Altertümliche Rennwagenspiele

Ach damals wars...

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Cynredd ap Ifon
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Altertümliche Rennwagenspiele

Beitragvon Cynredd ap Ifon » 3. März 2013 16:47

Als im Nostalgie-Thread plötzlich das legendäre Pit Stop II auftauchte, ließ mich der Gedanke nicht mehr los, daß es ja auch zu uralten C64-Zeiten wunderbare Rennwagenspiele gab. Dank moderner Technik lassen die sich ja auch auf einem heutigen Computer problemlos spielen - wenn auch der Flair des Joysticks ein wenig verloren geht -, also habe ich mich mal auf die Suche gemacht. Und bin dann neben der Idee, die Dinger nochmal auszuprobieren, auch zu dem Schluß gekommen, meine Erkenntnisse mit Euch zu teilen, Ihr mögt wollen oder nicht... lol

Aus diesem Grunde werde ich so nach und nach mal das ein oder andere Spiel dieses Genres hier vorstellen. Fangen wir also gleich damit an:

Das erste Spiel, das man wirklich als Rennwagenspiel bezeichnen konnte, war Pole Position von Atari, erschienen 1982. Wie damals üblich, war es ursprünglich eines dieser Kneipen-Automatenspiele, welches dann auf die damals gängigen Computer konvertiert wurde. Ebenfalls wie damals üblich, war die bekannteste Version sicherlich die C64-Version.

Das Ziel des Spiels war relativ einfach: Man mußte lediglich eine vorab eingestellte Anzahl von Runden schaffen. Die Uhr tickte runter, wenn man nicht rechtzeitig eine Runde beendete, war das Spiel verloren. Beendete man eine Runde in der Zeit, bekam man einen gewissen Zeitbonus und konnte weiterfahren. Erschwert wurde die Sache durch langsam fahrende Autos auf der Strecke sowie Werbetafeln an den Rändern, die man möglichst nicht treffen sollte, ansonsten explodierte der Wagen und man verlor wichtige Sekunden. Hin und wieder traf man auf Öllachen, die den Wagen kurzfristig ein wenig runterbremsten, aber an sich nicht wirklich über Sieg oder Niederlage entschieden.

Gefahren wurde auf dem legendären Fuji-Speedway, den manche vielleicht aus anderen Spielen wie Gran Turismo 4 kennen. Mir ist dabei aufgefallen, daß es durchaus nicht nachteilig ist, wenn man den Kurs kennt, sodaß man die Kurven bereits im Vorfeld erahnen kann. Allerdings nahm man damals keinerlei Rücksicht auf übergroßen Realismus, die Rundenzeiten lagen bei ca. 50 Sekunden...

Gefahren wurde im Verfolgermodus - auch dies damals üblich -, heißt also, daß man sein eigenes Auto immer komplett im Blick hatte. Mag heutzutage ein wenig antiquiert wirken, wie auch die Tatsache, daß man das übliche Zwei-Gang-Getriebe zu Verfügung hatte: Der erste Gang fuhr bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit, dann mußte man hochschalten. Schaltete man zu früh, beschleunigte die Kiste kaum. Demnach mußte man den Schaltpunkt ziemlich exakt setzen, um wichtige Sekunden gut zu machen.

Zum Spielgefühl: Die Graphik war für damalige Zeiten durchaus ansprechend, der Sound allerdings...nun ja. lol Die Kiste lenkt sich wie ein übervoller Supermarktwagen, was zu gewissen Problemen beim Überholen führt: Auf die Strecke passen exakt drei Autos knapp nebeneinander, man muß gerne mal zwei Autos gleichzeitig in der Mitte überholen. Den Wagen genau in die Spur zu kriegen ist...lustig. Vorteilhaft, wenn auch antiquiert, ist das Fehlen jeglicher Fliehkräfte: Man kann locker mit Höchstgeschwindigkeit die Strecke auf der Innenseite der Kurve verlassen. Zumindest, solange man nicht auf eine Werbetafel trifft. Die Anzahl der Autos auf der Strecke - die lediglich als Hindernisse, nicht als Gegner galten - entsprach so ungefähr dem Verkehrsaufkommen auf dem Kölner Ring im Berufsverkehr...Ich habe die Anzahl der Autos nicht gezählt, hatte alle Hände voll zu tun, aber alleine auf der Start-Ziel-Geraden sind es selten weniger als sechs Autos, in jeder Kurve ein bis zwei.

Zu den Einstellungen: Das Spiel verfügt über vier Modi - ein Übungsmodus, drei Rennmodi -, wobei sich die Rennmodi eigentlich nicht unterscheiden. Vielleicht in der Schwierigkeit, dann aber minimal. Die einstellbare Rundenzahl liegt zwischen vier und acht Runden, also gut zwischendurch zu bewältigen. Zusätzlich wird vor jedem Rennen eine Qualifikationsrunde gefahren, die den Startplatz ergibt. Letztlich überflüssig, weil es für das Rennen selbst kaum Auswirkungen hat, man hat weiter hinten die ersten zehn Sekunden mehr Spaß bzw. Ärger als weiter vorne, aber sonst?

Abschließend ein paar Bilder:

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Und für die ganz Harten ein Video:

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Re: Altertümliche Rennwagenspiele

Beitragvon Cynredd ap Ifon » 4. März 2013 00:26

In eine andere Richtung ging 1983 Epyx mit seinem Pit Stop. Epyx, die zu C64er-Zeiten wohl zu den namhaftesten Spieleschmieden zählten - unter anderem durch legendäre Spiele wie Summer Games und Winter Games - legte einen großen Wert auf Mehrspielermodi. Man konnte alle Spiele von denen zwar auch allein spielen, es nahm der Sache aber ganz massiv den Spaß, so auch bei Pit Stop bzw. später bei Pit Stop II.

Mit Pit Stop wurde erstmals eine Formel 1-Saison simuliert. In den Einstellungen konnte man zwischen Einzelrennen, einer Minisaison oder der kompletten Rennsaison wählen. Wobei "komplette Rennsaison" genau sechs Rennen bedeutete. Zusätzlich stellte man die gewünschte Rundenzeit - drei, sechs oder neun Runden - sowie einen der drei Schwierigkeitsgrade ein. Dann ging es los. Interessanterweise war die Reihenfolge der Rennen rein zufällig, wie realistisch die Kurse wirklich waren, kann ich nicht beurteilen. Monaco und Le Mans scheinen relativ original nachgebaut zu sein, Kyalami habe ich anders in Erinnerung. Albi, St. Jovite und Jamara sind mir persönlich überhaupt kein Begriff.

Ähnlich wie bei Pole Position gab es keine Gegner auf der Strecke, sondern lediglich langsam fahrende Hindernisse. Allerdings war die Anzahl dieser Hindernisse ein wenig übertrieben, es fanden sich grundsätzlich und immer zwei Hindernisse gleichzeitig auf der Fahrbahn, die gekonnt überholt werden mußten; was wiederum nicht allzu einfach war, weil die Biester einem schonmal absichtlich in den Weg hüpften. Bei Pit Stop sorgte aber ein Crash "lediglich" für eine verstärkte Reifenabnutzung, ebenso wie das Touchieren des Fahrbahnrandes, sodaß das Spiel ein wenig an Autoscooter erinnerte. Zerlegte man seine Reifen, war das Rennen - natürlich nicht die Saison - gelaufen. Dagegen konnte man aber selbstverständlich etwas tun, und da sind wir bei der damals lustigsten Sache des Spiels: Den Boxenstopps!

Bei Dreirundenrennen war die Box in der Regel uninteressant, bei den längeren Rennen mußte man aber da rein, sonst kam man mit dem Sprit nicht hin. Da die vier Männchen in der Box vom Spieler gesteuert werden mußten, entschieden sich manche Rennen im Zweispielermodus durchaus in der Box. Normalerweise schickte man erst den Tankwart zum Auto und ließ die beiden Reifenträger nacheinander die Reifen wechseln. Man mußte allerdings dabei sehr genau ein Auge auf den Tankwart haben, denn wenn er den Wagen übertankte, platzte der Tank und er mußte von vorne anfangen. War man fertig, klickte man auf den Schildträger und ab ging es wieder. Die Boxenzeiten lagen dabei ungefähr im Rahmen der Rundenzeiten, ca. 30 Sekunden...

Was soll man zu der Graphik sagen? Sehr einfach gehalten, für heutige Augen wohl wirklich grausig. Die Strecken unterschieden sich natürlich überhaupt rein optisch überhaupt nicht von einander, das war allerdings in den Achtzigern generell nicht anders. Ein paar Bäume und Tafeln am Wegesrand, das war es. Angenehmer war der Sound: Ein wohliges Brummen, mehr nicht. Das Auto selbst wurde in einer Verfolger-Draufsicht präsentiert. Hatte den Vorteil, daß man die Reifen gut im Blick hatte, an deren Färbung man die Abnutzung sehr genau einschätzen konnte.

Auch bei Pit Stop gab es keine Fliehkräfte, da der Wagen allerdings ohne Lenkung stur geradeaus fuhr, wurde er selbstverständlich aus der Kurve getragen, wenn man nicht aufpaßte. Das war bei Pole Position sinnigerweise anders, bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit folgte der Wagen dort der Spur!

Spielte man das Spiel zu zweit, so fuhr man nach einander. Am Ende wurde dann gemäß der Platzierung ein Geldpreis ausgelobt und die Preise am Ende zusammengerechnet. Wer am meisten Geld hatte, hatte die Saison gewonnen. Der Einzelspielermodus war im Prinzip witzlos, weil es keine Gegner gab. Kam man ins Ziel, hatte man gewonnen.

Die Kurse in der Reihenfolge der Bilder:
- St. Jovite
- Monaco
- Jamara
- Le Mans (hier markiert die fehlende rechte Begrenzung die Boxeneinfahrt!)
- Kyalami
- Albi


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Und das Video.

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Re: Altertümliche Rennwagenspiele

Beitragvon Cynredd ap Ifon » 7. März 2013 19:27

Bereits ein Jahr später, 1984, brachte Epyx den Nachfolger Pit Stop II auf den Markt. Im Grunde unterschied sich das Spiel in relativ wenig Punkten von seinem Vorgänger; die machten aber den Reiz aus und führten dazu, daß ältere Computerspieler auch knapp 30 Jahre nach dem Erscheinen noch leuchtende Augen bekommen, wenn jemand den Namen auch nur erwähnt. Man mag es wirklich nicht glauben, aber ich habe es nochmal gespielt, es macht immer noch Spaß!

Was hat sich geändert im Vergleich zum Vorgänger? Nun, die Graphik wurde extrem überarbeitet, gewisse Anklänge an Pole Position sind nicht zu übersehen. Das Geldsystem wurde durch das damals übliche Punktsystem der Formel 1 ersetzt, mit anderen Worten, nun wurde tatsächlich eine Formel 1-Saison simuliert, dies umso mehr, da man offiziell gegen neun Gegner fuhr. In Wirklichkeit war es allerdings nur einer, nämlich der Computer im Singleplayer-Modus bzw. der menschliche Gegner im Zweispielermodus. Die anderen acht Fahrer waren nicht auf der Strecke, ihnen wurden lediglich Zeiten zugeordnet, aufgrund derer die beiden "echten" Spieler in das Ranking integriert wurden.

Die alten sechs Rennkurse wurden durch neue ersetzt, die Rundenzeiten waren mit 90 bis 120 Sekunden durchaus im Rahmen von Zeiten, die in Formel 1-Rennen gefahren wurden. Allerdings stimmten sie nicht wirklich mit den Kursen überein, Hockenheim beispielsweise war im Vergleich zur echten Rennstrecke ein wenig kurz.

Auch bei Pit Stop II gab es die Möglichkeit, Einzelrennen oder die komplette Saison, bestehend aus sechs Rennen, zu fahren. Die "Mini-Saison" aus Teil 1, die eigentlich ohnehin Schwachsinn war, entfiel. Nachteilig war, daß man das Spiel nicht abspeichern konnte; sechs Rennen à neun Runden beschäftigen einen schon so rund zwei Stunden! Da wäre eine Speichermöglichkeit ganz wünschenswert gewesen; heutzutage ist das mit einem Emulator allerdings kein Problem.

Zum Spielgefühl: Graphik und Sound waren einem C64 durchaus angemessen. Was natürlich hieß, daß der Sound alles andere als realitätsnah war, man sich aber einigermaßen vorstellen konnte, was man hörte. lol Die Graphik war absolut in Ordnung und sehr flüssig, eine Wahnsinnsneuerung war natürlich der Splitscreen, den ich bei späteren Formel 1-Spielen der 90er zutiefst vermißt habe! Die Autos auf der Strecke waren zwar wieder Hindernisse und keine Gegner - außer dem anderen Wagen versteht sich -, sie tauchten aber relativ dosiert auf, geschätzt so alle 10 bis 20 Sekunden einer. Die hatten es allerdings in sich: Hämmerte man einem Hindernis ins Heck, bremste der Wagen enorm ab. Da die Hindernisse aber alle paar Sekunden die Spur wechselte - und die Beschleunigung relativ mau war -, konnte man durchaus eine Weile hinter denen festhängen, was gerade dem Computer sehr häufig passierte. Womit wir bei der KI sind: Mit einem Wort, schwach. Zum einen ist der Gegner rund 10 km/h langsamer - was nicht am Auto liegt, sondern an der Computer-Fahrweise -, zum anderen fährt die KI ausgesprochen vorsichtig und geht gerne zur Sicherheit an die Box. Die Steuerung funktionierte damals selbstverständlich über Joystick - anders ging es nicht -, für die Höchstgeschwindigkeit mußte der Feuerknopf eingesetzt werden, soll heißen, der Knopf mußte durchgängig gedrückt gehalten werden. Nun waren die etwas höherwertigeren Joysticks ja mit Dauerfeuer-Schaltern ausgestattet...Nun ja, wer vergaß, das Dauerfeuer rechtzeitig vor der Box abzustellen, war blitzartig wieder draußen... lol

Zusammengefaßt gesagt, dieses Spiel war damals einfach eine Revolution, vor allem, wenn man sich mit Freunden epische Schlachten lieferte. Wenn man versuchte, dem Gegner die Reifen zu zerschmettern oder ihn einfach nicht vorbeizulassen. Oder das breite Grinsen, wenn man an dem gestrandeten Gegner vorbeifuhr, weil dessen Reifen platt oder der Tank leer war...Hach ja.

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Im nächsten Bild sieht man den Kurs von Brands Hatch, der Spielerwagen (rot) oben, der Computer (blau) unten. Links die Boxeneinfahrt. Vom Computer aus kann man schön den Spielerwagen sehen. :strategie_zone_3: In dem Bild darunter dann eines dieser lästigen Hindernisse.

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Mein Wagen im Ziel, Computer noch auf dem Weg:

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Die alte Hochgeschwindigkeitsstrecke Hockenheim:

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Die ehemalige Formel 1-Strecke von Rouen-Les-Essarts:

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Meine Wenigkeit war in Rouen zu blöd zum Tanken. Ich habe übertankt und mußte von vorne anfangen. Dazu habe ich unnötigerweise einen Hinterreifen gewechselt und so habe ich zuviel Zeit verloren.

Sebring ist zwar der einfachste Kurs, sorgt allerdings wegen seiner Länge für Treibstoffherausforderungen. Man muß gelegentlich mal vom Gas gehen, sonst wird es eng.

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Tja, *hust*...Vallelunga. In der Kurve vor der Box platzte mir der Reifen. Doofheit halt.

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Letztes Rennen: Watkins Glen. Der Computer fuhr dermaßen vorsichtig, daß er noch in der Box stand, als ich mein Rennen beendete...

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Nach Ablauf der Saison ging es mit dem Menübildschirm weiter, einen "Siegesbildschirm" gab es also damals noch nicht.
PS: Ich bemerke mit gewisser Freude anhand der Klickzahlen das Interesse. Wer möchte, kann natürlich gerne seine eigene Einschätzung kund tun. ;)

Abschließend das obligatorische Video:

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