König Theron ging fröhlich pfeifend durch die Arkaden seines Schlosses. Von der Seeseite wehte eine frische Brise, die die stehende Hitze aus den Räumen und Gängen vertrieb. Er schritt durch ein Portal, welches von Zwei Wachen bewacht wurde, die ihn respektvoll begrüßten. Der Saal dahinter war der Thronsaal und die Wände waren mit zahlreichen Teppichen geschmückt, die alle möglichen Wappen und Szenen aus der Bibel zeigten. Hier hatte sein Vater immer Hof gehalten, bis er vor zwei Jahren überraschend an einer Grippe verstorben war, sodass Theron seinen Thron übernehmen musste. Viel zu früh, er hätte noch einige Jahre intensiver Ausbildung gebraucht, wie er damals befunden und jetzt immer noch befand. In den letzten Monat war er neunzehn geworden und bislang hatte er nur sehr wenige Fehler gemacht, keinen Krieg angefangen oder erlebt, die Tochter des mächtigsten Nachbarreiches geheiratet…gut, das war sein Vater gewesen, der dieses organisiert hatte. Aber dennoch, dem Reich ging es gut und das war auch sein Verdienst. Er verließ den Thronsaal und kam an weiteren Wachen vorbei, die alle auf ihren Posten standen und eine ruhige, friedliche Atmosphäre ausstrahlten.
„Mein König!“ rief jemand von hinten und Theron bleib stehen. Heran kam Herzog Taldon, der die Nördlichen Grenzen bewachte.
„Mein König, auf ein Wort.“ Blieb er vor ihm stehen und verbeugte sich vor Theron. „Der Papst hat eine Bittschrift an alle Höfe der Welt verschickt.“
„So lese vor.“ Befahl Theron gelangweilit. Was wollte der alte Langweiliger aus Glaza denn nun schon wieder? Mehr Geld?
„Er ruft die Christenheit zu dem Heiligen Krieg auf…“
Ah, ein Kreuzzug. Mal wieder.
„gegen die Gotteslästerlichen Muslime von Calleon, die das Heilige Land von Westernis mit Krieg überzogen haben und die Stadt des Heiligen Grals geschändet haben. Alle wahre Christen sollten nun zu dem Schwert greifen und mit Gottes Hilfe die Mohamedaner ein für alle mal vernichten.“
Beendete Taldon den Brief und sah Theron erwartungsvoll an, der nur eine Wegwerfende Handbewegung machte.
„Verbrennen.“
„Mein König…“
„Ich glaube an einen uns allen liebenden Gott, nicht an den Papst, Taldon, verbrennt ihn. Mein Reich braucht keinen Krieg.“
„Wie ihr wünscht.“ Antwortete der Herzog steif, doch interessierte es Theron nicht was er für ein Problem er mit seinen Befehlen hatte. Hauptsache er würde sie ausführen. Taldon verabschiedete sich mit einer Verbeugung und Theron ging weiter auf die Gemächer der Königlichen Familie. Kaum hatte er sie betreten hörte er auch schon Geschrei und ein Erbarmunswürdiges Schluchzen aus dem Sonnenzimmer seiner Schwester. Sofort lief er los, ignorierte eine Pfütze auf dem Boden, rutschte aus und fiel auf den Boden. Das Geschrei wurde lauter und er rappelte sich sofort wieder auf, um weiter zu laufen. Mittlerweile erkannte er die Stimme sogar, es war die von Sora, Tochter des Königs von Grangor, seine Frau und Mutter von seinem Kind Theon. Die andere, die schluchzende, gehörte auch zu einer Frau, zu seiner Schwester Alesia. Er kam endlich in dem Zimmer an und sah seine Schwester weinend am Boden liegen, über ihr Sora mit einem Stock in der Hand zum Schlag erhoben. Fassungslos sah er einen Moment die Szene an, einen Moment in dem Alesia ihn mit ihren feuchten Augen flehend ansah, dann konnte er sich nicht mehr halten. Brüllend rannte er blind vor Zorn auf seine Frau zu, die sich erschrocken umdrehte und ausweichen wollte, doch zu spät. Er prallte gegen sie und schleuderte sie gegen die Wand. Er griff sie und schleuderte sie zur Rechten Seite, wo sie noch einmal hart gegen die Wand flog. Sie schrie auf und machte Anstalten zusammen zu sacken, doch das erlaubte er ihr nicht. Abermals ergriff sie, warf sie jedoch nicht sondern schlug sie immer wieder gegen die Wand, bis ihr das Blut aus einer Platzwunde am Kopf rann und ihre Augenlieder begannen zu flimmern. Mit einer letzten Kraftanstrengung schleuderte er sie nach links und damit aus dem tiefen Fenster. Während des Falles kam sie wieder zu Bewusstsein und setzte zu einem Gellenden Schrei an, bevor sie mit einem leisen Platsch im Dunkelgrauen Wasser des Meeres verschwand. Schwer keuchend stand Theron am Fenster und sah ihr nach, während sich seine Schwester wieder aufrichtete und neben ihn stellte. Er legte seinen Arm um sie und drückte schluchzend ihren Kopf gegen seine Brust. Nach einer kurzen Weile umarmte er sie auch mit seinem anderen Arm und so standen sie eine Weile, bis sich Alesia wieder beruhigt hatte und ihn leicht lächelnd ansah. Theron musste zurücklächeln, ihm blieb bei dem Anblick seiner süßen Schwester nichts anderes übrig. Bei Gott, sie war so unschuldig und sein Herz wurde immer leicht wenn er sie sah. Niemand sollte sie bedrohen, niemand sollte ihr schaden.
„Du bist so schön.“ Flüsterte er leise und ihre lächeln wurde noch strahlender, bevor er sie küsste. Sie erwiderte ihn und es wurde ein langer, inniger Kuss, der erst durch ein zartes Stimmchen unterbrochen wurde.
„Vater?“ Theron drehte sich um und sah seinen kleinen Sohn Theon in der Tür stehen.
„Wo ist Mutter?“ Er sah seiner Mutter so verdammt ähnlich, die gleichen blonden Haare, die gleichen blauen Augen, die gleiche weiße Haut. Sein Zorn wallte wieder auf und mit einem Satz war er bei der verkleinerten Form seiner Frau griff es und warf es mit einem Wurf ebenfalls aus dem Fenster. Alesia sah emotionslos hinterher, lächelte ihn aber an, sobald sie bemerkte, dass er sie ansah.
„Endlich sind wir alleine.“ Flüsterte sie und er wurde wieder ruhig. Endlich. Sie hatte Recht. Sie waren frei und alleine.
„Ja, wir sind alleine.“ Bestätigte er und sie schlenderte auf ihn zu.
„Diese Hexe…ich habe sie gehasst.“ Offenbarte sie sich ihm. „Immer wenn du fort warst, da wurde sie böse, schlug mich, verspottete mich. Nur in deiner Nähe habe ich mich sicher gefühlt.“
„Solange ich es vermag, so soll niemand etwas dir antun. Niemand. Und wenn es meine Leben kostet.“ Versprach er ihr und sie zuckte zusammen.
„Sag so was nicht, du sollst nicht gehen. Dann wäre ich alleine auf dieser Welt. Ich will das nicht. Nicht noch einmal.“ Alesia war fern von ihm großgeworden, bei seinem Onkel Taldon in den Nordmarken. Er hatte sie erst spät gesehen und sich schon damals in sie verliebt, jedoch…er hatte sie auf seiner Verlobungsfeier mit Sora gesehen. Sora war schön gewesen, aber das wurde mehr als genügend durch ihren schlechten Charakter ausgeglichen. Immer wenn es nicht so geschah, wie es sollte, dann wurde sie wütend und wütend…wütend wollte man sie gewiss nicht erleben. Immer berief sie sich auf ihren Vater und ihren Bruder, beides große Krieger mit gigantischen Heeren…sie drohte ihm, ihm, dem König, mit diesen Mannen, falls er es nicht so tat wie sie es wollte. Er zweifelte nicht das sie es ernst meinte und ebenso das ihr Bruder es tun würde, denn Kronprinz Eorgios war ihr sehr nahe gewesen. Und er hatte Theron nie gemocht. Was auf Gegenseitigkeit beruhte. Aber nun war sie fort, sie, die jedes Mal ihn erinnerte, sie, die ihn jeden Augenblick daran erinnerte, dass er unglücklich war. Tief in seinem Herzen. Genauso wie Theon ihn immer an sie erinnert hat und sie…aber was sollte er sagen? Es war Verbrechen gewesen, was er getan hatte, ein schreckliches, ein abscheuliches…sie waren gefallen. Ja, sie waren aus dem Fenster gefallen. Beide zusammen. Ein schrecklicher Unfall.
„Nein Alesia.“ Er hob ihren Kopf. „Ich werde nicht gehen. Wir werden immer zusammen bleiben.“
Bevor sie erneut etwas antworten konnte, küsste er sie erneut.