenden Sieg der Russen das Kriegsministerium zur Eile. Im Februar 1757 war es soweit, dass es zum entscheidenden Kampf um das belagerte Istanbul kommen konnte. Jahrhunderte lang war die Metropole ein Machtzentrum und strategischer Zankapfel der Großreiche gewesen, bis es 1453 endlich an die Osmanen gefallen war, die aus dem griechisch-byzantinischen Konstantinopel das türkische Istanbul geschaffen hatten.

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Die Expansion der Osmanen hatte nicht am Bosporus Halt gemacht und führte ihre Truppen in den Balkan, die Wallachei und bis nach Wien, wo sie noch 1683 zurückgeschlagen werden mussten. Nun, 300 Jahre nach dem Fall Konstantinopels, standen die Soldaten Habsburgs vor den Toren dieser Stadt. Die Macht der Osmanen war geschwunden, ihr Imperium im Zerfallen begriffen. Die Verteidigung Istanbuls lag zu einem (zu) großen Teil in den Händen unerfahrener Milizen. Doch auf türkischer Seite hatte es einen Wechsel im Kommando der Truppen gegeben. Neuer Pascha war Abdulmecid Salih Paşa geworden, ein Franzose, der zum Islam konvertiert und in die Dienste des Sultans getreten war. Mit seiner mitgebrachten Erfahrung im Kriegshandwerk hatte er die Truppen umstrukturiert und die Befehlsgewalt neu organisiert. Er räumte in seinen Schriften auch der Artillerie mehr Bedeutung ein, konnte 1757 - nach mehreren verheerenden Niederlagen gegen die Soldaten des russischen Zaren - aber nicht mehr über entsprechende Bewaffnung verfügen.

Trotz alledem schätzten die Befehlshaber beider Kriegsparteien das Kräfteverhältnis der Heere in etwa als gleich ein. Die Truppen der Habsburger waren weniger zahlreich (3.500 zu 3.900 Mann), dafür besser ausgerüstet und ausgebildet.

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Auf österreichischer Seite eröffnete Leopold Josef Graf von Daun die entscheidende Schlacht am Morgen des 17. Februar 1757 mit dem konzentrierten Feuer der Artillerie auf die legendären Befestigungsanlagen Istanbuls. Der Ruf der Unbezwingbarkeit stammte allerdings noch aus den Tagen des Mittelalters. Bereits im 15. Jahrhundert waren die Mauern der Stadt dem Kanonenfeuer der Osmanen nicht mehr gewachsen gewesen, das galt erst recht für die weiterentwickelten Belagerungswaffen des 18. Jahrhunderts. Zwar hatte der Festungsbau noch einmal eine Blütezeit erlebt, in der immer raffiniertere Baupläne entworfen und verwirklicht worden waren - doch die Zeit der strategisch wichtigen Burgen und Zitadellen neigte sich endgültig dem Ende zu.

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Auf osmanischer Seite erkannte man, dass das österreichische Artilleriefeuer zu schweren Verlusten unter den in der Stadt gedrängten Soldaten führen musste und entschloss sich zum Ausfall aus der Festung und dem Entgegentreten und Bekämpfen des Gegners auf dem Schlachtfeld. Die im Zentrum konzentrierte osmanische Infanterie musste bei seinem Vormarsch auf die österreichische Linie die Einschläge der feindlichen Artillerie ertragen. Graf von Daun befahl unterdessen, den am rechten Flügel seiner Aufstellung geführten Angriff mittels des ungarischen Reiterregiments und der Dragoner zurückzuschlagen.

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Zur Mittagszeit trafen die gegnerischen Infanterielinien dann schließlich aufeinander. Im Zentrum waren die osmanischen Truppen in der Überzahl. Der Vorteil der Habsburger Soldaten war ihre Disziplin, der Schutz, den ihnen die Stellung bot sowie der andauernde unterstützende Artilleriebeschuss aus dem rückwärtigen Raum. Dichter Pulverdampf legte sich über das Schlachtfeld und nahm den Soldaten im Kampf die Sicht. Doch es war unverkennbar, dass die türkischen Truppen im Feuerwechsel deutlich größere Verluste zu erleiden hatten als die der Österreicher.

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Den Osmanen blieb nur noch die Flucht nach vorne - gegen die feindliche Linie und in den Nahkampf mit dem Bajonett. Nun zahlte sich der Drill innerhalb der österreichischen Armee erneut aus. Diszipliniert stiegen die Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett auf die Schutzwälle und traten dem Gegner entschlossen entgegen.

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Das blutige Hauen und Stechen tobte noch unentschieden, als vom rechten Flügel die siegreiche Kavallerie das osmanische Zentrum umging und in ihrem Rücken erschien. Dank ihrer Pferde war es den Dragonern leicht möglich, den notwendigen Abstand zu den osmanischen Fußtruppen zu halten. Mit ihren Karabinern schossen sie ungehindert in die Menge der feindlichen Soldaten. Für die Moral der osmanischen Soldaten war das zuviel.

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Am frühen Nachmittag lies Abdulmecid Salih Paşa zum Rückzug blasen, die Überlebenden zogen sich in die Festung zurück. Weniger als 400 Soldaten entgingen dem Tod oder der Gefangenschaft, die österreichische Kavallerie säuberte noch den ganzen übrigen Tag bis zum Einbruch der Dunkelheit die Umgebung von versprengten osmanischen Soldaten. Die Verluste auf österreichischer Seite dagegen waren verhältnismäßig gering, Leopold Josef Graf von Daun wurden lediglich Ausfälle von 400 Verwundeten und Getöteten gemeldet.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 6. Juni 2012 20:28

Militärisch waren die Osmanen vielleicht so gut wie geschlagen, beherrsche ließen sie sich jedoch nicht so ohne weiteres. Istanbul und die Region Rumelien hatten 6,8 Millionen Einwohner, die sich sicher nicht danach gesehnt hatten, eine Provinz im Habsburger Imperium zu werden. Der Aufruhr, der der neuen Regierung entgegenschlug, war gewaltig:

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Der Mob randalierte in patriotischem und frommen Zorn über die fremden Ungläubigen, selbst die Aristokraten verweigerten die Zusammenarbeit mit den Österreichern. Eigentlich waren die Edelmänner - egal welcher Couleur - diejenigen, die sich mit wechselnden Herren zu arrangieren wussten. Angesichts der schweren Unruhen, die den Österreichern erhebliche Probleme machten, nutzten die türkischen und griechischen Großen die Gunst der Stunde und stellten ihnen Bedingungen für eine kooperative Arbeit. Graf von Daun musste auf wesentliche Teile der Forderungen eingehen, ging aber gegen die Protestierenden auf den Straßen hart (und mit Einwilligung der türkischen Edlen) vor. Um die Provinz zu befrieden, wurde die Infrastruktur zur Ausübung der Regierungsarbeit umgehend instand gesetzt, in den Schulen wurde die osmanische Kultur unterdrückt und Madrassen gleich ganz geschlossen bzw. in katholische Kirchen umgewandelt.

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Die Schließung der berühmten Universität von Istanbul betraf zahlreiche große Denker des Ostens, die sich nun nach einer anderen Wirkungsstätte umsehen mussten, darunter der Physiker und Astronom Boscovich.

Schon am Gymnasium publizierte Boscovich 1723 erste Arbeiten aus Astronomie und Geodäsie. Die nächsten drei Jahrzehnte lebte er hauptsächlich in Rom, wo er 1740 zum Priester geweiht wurde. Im selben Jahr berief man ihn als Hochschulprofessor für Mathematik und Philosophie an das Collegium Romanum. Boscovich zählte zu jenen wissenschaftlich tätigen Jesuiten, die sich intensiv mit neuen Strömungen der Physik und dem Studium des Erdkörpers befassten. Er war von Newtons Gravitationstheorie fasziniert und verteidigte sie gegen zahlreiche Angriffe.

Zwischen 1740 und 1743 leitete er im Auftrag des Papstes die Gradmessung von Rom nach Rimini, wo ein etwa 200 Kilometer langer Meridianbogen zur Bestimmung des regionalen Erdradius angelegt und vermessen wurde. Boscovich' Kontakte zur Landesvermessung der damaligen Großmächte Österreich und Frankreich veranlassten ihn zur Suche nach Methoden der Ausgleichsrechnung, um aus mehreren - leicht widersprüchlichen - Gradmessungen die Parameter der Erdfigur optimal abzuleiten. 1744 führte ihn seine erste diplomatische Reise ins mittelitalienische Lucca und nach Wien. Drei Jahre später verließ er Rom und reiste durch verschiedene westeuropäische Länder, sowie zuletzt 1750 in die osmanische Hauptstadt Konstantinopel.

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Boscovich leistete auch wichtige Beiträge zur Astronomie. Darunter war ein Verfahren zur Berechnung der Umlaufbahn eines Planeten aus drei gemessenen Positionen am Sternenhimmel, und das erste geometrische Verfahren zur Berechnung des Äquators eines rotierenden Himmelskörpers aus drei Beobachtungen seiner Oberflächenform. Auch bestimmte er die Rotationselemente der Sonne aus Beobachtungen von Sonnenflecken.

Für eine ähnliche Aufgabenstellung bei der oben erwähnten Gradmessung von 1750 bis 1753 entwickelte er eine Rechenmethode zur Ausgleichung der auftretenden kleinen Widersprüche, indem er die Absolutsumme der Residuen (verbleibende Restfehler) minimierte. Bei Carl Friedrich Gauß finden sich Notizen über Boscovich' Arbeiten zur „Bahnbestimmung der Himmelskörper“ und zur Lotabweichung, die später für Asteroiden verwendet wurde.

Dieses Phänomen erfuhr 1759 große Popularität, weil sich die Arbeiten des verstorbenen Edmund Halley augenscheinlich bestätigten. 1705 hatte Halley nämlich nach einer neuen Methode die Bahnelemente der Kometen (der Jahre 1531, 1607 und 1682) berechnet. Durch diese Berechnungen kam der Verdacht auf, dass dies Erscheinungen immer desselben Kometen seien, der gegen Anfang 1759 zurückkehren werde. Da sich die Voraussage bestätigte, wurde dieser Komet seitdem als Halleyscher Komet bezeichnet. Mit seiner Hohlerde-Theorie dagegen lag Halley falsch.

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Einen weiteren Fortschritt in der Artillerie-Technik aus dem Jahre 1758 möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen: Die Entwicklung von Granaten mit Kalkladungen. Diese fielen, wenn man den modernen Begriff verwenden will, unter die chemische Kriegsführung. Man verwendete Calciumoxid, ein weißes Pulver, für die Granaten. Diese schoss man so ab, dass sie vor den feindlichen Truppen aufschlugen und zerplatzten. Dabei kam das Calciumoxid, auch Ungelöschter Kalk genannt, mit dem Wasser einer separaten Kammer in Kontakt, was zu einer starken chemischen Reaktion und Hitzeentwicklung führte. Das ungelöschte kalk erzeugte beim Kontakt mit Wasser eine Temperatur von 180 Grad, der Dampf war zudem stark ätzend. Ein mit diesen Granaten erzeugter Nebel war für große Truppenansammlungen verheerend und verursachte Erblindung und tödliche Verätzungen der Haut und Atmungsorgane. Heute wird es als Streu gegen Maden in der Biotonne verwendet.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 7. Juni 2012 18:08

Die politische Situation in Europa und innerhalb des Heiligen Reiches hatte sich durch den Koalitionskrieg deutlich verschoben. Die Habsburger waren durch ihre Siege über Polen und Italien endgültig zu einer der Großmächte aufgestiegen, die im "Total War" - eigentlich sprach man vom "Great Game", was sich für eine PC-Serie aber weniger spektakulär anhört - nicht ignoriert werden konnten. Die Kontrolle über die italienische Halbinsel hatte aus Österreich binnen weniger Jahre einen Akteur bzw. Anrainer des Mittelmeers gemacht. In Wien wies das Ministerium der Marine darauf hin, dass man diesem Umstand nun auch Rechnung tragen müsse. Das war nicht verkehrt, war aber auch dem Streben dieses Ministeriums nach mehr Geltung geschuldet. Tatsächlich wurden erhebliche Geldmittel für den Aufbau einer kriegsfähigen Marine aufgebracht, die Erfahrungen mit den Seeblockaden im Krieg mit Italien waren Elisabeth I. noch gut im Gedächtnis. Und so konnte im Jahre 1760 das erste große Linienschiff in Split vom Stapel laufen.

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Das Linienschiff war das vom 16. bis zum 19. Jahrhundert schwerste Kriegsschiff in Europa. Schwerfälliger als die Fregatte, besaß es die größte Tonnage und die durchschlagsstärksten Kanonen. Der Name leitete sich übrigens vom englischen Ship of the line her: Mit der Erfindung der Stückpforte, einer verschließbaren Öffnung am Rumpf (um 1500) war es möglich, Geschütze relativ dicht über der Wasseroberfläche in den Zwischendecks zu positionieren. Derart tief liegende Geschütze konnten relativ groß gewählt werden, ohne die Stabilität des Schiffes zu gefährden. Im Laufe des 16. Jahrhunderts wuchs die Bedeutung der Artillerie im Seekampf beständig, während im gleichen Maße die des Enterkampfes zurückging. Im 17. Jahrhundert wurde damit begonnen, Taktiken zu entwickeln, die der Stärke der Artillerie Rechnung trugen. Eine logische Konsequenz der Breitseitenaufstellung war die Anordnung der Schlachtflotten in Kiellinie.

Mit den englisch-niederländischen Seekriegen ab 1652 war die Linie als Kampfformation in Instruktionen reglementiert und vorgeschrieben, in den Seeschlachten des 17. Jahrhunderts erstreckten sich die Flotten teilweise über mehrere Kilometer und feuerten tagelang Breitseiten aufeinander ab. Im Laufe der Zeit entwickelten sich unterschiedliche Taktiken zur Führung einer Seeschlacht. Die starrste Schlachtordnung war der Versuch der strikten Einhaltung der Kielline von beiden Seiten (laufendes Gefecht und Passiergefecht), wie sie die britische Admiralität lange Zeit vorschrieb. Andere Varianten waren das Doublieren, das "Crossing the T" und das Durchbrechen der feindlichen Linie. Da die ganze Flotte in Formation nur so schnell war wie das langsamste Schiff, wurde die Geschwindigkeit bei der Entwicklung von Schiffen für die Hauptkampflinie als nachrangig eingestuft. Dafür wurden auf Bewaffnung und Standfestigkeit (die Fähigkeit des Schiffes, Beschuss auszuhalten) Wert gelegt. Als Konsequenz dieser Entwicklung entstand aus der Kriegsgaleone das Linienschiff.

Auf den Linienschiffen waren 50 bis 130 Kanonen über mehrere Decks verteilt, und zwar von zwei durchlaufenden Decks bis zu vier Decks. Die Schiffe wurden gemäß ihrer Bewaffnung in Ränge eingeteilt und als Zweidecker, Dreidecker oder Vierdecker bezeichnet. Dabei bildeten die Zweidecker, die von Bewaffnung, Segeleigenschaften und Kosten die ausgewogenste Konstruktion waren, das Rückgrat der Linienstreitkräfte, sie waren aber weniger repräsentativ als Drei- und Vierdecker. Die schwersten Geschütze, die 32-Pfünder bis 42-Pfünder, kamen auf das unterste Batteriedeck, darüber im Mitteldeck und Oberdeck die 24-Pfünder und 12-Pfünder. Die Bezeichnung der Geschütze richtete sich nach dem Gewicht der von ihnen verschossenen Kanonenkugeln. Neben den Geschützen auf den einzelnen Decks wurden weitere Geschütze auf dem Halbdeck oder der Schanz achtern und der Back vorn platziert. Mit den in Empire erforschbaren Fortschritten in der Marinetechnologie wurden diese Geschütze bei mir teilweise bereits durch Karronaden, eine verheerende Nahkampfwaffe, ersetzt.

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Und wie es der Zufall so will, stößt die Story heute auf ein Ereignis, das sich erst gestern (am 6. Juni 2012) wiederholte: Das beobachtbare Durchziehen (Transit) des Planeten Venus vor der Sonne. Bei einem Venustransit stehen Sonne, Venus und Erde exakt in einer Linie. Das Prinzip dieser seltenen planetaren Konstellation ist dem einer Sonnenfinsternis gleich, bei der sich der Mond vor die Sonne schiebt und diese verdunkelt. Allerdings ruft ein Venustransit wegen der großen Distanz zwischen Erde und Venus keine merkliche Verdunkelung auf der Erde hervor. Die Venus deckt im Gegensatz zum Mond nur einen winzigen Bruchteil (ca. ein Tausendstel) der Sonnenfläche ab. Sie wandert scheinbar als winziges tiefschwarzes Scheibchen im Verlauf von mehreren Stunden westwärts über die Sonne.

Johannes Kepler hatte erstmals einen Venusdurchgang vorausberechnet, jenen von 1631. Der war aber nicht von Europa aus zu sehen, da für alle europäischen Beobachter die Sonne zur Zeit des Durchgangs unter dem Horizont stand, und das wissenschaftliche Potential des Ereignisses war noch nicht erkannt. Die Idee, durch Messung der exakten Dauer einer Venuspassage an möglichst weit voneinander entfernten Orten auf der Erde den Abstand zwischen Sonne und Erde und Sonne und Venus zu bestimmen, hatte der bereits in der Story erwähnte Edmond Halley im Jahre 1716.

Nach unbefriedigenden ersten Ergebnissen von 1761 sollte die nächste Möglichkeit im Jahre 1769 zu genaueren Beobachtungen und Ergebnissen genutzt werden. Das führte beispielsweise zur ersten Pazifikreise James Cooks und entsprechenden Beobachtungen. Gleichzeitig verfolgte der Wiener Hofastronom Maximilian Hell als nördlichster Beobachter den Transit von Norwegen aus. Christian Mayer beobachtete den Venusdurchgang von 1761 in Schwetzingen und von 1769 in Sankt Petersburg. Georg Moritz Lowitz vermaß letzteren Durchgang am Kaspischen Meer. Durch Auswertung aller Messungen beider Transite im 18. Jahrhundert errechnete Johann Franz Encke den Wert von 153,3 Millionen km für die Distanz Erde–Sonne (die astronomische Einheit), Hell errechnete 152,2 Millionen km: Tatsächlich ist diese Distanz 149,6 Millionen km.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 9. Juni 2012 09:45

Die Befürworter der Stärkung der Seemacht Österreichs saßen aber nicht nur im Marineministerium. In der Wiener Regierung zeichneten sich zwei Lager ab, die verschiedene Auffassungen über Österreichs Fokus für die kommenden Jahre hatten. Die erwähnten "Maritimen" drängten die Kaiserin dazu, den Krieg gegen das Osmanische Reich auch über das Mittelmeer hinweg auf afrikanischem Boden fortzusetzen, um zum einen das auseinander brechende Osmanenreich nicht dem Zar zu überlassen und um auf lange Sicht die nun zu verteidigenden Interessen Österreichs im Mittelmeerraum wirksam zu schützen. Der prominenteste Gegner dieses Lagers war der Regierungschef Franz Telemann selbst, ein 93jähriger Methusalem, dessen Geist aber noch immer eine scharfe Waffe war. In der Kritik stand Telemann vor allem wegen seiner Korruptheit, aber er war der langjährige Vertraute der Kaiserin, die noch immer an ihm festhielt - obwohl sie selbst es als notwendig ansah, dass Österreich Maßnahmen ergreifen müsse, um seine Interessen in Italien und zur See wirksam zu schützen.

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Die Fraktion Telemanns, die sich gegen die Maritimen stellte, war die derjenigen, die sich zum Heiligen Reich hin orientierten. Sie betonten die Gefahr, die sich mit dem veränderten Machtgefüge innerhalb des Reiches ergeben habe. Das welfische Haus Hannover hatte im Krieg gegen Frankreich einen derart durchschlagenden Erfolg gehabt, wie man ihn in Wien nicht für möglich gehalten hätte. Nun waren Hannover und Frankreich unter der Herrschaft eines Hauses vereint worden - eine Situation, die einige in Wien als nicht weniger bedrohlich empfanden, als wäre der französische Bourbone Ludwig XVI. bis nach Hannover marschiert. So oder so waren Frankreich und wesentliche Teile Deutschlands unter einer Führung vereint, eine Machtkonzentration, die sich für den Habsburger Einfluss im Heiligen Reich nur negativ auswirken konnte. Erschwerend kam noch hinzu, dass mit dem Sieg der Welfen auch der Gegensatz zwischen Großbritannien und Frankreich aufgehoben wurde, denn Hannover war politisch eng mit London verbunden.

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Elisabeth I. zog eine wesentliche Frage bei ihrer Entscheidung für oder wider einer der Fraktionen in Wien herbei und betrachtete dies vom Anfang her: Die des Machterhaltes ihres eigenen Hauses Habsburg und wie eine Wiederholung der verhängnisvollen Vorgänge ab 1734 in Zukunft ausgeschaltet werden könnte. Die kaiserliche Ehe zwischen Elisabeth und Ferdinand war kinderlos geblieben, es stellte sich also die Frage, wer nach dem Tod der beiden die Führung des Hauses Habsburg und die römische Kaiserkrone erben sollte. Als bester Weg wurde die baldige Wahl von Elisabeths Cousin Franz Joseph zum Erzherzog angesehen, um so rechtzeitig die Weichen zu stellen. Franz Joseph war zwar ebenfalls bereits 52 Jahre alt, hatte mit seiner Frau Maria Theresia aber einen Sohn und drei Töchter, die als Nachfolger zur Verfügung standen
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Um in Wien die Fraktion der Maritimen mit der Reichsfraktion zu versöhnen, gab Elisabeth I. dem Aufbau der Seestreitkräfte ihre Zustimmung und folgte zugleich dem Vorschlag von Graf Colloredo, die Wahl von Franz Joseph zum römischen (Mit-) König anzustreben. Damit stieß Wien aber auf den Widerstand der Seemächte Großbritannien und der Generalstaaten, die ebenfalls an der Beibehaltung des "Alten Systems" interessiert waren, jedoch die baldige Königswahl im Sommer 1760 offen und ernsthaft diskutierten. Diese Bemühungen mündeten zunächst in ein umfassendes Subsidienwerk der Seemächte und Österreichs mit mehreren Kurstaaten, deren Stimmen geradezu gekauft wurden. Dennoch konnten die zunächst sehr rege betriebenen Verhandlungen an kein erfolgreiches Ende geführt werden, die Kurfürsten öffneten sich nicht im erhofften Ausmaße. Sie waren nicht bereit, sich gerade in dieser reichspolitisch zentralen Frage zum Steigbügelhalter des Wiener Hofes machen zu lassen. Es wurde zwar kein Gegenkandidat ins Spiel gebracht, dennoch zeigten sie wenig Neigung, den Vorrang des Kaiserhofes weiter auszubauen und dabei ihr wirkungsvollstes Druckmittel, die Wahlstimme, übereilt aus der Hand zu geben.

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Als Konsequenz aus den erfolglosen Verhandlungen zur Zementierung der kaiserlichen Nachfolge bahnte sich ein politischer Umbruch an, der schließlich 1761 in dem Umsturz der Bündnisse (reversement des alliances) münden sollte. Die entscheidende Weichenstellung in diese Richtung war die Ablösung des bisher am Wiener Hof führenden Ministers Franz Telemann, der durch den Grafen Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg ersetzt wurde. Dieser hatte erstmals bereits während der Konferentialberatungen über den weiteren politischen Kurs Österreichs den damals noch unerhörten Vorschlag vorgetragen, dass herkömmliche Bündnis Österreichs mit den Seemächten zu lösen und sich statt dessen mit den Feinden Frankreich und Spanien auszusöhnen. Er hatte seine Gesandtenjahre zu Versailles dazu genutzt, um für seine Lieblingsidee zu arbeiten. Nach der Eroberung Frankreichs durch Hannover war er nach Wien zurückgerufen worden, um das Amt des Staatskanzlers zu übernehmen.

Da Kaiser Ferdinand gänzlich andere politische Grundansichten vertrat, hatte er an der Berufung von Kaunitz, obwohl er eingeweiht war, sicherlich keinen aktiven Anteil. Die Berufung von Kaunitz war ein deutlicher Schlag gegen Ferdinand, dessen außenpolitische Ansichten dem künftigen Kurs völlig zuwider liefen. Deswegen war das Verhältnis des Kaisers zum neuen Mann am Hofe von Anfang an von kühler Distanz gekennzeichnet. Die Spannung entlud sich in einer sehr erregten Besprechung am 11. September 1761 und war einer der wenigen bekannten Fälle, das Kaiser Ferdinand die Beherrschung verlor. Dem Kaiser blieb nichts anderes übrig, als sich in Zukunft noch weiter aus der Außen- und Reichspolitik zurückzuziehen. Am Umsturz der Bündnisse hatte er gewiss keinen Anteil. Dem spanischen Königshaus, dass ihm letztlich seine Stammlande in Frage gestellt hatte, stand er politisch ein Leben lang in Abneigung gegenüber, obwohl er die spanische Kultur sehr schätzte.

Es war Elisabeth I., die den Kurswechsel ihres Ministers unterstützte und ihn ermöglichte. Sie erkannte, dass nach dem Tod von Karl II. aus der spanischen Linie der Habsburger mit dem neuen König Philipp VI. aus dem Haus der Bourbonen ein (auch politisch) weniger verschlossener Regent über Spanien herrschte. Philipp VI. regierte im Sinne des „aufgeklärten Despotismus“ als absolutistischer Monarch, der gleichzeitig Ideen der Aufklärung einband und unter anderem die Bildung förderte und den Einfluss der Kirche zurückdrängte. Bald nach seiner Krönung ordnete er die Vertreibung der Jesuiten aus Spanien und den spanischen Besitzungen in Amerika an. Seine Verwaltungsreformen des spanischen Kolonialreiches in Lateinamerika (die im Wesentlichen aus repressiven Maßnahmen bestanden) sollten den Ertrag aus den Überseekolonien vermehren, sowie die politische Kontrolle festigen.

Gegen den Willen Kaiser Ferdinands, der unbedingt am alten System des Bündnisses mit den Seemächten festhalten wollte, wollte nämlich Elisabeth II. eine Handelskompanie gründen, die mit Amerika Handel treiben sollte. Dies missfiel sowohl den Engländern als auch Holländern und Franzosen. Wie sehr Elisabeth II. ökonomische Probleme beschäftigten, zeigte ihr Engagement für die Gründung der Ostende-Kompanie gegen alle Widerstände: Die drei genannten Mächte wehrten sich heftig gegen diese unangenehme Konkurrenz. Die Gründung der Kompanie war übrigens von Telemann und dem spanischen Rat unterstützt worden. So hoffte die Kaiserin, durch ein neues Bündnissystem die Gefahr bannen zu können, und schloss im Herbst1761 den Wiener Vertrag mit Spanien.

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Der sensationelle Friedensvertrag zwischen Österreich und Spanien von November 1761 bedeutete nicht weniger als die ewige Anerkennung der Pragmatischen Sanktion, also der weiblichen Erbfolge und damit der nachträglichen Legitimation Elisabeths I. und ihrer Vorgängerin an der Spitze Österreichs. Ebenso erkannte Wien nun Philipp VI. als König an. Mit dem Aussterben der spanischen Linie der Habsburger waren weitere gegenseitige erbrechtliche Forderungen zwischen dem spanischen und dem österreichischen Königshauses sowieso obsolet geworden. Auch Philipp VI. war das natürlich bewusst gewesen.

Er erkannte aber auch die Gefahr, dass Spanien und seine überseeischen Kolonien in der gegenwärtigen Lage leicht von dem unerwarteten neuen Bündnis England-Frankreich in die Zange genommen werden konnten. Der bisherige, weitere Gegner Österreich war nach seinem Sieg in Italien drauf und dran, ebenfalls zu einem für Spanien gefährlichen Kontrahenten im Mittelmeer zu werden. Philipp VI. setzte darauf, Wien aus seiner bisherigen Koalition zu lösen und mehr an seine Seite zu ziehen. Ihm ging es um eine einvernehmliche Aufteilung der Interessensphären im Mittelmeer, wo er Österreich für dessen wohlwollende Haltung eine gleichrangige Rolle zugestehen wollte. Darüber hinaus lockte der spanische König das Interesse der Habsburger auch in die amerikanischen Kolonien, um sie dort zu seinem Partner gegen die Briten zu machen. Zu diesem Zweck tauschte Philipp VI. seine Kolonie Neumexiko gegen einige industrielle Fortschritte ein. Spanien versicherte Österreich zudem Handelsvergünstigungen in seinen Kolonien.

Österreich goes Amerika! :strategie_zone_55:

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 10. Juni 2012 19:10

Wem der Gedanke an Österreichern in Amerika zu abgedreht ist, zwei Argumente, die für dieses Szenario sprechen: Zum einen wäre es ja schade, die Empire-Story ausschließlich in Europa spielen zu lassen, nachdem schon die erste Krone-Story einen Handlungsableger dort hatte (mit den Azteken). Empire bietet als erster Teil der Serie gleich mehrere Schauplätze / strategische Karten: Europa, Indien und eben Amerika. Das sollte genutzt sein.

Zum zweiten ist die Habsburger Kolonie in Neumexiko historisch gar nicht so abwegig, wie es scheint. Es gab tatsächlich einen Habsburger, den es dorthin verschlug: Erzherzog Maximilian Ferdinand von Österreich war der jüngere Bruder von Kaiser Franz Joseph aus dem Haus Habsburg. Während der Mexikanischen Interventionskriege wurde er von 1864 bis 1867 auf Betreiben Kaiser Napoleon III. von Frankreich als Kaiser von Mexiko inthronisiert (mehr dazu im Spoiler):

Spoiler (Öffnen)
Der französische Kaiser Napoléon III. wollte in Mexiko ein militärisch und wirtschaftlich an Frankreich angelehntes Reich begründen. Seit 1861 hatte er dort bereits mit Truppen interveniert, weil Mexiko (unter seinem Präsidenten Benito Juárez) sowohl den spanischen Gesandten wie auch den päpstlichen Legaten des Landes verwiesen hatte. Benito Juárez hatte die Zahlungen der 82 Mio. US-Dollar Schulden, die von den Europäern gefordert wurden, für zwei Jahre eingestellt. In dieser Situation wurde Ferdinand Maximilian auf Betreiben des französischen Kaisers am 10. April 1864 gegen den Widerstand des mexikanischen Volkes zum Kaiser von Mexiko ausgerufen. Maximilian hatte zuvor auf Druck seines Bruders auf seine Thronfolge- und Erbansprüche in Österreich verzichten müssen. Ferdinand Maximilian glaubte, in Mexiko seine Träume eines modernen, liberalen Staates verwirklichen zu können und nahm deshalb die Kaiserkrone trotz der Bedenken seiner Familie an. Der Habsburger nahm die Aussagen des französischen Kaisers, dass sich das mexikanische Volk nichts mehr wünsche, als einen Habsburger als Kaiser, für bare Münze. Zu diesem Zeitpunkt wusste Ferdinand Maximilian auch noch nicht, dass Juárez schon längst als Präsident ausgerufen worden war. Aufgrund der von ihm durchgesetzten Landreformen genoss er zudem äußerst große Beliebtheit unter der Bevölkerung.

In Mexiko angekommen, musste der Habsburger jedoch feststellen, dass sämtliche amerikanische Staaten den von den Franzosen abgesetzten mexikanischen Präsidenten Juárez unterstützten, da sie in Maximilian eine unerwünschte europäische Einmischung sahen. Bereits die Ankunft Maximilians und seiner Gattin ließ nichts Gutes erwarten. Nicht von Honoratioren wurden sie empfangen, sondern sie erblickten im Hafen von Veracruz zerlumpte Bettler, die zum Spiel auf ihren Instrumenten mehr grölten als sangen. Der Triumphbogen war von einer Sturmböe umgeworfen worden, und das neue Kaiserpaar musste sich mühsam seinen Weg durch den Morast bahnen. Der Regierungspalast in der Hauptstadt war desolat, düster und vollkommen verwahrlost, und die erste Nacht verbrachte der neue Kaiser auf einem Billardtisch, da die Matratzen voller Insekten waren.

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Nach Ende des amerikanischen Bürgerkriegs mussten die Franzosen ihre Truppen aus Mexiko (1866) auf Druck der USA abziehen. Danach konnte sich Kaiser Maximilian nicht mehr lange gegen den populären Juárez behaupten, da auch seine Hilferufe in Europa unbeantwortet blieben. Er wurde am 14. Mai 1867 entmachtet, von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und nach einer Bestätigung des Todesurteils durch den wieder an die Macht gelangten Präsidenten Juárez am 19. Juni standrechtlich erschossen. Vor der Erschießung versicherte Maximilian den Soldaten, dass sie nur ihre Pflicht täten, steckte ihnen Goldmünzen zu und ersuchte sie darum, genau zu zielen und sein Gesicht zu schonen, damit seine Mutter seinen Leichnam identifizieren könne.

Die Entscheidung war nicht durch einen Angriff der Belagerer gefallen, sondern durch Verrat. Oberst Miguel Lopez hatte in der Nacht vom 14. auf den 15. Mai 1867 den Zugang zur Stadt für die Truppen des gegnerischen Generals Escobedos geöffnet. Zuvor hatte er allerdings dem Kaiser noch die Möglichkeit zur Flucht geben wollen, die dieser jedoch ablehnte.

Der einbalsamierte Leichnam Maximilians wurde nach Triest gebracht. Von dort wurde er im Galatrauerwagen des Hofes nach Wien übergeführt, wo er am 18. Januar 1868 in der Kapuzinergruft beigesetzt wurde. Gemäß verschwörungstheoretischen Ideen soll Maximilian durch eine geheime Vereinbarung mit Juárez gar nicht hingerichtet worden sein, sondern bis 1936 in El Salvador unter dem Namen Justo Armas weitergelebt haben.


Werfen wir einen Blick auf unsere neue Kolonie Neumexiko. Angezeigt werden gerade einmal 4.982 Kolonisten (roter Kreis), eine regelrecht lächerliche Zahl. Bei einer so kleinen Bevölkerung ist es aber wenigstens ein Leichtes, sie zu konvertieren, was die Spanier offenbar bereits getan haben: 100 Prozent der Bevölkerung sind Katholiken. Die wirtschaftlichen Einnahmen der Provinz sind ebenfalls gering, eine Besteuerung von 145 Gold (grüner Kreis) ist unerheblich und kann daher ganz unterlassen werden (siehe Haken bei "Provinz von der Steuer befreien"). Damit wird wenigstens das Wachstum Neumexikos in Wirtschaft (+28 Gold mehr je Runde) und Population (+6,25% mehr je Runde) gestärkt. Natürlich kommt die Zuwachsrate der Bevölkerung (blauer Kreis) nicht der Geburtenrate gleich, darin sind auch Zuwanderer aus der Alten Welt enthalten. Zu sehen ist das an der Aufschlüsselung, wo man links unten auch dieses quadratische Symbol eines Koffers erkennen kann. Also rund 300 Neuankömmling pro Halbjahr.

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Viel wichtiger als die spärlichen Steuern abgerissener Kolonisten, auf die ich nun sowieso verzichte, sind die zusätzlichen Handelseinnahmen aus Neumexiko. Im Süden der Provinz kann ich mich zwischen dem Plantagenanbau von Tabak und Baumwolle entscheiden. Ein Blick auf die Marktpreise zeigt, dass Tabak mit 32 Gold und Baumwolle mit 29 Gold je Einheit gehandelt wird. Ich entscheide mich also für die Tabakplantage. In Empire gibt es interessanterweise eine Berechnung des Angebots und der Nachfrage, die Preise können also durchaus schwanken. Wird Europa mit den Erzeugnissen von zig Tabakplantagen geflutet, fällt der Preis. Werden Seerouten, auf denen Tabak transportiert wird, von Piraten oder Kriegsgegnern geplündert, verknappt das Tabakangebot in Europa und diejenigen, die dann noch Tabak anzubieten haben, profitieren von steigenden Preisen.

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Dummerweise befindet sich Neumexiko gar nicht an der Küste, es ist ein Binnenland und verfügt gar nicht über einen Hafen für den überseeischen Handel. Zudem gibt es in der Provinzhauptstadt Santa Fe überhaupt keine bewaffneten Truppen zu seinem Schutz. Auch wenn ich hier Milizen und indianische Hilfskräfte rekrutieren könnte, verzichte ich lieber darauf: Ihre Zahl wäre ohnehin zu gering, um einem energischen Angriff von Außen standzuhalten, außerdem werden die Rekruten von der Bevölkerungszahl abgezogen, und die ist sowieso schon spärlich.

Die Entscheidung am Wiener Hof konnte nur eine sein: Es mussten schlagkräftige Expeditionstruppen zum Schutz der Kolonie Neumexiko sowie zur Eroberung einer weiteren Kolonie an der amerikanischen Küste über den Atlantik verschifft werden. Im Dezember 1761 passierte die neu gebaute österreichische Flotte mitsamt der aufgestellten Kolonialarmee die Straße von Gibraltar.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 11. Juni 2012 20:09

Die Entscheidung am Wiener Hof über die zukünftige Strategie war damit gefallen. Österreich musste in der Lage sein, zu den beherrschenden Seemächten aufzuschließen, um seine Besitzungen und Interessen im Mittelmeer und Amerika zu schützen. Damit war auch klar, dass sich das Habsburger Reich weiterhin nach Osten und der Vollendung des Türkenkriegs zuwenden würde - und sein Augenmerk vorerst weniger den Geschehnissen im Reich galt.

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Das bedeutete nicht, dass die Verfechter dieser Strategie kein Interesse daran hatten, sich im Heiligen Reich gegen das dort dominierende Hannover-Frankreich zu behaupten. Sie verschoben die Auseinandersetzung nur auf einen späteren Zeitpunkt und bis dahin wollten sie Österreich zur bestimmenden Großmacht im Osten aufbauen - stark genug für die Auseinandersetzung in einem "Reichsbürgerkrieg". Bis auf weiteres blieb es daher trotz der Verständigung mit Spanien, die von Hannover-Frankreich und Großbritannien durchaus wahrgenommen und kritisch beurteilt wurde, bei dem formellen Bündnis der Reichsmitglieder.

Leopold Josef Graf von Daun durfte mit Erlaubnis des kaiserlichen Hofes nunmehr Istanbul hinter sich lassen und mit seinem Heer den Vormarsch durch Kleinasien bzw. Anatolien fortsetzen. Rumelien und der Bosporus waren inzwischen dank verschiedener Bauvorhaben und der intensiven Missionierung der Bevölkerung zwischenzeitlich befriedet worden. So konnte Daun den Angriff gegen Ankara im September 1761 mit 3.400 Soldaten durchführen.

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Die Soldaten auf Seiten der Osmanen wurden von Pascha Mithat Esat kommandiert und zählten mit 4.900 Mann deutlich mehr als die Österreicher vor den Stadttoren. Aber wie bei der Schlacht um Istanbul handelte es sich zu einem guten Teil um schlecht ausgebildete Milizen. De facto waren die beiden Heere im Kräfteverhältnis ausgeglichen, daher befahl der Pascha den Angriff auf die Belagerer.

Graf von Daun hatte keine Skrupel, die feindliche Übermacht durch den Einsatz der umstrittenen kalkgeladenen Granaten zu dezimieren. Auf den folgenden Bildern ist ihr Einsatz gut zu erkennen.

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Die vorrückenden Osmanen setzten im Gegenzug Orgelkanonen ein, eine frühe Form der Raketenwerfer. Sie wurden mit einer Vielzahl von Projektilen bestückt und dann salvenweise auf den Feind abgefeuert. Auf den beiden folgenden Bildern sieht man zunächst, wie die Orgelkanonen der Osmanen (rechts) auf die höher gelegene Linie der Österreich feuert.

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Gleichzeitig schossen die Habsburger Kanonen ihre Granaten auf die osmanische Artillerie. Der Einschlag der Geschosse unmittelbar nach Aufnahme des vorigen Bildes ist hier gut erkennbar, vor allem die dabei entstehende Wolke aus abbrennenden, ungelöschtem Kalk, die eigentlich tödliche Wirkung der Kalkgranaten:

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Als die osmanische Infanterie sich genügend der österreichischen Stellung genähert hatte, befahl von Daun den Einsatz von Kartätschenmunition (im Hintergrund in der Luft zu erkennen), deren Splitterwirkung zu blutigen Verlusten beim Feind führte. Zugleich reagierte er auf die an seinem rechten Flügel operierenden Kamelregimenter, gegen die er seine Kavallerie angreifen ließ. Mit dem gezückten Säbel und lautem Hurra stürzten sich die Reiter in den Nahkampf mit den Berittenen.

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Nun kam es zum entscheidenden Gefecht im Zentrum der Linie. Die Infanteristen beider Seiten mussten die Disziplin bewahren, trotz des gegnerischen Feuers der Musketen und Kanonen und angesichts um sie herum fallender Kameraden. Durch den Trommelwirbel unterstützt, mussten sie die Angst bekämpfend die im Drill immer wieder eingeübten Handgriffe erledigen: Das Nachladen ihrer Schusswaffe, das Abfeuern in Salve und das erneute Niederknien und Nachladen der Muskete. Nur eine gedrillte Truppe konnte in dieser Situation gegen einen zahlenmäßig überlegenden Gegner bestehen.

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Als die Osmanen erkannten, dass ihre Kamel-Kavallerie am rechten Flügel der Österreicher in die Flucht geschlagen worden war, mussten sie die linke Seite ihrer Infanterie gegen einen Reiterangriff wappnen. Pascha Esat befahl zweier seiner Regimenter Fußtruppen, die Karree- Aufstellung einzunehmen. Das schützte sein Zentrum vor der Reiterei, schwächte aber die Feuerkraft seiner Linie, in die die österreichische Infanterie munter weiter hineinfeuerte.

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Die Schlacht neigte sich zugunsten der Österreicher. Frei in seiner Beweglichkeit, ritten die Karabinieres auf die osmanischen Artilleriestellungen zu, nahmen die Geschützmannschaften unter Feuer und schalteten sie aus, bevor sie von weiteren türkischen Fußtruppen gestellt werden konnten.

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Es folgte der Zusammenbruch des osmanischen Zentrums und die Flucht der überlebenden Truppen. Pascha Esat musste noch am selben Nachmittag seine Niederlage gegenüber von Daun einräumen und übergab seinen Säbel an den Grafen. Ankara und damit die Provinz Anatolien waren für das Habsburger Reich bei annehmbaren Verlusten erobert worden, das Osmanische Reich bis auf seine Besitzungen in Ägypten verwiesen.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 12. Juni 2012 19:39

Wie schon in Rumelien schlug den siegreichen Österreichern die Wut der türkischen Bevölkerung entgegen. Der Adel dagegen wusste sich bereits mit den neuen Machthabern zu arrangieren, stellte seine Forderungen und zeigte sich gesprächsbereit.

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Zur Unterdrückung der Unruhen unter der türkischen Bevölkerung griff Graf von Daun zu dem Mittel seiner Wahl: Seinem Heer folgte eine Schar katholischer Geistlicher ins Land, die sich direkt daran machten, die Bevölkerung zu konvertieren und vorneweg die Adeligen zu taufen. Schulen und Madrassen, die Quellen des türkischen Nationalstolzes und der islamischen Frömmigkeit, wurden dagegen geschliffen. An ihre Stelle traten industrielle Gebäude und katholische Seminare. Natürlich war eines klar: Die 4,7 Millionen Einwohner Anatoliens würden sich nicht innerhalb weniger Jahre so ohne weiteres konvertieren lassen.

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Entscheidender war, die türkische Intelligenz und den Adel auf die eigene Seite zu ziehen oder unschädlich zu machen. Und in dieser Frage griff Leopold Josef Graf von Daun zielstrebig durch. Im Jahre 1762 war die Provinz auf diese Weise befriedet, wenn auch unter Einsatz starker Garnisonstruppen, die jeglichen Widerstand mit Festnahmen und Aburteilungen beantworteten. Wie in anderen Provinzen des Habsburger Reiches auch zog ein kleiner Teil der Bevölkerung angesichts der Repressionen in ihrer Heimat die Ausreise in die Neue Welt vor (auch hier wieder durch das Koffersymbol beim Bevölkerungswachstum, nur jetzt auf der negativen Seite, repräsentiert).

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Österreich war nun wieder mindestens wieder auf Augenhöhe zu den übrigen Mächten Europas aufgestiegen. Die Gegenreaktion der Seemächte ließ nicht lange auf sich warten. Im September 1762 einigten sich England, Frankreich und Preußen im Herrenhausener Bündnis. Preußen hatte sich darin seinen Anspruch auf Jülich und Berg (daher der Name Bergisches Land, von der Burg Berge bzw. dem Herzogtum Berg, und nicht von seiner hügeligen Topographie - dort übrigens auch meine Arbeitsstelle) nach Ableben des pfälzischen Kurfürsten garantieren lassen, was nun wiederum die seit 1724 unierten Wittelsbacher ins kaiserlich-spanische Lager trieb. Aber sie waren kein adäquates Gegengewicht, und so suchte Elisabeth II. Preußen aus der Herrenhausener Allianz herauszubrechen, was ihr im Vertrag von Wusterhausen 1766 auch gelang.

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Zu dieser Zeit erfolgte die Weiterentwicklung und Einführung der Windbüchse, eines Druckluftgewehres, in der Österreichischen Armee. Diese Windbüchse war ein Vorläufer des heutigen Luftgewehres, sie verschoss mit Pressluft großkalibrige Kugeln. Die in mehreren Quellen überlieferte Geräuschlosigkeit der Windbüchsen muss allerdings relativiert werden. Auch Windbüchsen erzeugten einen objektiv lauten Mündungsknall, wenn das Geschoss aus dem Lauf austrat und die unter einem bestimmten Restdruck stehende Luft expandierte. Der Schalldruck lag jedoch deutlich unter dem, der beim Schuss mit einer Feuerwaffe auftrat. Von Vorteil gegenüber den Schwarzpulverwaffen war vor allem das Fehlen jeglicher Rauchentwicklung und des Mündungsblitzes. Der Schütze baute mit einer meist externen Luftpumpe in einem an der Waffe befindlichen, demontierbaren Kolben (oder einer druckfesten Kugel) Druck auf, der für einen Schuss bzw. wenige Schüsse ausreichte. Die ersten Schüsse trafen so zuverlässig auf bis zu 150 Meter, bei den nachfolgenden reduzierte sich die Reichweite um die Hälfte oder mehr. Auch die Schüsse mit reduzierter Reichweite konnten dabei aber noch tödlich sein.

Um 1780 wurde das Prinzip weiter verbessert, indem für die Konstruktion der Waffe gezogene Läufe und Röhrenmagazine mit 20 Schuss verwendete. Die Kugeln wurde durch einen einfachen Schiebemechanismus aus den Röhren in die Waffe geladen. Die Waffe musste mit ca. 1.500 Pumpstößen gefüllt werden und lieferte dann Druckluft für die 20 Schuss im Magazin.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 14. Juni 2012 19:44

Im Januar 1763 landete das österreichische Kolonialheer dann endlich an der Küste von Louisiana, nahe des heutigen New Orleans. Die Kolonie war seinerzeit, wie man unschwer am Namen erkennt, von den Franzosen gegründet worden, musste von ihnen aber nach jahrelangen und zermürbenden Indianerangriffen aufgegeben werden. Die Niederlage der französischen Bourbonen in Europa und das Ausbleiben jeglicher Unterstützung besiegelte den Untergang der Kolonie.

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Angeführt wurden die Österreicher von Ernst Gideon von Laudon, dem siegreichen Feldherrn der Schlacht um Rom. Die Habsburger konnten sich glücklich schätzen, einen so fähigen General in ihren Diensten zu haben. Ursprünglich hatte er seine Fähigkeiten dem preußischen Heer angeboten gehabt, doch Friedrich II. hatte sein Aufnahmegesuch abgelehnt.

Das in Louisiana gelandete Heer wurde von den indianischen Einwohnern rasch als Feind erkannt, denn Laudon machte ohne Umschweife deutlich, dass er als Eroberer in das Land gekommen war. Der Besitz eines eigenen Hafens war für den österreichischen Kolonialhandel zu wichtig, als dass man sich auf bloße Verträge mit den indianischen Stämmen verlassen wollte. Bald schon standen Laudons überlegen ausgerüsteten 2.400 Soldaten einer Schar von 1.200 Kriegern gegenüber.

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Siegessicher saß Ernst Gideon von Laudon auf seinem Pferd hinter seiner Infanteristenlinie, das Großkreuz samt Bruststern des Maria-Theresia-Ordens, der Laudon für seine Tapferkeit in der Schlacht um Rom 1748 verliehen worden war, am Revers. Einzig das überaus kalte und regnerische Wetter trübte seine Stimmung.

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Aber es war lehrreich zu erfahren, ob die neuartigen Puckle-Gewehre und Raketen-Stafetten auch unter diesen ungünstigen Wetterbedingungen ihren Dienst taten. Das Puckle-Gewehr war ein Vorläufer des Maschinengewehrs, montiert auf einem Stativ und mit sich drehenden Zylindern, das über sechzig Schuss Munition abfeuern konnte. In einer Zeit, da gewöhnliche Musketenschützen nicht mehr als einige wenige Schuss pro Minute abfeuern konnten, war das eine Revolution in der Waffentechnik. Sie erreichte aber nie den Umfang der Massenproduktion, vor allem weil ihre Bauweise mit vielen komplizierten Bauteilen dem entgegenstand. Für das Niedermähen der indianischen Krieger erfüllte sie 1763 ihren Zweck allerdings vortrefflich.

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Das Habsburger Heer von Laudons konnte nach diesem spielend leichten Sieg bei 228 Mann eigenen Verlusten ungehindert das Territorium in Besitz nehmen und nach Wien melden, dass Österreich von nun an über die Kolonie Louisiana herrschte. Das Habsburger Reich gehörte damit zu den global operierenden Kolonialmächten.

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Ein Blick auf die amerikanischen Besitzungen Österreichs zeigte, dass sich Texas hervorragend dazwischen einfügen würde. Das Gebiet war eines der wenigen dieser Region, das die Spanier noch nicht unterworfen und ihren Kolonien einverleibt hatten. Indianer von den Stämmen der Pueblo waren hier zuhause. Von Laudon hätte sicher die Möglichkeit gehabt, einen friedlichen Ausgleich mit den Indianern zu suchen, um den gefahrlosen Handelsverkehr von Neumexiko nach Louisiana zu gewährleisten. Aber das vertrug sich nicht mit dem Dünkel eines europäischen Adeligen, der von persönlichem Stolz und Vermehrung seines Ruhmes getrieben war - und es entsprach nicht dem tatsächlichen militärischen Kräfteverhältnis. Österreich war nicht mit mehreren tausend Soldaten und Kolonisten nach Amerika gekommen, um sich mit Küstenstreifen zu begnügen.

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Louisiana glich im Jahre 1764 einem Heerlager. Das Territorium zählte rund 1.500 Kolonisten, beherbergte aber etwa 2.000 Soldaten seiner Majestät des Kaisers. Unter diesen Umständen war an einen Aufruhr der einheimischen Bevölkerung sowieso nicht zu denken. Aber selbst ohne die Repression einer Garnison war sie gut zu kontrollieren: Die Spanier hatten auch hier bereits missionarisch gewirkt und die Menschen katholisiert. Die Zuwanderer aus der Alten Welt taten ihr übriges, wenngleich sie neue Probleme mit sich brachten. So mancher unter ihnen wurde zum Kolonisten, um in der Heimat einer Haft oder seinen Schulden zu entgehen.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 16. Juni 2012 09:25

Für Kaiser Ferdinand V. ging es zuletzt ganz und gar nicht um die Ereignisse in Amerika, sondern um die Regelung seiner Nachfolge auf dem kaiserlichen Thron. Im Jahre 1761 war der einzige Sohn des Monarchenpaares Ferdinand und Elisabeth bei einem Reitunfall ums Leben gekommen. Der Kaiser musste gegen Ende seines eigenen Lebens, selbst zur Kränklichkeit und Depressionen neigend, noch einmal einen politischen Erfolg erringen. Die Gesamtlage hatte sich jedoch entscheidend gebessert. Vom herkömmlichen Gegner Frankreich war nach dem Sieg Hannovers kein Widerstand mehr zu erwarten. Sogar Friedrich II. von Preußen hatte seine aktive Unterstützung zugesichert. Auch aus England war angesichts des derzeitigen Rückzugs von König Georg III. in die "splendid isolation" keine Behinderung zu erwarten. Dadurch wurden die Voraussetzungen ungleich günstiger als in den Vierziger Jahren. Einernsthafter Kandidat war nicht in Sicht, da der Hannoveraner Hof es nicht wagte, mit seinen geheimsten Wünschen an die Öffentlichkeit zu treten. So blieben auf dem Frankfurter Kurfürstentag Anfang 1764 lediglich Probleme von zweitrangiger Gewichtigkeit zu behandeln, die rasch zur allgemeinen Zufriedenheit gelöst werden konnten.

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Am 27. März 1764 konnte Erzherzog Franz Joseph, der jüngere Bruder Ferdinands, zum Römischen König gewählt werden, nachdem er in der Wahlkapitulation einige kleine Zugeständnisse hatte machen müssen. Der Wiener Hof versperrte sich allen weitergehenden Anträgen, beständig darauf pochend, dass die höchste Würde im Reich nicht zum Gegenstand eigensüchtiger Verhandlungen missbraucht werden dürfe. Das Reichsinteresse habe über den Einzelinteressen zu stehen. Mit diesem Argument beendete Ferdinand V. auch die Diskussionen um eine perpetuierliche Wahlkapitulation. Damit setzte man sich durch, weil alle Beteiligten nach dem zuletzt beendeten Krieg vom allgemeinen Ruhebedürfnis erfasst wurden, das sich in ganz Westeuropa ausbreitete.

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Mit dem herkömmlichen Pomp wurde der Erzherzog am 3. April gekrönt. Dieses Ereignis stellte posthum einen Sieg in der politischen Laufbahn des zwischenzeitlich verstorbenen Kaisers Ferdinand V. dar, der sich in der Königswahlfrage noch einmal stark engagiert hatte. Denn ein Leben lang hatte er darauf hingearbeitet, dass ein Mitglied seiner Habsburger Linie dereinst die Kaiserkrone tragen sollte. Dieses Ziel hatte er nun trotz des tragischen Tods seines Sohnes erreicht. Wie sehr sein Drängen angebracht gewesen war, sollte sich noch einmal im kommenden Jahr zeigen. Am 18. August 1765 erlitt die Kaiserinwitwe und Königin von Österreich Elisabeth II. unerwartet einen Herzinfarkt, als sie sich in Innsbruck aufhielt.

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Ihr Tod stellte für die Machtübertragung innerhalb des Hauses Habsburg kein Risiko mehr dar. Wie erwähnt war ihr Schwager Franz Joseph bereits im Jahr zuvor zum Erben der Krone gekürt worden: Beim Zug der Majestäten vom Dom zum Römer in Frankfurt am 3. April 1764, so berichtete als Augenzeuge Johann Wolfgang Goethe, schleppte sich der gerade gekrönte Römische König Franz Joseph "in den ungeheuren Gewandstücken mit den Kleinodien Karls des Großen wie in einer Verkleidung umher, so dass er selbst, von Zeit zu Zeit umherschauend, sich des Lächelns nicht enthalten konnte".

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An der nachhaltigen Wirkung des Krönungszeremoniells auf alle Beteiligten wie an seiner Bedeutung für die Entfaltung des Kaisergedankens im Reich wollte der reichsständische Patriziersohn jedoch keinen Zweifel lassen: "Eine politisch-religiöse Feierlichkeit hat seinen unendlichen Reiz. Wir sehen die irdische Majestät vor Augen, umgeben von allen Symbolen ihrer Macht, aber indem sie sich vor der himmlischen beugt, bringt sie nur die Gemeinsamkeit beider vor die Sinne".

Dem gegenüber konnte Ferdinand, der Sohn des neuen Kaisers, in Briefen seine innere Distanz und Abneigung vor dem Geschehen, in dessen Mittelpunkt seine Familie stand, kaum verhehlen. Er spottete über die traditionsreichen Wahl- und Krönungsveranstaltungen, wagte es mit Rücksicht auf seine kaiserlichen Eltern bezeichnenderweise aber nicht, sich ernsthaft gegen die Etikette an der Wiener Hofburg aufzulehnen.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 17. Juni 2012 13:45

Unabhängig von den Geschehnissen um die Thronfolge im Reich bzw. in Wien fand der Türkenkrieg der Habsburger im Jahre 1765 einen neuen Höhepunkt. In Österreich rieselten bereits die ersten Schneeflocken, die vom heranziehenden Winter kündeten. Die Streitmacht seiner Majestät, die bei Alexandria den Boden Ägyptens betrat, fand dagegen noch sommerliche Bedingungen vor. Eine in den eroberten Häfen Istanbuls gebaute Flotte hatte die kaiserlichen Soldaten sicher an Zypern vorbei durch das östliche Mittelmeer transportiert. Alexandria wurde ohne Gegenwehr eingenommen.

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Die russischen Truppen des Zaren hatten im Jahr zuvor bereits Jerusalem erobert und standen im Sinai, ebenfalls bereit, das von den Osmanen kontrollierte Ägypten anzugreifen. Kaiser Franz Joseph I. erkannte, dass der Bau der östlichen Mittelmeerflotte umsonst gewesen sein würde, wenn der "liebe" Verbündete Russland schneller in Kairo einmarschiert. Eile war also geboten.

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Und tatsächlich: Das zaristische Heer stand bereits auf ägyptischen Boden, als Leopold Joseph Graf von Daun mit seinen 3.500 Soldaten dank eines energischen Marsches das Umland von Kairo erreichte und den Osmanen die entscheidende Schlacht aufzwingen konnte. Kairo selbst wurde von nur 1.000 Mann Garnison verteidigt, doch der Sultan hatte seine Hauptarmee, die eigentlich den Russen entgegentreten sollte, rasch nach Kairo zurückbeordert. Diese 5.250 Soldaten eilten der Stadtgarnison nun zur Hilfe.

Graf von Daun wählte angesichts der zahlenmäßigen Übermacht des Feindes (wenngleich die osmanische Truppe hauptsächlich aus unzureichend ausgebildeten und ausgerüsteten Zwangsrekruten bestand) und dessen Angriff von verschiedenen Seiten eine defensive, kompakte Aufstellung.

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Siegessicher befahl der österreichische Kommandeur der Kavallerie, einen forschen Angriff auf die Osmanen zu reiten, die sich am rechten Flügel seiner Aufstellung formierten. Hier trafen Husaren, königliche Reiter ungarischer Herkunft auf Kamelreiter in der Tradition der Mamelucken.

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Zur Enttäuschung des Grafen von Daun konnten sich seine Berittenen nicht gegen die Osmanen durchsetzen und mussten wegen des Eintreffens nachrückender türkischer Infanteristen ihr Heil im Rückzug suchen.

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Nun waren die feindlichen Fußtruppen am rechten Flügel der Österreicher allerdings in Reichweite der Artillerie. Salve um Salve schossen die Mannschaften, die die Kanonen bedienten, auf die sich nähernden Soldatenhaufen ab und brachten ihnen blutige Verluste bei.

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Die Österreich stellten sich darauf ein, dass der Angriff an ihrem rechten Flügel zügiger und heftiger als erwartet erfolgen würde und positionierten ihre Linieninfanterie um. Auch die Garnison, die frontal von Kairo zum Zentrum des österreichischen Heeres marschierte, näherte sich bereits auf Gefechtsentfernung, war in seiner Kampfkraft aber als schwächer anzusehen. Diese Milizen mussten schon bald erkennen, dass sie dem gegliederten Salvenfeuer der diszipliniert agierenden Österreicher unterlegen waren und entschieden sich mit dem Mut der Verzweiflung, den Nahkampf mit dem traditionellen Säbel zu suchen. Für die österreichischen Soldaten im Zentrum war der Moment gekommen, mit dem Bajonett die Entscheidung herbeizuführen. Sie blieben erfolgreich.

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Nun hing für den Verlauf der Schlacht alles von den osmanischen Entsatztruppen am rechten Flügel ab. Graf von Daun behielt in dieser Situation die Nerven und handelte richtig: Seine Infanterie-Regimenter waren schon aufgestellt, dem Feind einen heißen Empfang zu bereiten, die Artillerie feuerte auf die kurze Distanz Schrapnell-Ladungen in die türkische Linie, was verheerende Auswirkungen auf die Ordnung und Moral dieser Soldaten zeigte.

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Immer weitere Soldaten rückten von hinten nach und ersetzten die Gefallenen in den Reihen der osmanischen Kampflinie. Dem massiven Feuer der Habsburger Infanterie konnten sie jedoch auf Dauer nicht genug entgegensetzen, weil es ihnen schlicht nicht gelang, eine geordnete Aufstellung einzunehmen. Schließlich mussten die Türken ihren Angriff abbrechen und den Rückzug antreten.

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Die Niederlage der Osmanen vor Kairo fiel absolut vernichtend aus. Über 5.000 Soldaten des Sultans waren gefallen, verwundet oder gefangen genommen worden, oder sie waren - in nicht unerheblicher Zahl - schlicht desertiert. Die Verluste auf österreichischer Seite fielen dagegen moderat aus: Rund 1.000 Mann waren getötet worden oder vorübergehend nicht mehr kampffähig. Für die verbliebenen osmanischen Truppen, die noch am Roten Meer standen, war die militärische Lage ohne Hoffnung: Gejagt von dem russischen Heer, das sich nördlich von ihnen befand, zogen sie sich so rasch wie möglich in den Westen Richtung Libyen zurück.

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