[Kommentare] The guilty have no pride

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Claus E. Witz
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon Claus E. Witz » 3. April 2014 22:58

Werter Stratege xxHyFoxx,
wie immer eine Wonne Euren Ausführungen folgen zu dürfen. :strategie_zone_92:

Hochachtungsvoll

Claus E. Witz
"Wir behaupten (...), der Krieg ist nichts als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel." Carl von Clausewitz

Angriff in den Anden! (HoI2 Argentinien 1936 AAR)
*edit-Wüsti - Sig verändert - wir haben eine verbindliche Kommentarregelung in der SZ!!
*edit Claus: ... also Kommentare bitte hier.

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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 7. April 2014 21:30

Hoch verehrter Claus E. Witz,

vielen Dank fuer die Aufmunterung!
Ich weiss das ich mit meinen Storyteilen die Nerven mancher Leser strapaziere. Ich bin aber, im Anbetracht der derzeitigen Lage, realtiv zuversichtlich in naechster Zeit mich wieder mehr mit den strategischen und taktischen Dingen zu beschaeftigen. Der Putsch in Jugoslawien bietet hierzu ja eine ausgezeichnete Gelegenheit.

Demuetigst,
xxHyFoxx
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon invader k. » 12. April 2014 15:27

Ich finde es unglaubwürdig, dass es Leute gibt, diesen AAR als Gesamtes nicht zu schätzen weiß. Ich unterhalte mich jedenmal blendend, wenn es etwas neues hier zu lesen gibt und jedesmal regt es mich an. So gesehen strapazieren sie schon die Nerven, weil sie teilweise eben so gut geschrieben sind, dass man eben mitfiebert. Die Episode mit Unser war genial, und den Text um die Sorbin fand ich noch besser, in der Art wie er verfasst war. Mir sind quasi selbst die Finger taub geworden beim Lesen. Danke fürs Schreiben.

Hoffentlich fängt mein oft überschwängliches Lob nicht an zu nerven.

Grüße

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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon GenLtReilich » 13. April 2014 10:32

Ich kann mich nur anschließen und es kaum erwarten wie (eigtl. wann) es weitergeht.
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 14. April 2014 22:15

Heute.

Diese Episode habe ich nach zwei verlesenen Abenden erstellt. Alles begann mit einem kurzen Kartenstudium in meinem Schulatlas, nur mal schnell schauen..., am Schluss kam dabei ein etwas launig geschriebener Text heraus.

Ich freue mich ehrlich gesagt das Kurzgeschichten ueber einzelne Protagonisten auch ihren Anklang finden. Man steckt ja auch Zeit und Muehe hinein. Weiterhin sollen sie ja im Ganzen auch ein Bild der verschiedenen Personen und Persoenlichkeiten wiedergeben.

stets dankbar,
xxHyFoxx
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon Hjalfnar » 15. April 2014 10:05

Sehr sehr schön! Ich lese weiterhin gespannt mit!
"So sleep soundly in your beds tonight...for judgement is coming for you at first light! I'm the hand of god, I'm a dark messiah, I'm the vengeful one!" - Disturbed

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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 19. Juni 2014 23:08

Der "Nachtmahr" Eintrag ist neu geschrieben und ersetzt einen aelteren Eintrag der mir nicht mehr gefaellt.
Beim Text von der hageren Person habe ich mich hemmungslos bei Trent Reznor (Nine Inch Nails) bedient. Uebersetzung habe ich ein wenig auf emine Beduerfnisse angepasst.
Wer mag, kann bei kuugle ja mal: "NIN - My violent heart" eingeben. Unter Videos, der zweite Eintrag (vimeo) ist die Albumversion. Hab das Lied beim verfassen des Textes gehoert.

Ach ja, ingame ist am 6. Juni 1941 uebrigens Kaiser Wilhelm II gestorben. Deswegen hat der Mann auch einen Gastauftritt, wo er sich mit den Konsequenzen seiner Taten konfroniert sieht.

We crawl,
xxHyFoxx
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon GenLtReilich » 7. August 2014 01:05

Wann gehts weiter?

In freudiger Erwartung euer treuer Leser, seit dieser AAR im alten Forum begonnen wurde.
(Mich dünkt der Gedanke an ein Schlachtschiff vor des Feindesküste)

mkg
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 18. August 2014 21:27

Hallo Generalleutnant,

das kann ich ehrlich gesagt auch nicht sagen. Ich finde die Wirklichkeit gerade dermaßen deprimierend, insbesondere in Hinsicht auf dieses Schmierenstueck da in der Ukraine, dass mir jegliche Lust darauf vergeht einen Krieg gegen die Sowjetunion vom Zaun zu brechen. Wozu noch AAR's ueber Kriegsgruende schreiben? Wozu noch den Versuch machen, auf das Wie und Warum solcher Kriege hinzuweisen? Ein Rad dreht sich... .
Ich bin gerade live dabei wie man so etwas fabriziert und die Unverfrohrenheit mit der das geschieht, laesst mich sprachlos zurueck. Gestern floetete man noch das Lied des Friedens und heute erklaert ein Gaukler mir, dass wir robust mitmischen muessen. Und die sogenannte vierte Macht im Staate kann man voll in der Pfeife rauchen. Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing. Nie war es deutlicher als heute. Ich kann mich ja nur noch wiederholen. Und taeglich grueßt das Murmeltier.

Wenn ich dann noch gen Osten blicke, und mir die Ausfuehrungen von Oberst Unser in das Gedaechtnis rufe, dann beginne ich mich vor meinen eigenen Charakteren zu fuerchten. Da ist ein Wetterleuchten am Horizont!

Von daher habe ich letzter Zeit an einer Romanze gearbeitet, welche allerdings weit, weit hinter der derzeitigen Zeitlinie liegt. Es ist auch das einzige was mir derzeit am Schreiben Spaß macht. Das private Glueck in einer unbeschreiblichen Zeit. Die Flucht in das innere Exil.

fliehend,
xxHyFoxx
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon invader k. » 16. September 2014 22:42

[ … Fliehend,
xxxx ... ]


… und als sie dies hörte, begann die alte Dame nun plötzlich wütend zu werden. „Was meinst du damit? Wieso redest du vom Fliehen? Was meinst du mit unbeschreiblich?“ Da war es wieder, dieses charakteristisch langgezogene -ie- in ihrer Aussprache, sie war wirklich ein Mütterchen. „Unbeschreiblich. Natürlich ist es unbeschreiblich, die ganze Welt ist unbeschreiblich. Aber du hast damit angefangen die Dinge zu beschreiben. Du selbst hast damit angefangen. Und nun möchtest du plötzlich davonlaufen?“ Da war keine Spur Ironie in ihrem Singsang. Er hörte ihr zu, was sollte er anderes auch tun angesichts der aufgebrachten Alten.
„Nein, nein, nein. Du wirst nicht wegkommen. Das verspreche ich dir. Zuallererst wirst du nicht loskommen davon. Dafür ist es dir viel zu wichtig. So viele kluge und weise Märchen wie du schon erzählt hast, das lässt du doch nicht einfach hinter dir. Denn genau das wäre es: es wäre ein Hinter-dir-lassen, ein Zurücklassen.“

Er seufzte. Was wusste sie schon. Es war doch nichts, was er wollte. Es geschah nun mal. Und hatte er nicht dagegen angekämpft? Sie musste ihm nichts erzählen von den Dingen, die er getan hatte, was er geleistet hatte. Es waren schließlich nicht seine schon geschriebenen Geschichten, die ihn bedrückten, es waren die ungeschriebenen. Diejenigen, die ihm immer schwächer im Geiste herum schwebten, und das, was sie verblassen ließ. Er schwieg, das war eh was er tat und wozu er – in mindestens Sinnen – ja auch gezwungen war.

„Dann wirst du auch nicht ruhig sein können.“ Er hustete. „Nicht ruhig sein können,“ wiederholte sie, „denn du erzählst Geschichten. Das ist was du tust, und du tust es gut. Besser als viele andere und das verpflichtet. So eine Begabung darf man nicht einfach verkommen lassen. Erzähle und von mir aus schreibe auch, wenn du das besser kannst. Nur lasse dein Talent nicht verkommen.“
Was dachte sie, was sie für Perlen der Weisheit hier zur Schau trug? Ihm war all das natürlich bewusst. Gott, er hatte selbst einen Schädel auf den Schultern mit dem er denken konnte. Solche Binsen gibt es da als abgetragene Meterware. Er dachte an Good Will Hunting, verwarf die Assoziation aber, weil er Robin Williams und diesem Damon kein Unrecht tun wollte.

„Was hat die Welt denn an sich, dass du sie plötzlich nicht mehr beschreiben kannst?“
Was die Welt an sich hat? Sie ist unerträglich, jeder Gedanke an sie lässt mich verzweifeln und die Hände wie ein altes, flehendes Weib – so eines wie du – zusammenschlagen. Was nützen mir denn die ausgefeiltesten Geschichten, wenn einem die Realität solche Groschenromane vorsetzt. Die dann auch noch geglaubt werden. Es ist nicht mal Perlen vor die Säue, es ist wie abgelaufenes Katzenfutter, das den Menschen hingeworfen wird. Oder Soylent Green..... Katzenfutter - Soylent Green; er mag beide Bilder und kann sich für keines entscheiden... und hört ihr weiter alternativlos zu.

„Und du wirst es uns zuliebe nicht aufgeben. Nämlich weil wir dir wichtig sind. Und weil du dir wichtig bist und deine Gedanken dir auch. Darum teilst du sie ja. Du hast immer so schön über die Menschen gesprochen und sie beschrieben, du hast die Welt in so hübsche und kluge Worten verpackt. So viel und schön erklärt und erzählt. Nein, nein, nein, dir zuliebe, uns zuliebe, deinen Geschichten, den Menschen und der Welt zuliebe wirst du nicht aufhören.“ – „Es macht mich krank!,“ unterbrach er sie endlich.

„Es macht mich krank! Das alles macht mich krank. Ich könnte kotzen, wenn ich Spiegel Online aufmache. Was will man den Menschen denn erzählen?! Was will man ihnen denn weismachen?! Was, verdammt!“
„Du klingst wie eine deiner Figuren.“
„Weil ich sie bin!“
„Nein, nein, nein. Du bist sie nicht. Du bist ganz anders. Du bist stärker. Du bist besser. Ich kenne dich.“
„Ich bin nicht stärker oder besser, und du kennst mich nicht.“
„Ich verstehe...“
„Was verstehst du?! Nichts, du hast keine Ahnung! Du sitzt nur immer am Rand und sagst nichts! Nichts weißt du!“

Endlich schwieg sie, endlich war sie ruhig, endlich drehte sie sich um und ging. Es tat ihm noch nicht leid, obwohl er wusste, dass es ihm später sicherlich leid tun würde. Doch noch bevor er dies zuende gedacht hatte, kehrte sich die Alte um und sagte: „Du hast Recht. Ja, du hast Recht. Ich weiß nichts von dir, ich stecke nicht in deiner Haut. In deinem klugen Kopf gehen Dinge vor von denen ich nichts weiß. Aber was soll ich schon machen, ich bin ein altes Weib.“ Sie hielt inne, fuhr dann aber fort: „Solange du nichts erzählst, werde ich das wohl machen. Es ist nicht dasselbe, bestimmt ist es nicht so weise und durchdacht. Ich kenne die Namen deiner Nachtwandler und Dengelmänner und wie sie alle heißen, aber ich stecke doch nicht so sehr in ihnen wie du es tust. Ich werde einfach erzählen wie mir es passt. Hässlicher als du, ja. Viel eher wie die kränkliche, alte Frau, die ich bin. Und einfacher natürlich. Aber ich werde mir doch viel Mühe geben, um schöne Geschichten zu erzählen... Denn wenn wir aufhören solche zu erzählen, dann bleiben nur noch die dummen und traurigen, die die Welt schon mehr als genug hat; wenn man denen nichts entgegensetzt, gehen die niemals kaputt.“

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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon GenLtReilich » 8. Oktober 2014 23:10

@xxHyFoxx

Mein Herr,

bitte, wann geht es weiter?

In freudiger Erwartung

Euer Genlt.
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon Taras » 14. Oktober 2014 14:28

Lese hier selbstverständlich auch wieder interessiert mit.
Die - gesonderte - Komentarfunktion in diesem Form finde ich... nunja - suboptimal. Aber da stehe ich ja nicht allein.

Grüße

Taras
mot de Cambronne
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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon invader k. » 16. Oktober 2014 20:25

Mehr als ein Monat ist vergangen, eigentlich wollte ich den Intervall kürzer halten. Naja, Zeit für ein bisschen Fan Fiction. Jedem Interessierten sei der Autor Len Deighton ans Herz gelegt, zum Beispiel sein Buch „Winter“, sehr gut geschrieben wie ich finde, und sehr informativ. Ich mag ihn sehr und werde weitere Bücher von ihm lesen, wenns sich anbietet, aber grade scheint mir das eher schwer zu sein... egal → Fan Art:



Der Dachboden hatte durchaus seine Vorzüge. Der erste war, dass es sich überhaupt nicht um einen Dachboden handelte, sondern um ein durchaus gemütliches Büro direkt unterm Dach. Der zweite Vorzug war die schon angedeutete Gemütlichkeit. Alles was hier war hatte seinen Platz durch ihn gefunden: der alte Schreibtisch, die alten Akten, die Ordner in dem einzigen Regal, was man seinerzeit in den winzigen Raum gezwängt hatte, alle Stifte, Blöcke und sogar die Gardinen. Letztere hatte er sich extra nur für sein Büro gekauft. Und was die alten Akten betraf so waren sie wirklich alt. Aber das hing nun wieder mit dem dritten Vorzug zusammen. Das Arbeitszimmer war derart abgelegen, dass ihn niemand stören kam. Sowieso hätte sich niemand die Mühe gemacht ihn aufzusuchen, selbst wenn sein Büro an einer anderen Stelle gelegen hätte. Dafür war er ein viel zu kleines Licht in der Behörde. Man erwartete, dass er andere, höhergestellte Amtsträger – was sehr, sehr viele Leute miteinschloss – aufsucht, nicht etwa umgekehrt. Doch so ließ man ihn immerhin in Ruhe und er hatte Zeit alte Akten zu studieren. Und das tat er wirklich gerne.

Oberstleutnant Unser hatte sich irgendwie das Privileg verdient an seinem Arbeitsplatz ignoriert zu werden. Und auch wenn es an allzu stürmischen Tagen durch das Dach regnete, so hatte er doch eine Plane für seinen Schreibtisch, einen Eimer für die notorischen Tropfstellen und einen Regenschirm für sich selbst. Ein geringer Preis im Vergleich zu dem, was er hatte. So ein Glück widerfährt wohl nur Beamten, die die richtigen Leute für sich, und die falschen gegen sich hatte, sogar wenn das Zahlenverhältnis so ungleich verteilt ist.

Heute war das Wetter zahm gewesen und so konnte sich der Oberstleutnant ohne größere Schwierigkeiten in die Papiere vertiefen, die er sich ausgegraben hatte. Zuhause wartete nur ein recht unabhängiger Kater auf ihn – wenn das Tier überhaupt wartete, Gott weiß wo es sich immer rumtreibt – und so recherchierte Unser bis in den fortgeschrittenen Abend.

Es war wirklich interessant, was man so alles in den Archiven finden konnte. Vor Allem was man so finden konnte, was scheinbar keine wirklich Beachtung fand. Da waren zum Beispiel diese Dossiers des Sicherheitsdienstes des Reichsführers ZZ. Das einzige wofür man den Fundus der von den Nazis gesammelten Daten seit dem erfolgreichen Anschlag auf Hitler und die Spitzen der NSDAP und seit der Machtübernahme durch die selbsternannten Demokraten genutzt zu haben schien, war das ausfindig machen und kaltstellen politischer Gegner. Aber das waren die verrückten, rechteflexiblen Tage gewesen in denen alles möglich war, solange es gegen Nazis oder unbequeme Personen ging und solange jemand in den ausschlaggebenden Stellen sein Einverständnis signalisierte. Überraschenderweise hatte Unser sogar diese Zeit überlebt. Es kann schön sein, vergessen zu werden.

[…]
Fortsetzung folgt
to be continued

sorry, leider andere Termine, aber ich habe schon die große Idee in Teilen meines Gehirns zwischengespeichert

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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon invader k. » 19. Oktober 2014 04:46

[…]


Die Aufmerksamkeit, die er kurze Zeit nach seinem Vortrag vor allen Größen der Armee und des Geheimdienstes bekam, war schnell erloschen. Zu Beginn schaute regelmäßig irgendein Wachhund vorbei, fragte teilweise unverhohlen, was er denn im Schilde führe, oder versuchte auch nur unauffällig zu erspähen womit sich dieser Unser wieder beschäftigte. Doch das verebbte bald. Es ließ sich selten Sinn aus dem machen, was er dort las. Er war so schlau gewesen, sich gleich nach seinem großen Auftritt mit anderen, unzusammenhängenden Themen auseinanderzusetzen. Man gab ihm in der Folge viele stumpfsinnige, arbeitsintensive Aufgaben, doch da sich bald zeigte, dass sein Posten nicht wirklich in die Verantwortungsbereiche von irgendwem zu fallen schien, verlief auch das im Sande. Und so saß er nun und studierte seit einer Weile wieder unbeachtet und ungestört.

ZZ Akten also. Selbst nach dem Attentat auf die Führungsriege der Nationalsozialisten haben Agenten des SD weiter gearbeitet. Ursprünglich hatte den Oberstleutnant interessiert, warum es nicht zu größeren Vergeltungsaktionen, warum der enthauptete Apparat im Untergehen nicht wilder um sich geschlagen hat. Das Potential hätte er in jedem Fall gehabt. Und wie sich bei Unsers Recherche schnell herausstellte, auch das Wissen dafür Gegner gezielt zu treffen wäre vorhanden gewesen. Allerdings bestätigte sich was Unser vermutet hatte: ohne die entsprechende Führung wollte niemand seinen Kopf zu weit aus dem Fenster strecken. Die höheren Kader verstrickten sich in Streitigkeiten über die als Antwort zu wählende Strategie und selbstverständlich gab es Kabale und Kämpfe um die Posten. Keiner besaß die Macht in der Zeit, die der Organisation blieb, sich durchsetzen. So weit, so antizipiert.

Doch es gab dort andere, unerwartetere Informationen auf die Unser stieß. Zwei unterschiedliche Gruppen mit ähnlichen Zielen hatten sich offensichtlich verkalkuliert. Die erste war über Jahre hinweg detailliert und umfangreich dokumentiert worden und es gab Aufzeichnungen und Berichte bis hin zur offiziellen Auflösung des SD. Die zweite wurde innerhalb einer recht kurzen Zeitspanne von 2 Wochen nach dem Anschlag zum ersten Mal erwähnt und eilig beschrieben worden. Die Akten über letztere waren untypisch, stützten sich größtenteils auf unbekannte – oder ungenannte – Quellen und waren fast alle von einem gewissen Pauli zusammengestellt worden. Wie Unser ohne weiteres herausfinden konnte, war dieser Pauli Weltkriegsveteran, danach Freikorpsler und seit Mitte der Zwanziger Jurist für die Partei gewesen. Irgendwann dann ZZ und SD. Es erschien Unser als nicht unbedingt eine normale, doch zumindest als eine nicht zu ungewöhnliche Karriere. Fast durchgängig seit dem hatte er mit oder unter einem gewissen Esser gearbeitet. Wenn man nun sah wie häufig Esser in den besagten Berichten vorkam, so wunderte es wenig, dass ein Weggefährte wie Pauli dafür verantwortlich zeichnete. Trotzdem fiel es Unser schwer das, was er dort las als voreingenommen und absichtlich verfälscht einzuschätzen. Sicherlich, die Darstellungen in Bezug zu Esser waren ungenau gehalten, doch in Bezug auf andere Akteure machten die Akten einen relativ offenen und wahrheitsgetreuen Eindruck. Es machte Sinn für ihn. Unser wusste, dass er grade deswegen besonders skeptisch sein musste – zu gerne fällt man auf schön gesponnene Geschichten herein, und die Realität ist oft genug unlogisch, da sie niemand dazu zwingen kann kohärent zu sein – doch selbst mit Skepsis gesehen, erschien es ihm glaubwürdig. Übrigens waren sowohl Esser als auch Pauli inzwischen tot, eine Tatsache, die bestimmt nichts über den Gehalt der Geschichte aussagte, aber interessant zu bemerken war. Esser wurde der Schauprozess gemacht an dessen Ende der Strick wartete. Es war so unnötig: ein richtiger Prozess hätte dafür auch genügt, denn dieser Nazi hatte genug Blut an seinen Händen kleben. Der Andere, Pauli, war auf der Flucht erschossen worden. Das war eine sehr bekannte, beliebte und verbreitete Todesursache in dieser Zeit. Bei seinem Todes war Pauli schon länger in Haft gewesen und auch die Frage, wie der Fliehende in die abgelegene Gegend Bayerns kam, wo man ihn schließlich stellte und erschoss, wäre stellenswert. Doch Unser wollte sich nicht mit so etwas aufhalten, wenn das was die Männer dort dokumentiert hatten soviel interessanter war als die Umstände ihres Ablebens.

Paulis Akten zufolge gab es selbst innerhalb der ZZ und NSDAP eine ernstzunehmende Opposition nicht nur gegen Hitlers Kriegspolitik, sondern auch gegen seine Person an sich. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man sich vor Augen hält wie brutal zum Beispiel Röhm und seine ZA ausgeschaltet wurden. Auch wenn diese Opposition aus nicht allzu vielen Personen bestand, so hatten einige von ihnen Einfluss. Himmler war die wichtigste unter ihnen. Den Papieren nach hatte er kurz nach Beginn der Kampfhandlungen gegen Polen ein planmäßiges Treffen mit Esser. Im Verlaufe dieses Treffens weihte der Reichsführer Esser darin ein, dass es verschiedene terroristische Gruppen gäbe, die Anschläge auf Hitler planten. Esser, Opportunist genug nichts zu sagen worauf er festgelegt werden konnte, zeigte ein wenig Überraschung. Himmler benannte Kreise aus beiden Kirchen, der Wehrmacht und dem konservativen, politischen Spektrum.

'Kommunisten, Sozialdemokraten oder eventuell auch eunzelneArbeiter sind offenbar von denen nicht einmal mehr als Bedrohung beziehungsweise existent wahrgenommen worden,' bemerkte Unser. Die Unterredung zwischen Himmler und Esser endete mit dem Auftrag für den Untergebenen den Reichsführer genauestens auf dem aktuellsten Stand bezüglich dieser Verschwörer zu halten. Dazu erhielt er die Leitung über die entsprechenden ermittelnden Stellen. Bereits im diesem ersten Bericht über ein Treffen erwähnte Pauli – und man kann das als Anmerkung deuten, die erst in der Retrospektive besonderen Sinn macht – dass Himmler klar festlegte, dass keine Aktion ohne seine ausdrückliche Zustimmung zu unternehmen sind, es sei denn sie dienten der bloßen Überwachung.


Die von Esser beobachteten Verschwörer waren fleißig in ihren Planungen. Aber die Informanten des SD waren mindestens genauso fleißig. Oft ließ sich sehr genau abschätzen, wie fortgeschritten sie in ihren Vorbereitungen waren. Es zeigte sich, dass sie so eifrig sie auch planten. sie mit der tatsächlichen Ausführung doch sehr zaghaft und zurückhaltend waren. Eine potentielle Gefahr bestand dennoch, da man nicht wissen konnte ob sich eine der Gruppen zu Kurzschlusshandlungen hinreißen ließ. Besonders während der französischen Kampagne in Süddeutschland, die mit der Gefangennahme mehrerer Zehntausender französischer Soldaten endete, war bei jedem öffentlichen Auftritt Hitlers, die Gefahr groß, dass irgendjemand in den Reihen der Widerständler nicht widerstehen konnte. In diese Zeit fiel auch ein Treffen bei dem Esser aufs eindringlichste vor Angriffen warnte, wovon der Reichsführer sich jedoch wenig beeindruckt zeigte. Als Esser sich dazu hinreißen ließ zu empfehlen, dass mindestens die Leibwache Hitlers zu verständigen und zu verstärken sei, antwortete Himmler, wörtliches Zitat: „Ich möchte nicht, dass die Leibwächter darüber in Kenntnis gesetzt werden. Ausdrücklich weise ich Sie darauf hin, dass das gegen meinen Willen ist. Es ist unnötig und widerstrebt meinen Zielen, den Zielen der ZZ und denen des Deutschen Reiches.“ Esser versicherte Gehorsam. Im Anschluss daran mutmaßten Esser und nun auch Pauli darüber, was man aus dieser Aussage wohl machen sollte. Scheinbar war Himmler derart unzufrieden mit Hitler und dessen Krieg, dass er ihn loswerden wollte. Weil ihm allerdings die Machtbasis dafür fehlte es offen und direkt zu machen, und – nicht zu vernachlässigen und ebenso wichtig – weil ihn sein Eid Hitler verpflichtet hatte, wollte er selbst nichts unternehmen. Widerständler sollten die dreckige Arbeit machen Hitler aus dem Weg zu räumen, während Himmler sofort Schuldige verhaften und Waffenstillstandsverhandlungen einleiten konnte. Er schien zu erwarten, dass dieser Krieg mit einem zerstörten Deutschland zu Ende gehen werde. Wie spätere Recherchen Paulis ergeben sollten, hatte der Reichsführer schon über verschiedene Kanäle, zum Beispiel über die Amerikaner oder die Schweiz, versucht Kontakt zu den Alliierten aufzunehmen. Nichts davon schien auch nur halbwegs aussichtsreich gewesen zu sein.

Esser entschied sich Himmler weiterhin die Loyalität zu halten. Die Gruppen wurden weiterhin nur ausspioniert. Der Reichsführer zeigte sich bald enttäuscht von den einschlafenden Bemühungen des Widerstands als sich die militärischen Erfolge auch an der Westfront mehrten und als nachhaltig erwiesen. Der Bombenanschlag kam aus einer anderen Richtung als erwartet zu einer Zeit, da vieles darauf hindeutete, dass die Verschwörer ihre Pläne auf Eis gelegt hatten. Himmler, desillusioniert durch die Nichtbeachtung seiner Versuche durch die Alliierten, war unsicher in seinem Vorhaben ein Attentat geschehen zu lassen, und dieses Wanken war auch – natürlich, warum auch nicht, Himmler soll ja sein Herz auf der Zunge getragen haben, dachte sich der Oberstleutnant – Esser und Pauli nicht verborgen geblieben. Offensichtlich hatte sich beim Reichsführer die Überzeugung herauskristallisiert, dass die Alliierten ihm selbst im Falle eines Friedensschlusses definitiv keinen Weg lassen würden sich schadlos aus der ganzen Affäre zu ziehen. Er war zu weit oben in der Hierarchie der Nazis gewesen. Er kam zum Schluss, dass wenn er nach dem Krieg sicher und halbwegs gut leben wollte, er einen anderen Weg finden musste. Himmler erwog mehrere Optionen, und das auch in Gegenwart Essers. Unter anderem dachte er darüber nach, dass er und Deutschland einfach siegen müsse und dass ein solcher Sieg am besten mit einem stabilen, hinter einem charismatischen Führer vereintem Reich möglich sei. Festlegen wollte sich Himmler jedoch nicht endgültig. Während einige Alternativen weiterhin möglich sein sollten, wollte sich der Reichsführer ZZ vorerst wieder Hitler annähern, da er meinte an dessen Seite sicherer zu sein. Was für eine Fehleinschätzung.

Unser dachte an einen Bericht über den Anschlag selbst. Dort hieß es, Himmler hätte dicht, sogar am nächsten von allen prominenten Opfern, an der Bombe gestanden. Hitler hatte seinen untreu gewordenen Reichsführer also um wenige Sekundenbruchteile überlebt.

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Re: [Kommentare] The guilty have no pride

Beitragvon Claus E. Witz » 23. Oktober 2014 22:32

Werter Stratege xxHyFoxx , mein getreuer Gefährte,

Ihr wollt Euch doch wohl der anhaltenden Laudatio nicht entziehen!

So fahret doch fort und lasst die Russen doch Russen sein! :strategie_zone_43:

Sehnend nach mehr... :strategie_zone_9:

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