Kapitel 1: Rebellion
Erdjahr 2903, Yuno Gasai 20 Km nördlich von Guyuan, China:Yuno Gasai war vielleicht eine der bekanntesten und reichsten Frauen welche auf der Erde lebten, etwas dass man auf Grund ihrer Herkunft eigentlich nicht meinen würde. Sie wurde in eine arme, englische Familie in London geboren und wurde in einem Alter von 8 Jahren Zeuge wie ihre Eltern bei einem Autounfall starben. Da es keine weiteren Verwandten gab kam sie in ein Waisenhaus wo sie drei Jahre lang lebte. Eines Tages kam hoher Besuch in eben jenes Waisenhaus, Sõta Gasai welcher zu diesem Zeitpunkt in London lebte wollte zusammen mit seiner Frau ein Kind adoptieren, die Wahl fiel letztendlich auf Yuno. Fünf Jahre später zog ihre Familie nach Japan, nachdem ihr Adoptivvater eine Beförderung innerhalb des Familienkonzerns erhielt. Eine ganze Zeit lang schien es als wenn Yuno ein normales, glückliches Leben führen könnte, bis zu ihrem 20. Geburtstag. Dies war der Tag an dem Terra in die Hände der Ásgaròr fiel und ihr Adoptivvater sich als Verräter zu erkennen gab. Als Lohn für eben jenen Verrat wurde Sõta zum neuen Gouverneur der Erde ernannt, und machte sich damit zum meist gehassten Menschen auf der Erde, zumindest in den Augen einiger. Anderen war es reichlich egal wer nun die Geschicke der Erde leitete und wieder andere feierten Sõta als ihren Helden der sie in die Arme des glorreichen Imperiums geführt hatte. Und dann gab es da noch die Menschen die Sõta nicht nur hassten sondern offen gegen ihn vorgingen, der Widerstand oder die 'Ragnarökír Gruppe' wie sie sich selber nannten. Yuno war also die Tochter des reichsten und mächtigsten Mannes auf der Erde, wie kam es also dass sie vollkommen erschöpft in einem beschneiten Waldstück irgendwo in China lag? Die Antwort ist recht simpel, Yuno hatte sich dem Widerstand angeschlossen. Sie hasste das Imperium und seine barbarischen Aktionen wie die Sklaverei oder die Vernichtung der Stadt Beijing und ihrer 2,5 Milliarden Einwohner. Und da ihr Adoptivvater sich dem Imperium angeschlossen hatte wurde auch er zwangsläufig zu einem Feind den es zu besiegen galt. An dem Tag an dem Yuno sich der Ragnarökír anschloss und von zuhause weglief hatte sie sämtliche Konten der Gasais geplündert zu denen sie Zugang hatte und einiges an Forschungsmaterial mitgehen lassen. Es hatte eine Weile gedauert bis sie Kontakt zu den Rebellen herstellen konnte, als sie jedoch mit mehreren Millionen 'Kronår', der Währung innerhalb des Imperiums, sowie Forschungsprojekten von Gasai Industries und Informationen zu den Sicherheitssystemen des Konzerns bei ihnen auftauchte sah man schnell darüber hinweg dass ihr Vater ein Verräter war. Seit nunmehr vier Monaten war Yuno ein Mitglied der Ragnarökír und war bereits an mehreren Sabotageaktionen oder Überfällen auf Imperiale beteiligt gewesen, heute war ein weiterer Überfall geplant.
Als Mitglied einer der reichsten Familien auf der Erde hatte man es schon immer als notwendig erachtet der jungen Gasai Selbstverteidigung beizubringen, etwas worin Yuno im Laufe der Jahre recht gut geworden war. Die junge Widerständlerin hatte eine äußerst blasse Haut, grüne Augen und ein freundliches, hübsches Gesicht. Außerdem hatte sie langes schwarzes Haar, welches sie seit dem Beitritt in die Ragnarökír allerdings gekürzt hatte da es eher hinderlich gewesen wäre. Seit sie in der Widerstandsgruppe war hatte sie sich auch im Gebrauch von Pistolen und leichten Maschinenpistolen geübt, leider musste sie herausfinden dass sie nicht gerade eine geborene Scharfschützin war und selbst auf mittlere Distanzen ihr Ziel öfters verfehlte als sie es traf. Allerdings hatte sie einen Vorteil anderen Menschen gegenüber der dafür sorgte dass sie sich im Notfall auch selbst durchschlagen könnte, sie war eine Telekinetin. Telekinetik ist eine seltsame Kraft von der noch heute keiner weiß wo sie herkommt oder was sie eigentlich ist. Fest steht nur, zum ersten Mal wurde sie im Jahre 2788 entdeckt, zumindest auf der Erde. Seit diesem Jahr gibt es immer häufiger Fälle von Telekineten innerhalb des Imperiums von Terra, oder besser gesagt dem ehemaligen Imperium von Terra. Telekinetik ist eine Kraft welche in vielen Formen kommt und in ihrer Stärke äußerst variierend ist, von Person zu Person. Es gibt Einstufungen von T10, schwache telekinetische Fähigkeiten welche meist nichts weiter tun als einen kopfgroßen Stein schweben zu lassen, bis hin zu T1. In der gesamten Galaxie hat man bisher nur von drei Telekineten der Stufe T1 gehört und sie alle wurden vom Imperium der Ásgaròr gejagt und getötet weil sie als 'zu gefährlich' galten. Telekineten der Stufe T3 hingegen sind im Imperium hoch angesehen, sind sie doch unglaublich wichtig für den Krieg und Transporte durch den Weltraum. Ein T3 schafft es nämlich Dinge zu teleportieren. Alleine und ohne Vorbereitung kann ein T3 einen PKW ganze 2 Kilometer verschieben. Je länger ein Telekinet Zeit hat um sich vorzubereiten, desto weiter kann er ein Objekt verschieben. Mehrere T3 zusammen können ihre Kräfte auch zusammenschließen und dadurch riesige Objekte unglaublich weite Distanzen überwinden lassen. Ein Dreadnought der Konföderation zum Beispiel benötigt 24 T3 und 8 Stunden Vorbereitungszeit um einen Sprung vom Mars nach Qún zu machen, dem Heimatplaneten einer Alienrasse welche vor einigen Jahren einen Krieg gegen die Menschen geführt hatten. Yuno selbst war als eine T4 eingestuft worden, von den zuständigen Behörden welche Tests mit ihr durchgeführt hatten als sie ihr 15. Lebensjahr erreicht hatte. Nach diesem Punkt stiegen die Kräfte eines Telekineten nicht mehr an, jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne. Es kann jedoch durchaus zu 'Mutationen' der Fähigkeiten kommen. Zum Beispiel gibt es Telekineten welche nicht über die übliche Telekinese oder Teleportation verfügten sondern Feuerkugeln verschießen konnten. Dies war jedoch äußerst selten und die meisten Telekineten hatten keinerlei Mutationen. Yuno jedoch hatte festgestellt dass ihre Telekinese im Laufe der Jahre weit stärker geworden war, bis zu einem Punkt an dem es ihr sogar gelang einen Panzer schweben zu lassen.
So lag sie also im Schnee am Waldrand und wartete. Sie war in eine dicke, weiße Winteruniform gehüllt und trug eine weiße Pelzmütze, um ihr Gesicht hatte sie ein weißes Tuch gewickelt, selbst ihre Stiefel, Handschuhe und Waffe, eine GI-02 Maschinenpistole, waren in der Farbe des Schnees gehalten. Man konnte von den Rebellen sagen was man wollte, schlecht ausgerüstet waren sie bei weitem nicht. Die GI-02, Gasai Industries 2902, war eines der neuesten Modelle welche selbst von den Regierungstreuen Truppen und einigen Imperialen Soldaten benutzt wurde. Sie hatte eine ordentliche Reichweite, 35 Schuss pro Magazin, kaum merkbaren Rückstoß, war 65 Zentimeter lang und wog gerade einmal 2,5 Kilogramm. Das einzige Problem der Waffe war die recht geringe Durchschlagskraft. Gegen gewöhnliche Fußsoldaten war noch alles in Ordnung, jedoch hinterließ die Waffe an jedem gepanzerten Fahrzeug noch nicht einmal Kratzer und auch die Kampfrüstung der Elitetruppen des Imperium kümmerte sich nicht wirklich um diese Waffe. Yuno rutschte ein wenig auf der Stelle umher um sich zumindest ein wenig aufzuwärmen, bekam dafür jedoch nur ein tadelndes Grunzen von einem Mann der zu ihrer Linken lag. Enrique Lareza war ein ehemaliger Sergeant welcher die Erde am Tage der Invasion verteidigt hatte, nach der Schlacht von New York in der die Erde endgültig von den Imperialen erobert wurde hatte er sich zurückgezogen und mit einigen seiner Kollegen welche überlebt hatten Angriffe auf die Besatzer geführt. Vor zwei Jahren geriet er dann an die Ragnarökír und schloss sich ihnen an. Er war ebenfalls in weiß gekleidet und hatte sein gesamtes Gesicht hinter einer Maske versteckt. Abgesehen von einer Pistole und vier Sprenggranaten hatte der ehemalige Soldat auch noch ein GIA-99, Gasai Industries Assault 2899. Dies war das Standardgewehr der Terraner zum Zeitpunkt der Invasion und Enrique hatte sich hartnäckig geweigert es gegen ein neueres einzutauschen. Dieses Modell war, 98 Zentimeter lang und wog 7 Kilogramm. Genaugenommen war das GIA-99 eine Kombination aus zwei Gewehren, es hatte zwei Läufe und auch Platz für zwei Magazine. Jedes Magazin hat 24 Schüsse, enthält jedoch unterschiedliche Munition. Das eine Magazin enthält Geschosse mit hoher Durchschlagskraft welche es durchaus Schaffen können die Panzerung eines Transportfahrzeuges zu durchschlagen, wie zum Beispiel die der Imperialen 'Langskjip'. Das zweite Magazin verfügte über Munition welche beim Aufprall in Flammen aufging und wurde meist im Kampf gegen Infanterie verwendet. Mit einem Knopf in der Nähe der Sicherung kann man zwischen den beiden Läufen, und somit Munitionstypen, beliebig wechseln, ein weiterer Knopf ändert die Feuerrate zwischen Einzelschuss, Dreifachschuss und Vollautomatik. Yuno und Enrique waren jedoch nicht allein, rechts neben Yuno lag Alexander Petrov, ehemaliger Scharfschütze und leicht verrückt. Auch er hatte Tarnkleidung angelegt, allerdings sein Gesicht nicht verdeckt. Außer einem Kampfmesser und einer sehr alt wirkenden Pistole hatte auch Alexander vier Sprenggranaten dabei, sowie sein geliebtes Scharfschützengewehr. Es war ein Modell welches von den Scharfschützen der Ásgaròr benutzt wurde, der Modellname war jedoch für alle unleserlich die nicht gerade die Schriftsprache der Ásgaròr studiert hatten. Das Gewehr war halbautomatisch und hatte 5 Schüsse pro Magazin, einen furchtbaren Rückstoß und eine unglaubliche Durchschlagskraft. Die Waffe konnte problemlos die Rüstung eines Bersékir durchschlagen, verriss jedoch mit jedem Schuss um knappe 12 Zentimeter, es sei denn man hatte die Möglichkeit es stationär aufzustellen und es somit um einiges stabiler zu halten, so wie Petrov es momentan tat. Das Gewehr war zudem noch 1,45 Meter lang und wog ganze 14 Kilogramm. Yuno wartete also mit diesen beiden Männern auf einen Konvoi des Imperiums welcher Soldaten aus der Nähe von Sulutan zur Garnison von Guyuan bringen sollte. Diese Garnison war auch das langfristige Ziel der Rebellen. Sie lag knappe 15 Kilometer westlich der letzten Ausläufer der Stadt Guyuan und beherbergte knapp 6.500 Soldaten. Die Ragnarökír Gruppe in dieser Gegend von China bestand aus 1.300 Männern und Frauen, in ganz China gab es vielleicht 150.000 Rebellen. Die Imperialen in der Garnison waren also um ein fünffaches überlegen, weshalb die Rebellen sich damit begnügten Überfälle auf die Besatzer zu führen um die Truppen des Feindes zu dezimieren und dann die Garnison im Sturm zu erobern. Sobald Guyuan erobert war wäre auch die Stadt in der Hand der Rebellen, bereits jetzt gab es dort viele Sympathisanten. Aber nicht nur das, es würde auch ein Zeichen setzen und den Einwohnern der Erde zeigen dass man sich gegen das Imperium auflehnen und gewinnen konnte. Bis es jedoch soweit war hieß es natürlich wie immer, warten.
Eine ganze Stunde verging bis eben jenes Warten ein Ende hatte, in der Ferne konnte man bereits ganz schwach das Geräusch von Motoren hören und Petrov kontrollierte ein letztes mal sein Gewehr bevor er es richtig auf die Straße ausrichtete, es waren zwar nur knappe 50 Meter bis dahin, doch das störte den Deutschen nicht wirklich. Seelenruhig klappte er das Zielfernrohr seines Gewehres zur Seite und klappte eines von der anderen Seite an seine Stelle. Dieses funktionierte wie bei einem gewöhnlichen Sturmgewehr und sollte dafür sorgen dass das Gewehr selbst auf kurze Entfernung effektiv genutzt werden kann. Zwischen den kleinen Schneehügeln hier war es fast unmöglich das dünne Rohr zu sehen welches die Straße im Blick behielt, dieses Mal hatte Alexander sich zumindest dazu erbarmen lassen wie alle anderen auch einen Schalldämpfer auf seine Waffe zu setzen, das letzte was Yuno wollte war dass die Imperialen genau wussten wo sie saßen. Kurze Zeit später war auch der Konvoi zu sehen, drei Hoverbikes bildeten den Anfang. Diese waren eine Art Motorrad welche mit einer Technologie ausgestattet waren die es dem Fahrzeug erlaubte einen halben Meter über der Erde zu schweben. Da dies jedoch unglaublich teuer in der Herstellung war gab es dies im Moment nur für Motorräder und auch nur für die Armee, ob es überhaupt jemals schwebende Autos geben würde war dank der beinahe leeren Staatskasse des Imperiums eher fraglich. Auf den Bikes saßen jeweils drei Männer, allesamt in den Dunkelblauen Uniformen des Imperium. Einer steuerte das Gefährt, ein weiterer war mit einem Sturmgewehr bewaffnet und beobachtete die Straße vorne, während der Dritte verkehrt herum saß um mit seiner Waffe nach hinten abdecken zu können. Den Bikes, welche dank der breiten Straße nebeneinander 'fahren' konnten, folgten drei Transporter der Ásgaròr. Diese gepanzerten Gefährte, genannt Langskjip, waren 6 Meter lang, 3,2 Meter breit und boten Platz für einen Fahrer, einen Beifahrer, einen Schützen und 20 Passagiere. Der Schütze saß zwischen Fahrer und Beifahrer und bediente über eine Art Konsole ein großes Geschütz welches sich auf dem Dach des Fahrzeuges befand und 360 Grad gedreht werden konnte. Diese Geschütze konnten selbst für andere, leicht gepanzerte Fahrzeuge, ein Problem werden und hatten 100 Schuss bevor das Magazin gewechselt werden musste. Dies war jedoch immer ein gefährliches Unterfangen da der Schütze aufstehen, die Luke über sich öffnen und im Freien am Geschütz hantieren musste, was schon eine Weile dauern konnte. Zusätzlich zu diesem Hauptgeschütz gab es noch sechs weitere, drei auf jeder Seite des Transporters, welche von den Passagieren bedient werden konnten. Sie konnten jedoch kaum gedreht werden und verursachten nicht viel mehr Schaden als eine GI-02, außerdem mussten sie vollkommen blind abgeschossen werden, es sei denn der Beifahrer koordinierte die Schützen. Die Langskjip fuhren nacheinander die Straße entlang und ihnen folgten zwei weiterer Hoverbikes welche die Nachhut bildeten. Insgesamt waren es also 60 weitere Soldaten die aus Sulutan abgezogen worden um nach Guyuan zu kommen.
„Dann wollen wir mal.“ meinte Petrov und drückte ab. Der Schuss durchschlug den Kopf des mittleren Schützen auf dem einen Bike und erwischte den hinteren Schützen des zweiten Bikes am Hals, beide fielen tot von ihren Fahrzeugen während die Fahrer sofort anhielten. Die verbliebenen Soldaten sprangen von den Bikes, welche eine Art Mauer bildeten, und suchten Deckung während sie versuchten den Schützen zu finden. Die drei Transporter stoppten ebenfalls und ihre Geschütze bewegend sich surrend hin und her, auf der Suche nach einem Ziel. Die Biker am Ende des Konvois hatten es ihren Kollegen gleichgetan und eine Art Barrikade mit ihren Bikes gebildet. Dies war die große Schwäche der Ásgaròr, es war ihnen einfach nicht möglich vor einem Kampf davon zu rennen.
„Keine gute Idee.“ kommentierte Enrique das Vorgehen der Soldaten während er dabei zusah wie Petrov einen weiteren Treffer landete, dieses mal erwischte es den Fahrer eines Langskjips. Yuno ignorierte den Soldaten einen Moment und sah ungläubig zu Petrov hinüber welcher einen Imperialen nach dem anderen abschoss und dabei munter vor sich her sang.
„Dieses Lied, das ist doch schon uralt, über tausend Jahre!“ meinte Yuno welche es wiedererkannte.
„Du kennst es?“„Ja, ich habe davon in der privaten Bibliothek der Gasais gelesen und auch einige alte Versionen gefunden. Die ganze Familie ist verrückt nach solchen antiken Sachen. Wie hieß es doch gleich? Der...“
„Der Freischütz, Carl Maria von Weber, gutes Stück. Ist eigentlich eine Oper. Habe sie vor kurzem erst gesehen, das wird tatsächlich noch immer aufgeführt, jedenfalls in Deutschland. Seitdem ist mir dieses Lied im Kopf stecken geblieben.“ während des gesamten Gespräches hatte Petrov nicht einmal den Blick abgewandt und drei weitere Männer in den Tod geschickt, eines der Hauptgeschütze der Transporter schoss bereits ungefähr in die Richtung der drei Rebellen, man würde sie wohl entweder durch Zufall treffen oder bald finden. Yuno wandte den Blick von Petrov ab der während er nachlud bereits mit dem nächsten Vers anfing.
„Ich will unsere begabte Telekinetin ja nicht stören, aber wäre es nicht an der Zeit für ein bisschen weniger Smalltalk und ein bisschen mehr umherfliegende Fahrzeuge?“ meinte Enrique und sah zu Yuno herüber. Diese rollte daraufhin nur mit ihren Augen und meinte
„Ja, ja. Schon gut, du bist hier der Boss.“ Langsam und vorsichtig erhob Gasai sich und sah zu den Transportern herüber. Sie streckte die rechte Hand aus, schloss die Augen und stellte sich vor wie die Fahrzeuge durch die Luft gewirbelt worden und neben der Straße zum liegen kamen, dann kippte sie nach hinten weg und wurde ohnmächtig.
Es dauerte nicht lange bis sie aufwachte, Alexander hatte sie mit einem Schneeball geweckt und sah sie nun grinsend an.
„Ah, geht doch. Du musst noch ein wenig daran feilen nicht zu viel Kraft aufzuwenden.“ meinte er und half Yuno beim aufstehen. Diese brummelte nur unverständlich vor sich hin, tatsächlich hatte sie weit mehr Kraft benutzt als nötig gewesen wäre, was in einer anderen Situation durchaus ein tödliches Ende gehabt hätte. So war sie zum Glück nur ohnmächtig geworden ohne dass irgendwelche Feinde in der Nähe waren, apropos Feinde...
„Tja, immerhin hast du ganze Arbeit geleistet. Guck dir das an!“ meinte Petrov und deutete zur Straße. Diese war vollkommen leer, daneben jedoch lagen mehrere Menschen mit Gliedmaßen welche in einem äußerst ungesunden Winkel vom Körper ab standen. Eines der Bikes wurde gar gegen einen Baum geschleudert und hatte diesen einknicken lassen. Von den Besatzungen des Bikes war niemand mehr am Leben, wer Alexanders Schüsse überlebt hatte wurde von der Wucht getötet die hinter Yunos Angriff lag. Die Transporter der Imperialen lagen bis auf einen auf dem Dach, der Mittlere lag lediglich auf der Seite mit der Unterseite zur Straße. Scheinbar hatte dieser Konvoi keine Telekineten dabei, denn diese hatten von Natur aus eine Art unsichtbare 'Kuppel' um sich. Diese hatte einen zehn Meter Radius und verhinderte dass telekinetische Kräfte eintreten konnten, während allerdings alles mögliche hinaus konnte. Im Klartext bedeutet dies, alle die sich innerhalb von zehn Metern von einem Telekineten befanden mussten keine Angst vor übernatürlichen Angriffen haben.
„Gut, du bist wach. Wollen wir doch mal sehen wer da noch am Leben ist.“ meinte Enrique und die drei stapften durch den Schnee und überquerten die Straße, vorsichtig und mit den Waffen im Anschlag. Yuno mit ihrer Maschinenpistole, Enrique und Petrov mit ihren Pistolen, ersterer weil er keine der wertvolleren Munitionstypen verschwenden wollte, Letzterer weil er zu faul war sein Gewehr mitzunehmen. Im ersten Transporter war schon niemand mehr am Leben, sämtliche Insassen hatten sich entweder das Genick gebrochen oder wurden von irgendwelchen losen Gegenständen im Fahrzeug erschlagen. Als sie sich dem mittleren Langskjip näherten kam gerade ein Mann aus der Fahrertür gekrochen und fiel in den Schnee wo er versuchte sich aufzurappeln.
„Ásgaròr oder Rekrut von hier?“ fragte Yuno und zielte auf den Kopf des Mannes. Dieser hatte es endlich geschafft sich aufzurichten und sah hasserfüllt zu den drei Rebellen hinüber. Er bückte sich kurz und hob ein Kampfmesser auf, welches wohl aus dem Fahrzeug gefallen war, bevor er mit erhobener Waffe auf Yuno zu humpelte.
„Ásgaròr.“ meinte Enrique und drückte dreimal ab, zwei Schüsse trafen den Mann in die Brust, der dritte in die Stirn. Auf Grund der Einstellung der Ásgaròr wenn es um den Kampf ging, Sieg oder Tod, war es äußerst schwierig für die Terraner Kriegsgefangene zu machen. Jeder Imperiale der nicht aus einem eroberten System stammte würde solange weiterkämpfen bis entweder er oder seine Feinde tot waren. Yuno war sich allerdings nicht sicher ob sie den Mann am Leben gelassen hätte, selbst wenn er sich ergeben hätte. Immerhin hatte Terra sich auch ergeben, das hatte die Imperialen aber nicht daran gehindert Beijing zu zerstören. Warum sollte man also Gnade für jemanden aufbringen der selber keine kannte? Yuno und ihre Begleiter standen nun vor der Tür auf der Rückseite des Transporters. Die Engländerin kniete sich hin und zielte auf die Tür während der Spanier und der Deutsche an den Seiten ihre Plätze einnahmen. Auf drei riss Enrique die Tür auf und Yuno warf einen Blick in das Innere. Falls noch jemand am Leben war konnte man ihn auf den ersten Blick nicht sehen. Gasai nickte, woraufhin Enrique und Petrov hineingingen und Yuno sich umdrehte um alles abzusichern. Ein paar mal hörte sie das leise Geräusch einer Pistole welche den Verletzten im Inneren einen Gnadenstoß verpasste, dann kamen die beiden anderen auch schon wieder heraus. Beim letzten Fahrzeug fanden sie den Fahrer vor, welcher bereits zur Hälfte aus dem Transporter gekrochen war. Dieser schien sogar aus einem anderem System zu stammen. Zwar kam er nicht von der Erde, aber er sprach Englisch mit einem sehr starken Akzent. Englisch schien eine Sprache zu sein welche viele Menschen, egal aus welchem System sie kamen, verstehen und sprechen konnten, so auch dieser Mann welcher einer der unzähligen 'Hilfssoldaten' war, die das Imperium in ihren eroberten Systemen anheuerten.
„Helft mir, bitte! Mein Bein ist eingeklemmt und ich...“ Yuno unterbrach ihn indem sie ihm eine Kugel in den Kopf verpasste. Der Mann war ein Soldat des Imperiums und somit sein Leben verwirkt. Es war weit gnädiger ihm einen schnellen Tod zu gewähren anstatt ihn hier verbluten oder erfrieren zulassen, denn mitnehmen würden sie ihn nicht. Auf der Rückseite des Transporters war es wieder die selbe Prozedur. Auf drei wurde die Tür aufgerissen, dieses mal war jedoch noch jemand am Leben und bewaffnet, denn mehrere Kugeln flogen aus dem inneren und zischten an Yuno vorbei die sich rechtzeitig zur Seite geworfen hatte. Enrique ignorierte die Schüsse aus dem Inneren des Fahrzeugs, nahm eine seiner Granaten, zog die Sicherung heraus, drückte auf den Knopf um sie zu aktivieren und warf sie in den Transporter woraufhin er die Tür schloss. Vier Sekunden später ertönte ein lauter Knall aus dem Langskjip. Yuno nickte den anderen beiden zu um zu zeigen dass es ihr gut ging. Sie deutete auf eine Leiche die in einiger Entfernung lag. Sie hielt ein Funkgerät in der Hand aus dem sich knisternd eine Stimme in einer fremden Sprache meldete.
„Wir sollten weg von hier, in spätestens 20 Minuten werden Leute aus Guyuan hier sein um alles zu untersuchen. Und glaubt mir, vorerst kann ich nicht noch einmal so einen Trick hier aufführen.“ meinte Yuno. Die anderen stimmten ihr zu und zu dritt machten sie sich auf den Rückweg zu ihrer Basis, ein Bunkerkomplex dass sich mitten im Wald befand, bisher hatte es das Imperium nicht geschafft sie zu finden. Und dort versteckten sich die Rebellen der Ragnarökír-Gruppe, Abteilung Guyuan und planten ihre Schritte. Bald, schon sehr bald, wäre die Gruppe stark genug um mit dem Angriff auf die Garnison zu beginnen, und Yuno und die wenigen anderen Telekineten der Gruppe würden eine große Rolle in den kommenden Kämpfen spielen.