[AAR] Empire - Sie trugen die Krone

AAR zum Spiel u.a. Empire: Total War

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 10. Mai 2012 18:53

IV. DER KRIEG IM WESTEN (AB 1727)

Die Aufmerksamkeit des Habsburger Reiches hatte in den Jahren seit Beginn des Krieges mit Polen-Litauen und Russland im Jahre 1711 vornehmlich dem Osten gegolten. Der Westen, also die Reichspolitik des Kaisers, schien seit der Zurechtweisung von Preußen in einem gut austarierten System politisch stabil zu sein. Mit dem protestantischen Hannover hatte Österreich einen Juniorpartner im Reich, für den niemand anderes als Großbritannien garantierte. Diese Koalition war imstande, den nach Einfluss und Expansion drängenden französischen König jenseits des Rheins zu halten. Der pfälzische Erbfolgekrieg Ende des 17. Jahrhunderts hatte verheerend aufgezeigt, dass die Reunionspolitik Ludwigs XIV. auf nicht weniger als die Annexion jener Gebiete des Heiligen Römischen Reichs zielte, die nach französischer Auffassung mit bestimmten unter französischer Souveränität stehenden Territorien rechtlich verbunden waren und daher mit diesen „wiedervereint“ werden sollten. Seit Beginn der 1720er Jahre verfolgte Ludwig XIV. die Wiederaufnahme dieser Politik - in der nicht unbegründeten Annahme, dass Leopold I. wegen des Eingreifens von Russland im Krieg Polens gegen Österreich im Osten gebunden sei und nicht energisch gegen ein französisches Mitwirken im Westen des Heiligen Reiches vorgehen könne.

Ludwig XIV. setzte 1723 so genannte Reunionskammern in Metz ein, die mit Hilfe alter Verträge (meist bezogen auf mittelalterliche Lehensverhältnisse) die angebliche historische Zugehörigkeit bestimmter Gebiete gerichtlich feststellen sollten. Diese Gerichtsverfahren dienten dazu, den expansionistischen Zielen Ludwigs XIV. eine juristische Legitimation zu verschaffen. Sie beruhten auf fragwürdigen Grundlagen und waren auch schon im 18. Jahrhundert und selbst innerhalb Frankreichs umstritten.

Ausgangspunkt der Argumentation waren jene Territorien des Heiligen Römischen Reiches, die im Westfälischen Frieden von 1648 und in den Verträgen von Nimwegen 1678 mit Anerkennung des Reiches unter die Herrschaft des französischen Königs gekommen waren, darunter die zehn Reichsstädte des Elsass und der Sundgau. Nach französischer Auffassung waren mit diesen Abtretungen auch alle Gebiete, die zu diesen Territorien irgendwann einmal in lehnsrechtlicher Abhängigkeit gestanden hatten, als „Dependenz- und Pertinenzstücke“ der Souveränität des französischen Königs unterworfen. Man benutzte zur Durchsetzung dieses Anspruchs das juristische Mittel der „Reunionsklage“, mit der im alten Recht der Inhaber eines Gutes gegen dessen Aufteilung beispielsweise durch Erben vorgehen und die „Wiedervereinigung“ des Gutes einfordern konnte, wenn ein Aufteilungsverbot bestand. Die Reunionspolitik ging also von der Verfassungsstruktur des Lehnsrechtes aus und benutzte die (vermeintlichen) Rechte der seit 1648 durch den französischen König erworbenen Herrschaftstitel als Hebel. Sie behauptete dagegen nicht, dass die zu annektierenden Gebiete früher einmal „französisch“ gewesen wären. Die eigens geschaffenen Reunionskammern sprachen die Urteile durchweg im Sinne des französischen Königs. Die betroffenen Fürsten oder Städte erhielten daraufhin die Aufforderung, sich der französischen Souveränität zu unterwerfen.

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Eine ähnliche Konstellation hatte es bereits 1697 gegeben, damals war die Pfalz zum Mittelpunkt der Auseinandersetzung geworden. Dreißig Jahre später entzündete sich die Krise am konfessionellen Streit in Westfalen. Das Herzogtum unterstand dem Kölner Erzbischof Joseph Clemens von Wittelsbach, die eigentliche Regierung leitete von Beginn an aber sein Kanzler Johann Friedrich Karg von Bebenburg. Obwohl er auch dem Kaiser die Macht in Köln verdankte, glaubte sich Joseph Clemens nicht genügend von diesem unterstützt. Wegen der wachsenden Macht Hannovers begann er sich in Richtung Frankreich zu orientieren. Joseph Clemens erhielt aus Frankreich beträchtliche Subsidien, die er insbesondere für den Wiederaufbau der zerstörten Schlösser benutzte, schließlich ging er ein Bündnis mit Ludwig XIV. von Frankreich ein. Der Kurfürst nahm Partei für die Seite des Ludwigs, um im Rheinland in Ruhe regieren zu können und auch finanzielle Unterstützung zu erhalten. Hierzu unterschrieb Bebenburg im Auftrag des Erzbischofs am 13. Februar 1720 das Geheimbündnis mit Frankreich und ließ auch zu, dass im Gegenzug französische Truppen im Rheinland stationiert werden durften.

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In Westfalen verursachten immer wieder konfessionelle Streitigkeiten Unruhe. Das Herzogtum war katholisch regiert, besaß aber viele protestantische Einwohner. Joseph Clemens agierte zunächst vorsichtig in dem überwiegend reformierten Land und bestätigte offiziell die Rechte der Reformierten. Mit Unterstützung der Franzosen betrieb er jedoch eine unverhohlene Rekatholisierungspolitik. Für das Herzogtum erließ Joseph Clemens schon 1716 die Bestimmung, dass die Untertanen nicht als Knechte und Mägde in protestantischen Orten arbeiten durften. Evangelisches Kirchengut wurde spätestens ab 1720 massiv an die Katholiken übergeben und die katholische Kirche wo nur möglich gefördert. 1723 erging eine Verordnung, dass die reformierten Kirchen an allen Orten, an denen Katholiken wohnten, auch durch diese genutzt werden durften. Nichtkatholiken sollten in Zukunft auch bei katholischen Prozessionen den Hut abnehmen und vor der Monstranz niederknien. Die Protestanten wehrten sich gegen diese Maßnahmen, und die evangelischen Reichsstände, namentlich Hannover, übten Druck auf den Kölner Erzbischof aus.

Hannover blockierte aus Protest gegen die Rekatholisierung den Reichstag, was Westfalen mit der Forderung konterte, Hannover müsse seinen achten Kurfürstensitz räumen und den Titel zurückgeben. Vordergründig ging es wieder um ein Gerangel um Titel. Leopold I. versuchte den Streit dadurch zu lösen, indem er die immer noch ungeklärte Erzamtsfrage mit Hilfe eines neu geschaffenen Erzstallmeistertitels für Hannover klären wollte. Der Vertreter Hannovers im Reichstag bezeichnete die Mehrheit, die ihn hier überstimmte (und die überwiegend aus katholischen Fürsten bestand) als ein Religionsgravamen. Im Klartext: Er drohte mit der "itio in partes", also dem Auseinandertreten des Reichstags in ein katholisches und ein evangelisches Corpus, von denen keines das andere überstimmen konnte. Tatsächlich hatte der Westfälische Frieden von 1648 diese Regelung für Religionsstreitigkeiten festgesetzt. Nur durch einen friedlichen Ausgleich ließ sich in einem solchen Fall die Angelegenheit beenden. Doch kam es nicht dazu, weil der Streit durch die Intervention ausländischer Mächte, ihnen voran Frankreich, eskalierte.

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Ab 1727 nahm die französische Politik eine für Hannover bedrohliche Form an. Joseph Clemens wurde von Ludwig XIV. gedrängt, im Streit mit Hannover die Unterstützung französischer Soldaten anzufordern. Im Rahmen von Ludwigs Reunionspolitik wurden linksrheinische Gebiete unter fadenscheinigen Begründungen nach und nach von Frankreich annektiert. Nachdem Frankreich in Westafeln einmarschiert war, um auch dieses Territorium mit Frankreich zu vereinen, entschloss sich das Heilige Römische Reich zum Krieg, um die Reunion rückgängig zu machen. Die fehlende Präsenz des Kaisertums im Heiligen Reich machte sich fatal bemerkbar. Es war nicht nur Frankreich die Schutzmacht Westfalens, auch Hannover wurde protegiert, und zwar von Frankreichs Rivalen Großbritannien. Damit wurden wegen der Verbindung mit dem Haus Oranien auch die Niederlande in den Konflikt hineingezogen - was wiederum Spaniens aufgrund seiner vitalen Interessen in dieser Region auf den Plan rufen musste.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 11. Mai 2012 19:46

Leopold I. war der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, daher spielte er eine besondere Rolle in dem ausgebrochenen Krieg zwischen den beiden Reichsmitgliedern Westfalen und Hannover. Man könnte meinen, dass der katholische Habsburger Partei für die Sache des Erzbischofs ergreifen würde, dem war aber nicht so. Denn Leopold I. fürchtete wie die deutschen Kurfürsten auch eine französische Dominanz in der Reichspolitik und wollte es nicht der Koalition Hannover-Großbritannien überlassen, die Reichsmitglieder gegen Frankreich anzuführen. Bald schon tobten von der Pfalz bis nach Holland die Kämpfe entlang des Rheins, wurden zahlreiche Städte und Dörfer angezündet: Die protestantischen Dörfer von den katholischen Truppen Westfalens und Frankreichs, die katholischen Dörfer von den Soldaten Hannovers.

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Der Kaiser saß zwar entfernt in Wien, nahm in dem Reichskrieg zwischen Westfalen und Hannover aber eine entscheidende Rolle ein, immerhin war er das nominelle Oberhaupt des Heiligen Reiches. Leopold I. stellte sich zum einen auf die Seite von Hannover, um nicht dessen Schutzmacht Großbritannien zu verprellen. Der Kaiser verurteilte aber auch das Auftreten Hannovers im Reichstag und gab dem Erzbischof Joseph Clemens bezüglich einiger Gesetze zur Rekatholisierung recht. Leopold I. konnte es sich nicht erlauben, durch eine zu schroffe Ablehnung das Herzogtum Westfalen ganz in die Arme der Franzosen zu treiben. Zudem argwöhnte der Habsburger, dass ein erstarkendes Hannover im Reich ein Gegengewicht zu seinem Haus bilden könnte. Deshalb suchte Leopold I. selbst in dieser Situation in einer Art Schaukelpolitik den Kontakt zu Ludwig XIV. von Frankreich. Denn nur mit Unterstützung des Königs zu Versailles war an eine Verwirklichung der Pragmatischen Sanktion, also der Anerkennung einer weiblichen Thronfolge im Habsburger Reich, zu denken.

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Die Wiener Ambitionen galten ausdrücklich dem Erwerb der Kaiserkrone. Leopold I. war nämlich inzwischen 70 Jahre alt und musste deshalb mit einem baldigen Tod rechnen. Zur Sicherung der weiblichen Erbfolge hatte Leopold I. darum schon im Jahre 1713 die Pragmatische Sanktion erlassen. Diese bestimmte zum einen, dass das Land nicht durch Vererbung gespalten werden durfte, und zum anderen, dass seine älteste Tochter im Falle des Fehlens eines männlichen Thronfolgers seine Nachfolge antreten konnte. Er hob so die Erbfolge des Salischen Gesetzes auf, welche die Nachfolge von Töchtern ausschloss.

Obwohl Leopold I. mit Kaiserin Maria Theresia vier gemeinsame Kinder hatte (zwei Töchter und zwei Söhne), war eine weitere Anspruchstellerin die erste in der Thronfolge der Habsburger: Elisabeth Amalia. Wir machen das beste für die Story daraus.

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Angesichts des bevorstehenden Erbes wurde die Frage der Vermählung Elisabeth Amalias ein wichtiges Thema der europäischen Politik. Leopold I. erwog verschiedene Heiratskandidaten. Dazu zählte ein Sohn Philipps V. von Spanien, ein möglicher Thronfolger Spaniens. Dagegen sprachen sich Großbritannien und die Niederlande aus, die eine Störung des Mächtegleichgewichts befürchteten und deswegen nur einen Gatten aus einem weniger mächtigem Haus akzeptieren wollten. Die Entscheidung fiel daher auf eine Ehe zwischen Elisabeth Amalia und Franz Stephan von Lothringen. Er lebte schon lange am Wiener Hof, wodurch Elisabeth Amalia und er sich kannten und mochten, und Kaiser Leopold I. war ihm ebenfalls nicht abgeneigt. Die Heirat fand am 12. Februar 1728 in Wien statt. Im Rahmen der europäischen Gleichgewichtspolitik musste Franz Stephan auf seine Herzogtümer Lothringen und Bar verzichten und erhielt nach dem Aussterben der Medici das Herzogtum Toskana. Das Paar verband eine tiefe Zuneigung, auch weil sie sich bereits vor der Ehe schätzten. Die Ehe war durchaus glücklich, obwohl Franz Stephan verschiedene Affären hatte.

Die Anerkennung von Elisabeth Amalia als Erbin des Hauses Habsburg durch die anderen großen Mächte Europas war für den ungeteilten Fortbestand der Königreiche Österreich-Ungarn von großer Bedeutung. Deshalb hielt sich Leopold I. im aufgeflammten Krieg am Rhein auffällig zurück. Die Haltung Frankreichs und Spaniens in dieser Frage war einfach zu wichtig, als dass der Habsburger diese beiden Mächte wegen eines Krieges zwischen Hannover und Westfalen gegen sich aufgebracht hätte.

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Bezüglich des Krieges am Rhein ergriff der Kaiser angesichts seines fortgeschrittenen Alters also eine deutlich inaktivere Rolle als seinerzeit noch gegen Preußen, nachdem Friedrich I. in Sachsen einmarschiert war. Leopold I. wartete die Entwicklung des neuen Konflikt lieber ab und widmete sich sogar wieder innenpolitischen Reformen. Aus der Leipziger Schule kamen nämlich 1730 interessante neue Denkansätze zur Ökonomie zum Hof in Wien: Sie kritisierten den bisherigen Merkantilismus.

Die habsburgischen römisch-deutschen Kaiser waren seit langem an der merkantilistischen Politik interessiert, aber die großflächige und dezentrale Struktur ihres Reiches mit vielen Akteuren machte die Umsetzung schwierig. Nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges stand in den deutschen Fürstenstaaten die Steigerung der Bevölkerungszahlen, die Peuplierung, im Mittelpunkt ihrer Politik. Da allgemein angenommen wurde, dass die Bevölkerungszahl unmittelbaren Einfluss auf den Reichtum eines Landes hätte und die Möglichkeit seines Fürsten, Truppen auszuheben limitierte, wurden Maßnahmen zur Erhöhung der Bevölkerungszahl getroffen. Die Einwanderung wurde gefördert, die Auswanderung wurde verboten. Darüber hinaus begann das merkantilistische Schrifttum in Deutschland sich über Haushalt, Verwaltungs- und Besteuerungsverfahren, Staatskredite und staatliche Buchführung Gedanken zu machen und diese zu systematisieren.

Der Merkantilismus förderte auch die immense Gewaltausbreitung im 18. Jahrhundert in Europa. Da das Welthandelsvolumen als konstant angesehen wurde, glaubte man, das eigene Handelsvolumen nur dadurch erhöhen zu können, dass man anderen ihren Handel wegnahm. Die häufigen Kriege während dieser Periode verstärkten wiederum den Merkantilismus, der als notwendige Komponente erfolgreicher Kriegsführung gesehen wurde. Ebenso verstärkte er den Imperialismus dieser Zeit, da jeder Staat versuchte, neue Kolonien als Rohstofflieferanten und exklusiven Handelspartner zu gewinnen.

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Gelehrte wie John Locke kritisierten den Merkantilismus lange bevor Adam Smith seine klassische Theorie formulierte. Die Merkantilisten konnten den Begriff des komparativen Vorteils und den Nutzen des Freihandels nicht nachvollziehen. Handel, so argumentierten die Kritiker des Merkantilismus, sei kein ruinöses Nullsummenspiel, sondern könne für beide Seiten vorteilhaft sein. Durch Importbeschränkungen und Zölle entginge beiden Nationen dieser Vorteil.

David Hume zeigte die Unmöglichkeit einer konstant positiven Außenhandelsbilanz, die von den Merkantilisten angestrebt wurde. Wenn Geld in ein Land fließt, so werde der Wert des Geldes in diesem Land beständig sinken, da die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt. Damit würden die Güter immer teurer werden. Umgekehrt würden in dem Land, das Geld exportiert und Güter importiert, die Preise langsam fallen. An irgendeinem Punkt wäre es dann nicht mehr kosteneffektiv, Güter von einem Hochpreisland in ein Niedrigpreisland zu exportieren, und die Außenhandelsbilanz würde sich umkehren. Die Merkantilisten unterschätzten diesen Vorgang, weil die frühen Monetaristen noch vom Wert des Edelmetalls überzeugt waren und annahmen, die Ausweitung der zirkulierenden Geldmenge würde das Land reicher machen. Die Wichtigkeit, die den Geldreserven beigemessen wurde, war ebenfalls ein zentrales Ziel der Kritiker, auch wenn viele Merkantilisten von selbst begonnen hatten, Gold und Silber als weniger wichtig zu sehen. Für Adam Smith war Gold ein Gut wie jedes andere, nichts anderes als ein gelbes Mineral, das nur aufgrund seiner Seltenheit so gefragt war.

Die Physiokraten in Leipzig bildeten die erste Schule, die den Merkantilismus komplett ablehnte.

In eine ähnliche Kerbe schlug der Liberalismus auch im Sinne des individuellen Freiheitsbegriffs. Die Strafe von -2 auf die Zufriedenheit der Bevölkerung wurde mehr als aufgewogen von den +12% Forschung, den +6 Gold Wirtschaftswachstum je Runde und dem +1 auf die Qualifikation des Justizapparates.

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Im Jahre 1732 wurde Leopold I. im Alter von 74 Jahren ernsthaft krank. Seine größte Sorge galt nun der europäischen Anerkennung der Habsburger Pragmatischen Sanktion, denn er wollte um jeden Preis verhindern, dass sein Reich nach seinem Tod einst verteilt werde. Nicht weniger wichtig als die Anerkennung der weiblichen Erbfolge war ihm die unverletzliche Einheit der Gesamtmonarchie. Das hatte zum Teil schmerzliche Opfer im außenpolitischen gefordert. Der Anerkennungsbeschluss des Reiches kam ohne die Zustimmung Westfalens zustande, weil Joseph Clemens seine Interessen durch die Wiener Politik missachtet fühlte.

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Spannend wurde die internationale Anerkennung der Erbfolge 1732 deshalb noch einmal, weil es in Großbritannien und Frankreich zu einer Thronfolge kam und die Haltung der beiden neuen Monarchen erneut sondiert werden musste. In England hatte nach dem Tod Georgs I. von Braunschweig-Lüneburg seine erste Tochter Victoria den Thron bestiegen. Sie erkannte die Habsburger Erbfolgeregelung an, als Gegenleistung musste Österreich auf eine eigene Ostindische Handelskompanie verzichten. Großbritannien wollte sich so den lukrativen Handel in Indien und Afrika sichern.

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Der wichtigste unter den europäischen Staaten war aber noch nicht gewonnen: Frankreich, der alte Rivale des Hauses Habsburg. Dort hatte nach dem Tod von Ludwig XV. nunmehr der Enkel des Sonnenkönigs (Ludwig XIV.) den französischen Thron bestiegen. Er hieß - Überraschung - ebenfalls Ludwig, war also der 16. König dieses Namens.

Ludwig XVI. zeigte sich in der Frage der Pragmatischen Sanktion offen, und das in jeder Hinsicht. Er signalisierte seine Anerkennung, indem er mit Leopold I. einen Vertrag abschloss, nach dem das Herzogtum Lothringen von Franz Stephan von Lothringen auf Stanislaus Leszczjnski - und nach dessen Tod auf die französische Krone - übergehen sollte. Im Gegenzug befürwortete Ludwig XVI. die Heirat mit Leopolds ältester Nichte Elisabeth Amalia. Sie war die Habsburger Erbin, ihr Gatte Franz Stephan mithin also der Anwärter auf die Nachfolge Leopolds als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Allerdings, bezeichnenderweise, behielt sich Ludwig XVI. bei dem im Vertrag fixierten Länderaustausch die Einschränkung "mit Vorbehalt der Rechte Dritte" vor, womit alle Türen für spätere Interventionen offen blieben.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 12. Mai 2012 18:40

Die folgenden Ereignisse zeigten, dass Prinz Eugen rechte hatte, als er sagte, eine starke Armee und ein wohlgefüllter Schatz seien die beste Garantie für die Pragmatische Sanktion. Am 20. Juli 1734 trat das Ereignis ein, das Europa den Atem anhalten ließ. An diesem Tag starb Kaiser Leopold I. und damit war der Augenblick gekommen, wo sich sein Lebenswerk, die Pragmatische Sanktion, bewähren musste.

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Der Tod des Monarchen musste tief greifende politische Verschiebungen in ganz Europa auslösen. In den herrscherlichen Residenzen stellte man sich die Frage, ob das Haus Habsburg, das von Albrecht II. 1438 bis zum Tod Leopold I. im Jahre 1734 ununterbrochen die römischen Kaiser gestellt hatte, durch die Wittelsbacher vom Thron verdrängt werden könnte.

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In auffälliger Eile wurde in Wien Leopolds Nichte, die 53jährige Elisabeth Amalia zur Königin von Österreich und Ungarn gekrönt. Ihren Gatten Franz bestellte sie nach der Regierungsübernahme unverzüglich zum Mitregenten in Österreich und zum Administrator der böhmischen Kurstimme.

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Im August 1734 übertrug sie ihm außerdem das Oberkommando über die österreichische Armee. Franz Stephan wurde also mit einer Reihe wichtiger Ämter betraut. Er stellte sich den neuen Aufgaben zunächst mit Einsatz, sein Wort hatte am Anfang Gewicht. Doch das sollte sich schon rasch ändern, denn er musste sich direkt im Erbfolgekrieg bewähren.

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Außenpolitisch machte er den verhängnisvollen Fehler, Karl II. von Spanien als seinen Freund einzustufen, weil dieser der spanischen Linie des Hauses Habsburg zugehörig war. Doch Karl II. machte dem ein Strich durch die Rechnung und erkannte die weibliche Erbfolge in Wien nicht an.

Auch gegenüber dem wittelsbachischen Thronrivalen und "Gegenkaiser" schlug er den Weg des Ausgleichs ein, indem er ihm ein Vermittlungsangebot zuspielen ließ, das diesem für den Verzicht auf die Kaiserkrone die Entschädigung mit einem Königreich in der Lombardei in Aussicht stellte. In dem Dokument war außerdem von dem bemerkenswerten Plan die Rede, durch den Aufbau eines Reichslandes im Elsass, das Frankreich abgenommen werden sollte, eine eigenständige territoriale Grundlage des Kaisertums zu schaffen. Die Wittelsbacher nutzten dieses Wissen, um die bisherige Zurückhaltung Österreichs in der Konfrontation mit Frankreich zu torpedieren. Die Pfalz und Bayern waren akut von den Truppen Ludwigs XVI. bedroht und benötigten das militärische Eingreifen der Habsburger. Das brisante Dokument fand so seinen Weg an den französischen Hof.

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Damit zeichneten sich bereits die Fronten im Habsburger Erbfolgekrieg ab: Wien wurde unterstützt von den Mitgliedern des Reiches, namentlich Preußen, Württemberg, Bayern und Hannover, in dessen diplomatischem Schlepptau sich die Großbritannien befand. Die Koalition der Gegner wurde im wesentlichen von Karl II. von Spanien und Ludwig XVI. von Frankreich gebildet, in ihrem Gefolge erklärten auch Westfalen, Venedig und Italien dem Habsburger Reich den Krieg. Obwohl Elisabeth Amalia und Karl II. von Spanien beide zum Haus Habsburg gehörten, lagen ihre Reiche ab 1734 also im Krieg.

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Den ersten herben Rückschlag musste Franz Stephan direkt nach Ausbruch der Feindseligkeiten hinnehmen, als eine italienische Flotte den kroatischen Hafen Split für den österreichischen Handel blockierte. Franz befahl als Oberkommandierender der Habsburger Streitkräfte den Angriff der Marine, obwohl sie in Anzahl der Schiffe wie in der Ausbildung der Mannschaften dem Gegner unterlegen waren - jahrelang hatte Leopold I. die Warnungen seines durchaus fähigen Marineministers Christian Bach ignoriert und dem Aufbau des Heeres den Vorzug gegeben. Die Zerstörung der österreichischen Flotte in Split und die Handelsblockade der Italiener brachte Österreich unmittelbar in eine schwierige Situation, weil der Finanzhaushalt tief in die roten Zahlen sackte und man keine Reserven in der Schatzkammer hatte.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 13. Mai 2012 18:21

Franz Stephan musste bald erkennen, dass er an der Seite seiner Frau nicht die erhoffte Rolle im öffentlichen Leben spielen konnte und legte sich nach dem Desaster von Split selber Zurückhaltung auf. Elisabeth Amalia hingegen verfocht gegenüber Frankreich als auch Italien eine viel härtere Linie und setzte diese auch im Wiener Kabinett durch. Obwohl Franz Stephan sich dafür ausgesprochen hatte, sofort den Krieg gegen Polen einzustellen und alle verfügbaren Streitkräfte an den Rhein zu verlegen, bestand die Königin darauf, zunächst das belagerte polnische Königsberg und damit einen Zugang zur Ostsee in die Hand Österreichs zu bekommen.

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Das Kalkül der Königin war, den Ostseezugang als Kompensation zur Blockade des Seewegs im Mittelmeer zu nutzen: Wiens Verbündete waren über die Häfen Ostpreußens sowieso besser zu erreichen. Das Kommando für die Schlacht um Königsberg führte Dietfried Meissner, der samt Verstärkungen 5.700 Mann gegen die 2.500 polnischen Verteidiger ins Feld führte. Der Angriff wurde eröffnet von der österreichischen Artillerie, die die Mauern der Festung unter Beschuss nahm. Gleichzeitig rückte die Infanterie in breiter Formation vor.

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Die Polen erkannten, dass ihre Festungsmauern dem Artilleriefeuer nicht standhalten würden und zogen deshalb ihrerseits mit der Infanterie den Angreifern entgegen. Jetzt kam zum ersten Mal der im österreichischen Heer eingeführte Drill zum Einsatz. In Empire bestehen die Fußtruppen im Wesentlichen aus der Linieninfanterie, es gibt also keine Variationen wie in Rome oder Medieval, wo Speer, Schwert, Bogen, Armbrust und so weiter taktisch zum Einsatz kommen. In Empire spielen dafür militärische Fortschritte eine Rolle, mit denen man den einheitlichen Truppentyp deutlich verbessern kann. Hier im Bild sieht man, das die österreichischen Truppen professioneller kämpfen als in den vorherigen Schlachten:

Zu Beginn kämpfte alleine die vorderste Reihe der Schützen, noch dazu schoss und lud jeder einzelne von ihnen für sich nach. Das Feuer der Linieninfanterie glich einem Tröpfeln. Inzwischen war im Heer aber zum einen das Schießen in Salven eingeführt, bei der die vorderste Linie der Fußsoldaten gleichzeitig feuerte (man hört in den Schlachten nun auch die Kommandos "Anlegen! Zielen! Feuer!"). Die Salven zeigten eine deutlich stärkere Wirkung auf die Moral des Gegners. Der zweite entscheidende Drill, das gliedweise Feuern, erhöhte dagegen die Feuerrate der Linienformation beträchtlich. Denn nun kniete die erste Reihe nach dem Feuern zum Nachladen nieder, um der zweiten Reihe das Schussfeld freizugeben. Die zweite Reihe tat es ihr nach und erlaubte der dritten Reihe ihre Salve. In der Zwischenzeit hatte die erste Reihe der Formation nachgeladen, und somit konnten sie den Kampf fortsetzen.

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Untern den Schlägen solchermaßen ausgebildeter Truppen konnten die polnischen Verteidiger nicht lange im offenen Feld bestehen. Während des Gefechts hatte die österreichische Artillerie die Festungsmauern bereits sturmreif geschossen. Der Rückzug der polnischen Infanterie zurück in die Festung war für die Habsburger Kavallerie das Zeichen zum Angriff. Mit ihren Lanzen setzten die berittenen Ulanen den gegnerischen Fußtruppen nach und zerschlugen ihre Ordnung, bis sich ihr Rückzug zur Flucht wandelte.

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Dietfried Meissner hatte einen überzeugenden Sieg errungen und konnte Ostpreußen um November 1734 vollständig in Besitz nehmen. Von den Bürgern Königsbergs wurden die Habsburger Truppen freundlich als Befreier empfangen, es kam zu keinerlei Unruhe oder Widerstand. Die Rechnung ging auf für Elisabeth Amalia: Polen war ein weiterer entscheidender Schlag versetzt worden, und für das Königreich Preußen war die polnische Bedrohung ausgeschaltet worden. Das österreichische Heer konnte in großen Teilen abgezogen und im Erbfolgekrieg eingesetzt werden, und Ostpreußen stellte nun das Tor Österreichs zum so wichtigen Seehandel dar.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 14. Mai 2012 19:52

Wie es der Zufall so wollte, beschäftigte sich einer der bekanntesten Mathematiker, der Zeit Leonhard Euler, in Königsberg mit einer Fragestellung, die trivial formuliert, mathematisch aber schwierig zu lösen war. Die Aufgabe, die Euler 1736 vorgelegt bekam, betraf die Brücken von Königsberg. Dort gab es sieben Brücken, die das Nord- und Südufer des Flusses Pregel mit zwei Inseln verbanden. Das Problem bestand darin, einen Spaziergang so zu legen, dass man über jede Brücke genau einmal ging und wieder am Ausgangspunkt ankam.
Euler stellte, ganz Mathematiker, den allgemeinen Satz auf: Ein Rundgang ist genau dann möglich, wenn von jedem Landteil und jeder Insel eine gerade Zahl von Brücken ausgeht. Ob konkret in Königsberg ein Rundweg denn nun tatsächlich möglich war, bewies erst gut 100 Jahre später der junge deutsche Mathematiker Carl Hierholzer.

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Das Kriegsglück schien sich zu Gunsten der Reichskoalition zu neigen. Im September 1736 gelang es den Streitkräften des Kurfürstentums Hannover, das Gebiet rechts des Rheins von allen Truppen Frankreichs und seiner westfälischen Verbündeten zu säubern. Am 29. September 1736 besiegte das Reichsheer sogar die Franzosen bei Neuss und marschierte anschließend in Köln ein. Der Erzbischof Joseph Clemens war gezwungen, seine Niederlage einzugestehen und politisch wieder von Frankreich abzurücken, um seine Kur zu wahren. Hannovers Sophie Dorothea ließ ihn umgehend die katholisch geprägten Gesetze rückgängig machen, die die protestantische Bevölkerung so empört hatten.

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Österreich musste sich im Erbfolgekrieg etwas einfallen lassen. Die Blockade des Mittelmeerhandels durch italienische und spanische Schiffe konnte sicher nicht durchbrochen werden, denn die Habsburger Flotte lag am Boden. Ein Wiederaufbau der Marine hätte aber zuviel Zeit und Mittel verschlungen, die Wien aber schlicht nicht zur Verfügung hatte. Die Seeblockade konnte nicht durchbrochen werden, solange sie Bestand hatte - da biss sich die Katze in den Schwanz. Schon zum Auftakt des so wichtigen Erbfolgekriegs war Österreich bereits pleite.

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Königin Elisabeth Amalia musste andere Wege finden, ihren Thronanspruch durchzusetzen. Zunächst einmal musste ihrem Gatten die Kaiserkrone verschafft werden. Elisabeth Amalia zwang den Münchner Kurfürsten zur Anerkennung der Pragmatischen Sanktion und Zusicherung der bayerischen Kurstimme für Franz Stephan. Wenige Wochen später rang sie dem geschlagenen Erzbischof Joseph Clemens von Köln die gleichen Zugeständnisse ab. Die Stimmen von Preußen und Hannover dagegen umwarb sie. Dabei kam der Kurstimme von Hannover das größere Gewicht zu, zumindest in der Publizistik wurden die Möglichkeiten eines protestantischen Kaisertums erwogen. Über diesen schwierigen Verhandlungen zogen sich die Wahlvorbereitungen zu Frankfurt hin, weil die Verzögerung verhandlungstaktisch einfach gewollt war. Österreich sollte aktiv in den Krieg gegen Frankreich eingreifen.

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Die Habsburger Regentin musste dazu erst im Osten die diplomatischen Voraussetzungen schaffen, um nicht an beiden Grenzen ihres Reiches in Kriege verwickelt zu werden. Nach der Niederlage von Königsberg hatte Polen-Litauen nun auch Ostpreußen eingebüßt und musste sich mit seinen verbliebenen Gebieten Litauen und Wolhynien begnügen. Militärisch wäre das österreichische Heer unter Dietfried Meissner wohl in der Lage gewesen, auch Vilnius anzugreifen - aber das lag angesichts der Geschehnisse im Westen bei beiden Parteien nicht mehr im Interesse.

Von entscheidender Bedeutung für die Stabilität im Osten war zudem das Verhältnis zwischen Österreich und Russland. Auch hier deckten sich die Interessen der beiden Herrscher: Auch Zar Peter I. benötigte eine Gewähr für Frieden, denn er musste sich im Norden gegen das Königreich Schweden behaupten und an seinen südlichen Grenzen der Koalition aus Persern und Osmanen entgegentreten. Im Beistandsvertrag von 1736 lehnten sich Österreich und Russland quasi Rücken an Rücken aneinander, um sich ihren jeweiligen Gegnern zuwenden zu können.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 16. Mai 2012 20:28

Nachdem die Lage im Osten geklärt war, konnte in Verhandlungen vor allem mit Hannover der österreichische Beitrag zum Krieg gegen Frankreich besprochen werden. Wien sagte in geheimen Gesprächen im Umfeld des Regensburger Reichstags von 1736 zu, mit seinem Heer gegen das französisch kontrollierte Savoy vorzugehen. Zu diesem Zweck musste die Republik Venedig gezwungen werden, den Habsburger Streitkräften den Marsch durch ihr Gebiet zu gestatten. Auch dies erreichte Königin Elisabeth Amalia durch politischen Druck - Venedig wurde vor die Wahl gestellt, ob das österreichische Heer Venedig zum Passieren oder zum Erobern betreten solle.

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War das Territorium Venedigs erst einmal durchquert, ergaben sich zwei Routen für das österreichische Heer: Nach Süden gegen Italiens Kernland oder nach Westen gegen Mailand, das politisch ebenfalls zu Italien gehörte. Wien musste sich in den Verhandlungen mit Hannover zum Marsch gegen Mailand verpflichten, denn das eigentliche Kriegsziel lag dahinter - das französische Turin. Hier sollte durch die Österreicher ein Teil der französischen Truppen gebunden werden, um Hannover den Kampf rheinabwärts zu erleichtern.

Dank der beharrlichen Verhandlungsführung gelang es Wien, das Ergebnis herbeizuführen, an dem sachkundige Beobachter der politischen Szenerie von Anfang an nicht gezweifelt hatten. Am 13. September 1737 wurde Großherzog Franz Stephan von den Kurfürsten zum Römischen Kaiser gewählt. Am 4. Oktober erfolgte seine Krönung mit dem herkömmlichen Prunk. Seine Gattin ließ sich trotz der ausdrücklichen Aufforderung durch Franz Stephan nicht die Krone auf das Haupt setzen. Grund für die Weigerung der machtbewussten Frau kann nur die Erkenntnis gewesen sein, dass ihr das Krönungszeremoniell eine untergeordnete Rolle neben ihrem Gatten aufgezwungen hätte, die sie nicht hinnehmen wollte. Dennoch führte sie danach den Kaisertitel, den ihr im diplomatischen Schriftverkehr auch andere Höfe zuerkannten.

Das vordringlichste Ziel musste nun die Entscheidung des Erbfolgekriegs im österreichischen Sinne sein. Bereits am 14. Oktober, also zehn Tage nach seiner Krönung, diktierte der Kaiser dem Reichstag ein erstes Kommissionsdekret "in materia securitatis publicae". Inhalt war die Erklärung des Reichskrieges gegen Frankreich und die dreifache Kreisarmatur, die die Aufstellung einer Reichsarmee in kriegsentscheidender Stärke zur Folge hatte. Einen großen Teil der Verpflichtungen übernahm Wien selbst und wiederholte hier seine Verpflichtung, den Kampf gegen Frankreich im südlichen Savoy zu führen. Der Reichstag beschloss dieses Triplum, damit war das Reich hinter den Kaiser gezwungen. Der Erfolg des Kaisers war aber nur ein teilweiser, denn der Beschluss von 1737 bedeutete auch, dass dem Kurfürstentum Hannover die tragende Rolle am Niederrhein zugewiesen wurde - für Österreich musste das mit einer Schwächung seines eigenen Einflusses in dieser Region einhergehen.

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Der Reichstag endete zudem mit einem ernsthaften Zerwürfnis zwischen Kaiser und Kurfürsten. Franz I. Stephan wollte seinen Vorrang als Kaiser durch die baldige förmliche Betätigung der Thronlehen wirkungsvoll demonstrieren. Nach dem Reichsrecht bedurften diese auch im 18. Jahrhundert bei jedem Herrscherwechsel noch immer der Erneuerung, die von den Inhabern binnen Jahr und Tag zu beantragen war, wobei im Kriegsfall Aufschub üblich war. Diesen gewährte der Kaiser, als entsprechende Bitten an ihn herangetragen wurden. Grundsätzlich drängte Franz I. die Kurfürsten aber nachdrücklich zum ordnungsgemäßen Lehensempfang und zur förmlichen Privilegienerneuerung. Schon bei den Vorgesprächen kam es über diese Frage zu unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten, denn der Kaiser bestand auf dem seit 1530 feststehenden Zeremoniell , das persönliches Erscheinen und den Kniefall vor dem Thron forderte, was die meisten Kurfürsten als unvereinbar mit ihrem "honores regii" ansahen.

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Schließlich bestritten sie sogar die Notwendigkeit des Lehensempfanges und der Privilegienbestätigung überhaupt, weil ihre Rechte durch die Goldene Bulle (aus dem Jahr 1356, siehe im ersten Teil der Krone-Story) und die Wahlkapitulation ohnehin bindend festgelegt seien. Diese unterschiedlichen Grundpositionen konnten auf keinen gemeinsamen Nenner gebracht werden, deshalb haben die Kurfürsten von Franz I. ihre Thronlehen und Privilegien nicht mehr förmlich bestätigt erhalten. Damit wurde eine tragende Säule der Verfassung des Alten Reiches untergraben, Franz I. Stephan konnte seinen Vorrang als oberster Lehnsherr im Reich nicht mehr voll durchsetzen.

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Angesichts dieser enttäuschenden Anfangserfahrungen wurden in Wien umfassende Beratungen über die künftige Rolle des Hauses Habsburg in der europäischen Politik geführt. Um den Kriegszug gegen Savoy finanzieren zu können, hatte Elisabeth I. Amalia die Steuern für die adelige Klasse kräftig erhöhen müssen, zugleich murrte in Österreich die Unterklasse erstmals vernehmlich wegen der ausbleibenden politischen, konfessionellen und wirtschaftlichen Reformen. Es kam zu Streiks und Plünderungen, die aber noch von der Polizei und den Milizen unterbunden werden konnten. Seine Majestät musste aber gewarnt sein, dass die Unzufriedenheit sich zu bewaffneten Aufständen auswachsen konnte, wenn nichts unternommen wurde.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 17. Mai 2012 19:41

Im März 1738 beauftragte das Kaiserpaar alle Konferenzminister, sich gutachterlich zu dieser Grundfrage zu äußern. Lohnte es sich angesichts der schweren Opfer und des zumindest unter den weltlichen Reichsständen schwindenden Reichsbewusstseins überhaupt noch, an der Kaiserkrone festzuhalten? Die gleiche Frage wurde in die Publizistik hineingetragen. Die Minister kamen in ihren Konzepten zu sehr unterschiedlichen Kursen für die habsburgerische Politik. Sie kamen aber zur gleichen Schlussfolgerung: Trotz aller Widerwärtigkeiten und Enttäuschungen, trotz des hohen abverlangten Aufwands und Einsatzes dürfe sich das Haus Habsburg nicht aus dem Reich zurückziehen, sondern müsse diese Opfer auch in Zukunft bringen. Das erfordere zum einen das dynastische Interesse - noch immer galt die Kaiserkrone als glanzvolles Symbol der höchsten politischen Würde im Abendland und verbürgte deswegen einen Vorrang vor allen anderen Gewalten.

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Doch sei, so führten die Minister fort, das habsburgerische Kaisertum auch dem Reich von Nutzen, weil es auf einer breiteren Machtgrundlage fuße, als sie andere Dynastien zu bieten hätten. Deswegen erfordere ein habsburgerisches Kaisertum von den einzelnen Reichsständen eine geringere Belastung. Dieser Verantwortung müsse man sich stellen und dürfe sich nicht aus Eigennutz versagen. Dieses Resümee war das Ergebnis der intensiven Beratungen des Novembers 1738 in der Wiener Konferenz. An ihm wollte sich die Politik des Kaiserhofes in den kommenden Jahren orientieren.

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Die Brennpunkte der europäischen Politik verschoben sich weiter von den bisherigen fort. Im Jahre 1739 endete der Große Nordische Krieg, der Skandinavien seit 1701 in Atem gehalten hatte. Mit der Thronbesteigung des unerfahrenen Karl XII. begann seinerzeit der Anfang vom Ende der schwedischen Großmachtsträume. Österreich hatte zwar den schwedischen Kriegsgegner Polen-Litauen neutralisiert, mit dem russischen Zaren aber ein Abkommen zu Lasten Karls XII. geschlossen. Politisch weitgehend isoliert, musste Schweden nun hinnehmen, dass Norwegen aus der Personalunion des skandinavischen Königreiches ausscherte und sich mit Christian VI. von Oldenburg einen eigenen König gab.

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Ein namhafter Gegner der Verschiebung der österreichischen Politik - weg vom Osten, hin zum Westen - in Wien war Prinz Eugen von Savoyen. Er drängte immer wieder darauf, den Krieg gegen die Türken wieder aufzunehmen und die Macht Habsburgs in Südosteuropa zu sichern. Dank seiner militärischen Erfolge, zuletzt gegen Polen, hatte seine Meinung noch immer Gewicht in Österreich. Tatsächlich verband er nunmehr sein Amt als Hofkriegsratspräsidenten mit dem des Vorsitzenden der Geheimen Konferenz, zudem war er offiziell von Statthalter im österreichischen Galizien. Allerdings war er keineswegs übermächtig. Von Kaiser Franz I. Stephan vielfach geehrt, blieb das persönliche Verhältnis zwischen den beiden eher distanziert. Eugen von Savoyen überstand indes zahlreiche Intrigen am Hof, aber große politische Impulse gingen von ihm kaum noch aus. Insbesondere versäumte er die Anpassung der militärischen Organisation an die sich wandelnden Verhältnisse. So änderte sein Tod an einer Lungenentzündung am 21. April 1739 nichts an der strategischen Ausrichtung der Habsburger Politik. Zur letzten Ruhe wurde sein Leichnam in einer eigenen Kapelle im Wiener Stephansdom gelegt, sein Herz jedoch sollte in der Grabkirche des Königshauses Savoyen in Turin bestattet werden. Dorthin sollte das österreichische Heer marschieren!

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Das Habsburger Heer stand unter dem Kommando des Siegers von Königsberg, Dietfried Meissner, der sich zum Liebling der Kaiserin Elisabeth I. Amalia entwickelt hatte. Die Soldaten ihrer Majestät waren gut auf den Feldzug gegen Oberitalien vorbereitet worden. In der österreichischen Armee hatte man 1740 den Drill des gliedweisen Feuerns weiterentwickelt und das gleichzeitig mit dem Feuern erfolgende, reihenweise Vorrücken der Infanterie eingeübt.

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Die finanzielle Lage des Wiener Schatzamtes war nach wie vor bedenklich und bewegte sich nahe des staatlichen Bankrotts. General Meissner hatte die Order erhalten, nach der Eroberung von Mailand umgehend für Ordnung in der Lombardei zu sorgen, damit österreichische Beamte rasch für einen wirtschaftlichen Aufschwung in dieser Provinz sorgen konnten. Städte wie Cremona, die Meissners Heer auf ihrem Weg nach Mailand passierte, durften aus diesem Grund nicht unnötig geplündert werden. Nur soviel, wie die Truppen zu ihrer Versorgung benötigten....

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Am 12. März 1740 kam es vor Mailand dann zu der Auseinandersetzung. Dietfried von Meissner befehligte rund 5.000 Soldaten, hauptsächlich Linieninfanteristen, er verfügte aber auch über ausreichende Artillerie und Kavallerie. Sein Gegenüber Rodolfo Rossi kommandierte nur halb soviel Männer zur Verteidigung von Mailand. Der Ausgang der Schlacht sollte also klar sein, doch Rossi verfügte über eine zahlenmäßig stärkere Kavallerie als Meissner.

Die Reiterei konzentrierte Rossi auf seinen linken Flügel und ließ sie alsbald zur Attacke gegen den rechten Flügel der Österreicher auffordern. Meissner hatte die gegnerische Übermacht an Berittenen im Voraus erkannt und an den Flügeln seiner Aufstellung entsprechende Hindernisse aufbauen lassen. Zudem hatte er an den Flügeln jeweils eine Abteilung seiner Infanterie die Aufstellung im Karree vornehmen lassen. Das Karree hatte man inm österreichischen Heer bereits zu Beginn der Partie eingeführt: Diese Aufstellung war im Militärwesen des 17. und 18. Jahrhunderts eine Gefechtsformation der Infanterie mit nach vier Seiten hin geschlossener Front zur Abwehr von Kavallerie. Das Karree bot einen wirkungsvollen Schutz gegen Kavallerieangriffe, da es keine ungeschützten Flanken aufwies und die Pferde vor den aufgepflanzten Bajonetten zurückschreckten - ihr militärgeschichtliches Vorbild war übrigens der Igel der Landsknechte.

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Nachdem der Kavallerie-Angriff - wenn auch mit einiger Mühe, mehrere Kompanien der österreichischen Infanterie wurden am rechten Flügel von den Reitern in die Flucht geschlagen - endlich zurückgewiesen werden konnte, war die Schlacht schon entschieden. Im Zentrum konnten die Linieninfanteristen in Überzahl, gut gedrillt und aus geschützten Stellungen heraus den Gegner Salve um Salve dezimieren. Kanonenfeuer erschallte auf beiden Seiten des Schlachtfeldes und sorgte für zusätzliche Unruhe unter den Soldaten.

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Dietfried Meissner konnte zufrieden sein mit dem Ergebnis der Schlacht. Seine Verluste an Toten und Verwundeten betrugen etwa 1.000 Mann, das Heer der Mailänder dagegen war weitgehend aufgerieben worden. Den verbliebenen Verteidigern der Stadt blieb - nach einigen Verhandlungen, die nun geführt wurden - nur noch die Kapitulation vor den österreichischen Truppen. Für die Übergabe Mailands sicherte Meissner der Garnison den unversehrten Abzug nach Mittelitalien zu. Die Lombardei war für Habsburg erobert, Turin lag in Reichweite!

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 18. Mai 2012 19:41

Die Soldaten Habsburg hatten nach der Einnahme Mailands zunächst die Aufgabe, die Lombardei zu befrieden. Außerdem mussten die Verluste der Schlacht in den Reihen der Regimenter erst aufgefüllt werden, das kostete Geld und dauerte einige Jahreszeiten (in Medieval erfolgte das Auffüllen immer innerhalb nur einer Runde, hier nicht mehr). Elisabeth I. Amalia hatte mit dem entschlossenen Einmarsch in Italien gezeigt, dass ihr Engagement gegen die Koalition unter Frankreich nicht nur auf dem Papier stand.

Das ermutigte nun auch die Vereinigten Provinzen, sich offen gegen Frankreich und Spanien zu stellen. Der niederländische Statthalter Joost Houbraken (den Namen habe ich wie die der anderen gegoogelt, aber ihn gab es eigentlich nicht wirklich - Houbraken ist der Familienname niederländischer Künstler jener Zeit) schloss sich Anfang 1741 der Koalition von Großbritannien und dem Reich an.

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Die Niederlande waren erst seit dem Separatfrieden mit Spanien im Jahre 1648 unabhängig geworden. Dem Koalitionsbeitritt waren schwerfällige Beratungen vorausgegangen: Außenpolitische Maßnahmen mussten nicht nur in jeder der Ständeversammlungen der sieben Provinzen, sondern abschließend auch von den so genannten Generalstaaten beraten und einstimmig entschieden werden. Das war eine Versammlung von Repräsentanten der Provinzparlamente, der wegen seiner Personenzahl nur schwerlich Vertraulichkeit wahren konnte. Diese zwischen Staatenbund und Bundesstaat oszillierenden Strukturen machten die Niederlande auf der internationalen Bühne zu einem eher problematischen Partner - hier gab nicht das Wort eines Souveräns den Ausschlag.

Die Vorreiterrolle in verschiedenen Zweigen der Produktion und des wissenschaftlich-technischen Fortschritts war es wohl, die die objektiven Strukturmängel der Republik - im Vergleich zu den Zentralstaaten der Epoche - mehr als wettmachte. Das galt besonders für den Handel mit den eigenen Kolonien durch die 1621 gegründete West- bzw. Ost-Indische Kompanie. In Bezug auf Heersaufbringung und militärische Schlagkraft, in Bezug auch auf die Qualität ihres diplomatischen Corps konnten die Niederlande mit jedem anderen Staat mithalten. Es war aber klar, dass die Republik größere Konflikte gegen potente Nachbarn nur im Verein mit anderen Staaten bewältigen konnte.

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Bereits unter dem Einfluss des Generalstatthalters Wilhelm von Oranien erfolgte der dezidierte Schwenk in der niederländischen Politik. Hatte bis dahin das Königreich Spanien, von dem man ja die Unabhängigkeit hatte erkämpfen müssen, als der Erzfeind gegolten, trat eine andere außenpolitische Option in den Vordergrund: Die Orientierung an Kaiser und Reich, von denen man sich die entscheidende militärische Hilfe erhoffte, um Ludwig XVI. Paroli bieten zu können. Der Vertragsschluss von 1741 unter dem Schlagwort der "Großen Allianz" nahm da fast ideologische Züge an.

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Nach der politischen Lösung von Frankreich war als zweites Strukturelement der niederländischen Außenpolitik die enge Partnerschaft mit England zu nennen. Sie war so unverbrüchlich, dass man diese Verbindung im diplomatischen Corps stereotyp nur noch als die "Seemächte" bezeichnete. Das war keine Selbstverständlichkeit, denn die Niederlande und Großbritannien hatten noch um 1660 drei Seekriege miteinander geführt. Durch die Person Wilhelms von Oranien (dem Statthalter zu Beginn dieser Partie), der mit einer englischen Prinzessin verheiratet war, nahm diese Verbindung festere Formen an. Die Interessen trafen sich beim Ziel des Zurückdrängen und Verhindern einer französischen Universalmonarchie.

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Seit der Übernahme des englischen Throns durch den Oranier und seine Gemahlin schlug sich diese Partnerschaft auch sehr direkt in gemeinsamen politischen Aktionen nieder. Die Verbindung mit dem Heiligen Reich und den Habsburgern erfolgte konsequent aus der Erkenntnis, dass die Kombination von Seemachtrolle und Landmachtanspruch die Kräfte der Republik auf Dauer überforderte. Die Publizistik veranschaulichte das mit dem einprägsamen Bild von der Schaluppe, die an der Fregatte hängt. Mit dem Übergang der englischen Krone an die Kurfürsten von Hannover änderte sich dieses Gespann nicht.

Für die Gestaltung der Außenpolitik der Republik war das spannungsvolle Mit- und Gegeneinander der Regenten und des Hauses Oranien entscheidend. Immer wieder gab es in dieser Epoche Phasen, in denen die Provinzparlamente und die Generalstaaten die Ämter der Statthalter lange vakant ließen (und dann meist eine profranzösische oder passive Politik verfolgten). In Krisensituationen wie 1741, als Teile der Republik in französische Hand gefallen waren, erhob sich aber regelmäßig der Ruf nach den Oraniern. Diese Entwicklung war es auch, die zur Erblichmachung der Statthalterwürde in den männlichen und weiblichen Linien der Dynastie führte. Damit konnten die oranischen Statthalter aber für alles und jedes zur Verantwortung gezogen werden.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 19. Mai 2012 18:40

Nach den Sommermonaten des Jahres 1741, in denen der Schwerpunkt auf die diplomatischen Ereignisse lag, rüstete man sich südlich der Alpen für die entscheidende Schlacht zwischen Frankreich und Österreich. Dietfried Meissner hatte die Kräfte seines Heeres in Mailand aufgefrischt und war bereit, mit 7.000 Soldaten in Savoy einzumarschieren. Die Hauptstadt dieser Provinz war Turin, das 1997 noch einmal zur Schlacht gegen Dortmund antreten sollte, während Mailand sich in eben diesem Jahr 1997 mit Schalke duellieren sollte. Die Franzosen wussten, dass Turin ihr Bollwerk gegen einen feindlichen Einmarsch in Südfrankreich darstellte und waren entsprechend entschlossen, die Stadt und damit die Region zu halten. Ludwig XVI. entsandte trotz der schweren Kämpfe am Rhein gegen das Haus Hannover ganze 7.000 Soldaten nach Turin.

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Das Schlachtfeld vor Turin war eine weite, übersichtliche Ebene, durchzogen von lang gestreckten, sanften Anstiegen. Meissner hatte seine Linie so aufgestellt, dass der linke Flügel zum Schutz vor gegnerischen Kavallerieangriffen ein Wäldchen in seinem Rücken hatte. Die Artillerie stand hinter dem rechten Flügel seines Heeres. Obwohl die Franzosen zahlenmäßig nicht stärker waren, marschierten sie mit scheinbar mehr Feuerkraft gegen die österreichische Linie - die Soldaten waren gut gedrillt und nahmen in Paaren von Regimentern ihre Feinde gut abgestimmt gemeinsam unter Feuer.

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Über Stunden hinweg tobte das Gefecht unentschieden hin und her, aber besonders am rechten Flügel gerieten die Österreicher unter erheblichen Druck und wichen schließlich zurück. Die französische Infanterie stürmte sogleich voran, um die gegnerischen Artilleriestellungen einzunehmen und auszuschalten. Meissner musste diesen Angriff unter Einsatz seiner gesamten Reserve, insbesondere seiner Kavallerie, zurückdrängen.

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Das war für die Franzosen die Gelegenheit zum Angriff im Zentrum, wo sie die österreichische Linie, inzwischen im Gefecht stark ausgedünnt, in das Wäldchen zurückdrängten. Es schien, als sei die Schlacht für Meissner bereits verloren, doch auch die Franzosen waren von dem stundenlangen Kämpfen erschöpft und konnten den teils geordnet, teils flüchtend zurückweichenden Österreichern nicht nachsetzen. Meissner ritt zu einer rückwärtigen Anhöhe und befahl allen versprengten Soldaten, sich hier neu zu formieren.

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Auch die Artillerie räumte ihre Stellung, die nicht mehr zu halten war, und protzte ihre Geschütze auf. Auch die Franzosen ordneten ihre Reihen neu, bevor sie den zweiten Angriff auf die kaiserliche Linie starteten. Doch dieses Mal zeigte sich die Habsburger Seite knapp überlegen.

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Meissner konnte das Schlachtfeld bis zum Abend behaupten, schließlich mussten sich die Franzosen in der Dämmerung zurückziehen. Die Verluste auf beiden Seiten waren gewaltig: Frankreich hatte fast 5.000 Soldaten verloren, die Österreicher beklagten 3.200 Tote und Verwundete in ihren Reihen. Damit war Meissner in einer ernsten Situation: Er konnte nur noch über knapp 1.700 Männer befehlen und auch in Mailand hatte er lediglich einige teils nicht vollständig kampfbereite Regimenter als Garnison hinterlassen. Seine Spione in Frankreich und Italien meldeten nämlich, dass in Südfrankreich und Mittelitalien umfangreiche militärische Aushebungen stattfinden würden. Er drohte in Norditalien sowohl von Westen wie von Süden aus in die Zange genommen zu werden.

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Am 1. April 1742 verstarb nach achtjähriger Regentschaft die österreichische Königin und Kaiserin Elisabeth I. Amalia im Alter von 61 Jahren in Wien. Nominell änderte sich an der Spitze des Reiche dadurch nichts. Ihr Gemahl Franz I. Stephan war Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Die Königswürde für Österreich und Ungarn aber hatte die Kaiserin inne gehabt, und diese wurde nach ihrem Tod 1742 an ihr ältestes Kind vererbt.

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Elisabeth Amalia und Franz Stephan hatten gemeinsam vier Kinder - mehr geht bei Total War sowieso nicht - darunter auch Söhne: Elisabeth, Eleonore, Joseph und Joseph (?). Das Erbe ging nun also über an die Älteste, nämlich Elisabeth. Sie war eine junge Frau von 30 Jahren, verheiratet mit Ferdinand von Lothringen, der nun zum Erzherzog von Österreich und designierten Nachfolger von Kaiser Franz I. Stephan aufstieg.

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Der Tod der Kaiserin und die Übertragung der Regentschaft auf Elisabeth II. verlief in Wien problemlos. Die junge Frau war schon früh auf ihr Erbe vorbereitet worden und hatte eine entsprechende Erziehung genossen. Innerhalb des Heiligen Reiches blieb ihr Vater das gewählte Oberhaupt. Natürlich erkannten diejenigen Monarchien, die auch schon Elisabeth I. Amalia nicht anerkannt und bekämpft hatten, auch Elisabeth II. nicht als Königin an. Es blieb also in positiver wie negativer Hinsicht bei einer gewissen Kontinuität im politischen Gefüge.

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Der Nachwuchs des königlichen Paares ließ nicht lange auf sich warten, immerhin war das keine Angelegenheit privater Natur, sondern höchst politisch. Schon im Jahr nach der Thronfolge gebar Elisabeth I. 1743 ihren ersten Sohn, der nach seinem Vater den Namen Ferdinand erhielt. Er war nun der Erstrangige in der Habsburger Thronfolge.

Mit der Krönung von Elisabeth II. von Österreich war seit Beginn der Partie der dritte Monarch auf den Thron in Wien gerückt. Angefangen hatte es mit dem historischen Kaiser:

- Leopold I. (*1658 + 1734), regierte von 1658 bis 1734
- Elisabeth I. Amalia (*1681 + 1742), regierte von 1734 bis 1742
- Elisabeth II. (*1712), regierte ab 1742

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 20. Mai 2012 20:40

Elisabeth I. erhielt durch die Thronfolge von ihrer Mutter das schwierige Erbe des italienischen Krieges. Europa als Kontinent war zu dieser Zeit politisch schon kompliziert, auf der italienischen Halbinsel galt das in räumlich kleineren Grenzen jedoch nicht minder: "Italien" war zwar mehr als ein geographischer, aber noch immer längst kein politischer Begriff. Seitdem die Humanisten des 14. Jahrhunderts ihn mit antiken Motiven konsequent angereichert hatten, meinte "Italien" das Bewusstsein eines gewaltigen kulturellen Vorrangs, der auf der römischen, griechischen und byzantinischen Tradition, dem Sitz der Universalkirche und der Wiege der Wissenschaft gründete.

Auf der anderen Seite mangelte es dieser Kulturgemeinschaft jedes gemeinsamen politischen Daches und institutionellen Klammer. Die Halbinsel umfasste in ihren natürlichen, vom Meer und von den Alpen vorgegebenen Grenzen eine Vielzahl politischer Gebilde, die nicht nur in ihrer Staatsform, im politischen Anspruch und in ihrer (Lehens-) Abhängigkeit differierten, sondern auch in der Sprache. Selbstverständlich hatte es schon lange und häufig immer wieder Politiker und Denker gegeben, die für Italien Einigungs- und Ligapläne entworfen hatten. Aber selbst in der der mit viel nationalem Pathos angereicherten Umbruchszeit war man in dieser Hinsicht keinen einzigen Schritt weitergekommen.

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Wie sehr man sich in dem komplizierten politischen Geflecht Italiens verstricken konnte, musste das Haus Habsburg zu Beginn von Elisabeth Regierung schmerzhaft erfahren. Denn aus dem mittleren Italien marschierten römische Truppen im Rücken der österreichischen Streitkräfte in Oberitalien auf und bedrohten den gesamten Plan der Habsburger, südlich der Alpen bis nach Südfrankreich vorzustoßen.

Das Heer unter Dietfried Meissner stand seit dem knappen Sieg gegen die Franzosen in der Schlacht von 1741 mit nur schwachen Kräften in Savoy und belagerte Turin. Das jüngst vom Herzogtum zum Königreich aufgestiegene Savoyen in der Nordweststrecke der Apennin-Halbinsel lag in einer exzeptionellen geostrategischen Lage und war einfach zu bedeutend, um von ihr abzulassen. Dabei war der Alpenstaat im Grunde ein ressourcenarmes Gebiet. Seinen Aufstieg verdankte er vor allem dem dynastischem Ehrgeiz seiner Führung, die sich geschickt im geopolitischen Ringen zwischen den Großmächten bewegte. König Viktor Amadeus II. hatte zudem auf eine deutliche Straffung der Verwaltung hingearbeitet, die zur konsequenten Zurückdrängung aller intermediären, ständischen Kräfte und der Kirche führte.
Das straff geführte Königreich Savoyen wurde strukturell nicht von ungefähr mit dem effizienten Gerichts-, Verwaltungs- und Steuersystem von Preußen verglichen. Das etwa 2,7 Millionen Einwohner zählende Savoyen konnte zudem im Krieg gegen Habsburg die überaus beachtliche Streitmacht von 60.000 Mann auf die Beine stellen. Zu diesem durchaus positiv gemeinten Vergleich mit dem Hohenzollern-Staat gehörte aber auch dessen Kehrseite, eine gewisse Kühle gegenüber Kunst und Belletristik.

Auch wirtschaftlich war Mailand ohne Zweifel bedeutend. Die Stadt umfasste fast eine Million Einwohner und beherbergte eine blühende Industrialisierung (Papier, Textilien und Eisenerz).

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Savoyens direkter Nachbar war das Herzogtum Mailand. Die Lombardei hatte schon seit Jahrhunderten im Fokus der Machtpolitik sowohl der Habsburger als auch der Franzosen gestanden. Zu Beginn der Partie wurde Mailand von einem "Obersten Rat für Italien" und einem Gouverneur regiert, die beide von Madrid aus gesteuert wurden. Spaniens Einfluss in Italien war aber bereits im 17. Jahrhundert deutlich schwächer geworden, auch weil sich das Königreich mehr auf ihre Kolonien in Amerika konzentrierte.

Die Zeit, in der Mailand gemeinsam mit anderen Signorien und Republiken Einflusszonen abgesteckt, Verantwortung für die allgemeine Friedenssicherung übernommen und insofern eine höchst aktive und gestaltende Rolle in der Region gespielt hatte, war aber vorüber. Das Nachlassen des spanischen Einflusses führte nur dazu, dass Mailand erneut in die große Politik der Mächte Frankreich und Habsburg hineingeriet. Mit dem Sieg der Österreicher im Jahre 1740 war Mailand ein "Nebenland" des Kaiserstaates geworden, mit dessen Statthalterschaft zunächst Dietfried Meissner betraut wurde.

An dem hohen Rang, den Mailand im Gesamtkontext der internationalen Politik als geostrategische Region zwischen Frankreich, Italien und der Habsburger Erblande darstellte, konnte nicht gezweifelt werden. Auf Drängen Ludwigs XVI. hatten die Italiener alle ihre militärischen Kräfte aufzubieten, um Meissner aus der Lombardei zu verdrängen und die Region politisch wieder an die Seite Frankreichs zu holen.

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Die Niederlage für Habsburg war total und führte dazu, dass Mailand sich wieder fest in die von Rom angeführte Liga der italienischen Staaten einfügte - eine Liga, die klar an der Seite Frankreichs stand, dessen Truppen im Königreich Savoyen nun wieder unumstritten das Regiment führten. Der desaströse Ausgang des österreichischen Kriegszugs in Italien - die komplette Vernichtung der hier stehenden Streitkräfte und der erzwungene Rückzug in die Erblande - konnte also nicht ohne Folgen für Wien bleiben.

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Das blutige Scheitern der österreichischen Ambitionen in Italien verlangte nach einem Schuldigen, der die Verantwortung dafür übernimmt. Ein Bauernopfer dafür war schnell gefunden, nämlich der unglückliche Truppenführer Dietfried Meissner. Das Faible, dass Elisabeth I. Amalia für den General gehegt hatte, teilte ihre Tochter Elisabeth II. nicht. Und natürlich blieb es nicht aus, dass Meissner angesichts seiner Bilanz in Italien umstritten war. Er galt - wie in dem Bild zu sehen ist - als schillernder und persönlich tapferer Infanterieführer, dem allerdings auch der Ruch umwehte, seine Soldaten für seinen Erfolg auf dem Schlachtfeld blutig zu opfern.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 21. Mai 2012 20:54

Elisabeth II. rang sich aber zu einem weiter reichenden Schritt durch und entließ den Kriegsminister Sigmund aus dem seit Jahrzehnten einflussreichen Haus von Starhemberg aus ihrem Kabinett. In ihrer Begründung für diese Entlassung führte sie aus, dass der Kriegsminister trotz seiner langen Amtszeit über nur drei Talentsterne verfüge, was zu einer ineffizienten Administration innerhalb des Heeres und letztlich zu den Rückschlägen in Italien geführt habe.

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An die Stelle des geschassten Starhemberg setzte Elisabeth II. dessen Konkurrenten Rüdiger Braun an die Spitze des Wiener Ministeriums. Seine Fähigkeiten reichten zumindest dazu aus, die Rekrutierungs- und Unterhaltskosten des Heeres um 2% zu senken - Geld, dass der Habsburger Haushalt dringend benötigte.

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Braun legte in seiner Funktion sofort los - lange hatte er schon darauf gewartet, dass die verkrustete Führung Starhembergs im Ministerium sein Ende fand. Er holte den englischen Ingenieur Benjamin Robins nach Österreich und stellte ihn für ein stattliches Gehalt ein. Robins war in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und hatte nie eine Universität besucht. Sein mathematisches Talent fiel aber Henry Pemberton auf, der ihm riet nach Wien zu gehen. Robins hatte sich zuletzt bereits mit seiner Arbeit als Bauingenieur, besonders bei der Trockenlegung von Feuchtgebieten, einen Namen gemacht. Daneben widmete er sich aber Studien zur Militärtechnik, der Anlage von Befestigungen und der Ballistik.

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Unter anderem erfand er das ballistische Pendel zur Messung der Geschwindigkeit von Geschossen, untersuchte den Luftwiderstand auf Geschosse und quantifizierte die Explosivkraft von Schießpulver in der inneren Ballistik. Vor allem überprüfte er seine Berechnungen und Vorhersagen systematisch durch Experimente. 1742 erschien sein wegweisendes Buch New Principles of Gunnery. In dem Buch ging er auch auf die Vorzüge gezogener Läufe ein. Das Buch wurde von dem berühmten Mathematiker Leonhard Euler ins Deutsche übersetzt und mit einem eigenen Kommentar versehen, es galt als eines der ersten Werke, in denen die Mechanik von Isaac Newton auf konkrete Ingenieurs-Probleme angewandt wurde.

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Gewerbe und Landwirtschaft erhielten in den 1740ern einen enormen Schub in seiner Entwicklung hin zur weiteren Industrialisierung. Neben neuen Fortschritten beim Bau von Dampfmaschinen entwickelte man auch im Agrarwesen neue technische Einrichtungen. Der englische Agrar-Pionier Jethro Tull beispielsweise konzipierte und baute die Sämaschine, durch deren Hilfe die Saat nicht mehr einfach über den Boden gestreut werden musste. Die Sämaschine öffnete ein Loch von voreingestellter Größe, legte ein Saatkorn hinein und verschloss das Loch. Es wurden drei Reihen auf einmal bearbeitet, die Keimungsrate sowie der Ertrag wurden erhöht.

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Vor allem ließ man sich in Wien etwas einfallen, wie man einen zweiten Italienfeldzug - das Scheitern des ersten bedeutete nämlich nicht, dass man dieses Vorhaben aufgab - finanzieren könnte. Für die Besonderheit des Reichskrieges hatte man bereits die Gestellung von Kontingenten an Soldaten und Nachschub durch die einzelnen Glieder des Reiches geschaffen, auch wenn dies nicht bedeutete, dass es im Reich ein stehendes Heer gab. Die Kriege der Habsburger dagegen galten bis dahin als private Unterfangen der österreichischen Monarchen und entsprechend oblag die Finanzierung solcher Militäraktionen dem Hause Habsburg. Die Überdehnung der monetären Möglichkeiten waren seit Jahrhunderten das Problem eines jeden Kaisers gewesen. Immer wieder mussten die Herrscher Ländereien, Steuereinkünfte und ganze Städte an die Fürsten und Bankhäuser verpfänden, um an die Macht zu gelangen und sie auch zu behalten.

Wien benötigte neue Wege, um an liquide Mittel zur Finanzierung des zweiten Italienkrieges zu gelangen und fand ihn in den wirtschaftstheoretischen Ausführungen des Ökonomen John Law - er entwickelte das Konzept der Banknoten weiter. Zu behaupten, John Law habe das Papiergeld erfunden, wäre unrichtig. Bereits von 1609 an hatte die Bank von Amsterdam Banknoten ausgegeben, wobei jahrzehntelang sorgfältig auf jederzeit ausreichende Deckung durch Münzen geachtet wurde. Das entscheidend Neue an Laws Vorgehen war, nicht nur Edelmetalle, sondern auch Grundvermögen – mit dessen in der Zukunft liegenden Ertragsaussichten – zur Deckung des Notenumlaufs heranzuziehen. Law strebte an, mittels so geschaffenen Papiergelds Deflation zu verhindern und Handel und Gewerbe mit hinreichend Liquidität zu versorgen.

Die Einführung seines Notenkonzepts ermöglichte es Wien, seinen Haushalt wieder besser in den Griff zu bekommen, so sanken die Unterhaltskosten für Heeres- und Marineeinheiten um ganze 8% und das Wirtschaftswachstum der Regionen wurde kräftig angekurbelt. Doch die Erweiterung der Deckungsgrundlagen für die Währung trugen bereits den Keim der Wirtschaftsspekulation in sich. Nach dem Platzen der so genannten Mississippi-Spekulationsblase (-1 Zufriedenheit der unteren Klasse) waren seine Ideen für die darauf folgenden Generationen seriöser Geldpolitiker zunächst tabu, auch Karl Marx bezeichnete Law später als „eine Mischung aus Schwindler und Prophet.“

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Innenpolitisch hatte Elisabeth II. in den ersten Jahren ihrer Regierung somit die Weichen für die Zukunft gestellt. Es zeigte sich, dass diese Reformen notwendig waren, um Österreich auf die neuen außenpolitischen Herausforderungen jener Dekade vorzubereiten.
Denn zum einen bestieg nach dem Tod des spanischen Habsburgers Karl II. der Bourbone Felipe (Philipp) VI. den Thron von Spanien. Philipp VI. wurde als zweiter Sohn des Dauphin Ludwig von Frankreich und dessen Gemahlin Maria Anna von Bayern geboren. Er wurde 1700 von seinem Großvater Ludwig XIV. von Frankreich als Erbe der spanischen Habsburger und damit zum König von Spanien proklamiert. Die österreichischen Habsburger und andere europäische Staaten bestritten jedoch sein Erbrecht.

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In dem seit 1734 andauernden Krieg standen nun die bourbonischen Staaten Frankreich und Spanien mit ihren Verbündeten Kurköln, Savoy und der Italienischen Liga einer mächtigen Koalition gegenüber, deren Zentren Österreich, Großbritannien und die Niederlande bildeten. Hauptziel dieser Koalition war es, die französische Vorherrschaft in Europa nicht durch Philipps Machtübernahme weiter zu stärken. Darum sollte Spanien nach dem Willen Großbritanniens entweder zwischen Bourbonen und Habsburgern geteilt werden oder nach dem Willen Österreichs völlig an einen jüngeren Vertreter des Hauses Habsburg fallen, womit Frankreich jedoch seine Interessen gefährdet sah.

Für Ludwig XVI. ging jedoch im Jahre 1743 der rheinische Verbündete Kurköln / Westfalen verloren, das Rheinland wurde in den Wintermonaten von Reichstruppen unter Führung der Hannoveraner Welfen besetzt. Die Schwäche Frankreichs, das diese Entwicklung nicht hatte verhindern können, wurde so für alle europäischen Mächte sichtbar.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 23. Mai 2012 21:41

Und auch in Italien verlief die Entwicklung für Ludwig XVI. und seinen spanischen Verbündeten Philipp VI. schlecht. Ravenna wurde 1744 Schauplatz des neuerlichen österreichischen Einmarschs in Italien, wo der aufstrebende General Andreas Hadik mit über 4.000 Soldaten auftauchte. Sein Heer stellte dabei lediglich - so berichteten die Beobachter der Bourbonen-Koalition - die Vorhut weiterer österreichischer Armeen dar, denn weitere Truppen marschierten bereits durch Venetien hindurch.

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Hadik fiel also nur die Aufgabe zu, den Habsburger Angriff auf Mailand und Turin nach Süden hin abzusichern. Die italienischen Verbündeten der Bourbonen mussten dieses Mal reagierten - sie konnten nicht darauf hoffen, wieder ein geschwächtes österreichisches Heer in Norditalien festzunageln - und traten dem Angreifer noch bei Ravenna entgegen. Der Angriff der Ligatruppen wurde allerdings nicht entschlossen genug geführt. Zwar gelang es ihnen, den rechten Flügel in Hadiks Aufstellung in Bedrängnis zu bringen, dort richtete die italienische Kavallerie schwere Verluste unter den gegnerischen Fußtruppen an.

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Doch in dem durch die anhaltenden Regenfälle aufgewichten Boden versanken Pferde und Infanterie zu tief im Morast, um diesen Teilerfolg zu einen Sieg führen zu können. Das defensiv kämpfende Zentrum der Österreicher mit den Artilleriestellungen konnten die Ligatruppen nicht überwältigen.

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Am Ende blieb ihnen nur der Rückzug unter schweren Verlusten. Andreas Hadik beging nicht den Fehler, sich durch diesen Sieg zu einen überstürzten Vormarsch in feindliches Gebiet hinreißen zu lassen, man hatte aus dem Desaster von Dietfried Meissner einige Lehren gezogen. Hadik bevorzugte es, bei Ravenna zu bleiben. Dort füllte er die Verluste seiner Mannschaften wieder auf und plünderte die Romagna und die Toskana.

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Betroffen davon war auch Florenz, die Metropole des nördlichen Mittelitalien, lange Zeit die Gralshüterin republikanischer Freiheitswerte: Diesen Anspruch hatte es allerdings bereits im 16. Jahrhundert verloren und sich zum Zentrum des Medici-Fürstentums entwickelt. Nach dem Aussterben dieser bedeutenden Adelsfamilie war Florenz erst 1737 "führungslos" geworden. Mit der Besetzung durch Hadiks Heer ging die Stadt in habsburgerische Hände über, eine prestigeträchtige Beute.

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Denn Florenz war eine Stadt, die die Herzen vieler Reisender aus Regionen nördlich der Alpen höher schlagen ließ: das Zentrum des italienischen Humanismus, der hier vielleicht gerade wegen der lange existenten verfassungsrechtlichen Mischform von Republik und Signoria besonders gute strukturelle Voraussetzungen fand, zumal die großen Bankiers und Großhandelsgeschlechter sich seit jeher auch als Mäzen betätigten. Aber das war nicht nur zweckfreie Kunst- und Kulturförderung, um aus der Arno-Stadt ein neues Athen zu schaffen, das Mäzenatentum hatte immer viel mit Politik zu tun - mit der Stilisierung von Florenz zu der Republik in einem Umfeld finsterer Tyrannis. Die überall in Europa - selbst in habsburgerischen Ländern wie Sachsen - aufkommenden Rufe der Bevölkerung nach politischen Reformen und persönlicher Freiheit schienen dem Recht zu geben.

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Aber Florenz stand nicht nur für politische Kunst und eine gleich bleibend gute Wirtschaft, es stand auch - vor allem vor dem Hintergrund der verschiedenen Vertreibungen und Comebacks der Medici - für ein bis dahin in seiner Nüchternheit unbekanntes politisches Denken, das sich vor allem an Person und Werk Niccolò Machiavellis festmachen ließ, stand zudem für ein neues Geschichtsdenken, das sich von der Vorstellung der "historia vitae magistra" löste und Geschichte als Aufbruch uns Unbekannte verstand. In den letzten Jahrzehnten der Medici-Herrschaft war das um diese Zeit etwas mehr als eine Million Einwohner zählende Großherzogtum Toskana aber weit weniger im Fokus der Großmächte gewesen als Mailand, hatte aber auch weit weniger spektakuläre Erfolge zu erzielen vermocht als Savoyen.
Der von vielen Untertanen angesichts des deutlichen wirtschaftlichen Abschwungs gar nicht ungern gesehene Machtübergang an Habsburg im Jahre 1747, der einherging mit einem bemerkenswerten Kulturtransfer und der Integration mehrerer hundert österreichischer Beamter und Wissenschaftler, Künstler und Architekten, die im Gefolge ihres Herzogs übersiedelten, bereiteten langsam den Boden für eine dezente Modernisierung.

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Modernisierung wurde hier zunächst verstanden als Zurückdrängung kirchlicher Zuständigkeiten zugunsten weltlicher Instanzen, so wurde die Zensur aus der kirchlichen in die staatliche Regie überführt. Der vom österreichischen Erzherzog - der sein Florenz nur einmal besuchte - eingesetzte Finanzminister Gianni reduzierte konsequent die Staatsschuld. Aber auch sonst tat ein Durchforsten der überkommenden Strukturen in Florenz mehr als anderswo Not. Für ein auf Egalität zielendes modernes Denken war es kaum noch nachzuvollziehen, dass praktisch jede Bevölkerungskategorie ihren eigenen Rechtsstand hatte - was zu nicht weniger als 44 Gerichten führte!

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 24. Mai 2012 20:03

Zu einer solchen Reformanstrengung fand der unmittelbare Nachbar des Großherzogtums, der Kirchenstaat, keine Kraft mehr. Aber verwundern konnte das nicht, denn unter den Gemeinwesen Alteuropas war dem Kirchenstaat besonders wenig Ehrgeiz eigen, Anschluss an eine sich wandelnde Zeit zu finden. Das sich quer über die mittlere Halbinsel legende, für italienische Verhältnisse beachtlich dimensionierte Territorium hatte zwar nach der Rückkehr der Päpste aus Avignon noch einige Arrondierungen erfahren und auch in seinem inneren Gefüge diese und jene Entwicklung erlebt. Aber mit den Prozessen im 16. Jahrhundert war das Modernisierungspotential des Kirchenstaates dann auch schon weitgehend erschöpft. Das im Winter 1747 vor den Toren Roms aufziehende Habsburger Heer unter Ernst Gideon von Laudon schien die Rückständigkeit des Kirchenstaates auf eindrucksvolle Art beweisen zu wollen.

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Immerhin gelang den Päpsten seit dem Ausgang des 15. Jahrhunderts die Entmachtung der lokalen Eliten, vor allem durch, dass sie die Ausstattung der eigenen Verwandtschaft schlagartig ausdehnten. Der Nepotismus machte nicht mehr bei der Vergabe von Kardinalshüten und Posten in Kurie und Kollegium halt. Er betraf nun auch die Schaffung eigener Staaten für die Verwandtschaft. Das spektakulärste Beispiel waren in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Farnese, die sich von ihrem Familienmitglied Paul III. (unter dem Borgia Alexander VI. noch als Unterrockkardinal verspottet, weil seine Schwester die junge Geliebte des Papstes war) die Herzogtümer Parma und Piacenza übertragen ließen und bis zu ihrem Aussterben 1731 zu behaupten vermochten. Das war im Übrigen ein erneutes Paradebeispiel dafür, wie im 18. Jahrhundert - der Epoche dieser Partie - durch das Aussterben von Dynastien frei gewordene Staaten zu einer Verfügungsmasse der europäischen Mächte wurden: Parma und Piacenza kamen zunächst für kurze Zeit als Sekundogenitur in spanische Hand, um dann 1747 an Wien überzugehen und dort als Verhandlungsmasse für spätere Friedensgespräche mit Spanien erneut für die Versorgung eines nachgeborenen spanisch-bourbonischen Prinzen reserviert zu werden.

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Der hemmungslose Nepotismus der Päpste bis hin zur Schaffung neuer Fürstendynastien war die eine Sache. Die andere Sache war, dass die Päpste sich in die große Politik einschalteten und auch militärisch gegen die Großmächte jener Zeit, Frankreich und die Casa d'Austria, vorgingen. Zu alledem erwuchsen die geschärften Normenkontroll- und Überwachungsansprüche der Kirche neue Konflikte mit den Nationalstaaten, die ihre jeweilige Kirche schon längst "nationalisiert" hatten. Insbesondere aber das Heimfallen von Lehen wurde von den Päpsten mit beachtlicher Zähigkeit verfolgt. 1597 gelang der Heimfall von Ferrara an die Kirche, 1631 konnte nach dem dynastischen Ende der Familie della Rovere Urbino und 1649 Castro dem Kirchenstaat eingegliedert werden, der damit die größte Ausdehnung seiner Geschichte überhaupt erreichte. Die Auseinandersetzungen mit den Habsburgern um heimgefallene Lehen sollten in den Jahren unserer Partie zu einem Leitmotiv der italienischen Politik werden. Der förmliche Krieg zwischen den beiden Spitzen der christianitas war auch für eine sich emanzipierende Welt des 18. Jahrhunderts etwas Besonderes - und der Einmarsch von habsburgerischen Truppen in die Ewige Stadt bedeuteten zwar den militärischen Sieg Österreichs, aber nicht das Ende des Kirchenstaates.

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Der eher unfreiwillige Rückzug des Papstes aus der großen Politik, der auch durch großzügige Vergabe spezifisch päpstlicher Ehrenzeichen nicht mehr ausgeglichen werden konnte, korrespondierte nicht unbedingt mit einer Hinwendung zur Innenpolitik im Sinne des Aufbrechens überkommender Strukturen. Die Begrenzung des Nepotismus war gewiss ein wichtiger Schritt nach vorne, weil sie eine in den Augen der europäischen Öffentlichkeit besonders anstößige Erscheinung aus den Schlagzeilen herausnahm, aber in der Wirtschaftspolitik kam es nur zu modernen Entwicklungen, wenn Beamte der Habsburger in den mittelitalienischen Provinzen aktiv wurden. Die Führung des Kirchenstaates selber verharrte in einer paternalistischen Wirtschaftsethik, die herrscherliche Fürsorge vor wirtschaftliche Dynamik stellte. Den Typus des wachen, Innovationen und aufgeklärten Tendenzen gegenüber aufgeschlossenen Untertanen brachte das nicht hervor, eher jene apolitische Mentalität, die man mit den Begriffen Kirchturmdenken und Interesselosigkeit umschreiben konnte. Selbst die Erstellung eines neuen Katasters, der unter anderem die Getreideproduktion stimulieren sollte und als Vorstufe einer im hohen Maße überfälligen Heeresreform gedacht war, scheiterte am Widerstand des Papstes.

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Mit der Einnahme Mittelitaliens und Rom war die Flanke der beiden nachrückenden Heere, die durch venezianisches Gebiet in die Lombardei einmarschierten, gedeckt. In Europa konnte man nun nicht mehr daran zweifeln, dass die Österreicher sich erneut in Italien geschlagen geben müssten. Auch Frankreich selbst war durch die Seestreitkräfte Großbritanniens und den Landstreitkräften Hannovers entschieden unter Druck geraten.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 25. Mai 2012 19:47

Die außenpolitischen Koordinaten der europäischen Mächte passten sich bereits den sich abzeichnenden zukünftigen Konstellationen zwischen den Mächten an. Nach dem Tod von August dem Starken war das einstige Doppelreich Polen-Litauen an den Polen Jan IV. Poniatowski, einem Geschlecht des regionalen Hochadels. Der aufgeklärte Herrscher versuchte, den in verschiedene Hochadelsfraktionen zerrissenen restlichen Staat Polen-Litauen zu reformieren. Seine Politik wurde aber durch konkurrierende Adelsparteien und eine starke russische Einflussnahme erschwert. Jan IV. kam schließlich nicht mehr umhin, sich 1748 unter den Schutz Habsburgs zu flüchten und im Rahmen eines Bündnisses den österreichischen Truppen Zugang zu seinem Territorium zu gewähren.

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König Karl XII. von Schweden hatte durch die Verständigung zwischen Österreich bzw. dem Heiligen Reich und Russland sowie Polen-Litauen nun nichts mehr zu verlieren. Im Ostseeraum war Schweden nun weitgehend isoliert, Karls Hoffnung, gemeinsam mit den Habsburgern gegen seinen Feind Russland zu kämpfen, war dahin. Als Konsequenz daraus musste Karl XII. den Nordischen Krieg auch auf das Königreich Preußen ausweiten, um den russischen Feind am Seehandel zu hindern. Für Preußen war das Aufbringen seiner Handelsschiffe natürlich nicht hinnehmbar und führte zum Seekrieg zwischen den beiden Ostseemächten.

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In Indien waren die Messer schon lange für eine Auseinandersetzung geschärft worden. Der Aufstieg der Marathen bedeutete für die kolonialen Handelsunternehmen, dass die Geschäfte schwierig zu werden drohten. Die Inder wurden zu selbstbewusst und sollten nach dem Willen der East India Company diszipliniert werden. Vom britischen König war die Company ja bereits mit der Befugnis ausgestattet worden, eigene Truppen aufzustellen. Mit der Schlacht bei Plassey fand am 23. Juni 1746 die erste kriegerische zwischen den Streitkräften der Britischen Ostindien-Kompanie und denen von Bengalen statt. Bengalen war zu der Zeit eine der reichsten, wenn nicht überhaupt die reichste Provinz Indiens. Der Grund für die Schlacht war der Angriff und die Eroberung von Kalkutta durch den bengalischen Nawab. Diesen Ereignissen war ein Disput vorausgegangen, weil die Briten neue Befestigungen errichtet und Kanonen aufgestellt hatten, ohne den Nawab um Erlaubnis zu fragen. Außerdem störte er sich an der Politik der Briten, die die hinduistischen Händler den einheimischen vorzogen.

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Während der Schlacht setzte eine Stunde lang ein heftiger Monsunsturm ein, der beide Seiten bis auf die Haut durchnässte. Die indische Artillerie konnte nicht mehr so viele Schüsse abgeben, weil ihr Schießpulver nicht ausreichend vor der Feuchtigkeit geschützt war. Die indische Kavallerie griff in der Hoffnung an, dass die britische Artillerie ebenso in ihrer Feuerrate beeinträchtigt war. Nach neun Jahren hart gewonnener Erfahrung hatten die britischen Kanoniere jedoch ihr Pulver vor Feuchtigkeit geschützt. Die Kavallerie wurde mit drei Salven aus allen Rohren zurückgeschlagen. Die schweren Verluste, die die indische Kavallerie erlitt, kamen einem Gnadenstoß der Armee des Nawab gleich.

Die Schlacht von Plassey wurde als der Beginn der britischen Herrschaft in Indien betrachtet, der Sieg der Briten und die daran anschließende Plünderung Bengalens schlug Wellen. Der Raub der Schätze Bengalens durch die Briten hatte enorme Auswirkungen auf die Investitionsfähigkeit und -bereitschaft Großbritanniens, er befeuerte die Industrielle Revolution bzw. löste diese eigentlich erst aus.

Der Tod des britischen Monarchen Georg II. im Jahre 1749 sorgte dann aber noch einmal für Unsicherheit in Großbritannien, denn die Krone sollte auf seine Tochter Louise übergehen. Frankreich nutzte die Uneinigkeit der Briten in dieser Frage aus und unterstützte einen Aufstand der Jakobiten. Die Jakobiten waren Anhänger des römisch-katholischen Königs Jakob II., der 1689 abgesetzt und durch seine protestantische Tochter Maria II. ersetzt worden war. Dessen Enkel Charles Edward Stuart (besser bekannt als „Bonnie Prince Charlie“) führte 1749 mit Frankreichs Hilfe einen bedrohlicheren Aufstand auf der Insel an.

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Bonnie Prince Charlie traf im Juli 1748 in Schottland ein, viele Schotten unterstützten sein Anliegen. Im September 1748 und im Januar 1749 - in der Schlacht von Falkirk - gewann er gegen britische Regierungstruppen. Der französische König Ludwig XVI. hatte die Entsendung von weiteren 12.000 Soldaten versprochen, um den Aufstand zu unterstützen, überlegte es sich dann jedoch anders, weil überlegene Truppen Hannovers auf dem Kontinent von Flandern aus in Frankreich eingedrungen waren und auf Paris zumarschierten. Jetzt ging es für den französischen König selbst ums Ganze!

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Stuarts Rebellenarmee war bereits in den Norden Englands vorgedrungen, wurde dann aber durch die unter dem Kommando von Louises Sohn William Augustus, dem Duke of Cumberland, stehenden Truppen zurückgedrängt. Am 16. April 1749 wurde die erschöpfte, hungernde und schlecht ausgerüstete jakobitische Rebellenarmee in der Schlacht bei Culloden vernichtend geschlagen. Dies sollte die letzte Schlacht sein, die jemals auf britischem Boden stattfand. Charles Stuart floh nach Frankreich, doch viele seiner schottischen Anhänger wurden gefangen genommen und exekutiert.

Frankreichs Verbündeter, die italienische Liga, lag nach dem Verlust von Rom bereits geschlagen am Boden. Von dort aus marschierten die Österreicher weiter nach Süden, um das Königreich Neapel einzunehmen. In Norditalien war jetzt der Weg gesichert für einen zweiten Angriff auf Mailand - der in diesem Fall mit einer zusätzlichen zweiten Streitmacht, die nach der Eroberung der Lombardei umgehend den Angriff auf Savoy fortsetzen sollte, ausgeführt wurde.

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Zusammen genommen zählten die österreichischen Belagerer vor Mailand auf diese Weise rund 8.300 Mann, während die italienischen Verteidiger nur 2.500 Soldaten aufbieten konnten. Das Gefecht erschien sinnlos, aber die Mailänder schlugen ein Hadiks Forderung nach einer Kapitulation aus und stellten sich der Habsburger Übermacht zum Kampf.

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Ihr Befehlshaber Mario Boscovich ignorierte die Warnungen seiner Generäle bezüglich der starken österreichischen Verteidigungsstellungen und befahl am 1. Oktober 1748, ihre Stellungen zu stürmen. Die angreifenden Mailänder erlitten schwere Verluste durch den Beschuss der gut verschanzten Österreicher und mussten den Angriff schließlich abbrechen.

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Am Ende der Schlacht hatten sie einen Verlust von etwa 1.800 Mann erlitten, konnten den österreichischen Truppen aber ebenfalls Verluste von 1.300 Soldaten beifügen - angesichts deren Übermacht war das ein bemerkenswertes Ergebnis.

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Re: [AAR] Empire - Sie trugen die Krone

Beitragvon Mark » 29. Mai 2012 20:15

Nach dem zurückgeschlagen Angriff der Mailänder kontrollierten die Habsburger die Lombardei weitgehend. Im Grenzgebiet von Lombardei und Savoy bezogen die französischen Truppen eine befestigte Stellung unweit von Novara. Beide Armeen blieben dann in ihren Lagern, ohne einen weiteren Angriff zu riskieren. Schließlich wurde die Versorgungslage im französischen Lager wegen der nun ausbleibenden Unterstützung der italienischen Verbündeten sehr schlecht und Mitte November 1748 gaben die Franzosen ihre Stellung daher auf und zogen sich in ein Winterlager im Herzogtum Savoy zurück.

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Von Rom aus konnte nach einer Phase der Konsolidierung und Herrschaftsübernahme ein großer Teil des österreichischen Heeres in Mittelitalien gegen das mit Spanien verbundene Neapel geschickt werden. In diesem Königreich hatte der Adel eine starke Position, so dass sich die sozialen Hierarchien dem "Staat" in vielen Bereichen weiter überlegen zeigten. Die spanischen Vizekönige, die das Königreich seit seinem Übergang 1504 verwalteten, waren in aller Regel klug genug gewesen, diese Dominanz des Adels nicht anzutasten und dem Parlament in Palermo seine Rolle als Festung adeligen Eigeninteresses und als Bollwerk gegen ein Zuviel an Reformpotential zu belassen. Auf der anderen Seite hatte das einen förmlichen "Reformstau" zur Folge, der sich auch auf die militärischen Kommandostrukturen und die Waffentechnik bezog - und es den Österreichern nun leicht machte, mit Neapel fertig zu werden.

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Mit dem Übergang der Königreiche Neapel und Sizilien an die österreichische Linie der Casa d'Austria und dem Herrschaftswechsel 1749 installierte Wien hier eine Sekundogenitur. Damit begann eine neue Ära, weil dank reformbewusster Herrscher die Reformkräfte einen deutlichen Auftrieb erhielten. Neapel entwickelte sich - alleine schon wegen seiner Bevölkerungszahl von 400.000 Einwohnern gegen Mitte des 18. Jahrhunderts - zur Kapitale Italiens, eine Art heimliche Hauptstadt des europäischen Reformismus. Mit großer Konsequent wurde hier die radikale Trennung von Kirche und Staat gefordert und mit ebensolcher Rigidität Religionskritik geübt.

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Auch im ökonomischen und industriellen Denken kamen gerade aus dem Süden Italiens viele neue Anregungen, die sich überwiegend an westeuropäischen Vorbildern orientierten und die sich in vielen Maßnahmen, etwa der Einrichtung eines Gerichtshofs für Handelsfragen, der Einbeziehung der Juden in das Wirtschaftsleben und der Anwerbung ausländischer Spezialisten, niederschlugen.

Von hier stammte auch eine bahnbrechende Abhandlung über eine menschliche Mangelerkrankung, die besonders unter Seeleuten bekannt und gefürchtet war: Skorbut war schon seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. in Ägypten als Krankheit bekannt, später schrieben auch der griechische Arzt Hippokrates und der römische Autor Plinius darüber. Im Zeitalter der Entdeckungen war Skorbut oft die Haupt-Todesursache bei Seeleuten. So verlor zum Beispiel das Schiff von Vasco da Gama auf einer Reise von 160 Mann Besatzung etwa 100 Mann durch Skorbut.

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Grund für das häufige Auftreten von Skorbut auf See war die einseitige Ernährung, die, mangels Konservierungsmöglichkeiten, hauptsächlich aus Pökelfleisch und Schiffszwieback bestand. Der Mannschaft des französischen Seefahrers Cartier wurde 1535 von Küstenindianern auf Neufundland mit einem Sud aus Fichtennadeln geholfen. Bereits 1734 forderte der Theologe und Mediziner Johann Friedrich Bachstrom die Verwendung von frischem Obst und Gemüse zur Heilung von Skorbut. Aber erst 1754 wurde in einer für damalige Verhältnisse sehr modernen Studie gezeigt, dass Zitrusfrüchte gegen Skorbut halfen. Damit verlor die Krankheit ihren Schrecken.

Doch diese Erkenntnisse setzten sich aus zwei Gründen nur langsam in der Marine durch: Erstens waren Vitamine noch unbekannt und man vermutete noch lange Zeit, dass die heilende Wirkung der Säure in den Zitrusfrüchten zuzuschreiben sei. Da lag es nahe, nach billigeren Säuren als Skorbut-Heilmittel zu suchen. Zweitens wurden die Zitrusfrüchte lange nur als Heilmittel betrachtet und Zitronensaft konsequenterweise nur vom Schiffsarzt ausgegeben. Dass sie auch eine vorbeugende Wirkung hatten, blieb noch lange unbemerkt. Neben Zitronen- oder Limettensaft, der oft in eingekochter Form mitgeführt wurde, wurden auch Sauerkraut und Kartoffeln an Bord genommen.

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In Leipzig endete zu dieser Zeit das an Arbeit und Werken so reiche Leben des Komponisten Johann Sebastian Bach. Vermutlich war ein Eingriff an seinem Auge die Ursache seines Todes. Das von Natur aus schlechte Sehvermögen Bachs ließ in seinen letzten Lebensjahren durch eine Linsentrübung so stark nach, dass er sich von einem schon damals umstrittenen Okulisten (Starstecher) operieren ließ. Dabei traten Komplikationen auf, die eine Nachoperation erforderten. Kurzzeitig konnte Bach wieder sehen, ihn traf aber einige Tage vor seinem Tod ein „hitsiges Fieber“, das als Blutvergiftung infolge einer Entzündung des Auges durch verunreinigte chirurgische Instrumente gedeutet wird. Bach starb am 28. Juli 1750 und wurde drei Tage darauf anonym auf dem Johannisfriedhof in Leipzig begraben.