Am 12. Februar 1784 war es endlich soweit, dass die Linie Habsburg-Lothringen endlich einen männlichen Thronfolger hatte. Elisabeth III. Christine gebar im Alter von 34 Jahren in Wien ihren ersten Sohn. Von Anfang an wurde der kleine Karl für die Thronfolge nach Karl VII. bestimmt und trug schon als Knabe den Titel des Erzherzogs. Damit waren weitere mögliche Anspruchsteller in die zweite Reihe verwiesen. Da gab es zum einen Franz Joseph, den ältesten Sohn des Großherzogs Leopold von Toskana, der selbst ebenfalls in der Thronfolge stand. Als dritter Kandidat nach dem kleinen Karl stand noch Franz bereit, dessen Mutter die gebürtige Prinzessin Maria Ludovica war, eine Tochter des spanischen Königs Carlos III. aus der spanischen Linie des Hauses Habsburg.

Kaiser Karl VII. war sichtlich erleichtert, dass seine Nachfolge nunmehr in seinem Mannesstamm verbleiben konnte. Seine Aufmerksamkeit wurde nämlich ganz und gar durch die Spannungen in seinem Vielvölkerstaat und dem Krieg in Frankreich gefordert. Der Kampf mit dem Haus Frankreich-Hannover war in den Augen der Zeitgenossen in seine Endphase eingetreten, die kaiserlichen Truppen und diejenigen der verbündeten Königreiche Bayern und Württemberg standen bereits auf französischem Boden. In ihrem Rücken gingen die Beamten und Würdenträger der römischen Kirche bereits daran, die Reformation Frankreichs durch Georg III. wieder rückgängig zu machen. Und nicht nur die: Selbst den Einsatz von Meuchelmördern scheuten die Gegenreformatoren nicht, um allzu widerspenstige Protestanten, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollten, zu beseitigen - insbesondere wie hier in Lothringen:

Im Sommer 1784 überschritten sieben österreichische Heere die Grenze zu Frankreich und marschierten ohne nennenswerte militärische Gegenwehr bis nach Paris. Die Herrschaft des Hauses Hannover über Frankreich war ganz offensichtlich im Zustand des schnellen Zerfalls. Im Land herrschte eine große Unruhe und eine revolutionäre Stimmung, wie die kaiserlichen Truppen in den von ihnen besetzten Gebieten bald feststellten. Es ging nicht alleine um Widerstand gegen die Besatzer oder um Hungeraufstände eines Pöbels - nein, dieser Aufruhr besaß auch politische Dimensionen. Der seit dem Dreißigjährigem Krieg so erfolgreiche Absolutismus in Europa geriet an seine Grenzen.

Nicht nur auf einem zentralen Feld praktischer Politik und im institutionellen Bereich wies der französische Absolutismus Schwächen auf. Aufklärerisches politisches Denken stellte auch seine Legitimationsgrundlage in Frage und eröffnete neue Optionen der Herrschaftsorganisation. Aus der Aufklärung des 18. Jahrhunderts ragen zwei Denker wegen ihrer besonderen Bedeutung hervor: Montesquieus Modell einer Gewaltenteilung zwischen gesetzgebender, ausführender und richterlicher Gewalt forderte die Schaffung einer konstitutionellen Monarchie.
Für die radikaldemokratische Idee lieferte Rousseau wichtige Impulse, unter anderem, indem er das Eigentum als Ursache der Ungleichheit zwischen den Menschen ansah und Gesetze kritisierte, die ungerechte Besitzverhältnisse schützten. Er propagierte die Unterordnung des Einzelnen unter den allgemeinen Willen, sah von einer Gewaltenteilung ab und die Richterwahl durch das Volk vor. Verbreitung fand aufklärerisches Denken zunehmend in Debattierclubs und Freimaurerlogen sowie durch Lesezirkel, Salons und Kaffeehäuser, die im geselligen Rahmen zur Lektüre und Diskussion der Lesefrüchte anregten. Auch der Meinungsaustausch zu aktuellen politischen Fragen hatte hier zwanglos-selbstverständlich seinen Ort. Hauptnutzer waren bildungsbürgerliche Schichten und Berufsstände, wie z. B. Juristen, Ärzte, Lehrer und Professoren.

Der Großteil der Bevölkerung im Ancien régime war an Aufklärungsdenken und Politisierung wenig interessiert, am Brotpreis umso mehr. Die Bauern, die vier Fünftel der Bevölkerung stellten, hatten 1784 infolge der Kleinen Eiszeit eine schlimme Missernte erlitten und danach einen harten Winter durchlebt. Während es den Bauern am Nötigsten fehlte, sahen sie die Speicher der weltlichen und geistlichen Grundherren, denen sie Abgaben zu entrichten hatten, noch gut gefüllt. Es kam zu Protesten und Forderungen nach Verkauf zu einem „gerechten Preis“, als bei der eingetretenen Knappheit die Getreidepreise im Gegenteil gerade mächtig anzogen. Noch empfindlicher traf die Teuerung die kleinen Leute in den Städten, für die das tägliche Brot Hauptnahrungsmittel war. Zur Jahresmitte 1784 war Brot teurer als zu jedem anderen Zeitpunkt des 18. Jahrhunderts in Frankreich und kostete das Dreifache des Preises der besseren Jahre. Das bedeutete für den städtischen Handwerker, dass er etwa die Hälfte seines Einkommens allein für die Brotversorgung ausgeben musste. Jede Preissteigerung wirkte da existenzbedrohend und ließ die Nachfrage nach anderen Gütern des täglichen Bedarfs sinken. „Nun erreichten Unzufriedenheit und Erregung auch diejenigen, die von der öffentlichen Auseinandersetzung um die Finanzmisere und die Funktionsunfähigkeit des Staates noch nicht unmittelbar erreicht und mobilisiert worden waren. Die wirtschaftliche Not, die infolge der Teuerung und Unterproduktion die städtischen Konsumenten und dann auch Handel und Gewerbe betraf, brachte die ‚Massen’ auf die politische Bühne."

In dieses Hornissennest stach nun die kaiserliche Armee, als sie mit über 17.000 Soldaten die restliche Verteidigung der Welfen bei Paris besiegte. Die Truppen Hannovers stellten sich zwar zum Kampf, boten nach einigen Stunden des Artilleriegefechts aber die ehrenvolle Kapitulation an. Mit großem Pomp marschierten die Reihen der kaiserlichen Armee stundenlang entlang des Boulevard der französischen Hauptstadt. Was für ein Sieg für das Haus Habsburg und seine Verbündeten! Nur was sich den siegreichen Truppen Karls VII. in Paris bot, das war höchst alarmierend.
Im allgemeinen Bewusstsein ist 1785 das am engsten mit der Französischen Revolution verknüpfte Jahr, nicht nur, weil es den Beginn eines großen politischen und sozialen Umwälzungsprozesses markiert, sondern auch, weil in diesem Jahr die maßgeblichen Voraussetzungen für das Bewusstsein der nationalen Zusammengehörigkeit aller Franzosen geschaffen wurden. Möglich war dies auch wegen der Mehrgleisigkeit des revolutionären Geschehens, das nach und nach die gesamte Bevölkerung in seinen Bann schlug und bei dem drei Komponenten zusammen- und ineinanderwirkten: die Wendung der Volksvertreter gegen die absolutistische Monarchie, die Erhebung der städtischen Bevölkerung gegen die überkommenen Herrschafts- und Verwaltungsorgane und die Revolte der Bauern gegen das ländliche Feudalregime. Ohne die mit je besonderen Motiven verbundenen Volksaktionen wären die aufklärerisch inspirierten, zu Reformen entschlossenen Vertreter des Bildungs- und Besitzbürgertums mit ihren politischen Vorstellungen 1785 kaum weit gekommen.
Zur Einberufung der Generalstände war es durch die Blockadehaltung und auf Druck der Privilegierten in Parlamenten und Provinzialständen gekommen. Positive Erwartungen daran knüpften aber vor allem die Mitglieder des Dritten Standes, die mehr als 95 % der Bevölkerung ausmachten. In den Beschwerdeheften, die bei solcher Gelegenheit traditionell verfasst und den Abgeordneten zur Versammlung mitgegeben wurden, forderten die Bauern Erleichterungen bei den Abgaben und Sonderrechten, die ihre Grundherren beanspruchten, während die von aufklärerischen Vorstellungen bestimmten Teile des Bürgertums bereits auf die Umgestaltung der Monarchie nach englischem Vorbild zielten. Als gemeinsames Anliegen wurde die Forderung formuliert, dass der Dritte Stand in den Generalständen eine Aufwertung gegenüber Klerus und Adel erfahren müsste.

Karl VII. reagierte auf die Forderungen taktierend: Dem Dritten Stand wurde zwar die Verdoppelung der Abgeordnetenzahl zugestanden, der Abstimmungsmodus in den Generalständen blieb aber offen. Das Eröffnungszeremoniell am 5. Mai 1785 in Versailles verhieß nichts Gutes: Die beiden ersten Stände kamen in großer Festgarderobe auf reservierten Plätzen zu sitzen; die Abgeordneten des Dritten Standes, denen einfacher schwarzer Anzug vorgeschrieben war, mussten selbst sehen, wie sie sich platzierten. In den Ansprachen gab es von Seiten des Hofes noch immer keinen Hinweis auf die Geschäftsordnung. Mehr als ein Monat verging danach mit ergebnislosen Debatten, da die privilegierten Stände mehrheitlich auf dem alten Tagungs- und Abstimmungsmodus beharrten: getrennte Beratung der Stände, je einheitliche Stimmabgabe pro Stand.
Doch vor allem beim volksnahen niederen Klerus, den Dorf- und Gemeindepfarrern, begann die Front massiv zu bröckeln, als sich seit dem 12. Juni einige dem Dritten Stand anschlossen und dessen Beratungen zu folgen begannen. Von da an überstürzten sich die Ereignisse. Auf Antrag des Abbé Sieyès, der die überragende Rolle des Dritten Standes schon vordem wirksam propagiert hatte, erklärten dessen Vertreter sich am 17. Juni zu Repräsentanten von mindestens 96 % der französischen Bevölkerung, gaben sich den Namen Nationalversammlung und forderten beide anderen Stände auf, sich ihnen anzuschließen. Diesem Aufruf folgte der Klerus am 19. Juni mit knapper Mehrheit, während der Adel bis auf 80 seiner Vertreter die Unterstützung des Kaisers zur Erhaltung der alten Ordnung suchte.
Karl VII. zeigte sich irritiert über die Forderungen der Franzosen, er beraumte für den 23. Juni eine kaiserliche Sitzung an und sperrte bis dahin den Sitzungssaal. Die nunmehr entschlossenen Deputierten organisierten aber am 20. Juni ein Treffen im Ballhaus, bei dem sie schworen, sich nicht zu trennen, bevor eine neue Verfassung geschaffen wäre. Sie widerstanden dann auch allen Drohungen des Königs in der Sitzung vom 23. Juni. Bailly als gewählter Präsident der Versammlung verweigerte dem die Auflösungsorder überbringenden Zeremonienmeister den Gehorsam mit dem markanten Ausspruch, dass die versammelte Nation von niemandem Befehle entgegenzunehmen habe. Dem Gebrauch von Waffengewalt gegen den Dritten Stand stellten sich auch einige Adlige in den Weg. Als der Herzog von Orléans sich mit einer ganzen Reihe weiterer Adliger auf die Seite der Nationalversammlung stellte, gab Karl VII. am 27. Juni nach und befahl nunmehr seinerseits beiden privilegierten Ständen die Mitwirkung.
Die politischen Erfolge des Dritten Standes waren einstweilen vorläufige, denn zeitgleich mit seinem Nachgeben hatte der Kaiser die vor Paris lagernden Truppen wieder in die Stadt beordert, die die Öffentlichkeit beunruhigten und das Volk – zumal angesichts des wie nie zuvor teuren Brotes – eine nochmalige Verschlechterung der Nahrungsmittelversorgung fürchten ließen. Als der beim Dritten Stand als sein Interessenwahrer bei Hofe relativ angesehene Finanzminister Necker am 11. Juli vom Kaiser entlassen wurde, galt dies der Pariser Bevölkerung als unheilvolles Signal: „Die Entlassung Neckers ist die Sturmglocke zu einer Bartholomäusnacht der Patrioten! Die Bataillone der Bayern und Habsburger werden uns noch heute den Garaus machen. Nur ein Ausweg bleibt uns: zu den Waffen zu greifen!“ Zahlreiche Stadtzollhäuser wurden spontan zerstört, die königlichen Zolleinnehmer verjagt.

Angesichts der aufgeheizten Stimmung formierten die unterdessen in die königliche Pariser Stadtverwaltung integrierten Wahlmänner des Dritten Standes am 13. Juli eine Bürgermiliz als ordnendes Element, die spätere Nationalgarde. Das Volk aber drängte zur Bewaffnung. Nach Plünderung eines Waffenlagers zog man am 14. Juli zur Bastille, um dort zusätzlich Waffen und Pulver zu beschaffen. Hier fanden sich weitere Aufstandsbereite zu gemeinsamer Aktion gegen das Negativsymbol der absolutistischen Herrschaft ein, eine etwa 5000-köpfige Menge insgesamt. Das Stadtgefängnis beherbergte zu diesem Zeitpunkt allerdings nur sieben Gefangene ohne politischen Hintergrund.
Der nur mit kleiner Besatzung operierende Bastille-Kommandant ließ die Menge ungehindert in die Vorhöfe eindringen, dann aber unter Feuer nehmen. 98 Tote und 73 Verwundete hatten die Belagerer am Ende des Tages zu beklagen. Als die erregte Menge die Stadtverwaltung unter Druck setzte, wurden mit Hilfe von Militärs vier Kanonen vor der Bastille in Stellung gebracht; der Festungskommandant kapitulierte. Die über die heruntergelassenen Brücken einströmenden Massen, denen die vorherige Beschießung als Verrat galt, töteten drei Soldaten und drei Offiziere; der Kommandant wurde erst weggeschleift, dann umgebracht, sein Kopf ebenso wie der des Vorstehers der neuen kaiserlichen Stadtverwaltung auf Piken gespießt und zur Schau gestellt.

Die Spitzen der Reichstruppen reagierten geschockt und defensiv. Die Pariser Truppen wurden zurückgezogen und der Nationalversammlung Anerkennung und Schutz zugesichert. An die Spitze der Pariser Verwaltung trat als Bürgermeister nun Bailly; Befehlshaber der Nationalgarde wurde der vom amerikanischen Unabhängigkeitskrieg mitgeprägte liberale Marquis de La Fayette. Ähnlich umgestaltet wurden in der Folge auch die Stadtverwaltungen in den Provinzen Frankreichs.
Missernten und Teuerung trafen viele kleinbäuerliche Existenzen, deren Produktion zur Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln nicht ausreichte, doppelt, da die Teuerung auch die bäuerlichen Zuverdienstmöglichkeiten in der Stadt minderte. Im Frühjahr 1786 tauchten überall organisierte Bettlerbanden auf, die von Hof zu Hof zogen, bei Tag und bei Nacht, und mit heftigen Drohungen auftraten. Im Reizklima der Wahlen zu den Generalständen und in Reaktion auf die Ereignisse in Versailles und Paris entwickelte sich auf dem Lande die so genannte Große Furcht vor dem „aristokratischen Komplott“, das für alle misshelligen Entwicklungen und Umtriebe verantwortlich gemacht wurde und in vielerlei bloßen Gerüchten zusätzlich Gestalt annahm. Das Phänomen der Grande Peur herrschte zwischen Mitte Juli und Anfang August 1786, erfasste nahezu ganz Frankreich und begleitete die massiven bäuerlichen Angriffe auf Schlösser und Klöster, die vom 17./18. Juli an geplündert und in Brand gesteckt wurden mit dem Ziel, die Archive mit den Urkunden über die Herrenrechte zu vernichten und den Verzicht der Grundherren auf ihre feudalen Rechte zu erzwingen.
