II.Zu neuen Ufern
...wacht auf. Wir nähern uns der Küste. Noch vor Sonnenuntergang werden wir unser Ziel erreicht haben“
„Wurde auch Zeit“, bummte Ring, in Gedanken noch mit seinem Traum beschäftigt. Seit der Zerschlagung der Seperatisten unter der Führung seines Vetters erlebte er diese seltsamen, wirren Träume. Nach dem langen Krieg um Britannien, seiner Krönung und dem Verrat der Angeln vermischte sich alles in seinen Träumen und nur noch selten brachte ihm sein Schlaf Erholung.
Noch mehr plagten ihn aber andere Dinge. Der Winter wurden immer länger, der Sommer immer kälter. Nichts gedeihte mehr auf den Feldern, sein Volk litt Hunger und er litt mit ihnen. Die Unterwerfung Britanniens und seiner Städte brachte zunächst Hoffnung. Schiffsladungen voll Fleisch, Brot und Fisch kamen in Hrefnesholt, ihrer Hauptstadt, an. Das Volk feierte und niemand litt mehr Hunger. Doch auch in Britannien wurden es kälter. Die Ziegen starben, Krankheiten brachen aus, die Menschen starben auf der Straße und man verfluchte die Götter und gleichzeitig flehte man zu ihnen.
König Ring, sein Sohn und Erbe Herrauthr und all die alten Säcke, welche aufgrund von alten, staubigen Stammbäumen irgendeine Art von adeligem Blut besaßen, oder es zumindest behaupteten, berieten, was man tun sollte um die Gauten vor dem Hungertod zu bewahren.
Es wurde heftig diskutiert und gestritten, nicht wenige schlugen vor mit Sack und Pack loszuziehen und im warmen Süden ein neues Leben zu beginnen. Andere forderten, man solle den Göttern eine hübsche Jungfrau opfern, das würde sie besänftigen. Wieder andere meinten, es wäre am klügsten neues Land zu finden, indem genug Nahrung für alle da sein würde, aber den nördlichen Lebensraum sollte man trotz allem, nicht aufgeben. Immerhin war es ihre Heimat, schon seit Beowulf das Land von Grendel befreite und König der Gauten wurde.
Also beschloss der König, zusammen mit seinem Sohn und vielen tapferen Männern gen Osten und Süden zu segeln. Denn man hatte von großen, fruchtbaren Ländern östlich des sarmatischen Meeres gehört. Menschenleer war es den Gerüchten nach und voller funkelnder und wertvoller Steine.
Und so stach die größte Flotte aller Zeiten in See um neue Länder zu besiedeln. Doch die Reise barg viele Gefahren. Die Schiffe waren nicht für die raue See gemacht, bei einem Sturm wurden sie herumgeworfen, wie Blätter im Wind. Nicht wenige brachen auseinander und viele Männer ertranken kläglich.
Doch nun kam endlich ihr Ziel in Sicht. In der Ferne sah man schon die endlosen Wiesen und Wälder. „Nun wird sich das Blatt wenden. Selbst die Götter werden uns nicht vernichten können“, dachte Ring und erhob sich von seiner Schlafstatt.
Er trat aus seiner Kajüte um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Neue Hoffnung keimte in ihm auf, als er die ferne Küste erblickte. Auch seine Männer machten einen frohen Eindruck, wie er erleichtert feststellte. Denn in den vergangenen Wochen wurden sie zusehends mürrischer und einige standen kurz vor der Meuterei. Doch nun, unter dem Gekreische der Möwen und dem Rauschen der Wellen, schöpften alle an Bord neue Hoffnung.
„Holt mir meinen Sohn her.“, befahl er einer Wache, welche sofort losmarschierte. Kurz darauf hörte er das schwere Stapfen von Herrauthr auf dem Schiffsboden. Seit seiner Geburt litt sein Sohn an einem verkrüppelten Bein, was ihn aber nicht daran hinderte als großer General eine stets Siegreiche Armee zu führen.
„Vater, was ist los?“, wollte der Erbe wissen? „Sieh selbst.“, erwiderte Ring und deutete Richtung Küste. „Land, das ist Land!“, rief Herrauthr freudig überrascht. „Wir haben es geschafft. Ich gebe sofort den Männern Bescheid. Sie sollen sich bereit machen.“ „Tu das, mein Sohn. Und komm dann zu mir zurück. Wir haben einiges zu besprechen“
Stunden später, es dämmerte bald, gingen sie an der Küste vor Anker und ein Boot wurde ausgesandt um einen passenden Strandabschnitt zu finden um an Land zu gehen.
Als es soweit war, gab der König den Befehl mit den Schiffen ans Ufer zu fahren. Nur so konnten sie alles abladen. Außerdem würden sie die Schiffe als Baumaterial verwenden müssen.
Das Schiff des Königs erreichte als erstes das Ufer und Ring und sein Sohn betraten zugleich das neue Land.
„Hiermit ist dies Land Teil des großartigen Königreichs der Gauten und Besitzt von König Ring!“. Mit diesen Worten rammte Herrauthr die Standarte in den Boden.
„Es lebe der König“ erklang es aus hunderten Kehlen von den Schifen.
Die Soldaten begannen mit der Errichtung eines Lagers in dem sie wohnen würden, bis ein geeigneter Platz für eine neue Stadt gefunden wurde.
„Männer des Königs,“, ließ Herrauthr verlauten, „tapfer habt ihr der Kälte, den Stürmen und dem Meer getrotzt und habt es euch nun Ruhe und Erholung verdient. Ruht euch aus und esst etwas. Morgen werden wir mit der Erkundung des Landes und der Suche nach gutem Bauplatz beginnen.“
Bitte lieber um Vergebung, als um Erlaubnis.