[AAR] Empire - Sie trugen die Krone

AAR zum Spiel u.a. Empire: Total War

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 18. Juni 2012 21:51

Mit diesem überzeugenden Sieg war Ägypten an das Habsburger Reich gefallen. Graf von Daun ging wie bereits am Bosporus und in Anatolien vor, um die Provinz zu befrieden. Madrassen und andere Stätten der religiösen wie kulturellen Identitätsstiftung wurden geschlossen und unterdrückt, das Land entlang des Nils von kaiserlichen Beamten und katholischen Priestern, die im Gefolge der Soldaten seiner Majestät unterwegs waren, erschlossen. Besonders die Erträge, die der Handel mit der Baumwolle und dem Zucker ägyptischer Herkunft boten, hatten es Franz Joseph I. angetan. Die Plantagen am oberen Nil (im südlichen Ägypten) wurden schnell in Besitz genommen und bewirtschaftet.

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Der Handel mit Kolonialwaren wurde für das Habsburger Reich inzwischen lukrativ, jetzt, nachdem zum amerikanischen Zucker und Tabak noch die ägyptische Baumwolle hinzukam. Alle drei Ressourcen wurden nach Europa verschifft. Der Preis für Baumwolle war in den vergangenen Jahren um 10% gestiegen (32 zu 29), der von Tabak und Zucker in gleichem Maße allerdings gefallen. Es erschien also geraten, nicht nur auf ein Produkt alleine zu setzen.

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1766 hatten die österreichischen Truppen die Provinz Louisiana so weit unter ihrer Kontrolle gebracht, dass Ernst Gideon von Laudon ohne Risiko den Abmarsch von 1.700 Soldaten gegen die südwestlichen Pueblo-Indianer von Texas befehlen konnte. Die militärische Unterstützung, die ihm dafür von Wien gewährt worden war, war beträchtlich. In Louisiana blieben einige Milizen und Linieninfanteristen zurück - den Feldzug unternahm von Laudon mit elitären Regimentern der kaiserlichen Infanterie, bestens ausgebildete und bewegliche Jägertruppen, Kavallerieeinheiten sowie technisch modernste Artillerie.

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Ihnen standen Verteidiger gegenüber, die seit der Ankunft der Weißen zwar den Gebrauch von Schusswaffen und Pferden übernommen und erlernt hatten, im Wesentlichen aber noch immer auf den traditionellen Einsatz von Schlagwaffen und Bögen. Diesen Nachteil glichen die Indianer aber durch ihre Überzahl und die persönliche Tapferkeit ihrer Krieger aus: Jeder kampffähige Mann im Dorf wurde mit einer Waffe in der Hand nun zum Krieger.

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Die Pueblo beantworteten den Einmarsch der Österreicher mit einem entschlossenen Gegenangriff. Die weite Ebene erschallte von ihrem Kriegsgeschrei, mit dem sie ihre eigene Entschlossenheit stärken und die des Gegners demoralisieren wollten. Auf österreichischer Seite ein gänzlich anderes Bild. In Reihen gegliedert, erwarteten die kaiserlichen Soldaten regungslos den Beginn der Schlacht. Die Trommeln, die ihren Gleichschritt und das getaktete Nachladen der Waffen zu begleiten hatten, schwiegen in diesem Augenblick. Dafür aber knallte hinter den Infanterielinien das Feuern der Artillerie, die den Aufmarsch der Pueblo schon von weitem unter Beschuss nahm.

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Die indianischen Bogenschützen rückten als erste vor, um ihre Gegner aus der Ferne zu attackieren. Doch was hieß hier Ferne: Die Reichweite der österreichischen Gewehre konnte es mit der Schussweite der Bogenschützen leicht aufnehmen, das gliedweise Feuern der Reihen, in der Ausbildung der Soldaten immer wieder gedrillt worden, tat ihr übriges. Ein Geplänkel der Bogenschützen zum Auftakt der Schlacht war schon im Keim erstickt.

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Die Pueblo warfen deshalb die Masse ihrer Krieger in den Nahkampf, um den taktischen Vorteil der Weißen zu neutralisieren. General von Laudon hatte dies vorhergesehen und gab den am Flügel seiner Aufstellung stehenden Husarenregimentern den Befehl, den Feind zu überreiten. Der Vorstoß erfolgte wie erwartet mit großer Wucht, doch die Kavallerie sah sich zu ihrer Überraschung einem Feind gegenüber, der sich trotzdem mutig dem Kampf stellte - und den Husaren im Gefecht noch schwere Verluste beifügte!

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Aller persönlicher Mut der Krieger reichte aber nicht aus, sich gegen Disziplin und Feuerkraft der Österreicher zu behaupten. Als sie schon allerschwerste Verluste zu beklagen hatten, befahl der Häuptling der Pueblo seinen Kriegern, sich wieder zurückzuziehen, um an einem anderen Tag zu kämpfen. Für die angeschlagene Kavallerie der Habsburger war dies der Augenblick, grimmige Rache an ihren Gegnern zu nehmen. Sie setzten den fliehenden Indianern nach und erschlugen so viele, wie sie ergreifen konnten.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 19. Juni 2012 21:47

Es sollte für die Pueblo keine Gelegenheit mehr geben, den Kampf gegen die Österreicher fortzusetzen. Von Laudons Heer zählte nach der Schlacht um Texas 400 Gefallene und weitere 150 Verwundete, das indianische Aufgebot aber war zum größten Teil vernichtet.

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Für die koloniale Armee bedeutete dies, dem Feind keine Gelegenheit zur Reorganisation und zur Ruhe zu geben. Von Laudon ließ einen kleinen Trupp zurück, der sich um die Versorgung der Verwundung und der Bestattung der eigenen Gefallenen kümmerte, und folgte den Indianern nach.

Wenige Tage später stellte das Heer des Generals von Laudon die noch knapp 500 Mann zählenden Verteidiger von Texas. Die Indianer waren im Verhältnis 1:3 unterlegen, schlechter ausgerüstet und demoralisiert. Ihr Dorf bot keinerlei besonderen Schutz, denn den Indianern Nordamerikas war der Festungsbau fremd geblieben.

Die kaiserliche Elite der Infanterie freute sich auf diese leichte Schlacht, bei der der Sieg bei nur wenigen Verlusten winkte. Angesichts der eigenen Stärke positionierte von Laudon seine Reihen tief gestaffelt - und konnte doch eine ausreichend breite Aufstellung einnehmen lassen. Für die Mannschaften, die die Artillerie bediente, war dieser Tag eine weitere Gelegenheit, ihre Raketenwerfer unter Gefechtsbedingungen auszuprobieren.

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Der Aufmarsch der Pueblo war kein Gang zum Kampf, sondern zum Untergang. Im Kreuzfeuer der Garde und der Jäger wurden die Indianer regelrecht zusammengeschossen und konnten kaum das Feuer auf die Österreicher eröffnen, geschweige denn ihnen im Nahkampf begegnen. Einzig ihr Häuptling, dessen Leibwache wie er beritten war, hatte wenigstens die Gelegenheit, dem Feind im Kampf zu begegnen. Von Laudon trieb seine Husaren gegen die Reiterattacke am rechten Flügel des Heeres.

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Minutenlang fochten die Reiter miteinander im Nahkampf. Die Fußtruppen der Pueblo waren bereits besiegt und wurden von der österreichischen Kavallerie auseinander getrieben. Die Habsburger Kürassiere machten sich einen Spaß daraus, die im Kampf stehenden Leibwächter des Pueblo-Häuptlings hinterrücks aus ihren Sätteln zu schießen - was die Husaren, denen die Kugeln ihrer Kameraden um die Ohren pfiffen, nicht sehr lustig fanden.

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Schließlich gelang es dem Pueblo-Häuptling, sich aus dem aussichtslosen Kampf mit den Husaren zu lösen und mit seinen letzten Getreuen die Flucht anzutreten. Weil die Abenddämmerung bevorstand, verzichtete von Laudon darauf, die Verfolgung aufnehmen zu lassen. In der Dunkelheit wäre den bestens mit der Gegend vertrauten Indianern sowieso nicht beizukommen gewesen.

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Weil jetzt der organisierte bzw. bewaffnete Widerstand der Pueblo gebrochen war, hatten die Österreicher den uneingeschränkten Zugriff auf Texas. Die Kolonisten nahmen nun auch die fruchtbaren Landstriche im Süden in Besitz. Auf den Feldern arbeiteten noch immer die Indianer - nur jetzt nicht mehr für ihren eigenen Stamm, sondern für ihre weißen Herren.

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Die einheimische Bevölkerung von Texas war bisher nicht mit den Missionaren der spanischen Katholiken in Berührung gekommen bzw. hatte diese aus ihrem Land herauszuhalten gewusst. Unter den Kolonisten, die sich nun in Texas niederließen, befanden sich nun aber Missionare aus dem Habsburger Reich, die sich dieser Aufgabe annahmen. Für die militärische und administrative Führung der Kolonie ging es dabei vor allem darum, jeden Hort und jede mögliche Keimzelle des indianischen Widerstands auszumerzen. Dazu gehörte vor allem ihre religiös-kulturelle Tradition, den die Europäer mit dem Sammelbegriff des Animismus betitelten. So staunte von Laudon über die verhältnismäßig fortgeschrittenen Waffenschmieden, die die Pueblo in Texas betrieben hatten. Der Handel mit Feuerwaffen war offensichtlich sehr lukrativ gewesen. Trotzdem ließ der Statthalter sie auflösen und die Indianer allesamt zur Zwangsarbeit schicken, um den Indianern nicht nur die Gelegenheit, sondern auch das grundsätzliche Wissen im Umgang mit Gewehren zu nehmen.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 20. Juni 2012 19:36

Zurück zu den Geschehen in Europa. Seitdem die Österreicher den Osmanen die Provinz Ägypten entrissen hatten, gab es am kaiserlichen Hof einige Stimmen, die die Zeit für einen Frieden mit dem Sultan gekommen sahen. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen war der Maghreb, über den die Osmanen und ihre Vasallen nun noch herrschten, sowieso nicht sonderlich attraktiv. Diese Fraktion in Wien geriet aber wieder ins Hintertreffen, als die Osmanen und Berber mit ihren Flotten immer wieder die Gewässer des Mittelmeeres unsicher machten. Militärisch waren ihre Seestreitkräfte denen der Habsburger unterlegen, aber ihr Auftauchen behinderte immer wieder den Seehandel Österreichs und seiner Kolonien.

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Weil aber die überseeischen Kolonialwaren inzwischen eine solche Rolle in den Finanzen Wiens spielten, erhoben sich rasch Forderungen nach einem rigorosen Durchgreifen gegen diese Attacken - und zwar an der "Wurzel dieses Übels", wie die Wiener Kriegspartei betonte. Aus der österreichischen Garnison in Ägypten wurde ein Heer gebildet, das sich aus im Kampf mit den Wüstenkriegern erfahrenen Soldaten zusammensetzte. Die großen Entfernungen legten die Truppen auf dem Seeweg zurück - die Flotte der Türken operierte jenseits der Meerenge von Gibraltar auf dem Atlantik und stellte im Mittelmeer keine Bedrohung dieser Transporte dar - und landeten Weihnachten 1766 direkt vor Tripolis.

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Der verdutzte Herrscher von Tripolitanien war derart überrascht, dass ihm die Bildung einer nennenswerten Verteidigung gar nicht mehr möglich war. Bereits in den ersten Januarwochen war nicht nur Tripoli selbst, sondern auch der strategisch wichtige Küstenstreifen der Provinz in der Hand der Habsburger Truppen.

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Die Orientierung des Kaisers auf die Fortsetzung der "überseeischen Strategie" überraschte nicht. In der Reichspolitik, die ihm als Reichsoberhaupt allein vorbehalten sein sollte, konnte er nicht nach Belieben schalten. Daran hinderte ihn schon die enge Verschränkung der Reichsangelegenheiten mit der auswärtigen Politik der österreichischen Monarchie, ebenso aber die Verfassungsstruktur des Reiches selbst, die als ein seit dem Westfälischen Frieden ziemlich stabiles, aber auch stationäres, neuerdings von dem Dualismus der beiden Großmächte Österreich und Hannover überlagertes Rechtssystem kaum Veränderungen zuließ.

Denn gerade seine Funktion als Garant der Reichsverfassung, als Beschützer der mindermächtigen Reichsstände wie der zahlreichen Reichsritterschaft, die neben der Reichskirche seine hauptsächliche Klientel bildeten, hinderte ihn, die bestehenden Reichsinstitutionen und ihr labiles politisch-konfessionelles Gleichgewicht anzutasten. Bei solch vielen Verpflichtungen gegenüber verschiedenen Interessengruppen blieb zudem nicht viel Energie übrig, sich um die breite Masse der Untertanen zu kümmern. Nicht nur in Ungarn, wie in diesem Bild zu sehen, reagierten die Menschen auf die schlechter werdenden Lebensbedingungen mit der Emigration in die Neue Welt. Eine Auswanderungsrate von 0,22% mag sich nicht hoch anhören, aber gemessen an der Bevölkerungszahl Ungarns (9,4 Millionen Menschen) war das schon eine stattliche Zahl an Personen.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 22. Juni 2012 07:03

Die Auswanderungen und die wirtschaftliche Situation im Habsburger Reich standen noch in einem anderen Verhältnis zueinander: Die Einfuhren aus den Kolonien stellten nämlich das bisherige mittelalterliche Wirtschaftsmodell der Gilden in Frage. Neben dem Liberalismus politischer Couleur trat allmählich das der Wirtschaftsliberalen, die in erster Linie für den Freihandel standen. Sie sahen darin den Schlüssel zu mehr Wohlstand.

Der Protektionismus, verkörpert beispielsweise durch die "Korngesetze", galt bei Freihändlern nicht nur als schädlich für das Ausland, sondern auch für die Wirtschaft im Inland. Außerdem erhofften die Wirtschaftsliberalen vom Freihandel mehr Frieden, denn die zunehmende Abhängigkeit durch die fortgeschrittene Arbeitsteilung zwischen den Völkern sollte es ihrer Meinung nach den Regierungen nahezu unmöglich manchen, ihre Völker gegeneinander aufzuhetzen: „Wenn Waren nicht die Grenze passieren dürfen, dann werden es Soldaten tun.“

Sie beriefen sich dabei auf die Warnungen von Adam Smith, dass Einfuhrbeschränkungen, insbesondere bei Grundgütern wie Getreide, bei ärmeren Bürgern zu Unterernährung führen könnten. Die durch Knappheit und Hunger forcierte Emigration einfacher Bürger bestätigte sie in ihrer Meinung. Ab 1767 bestimmte die Diskussion um die Getreideeinfuhr die politische Landschaft Österreichs. In der Diskussion um den Freihandel standen die neuen unternehmerischen Eliten und das anwachsende Proletariat den alten Grundbesitzereliten und teilweise auch der einfachen ländlichen Bevölkerung gegenüber. Nach Ansicht der Unternehmer hätten die hohen Getreidepreise Einfluss auf das Lohnniveau in Österreich. Sinkende Getreidepreise hätten ihrer Ansicht nach die Möglichkeit eröffnet, die Löhne und damit die Produktionskosten zu senken.

Die Gruppe der Wirtschaftsliberalen entwickelte sich dank starker finanzieller Unterstützung durch die Textilindustrie zu einer sehr schlagkräftigen Organisation mit mehr als 800 Angestellten. Die Liga sammelte Unterschriften und verbreitete in der Bevölkerung mit Broschüren und durch Reden ihre Kritik an der als verhängnisvoll angesehenen Wirkung der Korngesetze. Dabei verfolgten sie eine Doppelstrategie: Gegenüber den Arbeitern erklärten sie, dass die Abschaffung der Kornzölle den Brotpreis verbilligen werde. Gegenüber den Industriellen erklärten sie, dass dies die Gelegenheit eröffne, die Löhne zu senken und dass der steigende Außenhandel die Gelegenheit böte, mehr Fertigwaren in das Ausland zu verkaufen. Die Erwartung sinkender Löhne beruhte auf dem damals aktuellen, von David Ricardo formulierten eisernen Gesetz (auch: ehernes Lohngesetz), dass die Löhne stets zu einem den Lebensunterhalt gerade noch sichernden Niveau tendieren.

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In ihrer Haltung gingen die Liberalen den kaiserlichen Politikern dann aber doch in vielem zu weit: So lehnten die Wirtschaftsliberalen den damals praktizierten Militarismus ab, weil sie auch darin eine Ausnutzung (z. B. durch Wehrpflicht) der ärmeren Bevölkerungsschichten durch das Königshaus und den Adel sahen. Der Kolonialismus wurde letztlich genauso abgelehnt, weil er als „teures Hobby“ des Adels angesehen wurde und auch nur mit Militär betrieben werden konnte. Zudem hielten die Liberalen die Schaffung von Kolonien und die Bevormundung und Ausnutzung der dort lebenden Menschen für Unrecht. Die Liberalen engagierten sich auch gegen die Sklaverei, was die Eliten als besonders anmaßend empfanden.

Die Immobilität der Reichspolitik kolliedierte mit den österreichischen Interessen, wie sie Ferdinand V. in seinem "Tableau general des affaires de la monarchie" von 1768 formulierte. Institutionell spiegelte sich das Dilemma des Kaisers zwischen Reich und Monarchie auch in der Rivalität von österreichischer Staatskanzlei und Reichshofkanzlei, personell zwischen Kaunitz und Reichsvizekanzler Fürst Colloredo.

"Es ist unmöglich,", so meinte der Kaiser, "im Reichsverband irgend etwas Großes zu unternehmen oder auch nur zu erhoffen". Dennoch zog er daraus zunächst nicht den Schluss, das Reich einfach sich selbst zu überlassen und ausschließlich österreichische Großmachtspolitik zu betreiben, sondern sorgte sich um eine Reform vor allem der Reichsjustiz, weil er darin einen Hebel zur Steigerung des kaiserlichen Einflusses sah. Während er dem ohnehin unter kaiserlicher Aufsicht stehenden Reichshofrat zu Wien durch Verlängerung der Sitzungen zu mehr Effizienz bei der Bewältigung der zahlreichen unerledigten Prozesse verhelfen wollte, bemühte er sich gleichzeitig, auch da zweite, traditionell ständische orientierte Reichsgericht stärker unter seine Kontrolle zu bringen. Jedoch scheiterte die Vision des Reichskammergerichts, die große Missstände zutage förderte, nach jahrelangen Auseinandersetzungen am reichsständischen Widerstand.

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Der Reichsstädter Goethe berichtete von seinem Aufenthalt in Wetzlar: "Hier war nun abermals das Heilige Römische Reich versammelt, nicht bloß zu äußerlichen Feierlichkeiten, sondern zu einem ins Allertiefste greifenden Geschäfte. Aber auch hier muss mir jener halbleere Speisesaal am Krönungstage einfallen, wo die geladenen Gäste außen blieben, weil sie zu vornehm waren. Der Unzusammenhalt des Ganzen, das Widerspiel der Teile kamen fortwährend zum Vorschein".

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 24. Juni 2012 16:46

So verwundert es nicht, dass sich die Mehrheit der Wiener Kabinetts, sofern sie nicht idealistische Anhänger der Reichsidee waren, auf die österreichische Großmachtspolitik konzentrierte. Hier gab es zu der gleichen Zeit, da sich Hannover und Wien im Reich gegenseitig blockierten, schnelle Erfolge, wirtschaftliche Chancen und militärischen Ruhm zu gewinnen. Im Mai 1769 landeten zwei österreichische Heere an der Küste Tunesiens und nahmen die Provinz und ihre Hauptstadt Tunis im Handstreich unter ihre Kontrolle.

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Der Vormarsch nach Westen wurde entlang der Küste sofort fortgesetzt: Die Kontrolle über den schmalen Küstenstreifen war strategisch entscheidend, auch wenn im weniger fruchtbaren und unzugänglichen Hinterland weiterhin kleine Gruppen der Osmanen und der Berber operierten. In dieser Region war sowieso jeder Mann bewaffnet und musste zur Verteidigung der Heimat allenfalls im Gebrauch mit der Muskete unterwiesen werden.

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Problematischer für die Wehrhaftigkeit der Barbareskenstaaten war der absolut mangelhafte Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Berberstämmen, die teils untereinander seit Ewigkeiten dauernde Fehden ausfochten. Jetzt, da sich der harte Griff der verhassten Osmanen löste, rang jeder Clan um seine eigene Stellung. Den Habsburgern spielte die nun wieder hochkochende Zerstrittenheit ihrer Gegner in die Karten.

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Erst direkt vor Algier gelang es den Berbern, den Österreichern eine Front ihrer Kapitale entgegen zu stellen. Die Schlacht vom 10. November 1769 war die erste Bewährungsprobe für den aufstrebenden General Otto Kohl, der das Kommando über rund 2.700 Soldaten erhalten hatte. Die algerischen Truppen setzten sich hauptsächlich aus Milizen und Kamelreitern zusammen, sie waren nur zu einem kleinen Teil ausgebildete Soldaten. Im Gebrauch der Waffe war allerdings jeder der 2.700 Kämpfer hier vertraut, und so zog so mancher von ihnen auch mit dem traditionellen Säbel in die Schlacht.

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Die algerischen Truppen verschanzten sich in und um ein Dorf nahe Algier, um die Österreicher an dieser Stelle aufzuhalten. Otto Kohl nahm die Schlacht an und ließ die Infanterie auf das Dorf marschieren.

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Während ihr Vorrücken durch die eigene Artillerie unterstützt und durch die feindliche Artillerie gestört wurde, ritten die österreichischen Kavalleristen am rechten Flügel eine Attacke gegen die Berittenen der Berber, um die Flanke zu sichern. Dabei wendeten sie den jüngst einstudierten Angriff in der durchschlagkräftigen Rautenformation an, wie man auf dem Bild gut erkennen kann:

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Auf diese Weise wurden die Kamelreiter, gut disziplinierte Truppen mit Karabinern, in das Dorf zurückgedrängt, wo ihnen die gerade einrückenden Habsburger Infanteristen am Ortsrand einen unangenehmen Empfang bereiteten. Die feindlichen Berittenen waren danach im wesentlichen geschlagen.

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Innerhalb des Städtchens tobten in den Mittagsstunden des 10. November lange erbitterte Gefechte, hier konnten die Österreicher ihre taktische Überlegenheit nicht ausspielen. Im Häuserkampf erlitten beide Seiten herbe Verluste, doch keiner wich zurück.

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General Kohl musste zum Einsatz seiner Reserve greifen, um das Dorf nun endlich einzunehmen. Seinen Husaren befahl er, die Ortschaft auf der rechten Seite zu umreiten, während das 1. Dragonerregiment es auf der linken Seite ansteuerte. Dort stiegen die Dragoner von ihren Pferden ab, um den Angriff zu Fuß als gewöhnliche Infanterie fortzusetzen.

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Es zeigte sich, dass dieser Entschluss von Kohl der richtige gewesen war: Die seit Stunden im blutigen Häuserkampf stehenden Soldaten wichen teils bereits zurück und schlugen sich aus den Häusergassen heraus zurück zu den eigenen Linien durch. Der Angriff der eigenen Kavallerie, der gegen 15 Uhr erfolgte, traf die algerischen Verteidiger in ihrem Rücken und sorgte für die Entscheidung. Auch sie waren von den langen Gefechten erschöpft und konnten dieser Attacke nicht mehr widerstehen.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 24. Juni 2012 16:49

Wer unter den Verteidigern es noch vermochte, flüchtete nun aus den Gassen der Ortschaft heraus, um Schutz in den Wäldern der Umgebung zu finden. Doch für die meisten unter ihnen blieb es ein hilfloses Unterfangen. Verfolgt von der österreichischen Kavallerie, hatten sie wenig Chancen, das Schlachtfeld unbeschadet zu verlassen.

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Otto Kohl wurde in Wien für seinen glorreichen Sieg bekannt, aber er hatte den Triumph über die Barbareskenstaaten teuer erkauft. Etwa 1.000 Soldaten waren in der Schlacht verwundet worden oder gefallen, und das zwang Kohl, zunächst einmal in Algerien zu verharren, um diese Verluste zu kompensieren.

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Diese Atempause nutzte vor allem den Osmanen, die mit Marokko nur noch eine Provinz unter ihrer Kontrolle hielten, weil sie ihnen die Zeit verschaffte, sich auf den Angriff der Habsburger gewissenhaft vorzubereiten. Die Barbareskenstaaten, in seinem Zusammenschluss der Berberstämme von den Osmanen geschaffen und gesteuert, zerfiel nach dem Österreicher Sieg von Algier. Für Wien bedeutete dieser Erfolg zunächst einmal, dass es mit den ständigen Piratenangriffen der Berber auf die österreichischen Seehandelsrouten endlich ein Ende hatte.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 25. Juni 2012 19:46

Von Laudon hatte mit seinem Sieg in Texas dafür gesorgt, dass die Habsburger für ihre Kolonialwaren über eine sichere Landroute zum Hafen von Louisiana verfügten. Sein Ehrgeiz ging aber weiter, als dass er sich damit zufrieden geben konnte. Die kaiserlichen Vollmachten zur Eroberung und Sicherung österreichischer Gebiete in der Neuen Welt hatte er, aber natürlich nicht die Erlaubnis, in die diplomatischen Beziehungen mit den Mächten der Alten Welt einzugreifen.

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Sein Ruhmsucht musste also im Kampf mit den Indianer-Stämmen Nordamerikas sein Ventil finden. Weil die österreichischen Kolonien Neumexiko, Texas und Louisiana gänzlich von spanisch kontrolliertem Gebiet umsäumt waren, blieb der Marsch durch die weite Prärie im Norden, hin zu den Yankton, einem Stamm der Sioux.

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Nach dem Pueblo-Aufstand im Jahr 1680 waren viele spanische Siedler nach Mexiko geflohen und hatten ihre Pferde zurückgelassen. Diese gelangten durch Handel oder Diebstahl zu den Sioux-Stämmen auf den Prärien im Norden. Innerhalb von nur 75 Jahren veränderte das Pferd, das von den Indianern Großer Hund genannt wurde, das Leben und die Kultur auf den Großen Ebenen. Pferde ermöglichten den Transport längerer Stangen und damit größere Tipis. Die Indianer konnten schneller von Ort zu Ort kommen und mehr Bisons jagen, sie bekamen mehr Fleisch zum Essen und Häute für ihre Kleidung und Tipis. Diese günstigeren Lebensverhältnisse sorgten auch für mehr Bevölkerungswachstum. Als von Laudon im Frühjahr 1771 die Yankton militärisch herausforderte, konnte diese immerhin 3.200 Krieger in die entscheidende Auseinandersetzung schicken.

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Nach der Einführung von Feuerwaffen im 18. Jahrhundert entwickelten die Präriestämme eine komplexe, ritualisierte Form der Kriegsführung, bei der das bloße Berühren des Gegners höher eingeschätzt wurde, als das Töten und Skalpieren. Dieses Berühren eines Feindes im Kampf nannte man Counting Coup und ein berühmter Häuptling der Absarokee hieß Plenty Coups (viele Coups).

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Im Gebiet der Yankton im südwestlichen Minnesota, auf dem Coteau des Prairies, liegt der heilige Pfeifensteinbruch, ein über einen Quadratkilometer großes Gelände, das bei den Indianern seit alten Zeiten als Friedenszone galt. Das dort gefundene rötlich gefärbte Mineral, ein Aluminiumsilikat, bekam den Namen Catlinit nach dem Maler George Catlin, der den Ort als erster Weißer beschrieb und das Gestein untersuchen ließ. Das weiche Material eignet sich vorzüglich zum Schnitzen von Pfeifenköpfen und wird erst nach längerem Kontakt mit der Luft gehärtet. Um den Steinbruch haben sich Mythen gebildet, in denen davon berichtet wird, der Stein habe seine Farbe durch Indianerblut erhalten. Da muss ich doch glatt an das just erschienene Addon von Civ5 denken, wo man sein Pantheon auf Steinbrüche ausrichten kann....

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Die Vielzahl der Krieger und ihr Heroismus konnten gegen die diszipliniert und tief gestaffelten Truppen von Laudons aber nur wenig ausrichten. Im Zentrum der Weißen standen die rudimentären Maschinengewehre, die für herbe Verluste, mehr aber noch für blankes Entsetzen unter den Indianern sorgten.

Die Verluste im österreichischen Heer beschränkten sich auf 500 Verwundete und Gefallene, während die 3.200 Krieger der Yankton vernichtet waren oder den Gang in die Sklaverei antraten. Beachtete man allerdings, dass das Habsburger Heer nur 1.500 Soldaten und die Verluste in den eigenen Reihen damit ein Drittel der Männer umfassten, musste man den indianischen Kriegern immerhin zugestehen, dass sie ihre Freiheit teuer verteidigt hatten - wenn auch letztlich erfolglos.

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Bisher hatte Russland ein Monopol auf den Pelzhandel, aber dank ihrer Kolonien in der Neuen Welt hatten nun auch andere Nationen die Möglichkeit, am Pelzhandel teilzuhaben. Jagd und Handel mit der eingeborenen Bevölkerung sorgten für regelmäßigen Nachschub an Tierpelzen, der nach Europa verschifft werden konnte.

Am 2. Mai 1771 wurde die Mooschorn-Gesellschaft mit einer Urkunde des Kaisers gegründet. Die Anteile der Gesellschaft durften nur mit Genehmigung der Beteiligten und der des geschäftsführenden Gouverneurs verkauft werden. Die Urkunde gewährte dem Unternehmen das Monopol auf den Handel mit den Indianern, insbesondere auf den Fellhandel, in dem Gebiet der Großen Seen. Die genauen Grenzen dieses Territoriums waren jedoch in jener Zeit noch unbekannt.

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Das Unternehmen begründete sein erstes Hauptquartier in Mooschorn. Der Ort bot bequemen Zugang zum Fort über die ausgedehnten Fluss-Systeme. An der Südseite der Großen Seen wurden bald weitere Außenposten errichtet, die Faktoreien genannt wurden und nach Art der holländischen Fellhändler in Nieuw Nederland arbeiteten. Im Frühling und Sommer kamen die einheimischen Händler, die den größten Teil des eigentlichen Fallenstellens erledigten, mit dem Kanu zu den Forts, um dort ihre Felle zu verkaufen. Im Austausch dafür bekamen sie üblicherweise metallene Werkzeuge und Jagdwaffen. Diese importierte die Gesellschaft häufig aus Deutschland, das zu jener Zeit das Zentrum für billige Produktion war. Dieses frühe Modell der küstennahen Faktoreien stand im Gegensatz zum System der Franzosen, die ein umfangreiches Netz von Posten im Landesinneren errichteten und Händler aussandten, die bei den Stämmen der Region lebten.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 27. Juni 2012 19:06

Auf dem Schauplatz Europa machte sich das Habsburger Reich daran, seinen Staus als Großmacht zu untermauern. Österreich musste sowohl die Situation in Osteuropa wie im Westen analysieren und bewerten. Der Kaiser akzeptierte im "Tableau General" von 1772 die Kaunitzsche Grundannahme von der vorrangigen Bedrohung der österreichischen Monarchie durch die Dominanz Hannovers in Frankreich und im Reichsverbund - trotz der mulilateralen Bündnisverträge zwischen diesen Mächten. Aus dieser Haltung leitete sich die Präferenz für die Allianz mit Russland ab, aber man erkannte auch die Nachteile dieser Verbindung, weil das Zarentum in dieser Konstellation gegenüber Schweden, dem Baltikum wie auch den Persern weitgehend freie Hand behalten und "ohne Zweifel zur furchterregendsten Macht in Europa" aufsteigen konnte. Einen kurzen Augenblick erwog der Kaiser deshalb die Möglichkeit, Deutschland endgültig abzuschreiben, um im Bund mit Preußen Russlands unverhüllten Expansionsstreben entgegen zu treten.

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Zunächst musste aber der Krieg gegen die Überreste des Osmanischen Reiches siegreich zu Ende geführt werden. Der Sultan war von den Habsburgern aus Istanbul, durch die Türkei nach Ägypten vertrieben worden und von dort nach Tanger, seiner Provinz Marokko, geflüchtet. Hier aber hatte er seine getreuen Soldaten um sich scharen können, eine logistische Meisterleistung unter den schwierigen Bedingungen fortlaufender Niederlagen. Für Habsburg zog General Otto Kohl mit 2.700 Soldaten in den Kampf gegen das letzte osmanische Aufgebot, das sich angesichts einer Truppenstärke von über 5.000 Mann aber sehen lassen konnte.

Die Österreicher waren zuversichtlich, die gegnerische Übermacht im Verhältnis 1:2 durch ihr Können und ihre Disziplin wettmachen zu können. Die Schlacht stand aber unter dem schlechten Vorzeichen, dass die taktische Aufstellung denkbar ungünstig war. Der Feind griff aus allen vier Himmelsrichtungen an, das zwang Kohl zu einer kompakten und leichter zu verteidigenden Aufstellung.

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Die Osmanen erkannten die Schwäche in der österreichischen Defensive und warfen eifrig ihre im Kampf mit dem Säbel erfahrenen Hilfstruppen unmittelbar in den Nahkampf mit den Linieninfanteristen, ihre Überzahl auf dem Feld erlaubte ihnen das. Die stärkere Feuerkraft der Habsburger Soldaten wurde damit neutralisiert.

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Noch während der Angriff an der rechten Seite unter schweren Verlusten zurückgewiesen werden musste, war Kohl gezwungen, den Großteil seiner Linien auf den linken Flügel wechseln zu lassen. Hier erwarteten sie den Angriff der zweiten osmanischen Armee, der von Artilleriebeschuss unterstützt wurde.

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Zur Schande der österreichischen Regimenter waren es die afrikanischen Hilfstruppen im eigenen Heer, die sich am tapfersten auf dem Schlachtfeld behaupteten. Nach einem schweren Feuergefecht entschied das zweite osmanische Heer, den Sturm auf die Habsburger Linie zu wagen. Von Süden waren nämlich inzwischen weitere marokkanische Milizen herangerückt, die der österreichischen Aufstellung in den Rücken fallen konnten.

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Das Ende war ein wildes Hauen und Stechen, das jeden gleich welcher Seite mit Grauen erfüllte. Schließlich mussten die Habsburger Befehlshaber ihren Regimentern den Rückzug anordnen - oder den Resten, die von den Regimentern übrig geblieben waren. Österreich verlor 2.000 Soldaten in der Schlacht um Tanger, ein schwerer Rückschlag im Krieg in Nordafrika. Doch General Kohl hatte auch der immerhin doppelten Übermacht einen hohen Blutzoll abverlangt, der es den Osmanen unmöglich machte, nach der österreichischen Niederlage eine Gegenoffensive zu starten.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 29. Juni 2012 17:08

Ungeachtet dessen liefen in Wien die Vorbereitungen weiter, sich auf die große Auseinandersetzung mit Hannover um die Vormachtstellung im Heiligen Römischen Reich zu streiten. Mit Russland blieb man im guten Einvernehmen und ermunterte es, sich weiter in den Krieg mit Schweden zu verstricken. Im Falle eines Krieges mit Hannover - der vermutlich eine gleichzeitige Auseinandersetzung mit den übrigen deutschen Königreichen Preußen, Bayern und Württemberg bedeutete - musste Wien auch mit dem Eingreifen von Frankreich und Großbritannien rechnen. Spanien rechnete man dagegen zu seinen Freunden.

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Ein Problem blieb jedoch, und darüber diskutierte man lange Zeit im Wiener Kabinett. In einer Auseinandersetzung mit Deutschland und Frankreich war das Habsburger Reich zwingend auf eine stabile Lage in "seinem Rücken" im Osten und auf dem Balkan angewiesen. Dort aber existierte noch die Republik Venedig als einzige von Österreich unabhängige Gestaltungsmacht der Region, auch wenn die Serenissima nicht über mehr die europäische Potenz mit einem großen, im Adriabereich und in der griechischen Inselwelt gelegenen Besitzstand, verfügte.

Der Struktur nach eine Adelsrepublik mit einem gewählten Dogen an der Spitze, hatte der Lagunenstaat seine spezifische Signatur durch die überaus erfolgreiche Betätigung des Adels im Kommerz und durch das kaum in Zweifel gezogene Prestige der politischen Elite gewonnen. Die Serrenisima hatte ihre expansive Phase im späten 18. Jahrhundert aber längst hinter sich gelassen. Lange Zeit waren es die Türken gewesen, die Venedig in die Schranken gewiesen hatten. Die Erschließung des Seewegs nach Asien wirkte sich ebenfalls negativ auf Handelsvolumen und Gewinne sowie auf das städtische Gewerbe aus.

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Spätestens seit den militärischen Siegen und Errichtung der Vormachtstellung Österreichs in Italien war klar geworden, dass sich die venezianische Politik im Wesentlichen im Bewahren des Status Quo erschöpfte. Selbst Spanien, das sich im Angesicht der Herausforderung durch Frankreich-Hannover und Großbritannien im Nachteil sah, mochte sich wegen des Schicksals Venedigs noch mit dem Habsburger Reich anlegen - und verhielt sich trotz seiner engen politischen Beziehungen zu Venedig angesichts der österreichischen Landung bei Patras im September 1773 neutral. Für Venedig kam das dem Ende seiner Eigenständigkeit gleich, denn jetzt stand es gegen Wien alleine.

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Zeitgleich mit der Invasion Griechenlands marschierte von Österreich aus ein Habsburger Heer in das venezianische Kernland und blockierte die Lagunenstadt, die schon so vielen militärischen Herausforderungen getrotzt hatte, von Land und mit einer Flotte von der See aus. Der aus Schlesien stammende General Siegmund Merkel führte zu Land 3.700 Soldaten in die Schlacht um Venedig, das von 2.300 Mann gehalten wurde.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 30. Juni 2012 18:02

Politisch war die Republik schon seit einiger Zeit ausgelaugt und verkrustet. Selbst die Eliten der Städte blieben von den politischen Entscheidungsgremien ausgeschlossen, die politikberechtigten Aristokraten machten zur Zeit der Wiener Invasion noch allenfalls tausend Männer aus, die rund 800 Ämter unter sich verteilten. Es kam im 18. Jahrhundert zu keinen nachhaltigen Auffüllungen der Adelskaste mehr: Das Goldene Buch, dem traditionell alle neuen Mitglieder des Adelspatriziats inseriert wurden, blieb seit 1718 gänzlich unbenutzt.

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Die Habsburger Stellung war auf den Angriff der Venezianer gut vorbereitet worden. Die Festung vor der Lagunenstadt lag unter dem schweren Feuer der österreichischen Artilleriestellungen und zwang ihre Garnison, die Entscheidungsschlacht mit den Belagerern zu suchen. Artillerie und Infanterielinien waren hinter starken Befestigungen - Schutzwällen gegen Kugeln und Splitter sowie Absperrungen gegen Kavallerieangriffe - in Position. Ein erster Reiterangriff der Venezianer wurde praktisch ohne eigene Verluste entscheidend abgewiesen.

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In den Jahrzehnten des Niedergangs Venedigs war es bei Phänomenen wie der Ämterrotation, dem Wahlstimmenverkauf und zahlreichen Kompetenzüberlappungen geblieben, so dass die aufgeklärten Kritiker dazu übergegangen waren, gerade die Markusrepublik als ein Paradebeispiel von Reformunfähigkeit und Inkarnation des Egoismus einer Adelskaste zu sehen. Am gravierendsten in diesem Kontext war sicher, dass sich viele Adelsfamilien nun auch aus dem Handel zurückgezogen hatten, der ohnehin mehr und mehr an Venedig vorbeilief, nicht zuletzt seit dem nachhaltigen Ausbau von Triest zu einem internationalen Freihafen durch die Habsburger.

Der Rückzug des Adels aus dem Handel war nicht alleine Symptom einer zunehmenden Dekadenz, sondern auch eine gezielte Überlebensstrategie, die angesichts der Unsicherheiten und Schwankungen im Kommerz mehr und mehr den Landerwerb und damit sichere Grundrenten favorisierte. Dieser zumindest partielle Paradigmenwechsel war wohl auch mitverantwortlich für eine recht lebhafte physiokratische Debatte, die den Agrarwissenschaften einen erheblichen Auftrieb gegenüber den Militärwissenschaften gab.

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Neue Entwicklungen der Habsburger, die ihr Heer inzwischen mit automatischen Waffen und Raketenwerfern ergänzt hatten, waren in ihren Möglichkeiten der Armee der Republik Venedigs gänzlich unerkannt geblieben. Der venezianische Infanterist kämpfte noch immer mit Methoden, die aus dem vorigen Jahrhundert überliefert waren.

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Im Gesamten fehlte es der Republik am großen Atem einer konsequenten Reformpolitik. Der Verkrustung im Inneren entsprach die Passivität nach Außen. Bei den westfälischen Friedensverhandlungen von 1648 hatte Venedig durch Contarinis Vermittlerdienste noch im Blickpunkt der breiten Öffentlichkeit gestanden, seitdem war der Stern der Serenissima geradezu unaufhaltsam gesunken: Verluste gegen Osmanen konnten nicht vermieden werden, und selbst wenn Venedig noch einmal ein Erfolg gelang wie 1687 die Eroberung Athens, bekam es eine schlechte Presse, weil dabei der Parthenon in Schutt und Asche sank. Bei prestigeträchtigen völkerrechtlichen Aufgaben hatte man nicht mehr auf Venedig zurückgegriffen, der Türkenkrieg war trotz gleicher Interessen Venedigs und Wiens in dieser Frage ein österreichisch-russisches Unterfangen geblieben.

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Der Gewinn des griechischen Territoriums hatte Venedig auch nicht mehr zu alten Höhen zurückführen können, einer strammen Katholisierungs- und einer bedenklichen Personalpolitik wegen, die die Amtsinhaber geradezu anhielt, die Bevölkerung auszusaugen und sich unbeliebt zu machen. Die Armee zur Verteidigung Venedigs wurde im Mai 1773 im Kugel- und Granatenhagel der Habsburger regelrecht zerschlagen, zu ihrer Ehrenrettung blieb nur noch ein Gefecht der gegnerischen Kavallerie-Regimenter auf Augenhöhe, zu einem Zeitpunkt, da die Schlacht bereits entschieden war.

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Die Niederlage und der Fall von Venedig war so eindeutig, dass die Republik augenblicklich auseinander fallen musste. Das Habsburger Heer marschierte ohne weitere Gegenwehr einer ausgelaugten Bevölkerung in die Lagunenstadt ein und machte den einst stolzen und mächtigen Stadtstaat zu einer Provinz des Habsburger Reiches.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 5. Juli 2012 19:43

Auch die übrigen Gebiete in Griechenland fielen zwangsläufig an die überlegenen Invasionstruppen der Österreicher. Zwar erhoben sich die Griechen, nachdem sie die Herrschaft der Venezianer abgeschüttelt hatten, gegen die neuerliche Besatzung durch ausländische Truppen, der Widerstand konnte angesichts der politischen Unordnung und der knappen Zeit nur rudimentär bleiben. Athen wurde Anfang November 1773 von den Habsburger Truppen nach einigen Kämpfen eingenommen.

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Die territoriale Geschlossenheit quasi im Rücken des Habsburger Reiches war mit der Eroberung der Ländereien der Republik Venedig 1773 innerhalb kürzester Zeit vollzogen. In Wien konnte man nun den zweiten Schritt zur Auseinandersetzung um die Oberhoheit in Deutschland tun. Der internationale Seehandel und die Herrschaft in den überseeischen Kolonien waren in den vergangen Jahren seit der Eroberung der Neuen Welt allzu sehr in den Händen der raffgierigen Jesuiten gewesen. Dieser katholische Orden hatte sich im Zuge der Missionierung der Heiden in aller Welt allzu sehr bereichert. Und das musste den imperialen Reichen wie Spanien und Österreich auf Dauer ein Dorn im Auge sein.

Die Unternehmungen des Ordens waren nicht immer erfolgreich geblieben, die Verfolgung und Vertreibung der christlichen Missionare aus Japan Ende des 16. Jahrhunderts gaben Zeugnis darüber. Der Jesuitenorden war auch danach starken Anfeindungen ausgesetzt, da er häufig von seinen Gegnern zahlreicher Verschwörungen verdächtigt wurde: Das Bild eines finsteren, romhörigen Jesuiten, der im Geheimen Intrigen spinnt, um nationale, protestantische oder aufklärerische Bestrebungen zu torpedieren, stand am Anfang der Geschichte der politischen Verschwörungstheorien der Neuzeit.

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Die klassische Textgrundlage für Jesuitenfeindschaft lieferten die Monita Secreta (lateinisch für geheime Ermahnungen), die 1614 in Krakau erschienen, und sich selbst als Instruktionen des fünften Ordensgenerals an die Patres ausgaben. Zweifel an der Authentizität des Dokuments sind jedoch angebracht, sie erfüllten eine ähnliche Funktion wie später die antisemitischen Protokolle der Weisen von Zion. Den Monita Secreta zufolge waren die Jesuiten aufgefordert, buchstäblich jedes Mittel anzuwenden, um Macht und Wohlstand des Ordens zu vermehren, wobei diese wahren Ziele strikt geheim zu halten wären. So wurde zum Beispiel empfohlen, Einfluss auf die Großen und Mächtigen dieser Welt zu gewinnen, indem man sich als Beichtvater großzügiger zeigt als Geistliche anderer Orden, die man durch Verleumdungen und andere Mittel von einflussreichen kirchlichen Ämtern möglichst fernhalten sollte. Politische und private Geheimnisse der Fürsten galt es demnach durch Bestechung ihrer Günstlinge und Diener herauszubekommen, reiche Witwen sollte man dazu bewegen, nicht wieder zu heiraten, damit sie ihr Vermögen dem Orden vermachten. Ihre Kinder sollten aus dem gleichen Grund dazu gebracht werden, dem Orden beizutreten. Dringend wurde dazu geraten, die wahren Vermögensverhältnisse des Ordens nicht an den Papst zu melden, sondern sich stattdessen ihm gegenüber und in der Öffentlichkeit stets als bedürftig, gegenüber den Armen aber als großzügig hinzustellen.

Ein Territorialkonflikt zwischen dem regierten Herzogtum Parma und dem Kirchenstaat bot schließlich den katholischen Habsburgern einen Hebel, um verstärkten Druck auf die päpstliche Kurie auszuüben, den verhassten Orden gänzlich aufheben zu lassen. Nach zähen Verhandlungen fügte sich Clemens XIV. und hob am 21. August 1773 den Orden auf.

In Wien verfolgte man zur Wahrung seiner eigenen Interessen am Überseehandel und der Ausbeutung der Kolonien sowohl eine - wie im Fall der Jesuiten - politische wie eine militärische Vorgehensweise. Militärisch anzugreifen waren die nicht zu unterschätzenden Umtriebe von Piraten in der Karibik, die teils mittels Kaperbriefe im Auftrag anderer Mächte, teils auf eigene Faust agierten und immer wieder Handelsschiffe aufbrachten und ausraubten. Ein Zentrum dieser Aktivitäten war das von Piraten besetzte Fort Antigua auf den so genannten Inseln unter dem Winde. Diese Festung musste nach Ansicht des österreichischen Gouverneurs in Louisiana ausgeräuchert werden. Um die stark befestigte Zitadelle mit ihren geschätzten 2.000 Mann Bewaffneten einzunehmen, landete die Habsburger Atlantikflotte mit fast 4.000 Soldaten an Bord im Jahre 1773 auf Antigua.

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Die geballte Macht der österreichischen Infanterie marschierte bei starkem Regen auf die Zinnen der Festung vor, während die Artillerie einen Abschnitt der Verteidigungsanlagen unter konzentriertes Feuer nahm.

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Während dieser Abschnitt noch sturmreif geschossen wurde, erklommen koloniale Hilfstruppen als Speerspitze des Heeres mutig die Mauern und lieferten sich einen unbarmherzigen Kampf gegen die Vogelfreien. Durch ihren Sturm auf die Mauern zwangen die Kolonialsoldaten die Piraten zum Verteidigen eben jenes Abschnitts, der unter besonderem Beschuss lag.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 5. Juli 2012 19:51

Die Einschläge der Kanonenkugeln zeigten schließlich ihre Wirkung. Unter lautem Getöse stürzte die Mauer ein und riss zahlreiche Kämpfer der Piraten mit sich in die Tiefe. Nun war eine Bresche zum Eindringen in das Fort geschlagen, den Überlebenden auf den Zinnen war zugleich der Rückzug abgeschnitten worden, doch sie kämpften ohne Anzeichen einer Entmutigung weiter.

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Die österreichische Streitmacht machte sich sogleich auf, sich den Weg durch die geschlagene Bresche zu ebnen, nachdem sich der gröbste Staub gelegt hatte. Von oben strömten rasch die Verteidiger hinunter, um die Öffnung persönlich gegen sie zu verteidigen.

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Jetzt begann ein harter, unnachgiebiger Kampf Mann gegen Mann um die Bresche. Für beiden Seiten war klar, dass der Durchbruch bzw. Verlust dieser Engstelle den Sieg und den Besitz des gesamten Forts bedeuten würde. Entsprechend hartnäckig ging das Hauen und Stechen weiter und weiter.

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Es war nach langem Ringen schließlich der bloßen Übermacht der Österreicher geschuldet, dass sie tiefer und tiefer in das Innere der Festung drängen konnten und die Verteidiger voneinander trennen konnten. Von nun an war es nur eine Frage der Zeit, bis die Piraten allesamt fallen würden.

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Am späten Nachmittag marschierten die übrigen Regimenter des Habsburger Heeres in die zum größten Teil eroberte Festung ein. Einzelne Widerstandsnester der Piraten innerhalb der Festungsanlagen hielten sich noch immer, besonders in den ausgedehnten unterirdischen Lagerräumen des Forts mussten die Österreicher noch tagelang einen unheimlichen Kampf bei Fackelschein führen, bis auch diese Bereiche gesäubert waren.

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Der österreichische Befehlshaber Hieronymus Weisse hatte mit seiner Einschätzung, dass die Eroberung der karibischen Festungen einen erheblichen Blutzoll verlangen würde, recht behalten. Über 1.000 Mann waren bei dem Sturm von Antigua getötet oder verwundet worden. Die als undiszipliniert geltenden Bewaffneten der Piraten hatten sich als überraschend geschickt und entschlossen in der Verteidigung ihres Stützpunktes erwiesen.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 7. Juli 2012 07:35

Nach der Eroberung und während der Kolonisierung Amerikas durch Spanien und Portugal entwickelte sich in der Zeit vom 16. bis ins 18. Jahrhundert besonders hier in der Karibik und in den Küstengebieten Südamerikas eine Form der Piraterie, die noch heute das Bild der Piraten in der populären Vorstellung maßgeblich bestimmt. Eine Feldschlacht mit Truppen der Piraten zählt zwar nicht dazu, das gibt es aber in Empire - wie hier bei meiner Invasion der Pirateninsel Martinique:

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Ein Charakteristikum dieser Epoche bestand darin, dass alle seefahrenden europäischen Nationen dazu neigten, sich auf See einen permanenten, hartnäckigen Krieg zu liefern, ohne Rücksicht darauf, ob sich dieselben Nationen zu Lande gerade im Krieg befanden oder nicht. So verwischte sich die ohnehin schon verschwommene Grenze zwischen mehr oder weniger legalen Kaperfahrern und illegalen Piraten vollständig, und es entwickelte sich das Phänomen des Freibeuters im eigentlichen Sinn. Das geopolitische Ziel der zunächst französischen und englischen, später auch niederländischen Regierungen bestand vorrangig darin, an den Reichtümern der Neuen Welt Teil zu haben, und nachrangig, den Handel ihrer Konkurrenten zu stören. Zusätzlich verschärft wurden diese Auseinandersetzungen durch die konfessionellen Unterschiede zwischen katholischen und protestantischen Nationen.

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Ziel der Freibeuter war zunächst vor allem die spanische Silberflotte, mit der die jährliche Ausbeute der süd- und mittelamerikanischen Bergwerke nach Spanien geschafft wurde. Die Mannschaften wurden hierbei unter den einheimischen Bukanieren rekrutiert, die einen ganz eigenen Lebensstil mit eigenen Gesetzen entwickelten, und die bei ihren Raubzügen bald auch auf solche Äußerlichkeiten wie Kaperbriefe verzichteten.

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Bereits 1605 verfasste Grotius ein Rechtsgutachten für die Niederländische Ostindien-Kompanie, ein Kapitel daraus wurde unter dem Titel "Mare Liberum" („Das freie Meer“) veröffentlicht. Die katholische Kirche indizierte "Mare liberum" umgehend, da es die päpstliche Weltordnung untergrub. Grotius formulierte hier einen revolutionären neuen Grundsatz, indem er erklärte, die Meere seien internationale Gewässer und alle Nationen hätten das Recht, sie zur Handelsschifffahrt zu nutzen. Auch England, mit den Holländern heftig um die Herrschaft im Welthandel konkurrierend, widersetzte sich dieser Idee und behauptete mit der Veröffentlichung "Mare clausum" eine weiträumige Gewässerhoheit um die Britischen Inseln. Ein Kompromiss dieser beiden Vorstellungen bejahte das Eigentum am Meer nur für die Reichweite der damaligen Geschütze. Mit dieser sinnvollen Einschränkung, der Dreimeilenzone, sollte sich Grotius’ Freiheit der Meere schließlich als Grundlage des modernen Seerechts durchsetzen.

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Die Ära der Piraten endete eigentlich bereits zu Beginn des Empire-Zeitraums, als alle damaligen Großmächte das Interesse an einem gesicherten Seehandel höher zu schätzen begannen als die Schwächung anderer Staaten. In der Folge kam es zu verstärkten Maßnahmen aller Seemächte gegen Seeräuberei. Mit meinen Österreichern habe ich einen nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen, erneute Verluste von 850 Mann sind kein Pappenstiel.

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Die zahlreichen, aber nun von aller Welt geächteten, Piraten suchten sich zunächst andere Zufluchtsstätten außerhalb der Karibik, wie die Häfen Nordamerikas, die Küsten Westafrikas oder Madagaskar. Aber auch hier wurden sie nach und nach vertrieben. Mit der zunehmenden Entwicklung und Durchsetzung des internationalen Seerechts durch die Marinen der Überseehandel treibenden Nationen und mit der Erfindung und Verbreitung der Dampfschifffahrt wurde die klassische Piraterie im Einflussbereich der westlichen Industrienationen im Laufe des 19. Jahrhunderts dann immer mehr zurückgedrängt.

Der internationale Handel konnte aufblühen. In der österreichischen Kolonie Texas wurde nach den Säuberungen der Karibik von Piratenaktivitäten die Hafenstadt Corpus Christi gegründet:

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Der Erfolg bei den Kriegszügen in der Karibik war, wenn auch von dem Verlust an Truppen begleitet, bei den Österreichern. In der Alten Welt wurde das Habsburger Reich allerdings zunehmend mit den Problemen ihres neu geschaffenen Vielvölker-Imperiums konfrontiert. Das von Wien kontrollierte Griechenland kam nach seiner Besetzung nicht zur Ruhe.

Nachdem die Griechen das Gefühl, durch die Besatzer ihre eigene kulturelle Identität zu verlieren, zu einem Streik bewogen hatte, probten die Leute in den Straßen von Athen den Aufstand. Die hohe Unzufriedenheit der unteren Klasse brach sich mit Gewalt Bahn, bei den Ausschreitungen kamen 1.500 Menschen ums Leben und der Pöbel stürmte und zerstörte die Klassische Universität von Athen.

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Im kaiserlichen Kabinett zu Wien wurde darüber beraten, wie man mit den Unruhen, die innerhalb der nächsten Monate zu einer gefährlichen Rebellion auszuwachsen drohte, umgehen sollte. Die repressiven Maßnahmen waren weitgehend ausgeschöpft. Im Kabinett beschloss man zum einen, die bei der griechischen Bevölkerung als Symbol der Fremdherrschaft verhasste Klassische Universität nicht weiter zu betreiben. Mit Erlaubnis des Kaisers sah man sich darüber hinaus dazu gezwungen, den Griechen die Zahlung von Steuern zu erlassen.

Diese Entscheidung sorgte wiederum in Wien für Empörung, ächzte die Bevölkerung doch auch hier unter den hohen Steuern, die die Regierung ihr hier auferlegt hatte. Die Zufriedenheit der unteren Klasse Österreichs sank auf Null, nachdem die Zeitungen in Wien die Nachricht von den finanziellen Hilfen für Griechenland gemeldet und ausgeschlachtet hatten.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 17. November 2012 19:59

Die Expansion zu Lasten des Osmanischen Reiches führte das Habsburger Reich an die Spitze der europäischen Mächte, schuf in seinem Inneren aber neue Probleme. Die Vielfalt der Untertanen - in protestantischen Gebieten, den muslimischen Provinzen sowie in den rauen Weiten der überseeischen Kolonien - stellte eine große Belastung für den Regierungsapparat dar. Der mühsam erzwungene Zusammenhalt der Provinzen der österreichischen Krone wurde 1775 durch eine Verkettung unglücklicher Ereignisse vor eine einmalige Belastung gestellt, die das Heilige Römische Reich in eine existenzielle Krise stürzen sollte.

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Bis dahin erschien die Erbfolge innerhalb des Hauses Habsburg sowie die Weitergabe der Kaiserkrone gut vorbereitet. Seit 1765 war Franz Joseph I. Kaiser des Reiches und im gleichen Jahr war sein 22jähriger Sohn Ferdinand zum König der österreichischen Stammlande gekrönt worden. Seitdem galt Ferdinand I. von Österreich zugleich auch als Nachfolger seines Vaters als Kaiser des Heiligen Reiches gesetzt, denn er war der einzige männliche Nachkomme. Das Unglück begann mit dem plötzlichen Tod des Königs und kaiserlichen Thronfolgers am 28. September 1775. Bei der Jagd ritt Ferdinand von Österreich so unglücklich mit seiner Stirn gegen einen Ast, dass seine Kopfverletzung derart anschwoll, dass sie innerhalb weniger Tage zu seinem Tod führte.

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Die Thronfolge innerhalb des Habsburger Hauses konnte noch recht einfach gelöst werden, denn Ferdinand besaß noch drei Schwestern (Elisabeth Christine, Elisabeth und Maria Theresia), von denen die älteste am 8. Oktober 1775 als Elisabeth III. Christine zur österreichischen Königin gekrönt wurde.

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Problematisch war dagegen, dass die Königin trotz ihres Alters von nur 26 Jahren bereits verwitwet war. Auch ihre beiden jüngeren Schwestern waren - aufgrund ihres jungen Alters - noch ledig. In Wien erkannte man, dass man zügig einen Ehegatten für die Königin ausfindig machen musste, denn für die Thronfolge des Kaisers stand nach dem Tod Ferdinands kein direkter Nachkomme zur Verfügung. Die Kaiserwürde des Heiligen Reiches konnte Elisabeth III. nicht persönlich annehmen, da die Wahl der Kurfürsten nicht für Frauen offen stand. Auch in der Vergangenheit war diese Frage dadurch gelöst worden, dass der Ehemann der Königin die Kaiserwürde für das Haus Habsburg annahm. Eile war geboten, denn der Kaiser war bereits 67 Jahre alt.

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Doch bevor es zu einer Hochzeit Elisabeths III. kommen konnte, starb ihr Vater, der Kaiser Franz Joseph I., am 12. Oktober 1775 nach einem Schlaganfall. Damit hatte das Haus Habsburg sein Oberhaupt und seinen Nachfolger innerhalb von nur zwei Wochen verloren.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 18. November 2012 19:45

Damit schlug die Stunde der Gegner Habsburgs, die schon lange die wachsende Macht Österreichs argwöhnisch beobachteten. Zwar stellte Wien mit dem jungen Franz Joseph II. aus der Linie Habsburg-Lothringen ein Familienmitglied zur Kurfürstenwahl in Frankfurt.

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Doch dieses Mal meldete sich ein Konkurrent zu Wort und kündigte an, ebenfalls für die Kaiserkrone des Heiligen Reiches kandidieren zu wollen: Der französische König Georg III. aus dem Hause Hannover. Seit Generationen hatte es niemand mehr gewagt, ernsthaft gegen den Favoriten der Habsburger in der Wahl anzutreten. Stets war es letztlich nur um das Taktieren um den Preis von Wahlstimmen gegangen, die man sich teuer von den Habsburgern vergolden lassen wollte. Erst das Zusammenfallen verschiedener Umstände ließ die Suche nach einem neuen Kaiser 1775/76 zu einer Staatskrise auswachsen. Zum einen war auf Seiten von Habsburg nach dem Tod des vorgesehenen Thronfolgers mit Franz Joseph II. ein nur schwacher Kandidat zur Hand. Gleichzeitig war die Macht des Habsburger Reiches nach dem Gewinn osmanischer und amerikanischer Territorien so groß geworden, dass sich die kleineren Reichsglieder teilweise an Habsburgs Widersacher Frankreich-Hannover orientierten. Allen voran war es das Königreich Preußen, dass sich politisch Georg III. anschloss, um der Dominanz von Wien zu entgehen.

Seit längerem begannen die beiden größten Territorialkomplexe des Reiches, das Erzherzogtum Österreich und Frankreich-Hannover, immer mehr aus dem Reichsverband herauszuwachsen. Das Haus Österreich konnte nach dem Sieg über die Türken im Großen Türkenkrieg große Gebiete außerhalb des Reiches erwerben, wodurch sich automatisch der Schwerpunkt der habsburgischen Politik nach Südosten verschob. Dies wurde besonders unter Kaiser Franz Joseph I. deutlich. Ähnlich verhielt es sich mit Frankreich-Hannover, auch hier befand sich ein Teil des Territoriums außerhalb des Reiches. Zur zunehmenden Rivalität, die das Reichsgefüge stark beanspruchte, traten jedoch noch Änderungen im Denken der Zeit hinzu. War es bis zum Dreißigjährigen Krieg für das Ansehen eines Herrschers sehr wichtig, welche Titel er besaß und an welcher Position in der Hierarchie des Reiches und des europäischen Adels er stand, so traten nun andere Faktoren wie die Größe des Territoriums sowie die wirtschaftliche und militärische Macht stärker in den Vordergrund. Es setzte sich die Ansicht durch, dass nur die Macht, die aus diesen quantifizierbaren Angaben resultierte, tatsächlich zähle. Dies ist nach Ansicht von Historikern eine Spätfolge des großen Krieges, in dem altehrwürdige Titel, Ansprüche und Rechtspositionen insbesondere der kleineren Reichsstände fast keine Rolle mehr spielten und fingierten oder tatsächlichen Sachzwängen des Krieges untergeordnet wurden.

Diese Denkkategorien waren jedoch nicht mit dem bisherigen System des Reiches vereinbar, das dem Reich und allen seinen Mitgliedern einen rechtlichen Schutz des Status quo gewährleisten und sie vor dem Übermut der Macht schützen sollte. Dieser Konflikt zeigt sich unter anderem in der Arbeit des Reichstages. Seine Zusammensetzung unterschied zwar zwischen Kurfürsten und Fürsten, Hocharistokratie und städtischen Magistraten, katholisch und protestantisch, aber beispielsweise nicht zwischen Ständen, die ein stehendes Heer unterhielten, und denen, die schutzlos waren. Diese Diskrepanz zwischen tatsächlicher Macht und althergebrachter Hierarchie führte zum Verlangen der großen, mächtigen Stände nach einer Lockerung des Reichsverbandes. Hinzu kam das Denken der Aufklärung, das den konservativen bewahrenden Charakter, die Komplexität, ja sogar die Idee des Reiches an sich hinterfragte und als „unnatürlich“ darstellte. Die Idee der Gleichheit der Menschen war nicht in Übereinstimmung zu bringen mit der Reichsidee, das Vorhandene zu bewahren und jedem Stand seinen zugewiesenen Platz im Gefüge des Reiches zu sichern.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Frankreich-Hannover und Österreich nicht mehr in den Reichsverband passten, nicht nur auf Grund der schieren Größe, sondern auch wegen der inneren Verfasstheit der beiden zu Staaten gewordenen Territorien. Beide hatten die ursprünglich auch in ihrem Inneren dezentral und ständisch geprägten Länder reformiert und den Einfluss der Landstände gebrochen. Nur so waren die verschiedenen ererbten und eroberten jeweiligen Länder sinnvoll zu verwalten und zu bewahren sowie ein stehendes Heer zu finanzieren. Den kleineren Territorien war dieser Reformweg verschlossen. Ein Landesherr, der Reformen dieses Ausmaßes unternommen hätte, wäre unweigerlich mit den Reichsgerichten in Konflikt geraten, da diese den Landständen beigestanden hätten, gegen deren Privilegien ein Landesherr hätte verstoßen müssen. Der Kaiser in seiner Rolle als österreichischer Landesherr hatte den von ihm besetzten Reichshofrat natürlich nicht so zu fürchten wie andere Landesherrn und in Paris scherte man sich um die Reichsinstitutionen sowieso kaum. Eine Exekution der Urteile wäre faktisch nicht möglich gewesen. Auch diese andere innere Verfasstheit der beiden großen Mächte trug zur Entfremdung vom Reich bei.

Die Auseinandersetzung zwischen Hannover und Österreich war für das Reich verheerend. Frankreich-Hannover wollte das Reich nicht stärken, sondern für seine Zwecke gebrauchen. Auch die Habsburger, die durch das Bündnis vieler Reichsstände mit Hannover und die drohende Wahl eines Nicht-Habsburgers auf den Kaiserthron verstimmt waren, setzten nun viel eindeutiger als bislang auf eine Politik, die sich allein auf Österreich und dessen Macht bezog. Der Kaisertitel wurde fast nur noch wegen dessen Klang und des höheren Rangs gegenüber allen europäischen Herrschern erstrebt. Die Reichsinstitutionen waren zu Nebenschauplätzen der Machtpolitik verkommen und die Verfassung des Reiches hatte mit der Wirklichkeit nicht mehr viel zu tun. Georg III. versuchte durch Instrumentalisierung des Reichstages Österreich zu treffen und es gelang ihm, sich zum Beschützer des Reiches und der kleinen Reichsstände und damit quasi zum „Gegenkaiser“ aufzuschwingen.

Die Frankfurter Verhandlungen über die Kurfürstenwahl des neuen Kaisers im Herbst 1775 mussten wegen des Disputs um die Kandidatur Georgs III. und die Vergabe der Brandenburger Stimme ergebnislos bleiben. Die Habsburger mussten eine einfache Mehrheit und damit die erfolgreiche Wahl Georgs befürchten und zogen daher schon alleine die Rechtmäßigkeit von dessen Kandidatur in Frage. Die österreichischen Abgesandten bemängelten, dass ein französischer König nicht für die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation kandidieren könne. Die Vertreter von Frankreich-Hannover dagegen verwiesen auf die seinerzeit ebenfalls gültigen Wahlen des Engländers Richard von Cornwall sowie Alfons von Kastilien zu Kaisern während der Zeit des Interregnum im 13. Jahrhundert. Spitz fügten sie hinzu, dass auch spanische Könige der Habsburger in der Vergangenheit die Kaiserwürde angestrebt bzw. erhalten hatten. Ein Wiener Gutachten kam dagegen zu dem Schluss, dass die Kandidatur des Monarchen Frankreichs gänzlich anders zu bewerten sei.

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