Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Die AAR der anderen Art...

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Sarge
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Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 12:52

Hallo,

ich habe da noch was auf meiner Platte gefunden:

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 12:53

Prolog

Eine behandschuhte Hand griff ihm fahlen Licht einer Taschenlampe nach einem verstaubten Datapad. Mit dem Daumen schob sie den gröbsten Dreck beiseite, dann hob sie es in die Höhe bis es sich im verspiegelten Visier eines Null-G Anzugs wieder spiegelte.
„Ist es das?“ fragte eine Frauenstimme über Funk.
Das Datapad drehte sich ein wenig in der Hand als weiterer Dreck abgeschüttelt wurde.
„Ich glaube ja“, antwortete eine dunkle Bassstimme zu der die Hand gehörte. „Hey Doyle, kannst du was damit anfangen?“ Er reichte das Pad an seinen Kollegen weiter der sich im Hintergrund hielt.
„Klar doch“, antwortete der und warf einen genaueren Blick darauf. „Das Ding muss ja uralt sein, solche Steckverbindungen werden schon seit fünfzig Jahren nicht mehr produziert.“
„Kriegst du´s hin?“ fragte die Frauenstimme.
„Sicher doch, gib mir nur ein paar Sekunden.“ Der Mann fischte aus einer Tasche ein kleines Werkzeug heraus und fing an die Steckverbindungen des Pads zu bearbeiten. Nach ein paar Sekunden und dem Einsatz einer Batterie war er fertig. „Bingo. Hier Chef.“
Die Hand die es zuerst aufgehoben hatte nahm es wieder zurück und drückte ein paar Tasten. Aus dem Pad stieg ein Hologramm bester Qualität empor. Staunend wichen die drei zurück.
„Leg es ab und dann sei ruhig“, forderte die Frauenstimme.
„Ja, ist wohl besser.“
Dann lag das Pad wieder auf der Konsole. Über ihm schwebte das Hologramm, es zeigte ein Wappen. Ein silberner Kreisring dessen Innenfläche vertikal in eine weiße und eine schwarze Fläche geteilt war. Die Grenze stellte ein graues Schwert da.
Schließlich verschwand es und wich dem Abbild eines Mannes der auf dem Kommandosessel der Brücke saß. Es war jemand der deutlich von den Jahren des Krieges gezeichnet war. Sowohl er als auch das Schiff waren schwer in Mitleidenschaft gezogen worden.
Er setzte sich zurecht und fing dann an zu sprechen. „Ich bin Commander Wolfe, Captain der Shadowhunter. Ich zeichne diese Nachricht auf weil Ich nicht weiß ob es noch jemand anderes gibt der darüber berichten kann. Wir haben gesiegt, wir haben die entscheidende Schlacht gewonnen. Doch ich weiß nicht ob das unserem Feind wirklich den Todesstoß gegeben hat; zu wünschen wäre es ihm, bei dem hohen Preis den wir dafür bezahlt haben.“
Der Mann seufzte und schüttelte den Kopf bevor er fortfuhr. „Die meisten von uns sind tot, darunter Norham und Maynard. Was mit Douglas und den anderen von der Crusader ist kann ich nicht sagen. Unsere Schiffe sind entweder zerstört oder schwer beschädigt. Sogar meine Crew hat das Schiff verlassen. Ich wusste gar nicht dass die Shadowhunter so viel einstecken kann. Was ich weiß ist allerdings das das Schiff keinen Meter mehr fliegen wird. Ich bin schon froh dass es uns heil da raus gebracht hat. Ich denke dass hier, da wo ich sie damals gefunden habe, ein guter Ort ist um es aus seinem Dienst zu entlassen. Ich werde ebenfalls nirgendwo mehr hingehen. Meine Verletzungen sind zu schwer als das ich einfach davonfliegen könnte, ich bin ein toter Mann, nichts kann mir mehr helfen. Aber bis es soweit ist hoffe ich das dieses Pad genug Speicherplatz besitzt um eine Geschichte eines alten, müden Mannes aufzunehmen damit so etwas nie wieder geschieht.“

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:32

Teil I: End of an Era

5.3 . 493 nach Errichtung der theranischen Republik

System: Erthar
Theranische Pilotenakademie

„Hier ist Grün Sechs vom Flottenträger Comet im Varniak System.“ Die Stimme des Piloten klang gehetzt und abgekämpft. „Mindestens drei Oranische Angriffsflotten haben die Grenze überquert und uns überrascht. Wir haben fast alle Jäger und Großkampfschiffe verloren. Nur eine Fregatte leistet noch Widerstand, aber es sind einfach zu viele. Wir können das System nicht länger halten und ziehen uns …“ Die Übertragung endete in einem statischen Rauschen. Ein paar Sekunden später wich das Hologramm dem Abbild einer älteren, uniformierten Person. Mit ruhiger Stimme begann er zu sprechen. „Das ist nur eine von mehreren gleich lautenden Meldungen von sämtlichen Grenzpatrouillen.“ Der Mann sprach weiter als er von einer galaktischen Übersichtskarte ersetzt wurde. Die Karte zeigte ihre Systeme in Blau, während die restlichen in Rot gehalten waren. „In den letzten fünf Stunden wurden in nahezu allen Grenzsektoren Feindkontakte gemeldet. Der Kontakt zu den meisten Garnisonen und Flotten dieser Systeme ist abgerissen. Sie sind höchstwahrscheinlich vernichtet worden.“ Auf der Karte wechselten die Grenzsektoren die Farbe. „Wir haben noch keine Angaben über die Stärke der Oranischen Truppen, aber es ist sicher dass wir hier einer vollständigen Invasion gegenüberstehen. Sie sind zahlenmäßig überlegen und in diesem Moment ungebremst auf dem Vormarsch. Alle aktiven und Reserveeinheiten werden in Gefechtsbereitschaft versetzt, alle Verteidigungsstellungen aktiviert.“ Die Karte verschwand. „Das ist Krieg meine Herren. Ich vertraue darauf, dass sie ihn gewinnen werden. Flottenadmiral Reyness Ende.“
Für ein paar Sekunden hing das Wappen des Oberkommandos im Raum, dann endete die Holoübertragung. Im großen Auditorium der Pilotenakademie wurde es wieder hell. Überall begannen die anwesenden Rekruten zu tuscheln. Hier und dort kam es zu hitzigen Wortgefechten.
Erst als General Ortis das Podium betrat, wurde es wieder ruhig. „Ich bin sicher, sie alle hatten sich ihren letzten Tag an dieser Akademie anders vorgestellt“, sagte er, „aber angesichts der aktuellen Lage werden wir das Ganze ein wenig straffen. Packen sie ihre Sachen und machen sie ihre Jäger klar, sie werden noch heute zu ihren Einheiten verlegt. Ihre Marschbefehle bekommen sie von ihren Ausbildern. Ich bin stolz auf sie. Sie sind eine der besten Klassen, die wir je hatten, und jetzt haben sie auch noch die Gelegenheit sich den Orani im Kampf zu stellen. Ich bin sicher, dass sie für einiges Kopfzerbrechen sorgen werden. Daher habe ich nur einen letzten Befehl an sie. Treten sie denen in den Hintern, aber richtig! Wegtreten.“

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Die Rekruten verließen den Saal und hetzten zu ihren Quartieren. Einige jubelten, andere wirkten nachdenklich. Die meisten diskutierten hitzig untereinander. So auch die kleine Gruppe die ihre Unterkunft betrat und hastig anfing ihre Taschen zu packen. „Das hätte echt keiner erwartet, oder?“ Tessa Miles ließ die Frage im Raum stehen.
„Natürlich nicht. Aber jeder wusste, dass sie wiederkommen würden, nur wollte es niemand wahrhaben. Und jetzt stehen wir genauso da wie die Alten im letzten Krieg“, rief Marcus Cole quer durch die Stube. Er war, selbst für einen Theraner, noch dazu für einen Piloten, groß und kräftig gebaut. Seine grünen Augen und der braune Spitzbart verliehen ihm das Aussehen eines gutmütigen Riesen.
„Nur das die meisten Alten tot sind“, mischte sich eine dritte Person ein. Chris Wolfe warf seinen Seesack auf´s Bett und stopfte seine Ausrüstung hinein. Er war groß und schlank, mit wachen blauen Augen und einem fixen Gehirn unter den blonden Haarstoppeln. Trotz seiner Jugend war er bereits ein ruhiger, erfahrener Pilot und einer der besten Taktiker ihrer Klasse. Die Jahre als Eskortflieger in der elterlichen Spedition hatten sich bezahlt gemacht. Ein paar hässliche Narben an seinem rechten Unterarm zeugten von seiner Kampferfahrung. „Genauso wie es ein Großteil unserer Klasse bald sein wird.“ Tessa sah ihn fassungslos an.
„Machst du Witze?“ fragte sie. „Wir gehören zu einer der besten Klassen, die jemals abgeschlossen haben.“
„Das mag auf uns hier zutreffen“, er umfasste die Stube mit einer Geste, „aber was ist mit dem Rest? Wir drei stammen aus Clans, wo man das fliegen, vor dem laufen lernt, aber die anderen?“ Er zuckte mit den Schultern. „Die meisten sind eh nur hier um günstig an ihre Fluglizenz zu kommen oder um sich irgendeine Zulassung zu verdienen. Richtige Vollblutpiloten hatten wir kaum. Für die die sich auf ein ruhiges Dienstjahr eingestellt hatten ist der Traum wohl vorbei.“
„Da spricht der Thera in dir Junge“, antwortete ihm Marcus lachend. „Ein Analytiker vor den Elementen. Meinst du wirklich, dass es so schlimm wird?“
„Naja“, antwortete er nachdenklich. „Der Krieg ist gerade mal ein paar Stunden alt und wir haben bereits schwere Verluste hinnehmen müssen. Es wird nicht lange dauern, bis man uns in die erste Reihe stellt.“
„Hey ihr zwei“, unterbrach sie Tessa, „seid ihr soweit oder braucht ihr eine Extraeinladung?“ Sie warf sich ihre Tasche über die Schulter und machte sich auf den Weg zum Hangar. Die beiden rollten genervt mit den Augen und beeilten sich um ihr zu folgen.
Der Hangar war einer von vielen an der Akademie. An den Seiten standen säuberlich abgestellte Jäger. Im Moment wuselten Techniker und andere Kadetten um sie herum, trafen Startvorbereitungen oder verstauten ihr Gepäck. Obwohl er der Letzte war der im Hangar ankam war er noch vor Marcus und Tessa startklar. Die Generatoren seines Galaxy Jägers brummten vertraut, er war aufgetankt und alle Anzeigen waren im grünen Bereich. Der Galaxy Raumjäger war eine konventionelle, einsitzige Maschine: Er war elf Meter lang und hatte eine Spannweite von zehn Metern. Der Rumpf war lang gestreckt und schlank, im hinteren Drittel waren auf halber Höhe die Tragflächen angeschlagen. Hinter dem spitz zulaufenden Bug, in dem sich Sensoren und Torpedowerfer befanden, folgte das vordere Rumpfteil. Es nahm Treibstofftanks und Computersysteme auf. Dahinter war das aufgesetzte Cockpit mit dem kleinen Laderaum eingebaut. Das hintere Rumpfteil zog sich in Verlängerung des Cockpitdaches bis zum Heck. Darin befanden sich die beiden Generatoren, die für die Energieversorgung zuständig waren, Schildgeneratoren, Funk– und Navigationssysteme, Batterien für die Waffen und natürlich die beiden Triebwerke. Ihre Schubdüsen ragten hinten aus dem Rumpf heraus. An der Spitze jeder Tragfläche war eine schwere Laserkanone angebracht, zusätzlich dazu befanden sich an der Unterseite noch drei Schnellfeuerlaser die die Hauptwaffe darstellten. Die ersten Versionen dieses Jägers wurden bereits im zweiten oranischen Krieg von den TSF eingesetzt. Seine Adaptivität und Modularität machten es möglich ihre über die Jahre immer weiter zu modernisieren und zu aktualisieren. Die derzeitigen Galaxy Jäger gehören zu den Baureihen H und I. Diese weisen gegenüber dem Grundmodell eine Leistungssteigerung von über fünfzig Prozent auf. Das Cockpit gilt als der am besten konstruieren, durchdachten und durch zahlreiche Verbesserungen als am intuitivsten zu bedienen. Es verfügt über drei Hauptbildschirme mit Touchsreen Steuerung, zwei Sensormonitore, Waffen- Schild- und Maschinenkontrollen, Raketenwarnern, einer Navkarte, Funkkontrollen und Rettungsmittel. Wie bei den übrigen theranischen Raumjägern, den Starcat Abfangjäger, dem Raider Jagdbomber, dem Hurricane Bomber und dem Corona Aufklärer verfügt auch der Galaxy über ein hervorragendes Ausstiegsgerät. Im Notfall kann bei allen genannten Typen das gesamte Cockpit mittels Sprengmitteln und Solbruchstellen vom rechtlichen Flugzeug getrennt werden. Dann ermöglichen Sauerstoffzufuhr, Klimaanlage sowie Wasser und Notrationen einen maximalen Aufenthalt im freien Raum von bis zu zweiundsiebzig Stunden.
Der Galaxy ist ein hochgezüchteter Mix aus verschiedenen anderen Jägern was ihn zu einer sehr guten Allroundwaffe werden lässt. Der Starcat Abfangjäger ist beispielsweise deutlich schneller und agiler, verfügt aber über weniger Feuerkraft und Panzerung. Der Raider Jagdbomber hingegen ist in diesen Punkten dem Galaxy überlegen, ist aber nicht so schnell und agil. Gleiches gilt, allerdings in einem drastischeren Verhältnis für den Hurricane Bomber. Am anderen Ende der Stange sitzt der Corona Aufklärer. Er ist extrem schnell, für ein theranisches Modell zumindest, vernachlässigt dafür aber Panzerung, und Feuerkraft. Dies führt dazu das der Galaxy kaum einen Punkt hat in dem er groß hervorsticht, das gleiche gilt aber auch für seine Nachteile. Dadurch kommt er mit den unterschiedlichsten Kampfsituationen hervorragend klar und kann eine ganze Bandbreite von Missionen abdecken für die sonst mehrere andere Jägertypen zusammenarbeiten mussten. Lackiert war er im allgegenwärtigen grauweiß der Raumflotte.
Ihr Ausbilder, der gealterte, glatzköpfige Sergeant Baker betrat lautstark brüllend den Hangar. Auf seinem Arm trug er mehrere Stapel Datacards. Nach und nach strömten die Kadetten zu ihm um sich ihre Marschbefehle abzuholen. Seine Stimme übertönte selbst das brüllen der Motoren. „Tja Leute, ich weiß nicht, ob ich stolz oder sauer auf euch sein soll! Euch lässt man da raus um Orani zu jagen, und euer armer, kleiner Ausbilder muss mit seinen paar jämmerlichen Piratenabschüssen hier sitzen bleiben! Das ist ungerecht!“ Er griff nach den Pads “Rowland! Jagdstaffel siebzehn! Inagi! JS drei! Glückwunsch zur Beförderung Staffelführer, die wurden heute Morgen vernichtet. Alwin! JS achtzehn! Nawa! JS vierundzwanzig! Viel Spaß beim Streifendienst. Cole! JS sechs.“ Marcus fing das nach ihm geworfene Pad. „Gravin! JS einhundertzwo! Fregattendienst. Miles! JS eins! Glückwunsch, das sind die Besten.“ Tessa steckte sich das Pad ein und schnitt ihm eine Grimasse.
„Salris! JS elf null eins! Boah, sie kommen auf ein Schlachtschiff. Menesco! JS sieben! Die hat´s auch schwer erwischt. Burke! Wo steckt der Bursche? Burke! JS zwölf! Wolfe! JS sechs! Wer hat das denn verbrochen; sie waren für das erste vorgesehen!“ Chris fing das Pad und ging zu seinem Jäger zurück. Hinter ihm ging die Befehlsausgabe weiter. Ein wenig verstört blickte er auf den Befehl. Er wunderte sich wirklich darüber, denn es war normal, dass man nach dem Abschluss der Akademie den Flotten seines Clans zugeteilt wurde. Aber das war hier nicht der Fall; das JG sechs gehörte, wie auch Marcus, zum Clan Destir. Er las den Befehl weiter durch. Darin fand er jedoch nur noch ihre Abflugzeit und den geplanten Treffpunkt.

Ein paar Minuten später versammelten sich die zwanzig, zum gleichen Ziel abkommandierten Kadetten im Besprechungsraum. Darunter waren nicht nur die Jägerpiloten, sondern auch die Besatzungen von Bombern und Jagdbombern, sowie der schnellen Abfangjäger und Aufklärer. Marcus hatte man als Staffelführer eingesetzt. „Alles klar, wie ihr wisst, ist unser Ziel Alasi, eine kleine Welt tief im Hinterland. Wir fliegen direkt dorthin, abgesehen von einem Zwischenstopp auf Doval zwo. Dort steht auftanken auf dem Plan. Wir werden auf dem Raumhafen landen und dort auf den nächsten Nachschubkonvoi zur sechsten Flotte warten. Mit denen zusammen werden wir dann das letzte Stückchen hinter uns bringen. Wir fliegen in lockerer Formation, und haltet die Augen offen. Wir wissen nicht, wie weit die Orani schon gekommen sind, ganz abgesehen von ihren Jägern. Noch Fragen?“ Als sich niemand meldete, stiegen sie endlich in ihre Maschinen. Chris überprüfte noch einmal die Systeme, dann zog er eine kleine Speicherkarte aus der Ärmeltasche seines Fliegeranzugs und schob sie in den dafür vorgesehenen Schlitz. Mit einem Piepen erwachte die Droiden KI seines Jägers zum Leben. Sie würde sich im Flug um die Maschinen und die Navigation kümmern, sodass er sich voll und ganz auf die Steuerung konzentrieren konnte. Als er den Helm festzog, konnte er bereits Marcus´ Stimme aus dem Kopfhörer hören. „Alle melden!“ befahl er. Nach und nach gab jeder Pilot seine Statusmeldung durch.
„Zwo klar“, war sein kurzer Beitrag dazu.
„Also gut, klar zum Start. Volle Energie auf die Repulsoren, zehn Prozent Schub.“ Vorsichtig hoben die Jäger ab und schwebten durch den Hangar in Startposition. Sie richteten ihre Nasen auf das große Kraftfeld und beschleunigten. Einer nach dem anderen schoss hinaus in die nur spärlich beleuchtete Dunkelheit des Alls und ließ die Akademie hinter sich. Nach nur wenigen Minuten hatten sie bereits die Patrouillenstrecke hinter sich gelassen, die sie in den letzten Wochen oft genug gesehen hatten. „Vorbereiten zum Sprung“, befahl Marcus. „Ich transferiere die Koordinaten.“
Eine blinkende Diode an seiner Navigationstafel zeigte an, dass sie die Sendung empfangen und verarbeitet hatte. „Achtung, Los!“ Er drückte den Schalter. Seine Sprungantriebe heulten auf, beschleunigten sein Schiff und ließen es mit einem Blitz und einem stummen Knall in die Überlichtgeschwindigkeit vorstoßen.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:32

System: Bortras
6. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

1. Oranische Sturmflotte

Auf der Brücke des Schlachtschiffes der Naginata-Klasse herrschte hektische Betriebsamkeit. Blaues Licht verlieh allem einen Hauch von Unwirtkichkeit. An den Stationen arbeiteten Brückenoffiziere an einem aktuellen Lagebild. Melder mit Datenkarten huschten umher. Im Gegensatz zu ihm hatten sie keine Blicke für die Situation die sich vor der großen Sichtscheibe abspielte. Langsam aber stetig rückte seine Flotte vor, bahnte sich ihren Weg durch brennende Schiffswracks und zerstörte Jäger. Die Schlacht war kurz und heftig gewesen, aber letztlich war es ein leichter Sieg. Nur ein paar Überlebende leisteten noch Widerstand.
„Vergebliche Mühe“, dachte er bei sich, „aber halt typisch Theranisch. Großartige Kämpfer, aber wenn sie sich einmal in einen Kampf verbissen haben sind sie so leichte Ziele.“
Er schüttelte den Kopf über diese Sturheit des Feindes.
Gelegentlich zuckten noch ein paar orangefarbene Strahlen vorbei. Nach wenigen Minuten allerdings wurde es endgültig ruhig. Melder brachten ihm die Berichte der einzelnen Stationen. Er las sie kurz und aufmerksam durch, im großen und ganzen entsprachen sie den vorausgesagten Ergebnissen.
Mit dem Bericht in der Hand überließ er die Brücke seinem Stellvertreter und ging. Gleich hinter der Brücke endete sein Weg an einer bewachten Tür. Zwei Soldaten in voller Rüstung standen davor, traten aber sofort zur Seite. Einer von ihnen öffnete und ließ ihn hinein. Im Inneren herrschte ein ganz anderes Klima als auf der Brücke. Es war warm und feucht. Dumpfes, rotes Licht erfüllte den Raum. In der Mitte befand sich eine achteckige Konsole mit mehreren Reihen voller Monitore, die bis zur Decke reichten. In der Mitte stand ein großer, drehbarer Kommandostuhl. Auf ihm saß die Person, zu der er wollte.
„Captain Jinthsa, kommen sie näher“, sagte die Person mit fester und ruhiger Stimme. „Treiben sie sich nicht im Schatten umher wie ein Theraner.“
„Admiral“, er verbeugte sich, „hier ist der Bericht.“ Er zweifelte nicht daran, dass der Admiral ihn schon kannte, aber dies gehörte zu seinen Aufgaben und so fuhr er fort.
„Unser Angriff ist planmäßig verlaufen. Wir haben sie vollkommen überrascht. Ihr Widerstand war unkoordiniert und nur von kurzer Dauer. Niemand ist entkommen, die Grenzsektoren gehören uns.“
Er reichte das Datapad hinüber.
Admiral Viljhe erhob sich und griff nach dem Pad. Für einen Orani war er durchaus ein Prachtexemplar. Er war stattlich gebaut, mit kräftigen Muskeln unter der schuppigen Haut. Die intensive rote Hautfarbe war ein deutliches Zeichen seiner Stärke. Sein Kopf mit den wachen, stechenden, grünen Augen war fast komplett kahl, bis auf den silbernen Haarstrang, der von seinem Hinterkopf auf die Schultern fiel. Die graue, ärmellose Admiralsuniform mit den Rangabzeichen am Hals und die kniehohen Stiefel ließen ihn noch eindrucksvoller wirken. Seine flachen Nüstern bebten leicht und er ließ seine Reißzähne aufblitzen, als er den Bericht las. Die klauenartigen Finger huschten über die Konsole und überprüften weitere Berichte.
„Ausgezeichnet. Wir gehen weiter nach Plan vor. Informieren sie unsere rückwärtigen Einheiten. Sagen sie ihnen, dass sie mit ihren Projekten beginnen können.“
„Jawohl Admiral.“ Jinthsa nahm das Pad wieder an sich und verbeugte sich, bevor er hinausging. So hervorragend der Admiral auch war, aus der Nähe war er ein wenig Furcht einflößend. Er lenkte seine Schritte zur Brücke zurück. Dort war die blaue Beleuchtung durch normales Licht ersetzt worden. Vor der Comstation blieb er stehen und gab die Befehle weiter. Dann nahm er wieder seine Position auf der Kommandoplattform ein. Draußen im All formierte sich seine Flotte wieder und bereitete sich auf den nächsten Schritt vor.

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Planet: Alasi
System: Alas
10. 3 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Drei Tage später erreichten sie nach einem ereignislosen Flug Alasi. Aus dem Weltraum betrachtet sah der Planet fast aus wie jeder andere. Doch selbst aus dieser Entfernung erkannten sie die großen Ackerflächen einer typischen Agrarwelt. Früher einmal hatte der Planet an einer wichtigen Handelsroute gelegen, aber verbesserte Schiffsantriebe hatten ihn zu einem Hinterwäldlerdasein verurteilt. Er hatte schon einige solcher Planeten gesehen. Meistens kamen sie mit einem oberflächlichen Blick aus der Ferne am besten weg. Betrachtete man sie jedoch aus der Nähe verloren diese Welten sehr schnell ihren Reiz. So war es auch diesmal. Die kleine Hauptstadt, die auch die größte Ansiedlung auf dem Planeten war, bestand aus einer Anhäufung niedriger Fertigbauhäuser. Dreck und der allgegenwärtige Getreidestaub verliehen ihnen ein schäbiges Aussehen. Westlich der Stadt stellte ein betoniertes Landefeld den Raumhafen dar, auf dem gerade ein riesiger Frachter beladen wurde.
Für ihre Staffel war dort kein Platz mehr. Nach ihrer Anmeldung bei der Flugkontrolle setzten sie auf einem staubigen Acker gleich neben dem Landefeld auf. Vom Krieg war hier noch nichts zu sehen, Alasi besaß gerade einmal eine kleine Heimatschutzkompanie. Am anderen Ende des Raumhafens konnte er unter einem Schleppdach eine Staffel Galaxy´s erkennen. Anscheinend war zumindest die Reserve mobilisiert worden.
Als er genauer hinsah, erkannte er jedoch die wahre Natur der Sache. Es waren veraltete Versionen, wahrscheinlich sogar unverändert aus dem letzten Krieg übernommen. Für einen modernen Gegner würden sie keine Gefahr darstellen. Gleiches galt für die Piloten, auch sie waren ein wenig gealtert. Abgesehen davon gab es auf Alasi keine Verteidigungsmöglichkeiten.
Auch Marcus ließ seinen Blick umherschweifen. „Also wenn ich mir das dunkle Ende der Galaxis vorstellen soll, dann wär das hier sehr nah dran.“
„Eine voll und ganz treffende Analyse, noch dazu von einer so qualifizierten Person“, stellte Chris sarkastisch fest.
„Wir werden hier noch ein bisschen rumsitzen müssen, bis der Konvoi zurückkommt. Irgendeine Ahnung was wir bis dahin machen sollen?“
„Ich denke ja.“ Er zeigte auf einen kleinen Anbau der riesigen Getreideabfüllanlage.
„Was ist das?“ fragte Marcus.
„Etwas was wir alle dringend brauchen können. Was Vernünftiges zu essen.“
„Du machst Witze.“
„Du kennst meine Witze, die hören sich normalerweise anders an. Und was die Esserei betrifft, wir haben nur die Kampfrationen dabei. Und ich bezweifle das die jemand anpackt solange auch nur die Möglichkeit existiert etwas anders zu bekommen.“
Marcus seufzte und schüttelte den Kopf. „Also gut, ich könnte auch was vertragen.“
Obwohl es nur ein paar Meter bis zu der kleinen Kantine waren, spürten sie die volle Breitseite der Natur. Nach wenigen Schritten waren sie komplett mit dem feinen, allgegenwärtigen Staub bedeckt, er kroch in ihre Anzüge und kratzte und juckte überall.
Wie alle anderen Gebäude war auch die Kantine ein Fertigbauprodukt mit großen Fenstern, einer Theke und Inneneinrichtung aus Kunststoff und einem alten, öligen und qualmenden Küchenteil. Ein paar Piloten der Reservestaffel saßen an einigen der Tische. Ihre Blicke waren nicht gerade einladend. Die Speisekarte war ebenfalls keine Überraschung. Es gab nur lokale Spezialitäten, von denen sich die meisten in Form, Farbe und der breiigen Konsistenz ziemlich ähnelten.
Marcus ließ das Zeug von seinem Löffel in den Teller zurückplatschen.
„Also bislang war ich der Meinung, dass das tödlichste für einen Theraner entweder ein Druckverlust oder die Rationen der Armee sind, aber hierbei bin ich mir nicht ganz sicher.“
„Ach komm schon. Es gab Essen an der Akademie das sah auch nicht besser aus. Ich bin sicher es schmeckt besser als es aussieht.“
Grinsend griff er nach seinem Löffel und aß ein bisschen. Ein paar Sekunden später verschwand sein Grinsen. Es schmeckte grässlich. Noch ein paar Sekunden später landete der Bissen auf dem Boden. Er verzog das Gesicht. Der Nachgeschmack war noch schlimmer.
„Pfui! Bah! Ungenießbar! Das würd ich nicht mal einem Orani vorsetzen.“ Marcus verfiel in lautes Lachen, ebenso einige der anderen. Alle schoben ihre Teller von sich. Er griff nach seinem Glas um dem Elend in seinem Mund Herr zu werden, doch eine große Hand zog es ihm weg. Zu der Hand gehörte ein baumlanger Kerl mit gewaltigen Unterarmen, wettergegerbter dunkler Haut und winzigen Augen in einem platten, verwitterten Gesicht. Sein Pilotenanzug spannte an verschiedenen Stellen.
„Schmeckt nicht, häh“, sagte er mit einer schnarrenden Bassstimme.
Chris verzog das Gesicht. „Ungewohnt würd ich eher sagen.“ Er schluckte hart.
„Außenweltler, häh?“ Der Mann baute sich vor ihm auf. „Wohl so was Gutes nicht gewohnt, häh?“
„Könnte daran liegen, dass es eine ganz spezielle Spezialität ist?“ Der Geschmack wurde immer schlimmer.
„Das da“, er deutete auf den Teller, „ist unsere beste Getreidegrütze. Gemacht aus meiner besten Ernte. Und du spuckst hier rum. Das mag ich nicht.“
„Aber; Moment mal.“
„Und ich mag keine Leute die sich rausreden wollen! Das nehm ich persönlich!“
„Jetzt mal langsam. Komm mal runter.“
Der andere packte ihn an den Schultern und stellte ihn auf. Irgendwo klickte die Sicherung einer Laserpistole.
„Du machst jetzt mal langsam, Außenweltler.“
Bevor er irgendetwas antworten konnte, ertönte in einiger Entfernung eine Sirene. An einem anderen Tisch sprang einer der alten Piloten auf. „Was ist das?“ Der Riese ließ ihn fallen. „Der Alarm!“ brüllte er.
„Wir haben einen Alarm? Ich bin seit über dreißig Jahren hier, wieso erfahre ich jetzt erst davon?!“
„Weil wir ihn vorher noch nie gebraucht haben. Los jetzt.“
Man konnte über die Alten denken was man wollte, aber sie waren schnell. Nicht mal zwei Minuten später waren sie in der Luft, dicht gefolgt von der Staffel der Kadetten.
„Ich hab was, wahrscheinlich ein Frachter“, meldete sich ein Pilot der Alasi Staffel. „Richtung eins-sieben-drei zu null-drei-null. Entfernung eins-fünf.“
„Das ist ziemlich weit draußen“, meldete sich der Riese, der als Staffelführer flog.
„Und eigentlich gibt es keinen Grund so weit entfernt aus dem Hyperraum zu fallen“, sagte Marcus.
„Es sei denn sie hatten nicht genug Zeit einen Kurs zu setzen“, mischte er sich ein. „Sehen wir es uns an?“
„Natürlich tun wir das Junge. Ihr lasst den alten Herren brav den Vortritt und haltet euch schön im Hintergrund.“
Die beiden Staffeln gingen auf Kurs. Schon bald kam ihr Ziel in Sicht. Ein riesiger, über vierhundertfünfzig Meter langer Frachter hielt auf sie zu. Sein kastenförmiger, vorn stumpf zulaufender Rumpf wies vorn und hinten kurze Steuerflügel und vier Geschütztürme auf, außerdem gab es einen kleinen trapezförmigen Brückenaufbau am Heck. Direkt darunter befanden sich die Triebwerke.
Er war übersäht mit Beulen und frischen Einschusslöchern. Hinter ihm folgten vier rechteckige Transporter und zwei leichte Frachter. Auch sie sahen nicht besser aus.
„Frachter Rasooma für Alasi eins. Was machen sie hier? Wo ist ihr Geleitschutz?“
„Hier Rasooma.“ Die Stimme klang erschöpft und abgekämpft. „Wir transportieren Verwundete der sechsten Flotte. Wir brauchen dringend medizinische Unterstützung.“
„Warum bringen sie sie dann genau hierher? Alasi verfügt über keine größeren Einrichtungen. Warum bringen sie nicht zur Sanitätsfregatte?“
„Weil es die nicht mehr gibt. Sie wurde zerstört, genau wie unsere Eskorte. Ein paar Parsec von hier hat uns eine Oranische Jägerstaffel überrascht. Wir konnten noch rechtzeitig springen, aber ich hab keine Ahnung, was aus denen geworden ist. Auch zwei Frachter fehlen uns noch.“
„Verstanden. Was haben sie jetzt vor?“
„Wir benötigen Treibstoff und etwas Zeit für Reparaturen.“
„Neuer Kontakt!“ rief ein anderer Pilot.
Ein paar Klicks entfernt fiel ein weiterer Frachter aus dem Hyperraum. Seine Hülle war an mehreren Stellen gebrochen. Flammen schlugen aus den Rissen.
„Das ist die Nassara“, meldete der Frachterpilot.
„Alasi Staffel vorrücken. Kadetten, ihr bleibt beim Konvoi.“
Der Frachter fing an sich langsam unkontrolliert zu drehen.
„Frachter Nassara für Alasi eins. Hören sie mich?“
Es kam keine Antwort.
„Hören sie mich? Können sie antworten?“
Nichts regte sich.
Die Jäger begannen den Frachter zu umschwärmen.
Urplötzlich begannen seine Sensoren zu piepen. Auf seinem Display wurden eine Menge roter Punkte sichtbar.
„Kontakt“, brüllte ein Alasi Pilot.
Es war seine letzte Meldung. Ein paar Sekunden später vergingen er und seine Gruppe in einem Feuerball.
Die roten Strahlen Oranischer Plasmakanonen regneten auf die Alasi Staffel ein.
„Aufpassen! Arrow Jäger!“ rief jemand anderes.
Der Arrow war der Oranische Standardjäger. Er war zehn Meter lang und bestand aus einem spitzen Rumpf, an dessen hinterem Ende sich das Cockpit befand. Zwei pfeilartig zu den Seiten abzweigende Tragflächen brachten es auf eine Spannweite von neun Metern. An den Tragflächenansätzen waren vier Plasmakanonen und zwei Torpedowerfer montiert. Hinter dem Cockpit befanden sich die Triebwerke, daneben die anderen Systeme. Der Arrow war schneller und viel wendiger als der Galaxy, aber sein kleiner Rumpf verhinderte den Einbau schwerer Schilde und Panzerungen.
Den veralteten Galaxy´s der Alasi jedoch waren sie zumindest ebenbürtig. Noch dazu waren sie in der Überzahl und hatten das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Nach und nach verlor die Alasi Staffel eine Maschine nach der anderen.
„Mir nach“, rief Marcus. „Klarmachen zum Angriff!“
Die Kadetten formierten sich und stürzten sich auf die Orani.
Chris drückte seinen Feuerknopf in die Verschalung. Grellorange Strahlen stachen durch das All und verwandelten einen Arrow in eine Trümmerwolke.
Links und rechts zuckten weitere Strahlen umher. Getroffene Jäger explodierten und trieben als Trümmerwolke umher.
„Formation auflösen; macht sie fertig“, befahl Marcus.
Das Gefecht wurde zu einem tödlichen Tanz. Ausweichen, anvisieren, schießen, verschwinden. Teilweise lagen nur Sekundenbruchteile zwischen der richtigen Entscheidung und einem jähen Ende als Feuerball.
Irgendjemand schrie über Funk, dann blieb nur statisches Rauschen.
„Wir haben elf verloren“, bemerkte ein anderer.
„Sie sind zu schnell“, rief eine hektische Stimme. „Ich kann sie nicht anvisieren.“
„Ich hab einen am Heck! Ich brauch Hilfe!“ brüllte ein anderer. Bevor sie eingreifen konnten, zerbrach der Jäger.
Chris blickte auf seine Sensoren. Der Überfall hatte die Alasi schwer getroffen, doch dank der Kadetten hatte sich das Blatt gewendet. Bereits die halbe Oranische Staffel war zerstört worden. Wild feuernd trieb er einen Orani vor sich her. Als sich der Pilot zu einem Ausweichmanöver entschloss, schoss er. Seine Kanonen durchdrangen Schilde und Rumpf und trennten eine Tragfläche ab. Ohne Kontrolle trieb der Arrow umher bis er mit dem Frachter zusammenstieß.
„Dranbleiben“, rief der Riese über Funk. „Macht sie fertig.“
Eine graue Rauchspur schoss an seinem Cockpit vorbei. Der Torpedo hatte ihn nur knapp verfehlt und traf weiter hinten einen Arrow.
Plötzlich änderten sich die Energieanzeigen seiner Sensoren.
„Sie treffen Sprungvorbereitungen. Haltet sie auf, wenn sie entkommen, haben wir ein Problem.“
Es war zu spät. Die Arrows beschleunigten und sprangen in die Lichtgeschwindigkeit. Einer der Alasi traf noch einen Nachzügler mit einem Torpedo, dann war es vorbei.
„Das war ´s. Meldung und Schadensbericht“, forderte der Riese.
Es sah schlecht aus. Die Alasi hatten neun von zwanzig Jägern verloren und sieben weitere waren beschädigt. Glücklicherweise hatten sich zumindest vier ihrer Piloten mit der Rettungskapsel in Sicherheit bringen können.
Bei den Kadetten sah es etwas besser aus. Sie hatten nur zwei verlorene Maschinen und sechs beschädigte. Für das erste Gefecht war das mehr als glücklich.
„Alles klar, gehen wir wieder runter. Sobald wir einen einsatzbereiten Transporter haben kümmern wir uns um den Frachter.“
Der Rest des Konvois hatte die Zeit genutzt und war gelandet. Rund um das Landefeld stapelten sich Schiffsteile, Kisten, Container und werkelnde Mannschaften. Die Verwundeten lagen dort wo sie gerade nicht im Weg waren. Viel zu wenige Sanitäter kümmerten sich um sie. Nachdem sie mit ihren Jägern am Rand gelandet waren liefen sie direkt in die Arme des Riesen.
„Danke“, sagte er einfach nur während er Marcus und ihn fest umklammerte. „Ohne euch wär das ziemlich hässlich gewesen. Ich bin Finch, tut mir leid die Aktion vorhin, aber hier kommen so selten Fremde vorbei.“ Dann schaute er zu den Verwundeten hinüber. „Das sind ganz schön arme Schweine“, sagte er nachdenklich. „Ohne richtige Hilfe haben die keine Chance.“
„Und ihr habt nichts besseres zu tun als die anzugaffen, oder wie?“ brüllte sie einer der Sanitäter an. „Während ihr hier rumsteht sterben da draußen unsere Leute. Was macht ihr noch hier?“
„Nun ja“, sagte Marcus, „wir sollten eigentlich mit euch zur Flotte zurückfliegen.“
„Dieser Konvoi fliegt vorerst nirgendwo hin, Kleiner. Seht zu wie ihr klarkommt.“
„Keine Angst, das werden wir. Und wo finden wir die Flotte?“
„Wir sind von Kinvai aus gesprungen. Kann sein das sie noch immer da sind.“
Marcus zog sein Com. „Macht die Jäger klar, es geht los.“

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:34

Planet: Rotlen
System: Lendal

10. 3 493 nach Errichtung der theranischen Republik

573. Heimatschutzkompanie

„Durchhalten“, brüllte Dan Miller über den Einschlag einer Granate hinweg. „Ihr müsst durchhalten. Die Transporter sind unterwegs. Bald haben wir’s geschafft.“ Er ging in Deckung als eine Salve tödlicher roter Energie dort entlang zuckte wo sich gerade noch sein Kopf befunden hatte. Wieder einmal dankte er dem Schicksal, dass er nicht größer war. Seine schwarzen Haare klebten an seinem Vollvisierhelm und seine grauen Augen brannten. Es fiel ihm schwer wieder aufzustehen. Er war müde und abgekämpft, die letzten zwei Tage hatte er nicht geschlafen. Immer weiter war seine kleine Kompanie zurückgeworfen worden nachdem die Orani gelandet waren. Sofort waren heftige Kämpfe um jedes Haus und jede Straße entbrannt. Mehr als die Hälfte seiner Männer war bereits tot, ein Großteil der anderen verwundet. Ihr gesamtes schweres Gerät war schon lange zerstört. Rotlen lag nur wenige Parsec hinter der Grenze und war bereits am zweiten Tag der Invasion überrannt worden. Sie hatten keine Verbindung mehr, ihr Nachschub war verbraucht und für die Verwundeten stand keine Hilfe zur Verfügung.
In der Nacht war es den Orani gelungen sie einzukesseln. Die wenigen Verteidiger die noch einsatzfähig waren versuchten soviel Zeit wie möglich herauszuschinden um mit den letzten Transporten den Planeten zu verlassen.
„Wir schaffen es nicht“, keuchte eine erschöpfte Stimme neben ihm. Es war Matt Howler, einer seiner besten Männer. Er blutete aus ein paar hässlichen Wunden.
„Ich hab schon viel mitgemacht, aber das ist Zuviel. Wir müssen hier raus; jetzt und sofort. Sie ziehen ein paar Hoverpanzer auf der Südstraße zusammen. Ringsrum verstärken sie ihre Stellungen. Es ist vorbei.“
Vor ihnen tauchte ein Trupp Orani auf. Ihre roten Plasmastrahlen vermischten sich mit den giftgrünen Disruptorkugeln der Verteidiger. Drei Angreifer fielen tot zu Boden.
Matt warf sein leer geschossenes Gewehr weg und griff nach dem eines Toten. „So geht das hier nur noch“, sagte er kopfschüttelnd.
Dan packte ihn an beiden Schultern. „Hör zu, ich weiß, dass wir hier weg müssen, aber wir müssen auf die Transporter warten. Sobald die hier sind laden wir alle ein und verschwinden. Aber so lange müssen wir durchhalten.“
Ein armdicker roter Strahl durchschnitt die Luft und riss ein Loch in die Häuserwand über ihnen. Dreck und Staub regneten auf sie herab.
„Panzer!“ brüllte jemand.
Matt riss sich los und lief zu ihren Stellungen.
Mit jaulenden Triebwerken schoben sich zwei Hoverpanzer auf ihre Stellungen zu. Ohne Schwierigkeiten überwanden sie ihre letzten Verteidigungslinien.
Die Panzer waren etwa acht Meter lang, drei Meter breit und zweieinhalb Meter hoch. Sie glichen einem flach ansteigenden Trapez mit einem am Heck angeordneten, ebenfalls trapezförmigen Turm. Darin befanden sich zwei schwere Plasmakanonen. An den Rumpfseiten waren noch zwei leichte Laserkanonen installiert. Unter dem Rumpf waren die Repulsor- und Schubtriebwerke angebracht.
Aus einer kleinen Seitenstraße stürmte einer seiner Männer auf die Panzer zu. Kaum hatte er seine Deckung verlassen tasteten rote Strahlen nach ihm. Mehrere trafen den Mann in die Seite. Noch bevor er auf dem Boden aufschlug fiel ihm ein zylindrischer Gegenstand aus der Hand und rollte unter den ersten Panzer.
Dan hechtete in Deckung unmittelbar bevor die Rakete explodierte. Metallsplitter pfiffen durch die Luft, der Lärm ließ die Wände wackeln. Er raffte sich wieder auf und sah um die Ecke. Das gesamte Heck des Panzers war aufgerissen worden, einige Orani lagen tot oder verwundet herum.
Matt saß auf einem von ihnen und schlug mit der Schulterstütze seiner Waffe auf ihn ein. Jemand griff nach ihm und zog ihn weg, obwohl er sich wild strampelnd wehrte.
Der zweite Panzer schob die Reste seines Vorgängers einfach zur Seite und glitt weiter vorwärts. Inmitten ihrer Stellung begann er aus allen Rohren zu feuern. Plötzlich war über den Lärm hinweg ein neues Geräusch zu hören. Ein Geschoss schlug in seine Bugpanzerung ein explodierte mit ungeheurer Wucht.
Dan wurde über die niedrigen Reste einer Mauer gestoßen und schlug hart auf dem Boden auf.
Ein fauchen begann die Luft zu erfüllen als er wieder aufstand. Vom Panzer war nur noch eine rauchende Masse übrig.
„Taxi – Service!“ meldete sich eine fröhliche Stimme aus seinem Funkgerät. „Sie hatten gerufen. Scheint als wären wir genau zur richtigen Zeit gekommen.“
„Haltet eure verdammte Klappe und kommt runter!“ brüllte er zurück. „Wir müssen hier weg bevor es uns alle erwischt.“
Ohne Antwort schwebten die beiden Transporter in sein Sichtfeld. Sie bestanden hauptsächlich aus einem zwanzig Meter langen, zehn Meter breiten und fünf Meter hohen Laderaum mit einer Heckrampe der an einem fünf Meter langen, stumpf zulaufenden Cockpit angebracht war. Vor dem Cockpit waren zwei Laserkanonen und zwei Torpedowerfer installiert, auf der oberen Hülle gab es außerdem noch einen Zwillingsgeschützturm. An den Längsseiten des Laderaums waren die beiden Triebwerke angebracht. Sie waren auf halber Länge montiert, ragten nach unten über den Rumpf hinaus und dienten als Fahrgestell.
Plasmastrahlen hagelten auf sie ein und versetzten die Schilde in ein gespenstisches funkeln. Während sie landeten öffneten sie bereits die Heckrampen.
„Es ist soweit“, rief Dan den anderen zu, „bringt die Verwundeten rein.“
Sofort wurden die ersten Verletzten herausgebracht. Ein paar blieben allerdings in dem Unterstand zurück.
„Was ist mit denen?“ fragte er einen Sanitäter.
„Keine Chance“, sagte der kopfschüttelnd. „Die sind nicht transportfähig. Wir bringen sie um wenn wir versuchen sie hier wegzubringen.“
„Keine Sorge“, rief einer der Männer. „Wir wissen mit denen umzugehen.“ Er zeigte ihnen den Inhalt seiner Hand, eine scharfe Granate.
„Kommen sie jetzt, Sir“, drängte ihn der Sanitäter.
Dan wandte sich ab und blickte ein letztes Mal in die Runde.
„Alles klar! Alle einsteigen! Wir hauen ab!“ befahl er.
Ein paar schnelle Schüsse abgebend stiegen die letzten Soldaten in die Transporter.
Nur Dan und Matt waren noch übrig. Matt nickt ihm noch einmal kurz zu. „Alle drin Sir“, rief er und salutierte, dann verschwand er in dem anderen Schiff. Nur Sekunden später ging auch Dan an Bord.
Die Triebwerke heulten auf und die Transporter erhoben sich wieder in die Luft. Langsam schloss sich die Rampe und nahm ihnen die Sicht.
Unter ihnen stürmten die Orani bereits ihre Stellungen. Die Schüsse ihrer Handwaffen prallten wirkungslos von den Schilden ab.
Dan ging nach vorn zum Cockpit, vorsichtig darauf achtend das er nicht auf seine zerschlagenen Männer trat. Ihm selbst ging es kaum besser.
„Ihr habt euch aber verdammt viel Zeit gelassen“, fuhr er die beiden Piloten an.
„Immer langsam, wir haben auch unser bestes getan. Schneller ging´s wirklich nicht.“
Ein scheußlich fiepender Warnton erfüllte das Cockpit. Dann erschütterte eine Detonation das Schiff.
Dan sah aus dem Fenster hinüber zu dem anderen Transporter. Er bockte und qualmte, dann fiel er aus der Formation und stürzte dem Boden entgegen. Der unkontrollierte Fall endete mit einem Feuerball in den Resten des Raumhafens.
Niemand redete während ihr Transporter langsam an Höhe gewann, die Atmosphäre durchstieß und schließlich vor den heranjagenden Arrows in die Lichtgeschwindigkeit floh.

-
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System: Kinvai

Die Kadetten erreichten das Kinvai System gerade noch rechtzeitig um das nächste Desaster mitzuerleben. Ein paar Kilometer entfernt, im Orbit des dritten Planeten kämpfte die sechste Flotte gegen zwei Oranische. Bislang ohne großen Erfolg, denn sie war schwer zusammengeschossen worden. Brennende Wracks trieben durch´s All. Chris erkannte die Überbleibsel von mindestens einer großen Fregatte und zwei schweren Kreuzern. Auch mehrere Korvetten waren zerstört worden. Arrows umschwärmten die verbleibenden Theranischen Schiffe, allen voran das Flaggschiff, den mächtigen Flottenträger. Der Victory Flottenträger war ein vierhundert Meter langer, hundert Meter breiter und siebzig Meter hoher rechteckiger Klotz mit abgeschrägten Längskanten. Vorne besaß er einen spitzen, lang gestreckten Bug mit einer großen kuppelförmigen Sensornase. Sein Rumpf war gespickt mit sechs schweren Laser- und vier Disruptorkanonen, Torpedowerfern und zehn Geschütztürmen. Das Unterdeck des Schiffes war ein einziger riesiger Hangar in dem Jäger hinten landen und vorne direkt wieder starten konnten. Auf dem Oberdeck befanden sich die Brücke und eine Antennenanlage. Vier gewaltige Antriebe sorgten für den Vortrieb. Sie waren außen am Heck der Längsseiten angebracht. Außerdem gab es noch einen kleinen Hangar der sich direkt vor den Triebwerken befand.
Marcus öffnete einen Kanal, „Flottenträger Whirlwind hier Kadett eins.“
„Schön, dass sie auch noch mal auftauchen“, antwortete ihnen eine barsche Stimme. „Aber sie kommen zu spät. Wir transferieren gerade die Sprungkoordinaten. Wenn sie es uns leichter machen wollen könnten sie sich um diesen Kreuzer kümmern, dass würde uns ein paar Minuten bringen.“
„Negativ, Whirlwind. Wir kommen gerade von der Akademie und haben keine Torpedos dabei. Wir können höchstens was gegen die Jäger tun.“
„Keine Chance, das sind zu viele. Deswegen verschwinden wir jetzt. An alle Einheiten: Angriffe einstellen und zurückziehen. Wir sehen uns am Treffpunkt. Whirlwind Ende.“
Die Flotte hatte bereits einen neuen Kurs eingeschlagen und flüchtete nun in die Lichtgeschwindigkeit.
Die Kadetten folgten ihr.
Ein paar Stunden später erreichten sie den Sammelpunkt im Destir System. Von der sechsten Flotte war kaum mehr als die Hälfte der Großkampfschiffe übrig, die restlichen waren beschädigt. Nach der Landung auf der Whirlwind wurden sie im Besprechungsraum empfangen.
„Willkommen an Bord“, begrüßte sie eine bekannte Stimme. „Ich bin Captain Norham, Jägerleitoffizier. Schön sie endlich bei uns zu haben. Gerade in der aktuellen Situation kommen sie für uns genau richtig.“
Chris wusste worauf er hinauswollte. Aus dem Fenster sah er in den unter ihm liegenden Hangar. Außer ihrer Staffel gab es dort kaum noch andere Jäger, und diese wenigen wurden gerade verzweifelt repariert.
„Wir haben nicht viel Zeit“, fuhr Norham fort. „Wir haben die Orani nicht sonderlich lange aufgehalten, sie werden bald hier sein. Wir sind kaum noch kampffähig, fast unser gesamter Nachschub ist verbraucht. Hoffentlich kommt unser Konvoi bald zurück.“
„Darauf würde ich nicht warten“, antwortete ihm Marcus. „Die sitzen schwer beschädigt auf Alasi fest und sind noch mit ihren Verletzen beschäftigt.“
Norham ließ den Kopf hängen. „Auch das noch. Erst in ein paar Stunden werden wir durch eine kleine Flotte der Miliz verstärkt. Ihre Frachter werden voll beladen sein, aber das wird nicht für zwei Flotten reichen. Wir brauchen auch Zeit um wenigstens die wichtigsten Systeme zu reparieren.“ Norham sank in sich zusammen und stieß einen bitterbösen alttheranischen Fluch aus. Dann setzte er sich wieder auf, in seinen Augen brannte eine Erkenntnis. „Erkaufen sie uns diese Zeit.“
Die Kadetten sahen ihn entgeistert an.
„Lassen sie ihr Gepäck hier, darum können sie sich später kümmern. Machen sie ihre Jäger klar. Wir haben noch ein paar Torpedos die können sie mitnehmen. Ich würde ihnen ja gerne noch ein paar unserer Jäger mitgeben, aber alle die die letzte Schlacht überlebt haben sind beschädigt worden. Aber ich will sehen ob ich nicht ein paar unserer Piloten auftreiben kann. Die Orani sind wahrscheinlich bereits auf dem Weg hierher deswegen bekommen sie einen Crow-Kreuzer zur Unterstützung mit. Der wird ihnen helfen. Noch Fragen?“
Das alles ging so schnell das die Kadetten sich nur verdutzt ansahen.
Marcus ergriff als erster das Wort. „Kann ich noch mal für kleine Piloten? Wann geht´s los?“
„So schnell es geht natürlich“, antwortete Norham. „Ich habe bereits die Flugkontrolle informiert. Sie treffen gerade Startvorbereitungen für ein komplettes Geschwader.“
Chris räusperte sich. „Nun, das ist nicht ganz richtig. Wir haben über Alasi zwei Piloten verloren und zwei weitere Jäger mussten wir schwer beschädigt zurücklassen.“
Norham ließ abermals den Kopf hängen. „Das wird ja immer schöner“, stöhnte er entsetzt. „Aber wir haben keine andere Wahl. Machen sie sich startklar.“ Er packte seine Unterlagen wobei ihm ein kleines Päckchen auf den Boden fiel. „Oh, ich hab noch was vergessen“, sagte er als er es aufhob und sich zu den Kadetten herumdrehte. „Sie unterstehen jetzt offiziell der sechsten Flotte. Wird Zeit das man das auch sieht.“ Er verteilte aus dem Päckchen an jeden das Wappen der Flotte. „Früher hab ich den neuen immer erzählt dass jetzt der Ernst des Lebens anfängt, aber in unserer Lage ist das wohl ein bisschen überflüssig. Wegtreten.“
Zehn Minuten später starteten sie. Norham hatte noch zwei Jagdbomberbesatzungen und einen Jäger aufgetrieben. Draußen im All hielten sie auf einen vor der Flotte schwebenden Klotz zu. Dieser stellte sich bald als ein leichter Kreuzer der Crow Klasse heraus. Im letzten Krieg waren diese Schiffe zur Jägerabwehr genutzt worden, aber aufgrund ihres Alters waren sie mittlerweile von der Kampflinie zurückgenommen worden und dienten nur noch als Unterstützungsschiffe. Der Kreuzer bestand aus einem großen, kastenförmiger Rumpf der an einen Frachtcontainer erinnerte. Am hinteren Ende der Seiten waren an zwei kurzen Auslegern die Antriebe montiert. Mittig waren zwei lange, schmale Flügel angebracht. Am vorderen Ende des Container war ein schmaler „Hals“ angebracht der zu einer Hammerkopfartigen Brücke im Bug führte. Dort bildeten vier schwere Laser und zwei Disruptorkanonen die Hauptwaffen. Außerdem waren sechs Geschütztürme und Raketen- und Torpedowerfer vorhanden. Am ganzen Rumpf waren Antennen und Sensoren untergebracht. Das ganze Schiff war etwa einhundert Meter lang, dreißig hoch und hatte eine Spannweite von neunzig Metern.
„Hier ist die Ranger“, meldete sich das Schiff. „Wir haben bereits den voraussichtlichen Kurs der Orani errechnet und ein paar Parsec von hier einen Abfangpunkt bestimmt. Bitte folgen sie uns.“

Kurze Zeit später erreichten sie ihr Ziel im Tiefraum. Weit entfernt von jedem Planetensystem schwebten sie regungslos in der ewigen Dunkelheit und warteten. Die Stille wurde nur durch die gelegentlichen Geräusche der Kreuzersensoren unterbrochen.
„Wir haben Kontakt“, meldete die Besatzung schließlich. „Noch sehr weit, aber sie kommen. Wir sind hier genau richtig. Jetzt noch sechzig Sekunden.“
„Alle melden“, befahl der Captain des Kreuzers.
„Jägergruppe rot bereit“, meldete sich Marcus.
„Abfangjäger blau bereit“, sagte der nächste.
„Jagdbomber grün klar“, gab der nächste durch.
„Bomber gelb bereit“, war die letzte Meldung.
„Ok, Vorgehen wie geplant. Lasst die Jäger außen vor und kümmert euch voranging um die Dickschiffe. Gebt ihnen alles was ihr habt und dann nichts wie weg. Denkt dran, wir können nur fünf Minuten lang stören, dann müssen wir sowieso verschwinden. Fluchtkoordinaten habt ihr ja bereits.“
„Fünfzehn Sekunden“ meldete die Besatzung.
„Klarmachen“, befahl der Captain. „Feuer!“
Aus der Dachantenne der Crow schoss ein blausilbrig schimmernder Strahl der sich wenige Klicks vor ihnen massierte. Dann explodierte der Strahl und ließ eine Druckwelle durchs All rasen. Dort wo sich gerade noch der Strahl befunden hatte waren jetzt Oranische Schiffe zu sehen.
„Angriff. Störsender auf maximale Leistung.“
Die Jäger beschleunigten und schossen mitten in die feindliche Formation hinein. Da sich die Orani im Hyperraum befunden hatten waren ihre Jäger an Bord und ihr Geschütztürme unbesetzt.
„Nehmt euch das Schlachtschiff vor“, rief jemand.
„Ziel anvisieren“, befahl Marcus.
Immer noch unbehelligt näherten sie sich dem zigarrenartigen Monstrum. Es war etwa vierhundert Meter lang und ca. achtzig Meter breit und hoch. Mit seinen runden und geschwungenen Linien hatte es fast etwas Lebendiges. Überall auf der Hülle gab es kleine Kuppeln und Beulen, die vor Bewaffnung nur so strotzten. Insgesamt waren es sechzehn schwere Kanonen und über zwanzig Abwehrtürme. Dazu kamen noch mehrere Werfer für Torpedos und Raketen und ein Hangar für eine Schwadron Arrows. Am Weck befanden sich sechs riesige Triebwerke die einen langen dunkelroten Feuerschweiß hinter sich herzogen. Mit soviel Schub waren sie in der Lage jedes andere Kampfschiff einholen, aber dafür mussten sie auch einen Teil der Panzerung opfern.
„Wusste gar nicht dass die Dinger so riesig sind“, staunte einer der Piloten.
„Klappe halten; Konzentriert euch. Feuer frei“, rief Marcus.
Zeitgleich eröffneten alle Jäger das Feuer. Jetzt begannen auch die ersten Geschütztürme auf sie zu schießen.
Dass Schutzschild des Schlachtschiffs glühte auf und durchlief sämtliche Farben des Regenbogens bevor es an dieser Stelle zusammenbrach.
„Torpedos los!“
Jeder der noch welche an Bord hatte feuerte sie ab. Ohne den rettenden Schild bohrten sie sich tief in die Hülle des Schlachtschiffes und rissen gewaltige Löcher ins Innere. Sekundärexplosionen vergrößerten den Schaden noch.
Die Angreifer drehten ab und jagten aus der Formation heraus, dabei auf alles schießend was ihnen vor die Kanonen kam. Unter ihrem konzentrierten Feuer explodierte eine Korvette. Sie hatten die Flotte bereits hinter sich gelassen als die ersten Arrows und gezielten Schüsse hinter ihnen auftauchten.
„Großartig gemacht“, kommentierte der Captain des Kreuzers als die Staffel sein Schiff erreichte. „Jetzt nichts wie weg.“ Seine Geschütze hatten bereits das Feuer auf die herannahenden Jäger eröffnet.
Kurz bevor sie in den Hyperraum sprangen spürten sie die Druckwelle der gewaltigen Explosion die das wunde Schlachtschiff mitten in der Formation zerriss.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:36

Planet: Suthar, dritte theranische Heimatwelt
System: Suthar
Zentralwelt des Clan Suthar
11. 3 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Auf dem Oberdeck der Brücke drehte Admiral Viljhe seinen Kommandostuhl der großen Bugsichtluke zu. Unter ihm arbeitete die Crew fieberhaft an ihren Stationen. Ein Lichtblitz draußen vor der Luke ließ ihn kurz die Augen schließen. Dann gab er ruhig und gelassen die nächsten Befehle aus.
„Komstation; rufen sie unsere rechte Flanke. Sie soll wieder aufschließen und ihre Formation einnehmen. Ihr zurückbleiben gefährdet unsere Sicherheit.“
„Jawohl Admiral.“
Orangerote und grüne Lichtstrahlen hämmerten gegen die Schilde als eine theranische Bomberstaffel über das Schlachtschiff hinweg schoss, eine Gruppe eigener Javelin Abfangjäger auf den Fersen.
„Die Schilde halten, Admiral“ informierte ihn Captain Jinthsa.
Er drehte sich bereits herum um wieder zurück aufs untere Deck zu gehen, als ihn Viljhe aufhielt.
„Warten sie Captain; und sehen sie sich das hier an.“
Jinthsa trat neben den Admiral. „Nun, wir führen ein normales Einkesselungsmanöver durch. Früher oder später wird der Feind versuchen sich abzusetzen was ihm durch unsere dann angreifende Reserve verwehrt wird. Dann sitzen sie in der Falle und wir werden sie zerstören.“
„Sie haben zu lange an der nördlichen Front gekämpft. Bei den Kalrathanern mag dies funktionieren, aber diese Gegner sind anders. Sehen sie, die Theraner verteidigen hier Suthar, eine ihre Heimatwelten. Unsere Gegner kommen von hier, sie stammen von diesem Planeten oder aus diesem Sektor. Sie kämpfen also besonders tapfer, weil sie etwas haben für das es sich nach ihrer Meinung zu kämpfen lohnt. Oder um ihren Blutdurst oder ihr Verlangen nach roher Gewalt zu stillen. Oder weil sie jemand dafür bezahlt.“
An ihrer rechten Flanke explodierte eine Fregatte.
„Sehen sie, in dieser Situation sind wir extrem gefährdet. Ein hoch motivierter Feind, dem wir uns im offenen Kampf stellen, ist uns immer überlegen. Die kleine Flotte die dieses System verteidigt, hat bereits zwei unserer Angriffsflotten vernichtet ohne größere Verluste hinnehmen zu müssen. Solange wir sie mit blitzschnellen Angriffen überraschen haben sie keine Chance gegen uns. Sie können damit nicht umgehen. Während wir sie mit einem schnellen Degenhieb erwischen sind sie noch dabei ihr Schwert auszupacken. Freilich sollten wir es nie soweit kommen lassen das sie ihr Schwert einsetzen können. Dann erleben wir das was uns die Theraner bereits zweimal gelehrt haben. Dieser Fehler, den der Verantwortliche damals gemacht hat resultiert in diesem Kampf an diesem Ort. Ein Degen ist dem Schwert nicht gewachsen, es sei denn der Degen ist in der Überzahl.“
Er drückte ein paar Knöpfe an seiner Armlehne.
Hinter den Reihen der Verteidiger fielen zwei weitere Angriffsflotten aus dem Hyperraum.
„Sehen sie Captain; jede Kalrathanische Flotte würde jetzt damit beginnen sich den Rückweg freizuschießen. Nicht aber die Theraner. Sie werden unbeeindruckt davon weiterkämpfen, ja sich sogar noch steigern. Und irgendwann wird unser Gegenüber seine größte und beste Waffe einsetzen; Sein Hirn.“
Wieder verloren sie an der rechten Flanke ein Schiff.
„Wir müssen uns deshalb darauf konzentrieren es nie zu einer solchen Situation wie dieser hier kommen zu lassen. Harte, schnelle und präzise Vorgehensweise ist hierbei unerlässlich. Die Flotte an unserer rechten Flanke bekommt dies momentan allzu deutlich zu spüren.“
„Sie ist nicht in der Formation“ stellte Jinthsa fest. „Das gibt den Theranern einen Angriffspunkt. Sie könnten unsere Linien aufreißen.“
„Das ist korrekt. Wenn der gegnerische Kommandant die richtigen Schlüsse zieht könnte er, selbst mit dieser kleinen Flotte, hier zu einem Sieg kommen. Soweit darf es nie kommen, Captain. Hier können wir unsere Vorteile nicht ausschöpfen.“
Mit der Zerstörung des letzten Kreuzers brach ihre rechte Flanke zusammen. Die Lücke war groß genug um den Verteidigern eine Fluchtgelegenheit zu eröffnen. Nur Sekunden später nutzten sie diese Möglichkeit.
„Sie sind entkommen“, stellte Jinthsa fest.
„Sie werden nicht weit weg sein“, antwortete Viljhe. „Ich bin sicher dass sie sich noch innerhalb des Systems befinden. Sie wollen gesucht werden während sie Nachschub aufnehmen und Schäden beseitigen.“
„Sollen wir das System durchsuchen?“
„Das wird nicht notwendig sein. Ich bin sicher das wir geeignete Mittel haben um sie aus ihren Löchern zu holen.“
Er blickte hinunter zur Brückencrew.
„Steuermann, setzen sie Kurs auf den bewohnten Planeten. Comstation, rufen sie unsere Reserve. Sie soll unsere rechte Flanke sichern. Geben sie außerdem Anweisung an alle Schiffe keine Überlebenden von dort aufzunehmen. Sie sind für ihr Schicksal selbst verantwortlich. Hätten sie sich an den Plan gehalten wäre es nicht soweit gekommen.“
Als die Mannschaft damit begann seine Befehle auszuführen verließ Viljhe die Brücke und machte sich auf den Weg zurück in seinen Bereitschaftsraum. Jinthsa folgte ihm.
Nachdem sich die Tür hinter den beiden geschlossen hatte nahm Viljhe an seiner Konsole Platz bevor er sich wieder mit dem Captain beschäftigte.
„Nun, nachdem wir uns unseres Tagwerks gewidmet haben sollten wir uns jetzt wieder um die wirklich wichtigen Sachen kümmern. Ihren Bericht bitte.“
Jinthsa übergab ihm das Pad.
„Die ersten Einheiten haben bereits ihre Arbeit aufgenommen. Auch die ersten Testmuster befinden sich bereits in der Erprobung. Noch können die Verantwortlichen keinen Zeitplan vorlegen, sie wollen sich erst äußern wenn sie wissen woran sie sind.“
Viljhe nickte schweigend.
„Was das andere Projekt angeht so ist es voll im Plan. Bislang gab es keine Schwierigkeiten.“
„Gut, gut Captain. Behalten sie das auf jeden Fall im Hinterkopf. Rufen sie mich sobald wir unser Ziel erreicht haben.“
Jinthsa verbeugte sich knapp, machte kehrt und ging zur Brücke zurück.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:36

System: Forbec
Raumstation der SENATOR Klasse

„Eine Woche nach Beginn der feindlichen Invasion ist der Krieg in vollem Gange. Schwere Gefechte werden von allen Fronten gemeldet. In einigen Sektoren gelang es unseren Truppen die vorstürmenden Feinde aufzuhalten oder lange genug zu beschäftigen bis Verstärkungskräfte eintrafen. Der Clan Suthar erkämpft sich höchste Ehren bei der Verteidigung seiner Heimatwelt. Nahe Destir gelang es einer Staffel frisch graduierter Kadetten ein oranisches Schlachtschiff zu zerstören und seine Begleitschiffe schwer zu beschädigen. Auf allen Welten werden Fahr- und Flugzeuge requiriert um das ausgefallene Material zu ersetzen. Außerdem wurde die Reserve der letzten drei Dienstjahre mobilisiert und in aktiven Dienst versetzt. Dennoch rückt der Feind weiter vor. Alle Bewohner von frontnahen Planten werden aufgefordert entweder den Planten zu verlassen oder aktiv bei seiner Verteidigung mitzuhelfen. Unterstützen sie unsere Flotte und die Armee wo immer sie können. Sie werden es ihnen mit einer erfolgreichen Verteidigung danken. Flottenadmiral Reyness Ende.“
Die Holonachricht löste sich in Luft auf und ließ Dan allein im Büro des Sektorkommandanten zurück. Colonel Wielder saß hinter seinem Schreibtisch und wühlte sich gestresst durch einen Berg Datapads.
„Miller, richtig?“ murmelte er während er mit einem Auge weiterhin die Berichte las.
„Ja Sir.“
„Von Rotlen, richtig?
„Ja Sir.“
„Hab grad ihren Bericht hier, muss ja ziemlich übel gewesen sein. Sie haben über siebzig Prozent ihrer Männer verloren.“
„Richtig. Und was passiert jetzt mit meinen übrigen Leuten?“
Wielder kratzte sich genervt an der Stirn.
„Das kann ich ihnen auch nicht sagen. Ihre Kompanie wird wahrscheinlich nicht wieder aufgestellt. In der Zwischenzeit wäre es wohl am sinnvollsten wenn man sie da einsetzt wo sie gebraucht werden. Mal sehen was ich tun kann. Das wird ein bisschen dauern, Wegtreten.“
Dan salutierte und verließ das Büro, sauer über den plötzlichen Rauswurf. Sein Weg führte ihn durch die Gänge des Kommandodecks der Raumstation. An einem Aussichtsfenster machte er halt. Unter sich konnte er das geschehen im Hangar beobachten. Der Transporter hatte sie hier abgesetzt und war bereits wieder unterwegs zu seiner nächsten Mission. Trotzdem kamen immer wieder neue Schiffe mit neuen Verwundeten. Die medizinischen Fähigkeiten dieser großen Sektorstationen waren zwar beeindruckend, aber einem anhaltenden Patientenansturm würden auch sie nicht gewachsen sein. Man hatte die Unterkunft, die man ihm und seinen Männern bei ihrer Ankunft zugeteilt hatte, zu einem Krankenzimmer umfunktioniert. Überall lagen Verletzte, die ganze Station schien aus ihnen zu bestehen. Er wusste nicht mehr wie lange er dort gestanden und hinuntergeschaut hatte als ihn plötzlich jemand am Ärmel zog.
„Sir? Äh, Sir?“
Dan drehte sich herum. Es war Bolton, der jüngste seiner Truppe und einer der glücklichen die Rotlen ohne größere Kratzer verlassen hatten.
„Was gibt´s denn?“
„Was passiert jetzt mit uns, Sir?“
„Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich wird man uns auf einen anderen Planeten versetzen.“
„Also gehen wir nicht nach Hause?“
„Nein Private“, sagte er kopfschüttelnd. „Und ich denke dass es auch noch ein bisschen dauern wird bis wir wieder zurück können.“
Bolton ließ enttäuscht Kopf und Schultern hängen.
„Ja, mir geht’s genauso. Aber damit müssen wir uns vorerst abfinden. Wichtiger ist jetzt das wir weitermachen. Hier rumhängen während die Orani alles kurz und klein schlagen ist definitiv keine gute Idee. Sie werden für Rotlen bezahlen, aber alles zu seiner Zeit. Gehen sie zurück zu den anderen. Sagen sie ihnen sie sollen sich abmarschbereit halten.“
Bolton nickte und ging. Sein Kopf hing noch immer schlaff herunter, aber seine Schultern hatten sich wieder merklich gestrafft.
Dan machte sich auf den Rückweg zu Wielder´s Büro. Der Soldat im Vorzimmer hielt ihm ungefragt ein Pad entgegen und zeigte dann kopfschüttelnd in Richtung der Tür während er etwas von einer „wichtigen Besprechung“ und „nicht stören“ murmelte. Mit dem Pad in der Hand drehte sich Dan auf der Sohle herum und verließ das Büro, dieses Mal stocksauer über die niveaulose Abfertigung. Er las seine neuen Befehle durch und machte sich auf den Weg zurück zu seinen Leuten.
„Alles Klar, es geht los. Packt eure Sachen, wir hauen ab“, sagte er als er den kleinen Raum betrat der ihnen als Unterkunft diente. „Aufrödeln, Munition fassen. Bolton, nimm dir noch einen mit und besorg uns was zu Essen aus der Messe. Sammeln im Hangar in zehn Minuten.“
Sie brauchten weitaus weniger Zeit um ihre paar Sachen zu packen und sie hinunter zu dem wartenden Transporter zu schaffen. Die Reste einiger weiterer Kompanien sammelten sich um Dan und verschwanden dann im Raumschiff. Keine fünf Minuten später hoben sie ab, nahmen ihre Formation in einem wartenden Konvoi ein und gingen dann auf Kurs. Während des Fluges betrachtete Dan ihre Eskorte. Schlanke Starcat Abfangjäger, die aus einem kleinen achteckigen Rumpf mit Cockpit und zwei nach vorn ragenden und um fünfundvierzig Grad nach unten geneigten Tragflächen bestanden. Bewaffnet waren sie mit vier Schnellfeuerlasern, zwei Disruptorkanonen und zwei Raketenwerfern. Die beiden Triebwerke befanden sich auf Rumpfhöhe unter den Flügeln. Sie waren nur geringfügig kleiner als die Galaxy Jäger, aber deutlich schneller und wendiger. Neben den Aufklärern galten sie als die schnellsten Schiffe der Flotte.
Dann begann das All um ihn herum die Farbe zu wechseln. Sie wechselte immer schneller werdend von schwarz zu einem blausilbrig gestreiften Weiß als schließlich die Hyperraumtriebwerke zündeten und sie ihrem neuen Ziel, Destir, entgegen trugen.

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System: Destir
Zentralwelt des Clan Destir
13. 3 493 nach Errichtung der theranischen Republik

„Hervorragende Arbeit! Gut gemacht!“ Norham grinste breit und schien sie alle gleichzeitig umarmen zu wollen. „Sie haben mehr Erfolg gehabt als wir zu hoffen wagten. Ohne ihr Schlachtschiff sind die Orani nur noch halb so gefährlich. Und wir haben noch mehr Zeit um uns um unsere Schäden zu kümmern.“
„Trotzdem, es wird die Orani kaum aufhalten“, antwortete Chris ihm trocken. „Wir haben nur ein Schlachtschiff von nur einer Flotte zerstört, aber es gibt mindestens drei da draußen. Und die werden sicherlich nicht darauf warten bis sie Ersatz bekommen sondern weiter vorrücken. Ich denke dass sie sehr bald hier sein werden.“
„Wie auch immer. Zumindest haben wir denen eine böse Überraschung bereitet auf die sie nicht vorbereitet waren. Mit Sicherheit werden sie jetzt etwas vorsichtiger zu Werke gehen.“
„Wäre schön wenn wir alle ihren Optimismus hätten Captain, aber ich denke wir sollten etwas realistischer sein.“
Norham schlug ihm auf die Schulter. „Genau deswegen wollte ich sie bei uns haben.“
Chris legte seine Stirn in Falten und sah ihn an.
„Sehen sie, sie sind ein echter Thera; sie kommen von der Heimatwelt. Das heißt sie haben von Natur aus eine gewisse Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Sie haben, im Gegensatz zu uns hier draußen in den unendlichen Weiten, eine etwas andere Sicht der Dinge. Mein Clan versteckt sich nur allzu gern in seinen Laboratorien, Universitäten oder Bibliotheken. Vom kämpfen halten wir auf Destir nicht viel. Unsere Truppen halten die öffentliche Ordnung aufrecht, aber das war´s dann auch schon. Wir sind halt eher Denker als Macher. Deswegen habe ich auch sie angefordert.“
Chris zog die Augenbrauen zusammen.
„Naja, nicht direkt sie. Vielmehr den besten Piloten eures Clans den ich kriegen konnte. Ihr habt halt eine andere Einstellung zur Fliegerei. Und ich hoffe mal, dass sich meine Leute noch was bei ihnen abgucken.“
Marcus stieß ihm den Ellenbogen in die Seite.
„Wow, Du bist also unser großes Vorbild“, sagte er grinsend, dann wandte er sich Norham zu. „Dürfen wir ihn auch als Maskottchen verwenden?“
„Negativ Cole, er ist unser Strahlemann und deswegen übernehmen sie den Posten des Staffelkomikers. Vielleicht wärs aber auch besser wir liefern sie direkt an die Orani aus, dann können die sich totlachen.“
Marcus zog eine fiese Grimasse.
„Gibt nur ein Problem dabei“, warf Chris ein, „ich hab noch nie von einem lachenden Orani gehört.“
„Ich mag dich auch“, antwortete Marcus.
„Nichts zu danken.“
„Wenn sie dann fertig sind könnten sie sich auch mal wieder um die wichtigen Sachen kümmern“, ermahnte sie Norham. „Ihr Quartier ist auf Deck vier, Achtersektion. Ich schlage vor sie richten sich hier häuslich ein bevor sie wieder auf Patrouille gehen. Also los. Wegtreten.“
Eine Stunde später schossen die beiden aus dem Hangar der Whirlwind hinaus. Sie ließen die Flotte hinter sich und zogen eine weite Kurve über die still dahin treibende Kugel Destir´s hinweg. Dann machten sie sich auf den Weg in die Außenbereiche des Systems. Dort bildeten die Planeten zu Zeit eine eigenwillige Konstellation nach der es, bedingt durch ihre Schwerkraft, schwierig werden würde tief in das System hineinzuspringen. Die Flotte hatte am Rand dieser natürlichen Falle Position bezogen und wartete. Die einzigen Begleiter so weit draußen waren zwei leichte Frachter, und nachdem diese in den Hyperraum gesprungen waren wurde es still.
„Ich hasse solche Flüge“, sagte Marcus der sich mit seinem Jäger neben ihn gesetzt hatte. „Ich weiß dass es wichtig ist, aber es ist so elendig langweilig.“
„Das geht ja schon wieder gut los; wir sind keine fünfzehn Minuten unterwegs und du jammerst schon wieder. Ich seh schon, das wird ein lustiger Flug.“
„Vielleicht auch nicht“, meldete sich Norham auf seinem Kopfhörer. „Wir haben eine verstümmelte Meldung eines Konvois aufgefangen; nur ein paar Parsec von hier. Seht euch das mal an. Ich schicke ein paar Abfangjäger raus die euren Job übernehmen.“
„Patrouille Rot hat verstanden. Wir sind weg.“
Mit diesen Worten ließen sie Destir hinter sich. Nur ein paar Minuten später erreichten sie ihr Ziel. Der Konvoi trieb in den Ausläufern eines unbewohnten Systems das sich im Moment einer seltenen Aufmerksamkeit erfreute. Rotes, grünes und Orangenes Licht erhellte von Zeit zu Zeit die Szenerie. Eine Oranische Flotte rückte nur wenige Klicks entfernt in voller Angriffsformation vor. Einige Schiffe des Konvois wiesen bereits schwere Schäden auf. Die ursprüngliche Eskorte aus Abfangjägern war bereits teilweise vernichtet worden.
Ohne zögern fielen die beiden über die angreifenden Arrows her die den Konvoi wie eine Wolke einhüllten. Jedem gelangen mindestens ein halbes Dutzend Abschüsse, Peanuts angesichts von hunderten umherschwirrenden Maschinen.
„Whirlwind für Patrouille Rot, kommen“, rief Chris in sein Com während vor ihm seine Laserkanonen ein neues Ziel fanden.“
„Hier Whirlwind. Habt ihr sie gefunden.“
„Allerdings, inklusive ihrer schlechten Gesellschaft.“ Er musste eine Pause machen als ein Beinahetreffer seinen Jäger erschütterte. Die KI meldete sich mit dutzenden roter Zeilen auf seinem Schadensdisplay.
„Wie schlecht ist sie denn“, wollte Norham wissen.
„Sie sind bereits in unserem Rücken“, erklärte er knapp, „die Aufstellung der Flotte ist nutzlos, sie werden selbst in eine Falle geraten.“
„Außerdem haben sie es gezielt auf unseren Nachschub abgesehen“, sagte Marcus. „Aber sie zerstören die Schiffe nicht, sie entern sie.“ Passend dazu traf er einen Oranischen Sturmtransporter der sich daran machte an einen der Frachter anzudocken. Das Schiff brach in einem spektakulären Feuerball auseinander, wobei es seine Maschine mit Trümmern und Resten der Besatzung überschüttete.
„Hier Whirlwind. Hört zu, der Admiral schickt euch den gesamten zweiten Zug. Das sollte euch genug Feuerkraft geben um zusammen mit den Frachtern zur Flotte zurückkommen. Ihr müsst euch noch ein paar Minuten halten.“
„Das werden wir“, antwortete Chris während er mit einem Auge die immer noch heftig blinkenden roten Anzeigen überflog. Sein unterer Rumpf musste vollkommen durchlöchert sein, aber kaum einer der Schäden war wirklich gefährlich. Ein weiterer Arrow kam ihm vor´s Visier, und bevor der Pilot reagieren konnte fehlte ihm eine Tragfläche. Brennend und trudelnd trieb die Maschine ab bis sie mit einem anderen Jäger zusammenstieß und explodierte.
„Ich hab den Eindruck das werden immer mehr“, merkte Marcus an als er quer durch eine Arrow Formation schoss und die meisten Jäger in leuchtende Gaswolken verwandelte. Auch seine Maschine zeigte massive Kampfspuren.
„Das könnte daran liegen dass sie ihre Reserven gestartet haben.“
„Umso besser; je mehr von denen wir hier erwischen, desto weniger muss sich die Flotte damit rumschlagen.“
„Und desto weniger bleibt für die anderen, sprecht´s ruhig aus“, mischte sich einer der Abfangjägerpiloten ein. Seine Stimme troff vor Sarkasmus. „Immer das gleiche mit euch aufgeblasenen Knüppeljockeys. Ihr denkt ihr seid die größten und besten. Für euch ist das doch alles nur ein einziges riesiges Spiel und die anderen sind bestenfalls gute Mitläufer.“
In diesem Moment traf ihre Verstärkung ein. Der zweite Zug fiel hinter den Angreifern aus dem Hyperraum und eröffnete sofort das Feuer. Die wenigen kleinen Korvetten die das Heck der Flotte sicherten waren keine Gegner für die mächtige Hawk Fregatte und ihre Kreuzerunterstützung. Während sie mit all ihren Bordwaffen feuerten konnten die Orani nur ein paar Jägerabwehrgeschütze zur ihrer Verteidigung einsetzen.
„Hier spricht die Defender“, meldete sich der Captain. „Ich hoffe sie haben uns was übrig gelassen, wir sind extra hergekommen um uns ihrer schlechten Gesellschaft anzunehmen.“
Ein Oranischer Kreuzer platzte brennend auseinander.
„Schönen Dank für ihre Hilfe“, bedankte sich Chris. „Ich denke das wird den Frachtern genug Luft geben um zu verschwinden.“
„Oh, das ist aber noch nicht alles. Wir haben noch ein paar Jungs mitgebracht die unbedingt mitmachen wollten.“
Aus dem Hangar der Fregatte schälten sich die Umrisse mehrerer Bomber.
„Hier Bomberstaffel gelb. Dürfen wir mitspielen?“
„Sicher doch. Sie haben die volle Auswahl.“
„Bomber Achtung. Zielt auf die dicken Pötte, anschließend springt ihr zurück zur Flotte.“
Ein paar Sekunden später schossen die Torpedos durchs All und bohrten sich in die Hüllen der Oranischen Schiffe. Eine Fregatte, die wie eine dreihundertfünfzig Meter lange, dreiseitige Speerspitze aussah die mit einem Dutzend Plasmakanonen und genau so vielen Geschütztürmen übersäht war, brach in der Mitte auseinander. Ihre Trümmer hagelten auf die anderen Schiffe in ihrer Umgebung herab. Ein Kreuzer kollidierte mit einem größeren Stück und verwandelte sich in einen Feuerball.
Beim zweiten Angriff konzentrierten sich die Theraner auf das führende Schlachtschiff. Nach einigen schweren Treffern am Heck brach die Außenhülle. Energiereiche Strahlen schnitten tief in das Schiff und richteten gewaltige Schäden an. Mit einem letzten Flackern erloschen Triebwerke und Bordbeleuchtung. Die Naginata sackte durch und geriet ins trudeln. Ausgestoßene Rettungskapseln verrieten dass die Besatzung das Schiff aufgegeben hatte.
Der Widerstand konzentrierte sich jetzt auf eine weitere Fregatte, ihre beiden Kreuzer und die verbliebenen Jäger. Anstatt zu kämpfen suchten sie jedoch ihr Heil in der Flucht. Nach wenigen Sekunden sprangen sie in den Hyperraum und ließen die Theraner allein.
„Wir haben ihren Fluchtvektor“, teilte ihnen der Captain der Defender mit. „Er führt tief hinter die Front, von denen hören wir nichts mehr. Jägergruppe, Wie ist ihr Zustand?“
„Hier Jägerführer“, meldete sich Chris. „Zehn Maschinen bereit, wir sind vollzählig.“
Der Captain pfiff durch die Zähne. „Sie wollen mir doch nicht weismachen dass sie zweiundachtzig Jäger ohne einen eigenen Verlust abgefertigt haben?“
„Ich fürchte schon“, antwortete er grinsend, „wenn man die vier Verluste vor unserem Eintreffen nicht mitrechnet. Der Rest ist zwar teilweise ganz schön durchsiebt aber wir sind einsatzklar.“
Es folgte ein deutlich hörbarer, derber Fluch den er schon lange nicht mehr gehört hatte. Als er zur Seite sah explodierte das Schlachtschiff.
„Na das ist doch mal ein strahlender Sieg“, kommentierte Marcus.
„Sind sie fertig? Dann los, zurück zur Flotte“, befahl der Captain.
Sekunden später kehrten Ruhe und Stille in das System zurück.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:37

System: Destir
14. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Nur wenig später erreichten sie wieder ihren Ausgangspunkt, ihre Position weit oberhalb von Destir. Aber irgendetwas stimmte nicht. Dem Kommandanten der Abfangjäger fiel es zuerst auf.
„Die Sensoren sind blockiert.“
„Störsender?“, fragte Marcus irritiert.
„Warum funktioniert der Funk dann noch?“
„Anderes Frequenzband“, antwortete Chris. „Aber stören macht nur Sinn wenn man ein Ziel hat.“
„Das bedeutet?“
„Hier Ranger“, meldete sich der Crow- Kreuzer, „wir haben jede Menge schnell näher kommende Kontakte. Und jemand stört unsere Transmitterfrequenzen.“
„Man will uns am Sprung hindern.“
„Alle Schiffe klar zum Gefecht“, befahl Norham. „Schilde hoch, Waffen laden, Positionen beziehen.“
„Sie sind hier.“
Plötzlich wimmelte es ringsherum von Feinden.
„Bei allen Sonnen!“
„Mindestens drei Flotten im Anflug!“
„Hier ist die Whirlwind. Haltet sie auf Abstand und wartet auf den Sprungbefehl.“
„Was?“ stieß der Kommandant hervor.
„Das ist eine aussichtslose Lage. Wir erkaufen den Evakuierungstransporten soviel Zeit wie möglich, dann verschwinden wir.“
„Das darf doch nicht wahr sein! Sie wollen denen Destir überlassen. Noch dazu kampflos?“
„Wenn sie wollen können sie es ja gern mit denen aufnehmen, aber ich räume ihnen keine Chancen ein.“
„Eine Starcat gegen drei Flotten, das ist doch fast fair“, quatschte Marcus dazwischen.
„Ich wette trotzdem nicht. Wir sind doch keine Kalrathaner die lieber draufgehen als zurückzuweichen.“
„Aber...“
„Sie haben ihre Befehle Pilot. Sorgen sie dafür, dass sie und so viele andere wie möglich überleben. Tot sind wir für niemanden von Nutzen.“
Die Whirlwind warf alles in die Schlacht was sie aufbieten konnte. Jedes flugtaugliche Schiff startete und nahm es mit den Orani auf. Von Destir hoben weitere Maschinen ab und eilten der Schlacht entgegen. Größtenteils waren es veraltete modifizierte Frachter, aber auch einige schnelle, elegante und gut bewaffnete Schiffe von Kopfgeldjägern waren darunter.
Trotzdem war die Übermacht erdrückend. Gegen die verbissen vorstürmenden Orani hatte die kleine zerschossene Flotte kaum eine Chance.
Norham wusste es. Nachdenklich stand er auf der Brücke der Whirlwind neben dem Sitz des Flottenkommandanten.
„Admiral?“ fragte er.
Der nickte nur seufzend.
„An alle Schiffe. Automatischer Fluchtsprung in zehn Minuten. Ziel ist Sammelpunkt Delta. Halten sie durch und bleiben sie am leben.“
„In der aktuellen Situation ist das gar nicht so einfach“, dachte Chris. Zwar hatte die KI die wesentlichen Schäden an seinem Schiff behoben, aber nun plagten ihn Treibstoffprobleme und die Tatsache dass er all seine Torpedos bereits im letzten Gefecht verschossen hatte. Außerdem nervten die allgegenwärtigen Arrows. Zudem würden sie bald in Reichweite der Oranischen Kampfschiffe sein. Bei Unterlichtgeschwindigkeit waren diese deutlich schneller als die träge dahin treibende Theranische Flotte. Er tastete nach seinem Navcomputer und gab die Zielkoordinaten ein. Immer wieder schoben sich im Jäger ins Visier die er mit kurzen und präzisen Schüssen beseitigte.
Marcus hielt sich immer in seiner Nähe. Von den Abfangjägern die sie vor wenigen Minuten noch begleitet hatten war bereits nichts mehr übrig.
„Mächtig viel los hier“, kommentierte Marcus als er seine Kanonen auf eine heranrasende Jägerstaffel abschoss. Jeder Schuss war ein Treffer.
„Im Moment ist es echt schwerer daneben zu schießen als was zu treffen“, antwortete Chris ihm. „Aber halt ja Abstand zur Flotte.“
Dann tauchte er wieder in das Getümmel ein und flog den nächsten Angriff. Obwohl es ihm so vorkam als stände die Zeit still schrillte plötzlich der Navrechner. Die zehn Minuten waren um, vor sich konnte er bereits die ersten Schiffe in den Hyperraum flüchten sehen.
„Los jetzt“, rief er Marcus zu.
Einen letzten Jäger aus dem Weg schießend bahnte er sich seinen Weg und drückte dann den Schalter. Als einer der letzten ließ er das Schlachtfeld hinter sich und lieferte die Sektorhauptstadt endgültig den Orani aus.
Der Sammelpunkt lag nur ein halbe Sprungstunde entfernt. Weitab von jedem Sonnensystem waren sie hier in den dichten, schummrig gelb leuchtenden Wolken eines Sternennebels vorerst sicher. Die Flotte gab einen kümmerlichen Anblick ab. Die mühsam reparierten Schäden der letzten Schlachten waren wieder aufgerissen. Bei den meisten Schiffen waren sogar neue hinzugekommen, einige brannten lichterloh. Dazwischen trieben die von Destir entkommenen Frachter und Jäger.
Im Hangar des Trägers sah es noch schlimmer aus. Die meisten Jägerbuchten waren leer, die verbliebenen hatten mehr oder weniger glückliche Bruchlandungen hingelegt. Dampf und Gase traten aus geborstenen Leitungen. Abgerissene Schiffsteile lagen herum, Treibstoff leckte aus zerschossenen Tanks, Ausrüstung und Geräte lagen quer über das Deck verteilt. Flackernde Lichter machten das Chaos perfekt.
Chris und Marcus stiegen aus ihren Jägern. Über die Trümmer hinweg bahnten sie sich ihren Weg durch den Hangar bis hinauf zum Besprechungsraum. Dort saß Norham gebeugt über seiner Kontrollkonsole. Er war nicht allein. Neben ihm stand Admiral Maynard, der Kommandant der Flotte. Auf einem Holobildschirm waren die Captains der restlichen Schiffe sichtbar. Die weiteren Geschwaderkommandanten vervollständigten die Runde.
„Gut dass sie da sind“, begann Maynard. Er klang müde. „Wir sind gerade bei einer Bestandsaufnahme.“
„Es hat uns ganz schön erwischt“, sagte Norham. „Kurz vor dem Sprung haben wir noch einen direkten Treffer eingesteckt. Die Folgen durften sie im Hangar bereits genießen.“
„Bei den anderen Schiffen sieht es nicht besser aus“, fuhr der Captain der Defender fort. „Zusätzlich zu den bereits zerstörten Schiffen müssen wir jetzt noch die Kreuzer Magister und Ultimo aufgeben. Die Fregatten sind reif für einen mehrmonatigen Werftaufenthalt und die Hälfte unserer Korvetten sind zerstört.“
„Das heißt“, sagte Maynard, „wir haben noch den Träger, zwei Fregatten, vier Kreuzern und zwei Korvetten. Na wunderbar.“
Norham bekam einen neuen Bericht auf seine Konsole. „Bei den Jägern sieht es noch schlimmer aus. Von hundertsechzig Maschinen in der Flotte sind gerade einmal vierunddreißig einsatzbereit. Weitere fünfundzwanzig sind so schwer beschädigt, dass es Tage dauern wird sie zu reparieren. Alle anderen Jäger sind zerstört, darunter die komplette Aufklärungsstaffel.“
„Das ist noch nicht alles. Wir haben den Kontakt zu unseren Versorgungsschiffen verloren. Ein Konvoi wurde zerstört, keine Ahnung wo der andere ist.“
„Ohne den Treibstoff und die Ersatzteile sitzen wir hier fest.“
„Außerdem müssen wir uns um die Verwundeten kümmern.“
Maynard seufzte hart. „Also gut, tun sie was nötig ist“, sagte er niedergeschlagen. „Schlachten sie zerstörte Schiffe aus und benutzen sie die Teile für die Reparatur der restlichen Einheiten. Die Verwundeten bringen wir auf einen der Frachter. Die werden genug Personal und Platz haben. Wir bleiben vorerst hier. In unserem Zustand sind wir nicht einsatzfähig. Noch Fragen?“
Niemand sagte etwas.
„Gut, dann fangen sie an. Tun sie was sie können.“
Die Captains der anderen Schiffe salutierten und verschwanden. Auch Chris und die restlichen Staffelführer verließen den Raum und machten sich an die Arbeit.

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Planet: Suthar
System: Suthar

Rauchende Ruinen verdunkelten den Himmel. Unter seinen Stiefeln knirschten Trümmerstücke. Brennende Häuser tauchten alles in ein diffuses Licht. Viljhe stand in den kümmerlichen Resten des Gebäudes das einmal als der blühenste Markt in diesem Teil der Galaxis gegolten hatte. Jetzt waren davon nur noch tonnenweise verbogene Stahlträger und gesplitterte Glas- und Betonreste übrig. Vor ihm, auf dem ehemaligen Marktplatz, bewachten seine Männer einen kleinen, zerlumpten und verdreckten Haufen Theranischer Soldaten. Die meisten von ihnen waren verwundet. Im Hintergrund ragte das zusammengeschossene Regierungsgebäude des Clans in die Höhe. Viljhe hasste es solche, in seinen Augen unwichtige Ziele, mit derartiger totaler Zerstörung zu behandeln, aber die Theraner hatten ihm keine Wahl gelassen. Er bezeichnete sich nicht als Feingeist, aber eine gewisse Portion Stil und Aufrichtigkeit waren ein Teil seiner Persönlichkeit. Über eine Woche hatten die Kämpfe auf der Oberfläche Suthars gedauert und nur massives orbitales Bombardement hatte sie beenden können. Nachdem sie das Feuer eingestellt hatten waren von den Städten nichts als brennende Ruinen geblieben. Die letzten Verteidiger hatten sich vor wenigen Stunden ergeben, aber seine Soldaten durchkämmten sicherheitshalber immer noch das Gelände.
Viljhe ging zu dem Legaten hinüber der die Oranische Schutzkompanie kommandierte.
„Das sind alle?“ fragte er ihn.
„Ich fürchte ja. Zumindest alle die wir zusammentreiben konnten.“
Er fluchte unanständig. „Dieser Planet wurde von nahezu achtzigtausend Mann verteidigt!“ rief er wütend. „Und das hier sind nicht mal dreihundert. Wo sind die anderen?!“
„Aller Wahrscheinlichkeit nach gibt es keine anderen. Sie haben sich schon länger mit ihrer Niederlage abgefunden und genauso haben sie sich verhalten. Sie haben Hinterhalte gelegt und versucht so viele von uns wie möglich umzubringen bevor sie selbst getötet wurden. So haben wir die meisten von ihnen erwischt.“
„Bei Arah, das ist ja schrecklich“, mischte sich eine neue Stimme ein.
Viljhe drehte sich Stirn runzelnd herum. Eine große, hagere Person mit wehenden Haaren, begleitet von zwei Soldaten und Captain Jinthsa, bahnte sich ihren Weg durch die Trümmer. Erst vor Admiral Viljhe blieb er stehen.
„Das ist ja geradezu enttäuschend“, rief der Mann entsetzt, als er zu den Gefangenen hinüber sah.
Viljhe sah ihn missbilligend an.
„Admiral, wie soll ich unter diesen Bedingungen arbeiten?“
„Zum Beispiel indem sie in ihrem Labor bleiben und dort ihre Pflicht tun“, sagte Viljhe scharf und knapp.
„Sie hatten mir eine ausreichende Menge intakter Proben versprochen. Aber doch nicht so wenige; noch dazu in so einem Zustand. Damit kann ich nicht arbeiten.“ Der Mann hörte sich an wie ein gekränkter Künstler.
„Nun, es herrscht nun mal Krieg, Doktor. Ihre Zeiten an der kaiserlichen Universität sind vorbei. Sie wollten doch Feldversuche durchführen, nicht wir. Hier müssen sie halt mit dem zurechtkommen was für sie übrig bleibt, wenn sie Laborbedingungen wollen dann verkriechen sie sich doch wieder in ihrem warmen und sicheren Bunker.“
Schlagartig wandte er sich von dem Mann ab und sah zu Jinthsa hinüber. „Captain, bringen sie Doktor Bregao zurück in sein Labor, bevor er sich in dieser gefährlichen Umgebung noch ernsthafte Verletzungen zuzieht.“
Der Doktor schnappte nach Luft angesichts seiner Abfertigung.
„Geben sie ihm außerdem eine Eskorte mit um sicher zu stellen dass er dort auch bleibt“, fuhr Viljhe scharf fort.
Jinthsa nickte den beiden Soldaten zu die den Mann an den Armen packten und zerrten ihn zurück.
„Doktor!“ rief Viljhe hinterher.
Die Soldaten hielten und der Mann drehte sich herum. Wut spiegelte sich in seinem Gesicht.
„Ich versuche nicht ihre Arbeit zu machen, also versuchen sie nicht meine zu tun. Sie sind nur eine kleine Fußnote in meinen Befehlen, die Prioritäten liegen anders. Sie können sich ja gerne deswegen beschweren, aber wenn sie noch einmal auf solche Weise in meine Arbeit eingreifen werde ich sie eigenhändig umbringen. Das hier ist mein Revier, ihres ist das Labor. Bringt ihn weg.“ Er sagte die letzten Sätze mit einer Eiseskälte die ihm selbst fremd war, aber im Umgang mit diesen eigenwilligen Personen musste man hart und deutlich bleiben. Ansonsten begannen sie einem auf der Nase herumzutanzen. Er würde das zu verhindern wissen. Viljhe konnte den Mann nicht ausstehen. Für ihn war der Doktor ein krankes Ding mit einem kranken Geist. Normalerweise hatte er sich nie mit einer derartigen Person abgegeben, aber leider gab es einen triftigen Grund für seine Anwesenheit. Auf direkten Befehl des Kaisers hin war der Doktor seiner Einheit zugeteilt worden. Und niemand der auch nur ein bisschen Verstand hatte würde sich einem solchen Befehl widersetzen. Nicht einmal Viljhe. Er hatte einmal erlebt wie jemand nach einer lautstarken Kritik an einem solchen Befehl behandelt worden war. Obwohl es Jahre her war schüttelte er sich immer noch wenn er daran dachte.
Er drehte sich wieder zu den Gefangenen Theranern um.
„Treibt sie in die Transporter“, befahl er dem Legaten. „Und sorgen sie dafür dass auch Dr. Bregao seinen Teil erhält.“
Der Soldat nickte und fing zusammen mit seinen Kameraden an die Gefangenen abzutransportieren.
Viljhe machte sich auf den Rückweg zu seinem Shuttle wo Jinthsa bereits auf ihn wartete.
„Dr. Bregao ist wieder sicher auf dem Heimweg“, informierte der ihn. „Ich habe ihm einen Zug Flottensoldaten mitgegeben, das sollte solche Situationen in Zukunft verhindern. Und damit auch unsere Probleme minimieren.“
„Gut. Je weniger wir mit diesem Verrückten zu tun haben umso besser.“
Während er die letzten Worte noch aussprach hob sich das Shuttle bereits und stieß in die Atmosphäre vor. Unter sich ließ es einen verwüsteten Planeten zurück. Als er aus dem Fenster sah, wusste Viljhe dass dies in diesem Krieg bei weitem noch nicht das schlimmste gewesen sein würde.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:38

Tiefraum
Zwischen Forbec und Destir

14. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Ihr vorzeitiger Rücksturz aus dem Hyperraum war hart und überaus unsanft. Dan´s Frühstück flog quer durch den Transporter und klatschte gegen die gegenüberliegende Bordwand und glitt daran zu Boden. Sein Becher entleerte sich komplett über den Tisch und auf die restlichen, am Tisch sitzenden Männer. Dan sprang auf und stürzte ins Cockpit.
„Was ist los?“ fragte er.
„Keine Ahnung“, antwortete der Pilot. „Wir sind gerade von einem Kommandosignal in den Normalraum zurückgeworfen worden. Wir arbeiten noch an unseren Koordinaten.
„Gesellschaft“, funkte einer der Abfangjäger. „Richtung eins-sieben-zwo zu drei-fünf-fünf.“
Alle starrten auf die hinteren Sichtschirme. Eine unkoordinierte Wolke von Schiffen fiel aus dem Hyperraum.
„Frachter, Jäger, Shuttles, ein Passagierschiff, ein schwerer Kreuzer. Alle sind ganz schön mitgenommen. Scheint als wären die irgendwo abgehauen“, sagte der Copilot.
„Hier ist Colonel Wielder an Bord der Couragous. Transporterkonvoi, ihr Flug ist gestrichen. Der Feind hat das System bereits übernommen.
Einige an Bord des Transporters keuchten oder fluchten entsetzt.
„Ist aber nett dass sie uns das persönlich sagen“, antwortete der Pilot.
„Nun ja, wir sind ja auch nicht ganz grundlos hier“, sagte Wielder tonlos. „Forbec ist vor einer Stunde gefallen.“
Wieder fluchte jemand.
„Aber einen schönen Kampf haben wir denen geliefert. Vielleicht hätten wir es sogar geschafft sie aufzuhalten wenn Captain Lerrin nicht so übervorsichtig gewesen wäre.“
Eine neue Stimme kam hinzu. „Sir, wir lagen da wie auf dem Präsentierteller. Nach dem Verlust der Station war es nur noch eine Frage der Zeit. Wir haben Glück überhaupt noch am Leben zu sein.“
„Aber vielleicht hätten sich die Orani an uns verschluckt.“
„Entschuldigung Sir, aber ich habe selten eine so unprofessionelle Gefechtsführung erlebt, die Orani hätten uns ohne Verluste kassiert.“
„Captain! Noch ein Wort!“
„Schluss jetzt“, schaltete sich Dan ein. „Diese Streitereien nützen niemandem etwas. Während wir hier unsere Zeit verschwenden kommen die Orani immer näher. Wir müssen hier weg.“
„Und wohin bitte“, fragte Wielder genervt.
„Ich hab hier was“, meldete ein Pilot. „Sieht aus wie ein Fluchtsignal. Ich leg´s ihnen rüber.“
„Allerdings“, knurrte Wielder. „Da hat also schon jemand die Nerven verloren. Setzen sie Kurs, wir sehen uns das Mal an. Alle Einheiten, formieren und klarmachen.“
Nach ein paar kleinen Kurskorrekturen sprangen alle in den Hyperraum.
Die nächsten Stunden verliefen ruhig. Erst nach beinahe einem halben Tag kam ihr Ziel in Sicht. Als sie wieder in den Normalraum zurückgefallen waren machte sich Dan wieder auf ins Cockpit. Gelbe Nebelschleier umhüllten alles. Obwohl es nur ein paar hundert Meter bis zu ihrem Nachbarschiff waren, war es kaum zu erkennen.
„Ich kann nichts sehen“, rief jemand.
„Wo sind sie?“
„Keine Ahnung. Sind wir hier überhaupt richtig?“
„Ganz sicher“, meldete der Pilot. „Noch etwa fünf Klicks.“
„Passt bloß auf“, warnte jemand anderes. „Bei der Suppe fahren wir die über den Haufen bevor auch nur einer merkt was Sache ist.“
„Herzlichen Dank für einen derart hilfreichen Hinweis. Glaubst du da wär ich nicht drauf gekommen, oder was?“
„Ganz ruhig Neun. Nur weil du Stress hast musst du ihn nicht an uns auslassen.“
„Ich und Stress? Wie kommst du denn da drauf? Ich bin grad wütend, hab Rachegelüste und bin außerdem übernächtigt. Aber Stress hab ich keinen.“ Die Stimme troff vor Ironie. „Ich hab nur… oh, Dreck.“
Dan konnte den Abfangjäger sehen der plötzlich einen harten Schlenker hinlegen musste um nicht mit irgendetwas zu kollidieren.
„Was bei allen Sonnen“, fluchte der Pilot.
Aus dem Nebel schälten sich die dunklen Überreste eines schweren Kreuzers. Dan fragte sich wie er hier hin gekommen war, denn von dem Schiff war nicht viel mehr als das Rumpfskelett übrig.
„Wir sind da“, meldete der Pilot.
Langsam erschienen die Konturen weiterer Schiffe aus dem Nebel.
„Bei allen Elementen“, sagte der Copilot. „Ich hab selten etwas so zerstörtes gesehen.“
Die Nebelschleier lichteten sich ein wenig und der Konvoi kam in einer kleinen Gasfreien Tasche des Nebels zum halten. Von hier aus konnten sie das ganze Dilemma erkennen.
„Das gibt’s doch nicht“, ereiferte sich Wielder als er die zusammengeschossenen Schiffe sah. „Kein Wunder dass wir andauernd auf dem Rückzug sind. Anstatt zu kämpfen lassen die es sich hier gut gehen. Das ist wieder mal typisch Flotte.“
Der Transporterpilot drückte die Sprechtaste und schnitt damit den Rest von Wielder´s Wutanfall ab.
„So wie die aussehen glaub ich kaum das die noch großartig kämpfen können“, sagte sein Copilot.
„Was verstehen sie schon davon“, antwortete der Colonel eingeschnappt. „Sie sind nur Piloten. Bis auf ein paar Kleinigkeiten ist diese Flotte voll einsatzbereit. Da vorn ist der Träger, bringen sie uns dorthin.“
Der schwere Warrior Kreuzer glitt lautlos neben die Whirlwind. Er bestand aus einem hundertfünfzig Meter langen, siebzig Meter breiten und vierzig Meter hohen, kastenförmigen Rumpf, der am Bug von oben nach unten spitz zulief. Zwei dreißig Meter lange Triebwerke waren außen am Heck angebracht. Sie dienten auch als Aufnahme für die je vierzig Meter langen Flügeln an denen die meisten Waffen montiert waren. Mittig auf dem Dach befand sich noch ein drittes Triebwerk. Flankiert wurde es von zwei nach vorn gepfeilten Heckflossen, an denen je ein Raketenwerfer installiert war. Die Bewaffnung bestand aus zehn Laserkanonen, sechs Disruptoren, acht Geschütztürmen und Torpedos. Mehr als genug um einer Fregatte gewachsen zu sein.
Ein Shuttle schob sich aus dem Seitenhangar des Trägers und machte an einer der Andockbuchten des Kreuzers fest. Ein paar Minuten später flog es mit Wielder an Bord zurück.

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Marcus war müde, seine Muskeln verkrampften sich, er hatte Kopfschmerzen. Noch dazu hatte er seit Tagen nicht geschlafen und sein letzter Besuch in der Kantine war auch schon länger her. Chris ging es auch nicht besser, aber er zwang sich dazu weiterzuarbeiten. Die beiden schraubten jetzt schon seit einem Tag an dem letzten beschädigten Jäger um auch ihn wieder startklar zu bekommen. Rings um sie herum zeugten zerlegte Maschinenteile und ausgeweidete Geräte von ihrer Arbeitsweise. Die Techniker die normalerweise für die Wartung der Maschinen zuständig waren hatten selbst genug zu tun. Erst vor ein paar Stunden hatten sie die gröbsten Schäden am Hangar beseitigt, so dass wenigstens ein eingeschränkter Flugdienst möglich war. Trotzdem war es ein trauriger Anblick. Gerade einmal einundfünfzig Maschinen waren einsatzbereit. Außerdem mangelte es an Torpedos, Treibstoff und nicht zuletzt einsatzbereiten Piloten.
„Fertig“, sagte Marcus schnaufend und warf den Schraubenschlüssel zurück in die Kiste. „Hat auch lang genug gedauert. Ich will ins Bett.“
„Keine Chance“, antwortete Chris müde. Er ließ sich von einer Tragfläche herunter, sorgsam darauf achtend dass er nicht die frisch mit Isolierband geflickten Stellen berührte. „Jedenfalls nicht sofort. Jetzt wo die Jäger klar sind müssen wir sehen was Norham damit anfangen will. Gehen wir.“ Marcus verzog das Gesicht zu einer schmerzhaften Grimasse, dann trottete er hinter ihm her.
Der Weg zurück in Norham´s Büro glich einem Hindernislauf. Andauernd mussten sie Technikern ausweichen die systematisch das ganze Schiffe zerlegten und wieder zusammensetzten. Im Flur auf dem Oberdeck erreichten sie schließlich ihr Ziel. Aber sofort nachdem sie eingetreten waren wurden sie von einer enormen, unbekannten Lärmquelle angezogen. Irgendjemand brüllte lauthals im Besprechungsraum herum. Norham winkte die beiden zu sich herüber, bedeutete ihnen das sie den Mund halten sollten und machte mit der Hand eine Geste als würde er ein Blatt Papier falten.
„Das ist jawohl unverantwortlich!“ brüllte die Stimme.
„Mäßigen sie ihren Tonfall, Colonel“ antwortete eine ruhige Stimme.
„Das werd ich nicht! Das könnte ihnen so passen! Die Orani stürmen ungehemmt durch unsere Sektoren, und sie haben nichts Besseres zu tun als sich zu verstecken! Sie elender Feigling!“
„Colonel. Sie haben hier immer noch einen höheren Dienstgrad vor sich. Außerdem, hätten sie einen genaueren Blick auf meine Flotte geworfen hätte ihnen eigentlich klar werden müssen das wir weit davon entfernt sind kampfbereit zu sein. Wir hatten enorme Verluste.“
„Die hatten wir auch“, knurrte der Mann weiter. „Aber wir haben trotzdem weitergekämpft, mit weitaus weniger Material. Ich sehe hier Fregatten, Kreuzer und Korvetten die hier sinnlos vor sich hin dümpeln, anstatt die Orani in die Flucht zu schlagen!“
„Nun, wenn ich mich recht erinnere hatten sie selbst auch eine ganz ordentliche Flotte“, entgegnete der Admiral. „Und was ist davon geblieben? Ein einsamer Kreuzer. Zusammen mit der Station und einer vernünftigen Formation hätten sie das System problemlos halten können.“
„Wäre Vizeadmiral Zeforin nicht so leichtfertig gewesen wäre uns das auch sicherlich gelungen!“
„Ich kenne Zeforin aus dem letzten Krieg. Er war einer unserer Besten. Einen Sektor gegen mehrere Flotten zu halten war für ihn höchstens eine Herausforderung.“
„Trotzdem meinte er auf eigene Faust handeln zu müssen anstatt meine Pläne in die Tat umzusetzen.“
„Als Sektorkommandant hat er das Recht dazu. Und ich bin sicher er hat die richtigen Entscheidungen getroffen.“
„Aber er hat meine Pläne einfach außen vorgelassen. Hätte ich nicht selbst die notwendigen Schritte eingeleitet wäre alles noch schlimmer geworden.“
„Wollen sie damit sagen sie haben die Befehle ihres Kommandanten übergangen?“ fragte der Admiral schneidend scharf.
„Zeforin hatte die Flotte zu einem Verteidigungsschirm um die Station ausschwärmen lassen um den flüchtenden Schiffen mehr Zeit zu geben. Ich aber fand das würde den Orani zuviel Raum geben. Deshalb griffen wir direkt an.“
„Und was geschah dann?“
„Diese Bastarde rissen den Schirm auf“, sagte Wielder zähneknirschend.
„Und machten somit ihre Verteidigung unwirksam“, stellte Maynard fest. „Und rein zufällig drangen die Orani natürlich durch die Lücke im Schirm ein die sie hinterlassen hatten. Ist ihnen denn nicht schon mal der Gedanke gekommen das Zeforin sich was bei seinen Befehlen gedacht hatte?“
„Die Orani hätten genug Zeit gehabt sich mit all ihrer Feuerkraft quer durchs System zu schießen, ich musste etwas tun!“ schrie Wielder.
„Das haben sie ja so oder so eh getan, oder? Ist doch wirklich komisch, sie haben immer ganz schnell einen anderen als Schuldigen bei der Hand, aber sie irren sich nie. Ist ihnen das nicht mal aufgefallen?“
„Was?“ schnappte Wielder.
„Sie haben die direkten Befehle ihres Vorgesetzten missachtet“, fuhr Maynard mit schneidender Stimme fort. „Dann haben sie eigenmächtig das Kommando über einen Flottenzug übernommen und ihn in einem sinnlosen Angriff verheizt. Dadurch konnten die Orani unsere Verteidigung überwinden und die Station und das System erobern. Von unseren Verlusten will ich gar nicht erst reden.“
„Aber, irgendjemand muss doch was unternehmen! Und warum nicht ich wenn´s niemand anderes macht.“
„Weil jedes ihrer Unternehmen alles noch schlimmer gemacht hat. Und jetzt verlassen sie mein Schiff.“
„Das werde ich nicht“, brüllte Wielder hysterisch. „Im Gegenteil. Durch Zeforins Tod bin ich jetzt der neue Sektorkommandant. Und ich befehle hiermit Sie und ihre Flotte sofort an die Frontlinie!“
„Das werden sie nicht. Sie sind nur Heeressoldat, und kein Angehöriger der Flotte. Und jetzt Colonel, verschwinden sie besser ganz schnell aus meinem Büro und von Bord dieses Schiffes, bevor ich es mir anders überlege und sie durch die Luftschleuse jage.“
„Admiral, ich befehle es ihnen ein letztes Mal!“
„Ich denke ja nicht daran. Ich rufe die Sicherheit, die wird sich schon um sie kümmern.“
Ein paar Sekunden lang starrte Wielder dem Admiral wütend ins Gesicht, dann drehte er sich herum und stapfte schnell aus dem Büro. „Also schön“, rief er über die Schulter, “bleiben sie ruhig hier sitzen und verstecken sie sich, Ich werde derweil die Republik retten. Und sie können sich darauf verlassen, dass das hier ins Logbuch kommt!“
Dann verschwand er durch die Tür. Marcus, Chris und Norham starrten sich im Vorzimmer wortlos an. Norham blickte Wielder noch eine Zeit lang nach, dann knallte er das Datapad aus seiner Hand auf seinen Schreibtisch.
„Solche Leute sind gefährlich“, sagte er verärgert. „Störrische Überbleibsel vom letzten Krieg. Dank solcher Leute“, er nickte in die Richtung in die Wielder gegangen war, „sind fast all unsere modernen Taktiken in Vergessenheit geraten. Die Orani haben seit damals aus ihren Fehlern gelernt. Wir sind auf dem Stand von vor über dreißig Jahren stehen geblieben.“ Er schüttelte verständnislos mit dem Kopf.
„Haltet euch von so was fern“, sagte Norham warnend. „Macht euer eigenes Ding, das ist allemal besser.“ Dann begann er zu grinsen. „Und jetzt wollen wir mal sehen was wir mit den reparierten Jägern anstellen können. Mir fällt da schon was ein. Nicht einmal drei Sprungstunden entfernt liegt ein verstecktes Materiallager.“ Er zeigte ihnen eine kleine Karte. „Dort besorgt ihr uns den Nachschub den wir brauchen. Die Orani sind bereits dran vorbei, ihr solltet also leichtes Spiel haben.“

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System: Galravi
Planet: Galra4

14. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Wenige Stunden später verwandelten sich die blau-weißen Streifen des Hyperraums wieder in die Lichter weit entfernter Sterne. Nicht weit entfernt zog ein von mehreren Monden begleiteter grüner Gasriese stumm seine Bahn. Angeleuchtet wurden sie durch das intensive rote Licht einer alten Sonne die bald in einer Supernova vergehen würde. Inmitten dieses stillen Farbenspiels wirkte die kleine Einsatzgruppe der Whirlwind, die Norham hierher geschickt hatte völlig fehl am Platz.
„Alle Gruppen melden“, forderte Chris den Rest auf.
„Abfangjäger blau bereit!“
„Transporter klar.“
„Jäger rot bereit“, antwortete Marcus als letzter. „Und ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass ich das hier für total verrückt halte.“
„Natürlich ist es das. Tief im feindlichen Raum ein Depot auszunehmen, nur mit ein paar Jägern und Transporten, das ist schon ein wenig verrückt.“
„Noch verrückter ist allerdings das du dieser Sache zugestimmt hast“, klagte Marcus.
„Naja, viele Alternativen haben wir ja nicht.“
„Trotzdem wären mir einige andere Aktionen lieber gewesen“, jammerte er weiter.
„Du hättest sie Norham vielleicht auch erzählen müssen, dann wär er vielleicht drauf eingegangen. Und jetzt geh auf Kurs und heb dir dein Gejammer für später auf.“
Die kleine Gruppe beschleunigte und passierte bald den äußersten Mond.
„Haltet die Augen offen“, warnte einer der Transporterpiloten. „Depots haben Annäherungssensoren. Könnte sein, dass wir ein paar böse Überraschungen erleben wenn die uns erfassen.“
„Keine Sorge“, beruhigte ihn Marcus. „Schließlich war das mal eins von unseren. Wenn die Sensoren unsere Kennung erfassen sollten sie zuerst eine Warnung schicken.“
„Wollen wir´s hoffen. Ansonsten sind wir schneller Sternenstaub als uns lieb ist.“
Inzwischen hatten sie bereits den nächsten Mond passiert und steuerten nun auf einen kleinen, silbrig glänzenden Asteroiden zu. Nach wenigen Minuten war er bereits so groß das er ihr gesamtes Sichtfeld einnahm.
„Da vorn muss es sein“, sagte Chris und wies auf eine Felsspalte. Mit einer kurzen, präzisen Bewegung des Steuerknüppels passte er den Kurs an. Vor sich konnte er auf der Oberfläche bereits den dunklen, metallischen Fleck des Eingangstors erkennen.
„OK, wir sind fast da.“
„Aufschaltung!“ fiel ihm ein anderer Pilot ins Wort.
Dann begann auch sein Warnempfänger zu lärmen.
„Aufpassen, Torpedos“, rief Marcus.
„Ausweichmanöver!“ befahl Chris. Ein einzelner Torpedo würde ihn zwar nicht umbringen, aber doch deutlich schwächen. Und die Abfangjäger schützten sich hauptsächlich durch ihre hohe Geschwindigkeit. Eine schwere Panzerung wäre da nur hinderlich.
„Blaue Gruppe, ihr bleibt bei den Transportern. Jäger, klarmachen für Bodenangriff. Mir folgen.“
Mit diesen Worten kippte er den Galaxy über den linken Flügel ab und stach hinunter zur Oberfläche. Mehr und mehr Details wurden sichtbar. Bald auch die stummen schwarzen Umrisse der Torpedowerfer. Dann wurde es hell um ihn herum. Vernichtende Lichtblitze zuckten durchs All, erpicht darauf ihre tödliche Effizienz zu demonstrieren. Er ließ den Jäger kurz durchsacken, dann drehte er ihn mit einer Rolle auf den Kopf und zog scharf nach links. Direkt vor ihm drehte sich ein Geschützturm in seine Richtung. Chris war schneller. Megawatts fokussierter Energie brannten sich durch die Panzerung in die Steuerung, die Sensoren und die Stellmotoren. Der Turm zuckte ein paar Sekunden lang unkontrolliert, dann stellte er seinen Betrieb für immer ein. Gerade als er an dem Turm vorbeijagte spürte er die Druckwelle einer Explosion.
„Jahoo!! Vier mit Treffer auf Torpedowerfer“, meldete sich der Pilot.
Rechts von sich konnte er sehen wie der Jäger in einer Spirale davon schoss, Dutzende von Sekundärexplosionen hinterlassend als das Munitionsmagazin ebenfalls in die Luft flog.
„Zwei hätten wir erledigt“, sagte Chris warnend. „Passt auf die anderen sechs auf.“
„Korrigiere, Vier Ziele zerstört“, antwortete Marcus während er seine Maschine über die Reste eines weiteren Werfers lenkte.
„Drei braucht Hilfe. Werde angepeilt. Schnell!“ meldete sich der nächste Jäger
Chris drückte ein paar Knöpfe um seine Sensoren besser auf den Bodenkampf einzustellen. „Durchhalten, bin gleich da.“ Er riss den Jäger hart nach links und dann in einem kleinen Looping von der Oberfläche weg. Von dort aus konnte er das Ziel sehen das Nummer drei Probleme machte. Mit einem Tastendruck schaltete er auf die Torpedowerfer um, nahm sein Ziel ins Visier noch bevor ihm die KI eine Aufschaltung anzeigte. In wenigen Sekunden überbrückten die beiden Geschosse den Raum zwischen ihnen und schlugen direkt neben dem Werfer ein. Druck und Hitze verformten ihn zu etwas undefiniertem. Es folgten allerdings keine weiteren Explosionen.
„Das ist gut“, dachte er bei sich. „Je mehr wir von hier mitnehmen können umso besser ist es für die Flotte.“ Weit entfernt sah er einen kleinen Feuerball, dann war es ruhig.
„Alles erwischt“, jubelte Marcus.
„Negativ!“, meldete drei. „Ich werd immer noch angepeilt.“
Vom Asteroiden aus bohrte sich ein Geschoss, gefolgt von einer roten Rauchspur, ins All.
„Ausweichen!“ riefen alle gleichzeitig.
Zwar gelang es drei noch den Galaxy auf den rechten Flügel zu kippen, doch dann krachte die Rakete auf die Schilde und ließ den Jäger erbeben. Die Wucht schleuderte die Maschine herum und entriss sie der Kontrolle des Piloten. In einem flachen Bogen stürzte der Jäger der Oberfläche entgegen. Kurz bevor er aufschlug wurde der Bug herumgerissen.
„Ich hab ihn“, keuchte Drei. „Mein Flügel hat zwar ein paar neue Löcher, aber ich kann fliegen.“
„Bedank dich bei den Elementen und dann komm wieder hier rauf“, sagte Chris während die Spannung aus seiner Stimme wich. „Hat einer gesehen wo das herkam? Wir haben alle Werfer zerstört.“
„Das kam aus der Schleuse“, meldete Vier.
„Da ist nichts außer dem Tor“, antwortete Marcus. Seine KI begann wild zu fiepen. „Moment, doch, da ist irgendwas.“
Chris wendete und flog nur wenige Meter am Tor vorbei. Für einen Sekundenbruchteil lärmte sein Warnempfänger, dann sah er die Rauchspur einer weiteren Rakete. Doch anstatt ihm zu folgen flog sie ohne Ziel ins leere All hinaus.
„Das ist ein Sturmtransporter“, rief er. „Der sitzt mitten in der Schleuse.
„Wir sind zu spät“, meldete sich der Transporterpilot enttäuscht.
„Nein, Sie sind noch da drin. Also gut, Drei, komm mit.“
„Schon da Boss.“
Die beiden zogen in einer Spirale vom Asteroiden weg und wendeten sich dann wieder seiner Oberfläche zu. Für einen kurzen Moment hatten sie dabei das Schleusentor vor sich. Sie brauchten noch weniger Zeit um die vier Torpedos abzufeuern die sich Sekunden später in das bewegungslose Schiff gruben. Die Explosion zerriss es in Milliarden kleinster Einzelteile, zusammen mit dem Tor, dem Rahmen und dem umgebenden Gestein. Einzig und allein das Druckschott hielt stand; dafür hatte man es schließlich gebaut.
„Geplatzt wie ein Darapfirsich“, kommentierte Marcus lachend.
„OK, unser Job ist erledigt. Transporter, jetzt seid ihr dran. Viel Glück.“
Unter ihm schob sich der erste Transporter an das Schott und dockte an.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:39

Dan entsicherte sein Gewehr, dann ging er hinter der Barrikade in Deckung die seine Leute im Laderaum des Transportes errichtet hatte.
„Alles Klar, es geht los. Unser Besuch ist bereits da, also machen wir das hier auf die harte Tour. Schnell, hart und präzise. Lasst denen keine Zeit zum Abhauen.“
Der Transporter ruckte kurz als er an die Schleuse andockte, dann öffnete sich die Rampe.
„LOS! LOS! LOS!“ brüllte er in sein Kom.
Die ersten Granaten flogen bereits über die Rampe und explodierten in dem höhlenartigen Gang. Zischendes Sperrfeuer aus Disruptorgewehren gesellte sich dazu sobald die ersten Soldaten aus dem Schiff stürmten. Der Gang dahinter war etwa zehn Meter breit und halb so hoch. Abgesehen von ein paar leeren Kisten gab es dort keine Deckung. Heißes, pfeifendes, rot leuchtendes Plasma schlug ihnen entgegen als die ersten Oranischen Soldaten das Feuer eröffneten. Ein Geschoss verfehlte Dan nur knapp, er hatte die Hitze selbst unter seiner gepanzerten Uniform spüren können. Der Junge neben ihm hatte weniger Glück, zwei Schüsse trafen ihn in die Brust und er fiel regungslos zu Boden. Dan zielte auf den Ursprungsort der roten Strahlen und schickte eine Salve hinüber. Die brachiale Energie fraß sich durch die Kiste und die Panzerung bis tief in den Orani hinein. Eine weitere Granate flog durch die Luft und hob eine andere Deckung aus. Weiter hinten, kurz bevor der Gang an einem Schott endete, hatten sich die letzten Verteidiger verschanzt. Einer von ihnen schoss und traf Bolton am Kopf.
„Ich bin OK“, rief er während er sich wieder aufrappelte. An seinem Helm zeugte ein schwarz verbrannter Streifen von seinem Glück.
„Hast wohl ein Schutzelement“, antwortete Dan grinsend, obwohl Bolton das unter dem Vollvisier wohl kaum sehen würde. Weitere rote Schüsse zuckten vorbei und sorgten dafür, dass sie ihre Köpfe unten hielten. „Jetzt reicht´s mir aber“, knurrte er als ein weiteres Geschoss neben ihm einschlug. „Hayman, mach sie fertig! Der Rest gibt Deckungsfeuer!“ Bestätigungen kamen durch sein Com zurück. Dann setzte er sich auf und feuerte. Die anderen schlossen sich ihm an. Das ganze dauerte nur ein paar Sekunden, bis sich ein neues Geräusch Gehör verschaffte. Mit einem grellen fiepen eröffnete Hayman mit seinem Autolaser das Feuer. Grellorange Energiebolzen jagten durch den Gang. Durch die hohe Feuerrate hatte Dan den Eindruck, dass es eher ein dauerhafter Strahl als Dutzende von Einzelgeschossen waren. Mit unnachgiebiger Gewalt hagelten sie auf ihre Ziele ein. Nach nicht mal zehn Sekunden stellte Hayman das Feuer ein.
„Hab sie Cap“, sagte er lachend. „Von denen ist nichts mehr übrig.“
Dan sprang hinter der Deckung hervor und lief den Gang hinunter bis zum Schott. Die anderen folgten ihm.
„Verriegelt, Sir.“ stellte Bolton fest.
„Na dann mach´s auf.“
Bolton trat an die Türsteuerung. Der kleine Kasten war verbeult und verschmort. „Das hat schon einer probiert. Keine Chance für uns.“
„Lewis. Aufsprengen“, befahl Dan kurzerhand.
Der Mann holte vier kleine Stücke eines grauen Sprengstoffes aus seinem Rucksack und befestigte ihn an den Riegeln und Angeln der Tür. Dann nickte er Dan zu der mit dem Rest ein paar Meter entfernt in Stellung gegangen war, die Gewehre auf das Tor ausgerichtet. Als der ebenfalls nickte drückte Lewis den Knopf der Fernzündung. Mit einem Lichtblitz und einer kleinen Rauchwolke schmolz das Metall. Das Tor fiel, mit der Oberkante voran, nach hinten in die große Lagerhalle.
„OK, Vorwärts, los“, rief Dan.
Die ersten Männer stürmten über das gefallene Tor. Sekundenbruchteile später zischten rote und grüne Strahlen umher und überzogen die Wände mit kleinen, rauchenden Einschusslöchern. Dan ließ sich nach rechts sacken um einem Schuss zu entgehen und feuerte selbst eine kurze Salve ab. Er traf einen Orani und riss ihn nach hinten. Seltsam verrenkt blieb er zwischen einigen kleinen Containern liegen.
„Aufpassen Cap!“ schrie Bolton über den Lärm hinweg und zeigte mit dem Arm an ihm vorbei.
Noch während Dan dabei war sich in die entsprechende Richtung zu drehen spürte er einen heftigen Schlag auf seinen Rücken. Er spürte wie die Luft aus seinen Lungen gepresst wurde. Die Wucht riss ihn von den Füssen und schickte ihn hart zu Boden. Mit aller Macht stieß er sich mit dem rechten Arm ab und rollte sich herum, gerade noch rechtzeitig um einem nach ihm gestoßenen Doppelklingendolch zu entgehen. Die Waffe schlug funken als sie den Boden berührte. Endlich gelang es Dan seinen Gegner zu erkennen. Ein großer Orani in einer schwarz-braunen Uniform. In einer seiner Klauenhände trug er eine Pistole, die andere hielt das Messer mit dem er zugestochen hatte. Bevor er erneut ausholen konnte warf Dan sich herum und rammte seinem Gegner die Schulterstütze seines Gewehrs in den Bauch. Brüllend wich der Orani zurück nur um sich noch wütender wieder auf Dan zu stürzen. Mit der linken schlug er ihm das Gewehr aus der Hand. Während er gemeinsam mit dem Orani zu Boden ging gelang es Dan ihm seine Faust in den Magen zu bohren. Sobald er den Widerstand der Rüstung spürte öffnete er zweimal schnell die Hand und schloss sie wieder. Aus dem Handrücken seines Panzerhandschuhes schossen drei äußerst scharfe, fünfundzwanzig Zentimeter lange Stahlklingen hervor und bohrten sich tief in den Körper des Feindes. Der Orani grunzte kurz und fiel von ihm herunter. Dan setzte sofort nach. Mit einem kräftigen Schwinger durchschnitten die Klingen die Rüstung seines Gegners. Gurgelnd und zuckend klatschte der Orani zu Boden. Mit einem letzten Hieb durchstach er den Rücken seines geschlagenen Gegners. Der schuppige Körper erschlaffte. Schwer atmend lehnte sich Dan gegen die Reste des Tors den Blick auf die blutigen Stahlkrallen fixiert.
„Die letzten acht Jahre hab Ich die Dinger nicht gebraucht. Jetzt weiß Ich wozu sie gut sind“, keuchte er. Er wandte seinen Blick ab und sah zu den anderen hinüber. Die übrigen Orani lagen tot überall verstreut.
„Alles OK Cap?“ fragte Bolton.
„Es geht schon. Nimm dir Lewis und einen von den Techs und such den Kontrollraum. Ich will wissen was hier alles rumliegt.“
„Bin schon weg.“
„Der Rest fängt schon mal an einzupacken. Ersatzteile und Treibstoff haben Vorrang, Munition kann warten.“
Ein Feuerstoß lärmte durch die Stille der Lagerhöhle, dann stürzte ein Orani von einem kleinen Felsvorsprung krachend in einen Kistenstapel.
Dan riss seine Waffe hoch und nahm die Stelle ins Visier. Doch statt einem Feind erschien Boltons Helm.
„Tschuldigung Cap. Der war nicht unbedingt der kooperationswilligste.“
„Du hättest uns wenigstens vorwarnen können. Na egal. War das der letzte?“
„Denke schon Cap. Keiner mehr übrig.“
„In Ordnung, dann macht weiter.“
In den nächsten Minuten durchsuchten seine Leute fieberhaft die Halle. Kisten und Container wurden geöffnet und auf ihren potenziellen Nutzen geprüft. Dann stand Bolton plötzlich neben ihm und hielt ihm ein Datapad entgegen.
„Alles da Cap. Die komplette Inventarliste. Nur ein Posten fehlt.“
„Was denn?“
„Der komplette Vorrat Sigron D.“
„Nie davon gehört. Was ist das?“
„Das ist ein Gas, es wird massenweise in Hyperraumantrieben verbaut. Da dient es als Isoliermaterial zwischen Maschinenwand und dem Energiestrom. Der Herstellungsprozess ist ziemlich aufwändig, daher ist es vergleichsweise teuer“, erklärte Bolton
„Aber hier drin gibt’s weitaus bessere, sinnvollere und teurere Sachen die man klauen kann. Warum ausgerechnet so was?“
„Keine Ahnung Cap, aber für Sigron D gelten radikale Sicherheitsvorschriften. Es reagiert äußert aggressiv auf Sauerstoff und muss daher entsprechend behandelt werden. Der Transport ist nur in speziellen Frachtern und Containern erlaubt. Wenn man es falsch behandelt kann das Zeug ganz schön gefährlich werden.“
„Es sei denn man spielt gezielt damit rum“, sagte Dan nachdenklich. „Anscheinend ist es das Risiko wert. Wenn die Orani dafür selbst Torpedos und Sprengstoff liegen lassen und riskieren sich selbst in die Luft zu jagen. Ganz zu schweigen davon, dass sie diesen Felsen auch einfach hätten sprengen können. Das hätte uns mehr geschadet als ihnen. Diese Bastarde haben garantiert irgendwas vor.“
„Die Frage ist nur was“ antwortete Bolton.
Das Com knackte. „Rot eins hier. Ich will mich ja nicht einmischen, aber wir haben gerade Besuch gekriegt und ich wäre euch dankbar wenn ihr euch eventuell ein bisschen beeilen könntet.“
„Klar doch. Also los, geben wir ein bisschen Gas Männer; unser Besuch hier hat Gesellschaft angelockt.“

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:40

uzer im Anflug!“ rief Blau eins. „Und Abfangjäger, Javelin Klasse, zwei Staffeln. Richtung zwo-sechs-neun zu eins-eins-null. Entfernung sechs Klicks.“
„Der Transporter hat Hilfe gerufen.“
„Und was jetzt?“ fragte sein Flügelmann.
„Als allererstes nicht die Nerven verlieren, das erhöht unsere Überlebenschance gewaltig“, antwortete Chris ruhig. „Wir müssen den Jungs Zeit verschaffen. Jägergruppe kommt mit mir, Starcats bleiben bei den Transportern.“ Er zog den Steuerknüppel zu sich heran und trieb seinen Jäger in einen steilen Steigflug. Sein Flügelmann formierte sich rechts neben ihm während Marcus und Nummer vier links hinter ihm Position bezogen. Nach ein paar kleinen Kurskorrekturen schossen die Jäger von dem Asteroiden weg auf die angreifenden Orani zu.
„Vier von uns gegen zwölf Abfangjäger und einen Kreuzer, das ist nicht gerade fair“, beschwerte sich Marcus.
„Das ist ja auch nicht gerade die herausragendste Eigenschaft der Orani“, antwortete Nummer drei.
„Trotzdem ist das nichts womit wir nicht fertig werden können“, antwortete Chris. „Passt nur auf die Raketen auf und achtet drauf das sich euch keiner ans Heck hängt.“
Die ersten roten Strahlen begannen durchs All zu zucken.
„Energieverschwendung“, beklagte sich Marcus. „Die sind viel zu weit weg.“
„Ruhigbleiben und Ziele erfassen“, wies Chris die anderen an. Dann bestätigten ein Pfeifton und ein rotes gefärbtes Fadenkreuz, dass er sein Ziel im Visier hatte. Er drückte den Feuerknopf tief in die Verschalung. Aus seinem Bug schoss ein von einem blauen Schweif gefolgter Torpedo. Das Geschoss überbrückte den Abstand zwischen beiden Gruppen in Sekundenbruchteilen, dann bohrte es sich tief in den eleganten Abfangjäger und riss ihn in Stücke. Die Javelins waren etwa elf Meter lang und besaßen sichelförmig nach vorn zeigende Tragflächen. An deren Hinterkante befanden sich die vier Antriebe, während sechs Plasmakanonen in die Vorderkanten eingebaut waren. Im Bug waren außerdem noch zwei Raketenwerfer eingebaut. Das Cockpit befand sich mittig auf dem Rumpf und schloss bogenförmig zum Heck hin ab. Sie waren schneller als die Arrows, mussten dafür aber mit schwächeren Schilden auskommen. Trümmerteile wurden gegen die restlichen Maschinen geschleudert und zwangen diese dazu die Formation zu verlassen. Plasmafeuer hagelte auf seine Schilde ein und nahmen ihm die Sicht, aber er wusste den Orani würde es nicht besser gehen. In dem blinden Feuer explodierte ein weiterer Javelin. Dann rasten beide Seiten nur Meter entfernt aneinander vorbei.
„Meldung“, forderte Chris.
„Zwo klar.“
„Drei hier. Hab einen erwischt.“
„Vier bereit.“
„OK, paarweise Angreifen. Kümmert euch nur um die nahen Jäger. Wer abhaut wird von den Starcats übernommen.“ Mit diesen Worten kippte er seinen Jäger über den linken Flügel ab. Nach nur wenigen Sekunden hatte er eine Maschine im Visier und feuerte. Orange Lichtstrahlen fraßen sich durch den Schild des Javelins, doch bevor er weitere Treffer einsteckte brach der Pilot aus und verschwand aus seinem Schussfeld.
„Drei übernimm ihn, der ist weich.“ Gleichzeitig leuchteten seine eigenen Schilde unter Beschuss auf. Mit einer Rolle brachte er sich in Sicherheit. Er griff nach dem Geschwindigkeitsregler und zog ihn nach hinten. Der Galaxy verlangsamte sich extrem, und er riss den Bug in einem Halbkreis herum. Noch bevor das Fadenkreuz leuchtete feuerte er und traf den Javelin. Dessen Bug wurde glatt abgerissen und die Maschine trudelte davon. Schnell gab er wieder Vollgas und nahm den nächsten Jäger ins Visier. Eine lange Salve überschüttete sein Ziel mit Energie und ließ es in einem Feuerball vergehen. Ehe er einen weiteren Jäger erfassen konnte zuckte ein mächtiger Energiestrahl vorbei.
„Was war das?“, fragte Vier.
„Der Kreuzer“, erklärte Marcus. „Wir sind in Reichweite seiner Geschütze.“
„Die Kanonen können uns nichts, für die sind wir zu schnell. Passt nur auf die Geschütztürme auf“, sagte Chris.
Der schwere Kreuzer war rund zweihundert Meter lang und bestand aus drei Sektionen. Es gab ein langes, keilförmiges Bugelement an dem vier Plasma- und vier Laserkanonen installiert waren, einen kastenförmigen Mittelrumpf der acht Geschütztürme und zwei Torpedowerfer beinhaltete und einen lang gestreckten, rechteckigen Heckteil. An dem waren X-förmig vier Antriebe befestigt. Diese Kreuzer waren als Nemesis Klasse katalogisiert und bereits im letzten Krieg verwendet worden.
Eine weitere Salve roter Strahlen zuckte heran. Chris zog den Galaxy in einen engen Bogen, dann rollte er über die Längsachse und schoss als ein weiterer Javelin seine Bahn kreuzte. Ein paar Treffer brachten den Schild zum Versagen bevor er aus seinem Schussfeld flog. Marcus gab ihm mit einer Salve den Rest. Der Jäger platzte brennend auseinander und hinterließ eine Trümmerwolke.
„Ich hab Gesellschaft“, meldete sich Vier gehetzt. „Ich kann ihn nicht loswerden.“
„Marcus?“, fragte Chris.
„Keine Chance, bin beschäftigt.“
„Durchhalten Vier, bin gleich da.“ Ein kurzer Blick auf die Sensoren zeigte ihm die Lage. Er ging in einen Looping den er allerdings nach der Hälfte bereits beendete, und zog dann einen flachen Bogen. Plasmageschosse zuckten ihm entgegen, er flog direkt auf Vier zu.
„Vier! Nach oben! Jetzt!“
Wie befohlen riss vier seinen Galaxy nach oben. Der Javelin blieb an seinem Heck. Doch bevor er weiterfeuern konnte verwandelte Chris ihn in einen treibenden Schlackehaufen.
„Wieder einer weniger“, sagte er halblaut als er seinen Jäger zur Seite riss.
Plötzlich hagelten Splitter auf seine Schilde ein.
„Drei getroffen. Raketentreffer im Heck. Multiple Systemausfälle.“
„Raus hier“, befahl ihm Chris.
„Ich kann noch fliegen“, wehrte sich Drei.
„Nichts da, das war bereits dein zweiter Treffer heute. Du haust ab solange du noch kannst. Keine Widerrede.“
„Verstanden eins“, sagte Drei mit geknickter Stimme. „Wir sehen uns auf dem Träger.“ Dann scherte er aus und verließ die Kampfzone. Marcus schoss einen weiteren Javelin ab ehe er sich Drei gefährlich nähern konnte. Dann zuckten wieder dicke Plasmastrahlen vorbei.
„Und jetzt weg hier“, befahl Chris und zog vom Kreuzer weg wieder in Richtung des Asteroiden.
„Was?“, fragte Marcus. „Warum?“
„Zu dritt haben wir keine Chance gegen den und die restlichen Javelins halten sich im Schutz seiner Kanonen. Wir nutzen unsere Chance und fliegen ihm davon so gut es geht“ Mit einem knacken wechselte er den Kanal. „Wie sieht’s aus da unten?“, fragte er.
„Fünf, Minimum. Besser wäre mehr“, antwortete Dan müde.
„Sie haben zwo, maximal. Mehr ist nicht drin.“
„Verstanden.“
Er schaltete wieder auf den Staffelkanal zurück. „Alles klar, macht euch Sprungfertig. In zwei Minuten sind wir hier weg.“
„Unsere Leute brauchen mehr Zeit“, sagte Blau eins.
„Ich weiß“, antwortete Chris enttäuscht. „Aber besser wir bringen die Hälfte als gar nichts. Wenn wir den Kreuzer irgendwie aufhalten könnten hätten wir die Zeit.“
„Warum benutzt ihr nicht eure Torpedos“, fragte einer der Starcat Piloten.
„Wir haben zu wenige um genug Schaden anzurichten, außerdem hat der Kreuzer Warnsysteme.
„Ja, aber nur gegen gezielte Torpedos“, warf Marcus ein.
„Und das heißt?“
„Das heißt dass das Warnsystem nur bei Torpedos mit aktivierter Zielvorrichtung wirkt. Ein trocken geschossener Torpedo löst keinen Alarm aus.“
„Da müssen wir aber gut zielen“, sagte Vier interessiert.
„Im Gegenteil, gar nicht. Wir programmieren die Torpedos auf einen Kurs und schicken sie dann ungezielt los.“
„Wie lange dauert das?“, fragte Chris neugierig.
„Das sollte“, ein quieken unterbrach ihn. „Danke, schon fertig. Ich schick euch die Daten.“
Auf Chris´ Hauptmonitor tauchten die Daten auf. Ein weiterer Schuss des Kreuzers zuckte vorbei. „OK, am besten programmieren wir ein hohes Gitter, so läuft der Kreuzer in mindestens einen Torpedo. Fertig?“
„Los geht´s.“
Die Jäger hatten jetzt die Warteposition der Abfangjäger erreicht. In einem langen Bogen zogen sie um sie herum und jagten wieder dem Kreuzer entgegen.
„Alles klar, Zielgeräte ausschalten, manuell zielen“, befahl Chris. „Und Feuer.“
Aus den Werfern am Bug zuckten blaue Rauchfahnen. Die Torpedos schlugen zuerst, wie programmiert, mehrere Haken und Kurven ehe sie sich langsam auf dem Kurs des Kreuzers sammelten.
„Wenn das klappt“, flüsterte Chris gespannt.
Dann explodierte einer der Javelins.
„Verdammt“, schrie Marcus. „Der Idiot ist direkt rein geflogen.“
„Der Kreuzer!“, rief Blau eins. „Er weicht aus.“
Tatsächlich änderte das Schiff mit erstaunlicher Geschwindigkeit den Kurs. Doch seine Masse forderte seinen Preis. Der Bug entging noch knapp dem improvisierten Minenfeld, doch der größere Mittelrumpf und ein Antriebspylon stießen mitten hinein. Die Schilde glühten kurz als sie überlastet wurden, dann riss die Antriebsgondel auf. Feuer leckte heraus und versenkte die Hülle. Bockend und gierend setzte der Kreuzer seinen Weg fort, sein Tempo war allerdings stark gesunken. Sämtliche Geschütze eröffneten das Feuer, doch waren die Galaxys für sie viel zu kleine, flinke Ziele.
„Den hat´s erwischt“, kommentierte Marcus das Ergebnis. „Legt euch nicht mit Leuten an die ihr Hirn benutzen.“
„Du hast eins?“, fragte Chris erstaunt als er wieder zum Asteroiden herunter flog.
„Hey, ich kann sprechen.“
„Das ist ein blödes Zitat.“
Eine neue Stimme schaltete sich ein. „Hier Transporter. Seid ihr jetzt fertig mit eurer Spielerei? Hier gibt’s ein paar Leute die gern nach Hause gebracht werden möchten.“
„Das ist das erste Vernünftige das ich heute höre“, antwortete Chris lachend und bezog neben dem Transporter Position. „Also gut, zurück zum Schiff. Transferiere Koordinaten.“
„Und was war mit meiner Idee“, jammerte Marcus.
„Nennen wir es glückliche Intuition“, antwortete Chris während er mit einem Knopfdruck den Hyperraumantrieb aktivierte und den zerberstenden Asteroiden hinter sich zurück ließ. „Nichts weiter.“

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System: Krenara
Kaiserlich Oranische Forschungsstation

18. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Surrend öffnete sich die Rampe des Shuttles und senkte sich auf den Hangarboden. Ein kalter Luftzug strömte herein und ließ Jinthsa frösteln. Er wurde allerdings das Gefühl nicht los dass das nicht ausschließlich mit den niedrigen Temperaturen im Hangar zu tun hatte. Er atmete noch einmal tief durch, dann verließ er das kleine Schiff. Das fahle gelbe Licht und die dunkel gestrichenen Metallplatten verliehen der Station einen düsteren, unbehaglichen Eindruck. Neben ihm stieg, scheinbar ungerührt, Admiral Viljhe aus dem Shuttle.
„Ihnen gefällt es hier wohl nicht sehr Captain“, sagte er.
„Natürlich gefällt es mir hier nicht, aber noch weniger gefällt mir das wir beide hier sind. Ich halte die Gefahr für viel zu groß. Was, wenn irgendetwas schief geht? Sie und ich, wir sind die kommandierenden Offiziere einer ganzen Armee. Das wir uns beide in eine solche Gefahr begeben ist mir vollkommen unbegreiflich.“
Bevor er noch weiter ausholen konnte öffnete sich fauchend ein Schott an der Stirnseite des Hangars. Während eine Gaswolke der Kälte des Hangars wegen kondensierte stürmte Dr. Bregao ihnen mit wehenden Haaren entgegen.
„Ah, da sind sie ja.“ Er wies mit einer Hand in Richtung des Schotts. „Kommen sie, kommen sie. Ich bin sicher wir haben hochinteressante Ergebnisse für sie.“
„Das will ich hoffen, Doktor“, sagte der Admiral trocken. „Um ihretwillen. Wir haben noch andere, wichtigere Dinge zu tun.“
Dr. Bregao reagierte darauf indem er schnippisch den Kopf in den Nacken hob und sich wortlos in Richtung des Schotts aufmachte. Viljhe und Jinthsa folgten ihm mit ein paar Metern Abstand. Nachdem sie den Hangar hinter sich gelassen hatten führte er sie durch ein Gewirr stummer und dunkler Gänge bis tief ins Innere der Raumstation. Jinthsa kam sich vor als würde er immer tiefer in die Innereien eines gewaltigen Ungeheuers eindringen. Ihm entging allerdings auch nicht, dass in regelmäßigen Abständen schwere Hochsicherheitsschotts in die Korridore eingelassen waren. Diesen Schotten schienen hauptsächlich dazu zu dienen irgendwas oder irgendjemand am verlassen der Station zu hindern. Sein Unbehagen verstärkte sich weiter als er von einem Fenster aus die beiden Torpedoplattformen sah die ihre Werferrohre ebenfalls auf die Station ausgerichtet hatten. Nach einigen Minuten schnellen Gehens erreichten sie schließlich ihr Ziel. Hinter einem weiteren Schott befanden sich die Arbeitsräume des Doktors und seiner Mitarbeiter. Man konnte ihm ansehen dass er sich hier so wohl fühlte wie eine Schlange in ihrem Bau.
„Die Anforderungen waren sehr speziell, und sehr hoch noch dazu. Meine Kollegen und ich haben lange Teststrecken und Probeläufe hinter uns bringen müssen bis wir auch nur einen Ansatzpunkt hatten. Von da an haben wir uns darauf konzentriert besser zu werden, effizienter und leistungsfähiger.“ Er reichte dem Admiral ein Datapad, dann winkte er die beiden an die Fensterwand seines Büros. Von dort aus konnte man das ein Deck tiefer liegende Labor überblicken. Dutzende von Wissenschaftlern waren dort beschäftigt. In einer hinteren Ecke gab es einen verdunkelten Arbeitsplatz.
„Das ist unser Versuchskommandostand. Alles was wir hier entwickeln wird von dort aus getestet. Und heute werden wir das bislang fortschrittlichste Testmuster ausprobieren. Und deswegen hab ich sie hergebeten. Sie sollen sehen was auf sie zukommt wenn ich ihnen irgendwann die fertigen Muster überreiche.“
„Ich hoffe weiterhin für sie Doktor“, antwortete Viljhe scharf. „Das was ich hier lese beeindruckt mich nicht wirklich. Und ich kann es mir nicht leisten, dass sie meine Zeit verschwenden.“
„Das tue ich nun wirklich nicht“, antwortete Bregao beleidigt. „Kommen sie und sehen sie es sich an.“
Durch eine weitere Schleuse betraten sie das Labor. Jinthsa fiel auf das die meisten seiner Mitarbeiter Bregao großzügig aus dem Weg gingen. Anscheinend herrschte nicht unbedingt das harmonischste Arbeitsklima. Dann führte der Doktor sie zum Kontrollstand wo er einige Bildschirme und Konsolen aktivierte. Auf einem der Monitore erschien das Bild eines zum Gefängnis umgebauten Frachtraums. In ihm befanden sich etwa fünfzig erschöpft aussehende Theraner. Von der Decke hing ein zylindrisches, etwa drei Meter langes Metallrohr
„Passen sie gut auf“, rief ihnen der Doktor zu und drückte ein paar Tasten. Skalen und Messfühler schlugen aus. Dann zeigte der Bildschirm wie ein paar Sekunden lang ein Aerosol aus dem Rohr in den Raum strömte. Sobald es die kritische Menge erreicht hatte explodierte es in einer Kettenreaktion.
„Faszinierend, nicht wahr“, sagte Dr. Bregao mit einer fast selig klingenden Stimme und glasigen Augen.
Viljhe warf das Datapad auf die Konsole. „Das war alles?“ fragte er ungläubig. „Deswegen halten sie mich von meinen Pflichten ab?“
„Aber das hier ist der Durchbruch, die ultimative Variante“, klagte der Doktor.
„Mir egal was es ist; Verbessern sie es.“
„Wie bitte?“ Wären Bregao´s Augen Laser gewesen hätten sie den Admiral problemlos in Stücke geschnitten.
„Sie haben richtig gehört“, antwortete Viljhe kühl. „Erhöhen sie den Wirkungsgrad, verbessern sie die Mischung. Ich habe mir die Versuchsanordnung durchgelesen. Auf ihrem derzeitigen Stand benötigen sie die Komponenten in einer Menge wie wir sie unmöglich beschaffen können. Verbessern sie es bis sie bessere Resultate mit weniger Material erzielen, und passen sie ihre Tests den erwarteten Zielbedingungen an; Einen Frachtraum kann ich mit ein paar Torpedos sprengen, und die sind sogar noch günstiger.“
Der Doktor lief feuerrot an und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen als Admiral Viljhe sich herumdrehte und gefolgt von Captain Jinthsa das Labor verließ.
„Ich muss zugeben dass ich unseren Verbündeten nicht leiden kann Captain“, sagte Viljhe auf dem Rückweg.
„Mir geht es ähnlich“, antwortete der Captain während ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. „Er ist so, so…“
„Selbstgefällig? Oder Verrückt?“ beendete Viljhe den Satz für ihn.
„Überzogen wäre meine Wahl gewesen. Er hält sich für weitaus wichtiger als er in Wirklichkeit ist. Und er erfüllt in keinem Fall die Erwartungen.“
„Und dennoch hält man in der kaiserlichen Familie fiel auf ihn. Die Gründe dafür kenne ich nicht, und ich glaube auch nicht dass ich sie kennen möchte“, sagte Viljhe resignierend. „Aber solange er eine Möglichkeit entwickelt wie wir uns dauerhaft unseres Problems entledigen können bin ich bereit ihn zu dulden. Aber sollte er Versagen oder Fehler machen oder gar uns gefährden werde ich mich um ihn kümmern.“
„Gegen den Befehl des Kaisers?“ fragte Jinthsa staunend.
„Wenn ich die Wahl hätte ob ich einen meiner Leute oder den Doktor zurücklassen müsste, ich wüsste wie ich mich entscheiden würde.“
„Aber haben wir eine Wahl?“
„Das, mein Freund ist eine andere Sache“, sagte Viljhe als er die Shuttlerampe bestieg. „Und das bringt mich auf einen anderen Gedanken. Den Stand dieses Projektes kennen wir nun. Aber wie steht es um das andere?“
Jinthsa stockte kurz, teils erstaunt über den Themenwechsel, teils weil er schon dabei war sich an die letzten Berichte zu erinnern. „Soweit ich weiß Admiral verläuft wenigstens das planmäßig.“
„Wenigstens eine positive Nachricht heute“ antwortete Viljhe zufrieden während das Shuttle abhob und wieder Kurs auf die Flotte nahm.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:41

Tiefraum
Zwischen Suthar und Taras

Stunden später saß Admiral Viljhe still im dunkel seines Bereitschaftsraums. Neben den Bildschirmen seiner Konsole war ein grün schimmerndes Hologramm die einzige Lichtquelle. Das Hologramm maß etwa vier Meter im Durchmesser und stellte ein Sonnensystem dar. Neben einer gelben Sonne gab es sieben Planeten. Zwei davon, der dritte und der siebte, waren bewohnt, den letzten Planeten umkreiste außerdem noch ein Gewirr riesenhafter, gitterartiger Konstruktionen. Die gewaltigen Werften der zweiten Theranischen Heimatwelt Taras waren in der ganzen Galaxis für ihre Leistungsfähigkeit bekannt. Hinzu kamen noch unzählige kleine Verteidigungsstationen, Kriegsschiffe und Jäger die den Planeten verteidigten. Viljhe warf einen neuen Blick aus einer anderen Perspektive auf die kleine grüne Kugel. Egal für welche Option er sich letztlich entscheiden würde, er wusste dass erst danach die wahre Bewährungsprobe dieses Krieges folgen würde. Sein Blick glitt hinüber zum dritten Planeten. Dort befanden sich noch mehr feindliche Schiffe und Verteidigungseinrichtungen. Die Schlacht um Thera selbst würde den wahren Höhepunkt darstellen. Es würde die Komplizierteste und schwierigste Aufgabe des ganzen Krieges werden, aber der Erfolg würde ihm die Notwendige Legitimation geben um seine Aufgabe zu Ende zu führen. Er wandte sich wieder dem letzten Planeten zu. Ein derart gut verteidigtes Ziel anzugreifen erforderte normalerweise eine langwierige und aufwändige Planung, aber er hatte diese bereits vor Beginn der Invasion durchgeführt. Alles was er jetzt noch tun musste war die Pläne der realen Situation anzupassen. Zweifellos würden die Theraner nicht mit einem weiteren schnellen Schlag rechnen. Sie würden sich Zeit nehmen um ihre Verteidigung zu optimieren. Zeit war der einzige Vorteil den die Theraner bislang hatten. Und Viljhe konnte ihnen unmöglich diesen Vorteil lassen. Schon einmal, im letzten Krieg, hatte man den Theranern viel Zeit und viel Raum gegeben. Das Ergebnis war eine beschämende Niederlage gewesen. Die Orani hatten fast ihre gesamte Flotte verloren und sie hatten nur mit Mühe verhindern können dass die Kalrathaner die nördliche Front durchbrachen. Diese Fehler waren sie sehr teuer zu stehen gekommen und sie hatten Jahre gebraucht um sich davon zu erholen. Viljhe wusste das er diese Fehler nicht wiederholen würde. Genau so wenig teilte er die Überheblichkeit seiner Amtskollegen, er würde die Theraner nicht unterschätzen. Jedes mal wenn ein neuer Flottenbericht auf seinem Bildschirm auftauchte ging er die Verluste durch. Insgesamt waren sie zwar minimal, aber allein die Tatsache dass ein Grossteil der verlorenen Schiffe durch unterlegene und unterbewaffnete Feindverbände verursacht worden war zeigte ihm dass viele Kommandanten einfach zu sorglos waren. Sie hätten vermieden werden können wenn sie die Theraner als ebenbürtige Feinde und nicht als unorganisiertes Söldnerpack betrachtet hätten. Sein Entschluss stand fest. Er gab eine paar neue Befehle in sein Datapad ein und deaktivierte dann das Hologramm. Anschließend verließ er seinen Bereitschaftsraum und ging auf die Brücke. Durch die großen Sichtluken fiel das kalte Licht unzähliger weit entfernter Sterne.
Obwohl Jinthsa mit dem Rücken zu ihm stand war er der erste der salutierte bis er ihm bedeutete weiterzumachen. Dann ließ er sich in seinem Kommandosessel nieder und aktivierte die Konsole.
„Die Flotte ist vollzählig, formiert und einsatzbereit“, meldete ihm Viljhe pflichtbewusst obwohl zeitgleich identische Berichte auf seinen Bildschirmen auftauchten.
„Hervorragend“, antwortete er ihm während er sich in seinem zurechtrückte. Er hielt dem Captain das Datapad hin. „Geben sie die Befehle an alle Schiffe weiter und treffen sie die nötigen Vorbereitungen.“
Jinthsa nahm das Pad und steckte es in die Comstation. Leuchtende Dioden zeigten an das die Informationen an jedes Schiff in der Flotte übertragen wurden. Anschließend ging er von Station zu Station und gab detaillierte Befehle aus.
Draußen im All kehrten die Jäger in ihre Hangars zurück, Geschütztürme und Kanonen erwachten zum Leben. Das Sternenfeld drehte sich ein wenig als das Schiff einen neuen Kurs einschlug.
Jinthsa wartete bis die letzten Meldungen auf seiner Konsole erschienen waren bevor er zum Admiral hinüber ging.
„Ihre Befehle wurden ausgeführt, die Flotte wartet“, meldete er knapp.
„Ausgezeichnet. Captain, ist mein Flagschiff bereit?“
„Die Nikka ist klar zum Gefecht und erwartete ihre Befehle Admiral.“
„Sehr gut. Beginnen sie mit der nächsten Phase.“
Viljhe nickte: „An alle Schiffe. Sprungsequenz einleiten.“
Der Steuermann begann ein paar Tasten zu drücken. Dann wurden die unzähligen fernen Lichter zu dünnen leuchtenden Streifen als die Nikka, getrieben von ihren gewaltigen Sprungantrieben, die Flotte ihrem neuen Ziel entgegenführte.

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Tiefraum
Ostario Nebel
Zwischen Forbec und Destir

19. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Obwohl die Techniker einen Großteil der Schäden repariert hatten sah es auf der Whirlwind schlimmer aus als zuvor. Um das Loch im Hangarboden zu flicken hatten sie intakte Wandpaneele ausgebaut und auf dem Boden fest geschweißt, übrig gebliebene Trümmerteile bildeten einen gewaltigen Schrotthaufen. Vom Besprechungsraum aus beobachteten die acht Piloten die Arbeiten als sich hinter ihnen die Tür öffnete. Norham kam herein und winkte sie zu sich an seine Konsole.
„Das war gute Arbeit“, sagte er anerkennend. „Besonders angesichts der Überraschung der ihr begegnet seid.“
Chris schüttelte den Kopf: „Das haben wir uns selber zuzuschreiben. Hätten wir uns zuerst um den Transporter gekümmert, wäre das alles planmäßig abgelaufen.“
„Unsinn. Es gibt keinen Beweis dafür dass der Transporter den Kreuzer gerufen hat. Wahrscheinlich waren die bloß auf Patrouille. Wichtig ist das ihr soviel Material wie möglich geborgen habt und nichts für die Orani zurückgelassen habt. Es wird helfen die Flotte wieder klar zu machen. Natürlich reicht es bei weitem nicht für alle, aber damit können wir die schlimmsten Schäden beheben.“
„Und wie geht´s jetzt weiter?“ fragte Drei, ein schlanker, dunkelhaariger Mann mit Backenbart.
„Nun, da dein Galaxy noch beschädigt ist gehst du mit Collins wieder mit den Jagdbombern raus.“
Drei und Collins nickten.
„Und was euch beide betrifft“, sagte er während er Chris und Marcus ansah, „ihr stellt euch darauf ein die nächste Wache zu übernehmen.“
Er wollte noch mehr sagen, aber ein sonorer, dumpfer Hupton schnitt ihm das Wort hab. Mit einem kurzen knacken öffnete sich ein Kanal.
„Hier spricht Admiral Maynard. Wir haben Sensorkontakt mit Oranischen Schiffen in überlegener Anzahl. Wir können uns noch nicht wieder in einen offenen Kampf wagen, daher ordne ich für alle Schiffe Notabschaltung an. Senken sie ihre Sensor- und Funkemissionen auf das absolute Minimum und halten sie Funkstille. Crow- Kreuzer; versuchen sie ihre Störfelder an die Turbulenzen des Nebels anzupassen, das verstärkt den Effekt vielleicht. Dieser Befehl wird nur durch die Whirlwind aufgehoben. Maynard Ende.“
Urplötzlich wurde es stockdunkel auf dem Schiff. Sämtliche Lichter erloschen, ebenso alle nicht wichtigen Computer. Auch das glühen der Antriebe erstarb, Kanonen und Geschütztürme Erstarrten. Im Besprechungsraum war Norham´s Konsole die einzige Lichtquelle. In dem schwachen Licht sah er ziemlich geisterhaft aus.
„Toller Mist“, flüsterte er obwohl es dazu keinen Grund gab. „Also gut, macht eure Maschinen startklar. Nur für den Fall das hier was schief geht. Aber wartet noch mit dem Hochfahren der Triebwerke. Wir wollen kein Risiko eingehen.“
Die Piloten nickten und machten sich auf den Weg zum Hangar. Ohne Licht und Turbolift bedeutete dies eine anstrengende Lauferei über einige enge Nottreppen.
„Glaubst du das klappt?“ fragte ihn Marcus bevor er in seinen Jäger stieg.
„Ich hoffe doch“, antwortete er. „Wenn alle die Nerven behalten haben wir vielleicht ne Chance.“
Nachdem er verfolgt hatte wie seine wenigen verbliebenen Piloten ihre Jäger bemannt hatten machte Norham sich auf dem Weg zur Brücke. Er fluchte derb als der Turbolift seinen Kommandocode nicht akzeptierte und machte sich auf die Suche nach einer Hilfsröhre. Als er den Zugang gefunden hatte starrte er kurz die ins dunkle führende Leiter an und machte sich dann daran die zehn Decks über ihm zu erklettern. Nicht das es ein Problem gewesen wäre. Er war zwar nicht unsportlich aber in den letzten Wochen doch ein wenig eingerostet. Er freute sich auf die Herausforderung. Ein größeres Problem stellten da schon einige der Schotten dar die sich bei der Abschaltung nicht komplett geöffnet hatten. Doch auch die gaben unter seiner Krafteinwirkung nach. Er würde ein paar Techniker herschicken wenn alles vorbei war.
Ein wenig verschwitzt und schnell atmend erreichte er schließlich sein Ziel, trat das Zugangspaneel auf und kroch dann auf die Brücke. Ein auf ihn zielendes Disruptorgewehr und ein überraschter, dann schmunzelnder Blick des Admirals waren das Resultat seiner Bemühungen.
„Schön sie zu sehen Captain“, sagte Maynard und reichte ihm eine Hand. „Allerdings würde ich es begrüßen wenn sie das demolieren meiner Einrichtung unseren Feinden überlassen würden.“
„Danke Sir“, antwortete Norham schnaufend während er aufstand. „Tut mir leid, das Schloss hat etwas geklemmt.“
Dann straffte er sich: „Alle Jäger sind Startbereit. Wie schlimm ist es?“
„Ziemlich schlimm“, antwortete Maynard knapp und zeigte auf ein Hologramm das die einzige größere Lichtquelle der Brücke darstellte.
„Mindestens zwei Flotten“, erkannte Norham. „Mit abgesetzten Jagdmaschinen.“
„Ja. Und sie durchkämmen den Nebel, aber es sieht nicht so aus als würden sie direkt nach uns suchen.“
„Dann haben wir eine realistische Chance?“
„Das realistisch unterschreib ich nicht, aber wenn es gut läuft schleichen wir uns einfach davon.“
„Entfernung zehn Klicks“, meldete der Sensoroffizier.
Maynard nickte stumm.
„Navigation“, sagte er nach ein paar Sekunden, „Status Fluchtkurs und Sprungkoordinaten.“
„Alle Berechnungen abgeschlossen“, meldete der Steuermann. „Daten werden auf ihren Befehl hinübertragen.“
„Sehr gut. Bereithalten.“
„Jetzt noch sechs Klicks.“
„Steuermann, entkoppeln sie die Steuerung“, befahl Maynard.
Der Pilot sah ihn verwundert an: „Sir, ohne diese Kontrolle werden wir steuerlos driften.“
„Umso besser. Je mehr wir einem treibenden Wrack ähneln desto besser.“
Der Steuermann nickte und legte ein paar Schalter um.
„Drei Klicks; in Sichtweite“, meldete der Sensoroffizier.
„Ruhe jetzt.“
Draußen tauchten die ersten Silhouetten auf. Arrows und Korvetten schälten sich aus dem Nebel. Dann kamen größere Schiffe. Sie flogen nur wenige Meter entfernt vorbei, das dröhnen ihrer Triebwerke ließ das abgeschaltete Schiff in Schwingung geraten.
„Sie scannen uns“, flüsterte der Sensoroffizier gepresst. „Ich denke ich kann es kompensieren.“
Maynard nickte ihm stumm zu.
„Bislang scheint´s zu funktionieren“, sagte Norham halblaut.
Maynard nickte wieder: „Ein bisschen Hilfe von den Elementen und ein Quäntchen Glück und wird haben´s geschafft.“
Jetzt passierten die gewaltigen Naginata Kriegsschiffe die Whirlwind.
„Steuermann, vorbereiten auf Fluchtkurs zu gehen.“
Der Sensoroffizier unterbrach wild gestikulierend die Antwort des Piloten.
„Was ist?“ fragte Maynard scharf.
„Sir, die Couragous.“
„Ja?“
„Sie fährt ihre Maschinen hoch und lädt ihre Waffen.“
„Warum bei allen Sonnen?“, entfuhr es Norham, dann kam ihm und dem Admiral der gleiche Gedanke.
„Wielder!“, platzte es aus Maynard heraus. „Befehlen sie ihm abzubrechen und wieder abzuschalten.“
„Zu spät Sir. Die Couragous antwortet nicht. Die Orani werden sie bereits erfasst haben.“
Grellorange und grüne Lichtstrahlen rasten plötzlich vorbei, trafen einen Kreuzer mittschiffs und verwandelten ihn eine brennende Trümmerwolke. Eine weitere Salve schlug quer auf der Längsseite eines Schlachtschiffes ein, richtete dort aber kaum Schäden an.
„Dieser verdammte Idiot!“, brüllte Maynard ungehemmt. „Steuermann, zeigen sie mir den Sprungpunkt.“
Auf dem Hologramm entstand ein paar Kilometer entfernt eine blaue Sphäre. Ein Grossteil der Oranischen Flotten war zwar schon an ihnen vorbei, aber einige Schiffe befanden sich immer noch zwischen der Whirlwind und der Sicherheit des Hyperraums.
Maynard´s Augen huschten über das Hologramm, dann nickte er: „An alle Schiffe. Notabschaltung aufheben und Vollschub. Wir transferieren Fluchtkurs und Sprungkoordinaten. Schiessen sie sich den Weg frei und springen sie sobald sie können, warten sie auf niemanden.“
Um sie herum erwachten die schlafenden Schiffe wieder zum Leben und beschleunigten. Geschütze pumpten Megajoules von Energie in die überraschten Feinde. Doch so konfus die Orani in den ersten Minuten auch gewesen waren, jetzt reorganisierten sie sich und bliesen zur Jagd auf die flüchtenden Theraner. Ihre schnellen Schiffe wendeten mühelos und eröffneten ihrerseits das Feuer. Auf dem Hologramm näherten sich die Orani wie die zwei Schneiden einer Schere. An den Flanken verloschen die ersten grünen Punkte.
„Und was ist mit der Couragous?“ fragte Norham nervös.
Obwohl die Frage eher an den Admiral gerichtet war antwortete der Sensoroffizier: „Sie folgt uns nicht. Im Moment kämpft sie weiter und hat sich mit zwei Fregatten angelegt.“
Die Whirlwind erbebte als sie von den ersten Salven der Orani getroffen wurde.
„Dieser elendige Schwachkopf“, fluchte Maynard weiter. „Der hat alles versaut. Wir können nichts für sie tun. Die Flotte ist wichtiger als ein einfacher Kreuzer.“ Er sah das kleine Hologramm an das die Couragous darstellte. „Das ist kein Heldentum, das ist sinnlose Verschwendung von Leben.“
Dann waren sie an den letzten Schiffen der Orani vorbei. Rotes Plasma regnete immer noch auf die Schilde ein. Vor ihnen konnten sie erkennen wie die ersten eigenen Schiffe in Sicherheit sprangen. Auf dem Hologramm war jetzt nur noch ein einziger grüner Punkt inmitten unzähliger roter zu erkennen. Maynard schüttelte den Kopf. Dann begann die blaue Sphäre zu blinken. Draußen vor der Sichtluke verwandelten sich die Sterne in weiß-blaue Linien als die Whirlwind den rettenden Sprungpunkt erreichte.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:42

System: Thera
Planet: Taras

20. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Nach nicht mal achtundvierzig Stunden war es vorbei. Die Nikka hing in einem niedrigen Orbit des Planeten und erstickte mit ihren Breitseiten den letzten theranischen Widerstand in den unterirdischen Wohnkolonien. Taras besaß keine eigene Atmosphäre, stattdessen hatten die Theraner schon vor Jahrhunderten Stollen in die steilen Flanken jener Berge getrieben die gleichzeitig auch als natürlich Docks für mittelgroße Schiffe dienten. Anstatt ihre Soldaten in verlustreiche Tunnelgefechte zu schicken hatte die Flotte unmittelbar nach ihrem Sieg im Orbit mit dem Beschuss des Planeten begonnen. Jetzt, nach beinahe zwei Tagen Dauerbeschuss war die Oberfläche fast komplett verwüstet. Einige Siedlungen brannten lichterloh, genährt von ausströmendem Sauerstoff, während andere als schwarze, staubige Trümmerfelder zurückblieben. Dazwischen lagen die skelettierten Reste der Orbitalen Werften die schwer beschädigt auf die Oberfläche gestürzt waren.
Doch so sehr Viljhe sich auch über diesen schnellen Sieg freute, die Tatsache dass die Verteidiger ihm erst empfindliche Verluste beigebracht hatten und sich danach ohne größere Verluste zurückgezogen hatten nagte an ihm. Seine Pläne hatten sich größtenteils erfüllt. Die Verteidiger waren zwar überrascht gewesen, allerdings waren sie auch wesentlich kampfbereiter. Er würde die eigenen Verluste zwar innerhalb weniger Tage ersetzt haben, aber es würde den Theranern trotzdem einige zusätzliche Tage geben in der sie neue Schiffe zusammenziehen konnten.
Er wandte seinen Blick von dem zerstörten Planeten ab und sah durch die Seitenluke. Dort konnte er die treibenden Überreste von zweien seiner Fregatten sehen die von einem Schlachtschiff buchstäblich in Stücke geschossen worden waren. Neben seinem Sessel erklangen plötzlich Schritte.
Jinthsa überreichte ihm ein Datapad. „Eine Nachricht von unserem lieben Doktor“, sagte er sarkastisch. „Er erinnert uns daran dass wir ihm so viele Proben, wie er das nennt, wie möglich besorgen sollen. Und er merkt an das es auch in ihrem Interesse sein müsste das sein Projekt schneller vorangeht. Der Kaiser hat dieses Interesse jedenfalls.“
Viljhe seufzte tief als er das Pad entgegennahm. Er rief auf seiner Konsole ein paar Berichte auf und verglich sie miteinander.
„Also schön“, sagte er endlich genervt, „schicken sie ein paar Transporter da runter und lassen sie sie das Gebiet absuchen. Wenn sie was finden sollen sie es einsammeln. Aber Ich will das sie in spätestens sechsunddreißig Stunden wieder zurück sind.“
„Ich kümmere mich darum.“ Jinthsa machte sich bereits auf den Weg zu seiner Station, aber nach nur einem Schritt drehte er sich noch einmal herum.
„Admiral, darf ich sie etwas fragen?“
„Natürlich.“
„Warum sind wir noch hier? Ich meine, worauf warten wir noch? Unsere Verluste sind minimal, wir sind fast uneingeschränkt kampftauglich. Wozu dann noch warten?“
„Viljhe beugte sich leicht vor.
„Ihre Kampfeslust in aller Ehre Captain, aber dies ist einer der Punkte unseres Planes wo wir besonders gründlich sein müssen. Von dieser Welt geht jetzt keine Gefahr mehr aus, also ist auch unser rückwärtiger Bereich, vorerst zumindest gesichert. Außerdem brauchen unsere Männer ein bisschen Ruhe, die nächste Schlacht die wir schlagen werden wird die wichtigste des ganzen Krieges werden. Ich will nichts dem Zufall überlassen. Auch wenn es unserem Feind mehr Zeit gibt um seine Stellungen auszubauen. Sobald unsere verlorenen Jäger und Geleitschiffe ersetzt sind werden wir dann wieder mit geballter Macht zuschlagen können. In zwei Tagen bereits werden wir unser Problem endgültig beseitigen.“
„Und damit ein für allemal für Ordnung sorgen“, fügte Jinthsa hinzu.
„Ja.“
Einige Stunden später kehrten die ersten Sturmtransporter wieder zurück zur Nikka. Ihre Besatzungen trieben die Gefangenen heraus und sperrten sie in einen kleinen Frachtraum neben dem Hangar. Insgesamt waren es etwa fünfhundert, die meisten davon verwundet und geschunden. Vom Jägerleitstand aus beobachtete Jinthsa die gesamte Situation. Nachdem auch der letzte Transporter entladen war kam der Legat zu ihm und meldete ihm den Abschluss der Operation.
„Gut gemacht“, nickte Jinthsa ihm zu. Und jetzt werden sie die Gruppe teilen. Nehmen sie die Verwundeten raus, die die eh sterben werden. Laden sie sie in die Transporter und überbringen sie sie dann unserem hoch geehrten Doktor. Was die anderen betrifft …“
„Sollen wir sie exekutieren?“ fragte der Soldat.
„Nein, das könnte auf uns zurückfallen. Sperren sie sie in ein Frachtmodul und schießen sie es auf den Planeten. Mit etwas Glück werden sie es überleben und dann da unten zugrunde gehen.“
„Jawohl Captain.“ Der Legat salutierte und stapfte dann zu seinen Männern zurück.
Jinthsa sah ihm noch einige Zeit nach. Ja, der Doktor würde seine Proben erhalten, aber ihr Zustand würde ihn zweifellos dazu anspornen sich ein wenig zu beeilen. Dann drehte er sich herum und machte sich wieder auf den Weg zur Brücke.

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System: Eliara
Planet: Eliara V

„Der Feind ist hier. Vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden haben die Orani Taras angegriffen. Die verbissene Verteidigung des Planeten durch unsere Flotte, die Armee und Freiwillige Hilfstruppen halten dem unaufhörlich anstürmenden Feind stand. Diese Leute setzten ihr Leben aufs Spiel um uns die Möglichkeit zum Gegenschlag zu liefern. Wir benötigen die Unterstützung jedes einzelnen um in dieser entscheidenden Phase das Blatt zu wenden. Gemeinsam wird es uns gelingen den Feind aufzuhalten und wieder zu verjagen. Unterstützen sie die Flotte und die Armee wo immer sie können, damit helfen auch sie beim siegen. Flottenadmiral Reyness Ende.“
Das Hologramm verschwand nach einigen Sekunden und es wurde wieder hell im Lageraum der Whirlwind.
„Also deutlicher kann man wohl nicht sagen das wir ganz schön am Arsch sind, oder?“ sagte Marcus.
„So sieht´s zumindest aus“, sagte Maynard trocken. „Und es ist wirklich schlimm.“
„Wenn sie Taras nehmen sind sie nur ein paar Lichtminuten von Thera entfernt“, sagte Chris aufgeregt.
„Ich weiß“, unterbrach ihn Norham, „gerade für dich ist das schwer. Sie stehen vor deiner Haustür und du bist Lichtjahre entfernt. Kein schönes Gefühl.“
„Ein Gefühl der Ohnmacht, und der Tatenlosigkeit“, fuhr Maynard nickend fort.
„Und man kann nichts dagegen tun.“
„Vielleicht doch.“
„Und was?“
„Thera muss gehalten werden. Wenn die Heimatwelt fällt, fallen auch wir. Das muss unbedingt verhindert werden.“
„Aber wir sind viel zu weit entfernt.“
„Und wir sind weit davon entfernt kampftüchtig zu sein, ich weiß“, sagte Maynard kopfschüttelnd. „Aber ich habe zumindest eine gut Nachricht die ich verkünden darf. Ich habe hier eine Nachricht vom Oberkommando, ab morgen bekommen wir drei Reservestaffeln. Damit werden wir einen guten Teil unserer Verluste ausgleichen können. Das bedeutet dass wir ein paar Jäger zuviel haben, und die werden wir als Unterstützung nach Thera schicken bis unsere Flotte so weit Instand gesetzt ist dass wir in die Schlacht eingreifen können. Wolfe, Collins, Torrig, bereiten sie ihre Staffeln auf die Verlegung nach Thera vor. Packen sie ihre Sachen. Noch Fragen?“
Niemand sagte etwas.
„Wegtreten.“
Die Piloten nickten und machten sich dann auf den Weg in dem Hangar.
Als die Tür sich wieder geschlossen hatte sank Maynard ein ganzes Stück in sich zusammen. „Diesmal ist es wirklich schlimm“, sagte er mit tonloser Stimme. „Wenn es uns nicht bald gelingt die Orani aufzuhalten sehe ich schwarz für uns. Wir müssen Thera unbedingt halten, egal wie viel es kostet. Wir stehen ohnehin schon auf Messers Schneide, und wenn die Orani auf Thera landen, dann sind wir vollends verloren.“
Norham nickte verständnisvoll. „Ich weise die Flotte an sich mit den Reparaturen zu beeilen. Trotzdem wird es wohl einige Tage dauern.“
„Das wird eine sehr schwere Aufgabe werden“, sagte Maynard ernst und bedächtig. „Die Orani sind rücksichtslos, sie vernichten alles was ihnen in die Quere kommt. Das bedeutet auch, dass wir vielleicht extreme Mittel gebrauchen müssen um sie aufzuhalten. Und wir müssen bereit sein alles aufzubieten was wir haben. Wir dürfen nicht scheitern.“ Die letzten Worte sagte er mit einer Endgültigkeit die beinahe erschreckend wirkte.
Norham nickte. „Das werden wir nicht.“

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:44

Teil II: Eclipse

21. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Keine sechzehn Stunden später, nachdem die frischen Staffeln eingetroffen waren, standen sich im Hangar der Whirlwind vierzehn Galaxys, sechs Starcats und zehn Raider Jagdbomber in sauberer Formation gegenüber.
Der Raider Jagdbomber war der neueste Jäger der Flotte. Er besaß einen fünfzehn Meter langen, fünf Meter breiten und vier Meter hohen Rumpf den man in drei Sektionen teilen konnte. Die erste Sektion bestand aus dem spitz zulaufenden Bug. In einem Meter Höhe trafen die vier Seiten aufeinander und bildeten an der Spitze ein Achtzig mal dreißig Zentimeter große Bugspitze. Darin waren oben die Sensoren und unten zwei Torpedowerfer untergebracht. Daran schloss sich das Cockpit an in dem die beiden Piloten nebeneinander saßen. An den Außenseiten waren jeweils zwei Laserkanonen angebracht, außerdem gab es noch eine in einer kleinen Flosse unter dem Bug. Innen befanden sich Links und rechts davon noch zwei weitere, angewinkelte Arbeitsstationen. An der Rückwand waren links Ausrüstungsschränke und rechts eine kleine Bordküche installiert. Dazwischen gab es einen kleinen Durchgang der in die nächste Sektion führte. Dahinter, auf der anderen Seite der Trennwand, befand sich eine kleine Nasszelle und eine Kabine für die Piloten. Die sich daran anschließende zweite Sektion bestand aus einem einzigen, Fünf mal fünf Meter großen Laderaum. An beiden Seiten gab es große Schwenkbare Tore die einen leichten Zugang ermöglichten. Darauf folgte die dritte Sektion, Der Maschinenraum. Dieser war ebenfalls fünf Meter lang, aber nur halb so hoch. An dieser Stelle, wo die die Bordwand steil vom Dach bis auf die Oberkante des Maschinenraums abfiel, hatte man ein nach hinten gerichtetes Zwillingsgeschütz eingebaut. Links und rechts des Maschinenraums befanden dich die eigentlichen Antriebe des Jägers. Sie waren einen Meter hoch, ragten von den Ladetoren bis fünfzig Zentimeter über das Heck hinaus und hingen dreißig Zentimeter nach unten über. Zusammen mit der Bugflosse bildeten sie das Fahrwerk. Auf ihnen saßen zwei Dreieckige Heckflossen. In der Mitte der Triebwerke waren zwei große, dreieckige Flügel angebracht. Sie gaben dem Raider eine Spannweite von sechzehn Metern und waren mithilfe eines Gelenkes schwenkbar; jetzt im Stand waren sie um einhundert Grad nach oben geklappt, im Flug würden sie auf minus dreißig Grad gesenkt werden. An den Flügelspitzen waren zwei schwere Disruptorkanonen angebracht.
All diese Komponenten, zusammen mit einer großen Reichweite, hatten den Raider schnell zu einem vielgeliebten Schiff gemacht; die Flotte nutzte ihn als schweren Jagdbomber, Langstreckenaufklärer und Entertransporter; in der Armee diente er als Kampfzonentransporter und zur Luftunterstützung. Auch zivil war die Maschine, trotz ihres recht hohen Preises, ein gewaltiger Erfolg.
Davor standen ihre Piloten verteilt in kleinen Gruppen umher, unterhielten sich oder überprüften ein letztes Mal ihre Maschinen.
„Ich finde wir sollten in Gefechtsformation einspringen“, sagte Steve Torrig, der Kommandant der Abfangjäger.
„Schön und gut“, entgegnete ihm Marcus, „aber dafür brauchen wir zumindest eine vollzählige Staffel.“
„Außerdem erregt es zu viel Aufmerksamkeit“, sagte Chris entschieden, „und wir wollen den Orani ja nicht allzu viele Informationen geben. Wir fliegen wie in der Besprechung festgelegt. Das ermöglicht uns größtmögliche Flexibilität.“
Torrig wollte noch etwas erwidern, aber der charakteristische Pfiff aus der Pfeife des Deckoffiziers nahm ihm die Möglichkeit.
„Achtung!“, rief eine Stimme.
Die Piloten stürmten zu ihren Jägern und nahmen dort Haltung an.
„Admiral an Deck!“
Dann trat Admiral Maynard aus dem Turbolift und trat zwischen die Reihen der Piloten. Er ließ seinen Blick herumgehen und bedachte jeden Piloten mit einem kurzen, anerkennenden Blick.
„Rühren Männer.“
Die Piloten nahmen eine bequemere Haltung ein.
„Ich mag es nicht besonders wenn meine angestammten Piloten sich daran machen mein Schiff zu verlassen, aber in diesem Fall ist es eine Ausnahme. Es gibt einen Ort wo ihr dringender gebraucht werdet als hier. Und deshalb habe ich beschlossen euch nach Thera zu schicken, und nicht unsere Frischlinge. Eure Erfahrung wird euch helfen die Schlacht zu wenden. Die Wichtigkeit dieses Einsatzes kennt ihr selbst am besten, deshalb werde ich da auch nicht mehr groß drauf rumtrampeln. Fällt Thera dann fallen wir auch, halten wir Thera haben wir die Chance zurückzuschlagen. Wir dürfen nicht versagen. Ich weiß das ihr alles tun werdet, euer gesamtes Wissen und euer können einsetzen werdet um die Orani zurückzuschlagen. Wenn ihr siegt haben unsere Leute wieder Hoffnung. Aber bevor ich euch jetzt entlasse habe ich noch etwas zu erledigen.“ Er zog ein kleines Kästchen aus seiner Jackentasche. „Achtung!“
Das stampfen der Pilotenstiefel donnerte durch den Hangar.
„Aufgrund der Tatsache, dass er seit seiner Ankunft bei uns sofort das Kommando über die Jagdstaffel übernommen hat, wegen sehr guter Leistungen im Gefecht und an der Front und der Tatsache das er das in ihn gesetzte Vertrauen mehr als bestätigt hat ernenne ich Ensign Wolfe hiermit zu einem Acting Lieutenant. Gratuliere, unter normalen Umständen dauert das etwas länger. Rühren.“
Maynard schüttelte seine Hand und übergab ihm die Rangabzeichen. Chris spürte wie ihm die Farbe ins Gesicht schoss.
„Danke Sir.“
„Nicht schlecht“, flüsterte ihm Marcus von der Seite zu, „dann kann ich ja jetzt nem Offizier auf die Nerven gehen.“
„Wehe dir“, antwortete er grinsend. „Ich sitz jetzt am längeren Hebel.“
„Mach nur weiter so“, sagte Norham als er die Abzeichen ansah, „dann kannst du bald meinen Posten übernehmen und ich geh in Rente.“
„Nein Danke Sir, dieser fliegende Ziegelstein ist nichts für mich.“
Norham lachte schallend.
„Nun denn“, rief Maynard und alle Blicke waren wieder auf ihn gerichtet. „Ich will sie nicht länger aufhalten. Ich wünsche jedem einzelnen das Soldatenglück das er braucht und den Schutz seiner Elemente. Bemannen sie ihre Jäger. Wegtreten.“
Nicht einmal drei Minuten später dröhnte der Hangar unter dem Lärm der startbereiten Maschinen. Chris schob seinen Galaxy so nah wie möglich an den Admiral heran und salutierte.
Maynard erwiderte seine Geste lächelnd. „Machen sie´s gut, hauen sie denen auf´s Maul und kommen sie alle wieder heil zurück.“
Dann nahm Chris die Hand runter, schob den Schubhebel nach vorn und schoss als erster durch das Magnetfeld des Hangars ins Weltall hinaus. Vor der Whirlwind formierten sie sich zu einem großen Dreieck, wackelten als Salut kurz mit den Flügeln und sprangen dann in den Hyperraum.
„Nur dreißig Maschinen, weniger als ein Drittel unserer Sollstärke“, sagte Maynard halblaut zu sich selbst als die Jäger verschwunden waren. „Nicht viel wenn man die Gesamtstärke der Flotte kennt.“
„Die Jäger sind die Hauptwaffe der Flotte“, antwortete ihm Norham beruhigend. „Ihre Schlagkraft ist weitaus größer als ihre reine Anzahl.“
„Trotzdem sind es nur wenige.“
„Es gibt Legenden wonach nur wenige Jäger ganze Kampfstationen vernichtet haben.“
„Aber nur die Elemente wissen ob sie das Zünglein an der Waage sind.“

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-

Direkt nach dem die Jäger den Hangar verlassen hatten, versammelte Dan Miller seine Kompanie im Besprechungsraum.
„Alles klar“, sagte er als er an das kleine Pult trat, „Solange wir hier festsitzen möchte sich der Admiral ein Bild von der Lage hier in der Gegend machen. Aus diesem Grund werden alle Bodentruppen auf Aufklärungsmissionen zu den nahe gelegenen Planten geschickt.“
Die Augen seine Leute richteten sich auf das Hologramm das neben ihm entstand.
„Das hier ist unser Ziel; Mastoryyl. Das interessanteste an diesem Planten ist das es dort nichts Interessantes gibt. Mastoryyl ist hauptsächlich für seine unabhängigen Bergwerksanlagen bekannt, außerdem gibt’s dort alle möglichen Nebenprodukte, aber das war´s dann auch schon.“
Einer seiner Leute, ein Neuzugang, hob den Arm.
„Ja Stoner, was gibt es?“
Der Mann räusperte sich. „Äh, Sir, zufällig war ich mal eine zeitlang auf diesem Dreckklumpen.“
„Und?“
„Nun ja, die Minen dort rechtfertigen keinesfalls den Einsatz einer ganzen Kompanie. Ich denke es geht eher um das was nicht so bekannt ist.“
„Und das wäre?“
„Die Raumkontrollstation auf dem Gebirgsrücken zum Beispiel. Sie überwacht nahezu den gesamten Sektor. Es gibt einen Zugang auf der Seite wo die Siedlung liegt, und noch einen Wartungszugang auf der Rückseite. Aber der ist zu steil für uns, dort kommt man nur mit einem Repulsorgleiter hin.“
„Sehr gut Stoner“, sagte Dan nickend. „Diese Anlage ist unser genaues Ziel. Wir überprüfen ob sie noch einsatzfähig ist und wenn ja wie wir sie nutzen können. Ganz nebenbei nehmen wir natürlich auch noch alles mit was wir in die Finger kriegen können. Die Nachschubbeschaffung hat immer noch höchste Priorität. Noch irgendwelche Fragen?“
Niemand sagte etwas.
„Gut, dann sehen wir uns mit voller Ausrüstung in fünfzehn Minuten bei den Transportern.“
Bolton hob die Hand. „Tschuldigung, hab nen Nachbrenner. Kriegen wir keine Eskorte?“
„Diesmal nicht, der Admiral will sie in der Nähe haben und nicht quer durch den Sektor verstreut. Wir sind auf uns gestellt. Wegtreten.“

Genau eine viertel Sunde später schoben sich die beiden Transporter aus dem oberen Hangar der Whirlwind und sprangen in die Lichtgeschwindigkeit. Mastoryyl war nur ein paar Lichtjahre entfernt und daher dauerte der Flug nicht allzu lange. Die Männer nutzten die Zeit indem sie noch einmal ihre Waffen reinigten, die Ausrüstung überprüften oder einfach schliefen. Kurz bevor Dan selbst ein paar Minuten schlief drängte er sich zu Stoner durch.
„Sie scheinen sich ja recht gut fort auszukennen. Diese Station ist nicht allgemein bekannt. Woher wissen sie davon?“
Stoner zuckte mit den Achseln als er ihn ansah. „Hab da früher mal gearbeitet, Sir.“
„In der Station“, fragte Dan Stirn runzelnd.
„Ja, ich war da Flugkontrolleur.“
„Und was machen sie dann hier bei uns?“
„Ich denk mal das ist die Logik der Armee“, antwortete er grinsend. „Sie wissen doch, Köche werden Mechaniker und Mechaniker zu Köchen. Ich hab mich nicht darum gerissen wissen Sie.“
„Ist trotzdem gut sie dabeizuhaben“, sagte Dan und notierte sich Stoner in seinem Hirn. Er hatte nichts gegen ihn, nur gab es wahrscheinlich ein paar sinnvollere Funktionen für ihn als bloß Infanterist zu sein.

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System: Thera
Planet: Thera
Heimatwelt der Theraner

23. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Mit brüllenden Triebwerken fielen die Jäger der Whirlwind aus dem Hyperraum. Chris überprüfte seine Sensoren, zufrieden stellte er fest das er genau da war wo er hinwollte.
„Sechs für eins. Gut gemacht, viel näher geht´s wirklich nicht“, lobte er den Navigator der Staffel. Dann sah er wieder nach vorn. Direkt vor ihm füllte Thera bereits die Hälfte seiner Cockpitscheibe. Und obwohl er hier aufgewachsen war und diesen Blick schon einige Male genossen hatte beeindruckte es ihn immer wieder. Der Planet war überzogen von dichtem, grünen Wald und weiten Ebenen. Gelegentlich erhoben sich grauweiße Berge und Hügel und teilten das Land in verschiedene Regionen. Tiefblaue Ozeane umgaben die sechs Kontinente und bildeten einen scharfen Kontrast dazu. Die Städte, die meistens als Freihandelszonen dienten hoben sich durch ihr silbriges weiß und ihre klaren Konturen deutlich von der Landschaft ab. Vereinzelt führten Landverbindungen von Stadt zu Stadt. Obwohl dieser Planet die Heimat seines Volkes war Thera vergleichsweise dünn besiedelt, nur etwa ein Sechstel aller Theraner lebte auf dem Planeten. Deshalb gab es keinen Grund den ganzen Planeten zu nutzen. Vervollständigt wurde das Bild durch einen kleinen blaugrauen Mond der still seine Bahnen zog.
Umgeben war Thera mit einem Netz von Navigationsbojen zur Verkehrsleitung, Nachrichtentranspondern, die die Ankömmlinge über das Informierten was sie erwartete und Verteidigungssatelliten die für die Sicherheit sorgten.
Aber jetzt gab es noch mehr. Früher hatte sich immer mindestens eine Flotte der Schutztruppen, der theranischen Militärpolizei, im Orbit des Planeten befunden um den gewaltigen Fracht- und Zivilverkehr zu überwachen. Und um hin und wieder ein paar Schmuggler und Schieber aufzubringen die ihre Geschäfte zu Offensichtlich oder in zu großem Umfang führten als das sie noch ein Auge zudrücken konnten.
Jetzt gab es keinen Frachtverkehr mehr. Stattdessen bildeten drei komplette Träger- und drei weitere Schlachtflotten einen dichten Verteidigungsschirm. Hinzu kamen die Reste einiger anderer Verbände und viele zusätzliche Jäger.
Und sie alle feuerten.
Sie feuerten auf eine Wand aus Oranischen Schlachtschiffen, Kreuzern, Fregatten und Korvetten die so dicht war das Chris Mühe hatte die dahinter liegenden Sterne zu erkennen. Zwischen den beiden Seiten flitzten unzählige kleine Jäger umher die in einem tödlichen Tanz und mit verbissener Härte um die Oberhand rangen. Kleine Explosionen zeigten an das ein weiterer Pilot sein Spiel verloren hatte. Rote, grüne, blaue und orangerote Strahlen zuckten aus den Geschützen der Schiffe. Meterdicke Säulen purer Vernichtung die einen kleinen Jäger mit einem einzigen Treffer in einen Haufen zerfallender Atome verwandeln konnten, bei den gewaltigen Großkampfschiffen aber nur ein fahlblaues aufglühen der Schilde erreichten die unter der zu absorbierenden Energiemenge Höchstleistungen verrichteten. Für die ersten Schiffe der Orani, die kleinen Korvetten, war das Feuer bereits viel zu heftig. Ihre Schilde brachen zusammen und die nachfolgenden Treffer bohrten sich tief in ihre Rümpfe und rissen ganze Stücke aus der Hülle.
Nach einigen langen Sekunden des Staunens bemerkte Chris schließlich das rote Blinken seines Funkgerätes und öffnete einen Kanal.
„Neu eingetroffene Jäger für Zentrale Jägerleitung. Identifizieren sie sich“, rief ihm eine schnarrende Stimme zu.
„Hier Lieutenant Wolfe von der sechsten Flotte. Wir kommen mit allen verfügbaren Maschinen der Whirlwind um sie bei der Verteidigung zu unterstützen.“
„Und dann kommen sie mit ganzen dreißig Jägern? Nicht gerade viel wenn sich mal umsehen.“
„Das ist alles was die Whirlwind noch aufbieten kann. Die sind selber froh dass sie noch am Leben sind. Und es ist auf jeden Fall besser als gar nichts. Also, wo können wir ihnen helfen?“
„Whirlwind Jägergruppe, sie haben Landeerlaubnis in Hangar sieben-zwo auf der Verteidiger-Station.“
Diese kreuzförmige Orbitalstation stellte das Zentrum der theranischen Verteidigung dar. Auf ihr befanden sich das Oberkommando der Flotte und die Räume des Kriegsministers.
„Dort wird man ihre Einsatzfähigkeit überprüfen und sie anschließend ihren Staffeln zuteil…“
„Hier Jägerleitung Trägerschiff Crusader, ich rufe die Jäger der Whirlwind“, meldete sich eine neue Stimme.
„Wolfe hier.“
„Vergessen sie ihren letzten Befehl, der Papierkram hat Zeit bis nachher. Ich transferiere ihnen bereits einen Anflugvektor, wir könnten sie gut an unserer rechten Flanke gebrauchen. Wäre schön wenn sie sich um diese Abfangjäger und die Kreuzer dort kümmern könnten.“
Die KI pfiff kurz als sie die Daten empfing. Auf Chris´ Sensoren tauchte eine grün gestrichelte Linie auf die ihn zu seinem geplanten Einsatzort führen würde. Er leitete sie an die anderen Piloten weiter.
„Sind schon auf dem Weg Sir“, antwortete er dem Träger.
„Captain!“ protestierte die andere Stimme empört. „Das entspricht nicht den Vorschriften.“
„Können ihre Vorschriften diese Orani vertreiben? Oder haben sie vor sie mit ihren Paragrafen zu Tode zu reiten? Verstecken sie sich nur ruhig weiter unter ihrem Schreibtisch, aber lassen sie uns hier unsere Arbeit machen.“ Das Gespräch endete mit einem barschen knacken.
Chris führte die Jäger in einem weiten Bogen an die Gefechtszone heran. Vor sich konnte er ein heftiges Gefecht zwischen einer Schwadron Javelins und einer Starcat Staffel erkennen. Dahinter lauerten die schweren Nemesis Kreuzer und feuerten auf lange Distanz auf die Crusader.
„Jäger aufgepasst. Wir helfen den Abfangjägern dort und schlagen ein Loch in den Jägerschirm. Die Starcats brechen mit den Raidern durch und kümmern sich dann um diese Kreuzer.“
„Verstanden.“
„Bestätige.“
Mit einem Daumenklick am Steuerknüppel nahm er den ersten Javelin ins Visier. Auf seinem Hauptmonitor erschienen verschiedene Informationen über den Jäger, darunter auch die immer geringer werdende Entfernung. Bei zweieinhalb Klicks begann seine KI zu laut zu tröten. Sekundenbruchteile später drückte er den Feuerknopf tief in die Verschalung. Aus seinen Schnellfeuerlasern zuckte ein blitzschneller Strom Orangen Lichts und traf seinen Feind mit voller Wucht. Der Javelin explodierte in einem Feuerball. Rings um ihn herum traf andere Orani das gleiche Schicksal als die anderen ebenfalls feuerten. Ein Jäger nach dem anderen verging in einer leuchtenden Wolke.
„Galaxys, Formation auflösen, paarweise angreifen“, befahl Chris und zog seinen Jäger in eine enge Kurve. Marcus folgte ihm nur ein paar Meter neben ihm. Ein Gewitter aus roten Plasmageschossen ging auf die beiden nieder als sie Frontal durch eine Rotte angreifenden Arrows pflügten. Beinahetreffer brachten das Schiff zum beben, aber die Schilde hielten stand. Für drei Arrows galt das nicht, sie vergingen als heiße Gaswolken und waren nicht mehr im Spiel. Dann wendete er und überließ Marcus die Führung. Eine schnelle Salve, die rechts an dem Javelin vorbeischoss brachte den Piloten dazu nach links auszubrechen. Drei Feuerstösse aus Marcus´ Kanonen verwandelten sein Ziel in einen Schlackehaufen. Von hinten zuckten erneut rote Strahlen an ihnen vorbei.
„Hinter uns“, rief Marcus.
Mit einer Rolle setzte Chris über Marcus´ Jäger hinweg und tauchten in einer engen Linkskurve ab. Am Scheitelpunkt nahm er den Schub fast völlig zurück so dass der Galaxy fast auf der Stelle herumschwang. Er gab wieder Vollgas, und kurz darauf kreuzte der Orani seine Flugbahn und er feuerte. Der Javelin wurde von einer kompletten Breitseite getroffen und trudelte unkontrolliert ab als eines seiner Triebwerke explodierte während das andere weiterhin Schub produzierte.
Über ihm erhellte eine gewaltige Detonation das All. Der Angriffsflug der Raiders war ein Erfolg gewesen. Ihr Ziel, ein Nemesis Kreuzer, trieb brennend und in zwei Teile gebrochen durchs All. Flammen leckten aus unzähligen Löchern und verbrauchten den verbliebenen Sauerstoff.
„Ich hab Gesellschaft“, meldete sich eine neue Stimme flehend. „Kann ihn nicht abschütteln.“
„Wer und wo“, wollte Marcus wissen, aber Chris hatte ihn bereits ausgemacht und steuerte auf den verfolgten Jäger zu.“
„Shark acht, bei der Fregatte.“
„Durchhalten, bin gleich da.“
Nach einem langen Bogen hatte er den Orani genau im Fadenkreuz. Die KI piepste und er feuerte, aber der Jäger kippte zur Seite und der Schuss ging in Leere. Er korrigierte sofort und schoss erneut, doch der Arrow wich erneut aus und blieb seinerseits Shark acht auf den Fersen. Eine dritte Salve verfehlte den Jäger ebenfalls.
„Willst du wohl“, presste Chris wütend hervor und griff fester nach dem Steuerknüppel. Er versetzte seinen Galaxy in eine Rollenbewegung und belegte dann das gesamte All vor seinem Ziel mit Laserfeuer. Ein Teil der Schüsse traf den Arrow und brachte ihn zum zittern. Dann verloschen sämtliche Lichter und der Jäger trieb in einem Bogen aus dem Schlachtfeld.
„Problem gelöst“, meldete Chris.
Shark acht wackelte kurz mit den Flügeln und kippte dann seitlich ab. „Danke euch Frisch…“ Er kam nicht dazu den Satz zu beenden. Ein Plasmastrahl durchschnitt seine Flugbahn und verwandelte Pilot und Maschine in Atomstaub. Chris sah zum Ausgangspunkt des Strahls hinüber. Eine oranische Fregatte, brennend und mit tiefen Einschlägen übersäht, feuerte wild auf jedes sich bietende Ziel. Doch nach einer weitern Salve begann das Schiff durchzusacken und zu rotieren. Nach einigen kleinen Explosionen war klar dass es den Kampf endgültig verloren hatte.
„Hey“, rief jemand und brachte Chris dazu seine Gedanken von dem sterbenden Schiff abzuwenden.
„Die Orani! Sie hauen ab.“ Chris sah auf seine Sensoren. Tatsächlich hatten die Oranischen Schiffe kehrt gemacht. Das Tempo ihres Rückzugs nahm rasant zu und nach wenigen Sekunden sprangen sie in die Lichtgeschwindigkeit. Zurück blieben die erschöpften Verteidiger, froh darüber den Angriff lebend überstanden zu haben.
„War´s das schon?“ fragte jemand über Funk.
„Bei weitem nicht“, antwortete eine ruhige, dominante Stimme. „Das war gerade erst der Anfang. In Ordnung, die Centurion übernimmt die Wache, alle anderen Jäger kehren zurück zu ihren Schiffen.“
Chris wollte gerade ihren Landeplatz erfragen als die Crusader ihm zuvor kam. „Whirlwind Gruppe, hier Jägerleitung Crusader. Willkommen an Bord, sie haben Landeerlaubnis auf dem Hauptdeck.“
Die Crusader befand sich ein paar Klicks entfernt in der Mitte ihrer Formation.
„Ihr habt´s gehört. Formiert euch und folgt mir. Wir gehen runter.“
Noch während die Bestätigungen zurückkamen zog er den Galaxy in einer langen Kurve herum und steuerte auf den Hangar des riesigen Trägers zu.

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Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:46

System: Thera
Planet: Taras

24. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Captain Jinthsa betrat das dunkle Admiralsquartier. Wie er erwartet hatte fand er den Admiral dort vor, doch der war tief in eine Projektion versunken die hoch über seiner Konsole schwebte. Ein gewaltiges Schiff, größer und breiter als zwei Naginata Schlachtschiffe und dunkelgrün lackiert, rotierte in der Luft. Gelegentlich nahm der Admiral einen Teil des Schiffes genauer in Augenschein indem er mit der Hand näher zu sich heran zog und so vergrößerte. Er nickte ein paar Mal zufrieden als er einige kritische Stellen überprüfte und nahm sich dann die nächste Sektion vor. Außer der Projektion gab es keine weiteren Lichtquellen im Raum, sogar einige der Bildschirme an der Konsole waren dunkel. Jinthsa ertappte sich dabei wie er die hypnotischen Bewegungen des Admirals fasziniert verfolgte. Er stand einfach nur da und starrte still auf die holographische Projektion.
„Kommen sie ruhig herein“, sagte der Admiral schließlich und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
Jinthsa hatte eigentlich erwartet den Admiral zu überraschen, aber nun war es der leicht zusammenzuckte. Irgendwie schaffte er es immer ihm einen Schritt voraus zu sein. Schließlich kam Jinthsa näher und übergab Viljhe sein Pad.
„Es ist ein Bericht über ihr zweites Projekt. Das Team meldet das sie das benötigte Material beschafft haben, aber größere Probleme als erwartet bei der technischen Adaption haben.“
„Wird uns das viel Zeit kosten?“ fragte Viljhe als er den Bericht durchlas.
„Das können sie noch nicht sagen, aber ich habe ihnen mitgeteilt dass eine schnelle Lösung im Sinne aller, insbesondere ihrer, wäre.“
„Gut gemacht“, sagte der Admiral nickend. „Damit haben wir ein zweites Standbein, falls sich unser guter Doktor als Fehlplanung erweisen sollte.“
Viljhe drückte eine Taste und das Hologramm änderte sich. Das Schiff verschwand und wich einer Karte des Systems. Dann wandte er sich wieder dem Captain zu.
„Sind unsere Schiffe bereits wieder zurückgekehrt?“
Jinthsa war erneut ein wenig überrascht, reagierte aber schnell. „Ja Sir. Sie sind vor wenigen Minuten zurückgekommen.“
„Wie ist ihr Status?“
„Sie haben ihren Angriff durchgeführt bis ihre Verluste den Vorhersagen entsprachen. Danach haben sie sich zurückgezogen. Sie haben keinerlei Auswirkungen auf die dortigen Verteidiger.“
„Vielleicht noch nicht“, unterbrach ihn Viljhe und hob den Zeigefinger. „Aber früher oder später werden sie die Auswirkungen zu spüren bekommen. Ihre Schiffe werden abnutzen, Treibstoff, Munition, Lebensmittel, neues Personal, alles müssen sie durch bereits von uns kontrollierte Sektoren heranbringen. Ihre Verluste werden hoch sein.“
„Ein Abnutzungsgefecht“ stellte Jinthsa halb fragend fest.
„Nein, die Theraner sind bessere Kämpfer als wir und halten länger durch. Aber wenn wir ihnen zu viele Orte geben an denen sie gleichzeitig kämpfen müssen werden sie mit ihren schwindenden Ressourcen kaum noch agieren können. Dann bleibt ihnen nur noch die Möglichkeit ihre Reihen auf zu lockern um ihr Gebiet zu halten. In dem Moment sind sie schwach, und genau dann werden wir zuschlagen. Von heute an denke ich dass es keine zwei Wochen dauern wird.“ Der Admiral sah ihn an. „Befehl an alle Flotten:“
Jinthsa griff nach dem Pad.
„Weiter vorrücken und Feind vernichten, besonderes Augenmerk gilt den Nachschubkonvois. Diese sind wo immer möglich zu zerstören.“
Jinthsa nickte als er die Befehle notierte.
Viljhe beugte sich vor und legte die Fingerspitzen aneinander. „Die Theraner werden ihre Heimat um alles in der Welt verteidigen. Und das wird ihnen das Rückgrat brechen.“

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An Bord der Crusader führte sie Captain Whiley in den Besprechungsraum. Der hoch gewachsene, schwarzhaarige Mann bedeutete ihnen Platz zu nehmen während er an der Pult trat. Neben ihm und den neuen Piloten waren noch die anderen Staffelführer vor Ort.
„Willkommen bei der ersten Flotte“, begann Whiley. „Der kleine Disput vorhin, mit der Station, tut mir leid. Wir kämpfen hier gerade an zwei Fronten; einmal gegen die Orani, die sie ja schon kennen gelernt haben, und noch gegen die Schreibtischtäter da drüben auf der Verteidigerstation. Aber leider führt kein Weg um die herum, deshalb finden sie auf ihren Plätzen Datacards mit viel zu vielen unnötigen Formularen. Füllen sie sie aus wenn sie Zeit haben, bis dahin hab Ich beim Stab auf Durchzug geschaltet. Dann möchte ich ihnen zunächst danken. Ihre Unterstützung in dieser Schlacht ist wirklich hilfreich. Das sie diese Kreuzer ohne größere Schäden zerstört haben war viel Wert. Die Orani bieten eine Menge auf, und je mehr wir ihnen entgegenhalten können umso besser. Jetzt zu ihnen. Sie sind und sie bleiben vorerst hier an Bord. Sie werden zu keiner anderen Flotte versetzt; stattdessen werden wir sie auf die an Bord befindlichen Staffeln aufteilen um die Verluste auszugleichen. Also gut, Jägerpiloten“, er wies auf den ganz links sitzenden Mann der auf seinem Stuhl herum lümmelte. „Das ist Captain Clarke Parker. Er ist Kommandant der Green Sharks, der ersten Theranischen Jagdstaffel. Wolfe, sie sind Nummer acht, Cole elf, Bradey, zwölf, Gerland vierzehn und McLain die siebzehn. Die anderen verstärken die Aufklärungsstaffel.“
Ohne sie anzusehen wandte sich Parker an Whiley. „Ich will sie nicht!“
„Was sagst du?“
„Ich sagte dass ich sie nicht will. Ich suche mir meine Leute aus, man teilt sie mir nicht zu“, sagte er gelangweilt. „Das sind Frischlinge, die haben nix drauf und machen nur Ärger. Gib sie irgendwem anderes. Ich arbeite nur mit Profis.“
„Hör zu“, antwortete Whiley wütend, „Du hast bei denen da drüben auf der Station wegen irgend einer Schwachsinnsaktion vor Ewigkeiten nen Stein im Brett.“
Parker grinste dümmlich. „Du meinst wie ich allein den Piratenkreuzer erledigt habe? Und die zwei Jägergruppen?“
„Du ziehst dich jedes Mal daran hoch. Aber die Tour ist jetzt vorbei. Diese Frischlinge, wie du sie nennst, haben in diesem Krieg schon weitaus mehr geleistet als du. Sie haben in zwei Wochen mehr Einsätze, mehr Abschüsse und mehr Flugstunden als du in deinen besten Zeiten vorzuweisen. Und die sind lange her. Also schlage ich vor das du diese alten Hasen sinnvoll in deiner Truppe unterbringst. Und wenn du das nächste Mal was zu meckern hast, schlag ich vor das wir das unter uns klären und nicht vor versammelter Mannschaft.“
„Ist ja gut, ist ja gut“, sagte Parker genervt und stand lustlos auf. „Also los, kommt mit Frischlinge“, forderte er die Piloten auf die sich unschlüssig ansahen.
Parker führte sie durch die Gänge zum Aufenthaltsraum der Piloten. Fast unbewusst bemerkte Chris dass es in dem kleinen Saal merklich ruhiger wurde als sie eintraten. Die Augen der Anwesenden richteten sich auf sie.
„Alles herhören“, rief Parker barsch und die Piloten verstummten. „Ich hab hier ein paar Frischlinge mitgebracht; sie werden die von uns ersetzen die dumm genug waren um sich abschießen zu lassen. Whiley hat sie uns zugeteilt, das heißt sie sind nicht unbedingt auf unserem Leistungsstandart. Aber ich denke es sollte reichen um uns ein paar Orani vor die Kanonen zu treiben.“
Chris spürte wie er rot anlief. Der Ton und die Bemerkungen Parkers, der sie alle einfach als unfähig abstempelte, ließ Wut in ihm hochkommen. Ein kurzer Blick in die Runde zeigte ihm dass die anderen sch genauso fühlten. Als Parker ihre Namen und Nummern vorlas und sie sich begrüßten fühlte Chris bei den Shark Piloten dass sie ihnen teilweise Misstrauten. Ihre Blicke reichten von absoluter Langeweile bis hin zu jenen abschätzigen Blicken mit denen auch Parker sie bedachte. Nur ein Pilot grinste übers ganze Gesicht.
„Na ihr zwei!“
„Tessa“, rief Marcus überrascht als er die Stimme erkannte.
„Ja, Ich bin´s“, sagte sie lächelnd. „Man hört ja ganz schön wilde Geschichten über euch.“
„Aber er offensichtlich nicht“, antwortete Marcus und wies mit dem Kopf in Parker´s Richtung.“
Tessa drückte ihre Hand auf seinen Arm und senkte ihre Stimme. „Nicht hier.“ Dann wandte sie sich zu Parker um. „Sir, ich bring die beiden in ihr Quartier.“
Der Captain nickte nur gelangweilt. „Ist gut Miles. Aber die Uniform bleibt an.“
Tessa zog eine fiese Grimasse in seine Richtung während sie mit Chris und Marcus den Raum verließ.
„Also wie war´s für euch?“ fragte sie neugierig als sie im Korridor waren. „Stimmt das was man so von euch hört?“
„Was hört man denn?“ fragte Chris zurück.
„So dies und das“, sagte sie. „Das ihr euch bislang am besten geschlagen habt; und das ihr einige Orani ganz böse erwischt habt. Sonst wär Chris wohl kaum schon befördert worden.“
„Och, im großen und ganzen schon“, untertrieb Marcus.
„Nur scheint dein, äh, unser Staffelführer davon rein gar nichts mitbekommen zu haben“, fuhr Chris fort.
Tessa öffnete ihren Haarknoten und sah zu Boden. „Ach der“, druckste sie herum. „Er hat militärisch echt was drauf; ohne ihn wären wir wahrscheinlich viel schlimmer dran. Aber als Theraner ist er einfach ein Arsch. Tschuldigung.“ Sie zuckte mit den Schultern, legte den Kopf in den Nacken und sah zur Decke. „Er bildet sich ein ein gewisses Niveau zu haben, und so behandelt er die Leute auch. Da ist ihm irgendwas in seiner Vergangenheit zu Kopf gestiegen. Und irgendjemand lässt ihm das durchgehen. Solche Kommentare oder auch Befehle sind normal, gewöhnt euch dran. Er kennt euch nicht, deshalb vertraut er euch nicht. Und Vertrauen ist etwas ganz wichtiges für ihn. Aber wie gesagt, er ist ein exzellenter Pilot.“
„Na toll“, entfuhr es Marcus. Dann sah er Chris an. „Du solltest dich doch wohl hier wohl fühlen.“
Chris sah ihn irritiert und mit verengten Augen an.
„Du wolltest ja immer hier her“, sagte Marcus mit gespieltem Jammern. „Ja, du solltest sogar hier her. Das war dein Schicksal. Ich bedaure nur dass dir durch die Zeit bei meinen Leuten all dieses Niveau wohl vollkommen und für immer verloren gegangen ist. Und schon ist´s vorbei mit dem Traum vom Staffelkommandanten.“ Er grinste fies.
„So, hier sind wir“, unterbrach Tessa die beiden und öffnete die Tür. „Ich muss wieder los, mein Jäger ist in der Instandsetzung und die Jungs können jede Hilfe brauchen.“ Sie verabschiedete sich und verschwand dann in den nächsten Lift.

Die beiden betraten ihr Quartier. Das kleine Modul war fünf Meter lang und zwei breit. Die Einrichtung bestand aus zwei Wandschränken und zwei übereinander liegenden Kojen an deren Kopfende sich kleine Computerterminals befanden, sowie einen festen Tisch mit zwei Stühlen. Am hinteren Ende führte eine Tür in den Waschraum den sie sich mit dem Quartier auf der anderen Seite teilten. Marcus wuchtete gerade den Seesack mit seiner Infanterieausrüstung in den Spind, wobei er sich wieder einmal fragte wozu er sie brauchte, als eine kleine Datacard aus dem Sack fiel.
„Was ist denn das?“ fragte Chris.
Marcus kratzte sich am Hinterkopf und zog die Augenbrauen zusammen. „Keine Ahnung wo die herkommt.“ Dann riss er den Kopf hoch. „Halt, doch, jetzt weiß ich´s wieder. Bevor wir zu dem Depot geflogen sind hat irgendwer was von Post gelabert. Ich hab das Ding einfach nur schnell eingesteckt, und dann hab ich´s wohl vergessen. Aber das kann ich ja jetzt nachholen.“ Er nahm die Datacard und schob sie in den Schlitz des Computers. Sofort öffnete sich eine Videobotschaft. Ein hoch gewachsener Mann, der den gleichen Körperbau wie Marcus besaß und eine kleine, etwas kompaktere Frau erschienen auf dem Bild. Während er still blieb fing sie mit hoher Stimme zu reden an.
„Ich warte so lange draußen“, sagte Chris und schloss die Tür hinter sich.
„Hallo Junge“, sagte seine Mutter. „Eigentlich wollten wir dir ja zu deiner bestandenen Pilotenprüfung gratulieren.“
„Gale, das können wir doch wohl so oder so“, unterbrach sie sein Vater.
„Jedenfalls, wir hatten eigentlich vor hier bei uns eine nette Feier zu veranstalten wenn du im Urlaub heimgekommen wärst. Aber jetzt, mit dem Krieg und all dem“, sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß ja nicht mal wo du jetzt genau steckst, und ob es dir gut geht. Wir haben schon so viel gehört, vor allem schlechte Sachen. Wenn du was brauchst, sag bitte Bescheid; und melde dich. Bitte.“
Jetzt meldete sich sein Vater zu Wort: „Ich hab dir noch ein paar Bilder geschickt die dich sicher interessieren werden. Tommy bei seinen ersten Flugstunden. Er macht das schon ganz gut, beinahe so wie du damals. Ich denke, er wird später auch den Weg in die Staffel schaffen. Ansonsten gibt’s hier nicht viel Neues; wir machen große Fortschritte bei unserem neuen Projekt. Vielleicht kommst du ja mal in den Genuss es dir anzusehen. Bis dahin halt die Ohren steif, und denk immer an das was du bei uns gelernt hast. Und meld dich bitte bald, deine Mutter macht sich langsam echte Sorgen, und du weißt wie sie dann wird.“ Beim letzten Satz hatte sein Vater ein fieses Grinsen aufgesetzt was seine Mutter dazu brachte ihm mit der flachen Hand auf den Oberarm zu schlagen. „Meld dich bitte“, riefen beide noch ein letztes Mal, dann endete die Aufzeichnung. Danach folgten noch ein paar Bilder seines jüngeren Bruders, wie er seine ersten Flugversuche in einem alten Atmosphärengleiter unternahm. Er lächelte kurz. Tommy war vier Jahre jünger als er, flog er wirklich schon so lange? Kurz spielte er mit dem Gedanken die Nachricht sofort zu beantworten, ließ es dann aber doch sein. Er mochte so etwas nicht besonders, er würde es tun wenn er Zeit hatte; beim Flug im Hyperraum zum Beispiel.
Hinter ihm ging die Tür wieder auf. Chris kam mit zwei vollen Bechern zurück. Einen hielt er ihm hin.
„Hab ich in der Messe besorgt“, sagte er. Dann sah er auf die Bilder. „Haben sie dir Bilder aus deiner Vergangenheit geschickt.“
„Ach nein, das ist mein Bruder. Der fängt jetzt auch schon mit der Fliegerei an, und wenn der Krieg noch länger dauert nimmt er mir wahrscheinlich noch meine Stelle weg.“
„Was für ne Stelle?“
„Siehst du die Uniform die er trägt? Das ist die Firmenkleidung der Aldus Spaceworks. Bevor ich zum Dienstjahr angetreten bin hatte ich schon eine Pilotenstelle bei der Werkschutzstaffel. Alles was mir noch dafür fehlte war das abgeschlossene Dienstjahr.“
„Aldus?“ überlegte Chris kurz. „Die bauen doch den Galaxy. Ziemlich großer Verein, und in der Firma hast du nen Job?“
„Meine Eltern arbeiten da als Ingenieure. Ein Teil der Schiffsverbesserungen der letzten Jahre gehen auf sie zurück. Schon als kleiner Junge hab Ich dort Jäger bewegt.“ Er zog eine Grimasse. „Und jetzt hock ich hier“, sagte er enttäuscht. „Ich hätte nen Spitzenjob haben können, aber Nein, ein paar blöde Orani müssen mir ja wieder einen Strich durch die Rechnung machen.“ Er wandte sich zu ihm um. „Hast du eigentlich nichts bekommen.“
„Wir schicken uns nur kurze Nachrichten; wir sind recht unabhängig voneinander. Raumpiloten eben. Wir laufen uns wahrscheinlicher irgendwo im All über den Weg als das wir uns für ne Videokonferenz treffen. Ich hab ihnen ein paar kleine Nachrichten geschickt, das reicht ihnen völlig.“
Noch bevor er weiter reden konnte begannen rote Lampen rhythmisch zu blinken. Im gleichen Takt blökte ein Hupton.
„Na toll, Alarm“, zischte Marcus.
Die beiden warfen ihre Becher in den Müll und stürmten zum Besprechungsraum hinaus.

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System: Masto
Planet: Mastoryyl

26. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

In perfekter Formation traten die beiden Transporter in die Atmosphäre Mastoryyls ein. Sie durchstießen die oberen Schichten und gingen einige Kilometer über dem Boden in die waagerechte über. Starke Winde pfiffen an den beiden Schiffen vorbei und dichte, graue Wolkenbänder verwehrten ihnen die Sicht auf ihr Ziel. Die Piloten ließen die Schiffe ein wenig sinken und sofort wurde die Sicht klar. Nordwestlich von ihnen konnten sie bereits die hohen, rötlichgrauen Bergrücken ausmachen. Ihr Kurs führte sie an einigen der höheren und steileren Berge vorbei und endete schließlich in einem hochgelegenen Talkessel. Etwa die Hälfte des Talbodens wurde von einem gewaltigen, etwa zwei Kilometer durchmessenden Loch beansprucht. Die andere Hälfte nahmen niedrige Wohngebäude sowie Lagerhäuser und Verladeanlagen in Anspruch. Dort wo die Hänge steil in die Höhe ragten befanden sich außerdem noch unzählige Stolleneingänge.
„Da unten“, wies Dan die Piloten des Transporters an und zeigte auf eine freie Fläche neben einem Lagerhaus. „Da gehen wir runter. Schon was Besonderes entdeckt?“
„Nein, Sir. Es fliegt nur eine Menge Staub und Rauch hier rum. Viel mehr als sie sehen wir auch nicht. Auch die Sensoren sind ruhig. Allerdings hat niemand auf unser Transpondersignal geantwortet, aber auf so einer abgelegenen Welt ist das wohl normal.“
Dan verließ das Cockpit und ging zurück in den Laderaum wo sich seine Leute fertigmachten. Sie waren bereit, aber ihre Gesichtsausdrücke waren größtenteils skeptisch. Mit einem kurzen Rucken setzte der Transporter auf. Die Rampe senkte sich quietschend. Noch bevor sie ganz auf dem Boden landete stürmten die ersten Soldaten heraus und sicherten das Landefeld. Als Dan hinaustrat wurde er sofort von einer der scharfen Böen erfasst. Feinster Staub wurde ihm entgegen geweht und setzte sich sofort in den Ritzen seines Kampfanzuges fest. Er schloss vorsichtshalber alle Kupplungen an Hand und Fußgelenken sowie am Hals. Er hatte keine Lust sich den ganzen Anzug mit diesem Zeug einzusauen wo er sich dann an den unmöglichsten Stellen festsetzen und kratzen würde. Nur wenige Meter weiter landete fauchend der zweite Transporter. Nachdem auch dessen Soldaten abgesessen hatten begannen sie langsam vorzurücken.
„Bolton, du nimmst dir deine Leute und siehst dich hier mal um“, befahl Dan. „Überprüf auch die Lagerhäuser und Anlagen. Stoner, sie führen uns zu dieser Kontrollstation.“
„Ja Sir“, antwortete Bolton nickend und verschwand mit seinem Trupp zwischen den niedrigen Gebäuden. Die meisten waren halb in der Erde vergraben und besaßen kuppelförmige oder bogenähnliche Dächer um dem Wind weniger Angriffsfläche zu bieten. Und die meisten Häuser rauchten. Aus Fenstern, Türen und aufgesprengten Wänden zogen feine Rauchfahnen und wurden sofort weggeweht.
„Ich hab da ein ungutes Gefühl“, sagte Bolton halblaut zu seinen Leuten mit die sich vorsichtig auf das erste rauchende Haus zuschoben. Die Tür war verbeult und glitt nicht zur Seite, also trat er sie einfach ein. Sie schlug krachend auf dem Boden auf und offenbarte das komplette Chaos. Die Einrichtung war zerschlagen und angebrannt, die Wände geschwärzt und die Scheiben gesplittert. Dazwischen lagen vier wage Humanoid aussehende Gestalten, genauso zugerichtet wie der Rest des Hauses.
Er schaffte es gerade noch sich den Helm vom Kopf zu reißen bevor sein Magen revoltierte und er sich übergab.
„Plasmagranate, direkter Einschlag“, sagte er zu den anderen als er sich wieder halbwegs gefangen hatte. „Durchsucht die anderen Häuser. Jedes einzelne. Geht aber niemals alleine. Notiert euch die Hausnummer und die Anzahl der Personen darin. Und wenn ihr was Brauchbares findet, nehmt es mit. Die Orani waren bereits hier, und sie haben ganze Arbeit geleistet. Wir müssen jetzt hier aufräumen und dafür Sorgen das nicht noch mal soweit kommt.“
Seine Leute nickten und schwärmten aus. Haus um Haus der kleinen Siedlung wurde durchsucht. Die Ausbeute war mager. Außer ein paar veralteten TAT-31 Sturmgewehren, dem Vorgänger des aktuellen AR3D Modells, ein paar Ersatzteilen und etwas Proviant gab es nichts Brauchbares. Das einzige was es im Überfluss gab waren Tote.
„Wir haben insgesamt über fünfhundert gezählt“, berichtete Lewis. Mehr als die Hälfte sind Theraner, aber der Rest ist ein Gemisch aus einundzwanzig Rassen. Nirelianer, Dorsen, Angerianer, Felora, sogar ein paar Binuros und jede Menge andere.“
„Wofür brauchen die hier kleinwüchsige Pelzknäuel?“ fragte jemand.
„Wahrscheinlich setzen sie die ganz vorn in den Stollen ein, wo es für größere Wesen zu niedrig ist“, antwortete Bolton. Ihm war immer noch kotzübel, und jetzt, wo das ganze Ausmaß erkenntlich wurde fühlte er sich noch schlechter. Nicht wegen der vielen Toten, davon hatte er trotz seiner Jugend schon genug gesehen; sondern einfach wegen ihrer Hilflosigkeit. Die Orani machten sich nahezu ohne Gegenwehr in ihrem Territorium breit und hinterließen jede Welt die sie antrafen als Massengrab. Und die einzigen die etwas dagegen tun konnten waren auf einen Bruchteil ihrer Stärke reduziert, unterbewaffnet, abgekämpft und litten unter schweren Nachschubproblemen. Trotzdem würde er nicht aufgeben. Das war es doch was die Orani wollten. Wenn sie das taten wäre alles verloren, aber solange sie kämpften gab es Hoffnung. Und daran klammerte er sich. An diese Hoffnung von der er wusste das sie ihn zurück nach Hause bringen würde. Das war es was ihn in dieser Situation aufrecht hielt.
„In Ordnung“, erklärte er mit fester Stimme. Packt alles ein und bringt es in die Transporter. Anschließend sehen wir uns in diesen Lagerhäusern um.“
Seine Leute nahmen das geborgene Material mit und machten sich auf den Rückweg zu den Transportern. Die beiden Schiffe befanden sich etwa dreihundert Meter nördlich von ihnen, einhundert Meter dahinter ragten die dunklen Lagerhäuser in die Höhe. Sie gingen auf einer breiten, geraden Hauptstrasse der Siedlung, die direkt zum Landefeld führte. Nach etwa der
Hälfte des Weges begannen sich die Umrisse der Transporter aus dem allgegenwärtigen Flugstaub zu schälen. Bald erkannten sie auch die beiden Soldaten die er zur Sicherung dort gelassen hatte. Sie lagen am Boden, ihre Waffen auf die Lagerhäuser gerichtet. Noch ehe Bolton begriff brach einer seiner Männer zusammen. Etwas traf den Mann mit solcher Wucht in die Brust das die Panzerung seines Anzug zersplitterte anstatt zerschmolz und ihn zu Boden riss. Innerhalb von Sekundenbruchteilen hatten seine Leute die Strasse verlassen und waren neben den Häusern in Deckung gegangen.
„Woher kam das“, fragte jemand irritiert.
„Scharfschütze“, entfuhr es Lewis der auf der anderen Straßenseite kauerte.
„Das ist klar“, knurrte Bolton. „Hat einer was gesehen.“
Die anderen schüttelten die Köpfe. Ein weiterer Strahl zuckte über das Landefeld und schlug nur wenige Zentimeter neben Lewis in eine Wand. Steinsplitter regneten umher.
„Ich hab ihn“, rief ihm einer seiner Leute zu. „Lagerhaus, Obergeschoss.“
Bolton richtete sich kurz hinter seiner Deckung auf. Mit dem Sichtverstärker nahm er die genannte Position genauer in Augenschein. Durch die leicht geöffneten Tore konnte er tatsächlich einen Orani ausmachen der mit einer schweren Waffe auf dem Gitterrost eines Laufganges lag. Schnell zog er den Kopf wieder ein.
„Sperrfeuer auf das Tor. Nagelt ihn fest. Lewis, geh von der Seite ran, wir beschäftigen ihn hier.“
Lewis nickte, rief zwei Mann zu sich und verschwand dann zwischen den Häusern. Bolton und der Rest rückten derweil vor indem sie den Orani mit andauerndem Feuer belegten. Etwa fünfzig Meter konnten sie so gewinnen, doch dann zuckte ein rotes Blitzgewitter zu ihnen hinüber. Dort wo die Strahlen auf Widerstand trafen erzeugten sie eine enorme Hitze. Einer davon bohrte sich in den Unterschenkel von Boltons Nebenmann. Schreiend blieb er auf der Strasse liegen. Bolton sprang aus seiner Deckung heraus, doch noch ehe er nach dem Verwundeten greifen konnte trieb ihn das heftige Sperrfeuer wieder zurück. Er schob seine Waffe durch ein Loch in seiner Deckung und visierte den Orani an. Der hatte seine Position gut gewählt; er feuerte aus einer erhöhten Stellung, hatte uneingeschränkte Sicht und trotzdem noch ausreichend Deckung gegen die Theranischen Waffen. Bolton zog die Waffe wieder ein. Es würde ein schwieriger Schuss werden. Zu schwierig für ein normales Sturmgewehr. Er drehte sich um und begann die Umgebung nach etwas nützlichem abzusuchen. Sein Blick glitt über die runden Dächer hinweg und blieb dann an einem auffälligen Gebäude hängen. Im Grunde war es kein Gebäude sondern ein Container. Diese Standartausführung der Wachbaracke wurden auf nahezu allen Theranischen Welten eingesetzt, ob als Polizeistation oder wie hier, als Zollposten. Er überbrückte die dreißig Meter bis dorthin durch einen zügigen Sprint, zerschoss im laufen das Schloss und stürzte hinein. Drinnen fand er schnell was er suchte. Mit einem weiteren Schuss hatte er eine große Kiste geknackt und den Deckel abgehoben. Breit grinsend griff er nach deren Inhalt und machte sich wieder auf den Weg zurück.

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