Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Die AAR der anderen Art...

Moderator: Moderatoren

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:47

System: Thera
Planet: Taras

24. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

In seinem Quartier an Bord der Nikka las Admiral Viljhe gerade den Lagebericht. Der heutige war wesentlich umfangreicher als in den letzten Tagen. Es gab eine Menge neuer Berichte. Die Kämpfe an der nördlichen Front waren wieder aufgeflammt, und zwar auf der gesamten Breite und nicht nur wie sonst auf das Naskari System beschränkt. Er seufzte. Diese Kämpfe bedeuteten nicht nur den Verlust von Leben, sondern auch von teurem Gerät. Das ersetzen dieser Verluste würde die angeschlagenen Reserven seines Volkes weiter belasten würden. Außerdem gab es einige Berichte von der Ostgrenze. In einigen der Sektoren, die die Grenze zu den geheimnisvollen Luurianern darstellten, wurden Grenzpatrouillen vermisst. Viljhe zog noch einmal den Bericht über sein persönliches Projekt hinzu. Er verglich ihn mit den aktuellen Daten. Rasch wurde deutlich das sich seine Trupps nur unwesentlich von den Orten entfernt operiert hatten die jetzt seltsame Vorkommnisse meldeten. Seine Erfahrung hielt ihn davon ab es als Zufall abzutun. Er war bei seinem Projekt sehr große Risiken eingegangen. Er würde es im Hinterkopf behalten, es stand zuviel auf dem Spiel.
Ein weiterer Forschungsbericht behandelte die höchst komplizierte Technische Adaption neuer Technologien an die Oranische. Bei einer Laborexplosion waren mehrere Wissenschaftler getötet worden als etwas anders reagierte als vorhergesagt.
Solche Dinge ärgerten ihn, aber insgeheim wusste er dass so etwas für ein so ehrgeiziges Projekt normal war. Trotzdem wollte er dass die Bauarbeiten schnell vorankamen. Sein Misstrauen in den Doktor war einfach zu groß. Er wollte unbedingt etwas Funktionierendes in der Hinterhand haben falls sich die vom Kaiser bevorzugte Methode als fehlerhaft herausstellen sollte. Passend dazu hatte ihm Captain Jinthsa vor einer Stunde einen weiteren Bericht übergeben. Doktor Bregao hatte es tatsächlich geschafft den kompletten Speicher des Datapads mit einer ellenlangen Lobhudelei seiner selbst und seiner niedrigen Mitarbeiter zu füllen. In extrem detaillierter Weise hatte er die Verbesserungen gegenüber der letzten Version dargelegt und nebenbei; das heißt eigentlich hauptsächlich; hatte er sich beklagt welchen Widrigkeiten er doch begegnete, welche Schwierigkeiten auftraten und wie wenig Unterstützung der Admiral ihm doch entgegenbrachte. Im Grunde waren die Verbesserungen marginal, aber sie fußten auf anderen Grundvoraussetzungen und daher war ihr Nutzwert für Viljhe gestiegen. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. Nach ein paar Sekunden die er so entspannt verbrachte aktivierte er das Gefechtshologramm in seinem Quartier. Thera und seine Verteidiger wurden sichtbar, Umringt von einer Übermacht Oranischer Angriffsflotten. Er hoffte immer noch die Theraner ohne den Einsatz beider Projekte zu besiegen, aber er konnte sich nicht allein auf das Militär verlassen. Das Risiko war zu groß. Bereits jetzt hatten ihnen die Theraner erhebliche Verluste zugefügt, weit mehr als man prognostiziert hatte. Er erwog die Möglichkeit sämtliche Flotten gleichzeitig angreifen zu lassen, verwarf den Gedanken allerdings schnell. Er würde damit nur den Belagerungsring um den Planeten auflösen und die Theraner würden diese Möglichkeit gnadenlos ausnutzen. Gleichzeitig musste langsam etwas geschehen, wenn sie noch mehr Zeit bekamen würden sie ihre Stellungen weiter ausbauen können. Er beschloss noch drei Tage zu warten. Diese Zeit brauchten die Flotten die jetzt aus dem Gefecht zurück kehrten um ihre Verluste zu ersetzen. Wenn sich sie Lage bis dahin nicht entscheidend geändert hatte würde er andere Mittel einsetzen. Der Krieg dauerte bereits zu lange.
Er wandte sich wieder dem Lagebericht zu. Als letzten Punkt gab es etwas wirklich Interessantes. Auf Orta traf man Vorbereitungen um den Kriegskreuzer des Kronprinzen startklar zu machen. Anscheinend bereitete sich seine Majestät auf einen Truppenbesuch vor. Er würde auch das im Hinterkopf behalten, es würde seine Planungen ohnehin nicht großartig beeinflussen.

-
-

System: Thera
Planet: Thera

Sie blieben gerade lang genug im Besprechungsraum um ihre Fluganzüge anzuziehen und einen Blick auf das Hologramm der Situation werfen zu können. Auf der ganzen breite ihrer Verteidigungskette tauchten Oranische Flotten auf und griffen an. Dann standen sie schon im Aufzug der sie hinunter in den Hangar brachte und kurz darauf donnerten sie mit Vollschub aus dem Bauch der Crusader.
„In Ordnung“, meldete sich Whiley. „Wir haben vier Flotten im Angriff. Zwei weitere warten ein Stück dahinter.“
„Die Crows sollen sich darum kümmern, Störfelder einsetzen“, unterbrach ihn Douglas.
„Sie setzen Jagdmaschinen ab“, fuhr Whiley fort. „Ich zähle mehrere Schwadronen Jäger und Abfangjäger. Und jetzt auch noch Bomber.“
„Hier Shark eins“, meldete sich Parker. „Wir haben Sichtkontakt. Übernehmen die Abfangjäger an steuerbord.“
„Verstanden. Trennung. Abfangjäger, kümmern sie sich um diese Bomber sobald sie den Schutz ihrer Flotte verlassen.“
„Hier Cat eins“, antwortete eine kräftige Stimme. Habe verstanden, aber diese Bomber haben eine mächtige Eskorte. Allein können wir da nicht viel machen.“
„Ich schicke ihnen unsere Aufklärungsstaffel.“
„Das sind doch hauptsächlich Frischlinge in Galaxys!“
„Aber das ist alles was wir haben, und besser als nichts.“
Vor ihnen eröffneten jetzt die Orani das Feuer. Rote Energiestrahlen und Plasmatorpedos mit einer roten Rauchspur vermischten sich mit grünen und Orangen Farben der Verteidiger. Kleine Feuerbälle zeigten an wenn einer der Strahlen ein Ziel fand und es vernichtete. Dann trafen beide Seiten direkt aufeinander und begannen sich im Nahkampf zu messen. Bei diesem Frontalangriff waren die Orani mit ihren schnellen Schiffen zahlenmäßig deutlich überlegen, die Theraner jedoch glichen dies durch moderne Schiffe und Techniken sowie bessere Piloten aus. Auf jeden Verteidiger kamen drei Angreifer.
Tessa, die mit Chris zusammen als Nummer sieben und acht flog, schaffte es einen Javelin direkt ins Cockpit zu treffen. Begleitet von einem Flammenschweif explodierte die Luft darin worauf die Maschine steuerlos abtrieb.
„Hervorragender Schuss“, rief Chris ihr zu während er versuchte seine Position rechts hinter ihr beizubehalten. Ihr Flugstil war recht eigenwillig, alle paar Sekunden ließ sie ihren Jäger um ein paar Grad rotieren. Heraus kam ein vollkommen unberechenbarer, zackiger Kurs der jeden Gegner verwirren würde, aber von einem exzellenten Piloten zeugte.
„War nicht schwer sind ja genug da“, antwortete sie, und riss ihren Galaxy in eine harte Kurve. Ein Orani raste so knapp an ihr vorbei das sie keine Zeit zum feuern hatte.
Chris dagegen hatte die Zeit und die Gelegenheit. Keine Sekunde später war der Jäger nur noch eine Trümmerwolke. Ein Splitter brach funkend durch seine Schilde und hinterließ einen tiefen Riss ein seiner Bugpanzerung. Die KI gab eine Reihe protestierender Töne von sich, doch der Schadensmonitor zeigte keine Einträge.
„Alles in Ordnung?“ fragte Tessa hastig.
„Denke schon. Sieht schlimmer aus als es ist. Weiter geht’s.“
Rings um sie herum spielte sich überall das gleiche Spiel ab. Irgendjemand schrie kurz, dann war es ruhig. Ein Oranisches Schlachtschiff brach unter dem konzentrierten Feuer mehrerer Kreuzer auseinander. Eine fragende Stimme bestätigte das jähe Ende einer hoffnungsvollen Pilotenkarriere als der Flügelmann mit einem Feindjäger kollidierte.
„Hier Shark eins“, meldete sich Parker. „Gute Arbeit, die sind erledigt. Crusader, wir kümmern uns jetzt um diese Korvetten und Kreuzer.“
„Negativ Sharks“, antwortete Whiley hastig und gestresst. „Die Orani haben eine Lücke in unsere Verteidigung geschlagen. Diese Bomber halten direkten Kurs auf die Verteidigerstation. Cat eins berichtet von schweren Gefechten. Unterstützt sie und haltet die Linie.“
Im Zentrum des Gefechts lieferten sich die Abfangjäger einen heftigen Schlagabtausch mit den Bombern. Geschwindigkeit traf auf Feuerkraft, doch die Arrows verhinderten ein wirksames eingreifen der Starcats. Auch die hinzugekommene Verstärkung konnte daran nicht viel ändern. Die Bomber hielten ihren Kurs. Und immer mehr Abfangjäger gingen verloren.
„Keine Chance Crusader. Das ist zu weit weg und wir würden drei Flotten die Chance geben uns mit ihren Breitseiten einzudecken. Wir bleiben hier und sichern die Flanke.“ Parkers Stimme klang trotzig, als ob er sich persönlich verletzt fühlte.
„Shark eins“, brüllte Whiley wütend. „Dies ist ein direkter Befehl des Admirals! Halten sie die Linie!“
Whiley´s letzte Worte wurden von Parker abgeschnitten als er einfach den Kanal wechselte.
„Eins für acht! Sir, wir sollten uns darum kümmern.“
„Wer hat sie nach ihrer Meinung gefragt“, rief Parker giftig.
„Sir, wenn die Orani die Station zerstören können wir unsere koordinierte Verteidigung vergessen.“
„Soweit kommen die gar nicht. Da steht noch eine unserer Flotten im Weg.“
Chris überprüfte kurz seinen Monitor. „Auf ihrem jetzigen Kurs werden sie aber nur kurz in deren Schussfeld sein. Wir müssen das übernehmen.“
„Jetzt hör mal zu Frischling“, brüllte Parker während er nebenbei einen Arrow abschoss. “Du bist neu hier, hast keinen Plan von gar nichts! Du sollst fliegen und uns ein paar Abschüsse einbringen und nicht den Chefstrategen spielen!“
Chris fühlte sich verletzt. „Ich sage doch nur das …“
„Wissen sie was das schöne am Militär ist? Das der Kommandant die Entscheidung trifft. Und ich sage wir bleiben und sichern diese Flanke. Und jetzt will ich nichts mehr von ihnen hören bis sie nach unserer Landung in meinem Büro stehen! Formieren und angreifen!“
Wuterfüllt sah Chris noch einmal zu den Bombern hinüber die stur ihren Kurs hielten. Sie brachen durch die verzweifelt angreifenden Starcats und passierten jetzt die ersten Kampfschiffe. Deren Geschütztürme begannen sofort damit die Bomber unter Feuer zu nehmen, doch die große Entfernung und hohe Geschwindigkeit verhinderten einen effektiven Beschuss.

-
-

Admiral Walther Douglas saß auf der Brücke der Crusader und beobachtete das Hologramm vor ihr ihm. Die Zerstörung des schweren Kreuzers Warhound hatte eine Lücke in ihre Linie gerissen. Die Orani hatten diese Chance sofort genutzt und waren mit einer Bomberschwadron durchgestoßen. Er hatte soeben Parker und seine Sharks dorthin befohlen um sich der Sache anzunehmen. Wut kochte in ihm hoch. Normalerweise waren emotionale Reaktionen von solcher Stärke nicht sein Ding aber in diesem Fall war er kurz davor auszurasten. Parker, dieses Quarkgehirn, feierte mal wieder sein Ego. Das bedeutete nichts anderes als das er von nichts und niemandem, nicht mal von den Elementen selbst, Befehle entgegennahm bis seine Herrlichkeit sich dazu herabließ wieder mit Normalsterblichen zu kommunizieren. Einfacher gesagt; der Idiot spielte mal wieder Herr des Universums. Douglas schüttelte Fassungslos den Kopf. Zweifellos hatte der Mann militärisch was drauf, aber er war einfach hochnäsig. Er hatte ihn noch nie gemocht; es war auch nicht sein Wunsch gewesen ihn hier zu haben. Ein paar hohe Offiziere hatten ihn damals, als er noch ein normaler, aufstrebender Pilot gewesen war der rein zufällig einen Konvoi mit Clanführern gegen einen Piratenangriff verteidigt hatte, zur Gallionsfigur aufgebaut. Sie hatten ihn zum strahlenden Propagandahelden stilisiert und ihn für die verschiedensten Kampagnen genutzt. Seitdem waren bei ihm einige Sicherungen durchgebrannt. Douglas hatte schon mehrfach versucht ihn loszuwerden, aber seine „Freunde“ in höheren Positionen als er hatten es, teilweise brüskiert und beleidigt, abgelehnt. Interessanterweise befanden sich die meisten dieser „Freunde“ jetzt dort drüben auf den Verteidigerstation, deren Verteidigung ihr Schützling soeben abgelehnt hatte. Das war nicht überraschend. Parker gehörte zum Clan Abeka, der sein Territorium an der Grenze zu den Orani hatte. Spionage war eher ihr Ding; Wankelmütigkeit, Winkelzüge, politische Spitzfindigkeiten und persönliche Vorteilsnahme gehörten zu ihrem Repertoire, was von den meisten anderen Theranern auf deutliche Art Missbilligt wurde.
Douglas war der dienstälteste und erfahrenste Flottenkommandant, und ohne seine ständigen Reibereien mit dem Oberkommando hätte er schon längst einen Stabsposten auf der Station dort draußen haben können. Aber er war ein ruhiger Mann der Tat der seine Stimme nur dann erhob wenn es angebracht war und er war jemand der in einem Büro keine Ruhe fand. Viel zu gern stand er dazu auf der Brücke eines Raumschiffes. Schon seit dem letzten Krieg kommandierte er die Crusader und hatte es auf ihr vom Piloten zum Flottenkommandanten gebracht. Unter seinem Kommando war die erste Flotte zur einer hervorragenden Einheit geworden. Ihre Kampferfahrung allerdings beschränkte sich auf Einsätze gegen Piraten und Schmuggler. Dennoch erbrachten sie im Moment überragende Leistungen. Ihre gute Ausbildung machte sich bezahlt, sie schlugen sich besser als er selbst erwartet hatte.
Und trotzdem verloren sie. Parkers Weigerung brachte alles aus dem Konzept. Er sah auf das Gefechtshologramm vor ihm. Ruhig gab er die Befehle aus.
„Com, Nachricht an die Ramrod. Sie soll ihre Abfangjäger abziehen und sie gegen diese Bomber einsetzen. Befehl an die Korvetten; sie sollen den Vektor mit Sperrfeuer belegen.“
Der Mann an der Comstation nickte und schickte die Nachrichten ab.
Am äußerst rechten Rand des Gefechtsfelds verschwanden ein paar Oranische Kreuzer von den Sensoren.
„Parker hat was zum Spielen gefunden“, kommentierte Whiley.
„Leider spielt er immer mit den falschen Sachen“, antwortete Douglas eiskalt.
Auf seinem Display ging eine neue Meldung ein. Captain Arbide vom Träger Ramrod teilte ihm mit das er den Befehl bereits vom Oberkommando erhalten hatte. Allerdings waren seine Abfangjäger bereits in heftige Nahkämpfe verwickelt waren so dass er sie unmöglich entbehren konnte.
Douglas fluchte still und beobachtete weiterhin das Hologramm. „Unsere Raider?“ fragte er Whiley.
„Zu weit weg“, sagte der Kopfschüttelnd.
Die Bomber schafften es, wenn auch unter Verlusten, durch das Sperrfeuer der Korvetten hindurch. Dann zogen sich von ihnen aus kleine blauen Streifen auf die Station zu. Sekunden später bohrten sich die Torpedos in die Station. Die ersten wurden noch von den Schilden aufgehalten, aber die Mehrzahl drang durch und richtete verheerende Schäden an. Über den Notkanal konnte man die verzweifelten Rufe von Flottenadmiral Reyness vernehmen. Seine Worte wurden jedoch bald von einem Rauschen abgelöst als die Leitung zusammenbrach. Dann sah er wie draußen im All Flammen aus der Station leckten. Als ihre Stabilisatoren versagten sackte sie ab und begann sich langsam zu drehen. Dann explodierte das ganze in einem der größten Feuerbälle die Douglas je gesehen hatte. Verschiedene Teile der Station rissen ab und begannen umher zu treiben.
Whiley stöhnte entsetzt, fasste sich aber schnell. „Sensorik, gibt es Lebenszeichen?“
Der Mann an der Konsole schüttelte nur emotionslos den Kopf. Whiley stöhnte noch einmal, diesmal heftiger.
Douglas war plötzlich wieder er selbst. Er hatte die Sache mit Parker beiseite geschoben, jetzt gab es wichtigere Dinge zu tun. „Lassen sie sich nicht davon beeindrucken“, sagte er zu Whiley der ihn daraufhin fassungslos ansah. „Ja, das ist ein großer Verlust für uns, aber wir dürfen uns davon nicht ablenken lassen.“ Er sah zur Comstation hinüber. „Öffnen sie einen Kanal an alle Schiffe.“ Der Mann nickte.
Douglas räusperte sich. „An alle Schiffe, hier spricht Admiral Douglas von der Crusader. Angesichts der Lage übernehme ich das Kommando. Alle Einheiten in Formation vorrücken. Crow Kreuzer übernehmen die schweren Einheiten. Erst kampfunfähig machen, danach zerstören. Douglas Ende.“
Mit einem knacken wurde der Kanal geschlossen. Vereinzelt hörte man andere Befehle und Kommentare, aber die Schiffe der Verteidiger setzten sich in Bewegung. Douglas trat an das Gefechtshologramm. Mit einem Finger stach er nach dem Hologramm der Ramrod. Das kleine Schiff begann zu blinken. Dann zog er es auf eine der angreifenden Flotten.
„Geben sie die Zieldaten sofort an die Flotte weiter“, befahl er der Comstation. Das gleiche wiederholte er mit den anderen Flaggschiffen der Flotte bis jeder ein Ziel zugewiesen war. „Captain, kümmern sie sich um die Jäger. Sorgen sie dafür das sie so viele Orani wie möglich mitnehmen“, wies er Whiley an. Der nickte und wandte sich seiner Konsole zu. Douglas´ Stimme wurde eiskalt. „Und informieren sie mich wenn die Sharks zurückkommen.“

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:48

System: Masto
Planet: Mastoryyl

27. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Stoner führte sie in einen der Stollen der aussah wie alle anderen. Doch bereits nach wenigen hundert Metern zweigte ein Gang ab der sich nach einer scharfen Biegung in einen fest betonierten Tunnel verwandelte. Nach einem weiteren scharfen Knick endete der Tunnel vor einer massiven Tür die mit einem Nummerncode gesichert war.
„Keine Sorge Ich kenne den Code“, sagte Stoner ruhig und trat an das Tastaturfeld. Bevor er jedoch einen Finger darauf legte stockte er. „Das Ding ist manipuliert worden“, bemerkte er trocken.
Hinter ihm klickten Sicherungen, Waffen wurden hochgerissen.
„Kümmer dich drum, Carrington“, befahl Dan.
Die kleine Technikerin nickte kurz und machte sich dann an der Tür zu schaffen. „Fertig“, sagte sie nach ein paar Sekunden. Die Tür glitt zur Seite. Der längliche Raum dahinter war leer.
„Hier gab es sonst immer einen Sicherheitsposten“, sagte Stoner.
„Meinst du etwa den hier?“ wollte Hayman wissen und hob den leblosen Körper hoch der hinter der Konsole lag.
„Genau der“, sagte Stoner würgend. „Dort hinter der Tür ist ein Turbolift, den nehmen wir. Der bringt uns weiter nach oben.“
Etwa hundert Meter höher endete der Liftschacht allerdings bereits. Vor ihnen lag jetzt noch ein Fußmarsch durch die Büros und Korridore im unteren Bereich der Basis.
„Das war aus Sicherheitsgründen so“, erklärte Stoner. „Man wollte auf keinen Fall das irgendwer einfach bis in die Kontrollzentrale marschiert.“
„Und wenn man sich das hier so ansieht“, sagte Hayman als sie an einem der Büros vorbeikamen, „dann sind das hier alles kleine Abwehrstellungen.“
„Das gehört ebenfalls zum Konzept. Genau wie der Tunnel am Anfang. Wir trugen die gleichen Uniformen wie die Bergleute, und durch den Staub da unten wurden wir auch genau so dreckig. Für die anderen waren wir welche von ihnen. Es gab sogar Vorträge über den Bergbau hier, die mussten wir uns ansehen. Und man riet uns Kraftsport zu treiben.“
„Damit ihr ihnen noch ähnlicher wurdet.“
„Genau. Heimlichkeit ging hier über alles. Ich denke nicht dass hier jemand wusste was wir hier machen. Oh!“ Erschrocken sprang er plötzlich zur Seite.
Dan hatte bereits seine Waffe im Anschlag. „Was ist?“ fragte er.
Stoner wies auf den Raum an der rechten Seite.
Vorsichtig spähte Dan um die Ecke. Der Raum war die Kantine der Station. Aber die gesamte Einrichtung war durcheinander gewirbelt worden, Tische, Stühle und Theken lagen verkohlt im ganzen Raum verteilt. Die Wände waren geschwärzt und von Einschlägen überzogen. Dazwischen konnte man die vagen Reste von Körpern erkennen.
„Plasmagranate“, stellte Dan verbittert fest. „Denke nicht dass die das haben kommen sehen.“
„Ging wenigstens schnell“, entfuhr es Hayman.
Dan sah sich im Gang um und blickte vorsichtig um die nächste Ecke. „Wisst ihr was das heißt?“
„Nein, was denn?“
„Die haben sich bis hierher reingeschlichen, und dann das ganze Personal mit purer Feuerkraft niedergemacht. Hier drüben sind noch mehr Einschläge.“
„Klar, bei dem Lärm sind sie wach geworden und wollten nachsehen was los ist.“
„Aber unten den Toten ist nicht ein Orani, das sind alles nur Theraner“, stellte Stoner fest.
„Und wenn sie so schnell vorrücken können“, folgerte Dan, „dann ist es ihnen wahrscheinlich auch gelungen den Kontrollraum einzunehmen.“
„Und dann überwachen sie unseren gesamten Flugverkehr“, fügte Hayman hinzu. „Das ist nicht gut.“
Das stimmt wohl. Stoner, wo geht´s nach oben?“
„Hier lang, Sir“, antwortete Stoner und übernahm mit gezogener Waffe die Spitze. Vorsichtig arbeitete sich der Trupp durch die Gänge bis sie eine Treppe erreichten, die weiter in den Berg hinaufführte. Am oberen Ende konnten sie hinter einem Absatz eine Sicherheitstür erkennen.
„Ganz schön sportlicher Anmarsch“, kommentierte Hayman als er endlich schwer atmend neben der Tür stand.
„Naja“, druckste Stoner, „normalerweise gibt’s einen Aufzug der bis an den Fuß der Treppe führt, damit ist es ganz erträglich.“
Hayman verzog das Gesicht.
„Freu dich lieber“, sagte Dan schief grinsend zu ihm, „Treppensteigen ist gesund, so setzt du wenigstens kein Fett an.“
„Danke Cap. Du kümmerst dich echt um deine Leute.“
„Tja, so bin ich halt, immer um euer Wohl besorgt.“ Dann wandte er sich Stoner zu. „Und wie kriegen wir das Ding auf?“
Stoner griff in seine Tasche und zog eine Plastikkarte hervor. „Also ich dachte wir nehmen den einfachsten Weg. Meine ID sollte noch gültig sein.“
„OK, dann los.“
Während Stoner an den Scanner trat bezogen Dan und der Rest im Halbkreis vor der Tür Position, so wie sie es schon viele Male getan hatten. Dann piepste der Scanner und der die Tür begann sich im selben Moment zu öffnen. Und mit der Erfahrung von viel zu vielen solcher Einsätze trat er Stoner in den Hintern. Noch ehe der ein Wort hervorbrachte und sich beschwerte zuckten rote Strahlen aus der Türöffnung in der er gerade noch gestanden hatte. Hayman brauchte nur einen Sekundenbruchteil länger und erwiderte das Feuer. Rauch stieg im inneren des Raumes auf als seine Schüsse einige Konsolen trafen. Der Soldat der direkt neben der Tür stand griff nach einer Granate, warf sie durch die Türöffnung und zog den Kopf ein. Zwei Sekunden später überflutete ein greller Blitz den Raum. Dan stürzte als erster hinein. Die Orani waren von der Blendgranate völlig konfus. Dennoch versuchten einige Widerstand zu leisten. Nicht einmal dreißig Sekunden nachdem es begonnen hatte war es auch schon wieder vorbei.
„Drei Mann?“ sagte Hayman irritiert als er in den Raum trat. „Dafür haben die ganz schön Radau gemacht.“
Dan hob ein Pad vom Fußboden hoch. „Kein Wunder wenn man sieht was die vorhatten. Hätten wir noch ein bisschen gewartet hätten die unsere gesamten Flugrouten gehabt.“ Er drehte sich zu den anderen um. „Carrington, die Idee mit der Granate war super.“
Die kleine Technikerin schien ein Stückchen größer zu werden. „Danke Sir.“
„Und jetzt schau mal ob du aus diesem zerschossenen Konsolen noch was rausbekommst.“
„Das wird nicht nötig sein. Sie hätten mich wenigstens vorwarnen können“, sagte Stoner anklagend während er sich den Hintern rieb.
„Dann hätte es nicht funktioniert“, erklärte Dan. „Sie wären vorbereitet gewesen und hätten sich dagegen gewehrt. Aber die sind neu und wussten es nicht, jetzt wissen sie wie unsere Standartprozedur aussieht. Können sie was mit diesen Konsolen anfangen?“
„Nein Sir“, antwortete er kopfschüttelnd. „Aber das brauche ich auch nicht.“ Er ging zur gegenüberliegenden Seite des Raumes und zog seine Waffe. Dann schob er eines der Wandelemente zur Seite. Dahinter erschien ein weiterer, leerer Raum. „Der Raum hier vorne enthält nur Archivmaterial und wurde als Büro genutzt. Wenn sie wirklich wissen wollen was los ist müssen sie hier rein.“
Dan folgte Stoner in den Nebenraum und staunte. Der Raum war insgesamt dreimal so lang wie breit, und an seiner rechten Seite zog sich unterhalb eines Felssimses ein schmaler Fensterstreifen entlang. Die etwa fünfzig Arbeitsplätze waren zu vier Gruppen zusammengefasst die jeweils ein Hologramm ihres Zuständigkeitsbereichs umfassten. Außerdem gab es zwei höher gelegene Stationen von denen aus die Schichtführer arbeiteten.
„Nicht schlecht“, sagte Dan nickend. „Fang an.“
Stoner nickte und nahm an einer der Stationen platz. Eine Minute später begann das Hologramm zu blinken.
„Ich aktualisiere es“, sagte er beschäftigt. „Dieser Bereich erfasst alles vom Grenzbereich des Clan Abeka bis hin zum galaktischen Rand. So, fertig.“
Das Hologramm hörte auf zu blinken und begann sich neu aufzubauen.
„Nein“, entfuhr es Dan als er es ansah. „Das ist nicht möglich.“
„Ich fürchte doch Cap. Das sind die neuesten Daten die ich kriegen konnte.“
„Aber das ist schlichtweg unmöglich“, keuchte Dan fassungslos. „Probier es mit einer anderen Station.“
„Ganz wie du willst.“ Stoner setzte sich an eine Konsole die für die Überwachung eines anderen Abschnitts zuständig war. Auch hier kam das gleiche Ergebnis heraus.
Dan starrte immer noch das Hologramm an. Auf ihm wurden die Sonnensysteme weiß, eigene Einheiten blau und feindliche rot dargestellt. Nur das es keine eigenen Einheiten mehr gab. Der ganze Raum wurde vom leuchtenden rot der feindlichen Einheiten erleuchtet.
„Lade soviel wie möglich davon runter“, sagte er als er sich wieder etwas gefangen hatte. „Maynard wird was damit anzufangen wissen.“ Dann starrte er gedankenverloren durch das schmale Fenster auf die Siedlung herab. Unten konnte er den Rest seiner Leute erkennen. Er war immer noch ziemlich perplex. Die Orani waren praktisch überall. Wo immer er auch hin sah, überall verzeichnete das Hologramm Feinde, von eigenen Truppen war weit und breit nichts zu sehen. Ein paar Sekunden lang rechnete er sogar die roten Blitze, die unten aus einem Lagerhaus schlugen zu dem Hologramm. Erst als grüne Strahlen zurück schossen klärten sich seine Gedanken wieder.
„Hier haben sich noch mehr von denen eingenistet“, rief er den anderen zu. „Kommt schon, wir müssen da runter. Sie haben Bolton und die anderen.“ Er drängte sich an den anderen vorbei und sprang mit gezogener Waffe durch die Tür. Hayman, Stoner und Carrington folgten ihm mit nur wenigen Metern Abstand.

-
-

System: Thera
Planet: Thera

Der Rest der Schlacht verlief besser als erwartet. Die Orani reagierten vollkommen konfus auf den plötzlichen Angriff. Das Ergebnis waren weitere Schiffe die jetzt als brennende Überreste im All über Thera hingen. Nur wenigen war es gelungen zu entkommen. Admiral Douglas saß in seinem Bereitschaftsraum und kümmerte um die neuen Aufgaben die ihm als neuem Befehlshaber zufielen. Müde rieb er sich die Augen als er den nächsten Bericht entgegen nahm. Es hatte den ganzen Tag gedauert bis er die Flotte der Verteidiger endlich wieder organisiert und alle notwendigen Meldewege eingerichtet hatte. Zusätzlich nervte ihn die Sache mit Parker. Vor einer Viertelstunde hatte er den wutschnaubenden Mann vor die Bürotür gesetzt. Der Mann war ebenso labil wie eigensinnig, und der einzige Grund warum er nicht in der Brigg saß oder seine Sachen packte war einzig die Tatsache dass er jeden Piloten, auch solche wie Parker, zur Verteidigung brauchte. Sobald sie etwas Zeit und Ruhe hatten würde er sich endgültig darum kümmern. Er schüttelte kurz den Kopf und wandte sich dann wieder seiner Arbeit zu. Auf seinem Computerdisplay erschienen die Statusmeldungen der Schiffe. Alle waren beschädigt, und alle brauchten dringend Nachschub. Zwar waren während der letzten Tage immer wieder Versorgungsfrachter in teilweise halsbrecherischen Flügen durch den immer enger werdenden Belagerungsring der Orani gebrochen, aber mittlerweile wurden immer mehr Frachter abgefangen. Die Orani konzentrierten ihre Jäger auf die wenigen verbliebenen Korridore und schnitten damit die Nachschublinie ab. Das konnte und durfte er nicht zulassen. Mit seiner jahrelangen Erfahrung, die auch eine ganze Menge solcher Kesselschlachten umfasste, suchte er nach einer Antwort. In all diesen Gefechten waren seine Truppen aber stets die Angreifer gewesen, und die wenigen vergeblichen Ausbruchsversuche der Piratenbanden waren kaum innovativ. Und auch jetzt hatte er nicht viel Spielraum. Innerhalb von wenigen Minuten hatte er fertigen Befehl eingetippt und an Whiley weitergegeben. Dann atmete er durch und beschäftigte sich mit dem wichtigsten Thema. Ihrer Verteidigung. Er drückte ein paar Tasten auf seiner Konsole. Sofort erschien in der Mitte seines Büros ein Hologramm des Planeten mitsamt seinen Verteidigern. Vier andere Holoprojektoren erwachten zum Leben als sie von Abbildern der anderen Flottenkommandanten erfüllt wurden.
„Meine Herren“, sagte er ruhig. „Ich brauch ja wohl nicht darauf hinzuweisen das es nicht gut aussieht. Ich bin für jeden Vorschlag offen der es uns ermöglicht Thera zu halten und wieder in die Offensive zu gehen.“

-
-

System: Thera
Planet: Taras

Mit einem neuen Bericht in der Hand klopfte Captain Jinthsa an die Tür des Admiralsquartiers. Sekunden später schoben sich die Türflügel summend zur Seite und er trat ein. Drinnen schien das rote Licht noch intensiver zu sein als sonst. Dort wo sonst das Gefechtshologramm leuchtete war nun ein verkleinertes Abbild von Viljhes Bauprojekt zu erkennen. Der Admiral selbst saß schweigend in seinem Sessel und starrte das Hologramm an.
„Sir?“ fragte Jinthsa vorsichtig.
„Kommen sie nur“, sagte Viljhe mit schwerer Stimme und winkte ihn heran. „Ich nehme an es geht um den routinemäßigen Bericht.“
„Nun, nicht ganz, Sir“, druckste Jinthsa.
Der Admiral zog die Augen zusammen.
„Captain Anajo ist wie geplant von seinem Angriff zurück“, fuhr er schnell fort.
„Was ist daran ungewöhnlich? Weisen sie ihm einen Zeitplan für die notwendigen Reparaturen zu und dann gliedern sie ihn wieder in die Flotte ein.“
„Das ist dass ungewöhnliche, Sir. Captain Anajo bittet nicht um Techniker, sondern um Ersatz.“
Viljhe runzelte die Stirn.
„Genau genommen bittet er um Ersatz für drei zerstörte Flotten. Insgesamt über neunzig Schiffe.“
Der Admiral schoss in die Höhe, sein Gesicht zeigte Fassungslosigkeit. „Zeigen sie her“, rief er und riss Jinthsa fast das Pad aus der Hand. Schnell überflog er den Bericht. „Wie ist das möglich?“, entfuhr es ihm. Seine Hand aktivierte das Interkom. „Brücke, stellen sie eine Holoverbindung mit der Dorju her.“
Sofort verwandelte sich das Hologramm in ein Abbild des Captains. Der schlaksige Mann mit seinem selbst zufriedenem Grinsen verbeugte sich schnell. „Admiral!“ sagte er mit heiserer Stimme. „Was verschafft mir diese Ehre?“
„Eine ganz simple Tatsache“, antwortete Viljhe kalt und fixierte den Mann mit einem stechenden Blick. „Sie haben mehr als drei viertel ihrer Schiffe verloren; und das bei einem klar definierten Einsatzziel. Ich denke das rechtfertigt eine Erklärung.“
Captain Anajo schien um Fassung zu ringen. Anscheinend hatte er nicht damit gerechnet die Aufmerksamkeit des Admirals auf sich zu ziehen.
„Ich habe bereits alles in meinem Bericht geschrieben“, sagte er hastig.
„Dann wird es ihnen ja nichts ausmachen es noch einmal zu wiederholen“, fiel ihm Viljhe ins Wort.
„Jawohl. Der Angriff begann wie geplant. Wir griffen sofort nach dem Rücksturz an. Dabei konzentrierten wir uns auf den Bereich in dem sich das Zielobjekt befand. Ich ließ die Jäger starten die daraufhin mit ihrem Angriff begannen und das Ziel zerstörten. Daraufhin begann unser Gegner mit einem massiven Gegenangriff. Dabei neutralisierte er unsere Hyperraumtriebwerke und nahm uns so die Rückzugsmöglichkeit.“
„Worauf sie wie reagierten?“
„Wir nahmen den Kampf auf. Zahlenmäßig waren wir ihnen weit überlegen.“
„Und warum sind sie dann nur mit einer Hand voll zerschlagener Schiffe zurückgekehrt?“
Anajo ließ dem Kopf hängen. „Sie, äh.“
„Sie haben sie unterschätzt Captain, nicht wahr“, sagte Viljhe kalt.
„Ja Sir“, sagte Anajo verunsichert. „Ich hatte nicht erwartet dass sie so reagieren. Ich meine, sie haben nie so reagiert.“
„Und deshalb sind sie in die gleiche Falle getreten wie viele vor ihnen. Es ist ein leidiges Merkmal der Theraner anders zu reagieren als man es von ihnen erwartet.“
Anajo nickte.
„Und trotzdem haben sie sich dann auf ein Gefecht mit einem Feind eingelassen den sie nicht abschätzen konnten?“ fragte Viljhe kopfschüttelnd. „Captain, haben sie überhaupt ihre Befehle studiert?“
„Natürlich Sir“ antwortete der Captain verletzt. „Wir haben den Angriff genauestens geplant und durchgeführt. Der Auftrag wurde ausgeführt.“
„Das wurde er nicht“, sagte Viljhe mit schneidender Stimme und knallte das Pad auf seine Konsole. „Ihre Befehle lauteten die Verteidigungsstation auszuschalten und danach so viele unserer Schiffe wie möglich intakt zurückzubringen, damit sie weiter an der Offensive teilnehmen können. Ich hatte ihnen niemals Befehle erteilt direkt gegen die Verteidiger vorzugehen. Die Gründe dafür haben sie jetzt selbst zu spüren bekommen.“
„Aber die Theraner haben uns diesen Kampf aufgezwungen“, verteidigte sich Anajo. „Ihre Störsender verhinderten unseren Rückzug.“
„Und damit waren ihre Optionen erschöpft?“ fragte Viljhe mit kalter Stimme. „Dieser kleine Punkt reichte aus um sämtliche Befehle zunichte zu machen? Das zeugt nicht gerade von großer Flexibilität.“
„Was hätte ich denn tun sollen?“
„Davonlaufen zum Beispiel.“
„Sir?“
„Captain, selbst unsere Schlachtschiffe sind schneller als eine Theranische Corvette. Ihre Befehle sagten klar aus dass sie so viele Schiffe wie möglich schützen sollten. Sie hätten ihnen also mühelos davonfliegen können, das hätte sie ein paar kleine Schiffe gekostet aber der Rest wäre in Sicherheit gewesen. Ebenso hätten sie diese leichten Kreuzer mit ihren Störfeldern ausschalten können, das Ergebnis wäre dasselbe gewesen.“
Anajo schluckte hart und starrte den Admiral an. Dessen Stimme wurde noch eisiger.
„Stattdessen lassen sie zu das die Theraner ein Massaker unter ihren Truppen anrichten. Neunzig Schiffe Captain, dazu hunderte Jagdmaschinen, das ist unglaublich. Sie haben es geschafft binnen drei Stunden dreimal mehr Schiffe zu verlieren als die gesamte Flotte in diesem ganzen Krieg. Selbst unsere Reserven sind nicht unerschöpflich. Das ist nicht einfach nur Pech oder Unglück, Captain, das ist professionelles Versagen; und das wird Aufmerksamkeit erzeugen. Jemand im Kaiserlichen Palast wird Fragen stellen. Und dieser jemand wird Antworten haben wollen. „Und ich werde mir gewiss nicht den Makel der Untätigkeit vorwerfen lassen.“
Die Augen des Captains wurden größer. Langsam verstand er. „Soll ich mich selbst darum kümmern?“ fragte er mit zittriger Stimme.
„Das wird nicht nötig sein. Kommissar!“
Anajo schaffte es gerade noch sich halb herumzudrehen ehe ihn der Schuss traf. Kleine blaue Blitze zuckten über ihn hinweg bis er polternd auf dem Deck aufschlug. Ein Mann in einer silbernen Soldatenrüstung trat mit gezogener Waffe in den Erfassungsbereich der Holokamera. Ihm folgte ein zitternder erster Offizier.
„Nehmen sie ihn mit“, befahl er dem Kommissar. „Ich denke eine Versetzung zu einem Strafbatallion auf Naskari sollte eine passende neue Verwendung für diesen Mann sein. Sorgen sie dafür das der Rest die Gründe dafür erfährt.“
Der Mann nickte, packte den betäubten Offizier und schleppte ihn fort.
Dann wandte sich Viljhe an den Ersten Offizier. „Meinen Glückwunsch zur Beförderung, Captain. Ich hoffe sie erweisen sich als fähiger als ihr Vorgänger.“
„Das werde ich, Sir.“
„Das hoffe ich. Alle anderen sind für mich nutzlos. Admiral Viljhe Ende.“
Das Hologramm verschwand. Viljhe knallte noch einmal das Pad auf die Konsole.
„Wir können alles ersetzen“, sagte Jinthsa ruhig.
„Selbstverständlich können wir das“, sagte der andere scharf. „Aber in diesen Flotten dienten einige der erfahrensten Leute. Das ist der wirkliche Verlust, nicht das Material.“ Viljhe schüttelte den Kopf. „Neunzig Schiffe, das ist unglaublich. Damit schwinden unsere Reserven deutlich. Und die Theraner sind mehr als kampfbereit. Weitere konventionelle Angriffe werden sie ebenso abwehren.“
„Aber wir nutzen sie ab Sir. Und da sie bald keinen Nachschub mehr erhalten werden können sie nicht mehr lange durchhalten.“
Viljhe hob die Hand. „Aber unsere Verluste würden gewaltig steigen. Wir sind hier um neue Ressourcen für unser Volk zu sichern, nicht um sie am Ende selbst aufzubrauchen.“ Er klopfte mit der Hand auf die Konsole. „Nein Captain, wir können nicht länger so weitermachen. Lassen sie das Shuttle klarmachen.“ Dann seufzte er und fuhr mit schwerer Stimme fort. „Wir werden unserem Doktor einen Besuch abstatten.“

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:50

System: Eliara
Planet: Eliara V

28. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Alvin Norham stürzte durch die Korridore der Whirlwind. Er hechtete über einen Droiden hinweg der immer noch die Schäden der letzten Schlacht beseitigte und bekam gerade so noch die Kurve als er eine Abzweigung erreichte. Bei seinem Tempo konnte er nur hoffen das er nicht frontal in irgendjemand hineinraste. Er ertappte sich bei der Frage danach was ihn das letzte Mal bewegt hatte derart viel aus seinem Körper herauszuholen. Seine Überraschung war groß als er erkannte das dass vor etlichen Jahren in seiner Grundausbildung der Fall gewesen war. Hinter der nächsten Biegung endete die Gnade seines Schicksals; er krachte mitten in einen jungen, weiblichen Fähnrich aus der Sensorik hinein. Beide fielen erst gegen die Wand und gingen dann hart zu Boden. Aber noch ehe er wusste was ihm geschah war er schon wieder auf den Beinen und rannte weiter. Eigentlich wollte er sich noch entschuldigen, aber diesmal war dafür keine Zeit, er würde es nachholen. Das Datapad, was er fest in seiner Hand hielt, barg Informationen auf die er einerseits sehnsüchtig gewartet hatte, die er andererseits aber nie zu hören gehofft hatte. Letzte Nacht war er beim Arbeiten an seiner Konsole eingeschlafen und erst durch den penetranten Hupton, der diese Nachricht begleitet hatte, geweckt worden. Sofort hatte er sich entschieden diese dringenden Information sofort dem Admiral zukommen zu lassen; und zwar persönlich, und nicht über den Schiffscomputer. Und deshalb hämmerte er jetzt wie ein Irrer auf den Turbolifttasten herum, fast als könne er die Technik dadurch beeinflussen. Er dachte schon kurz darüber nach wieder die Leiter zu nehmen als sich die Tür vor ihm öffnete. Zeitgleich sprang er in die Kabine und drückte die Taste für das Oberdeck. Kaum dort angekommen hechtete er heraus und rannte durch den nächsten Gang. Die Tür zum Vorraum von Maynards Büro öffnete sich viel zu langsam und er stieß hart mit der linken Schulter dagegen. Vor der Eigentlichen Bürotür hielt er wenigstens so lange an bis sein Atem wieder eine halbwegs natürliche Frequenz angenommen hatte und seine Gesichtsfarbe sich wieder normalisierte. Dann betrat er das Büro. Maynards Blick war strafend, er erwartete von seinen Offizieren dass sie immer ein ordentliches Bild abgaben. Und Norham wusste das er, verschwitzt, verschlafen und unrasiert, gerade keins der Kriterien des Admirals erfüllte.
„Ich hab einen guten Grund“, sagte er deshalb sofort und wedelte mit dem Datapad.
„Das will ich auch hoffen“, antwortete Maynard missbilligend als er das Pad entgegen nahm.
„Kam gerade rein, ich hab´s noch gar nicht komplett angesehen.“
Maynard sah sich die Aufzeichnung an. „Viel kann man ja nicht erkennen.“
„Es dauert noch ein paar Sekunden“, keuchte Norham während er seine Uniform richtete. „Da ist es, da unten.“
Maynard´s Augen weiteten sich. „Das gibt’s doch nicht!“ sagte er erschüttert während er die Nachricht erneut ansah. „Wie kann das sein? Das war nicht vorgesehen? Das ist viel zu früh!“
„Ich weiß es nicht“, antwortete Norham. „Aber der Bericht wurde bestätigt. Es ist soweit.“
„Nein“, sagte Maynard entschieden. „Das kann nicht sein. Nicht jetzt schon.“ Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Andererseits, es ist egal wann es passiert, wichtig ist das wir uns darum kümmern. Und zwar sofort.“
„Das könnte schwierig werden. Erstens haben wir es bereits mit einem Feind zu tun, zweitens hat der uns ganz schön zusammengeschossen und drittens sind wir am anderen Ende der Galaxis.“
„Trotzdem müssen wir uns darum kümmern. Wenn wir es ignorieren geben wir ihm nur genug Zeit um sich vorzubereiten. Und dann haben wir ein noch größeres Problem.“
„Natürlich sollten wir die Sache weiter beobachten. Aber ich denke im Moment sollten wir uns um unser Dringenderes Problem kümmern. Wenn wir das erfolgreich beseitigen, dann sind wir auch in der Lage uns darum zu kümmern.“
„Auf lange Sicht ist das wahrscheinlich besser, ja“, sagte Maynard nickend. „Aber wir müssen darauf vorbereitet sein. Das gibt dem Krieg jetzt eine ganz neue Bedeutung. Das Spiel ist das gleiche, aber die Spieler sind jetzt eine Nummer größer.“
„Und ich nehme an das alle ein starkes Blatt haben.“
„Richtig. Aber das Schicksal hat die letzten Karten noch nicht ausgeteilt.“

-
-

System: Masto
Planet: Mastoryyl

Stanley Bolton hatte keine Ahnung warum eine Hinterwäldlerwelt wie diese eine mit schweren Waffen ausgerüstete Schutzkompanie rechtfertigte, aber genau genommen war ihm das auch ziemlich egal. Das einzige was ihn im Moment kümmerte war die richtige Einstellung des riesigen SR4 Scharfschützengewehres durch das er jetzt den Orani auf dem Laufgang ins Visier nahm. Das SR4 war wesentlich leistungsstärker als seine eigene Waffe, und diese verhältnismäßig kurze Distanz war für diese Waffe nahezu lächerlich. Dennoch war es die einzige Möglichkeit dieser Situation Herr zu werden. Er schwenkte die Waffe noch ein Kleines Stückchen nach rechts, dann hatte er den Orani voll im Visier. Ohne zu zögern drückte er ab. Der konzentrierte Strahl fraß sich in den Laufgang und die Deckung und erzeugte dort kleine Explosionen. Aus irgendeinem Grund drang er aber nicht zu dem Schützen durch. Bolton fluchte derb und nahm sein Ziel erneut ins Visier. Während er herumschwenkte bemerkte er im Hintergrund dass die anderen Orani, die sich dort verschanzt hatten in hektische Bewegungen verfielen. Dann schoss er ein zweites Mal. Der Schuss traf den Orani am rechten Oberarm und verdampfte ihn mitsamt des Schultergelenks und der Schulterstütze seiner Waffe. Der Körper verkrampfte sich kurzzeitig, dann blieb er reglos liegen. Nur eine Sekunde später wurde er wieder in die Luft geschleudert als das innere des Lagerhauses vom Leuchten eines Feuerballs erfüllt wurde. Mehrere krachende Explosionen übertönten alle anderen Geräusche, dann schoss eine meterlange Flammenzunge aus der Toröffnung. Das Dach hob sich an einigen Stellen und auch dort zuckten Flammen hervor. Dann wurde das Tor aufgerissen als der Feuerball ein verbeultes und rauchendes Schiff ausspuckte. Es holperte über den Vorplatz wie ein übergroßer Würfel und blieb auf der Seite liegen. Schließlich zerfetzte die Druckwelle die restlichen Wände des Lagerhauses. Unzählige Splitter wurden umhergeschleudert, dann sackten die jämmerlichen Reste in sich zusammen. Ein schwelender Trümmerhaufen war alles was übrig blieb.
„Nette Aktion“, kommentierte Lewis grinsend während er mit gezogener Waffe auf den zerstörten Transporter zuging.
„Scheint als hätten die irgendwas hochexplosives hier gelagert.“
„Sprengstoff für den Bergbau?“
„Nein, sogar hier verwenden sie bereits Fusionsschneider.“
Lewis stieß die Frachtluke des Transporters auf. Sofort kullerten ihm einige meterlange, versiegelte Zylinder entgegen.
„Aua“, schrie er als ihm einer davon gegen seinen rechten Fuß prallte. Er wollte gerade nach dem Ding treten als Bolton ihn festhielt.
„Nicht“, sagte er scharf und zeigte auf den Aufdruck auf dem Zylinder. Es waren mehrere Warnhinweise.
„Sigron D“, erkannte Lewis und sah sich um. Überall zwischen den Trümmern erkannte er die Überreste weiterer Zylinder.
„Ich muss einen davon erwischt haben“, sagte Bolton. „Ansonsten hätte das unmöglich so geknallt.“
Schnelle Schritte ließen sie hochschrecken. Dan bog mit Stoner und dem Rest um den Gebäuderest.
„Was ist denn hier los?“ fragte er als er sich in dem Chaos umsah. „Und wozu brachst du so eine riesige Kanone?“
„Das ist mein neues Spielzeug, das hilft mir gegen diese schlechte Gesellschaft, Cap“, antwortete ihm Bolton grinsend, dann wies er auf das zerstörte Schiff. „Und gegen Ladendiebe.“
Dan´s Blick fiel auf die Zylinder. „Noch mehr von dem Zeug“, murmelte er vor sich hin. „Wissen wir mittlerweile was die damit vorhaben?“
„Tut mir leid Cap, wir haben immer noch keine Idee.“
„Habt ihr euch schon den Navcomputer vorgenommen?“ fragte er und zeigte in das Schiffsinnere.
„Das Ding ist komplett verkohlt, da gibt´s nichts mehr zu retten.“
„Mag sein, aber ich will das er untersucht wird. Carrington, sie dir das mal an.“
Die kleine Technikerin zwängte sich durch das zertrümmerte Schiff. Dann fing sie an in der Steuerkonsole zu werkeln. „Sieht nicht gut aus“, meldete sie kopfschüttelnd. „Da ist ganz schön viel verschmort.“ Sie tat ein paar weitere Handgriffe. „Moment“, sagte sie daraufhin wesentlich entspannter. „Da ist was.“ Sie passte ein Kabel an und ihr Datapad begann zu leuchten. „Ich Habs“, sagte sie schließlich fröhlich. „Nicht alles natürlich, aber Koordinaten und Kurs hab Ich auf jeden Fall.“
„Ausgezeichnet Kleines. Nimm es mit und dann nichts wie nach Hause.“
„Ja Sir.“
„Cap?“ fragte Bolton etwas unsicher.
„Ja, was ist?“
„Cap, was machen wir mit den ganzen Toten hier? Wir können sie doch nicht so liegen lassen.“
Dan senkte schwer den Kopf. „Uns bleibt keine Zeit um sie zu verbrennen. Desintegriert sie“, sagte er mit schwerer Stimme. „Und dann stellt das auf.“ Er suchte kurz in einer Tasche und drückte Bolton einen kleinen Peilsender in die Hand.
Bolton nickte und machte sich mit den anderen an die Arbeit.

-
-

System: Thera
Planet: Thera

Chris stürzte halb verschlafen in seine Maschine, ließ die Triebwerke hochfahren und beschleunigte aus dem Hangar. Dicht hinter ihm folgten die restlichen Galaxys seiner Gruppe, alle waren sie so erschöpft wie er. Er überlegte kurz; der wievielte Angriff war das jetzt? Der vierte, der fünfte oder doch schon der sechste? Er wusste es nicht mehr. Bei jedem Angriff schienen die Orani mehr zu werden, immer wütender und verzweifelter schienen sie gegen ihre Linien anzurennen. Während er noch darüber nachdachte feuerten seine Finger bereits die Kanonen ab und vernichteten ganz beiläufig einen Arrow. Großartig zielen musste er nicht. Entweder traf er einen Jäger oder seine Schüsse hagelten auf die weitere entfernten Oranischen Großkampfschiffe ein.
„Hier Crusader. Sharks formieren sich an der rechten Flanke und sichern diese Kreuzer.“
Auf seinem Display wurden drei Schiffe besonders hervorgehoben. Diese drei waren nahe genug um ernsthafte Probleme aufzuwerfen. Noch hielten ihre Linien, aber die meisten Besatzungen waren so erschöpft wie er, hinzu kam das den schweren Kampfschiffen langsam aber sich Ersatzteile und Reparaturmaterial fehlte. Erst jetzt fiel ihm auf das die Mechaniker ein Hüllensegment seines Jägers, auf dem sich ein oranischer Pilot mit einem Doppeltreffer verewigt hatte, nicht ersetzt sondern nur grob verschweißt hatten.
Wieder zuckte ein tödliches Lichtgewitter vorbei und grub sich tief in eine feindliche Fregatte. Wie in Trance schoss er auf den nächsten Jäger und verwandelte ihn in eine Gaswolke. Dann jagte er mit seiner Gruppe dicht über dem Rumpf der Nemesis hinweg. Flammenausbrüche zeigten an wo die Treffer erfolgreich gewesen waren.
„Aufpassen“, meldete sich Douglas über Funk. „Sie ziehen uns ziemlich in die Breite. Schlachtschiff Suthar, ändern sie mit ihrem Zug die Position und schließen sie die Lücke. Sharks, ihr sichert solange.“
„Jawohl Sir“, antwortete ihm Parker bissig.
„Hey, was macht der im Cockpit?“ fragte Marcus verwirrt.
„Douglas kann es sich nicht leisten in dieser Lage auch nur einen Mann in der Brigg zu lassen. Hier ist er wenigstens nützlich.“
Während die Kampfschiffe langsam ihre neuen Stellungen bezogen jagten Chris und Marcus um das Heck eines Warriors herum und überschütteten eine kleine Gruppe Javelins mit Tonnenweise Energie. Die beiden Maschinen platzten auf und hinterließen nichts als einen schnell verlöschenden Feuerball. Dann jagten sie wieder vor zum Bug des Kreuzers der ein Schlachtschiff unter Dauerfeuer nahm. Die grünen Strahlen der Disruptoren fügten dem Schiff schwere Schäden zu.
Plötzlich schien das Weltall vor ihnen zu flackern. Sekunden später tauchte eine weitere, feuernde Oranische Flotte aus der Verzerrung aus.
„Achtung Schlachtschiff Suthar, sie haben Besuch“ hörte er Douglas brüllen.
Das Schlachtschiff war immer noch dabei die Position zu ändern und konnte so den Angreifern außer den Geschütztürmen keine Gegenwehr leisten. Nach zwei konzentrierten Salven der gesamten Flotte brachen die Schilde zusammen, nach der dritten brach die Hülle brennend auf und nach der vierten explodierten die Treibstofftanks. In einem gewaltigen Feuerball verging der Stolz der vierten Flotte; ihr Ende hatte nicht mal dreißig Sekunden gedauert. Ihr glühendes Skelett hing wie ein unwirklicher Geist im Raum.
„Neue Ortung“, rief jemand.
„Die neue Flotte setzt Jäger ab“, sagte jemand anderes. „Boomerang Bomber mit Javelin Eskorte.“
„Abfangjäger, nehmen sie sich die vor. Sie dürfen nicht durchstoßen.“
„Cat eins hat verstanden. Los geht´s Jungs. Die schnappen wir uns.“
Chris sah wie sich die schnellen Maschinen aus dem Gefecht lösten und sich auf die neuen Feinde stürzten.
„Sharks, haltet ihnen den Rücken frei“, bellte Parker.
Auf halbem Weg zwischen den Bombern, den Starcats und der Oranischen Flotte zuckte ein volle Breitseite mitten durch ihre Formation. Zwei Galaxys waren nicht mehr.
„Sie sind ziemlich schnell“, rief einer der Piloten nervös.
„Alle Energie auf die Triebwerke. Raketen klarmachen. Feuer“, befahl der Staffelführer seinen Leuten.
Blassblaue Linien zogen von den Starcats weg und jagten auf die Bomber zu. Doch stattdessen zog eine Staffel der Javelins mitten in die Flugbahn der Raketen hinein. Die Piloten opferten sich für die wesentlich langsameren Bomber. Anscheinend war das was sie vorhatten wirklich wichtig.
„Nicht aufhalten lassen“, rief Cat eins als die beiden Formationen aneinander vorbei schossen. „Wir kümmern uns um diese Bomber.“
Nur Sekunden später hatten auch die Sharks die Kampfzone erreicht und eröffneten das Feuer. Ein Javelin nach dem anderen verging im konzentrierten Energiehagel.
„Sie sind schon zu weit weg“, rief jemand fast panisch.“
„Nein, wir haben sie fast“, sagte Cat eins entschlossen. „Raketen Feuer.“
Wieder sprangen aus den Rümpfen kleine Sprengköpfe und rasten auf die Bomber zu. Dieses Mal hatten die nur ihr Heckgeschütz zur Verteidigung. Und das war zu wenig. Ein Geschoss nach dem anderen bohrte sich in die Rümpfe und ließ sie in teilweise spektakulären Explosionen ihr Ende finden.
„Ja, wir haben sie“, schrie ein anderer Pilot und drehte dabei seine Maschine um die Längsachse.
„Aber einige haben es geschafft noch irgendwas abzuschießen.“
„Was es auch ist“, meldete sich eine andere Stimme. „Die Bodenverteidigung wird es schon runter holen.“
Tatsächlich waren jetzt in der oberen Atmosphäre kleine Feuerbälle zu erkennen.
„Das sieht aber seltsam aus“, sagte Cat eins der der ganzen Sache noch am nächsten war. „Abwehrfeuer sieht sonst immer anders aus.“ Bei den letzten Worten verschluckte er fast seine Stimme. „Nein, nein, nein“, begann er dann entsetzt zu stammeln. „Das ist kein Abwehrfeuer. Da brennt etwas, aber was?“ Cat eins keuchte. „Die Atmosphäre. Die Atmosphäre brennt. Bei allen Sonnen, der Himmel brennt! Thera brennt!“
Chris warf den Jäger herum. Vor ihm, dort wo die Geschosse explodiert waren breiteten sich kleine Feuerkugeln aus. Sekündlich wuchs ihr Durchmesser. Er schätzte das jede bereits etwa
Hundert Meter groß war. Dann vereinigten sich die ersten Kugeln.
„Was bei allen Sonnen“, keuchte Marcus als er die Feuerwand sah.
Die Kugeln wurden immer größer und größer, und als sie in ihrem Einschlaggebiets keinen Sauerstoff mehr vorfanden begannen sie wie ein Feuersturm über Thera hinweg zu jagen. Das betroffene Gebiet war jetzt bereits einige hundert Kilometer groß. Mit rasender Geschwindigkeit fraß sich die Feuerwand vorwärts und vernichtete alles in ihrem Weg. Wälder wurden zu Asche, Wasser verdampfte schlagartig und Städte wurden zu rauchenden Ruinen.
In Tessa´s Magen wurde es eiskalt. Sie war kurz davor in ihren Helm zu kotzen, doch sie beließ es dabei ihren Galaxy herumzureißen. Fast nebenbei brachte sie dieses Manöver auch aus der Schusslinie eines Javelins der sich hinter sie gesetzt hatte. Sie reduzierte ihre Geschwindigkeit auf Null und sofort raste der Orani an ihr vorbei. Sie drückte auf den Auslöser und jagte anschließend durch die Wolke aus expandierenden Gasen hindurch.
Direkt vor Parker´s Augen ging Thera in Flammen auf. Das Feuer war so hell das die Sichtscheibe automatisch abdunkelte. Dann glaubte er das Feuer riechen zu können, aber es stank er nach etwas verschmortem. Als kleine Rauchfahnen in seinem Cockpit aufstiegen bemerkte er das dass Feuer ziemlich real war. Und es war viel zu nahe. Seine gesamte linke Tragfläche stand in Flammen, dazu noch das halbe Heck. Während er versuchte des Feuers Herr zu werden bemerkte er noch zwei Dinge. Das erste war das sein Steuer kaum noch funktionierte; das zweite war das sich direkt vor ihm eine feindliche Fregatte mitten im Todeskampf befand. Es dauerte nur wenige Sekunden bis sich sein Galaxy in die Hülle fraß und in einem Feuerball mit dem Schiff verschmolz.
An Bord der Crusader und auf allen anderen Schiffen der Verteidiger rief das eben erlebte ähnliche oder noch schlimmere Verhaltensweisen hervor. Eine ganze Reihe von Besatzungsmitgliedern war entweder stocksteif mit auf das brennende Thera gerichteten Blicken stehen geblieben, andere ließen ihre Instinkte den Sieg über ihre Ausbildung erringen und schienen vollkommen kopflos fliehen zu wollen. Bloß wohin?
„Ich hätte ganz gerne wieder eine arbeitsfähige Crew“, sagte Douglas ruhig zu Whiley. „Denn ich hänge ein wenig an meinem Schiff.“ Innerlich jedoch war auch dem kotzen nahe und ebenso bleich wie Whiley. Schließlich sah man nicht jeden Tag Millionen sterben. Nur aufgrund seiner großen Erfahrung behielt er eine äußerliche Ruhe bei. Sein Kopf allerdings raste und beschäftigte sich mit einem anderen, höchst wichtigen Problem.
Whiley nickte nur kurz und begann sich dann an die Arbeit zu machen. Mit klaren, eindeutigen Worten, vor allem aber den daraus resultierenden Konsequenzen brachte er das Brückenpersonal wieder ins hier und jetzt zurück. Das wiederaufnehmen ihrer eingestellten Arbeit lenkte sie von dem schrecklichen Ausblick dort draußen ab. Dann ließ er einen Komkanal zur restlichen Flotte öffnen und setzte dort sein Werk fort. Nach und nach erwachten die meisten Schiffe aus ihrer Benommenheit. Allerdings lange nicht alle. Einige flohen weiterhin kopflos. Andere blieben weiterhin regungslos und wurden zu leichten Zielen für die Orani.
„Danke.“
„Soll ich die anderen Flotten auch rufen?“
„Ja. Aber ich möchte sie alle nur etwas fragen?“
„Und was?“
„Erstens will ich wissen wie viele Schiffe, Jäger und Nachschub sie noch verfügen. Und das zweite, wichtigere ist; wer kommandiert die einzelnen Flotten.“
Es dauerte eine ganze Weile, dann kamen die Ergebnisse. Sie waren alle extrem schlecht. Kaum Jäger, kaum Munition, kaum Treibstoff. Und kaum Schiffe und Jäger. Aber noch niederschmetternder war die Personalliste. Ein Warrior Kreuzer wurde vom Chefingenieur kommandiert, andere Schiffe von jungen Offizieren. Es war niemand mehr dabei der dienstälter war oder einen höheren Dienstgrad hatte als er. Die Flottenführung mit Flottenadmiral Reyness war ebenso zerstört wie der Clanrat, das politische Führungsgremium. Douglas wusste was das für ihn bedeutete. Und es ließ ihn nicht gerade vor Freude jubeln.
Erst als seine Warnanzeige blinkte konnte Chris wieder einen klaren Gedanken fassen. Jedenfalls soweit das die Lage zuließ. Er ließ den Jäger herumwirbeln und feuerte aus nächster Nähe auf seine Verfolger. Beide wurden zerrissen und schlugen als Trümmerteile gegen seine Hülle.
Was jetzt geschah war unheimlich. Schreie, die man nie aus dem Mund eines zivilisierten Lebewesens erwartet hätte, erfüllten den Funk. Was jetzt geschah, das war das perfekte Ergebnis einer Jahrmillionen dauernden Evolution. Eine derartige Schmach verlangte nach Sühne. Chris sah noch einmal nach Thera hinüber. Keine fünf Minuten waren seit dem ersten kleinen Feuerball vergangen. Von seiner Heimat war nur noch ein trostloser, grauer, atmosphäreloser Friedhof übrig. Die Orani hatten ihre Verwirrung und ihre Angst hervorragend ausgenutzt. Ein Teil der Schiffe die noch Minuten zuvor feste Glieder in ihrer Verteidigungskette gewesen waren trieben jetzt als Wracks durch´s All. Rauschen erfüllte seinen Kopf, er kannte nur noch ein Gefühl. Ein Gefühl das in diesem Moment alles rechtfertigte. Von Rache erfüllt zog er den Galaxy herum und feuerte. Jeder Schuss war ein Treffer. Er schoss auf jedes sich bietende Ziel, tötete ohne Hemmung. Jetzt war alles egal. Die Orani hatten die neue Meßlatte für Grausamkeit gelegt, was er tat war weit darunter. Er war nicht allein. Um ihn herum taten es andere ihm gleich, fielen Jäger über Schlachtschiffe her, zerstörten ihre Kommandobrücken oder schossen auf die Decks mit den Bodentruppen. Bei ihm hatte ein Tunnelblick eingesetzt der sich auf jedes sich bietende Ziel richtete und es gnadenlos vernichtete. Neben sich konnte er Marcus ebenso brüllen hören. Schnell überstiegen die Verluste der Orani ihre eigenen, doch es kamen immer neue Feinde.
„An alle Schiffe“, meldete sich Douglas schließlich kraftlos. „Ich habe den automatischen Notsprung befohlen. Alle Schiffe bewahren Funkstille und bleiben in Bereitschaft. Viel Glück. Douglas Ende.“
An Chris´ Konsole leuchtete eine Diode. Er hatte den Sprungkurs empfangen. In seiner Rage fragte er sich warum Douglas das tat. Aber als Er die ersten Schiffe flüchten sah erkannte er warum. Er begann wieder normal zu denken. „Weil es hier nichts mehr gibt wofür wir kämpfen können“, erkannte er schließlich. „Und dann ist ein Kampf sinnlos und es ist besser so viel zu retten wie man kann.“ Geistesabwesend steuerte er seinen Jäger auf Sprungkurs. Seine KI gab klägliche Geräusche von sich als er noch einmal Thera ansah. Der Anblick war schmerzhaft. Eben noch eine blühende Welt, jetzt ein Grab für Abermillionen. „Sie werden bezahlen“, schwor er bevor er seine Hyperraumantriebe zündete und in Sicherheit sprang.

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:51

System: Eshol
Oranisch – Luurianisches Grenzgebiet
Nahe des galaktischen Kerns
Zur gleichen Zeit

Herumtreibende Schiffe waren für die meisten Lebewesen die durch den Raum reisten ein Grund zur Freude. Zwar gab es ein potenzielles Risiko was die Bergung oder Ausschlachtung betraf, aber meistens rechtfertigte der Aufwand den Profit. Vorausgesetzt natürlich man war der erste der das Wrack fand. Doch dieses Schiff war anders. Es torkelte auf einem unberechenbaren Kurs umher, ohne Antriebsaggregate und Lichter. Aus seinem inneren jedoch glühte es gespenstisch grün. Hätte ein etwaiger Beobachter genauer hingesehen so wäre ihm jedoch sofort aufgefallen das dass Glühen keinesfalls von einem zerstörten Hauptreaktor herrührte. Vielmehr wurde es von den unzähligen Bildschirmen im Cockpit erzeugt die ihr Fahles Licht auch auf die Gesichter der beiden Piloten warfen. Auf den Monitoren erschien eine Vielzahl unterschiedlichster Signale, von technischen Parametern und Echtzeitbildern bis hin zu normaler Kommunikation. Aufgefangen wurden diese Daten von den äußerst leistungsstarken Sensoren im Bug des Langstreckenjägers. Von dort aus wanderten sie durch den Navigations und Hauptrechner und wurden schließlich an die Bildschirme weitergeleitet. In jeder Sekunde brach eine wahre Datenflut über den kleinen Jäger hinein. In diesem Moment zeigten die Sensoren die Bilder einiger weit entfernter Schiffe. Auf diese Entfernung war es schwer etwas zu erkennen, und obwohl sie keine Zeit für eine Analyse der Bilder hatten wussten die beiden Piloten was da vor sich ging. Etwa ein Dutzend Schiffe, fremdartig organisch geformt und in silberne und grüne Farben gehüllt standen einem weiteren, ebenso fremden Schiff gegenüber. Das war jedoch wesentlich kleiner, aber man konnte seine Stärke erkennen. Zwischen den beiden Seiten gab es heftige Kommunikation. Eine Mischung aus tiefem Summen und elektronischem Tschirpen ging von beiden Seiten aus. Schließlich endete die Übertragung mit einem kurzen und heftigen Signal des kleinen Schiffes, dann wendete es und beschleunigte mit seinen Begleitschiffen, die erst jetzt hinter seinem Rumpf sichtbar wurden, in die Lichtgeschwindigkeit. Die Hände der Piloten hackten auf die Tastatur ein bei dem Versuch den Abflugvektor der Flotte zu erfassen. Und obwohl ihnen das gelang hämmerte einer der beiden fluchend seine Hand auf seine Sessellehne. Er entschied dass sie genug gesehen hatten. Mit zwei Tastendrücken lud er die Daten in eine Sonde hinunter und legte seine Hand auf den Abschussknopf. Der Copilot stieß seine Hand weg und hob den Finger an die Lippen. Dann deutete er mit der anderen Hand auf die dort draußen liegenden Schiffe. Die Botschaft war klar. Doch der andere gab nicht nach. Energisch den Kopf schüttelnd drängte er den Arm beiseite und drückte den Knopf. Obwohl der Abwurf der Sonde fast unhörbar war kam er den beiden unheimlich laut vor. Sofort danach änderte sich das Signalschema der weit entfernten Schiffe. Sie drehten sich in ihre Richtung und begannen den Bereich um den Jäger zu scannen. Wütend und fassungslos verpasste der Copilot dem anderen einen Schlag. Dann zündete der die Triebwerke, riss die Maschine herum und beschleunigte. Das Schiff erwachte wieder zum Leben. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren bereiteten sie sich auf den Sprung vor. In dem Moment tauchte keine zwei Klicks vor ihnen ein Schiff aus dem Nichts auf. Der Jäger, so schätzten sie das Schiff aufgrund seiner Größe ein, erschien einfach so vor ihnen, ohne Sensorecho, und feuerte. Weiße Lichtstrahlen fraßen sich durch die Schilde und nagten an der Hülle. Der Pilot griff nach dem Knüppel und versuchte die Maschine herumzureißen. In dem Moment explodierte seine Steuerkonsole und überschüttete ihn mit einem tödlichen Regen aus Funken und geborstenem Metall und Glas. Er war sofort tot. Ein weiterer Treffer erschütterte das Heck, worauf die Feuerwarnlampe hektisch zu blinken begann. Eines der Triebwerke war nicht mehr. Gleichzeitig fielen die Lichter aus. Der letzte Schuss zerfetzte die Steuerung. Eine Wolke kondensierender Luft strömte heraus und das Schiff begann sich um die Längsachse zu drehen. Der Angreifer zog noch eine letzte Schleife, dann verschwand er innerhalb weniger Sekunden wieder im nichts. Zurück ließ er nur den unkontrolliert dahin treibenden Jäger, dessen Tarnung jäh zu seinem Schicksal geworden war.

-
-

System: Thera
Planet: Thera

30. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Die Nikka schwenkte in einen hohen Orbit ein, und Admiral Viljhe wurde zum ersten Mal das gesamte Ausmaß der Zerstörung. Neben unzähligen zerstörten Schiffen fesselte ihn der Anblick jener toten Steinkugel die einmal eine blühende Welt gewesen war. Captain Jinthsa stand neben ihm, seinem Gesichtsausdruck nach war er äußerst zufrieden.
„Darf ich wissen warum sie so fröhlich sind Captain?“ fragte er Jinthsa.
Der räusperte sich und sah ihn an. „Nun, wir haben die Heimat der Theraner erobert. Wir haben eine große Schlacht für uns entschieden. Und bald wird dann auch wohl der Krieg vorbei sein.“
„Sie irren sich Captain“, sagte Viljhe fast beiläufig. Ihre ersten beiden Punkte treffen zu, aber im letzten Punkt irren sie sich.“
„In wie fern?“, fragte Jinthsa leicht irritiert.
„Sehen sie, wir haben zwar Thera erobert, was ganz klar unser Ziel war, aber ein Großteil der noch aktiven theranischen Flotte konnte entkommen. Sie haben sich uns entzogen und werden unzweifelhaft Gegenmaßnahmen vorbereiten.“
„Sie werden nicht weit sein. Wir haben viele Schiffe zerstört oder schwer beschädigt.“
„Das bedeutet nur dass sie noch schwerer zu finden sein werden“, führte Viljhe den Satz fort. „Aber egal wo sie jetzt sind, sie sind nicht kampffähig.“
Jinthsa runzelte die Stirn und sah ihn fragend an.
„Wir haben den Theranern das genommen für das sie immer gekämpft haben. Wir haben ihnen ihr Herz heraus gerissen.“
„Und das bedeutet?“
„Das bedeutet dass sie entweder total demoralisiert sind, ohne Nachschub, ohne einen Ort wo sie hingehen können da ja bereits alles von uns kontrolliert wird. Oder sie sind in einem Zustand irrer Raserei, in einem Blutdurst. In dem Fall müssen wir einfach nur warten bis sie sich gegenseitig zerfleischen und dann die Reste zerschlagen.“
„Sind sie sich da so sicher Admiral?“
„Schon bald werden sie anfangen nach den Schuldigen zu suchen. Der kleinste Hinweis wird ausreichen und sie werden aufeinander losgehen. Das wird nicht schön werden, erst Recht nicht für die Theraner.“

-
-

System: Eliara
Planet: Eliara V

Eine Stunde nach der Landung im Hangar der Whirlwind versammelten sie sich im Besprechungsraum. Als alle Platz genommen hatten ergriff Maynard das Wort. „Norham und ich haben uns mal angesehen was ihr da mitgebracht habt. Zuerst die Sache mit der Kontrollstation. Das war sehr gute Arbeit. Auch wenn sie bei weitem nicht die Situation zeigt die wir alle gerne hätten so sind wir dadurch immerhin dazu imstande ein Lagebild aufzubauen; und das wird unsere zukünftigen Operationen erheblich erleichtern. Wir wissen jetzt was uns erwartet, dadurch können wir mit weniger Risiken Einsätze planen. Das war saubere Arbeit, gut gemacht. Dann zum nächsten Punkt. Ich hatte damit gerechnet dass ihr auf Orani treffen würdet, allerdings eher in der Basis und nicht draußen auf offenem Gelände. Anscheinend liegen ihre Prioritäten anders als wir dachten; warum sollten sie sonst die Basis stürmen und nur so wenig Personal zurücklassen, dazu noch nicht einmal Spezialisten die die Anlagen dort bedienen können. Anscheinend ging es ihnen wirklich nur um dieses komische Zeugs.“
„Sigron D“, warf Lewis dazwischen.
„Genau“, fuhr Maynard nickend fort. „Die anderen Trupps die ich losgeschickt hatte haben alle ähnliche Berichte abgeliefert. Teilweise sind ihnen die Orani mit vollen Frachträumen davongeflogen und haben wesentlich sinn- und wertvollere Sachen zurückgelassen. Aus irgendeinem Grund scheint das Zeug für sie von höchster Wichtigkeit zu sein.“
„Es wird in Antrieben verbaut“, merkte Bolton an. „Vermutlich brauchen sie es für neue Schiffe.“
„Aber dann hätten sie auch die Schläuche und Ventile dafür mitnehmen müssen“, antwortete ihm Lewis. „Ohne die passenden Behälter nützt es ihnen nichts. Und bislang haben sie immer nur die Lagerzylinder gestohlen.“
„Vielleicht haben sie davon noch genug und brauchen nur das Gas an sich.“
„Soweit ich weiß ist Oranische Technologie zu unserer vollkommen inkompatibel. Sie würden ein gewaltiges Risiko eingehen wenn sie versuchen würden es zu kombinieren.“
„Aber vielleicht ist es ihnen geglückt?“
„Das wissen wir nicht“, sagte Maynard und übernahm wieder das Wort. „Aber es wird ihre Aufgabe sein das herauszufinden. Analysieren sie diesen Navcomputer. Wenn nötig schließen sie sich mit den Techs vorne an der Sensorstation kurz, die werden ihnen helfen. Ich gebe ihnen die Berichte der anderen Trupps. Finden sie heraus was die Orani mit dem Zeug vorhaben. Wegtreten.“
Die Soldaten nickten und verließen den Raum. Dan machte sich als letzter auf den Weg, wurde aber sofort wieder vom Admiral zurückgehalten.
„Einen Moment noch“, sagte Maynard ruhig. „Es gibt da noch einen Punkt. Diese Sache mit den Bewohnern.“
Dan schluckte hart. „Wir konnten sie doch nicht so da liegen lassen“, sagte er tonlos.
„Das war sehr gut“, sagte Maynard anerkennend. „Nein wirklich. Das war eine der besten Entscheidungen die sie bislang getroffen haben. Indem sie die Toten desintegrierten schützten sie sie vor jedem weiteren Zugriff durch die Orani. Und wenn es auch nicht so gut war wie ein Feuer, so haben sie wenigstens dafür gesorgt dass diese Leute würdig davonscheiden. Im Vergleich mit den unzähligen Toten der letzten Wochen ist das nahezu ein Luxus. Eine solche gute Tat wird ihnen das Schicksal sicher entlohnen.“
„Darum ging es mir nicht.“
„Das weiß ich doch. Aber jetzt bitte ich sie darum Captain; viel zu viele sind bereits gestorben, Sogen sie dafür das es nicht umsonst war.“
„Ja Sir“, antwortete Dan und verließ den Raum.
Maynard blickte ihm noch einen Moment nach als ein Ruck durch das Schiff ging. Die Whirlwind begann sich zu drehen und beschleunigte. Er drückte ein paar Tasten, dann öffnete er einen Kanal zur Brücke.
„Steuermann, hier spricht Admiral Douglas. Ich hatte angeordnet dass wir unsere Position halten. Warum bewegen wir uns?“
„Äh, Nun ja Sir. Das, äh, sind nicht wir“, antwortete der Pilot hörbar verwirrt.
„Was soll das heißen?“
„Wie es scheint folgt die Whirlwind einem Kommandosignal.“
„Wie bitte?“
„Die Whirlwind hat vor wenigen Minuten ein kodiertes Kommandosignal empfangen. Daraufhin hat sie selbstständig die Hauptgeneratoren gestartet und geht jetzt auf den ihr vorgegebenen Kurs.“
„Lieutenant, die Whirlwind ist eines der größten und wichtigsten Schiffe der Flotte. Ein dahergelaufenes Kommandosignal ist niemals dazu befugt einem Trägerschiff Befehle zu erteilen.“
„Das ist ja das ungewöhnliche Sir“, versuchte der Steuermann zu erklären. „Es ist kein einfaches Signal. Es identifiziert sich als Notfallkommando des Oberbefehlshabers der Flotte.“
Auf dem Bildschirm vor Maynard tauchte jetzt das Signal und der Code auf. Norham, der die ganze Zeit still daneben gestanden hatte fiel die Kinnlade nach unten. Das Signal war nur für den absoluten Notfall gedacht, und es war echt. Wer immer es ausgelöst hatte, er musste einen wirklich triftigen Grund dafür haben. Mit seiner Priorität überging es sämtliche Befehle und lenkte die Whirlwind und ihre Begleitschiffe ihrem neuen Ziel entgegen.

-
-

Tiefraum
Direkt außerhalb des Thera Systems

Der Notsprung war wesentlich kürzer als alle erwartet hatten. Die meisten waren immer noch unfähig das gesamte Ausmaß der Katastrophe zu erfassen. Aus dem Funk drangen die unzähligen durcheinander plappernden Stimmen der geschockten Überlebenden. Ganz plötzlich war das Adrenalin weg gewesen. Und das führte dazu das die meisten beinahe totmüde umfielen. Andere suchten sich verschiedene Wege um das erlebte zu verarbeiten. Dies führte zu einem extrem schlechten Zustand der Sanitäranlagen. Wieder andere versuchten sich den Schock durch sinnfreies, ungebremstes reden aus dem Körper zu arbeiten. Nur die wenigsten taten irgendetwas sinnvolles. Kaum einer fragte nach ob Freunde, Bekannte oder Verwandte in dem zerschlagenen Haufen waren. Alle waren froh das ganze selber möglichst heile überstanden zu haben. Aber das würde früher oder später wie ein Hammer wieder auf sie herabschlagen.
In dem allgemeinen Durcheinander versuchten Douglas und Whiley die zusammen gewürfelten Schiffe zu ordnen. Ein paar schwer beschädigte Schiffe mussten aufgegeben werden, die betroffenen Crew´s mussten von anderen Schiffen aufgenommen werden und letztlich mussten die verbliebenen Raumjäger, zerschlagen und mit wenig Treibstoff, auf viel zu wenig Trägerschiffe aufgeteilt werden.
Douglas saß in seinem Sessel auf der Brücke der Crusader und gab Befehle aus. Er wusste dass die Orani bereits ihren Sprungvektor errechneten, daher trieb er alle zu höchster Eile an. Und das hatte noch einen angenehmen Nebeneffekt. Indem er von allen Höchstleistungen erwartete konzentrierten sie sich auf ihre Arbeit und hatten keine Zeit sich um das gerade geschehene zu kümmern. Douglas war sicher dass alle anderen ebenso geschockt waren wie er. Das Unfassbare war eingetreten. Alles wofür sie gekämpft hatten war verloren. Wut kam in ihm hoch, aber er unterdrückte sie, ebenso wie den Schock der tief in ihm saß. Er konnte es sich nicht leisten sich ihm hinzugeben. Das war es worauf die Orani abzielten, sagte er zu sich selbst. Ohne eine klare und direkte Führung, und einem dazu fähigen Führer, würden die Orani die Reste seiner Flotte mühelos zerschlagen können. Und damit wäre jede Chance dahin weiterhin gegen die Orani zu kämpfen. Er wusste dass zur Zeit die wenigsten Kommandanten zu solch rationalen Entscheidungen imstande sein würden. Selbst in seinem Inneren kochte es, seine Instinkte gierten nach Rache. Am liebsten hätte er jedes einzelne oranische Schiffe jetzt und sofort in einen Schlackehaufen verwandelt; aber er wusste selbst wie sinnlos dieser Wunsch war. Und er wusste dass er für zu viele Leben verantwortlich war um sich einfach gehen zu lassen. Er musste eine Lösung für diese Situation finden. In all den Übungsszenarien, Manövern und Missionen die er bislang mitgemacht hatte war niemals eine auch nur annähernd extreme Lage erwogen worden. Die schlimmsten Erwartungen gingen von einer Orbitalen Abwehrschlacht aus die er in den letzten Tagen recht erfolgreich geführt hatte. Aber jetzt war alles anders. In nur wenigen Minuten hatte sich alles geändert. Und es lag an ihm diese Lage zu meistern. Militärisch war es für ihn kein Hindernis, keine besonders schlimme Angelegenheit. Auf der anderen Seite gab es Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen um die man sich kümmern musste. Und es gab die Tatsache dass mit Thera auch die gesamte Politische Führung seines Volkes vernichtet worden war. Das waren Dinge und Entscheidungen die er nicht allein schultern konnte und auch nicht wollte. Hier musste er andere Leute mit einbinden. Leute die ebenso viel Erfahrung wie er selbst vorweisen konnten. Nur gemeinsam konnten sie es schaffen das entstandene Vakuum zu füllen. Es musste nur schnell gehen, das war ihm klar. Wenn er zu langsam war konnte er auch hier alles verlieren. Das durfte nicht geschehen.
Whiley kam zu ihm und riss ihn aus seinen Gedanken. „Alle Befehle ausgeführt, Admiral. Die Flotte ist in Bereitschaft.“
„Gut“, sagte er nickend und warf einen Blick auf die Uhr. Angesichts ihres Zustands hatte die Flotte ihre Aufgaben in Rekordzeit erfüllt. Es hatte keine Stunde gedauert bis sie wieder flugbereit waren. „Ich gebe die Sprungkoordinaten frei“, sagte er weiter und tippte ein paar Befehle in seine Konsole. „Setzten sie die schnelle Route und die höchstmögliche Geschwindigkeit. Ich möchte sobald wie möglich dort sein.“
Whiley nickte den Befehl an den Steuermann weiter der sofort seine Arbeit aufnahm. Kurze Zeit später setzte sich die Flotte in Bewegung.
Douglas war froh dass dieser Teil seines Notfallplanes funktioniert hatte. Jetzt lag nur noch der komplizierte Abschnitt vor ihm. Und dieser würde auf einem ganz anderen Schlachtfeld geführt werden, einem das er schon immer nicht gemocht, wenn nicht sogar gehasst hatte. Aber er würde es trotzdem tun. Weil er es tun musste. Weil es die letzte Chance war die er sah. Sie durften sie nicht ungenutzt lassen.

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:52

System: Outstar

31. 3. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Chris pfiff durch die Zähne als er den Galaxy aus dem Hangar der Crusader katapultierte. „Ausgerechnet hierhin flüchten wir“, entfuhr es ihm.
„Wo sind wir hier?“ fragte Tessa.
„Im Outstar System“ antwortete er ihr.
„Sollte ich das kennen?“
„Als abschreckendes Beispiel auf jeden Fall“, fiel Marcus ein. „Wenn auch nur die Hälfte der Schauergeschichten war sind die man sich so erzählt.“
„Sie sind es“, unterbrach ihn Chris.
„Sag bloß nicht du warst schon mal hier.“
„Doch sicher. Meine Eltern haben gelegentlich ein paar Frachtflüge hierher erledigt. Aber ich hätte nie gedacht das ich das System mal so verlassen erleben würde.“
„Wieso denn nicht?“ fragte Tessa neugierig.
„Früher war das hier mal der schlimmste und dunkelste Platz in der ganzen Republik. Hier herrschten Schmuggler und Schwarzhändler. Nicht mal die Flotte hat sich hergetraut, so gut waren die ausgerüstet. Wer ein bisschen auf dem Kasten hatte der konnte hier schnell viel Geld machen.“
„Oder noch schneller ins Gras beißen“, warf Marcus ein.
„Das natürlich auch. Vor allem wenn man den etablierten Organisationen oder Gangstern in die Quere kam. Aber allgemein konnte man sagen das es hier die pure Theranische Lebensart finden konnte; Großes Geld und schneller Tod inklusive.“
„Interessant“, sagte Tessa. „Und was meintest du mit verlassen?“
„Na sie dich doch um. Früher wimmelte es hier von Raumjägern, Frachtern und jeder Menge anderer Schiffe. Jetzt ist alles totenstill, nur die Freehaven Station ist noch übrig.“
„Es gibt hier eine Station?“ fragte Marcus.
„Ja, ein uraltes Ding. Die Angerianer hatten sie damals gebaut, als die Sonne hier zur Nova wurde. Nachdem sie ihre Arbeit erledigt hatten ließen sie die Station zurück. Nicht bald darauf nisteten sich hier die ersten Schmuggler ein. Das waren die ersten Tage des Outstar Systems.
Wenn die so gut ausgerüstet sind, warum sind die Schmuggler dann nicht hier und helfen uns“, fragte jemand anderes.
„Eben weil sie Schmuggler sind. Sie arbeiten lieber in Hintergrund, und sie sind recht gut darin ihre Chancen einzuschätzen. Sie verschwinden lieber anstatt sich einem offenem Kampf und damit auch der Rache der Orani zu stellen. Ihre Geschäfte können sie überall machen.“
„Wie gut waren diese Schmuggler?“
„Oh, es gab da ein altes Sprichwort. Auf Freehaven da gibt’s Sachen, die gibt’s eigentlich gar nicht.“
„Und genau dahin geht´s jetzt“, meldete sich Admiral Douglas. „Alle Schiffe setzten Kurs auf die Station. Die Jäger zuerst, danach will ich das unsere Infantrie sich mal dort umsieht.“
Die Freehaven Station lag verhältnismäßig nah. Bereits einige Minuten später begann sich eine verwinkelte Struktur gegen die umgebende Dunkelheit des Alls abzuzeichnen. Als sie näher kamen erkannten sie immer mehr Einzelheiten; röhrenförmige Segmente, die sternartig an ein diamantförmiges Zentralelement grenzten sowie riesige, trapezförmige Solarpaneele wurden sichtbar. Die ganze Station hatte einen Durchmesser von etwa einem Kilometer, die Paneele ragten etwa zweihundert Meter nach oben und unten heraus. Mit Vollschub jagten die Galaxys über die dunklen Verstrebungselemente hinweg die die verschiedenen Sektionen miteinander verbanden.
„Hat einer von euch irgendwelche Anzeigen?“ fragte Chris.
„Nein, absolut nichts, komplett verlassen“, antwortete Marcus verwundert. „Scheint als wären die Generatoren abgeschaltet. Die gesamte Station hat nicht mal genug Energie für ihre Positionslichter.“
„Ich hab ein paar Werte“, meldete sich Tessa. „Atmosphäre und künstliche Schwerkraft scheinen noch zu funktionieren.“
„Wahrscheinlich die Hilfsenergie.“
„Ich hab die Schleuse überprüft“, berichtete Marcus als er seine Maschine neben Chris setzte. „Sieht in Ordnung aus.“
Chris wechselte den Kanal. „Crusader, hier Shark sieben. Freehaven ist verlassen. Keine Abwehreinrichtungen, keine Energie auf den Hauptsystemen. Lebenserhaltung und Schwerkraft sind noch aktiv. Weit und breit kein Feind.“
„Whiley hier. Verstanden. Ich schicke jetzt die Infantrie rein. Das wird etwas dauern, also macht´s euch bequem. Aber schlaft ja nicht ein.“
Es dauerte einige Minuten, dann schälten sich die Transporter aus der Dunkelheit und dockten an die Station an. Durch die dunklen Fenster konnte Chris das Licht ihrer Helmscheinwerfer erkennen als sie weiter durch die Korridore vorrückten.
Nach insgesamt einer Stunde war es vorbei. Die Infantrie fand keine Anzeichen von Leben. Daraufhin gingen Tech-Trupps an Bord und nach einer weiteren Stunde erwachten die Generatoren der Station zum Leben. Danach machte die Crusader an einer der lang gestreckten Dockanlagen fest.

-
-

Nachdem er die Crusader an Whiley übergeben hatte marschierte Douglas durch die leeren Gänge der Station. Immer wieder musste er dabei hektisch zurückgelassenem Material ausweichen oder über halb umgefallene Verkaufsstände steigen. In den Korridoren lagen Müll und Trümmerteile herum für die sich nicht mal der letzte Schrottsammler interessieren würde. Vieles deutete darauf hin das die Schmuggler Freehaven fluchtartig verlassen hatten. Einige Leuchtpaneele unter der Decke waren durchgebrannt und gelegentlich tropfte es aus einem der freiliegenden Rohre. Im Großen und Ganzen war die Station bei weitem nicht mehr das was sie in seinen Erinnerungen einmal gewesen war. Damals, kurz nach seiner Beförderung zum Admiral, hatte er schon einmal einen Fuß auf diese Decks gestellt. Natürlich trug er damals keine Uniform und war auch nicht mit einem Kriegsschiff gekommen. Es war ein altersschwacher Transporter des Geheimdienstes gewesen, von dem aus er mit zwei ebenfalls verkleideten Stabsoffizieren eine eindringliche Besichtigungstour der Station unternommen hatte. Während sie sich durch die Massen drängten die hier arbeiteten, handelten oder auf Jobs warteten hatten sie ihn über den wahren Zweck dieser Einrichtung informiert. Damals hatte er es für ziemlich übertrieben und gewagt gehalten ausgerechnet einen solchen Ort als Rückzugsort für die theranischen Regierung auszuwählen, gingen doch die meisten Strategen davon aus einen oranischen Überfall bereits kurz hinter der Grenze zum halten zu bringen. Heute war ihm klar wie vorausschauend es gewesen war.
Er erreichte das ehemalige Büro des Stationskommandanten. Die Tür glitt zur Seite und er trat ein. Auf dem Tisch mit der Arbeitskonsole hatte sich erst eine dünne Staubschicht abgesetzt, woraus er schloss dass sie noch nicht allzu lange verlassen war. Er ließ sich in den Sessel sinken, aktivierte die Konsole und begann mit seiner Arbeit. Normalerweise hätte er auch von seinem Quartier auf der Crusader weiterarbeiten können, aber für sein Vorhaben war dieser Ort besser geeignet. Wenn er aus dem Fenster an der Rückseite sah konnte er ein Deck unter sich das Haupthandelsdeck erkennen. Kleine Läden reihten sich dicht an dicht, doch alle waren verlassen. Ihm genau gegenüber gab es eine große, rechteckige, zweiflügelige Tür. Dahinter lag das ehemalige Auditorium der Station. Dort würde die Entscheidung über den Fortbestand der Theraner fallen. Bis dahin hieß es warten. Neben dem Kommandosignal, das vor allem die noch lebenden Befehlshaber herbringen würde, hatte er Nachrichten an alle wichtigen Vereinigungen geschickt. Er hatte ihnen den gesetzten Termin genannt und verschlüsselte Sprungkoordinaten beigefügt an denen die Interessenten von seinen Jägern erwartet wurden. Von dort würden sie sie hierher eskortieren.
Er machte sich daran sich einen Überblick zu verschaffen. Nicht nur über seine Flotte. Über ihre Finanzen, ihre Regierung, über die Wirtschaft und den Handel. Er hatte seine Meinung über die Fortführung des Krieges. Jetzt begann er einen brauchbaren Plan auszuarbeiten mit dem er seinen Standpunkt untermauern konnte. Wenn er die anderen dazu bringen konnte seinem Vorschlag zuzustimmen, dann war vielleicht noch nicht alles verloren.

-
-

Die ersten kamen einen Tag später. Die Erzschürfer schickten einen Transporter mit dem Vorsitzenden ihrer Gesellschaft. Bald darauf trafen die ersten Schiffe der anderen Clans ein. Die meisten sahen nicht besser aus als seine eigene Flotte. Reparaturteams wühlten tief in den Eingeweiden der Freehaven Station um an alle erdenklichen Arten von Ersatzteilen zu kommen. Ganze Generatoren wurden ausgebaut und in die angesengten und verbeulten Schiffshüllen montiert. Am dritten Tag traf die Whirlwind ein, immer noch geleitet von seinem Kommandosignal. Er freute sich das sie es geschafft hatte, er hatte die sechste Flotte schon immer für eine der besten gehalten. Zwischendurch trafen weitere Schiffe ein. Die Kaufleute schickten ihren Abgesandten, ebenso einige Industriekonzerne. Eine schnittige, silbern glänzende Privatyacht war darunter, an Bord hatte sie den einzigen überlebenden Funktionär der Taras Inc. Schiffswerften.
„Du hast das Signal ausgelöst?“ fragte Maynard erstaunt als er in Douglas´ Quartier auf der Station saß.
„Es war meine einzige Möglichkeit“, sagte Douglas mit schwerer Stimme.
Maynard sah ihn mit großen Augen an.
Douglas seufzte. „Ich meine, wir waren dort um Thera zu verteidigen. Ohne Thera war der Kampf sinnlos. Und bei den Verlusten die wir haben wären wir mit Sicherheit innerhalb der nächsten Stunde vernichtet worden.“
„War es so schlimm?“
„Schlimmer. Wir waren ja auf alles vorbereitet, aber Ich denke niemand hat damit gerechnet das die Orani den Planeten verbrennen würden.“
„Es tut mir leid dass ich nicht da sein konnte.“
„Red keinen Schwachsinn. Mit diesen Waffen ist es ziemlich egal wie viele den Orani gegenüberstehen. Es reicht aus wenn ein einziger Jäger durchkommt. Ich hab mir die Aufzeichnungen in den letzten Tagen oft genug angesehen. Aber das ist nicht das Schlimmste.“
„Nein?“
„Thera zu verlieren ist schlimm genug, und ich will mich gar nicht anmaßen was das alles für Veränderungen nach sich zieht. Aber denk mal daran was wir auf Thera alles verloren haben.“
Maynard wurde deutlich blasser. „Ich kanns mir denken“, sagte er.
„Computerzentren, Archive, Banken, Industrien, Technologien, und nicht zuletzt die Regierung.“
„Was?“ stieß Maynard aus. „Der Rat war immer noch auf Thera?“ Seine Knie zitterten kurz, doch dann gewann er seine Fassung wieder.
„Sich vom bestgesicherten Planeten der ganzen Republik zurückzuziehen macht keinen guten Eindruck auf die anderen Bewohner. Sie haben beschlossen zu bleiben.“
„Und sind mit ihnen gestorben“, sagte Maynard halblaut nickend. „Wie viele insgesamt?“
„Alle“, sagte Douglas mit kalter Endgültigkeit. „Zusammen mit den anderen zwanzig Millionen.“
„Das ist“, setzte Maynard bebend an, aber dann versagte ihm die Stimme.
„So ging es mir auch, und den anderen bei Thera ebenso. Es gab welche die haben sich der Verzweiflung hingegeben, aber die sind jetzt auch tot. Aber das ist nicht der Punkt. Wir haben viel verloren, wir dürfen das bisschen das wir noch haben nicht auch noch verlieren. Wir müssen versuchen den Verfall aufzuhalten bevor er um sich greift.“
„Ich verstehe“, sagte Maynard. „Die Überlebenden werden kämpfen wollen. Sie werden nach Rache schreien. Und ohne eine Regierung, oder etwas ähnliches, werden sie unkontrolliert wüten.“ Er schüttelte sich. „Ich hab so was schon mal gesehen, damals als die Clans sich untereinander bekämpften. Ich will es nicht noch mal erleben.“
„Genau.“ Douglas ging hinter dem Pult hin und her. „Wenn es uns jetzt gelingt eine weitere Strategie zu entwickeln und eine Art Kontrollinstanz zu schaffen dann gelingt es uns vielleicht unseren Sturz abzuwenden. Dann können wir uns wieder um die Orani kümmern.“
„Aber dann müssen wir schnell handeln, nicht wahr.“
„Allerdings. Ich gebe den Orani maximal eine Woche bis sie uns hier aufgespürt haben. Bis dahin müssen wir damit fertig sein. Andernfalls sehe ich keine Alternative. Wenn wir nicht gemeinsam und geeint weitermachen können wir nur verlieren.“
„Eine große Aufgabe für einen einzigen Mann.“
„Deswegen hab ich sie ja alle hier her bestellt. Allein trau ich mir das nicht zu. Wir müssen das gemeinsam entscheiden.“
„Irgendwie hab ich den Eindruck dass du mich bereits fest dabei eingeplant hast.“
Douglas lächelte nur.
„Wann soll´s losgehen?“
„Morgen werden alle hier sein. Dann werden wir über unsere Zukunft entscheiden.“

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:53

System: Thera
Planet: Thera

2. 4. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Vom Fenster seines Quartiers aus hatte Admiral Viljhe einen hervorragenden Blick auf die drei Schiffe die neben der Nikka schwebten. Flankiert von zwei Nemesis Kreuzern überragten die gewaltigen Ausmaße des Kriegskreuzers selbst die des Naginata Schlachtschiffes. Die in grün und gold gehaltene Lackierung zeugte vom Stolz seines Besitzers.
„Ich beglückwünsche sie“, sagte der Orani hinter ihm mit brummender Bassstimme. „Sie haben hier einen großartigen Sieg errungen. Ich bin sicher, der Kaiser wird sie gebührend entlohnen. Ihre Anstrengungen haben uns ein bessere Zukunft ermöglicht.“
Admiral Viljhe drehte sich herum und verbeugte sich leicht. „Mein Prinz“, sagte er als er dem anderen wieder in die Augen sah. „Ich fürchte ich kann eure Überzeugung in dieser Sache nicht ganz teilen. Gewiss, wir kontrollieren alle Sonnensysteme und überwachen alle Hyperraumrouten, aber ein Teil der theranischen Flotte ist uns entkommen. Sie werden bald Probleme machen.“
„Sie sorgen sich wegen ein paar abgekämpfter, zusammengeschossener Theraner?“ fragte der Prinz erstaunt.
„Nein“, sagte Viljhe höflich. „Ich sorge mich wegen etwa dreihunderttausend Mann und mehreren Flotten.“
„Was kümmert sie das? Sie haben Millionen besiegt und dabei alles in Schutt und Asche gelegt was für Widerständler potentiell von Nutzen sein könnte. Schon bald werden diese versprengten Theraner nichts weiter sein als ein zu Grunde gehendes Geschwür. Sorgen sie sich nicht um sie. Kümmern sie sich von nun an besser um den Abbau unserer neuen Rohstoffquellen. Damit werden wir dann endgültig diese elendigen Kalrathaner bezwingen und endlich wieder für Frieden sorgen.“
„Trotzdem möchte ich sicher gehen. Ich werde Suchtrupps entsenden um sie aufzuspüren. Sobald wir sie haben werde ich sie endgültig vernichten.“
„Meinetwegen. Aber sie betreten da einen sehr schmalen Grad Admiral. Sichern von Rohstoffquellen einerseits und Aufklärungspatrouillen auf der anderen Seite. Das bedeutet ständigen Einsatz für alle ihre Einheiten. Ihre Schiffe werden darunter leiden.“
„Ihre Berechnungen basieren auf dem Einsatz meiner regulären Flotte“, erklärte Viljhe ruhig. „Glücklicherweise bin ich bald dazu in der Lage die Suche nach den Theranern einer anderen, speziellen darauf ausgerichteten Einheit zu übergeben.“
Der Prinz sah ihn interessiert an. „Sie meinen ihren eigenen Kriegskreuzer?“
Viljhes Augen wurden groß, er war sichtlich überrascht.
„Kommen sie Admiral, tun sie nicht so überrascht. Sie haben es wirklich hervorragend vertuscht. Nicht einmal unsere Geheimdienstabteilung auf Orta konnte sich ein Bild von ihren Plänen machen. Glücklicherweise fanden meine Leute einen in ihr Programm involvierten Techniker. Bei seiner eindringlichen Befragung war er recht gesprächig.“
„Lebt der Mann noch?“
„Bedauerlicherweise nicht mehr. Wir glaubten dass er mehr wissen musste. Das war leider nicht der Fall.“ Er sah Viljhe aus den Augenwinkeln an. „Also Admiral, wozu brauchen sie ein so dermaßen teures und kompliziertes Schiff?“
„Es ist kein gewöhnlicher Kriegskreuzer“, erklärte Viljhe.
„So?“
„Ja. Es war klar, das sie meine Reserveeinheiten sofort nach Kriegsende wieder an die nördliche Front schicken würden. Daher benötigten wir ein leistungsfähiges Schiff das sie ersetzen konnte. Hochgradig automatisiert und mit speziellen Programmen ausgerüstet verfügt der Kriegskreuzer über genügend Feuerkraft um unser Problem sicher zu beseitigen. Die ganz besondere KI dieses Schiffe ist sozusagen auf Theraner abgerichtet.“
„Besondere KI?“ fragte der Prinz.
Viljhe straffte sich. „Was wissen sie über die Luurianer?“, fragte er.
„Genug um zu wissen dass man sie in Ruhe lässt. Sie können ganz schön unangenehm werden.“
„Anfangs kamen wir zu dem Selben Ergebnis. Aber mit der Zeit, als wir es studierten, begannen wir zu erkennen zu was sie fähig sind. Und wir begannen zu erkennen das wir sie steuern konnten.“
„Sie haben doch nicht etwa einen lebenden Luurianer auf ihrem Schiff?!“
„Nein Nein, so etwas würde selbst ich nicht wagen. Aber es gelang uns ein abgestürztes Schiff mitsamt des KI Hirns zu bergen. Es hat lange gedauert, aber wir haben endlich einen Weg gefunden es mit unserer Technologie zu verbinden. Bald schon wird es einsatzbereit sein, und dann helfen den Theranern auch keine Versteckspiele mehr.“
Der Prinz nickte kurz mit dem Kopf. „Und es ist ganz schön teuer.“
Viljhe nickte.
„Wie ihnen bekannt sein sollte verfügen wir nicht gerade über riesige Mengen frei verfügbarer Ressourcen. Ihr Projekt bindet einiges des vorhandenen Materials. Aber gut Admiral, in ihr Projekt wurde bereits zuviel investiert. Ein Abbruch würde eher noch mehr Kosten als die Fortsetzung. Außerdem könnte ihr Schiff entscheidend zur Sicherheit in unseren neuen Regionen beitragen. Aber mehr bekommen sie nicht. Alle anderen Schiffe ihrer Reserve verlegen sofort and die nördliche Front.“
Viljhe verbeugte sich. „Ich danke euch. Ich werde euch nicht enttäuschen.“
„Das würde ich euch auch nicht raten. Wir können uns keine Enttäuschungen mehr leisten. Je eher wir die neuen Rohstoffe abbauen können, desto schneller wird sich unsere Lage entspannen und wir können unsere Flotte wieder aufstocken und die Initiative übernehmen. Ihre Arbeit hier ist wichtiger als alles andere. Denken sie daran Admiral.“
Der Prinz nickte ihm noch einmal zu, dann drehte er sich herum und stapfte aus seinem Quartier. Draußen schlossen sich ihm seine Leibwächter and und geleiteten ihn wieder in den Hangar. Keine fünf Minuten später war das grün und gold gestrichene Shuttle auf dem Kriegskreuzer gelandet und mit ihm in den Hyperraum verschwunden.
„Eine beeindruckende Person“, sagte Captain Jinthsa anerkennend als er das Admiralsquartier betrat.
„In der Tat. Ebenso offen wie subtil. Er beharrt darauf das wir uns wie faule Enten an den Rohstoffquellen niederlassen, Die Theraner werden diese Chance ohne Zweifel nutzen.“
„Mit allem Respekt Sir, aber denken sie nicht das sie diese Theraner überschätzen?“
„Es gibt da ein Sprichwort Captain. Es lautet `Die gefährlichste Waffe der Galaxis ist ein Theraner mit Zeit zum Denken.`“
„Dieses Sprichwort ist weithin bekannt Sir.“
„Und wissen sie auch auf wen es zurückgeht?“
„Natürlich Sir. Es steht als Inschrift an der Flottenakademie. Verfasst wurde es im zweiten Krieg von Admiral Shino…“ Jinthsas Augen wurden groß und er sein Blick war auf den Admiral gerichtet. „Admiral Shino Viljhe. Kennen sie ihn?“
„Es war mein Vater um genau zu sein. Er war der erste der diese Offensichtlichkeit erkannte. Unglücklicherweise nahmen die anderen Flottenoffiziere seine Erkenntnis erst Ernst als bereits alles zu spät war und unsere Expeditionsflotte nur noch ein Trümmerhaufen war. Mein Vater hat den Fehler erkannt den unsere Flotte gemacht hatte. Ich werde ihn nicht machen. Schicken sie die ersten Suchtrupps los und dann lassen sie das Shuttle klarmachen.“

-
-

System: Outstar
Freehaven Station

Die Scheinwerfer des großen Auditoriums füllten den Raum mit grellem, kaltem Licht und dennoch fühlte Douglas wie ihm kleine Schweißtropfen den Rücken herunter liefen. Er warf einen erneuten Blick auf die versammelte Menge die seinem Ruf hierher gefolgt war. Heute würde mit Sicherheit ein schwerer Tag werden. Er hatte keine Probleme damit vor Tausenden von Soldaten zu sprechen und mit ihnen gemeinsam in die Schlacht zu ziehen, aber das hier war etwas völlig anderes. Die etwa achtzig Personen die im Saal auf ihn warteten waren fast allesamt Meister ihrer eigenen schattendurchsetzten Welt; Spezialisten mit spitzen Zungen, Ränkeschmiede und Schreihälse die ihre Konflikte sowohl mit scharfen Worten als auch mit geladenen Waffen lösten. Das hier war definitiv nicht seine Arena.
„Na, bereit unser Volk zu retten?“ fragte Maynard ernst und bissig.
„Ich frag mich ehrlich ob das eine gute Idee war. Wahrscheinlich wär´s das Beste wir würden einfach weiter auf die Orani einprügeln.“
„Es ist dein Plan, es war deine Idee und du musst ihn durchziehen.“
„Wenn wenigstens die Hälfte der Leute da draußen Soldaten wären dann würde es wesentlich besser für uns aussehen.“
„Du hast doch nicht etwa Schiss?“
„Natürlich nicht“, antwortete er trocken. „Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Wenn sie das kapieren sind wir ein gutes Stück weiter.“
„Also können wir jetzt?“
„Sicher doch. Wir haben ein Volk zu retten.“
Douglas drehte sich zum Auditorium herum, straffte seine Uniform und ging mit festem Gang und aufrechter Haltung hinaus auf die Bühne. Maynard folgte ihm an seiner Seite. Bereits auf den ersten Blick bemerkte er die abwertenden, hochnäsigen Blicke und die Abneigung und die unterschwellige Spannung die in der Luft lag. Die Anwesenden hatten sich über die komplette Zuschauertribüne verteilt. Jeder Clan, jede Gruppe hatte sich ihren eigenen Raum, möglichst weit getrennt von den anderen geschaffen und beobachtete sie mit Argusaugen. Bereits im Vorfeld hatte es einige heftige Wortgefechte gegeben. Die Stimmung war gereizt. Douglas trat an das Rednerpult und schob die Datacard in den Holoprojektor.
Er räusperte sich.
„Meine Herren“, begann er. „Und mein Damen natürlich auch“, fügte er hastig hinzu als er die Clanchefin der Pritax erkannte.
Alle Augen richteten sich jetzt auf ihn.
„Ich denke ich muss ihnen nicht erzählen warum ich sie hergerufen habe. Die Orani haben uns ganz schön verprügelt und alle unsere Einheiten befinden sich auf einem fluchtartigen Rückzug. Zudem ist es ihnen gelungen die meisten Zentralwelten der Clans, inklusive Thera, zu erobern oder zu zerstören.“
„Admiral“, fiel ihm eine feine, schneidende Stimme ins Wort. Es war Evan Rawlings, Clanführer der Abeka. „Bevor sie uns hier zu Tode langweilen sollten sie sich kurz fassen. All diese Fakten kennen wir bereits. Wenn sie nichts Neues zu sagen haben schlage ich vor wir wenden uns wieder dem Krieg zu den wir zu führen haben.“
Maynard trat einen Schritt vor. „Geben sie ihm zumindest eine Chance. Er hat eine Tatsache erkannt die weitaus wichtiger als das bloße bekämpfen der Orani.“
Rawlings rümpfte verächtlich die Nase, nahm aber wortlos wieder Platz. Maynard nickte kurz und trat dann wieder hinter Douglas zurück. Der bedachte ihn mit einem dankenden Seitenblick.
„Also gut, machen wir weiter“, fuhr Douglas mit ernster Stimme fort. „Die Orani haben Thera zerstört. Das ist eine bittere Tatsache. Damit haben sie uns nicht nur einfach unsere Heimat genommen. Damit haben sie alles vernichtet was wir dort geschaffen haben. All unsere Errungenschaften, unsere gemeinsamen Leistungen, unser archiviertes Wissen, unsere Wirtschaft, nicht zuletzt unsere Regierung.“
Er konnte erkennen dass einige der Anwesenden sichtlich geschockt waren. Und die schlechten Nachrichten gingen noch weiter.
„Dazu noch unsere gewaltigen Verluste. Ich hatte nicht genug Zeit um die genau Zahl zu berechnen, aber wenn wir von vierzig Millionen ausgehen sind wir noch gut dabei. Und noch mal so viele sind mit uns auf der Flucht.“
„Und was hat das jetzt mit uns zu tun?“ fragte jemand anderes genervt.
„Ganz einfach“, antwortete er schlicht, „ das bedeutet nichts anderes als die Tatsache das nahezu alles getan haben um uns Zivilisation aus der Galaxis zu tilgen. Sie haben uns alles genommen und unser Volk in einen kopflos davonrennenden Mob verwandelt. Und sie werden zweifellos damit fortfahren bis sie jeden Mann und jedes Schiff vernichtet haben.“
„Dazu wird es nicht kommen!“, rief Rawlings.
„Ach nein?“, fragte Douglas neugierig. „Und warum nicht?“
„Wir sind Theraner. Wir kämpfen; wir leisten Widerstand.“
„Und womit wenn ich fragen darf? Mit einer Handvoll Raumjäger und drei schrottreifen Kriegsschiffen?“
„Überspannen sie den Bogen nicht, Admiral. Ich kann mir gut vorstellen das es hier genug Leute gibt die sich bereits Gedanken über unseren nächsten Schlag gegen die Orani machen. Und mit Sicherheit hätten sie ihn bereits durchgeführt wenn sie nicht wegen ihnen hier untätig rumsitzen müssten.“
Auf der Tribüne erhob sich ein Stimmengewirr aus Zustimmung und Ablehnung. Als Douglas sich kurz zu Maynard umsah ertappte er ihn dabei wie er genervt die Augen rollte.
Auf dem obersten Rang des Saales erhob sich eine weitere Person. Der große blonde Mann mit dem kantigen Gesicht schnitt den anderen das Wort ab.
„Widerstand leisten zu können ist etwas anders als Widerstand leisten zu wollen“, sagte er laut und nachdrücklich. „Ich würde mit Freuden wieder gegen die Orani kämpfen und ihnen in den Hintern treten, aber ich kann einfach nicht. Die Verluste in meiner Flotte betragen über achtzig Prozent. Ich habe gerade einmal vier einsatzfähige Jäger und bin froh dass mein Träger nicht einfach auseinander fällt. Meine Personalverluste sind ähnlich hoch und wiegen am schwersten. Ich habe nur noch ein Viertel einsatzfähige Männer. Die anderen sind entweder tot, vermisst oder schwer verwundet. Von den übrigen sind fast alle mehr oder weniger leicht verwundet. Es fehlt an Material um alle Kranken zu versorgen. Unsere Sanitätsfregatte wurde zerstört und ich habe keinen Raum um diese Leute in Sicherheit zu bringen. Außerdem haben wir alle Munition und fast den kompletten Treibstoff verbraucht. Ich brauche dringendst Nachschub aus einem Depot. Am Willen soll es nicht scheitern. Aber wir sollten auch nicht enden wie der Clan Ilani.“
Für einen Moment erfüllte unheimliche Stille den Raum.
„Was meinen sie damit?“, ergriff Rawlings wieder das Wort.
„Der Clan Ilani hat sein Pflicht getan; er hat den Ilan Korridor bis zum Ende verteidigt und damit Tausenden die Flucht ermöglicht. Mein Schiff war das letzte was die Linie passierte. Anschließend gab es keinen Kontakt mehr mit den Ilani. Wir müssen davon ausgehen das sie vernichtet wurden. Gleiches gilt wahrscheinlich für Clan Deserva weiter südlich. Keine Nachrichten oder Informationen über sie. Und die Sektoren der Angori wurden ebenfalls überrannt. Sie sind ebenfalls auf der Flucht.“
„Und was hat das mit ihnen zu tun?“, hakte Rawlings barsch nach.
„Er will damit nichts anderes sagen als das es in seiner Lage ein sinnloses Unterfangen wäre weiterzukämpfen“, antwortete Douglas an seiner Stelle.
Der Blonde nickte zustimmend. „Jedenfalls alleine. Aber wenn mich andere Clans unterstützen, und wenn wir koordiniert zurückschlagen, dann sieht es schon wieder wesentlich besser aus.“
„Und wer soll ihnen dabei helfen?“ fragte Rawlings spitz. „Etwa unsere beiden Admirals hier?“
„Warum nicht“, antwortete er ruhig. „Sie haben zumindest einen Plan. Einen der weitaus viel versprechender und konstruktiver ist als ihre üblichen Wortverdrehungen die sie hier vom Stapel lassen.“
Erneut verwandelte sich der Saal in ein Durcheinander von dutzenden Stimmen. Der Lärmpegel war allerdings deutlich höher als beim ersten Mal.
„Ruhe, Ruhe verdammt noch mal!“, schrie Maynard über die streitenden Stimmen hinweg. „Genau das das ist es doch worauf der Admiral hinaus will. Alleine hat niemand von uns eine Chance gegen die Orani. Das wissen sie alle. Nur gemeinsam können wir was erreichen. Auch das wissen sie. Und dennoch haben sie hier nichts Besseres zu tun als um ihre eigenen Vorteile zu schachern. Das ist beleidigend, und in unserer gegenwärtigen Lage eine absolute Unnötigkeit.“
„Mag sein das sie Recht haben Maynard“, sagte Rawlings mit trotziger Stimme. „Aber ich werde unter keinen Umständen meine Truppen unter das Kommando eines Thera stellen. Schon gar nicht demjenigen der für dieses ganze Dilemma verantwortlich ist.“
„Ich versichere ihnen das ist absolut nicht mein Ziel“, verteidigte sich Douglas.
„Ach nein? Dafür stellen sie sich aber ganz schön in den Mittelpunkt. Als ob nur mit ihnen eine Rettung möglich wäre.“
„Sehen sie Rawlings“, antwortete er während er seine Beherrschung wieder fand. „Das ist der Unterschied zwischen ihnen und mir. Sie sind Politiker; sie wickeln die Leute um ihre Finger und nennen das Macht; und sie verstehen sich auf diese politischen Messerstechereien. Ich bin Soldat. Ich habe kein Interesse an solcher Art von Macht, ich habe einen Auftrag zu erfüllen. Und der lautet nun mal schlicht und ergreifend mein Volk zu retten. Mir ist es völlig egal aus welchem Clan oder aus welcher Schicht die Leute kommen, wenn ich sie vor den Orani schützen kann dann tue ich etwas weitaus sinnvolleres als sie mit Winkelzügen und scharfen Worten je erreichen werden.“

-
-

System: Drenaban
Planet: Drenaban IV

Nachdem dass Shuttle in den Normalraum zurückgefallen war übernahm der Admiral persönlich das Steuer des Shuttles. Captain Jinthsa beobachtete erstaunt die flinken und kontrollierten Bewegungen des Admirals. Geschickt lenkte er das kleine Schiff durch die Ausläufer der gewaltigen Raumwerften. Halbfertige Schiffe, eingehüllt in gitterartige Haltekonstruktionen und umschwärmt von einer Vielzahl kleiner Arbeits- und Versorgungsfahrzeuge erfüllten ihr Sichtfeld. Bald richtete sich sein Blick auf eines der auffälligsten Docks. Es war größer als die anderen und auch wesentlich belebter. Sie umkreisten das riesenhafte Schiff das sich dort im Bau befand zweimal bevor der Admiral eine dunkle Öffnung im Bauch ansteuerte. Zuerst hatte es winzigklein ausgesehen, aber je näher sie kamen desto deutlicher wurden Jinthsa die Ausmaße des Schiffes bewusst. In dem Hangar hätte sogar eine Korvette Platz gefunden. Nachdem das Brummen der Triebwerke erstorben war senkte sich die Heckrampe. Der Admiral nickte ihm lächelnd zu und trat hinaus in den Hangar. Dort war es kalt, selbst für Oranische Verhältnisse. Sein Atem kondensierte sofort zu einer weißen Wolke. Er sah sich um, aber der Hangar war leer. Nirgendwo konnte er eine Ehrenwache oder den Schiffsbaumeister ausfindig machen die normalerweise bei einem so hohen Besuch abgestellt wurden. Er war empört. Er zog sein Datapad aus der Uniformtasche und begann die Verfehlung aufzuschreiben. Eine solche Disziplinlosigkeit würde folgen haben. Der Admiral aber drückte nur leicht auf seinen Arm.
„Es ist in Ordnung“, sagte er nur knapp.
„Ich dachte ihr Besuch wäre angekündigt worden“, antwortete Jinthsa gekränkt.
„Sie wurden nur über die Ankunft eines Versorgungsshuttles informiert. Ich wollte nicht das sie sich unnötige Umstände machen.“
„Und damit sie ungestört das Schiff inspizieren können?“
„Sie denken schnell, Captain. Sehr gut. Ja, das war tatsächlich einer meiner Beweggründe. Kommen sie jetzt.“ Er wandte sich um, zog dabei eine weitere weiße Wolke hinter sich her und marschierte auf die Hangartür zu.
Die beiden verbrachten mehrere Stunden damit sich durch die tiefsten Eingeweide des Schiffes zu schlagen. Der Admiral wich bewusst den leitenden Ingenieuren aus, und immer wieder trafen sie auf überraschte und sprachlose Techniker von denen Viljhe sich persönlich über den Stand der Arbeiten informierte. Das Ergebnis war ein weitaus tiefgründiger Bericht, und auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, so gab es doch einige Kleinigkeiten die Jinthsa zeigten das der Admiral alles andere als erfreut war.
Schließlich wandte sich Viljhe dem letzten Teil ihres Rundganges zu. Hinter einem schweren Druckschott war nichts von dem allgegenwärtigen Bauchaos zugegen. Dieser Teil des Schiffes war komplett fertig gestellt, er verfügte über Sauerstoff und Gravitation und war blank poliert. Ein paar Meter weiter bewachten zwei Flottensoldaten ein Weiteres Schott. Beim Anblick der beiden Offiziere versteiften sie sich deutlich.
Viljhe fingerte in seiner Uniform nach seiner ID Karte. Jinthsa musste schwer schlucken. Es war eine gewaltige Anmaßung das man von einem Kommandierenden Offizier erwartete das er sich identifizierte. So etwas war der Karriere des Fragenden selten zuträglich, manchmal sogar lebensgefährlich.
„Beruhigen sie sich“, sagte der Admiral ruhig während er die Karte in das Lesegerät schob dass ihm eine der Wachen entgegenhielt. Dabei war Jinthsa sich sicher das er sich äußerlich nichts hatte anmerken lassen. „Das sind nun mal die Sicherheitsvorkehrungen. Sie wurden auf meinen Befehl eingeführt. Dieses Projekt ist zu wichtig um es durch Unvorsichtigkeit auf´s Spiel zu setzen.“
Als sie fertig waren öffnete die andere Wache dass Schott und gab den Blick auf eine Schleuse frei. Nachdem sie hindurchgegangen waren wurde es sofort wieder geschlossen. Viljhe spürte ein knacken auf seinen Ohren was auf eine Druckveränderung hindeutete. Dann öffnete sich das innere Schott. Auf dem Gesicht des Admirals zeigte sich ein verstohlenes Lächeln. Ohne zu zögern betrat er den Raum.
Jinthsa folgte ihm, doch nach nur wenigen Schritten blieb er staunend stehen. Er hatte hier den Computerkern des Kreuzers erwartet, aber es war total anders. Warme, organische blau- rot und Grüntöne gaben dem Raum ein schummriges etwas. Es bemerkte die veränderte Schwerkraft und die dünnere Atmosphäre. Am Rand des Raums führte ein breiter Laufgang um eine große Grube herum. Normalerweise befand sich dort der riesige Computer. Doch an seiner Stelle ragte dort eine gewaltige Konstruktion aus Trägern, Metallplatten, Streben, Kabeln und Rohren hervor. Einige davon waren transparent und ließen ihren Inhalt erkennen. Jinthsa konnte nur erahnen um was es sich dabei handelte. Er wandte seinen Blick wieder dem seltsamen Gestell zu. Das ganze Ding formte etwa auf Höhe des Laufganges eine Art riesiges Nest dessen Durchmesser gut sechs Meter betrug. Von der Decke des Raumes hatte man eine große, kuppelförmige Haube darüber gesenkt. Auch sie war von Röhren und Kabeln überzogen. Lediglich ein kleiner Spalt trennte die beiden Teile. Aus diesem pulsierte in regelmäßigen Abständen ein weißblaues Leuchten hervor. Es trug keineswegs dazu bei den Aufenthalt in diesem Raum angenehmer zu gestalten. Das Leuchten spiegelte sich in den Augen des Admirals.
„Faszinierend nicht wahr“, fragte er Jinthsa.
Der Captain war immer noch sprachlos, obwohl sich in seinem Kopf langsam die einzelnen Elemente zusammenfügten. Es war jetzt das erste Mal das er dieses Projekt komplett zu sehen bekam und nicht nur einzelne Teile.
„Das hier ist die erste funktionierende Verbindung zwischen trockener Materie und lebendiger Energie. Das ist das Hirn eines Luurianischen Jägers, und es ist um tausende Male leistungsfähiger als unsere besten Computer. Und, es verfügt über zwei Merkmale an denen jede Logische Intelligenz scheitert. Es kann mit Zufällen umgehen, sich anpassen und instinktiv reagieren. Außerdem verfügt es über die Fähigkeit zu schätzen und zu vermuten, und es kann auf diesen Basen Entscheidungen treffen. Diese eigene Intelligenz ist etwas völlig anderes als alles was wir bislang kennen. Und gerade weil es anders ist wird es erfolgreich sein. Sein Trieb, der Jagdinstinkt wird es leiten. Es wird in der Lage sein flexibel auf neue Situationen zu reagieren. Und mit seiner Denkweise wird endlich in der Lage sein die Verstecke der Theraner aufzuspüren und unsere Vormachtstellung endgültig zu sichern. Diese Waffe Captain, dieses Schiff wird uns den Sieg bringen.
Jinthsa sagte nichts, aber er nickte als er verstand.
„Faszinierend nicht wahr“, erklang hinter ihnen eine neue Stimme.
Viljhe fuhr auf der Stelle herum, Jinthsa´s rechte Hand griff nach seiner Pistole.
„Doktor“, entfuhr es dem Admiral scharf als er die Person erkannte. „Was bei Arah tun sie hier? Warum sind sie nicht in ihrem Labor?“
Doktor Bregao breitete die Arme aus und schien das ganze Schiff zu umfassen. „Wieso sollte ich? Das hier Admiral, das ist mein neues Labor“, sagte er in einem leicht glückseligen Tonfall.
Viljhe blieb sachlich und zuckte nur kurz mit dem Mundwinkel. „Ich kann mich nicht daran erinnern sie diesem Projekt zugeteilt zu haben.“
„Das haben sie auch nicht.“
„Dann frage ich halt noch mal. Was tun sie hier?“
Auf Bregao´s Gesicht zeichnete sich ein breites Grinsen ab. „Seine Hoheit, der Prinz, war von meinem Anteil am Erfolg des anderen Projekts derart zufrieden das er mich umgehend hierher versetzte. Als neuer Leitenden Ingenieur bin ich nun dafür verantwortlich das auch dieses Projekt
unter meiner Leitung zur Perfektion reift.“
„Dann schlage ich vor sie kümmern sich um einen neuen Zeitplan“, sagte Viljhe kühl. „Ich verlange dass mein neues Schiff so schnell wie möglich einsatzbereit ist.“
„Selbstverständlich, Admiral. Sobald die Konstruktion abgeschlossen ist und die notwendigen Tests durchlaufen sind werde ich es ihnen sofort übergeben.“

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:54

System: Outstar
Freehaven Station

4. 4. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

„Der letzte Satz hat gesessen“, sagte Maynard lachend als er mit Douglas wieder im Büro stand.
„Ich wusste dass so etwas kommen würde. Hätte ich drauf gewettet wäre ich jetzt ein reicher Mann.“
„Aber ich denke sie werden zumindest drüber nachdenken. Das ist schon mal ein Teilerfolg.“
„Das hoffe ich allerdings auch“, bekräftigte Douglas. „Ich fürchte den meisten ist nicht klar wie ernst die Lage wirklich ist.“
„Allerdings nicht“, pflichtete ihm eine neue Stimme bei.
Die beiden fuhren herum und waren sichtlich überrascht. Eine Denksekunde schloss sich an. Im Türrahmen stand die Clanchefin der Pritax. Ohne ihre auffälligen offiziellen Roben wirkte die sonst so stattliche Frau völlig unscheinbar. Dougals erinnerte sich das sie sich heute nicht an den Wortgefechten beteiligt hatte und eine beruhigende Rolle eingenommen hatte.
„Oberin Versteen“, sagte Douglas mit einem förmlichen Nicken. “Was verschafft uns die Ehre?“
Die Frau trat ein und ließ sich in einen der Sessel sinken. Sie fixierte die beiden mit wachsamen Augen.
„Das war ein guter Ansatz“, sagte sie mit ruhiger, gefasster Stimme. „Sie haben den Kern der Sache gut getroffen, allerdings gibt es da ein größeres Problem als sie vielleicht denken.“
Die beiden sahen sie fragend an.
„Die meisten dieser Leute sind es nicht gewohnt sich von Militärs bevormunden zu lassen. Ich meine das nicht abwertend, aber so ist es nun mal. Ob sie es wollen oder nicht, sie sehen diese Situation aus einem völlig anderen Blickwinkel. Und sie versuchen daher die Lage mit den Mitteln unter Kontrolle zu bringen die sie kennen. Durch die Art und Weise wie sie handeln treten sie einer Menge Leute hier auf die Füße. Sie sind Soldaten, sie sind das nicht anders gewohnt. Aber viele reagieren sehr allergisch auf eine solche Vorgehensweise“, erklärte sie weiter.
Douglas nickte ruhig, dann zuckte er mit den Schultern. „Aber, genau das ist doch der Punkt. Wir haben keine Zeit für ewig lange Debatten. Die Orani werden bald hier sein, und wenn sie Glück haben erwischen sie uns während wir hier festsitzen. Wir müssen uns schnellstmöglich wieder organisieren, wieder eine Regierung oder zumindest einen Ansatz schaffen, und wir müssen uns auf darauf vorbereiten in den Widerstand zu gehen.“
„Sie sind so wunderbar direkt“, sagte sie lächelnd. „Aber genau das hat ihnen diese heftige Gegenwehr eingebracht. Insbesondere von Rawlings Seite aus.“
„Haben sie einen anderen Vorschlag?“
Sie stand auf und blickte durch das Fenster hinunter ins Auditorium. „Sie haben ihre Fähigkeiten, ich habe meine“, sagte sie mit fester Stimme. „Überlassen sie mir dieses Feld. Vielleicht kann ich eine Lösung finden.“ Sie sah die beiden noch einmal an. Als sie bei ihnen keinen Anflug von Widerstand erkannte nickte sie knapp. „Vertrauen sie mir. Die Lage ist zu ernst für persönliche Schererein.“ Damit drehte sie sich herum und verließ das Büro.
„Und, was sagst du dazu?“ fragte Douglas Maynard.
„Sie gehört zum Clan Pritax. Die waren schon immer Vermittler. Ich denke sie hat eine Chance.“
„Hoffen wir das Beste.“ Er sah auf die Uhr. „Wir sollten für heute Schluss machen. Morgen geht es wahrscheinlich noch heftiger weiter.“

-
-

System: Thera
Oranische Angriffsflotte

Nach der Rückkehr zur Naginata hatte der Admiral sich in sein Quartier zurückgezogen. Wahrscheinlich um sich wieder etwas Neues auszudenken vermutete Jinthsa als er auf der Brücke in seinem Kommandosessel saß. Er ließ seinen Blick über die Stationen schweifen, verharrte einen Moment als er durch die große Sichtluke den toten Planeten unter sich erblickte und widmete sich dann wieder seinen Pflichten. Auch wenn der Admiral das Kommando führte, er war immer noch der Captain dieses Schiffes. Er studierte die verschiedenen Berichte der einzelnen Stationen. Die meisten waren nicht mehr als normale Routine, dennoch widmete er auch ihnen seine volle Aufmerksamkeit. Zuletzt nahm er sich den Bericht der Schiffssensorik vor. Nachdem er ihn aufmerksam gelesen hatte tat er etwas was er selten tat. Er las ihn noch einmal. Währenddessen überkam ihn ein komisches Gefühl.
„Überprüfen sie diese Werte“, wies er den Sensoroffizier an.
Der Mann begann an seiner Station zu arbeiten. Nach ein paar Minuten liefen die neuen Daten über Jinthsa´s Monitor. Er verglich die Daten, dann legte er sie auf eine Karte der umliegenden Sektoren. Dünne weiße Linien wurden sichtbar, jede in unterschiedlicher Stärke. Das war ein Anfang.
„Navigation, prüfen sie diese Kursvektoren“, befahl er.
„Der Navcomputer bestätigt die Vektoren, Sir“, meldete der Pilot. „Obwohl sie sehr knapp berechnet sind. Waghalsig wäre das bessere Wort.“
Jinthsa nickte in die Karte hinein. Er wusste dass es bestenfalls ein Glückstreffer war. Die Kursdaten waren bereits mehrere Tage alt. Aber im Moment war es alles was er hatte; und der Admiral hatte ihn gelehrt die Theraner nicht zu unterschätzen. Mit einem Tastendruck stellte er die Meldung an den Admiral durch. Zufrieden öffnete er den Kanal. „Sir, wir haben sie.“

-
-

Freehaven Station
Nächster Tag

„Total ruhig heute“, beschwerte sich Marcus als er durch die Korridore der Crusader trottete. „Auf Patrouille nichts los, und hier sind auch alle ausgeflogen.“
Chris neben ihm hörte bei seiner Jammerei wie üblich nur mit dem halben Ohr zu. Aber Marcus hatte Recht. Sowohl der Besprechungsraum, als auch der Simulator und die Messe in der sich die Piloten meist aufhielten waren leer. Nirgendwo war einer der anderen Piloten zu sehen.
„Ich glaube ich kann mir denken wo die sich umtreiben.“
„Ach ja? Und was flüstern dir die kleinen, guten Geister?“
„Ich glaub wir finden sie an dem Ort wo es mindestens genauso heiß hergeht wie bei uns.“
Marcus sah ihn fragend an.
Chris stöhnte, dann packte er Marcus am Ärmel. „Los, komm mit“, und schob ihn in den Aufzug. Nach nur wenigen Minuten hatten sie die Crusader verlassen und standen nach einem kurzen Fußmarsch auf einem großen Laufgang hoch über dem gut gefüllten Saal. Tatsächlich fanden sie hier einen Großteil ihrer Kameraden.
„Langsam wirst du mir ein wenig unheimlich“, kommentierte Marcus gepresst als sie sich den restlichen Piloten anschlossen.
In dieser Höhe kam die Diskussion von unten nur als undeutliches Gemurmel an. Gelegentlich ließ sich jemand zu einem heftigeren Ausbruch hinreißen.
Nach einer Weile kam Norham zu den beiden hinzu die sich auf die Brüstung gestützt hatten. „Und, wie sieht´s aus?“ fragte er neugierig.
„Sie reden noch“, sagte Chris.
„Sie reden noch?“, wiederholte Norham interessiert. „Das klingt als würdest du was anderes erwarten.“
„Naja, genauer gesagt reden sie schon viel zu lange. Aber der Ton ist bereits deutlich schärfer geworden.“
Passend dazu brüllte jemand sehr laut durch den Saal.
„Und worauf wartest du?“
Chris seufzte. „Bald schon werden sie dieses Stadium hinter sich lassen. Der erste wird seine Waffe ziehen um seinen Standpunkt zu untermauern, der nächste wird nachziehen weil er sich nichts gefallen lässt, jemand wird zwangsläufig schießen, ein anderer wird sterben und innerhalb von wenigen Stunden sind wir voll und ganz damit beschäftigt uns gegenseitig umzubringen. So wie es immer schon war wenn irgendwo einen Schuldigen gesucht hat. Einfacher könnten wir es den Orani kaum machen.“
Norham nickte wissend. „Ah ja, das alte Theranische Stigmata.“
„Wenn sie doch nur vernünftig wären und sich um die wirklich wichtigen Sachen kümmern würden. Als erstes sollten wir die Orani rausschmeißen, danach können wir uns meinetwegen die Köpfe einschlagen.“
Norham nickte wieder, dann sah er die beiden an. „Ihr werdet es vielleicht nicht glauben, aber ihre seid nicht die einzigen die so denken.“
Chris sah ihn fragend an.
„Wir haben weil vergessen nach dem letzten Krieg, aber einiges haben wir tief im Gedächtnis behalten. So ein Fiasko wie damals darf nicht noch mal passieren. Wobei, das was in diesem Krieg schon alles passiert ist, ist weitaus schlimmer als alles vorher gegangene. Aber einige haben das schon damals erkannt, und sie haben sich dafür eingesetzt das andere ebenfalls so denken. Ich gehöre auch dazu, und Maynard auch. Auch euer Douglas ist so einer. Und ihr beide auch. Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen dass die Elemente noch irgendwas mit uns vorhaben.“
Er sah über die Brüstung hinunter und schüttelte den Kopf. „Das da unten, das sind nur die üblichen Sturköpfe. Von denen kann man nichts erwarten. Es wird nicht leicht werden für unsere Admirals, aber sie werden das Ding schon schaukeln.“

-
-

Auf der Bühne des Auditoriums hatte Douglas echte Mühe seine Fassung nicht zu verlieren. Wie Maynard es vorhergesehen hatte ging die Diskussion mit der Schärfe weiter mit der sie am Vortag beendet worden war. Allerdings stand er nicht mehr direkt in der Schusslinie, was ihn innerlich erheblich erleichterte. Auch die oberflächliche Feindseligkeit, mit der Rawlings gestern noch gegiftet hatte war verschwunden. Immer wieder staunte er mit welcher verbalen Geschicklichkeit die Oberin am Pult die verschiedensten Angriffe abwehrte und sie in konstruktive Argumente verwandelte. Tatsächlich war es ihr gelungen einige der schlimmsten Quertreiber nahezu Mundtot zu machen und viele vorher unentschlossene hatten sich auf ihre Seite geschlagen. Trotzdem, das erkannte er, würden sie den Saal kaum mit einer funktionierenden Regierung verlassen. Mittlerweile drehte sich die ganze Diskussion um einen schier endlosen Haufen von Kleinigkeiten und unwichtigen Nebensächlichkeiten. Genau solche Dinge hatte er bei diesem Treffen außen vor lassen wollen. Ihm ging es hier nur um eine schnelle Antwort auf den oranischen Terror. Er hatte die Verantwortung neu verteilen und Grundlagen schaffen wollen. Verfahrensfragen und irgendwelche Winkelzüge hatte er dabei bewusst nicht eingeplant, sie waren im Moment nicht wichtig, die Prioritäten lagen anders. Aber anscheinend hatte er sich getäuscht. Er schüttelte sich innerlich; er würde Politiker nie verstehen.
Eine Alarmsirene riss ihn aus seinen Gedanken. Gleichzeitig piepste sein Com. Er drückte den Knopf.
„Maynard hier. Die Sensorik hat Kontakt. Die Orani sind hier. Und sie haben jedes Schiff mitgebracht das sie auftreiben konnten.“
Douglas drückte ein paar Tasten auf seiner Konsole und blickte auf den Monitor. Er zeigte unzählige Oranische Schiffe die sich der Station näherten.
„Verstanden“, antwortete er ruhig. „Wir beginnen mit der Evakuierung.“
„In Ordnung. Sie sind verdammt schnell“, stellte Maynard fest. „Ich mache meine Flotte klar.“
Douglas sah ihn verwirrt an.
„Nun guck nicht so. Wir haben hier eh alles erreicht was wir uns vorgenommen hatten. Du weißt dass einer bleiben muss um den Rückzug zu decken. Ich übernehme das.“
Douglas nickte schwer. „Ich weiß. Aber pass auf dich auf.“
„Sicher doch. Ich hab nicht die Absicht mich in Atomstaub verwandeln zu lassen. Wir werden denen auf die Füße treten und hauen ab sobald ihr gesprungen seid.“
Douglas nickte noch einmal, dann schaltete er die Verbindung ab und schob sich neben die Clanoberin am Rednerpult.
„Sie werden diese kleinliche Diskussion an anderer Stelle fortsetzten müssen“, informierte er die anderen auf der Tribüne. „Die Orani haben uns gefunden; sie beginnen bereits mit ihrem Angriff.“ Unruhe und Nervosität begannen sich auszubreiten. Einige der Anwesenden, vor allem die unverbesserlichen Streiter, schienen nur mühsam ihre Fluchtreflexe unter Kontrolle zu haben. Sie schien sich noch zu steigern als eine blökende Alarmsirene zu heulen begann. Kein gutes Zeichen bei jemandem der vielleicht einmal die Regierung stellen würde. „Wir beginnen sofort mit der Evakuierung. Die Crusader gibt bereits Navigationsdaten an alle Schiffe weiter, die Whirlwind wird unseren Rückzug decken. Ich schlage vor sie beeilen sich, der automatische Fluchtsprung startet in zehn Minuten.“
Er drehte sich um und griff die sichtlich geschockte Oberin am Arm. „Was tun wir jetzt?“, fragte sie kühl.
„Das was Militärs in solchen Situationen tun“, antwortete er ihr ruhig. „Sie folgen den Plänen die sie für genau solche Momente ausgeheckt haben. Das ist der Unterschied zur Politik. Wir sind in der Lage unabhängig von unseren Persönlichkeiten für die Allgemeinheit zu arbeiten.“ Dabei zog er sie zielstrebig aus dem Auditorium und durch die Gänge der Station. „Diese Kleinigkeiten, die sie heute so gefesselt haben, sind überflüssig.“ Er hielt vor dem Hangar an, drehte sich zu ihre herum und sah ihr offen ins Gesicht. „Sie haben eine Menge guter Leute auf ihre Seite gezogen. Reden sie denen ihre Kindereien aus und sie haben eine großartige Mannschaft. Aber handeln sie schnell, handeln sie im Namen unseres Volkes“, sagte er eindringlich. Dann schob er sie beinahe beiläufig die Einstiegsrampe eines der im Hangar wartenden Shuttles hinauf und sah ihr hinterher. Kurz bevor die sich schließende Rampe sie trennte antwortete sie ihm mit einem verstehenden Nicken. Dann wandte er sich ab und rannte zur Andockstation der Crusader hinüber.

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:55

System: Outstar
Oranische Angriffsflotte

In einer geordneten Sichelformation fiel die hastig zusammengesuchte Flotte in Sichtweite der Station aus dem Hyperraum. Trotz der gewaltigen Entfernung schlugen ihnen bereits nach wenigen Sekunden die ersten Schüsse entgegen.
„Ungezieltes leichtes Sperrfeuer“, beruhigte Jinthsa seine Brückenmannschaft als eine weitere Salve über sie hinwegjagte. „Damit verpassen sie uns nicht mal Kratzer. Starten sie die Jäger.“ Nur wenige Sekunden später fegten Dutzende kleiner, feurig leuchtender Minischiffe an der Sichtluke vorbei und hielten auf die Station zu.
„Analysieren sie ihre Verteidigung“, befahl Jinthsa dem Sensoroffizier.
„Insgesamt etwa dreihundert Schiffe. Fast alle beginnen sich abzusetzen. Nur ein paar von ihnen feuern auf uns. Sie nutzen die Schilde der Station als zusätzlichen Schutz.“
Jinthsa prüfte kurz das Taktikdisplay. „In Ordnung. Die Schiffe der rechten Flanke schneiden den Flüchtenden den Weg ab. Linke Flanke konzentriert sich auf die Station, wir übernehmen die Mitte und schnappen uns diese Schiffe von achtern aus.“
Der Steuermann änderte gerade noch rechtzeitig den Kurs als weitere Laserschüsse sie erreichten. Eine kleine Korvette direkt vor ihnen brach nach der Berührung mit den tödlichen Energiemengen in mehreren Explosionen auseinander. Ohne sich um den Verlust zu kümmern stießen die restlichen Schiffe weiter vor.
„Sir, der Beschuss wird dichter und genauer“, meldete ihm der Sensoroffizier.
„Bleiben sie auf Kurs“, befahl Jinthsa. „Das ist weit gestreuter Vektorenbeschuss, sie wollen uns bestimmten Bereichen fernhalten um ihre Jäger an uns ran zu bringen. Den Gefallen tun wir ihnen nicht.“ Wieder flammte vor der Sichtluke ein Schiff auf als es von einer Salve getroffen wurde. Die Schilde des Kreuzers leuchteten kurz bevor sie zusammenbrachen, dann verdampfte der Bug zu einer Schlackewolke. Das waidwunde Schiff scherte aus der Formation aus während die Crew versuchte es wieder unter Kontrolle zu bekommen.
„Das ist unmöglich! Woher haben sie diese Feuerkraft?“ rief jemand verängstigt von einer der Stationen.
Noch ehe Jinthsa zu einer Antwort ansetzen konnte bemerkte er bereits die Schattenartige Gestalt des Kommissars. Mit schnellen Schritten glitt er neben das Mannschaftsmitglied. Im nächsten Moment schrie der Mann schmerzerfüllt auf als der Elektroknüppel des Kommissars seinen Feigheitsanfall bestrafte.
Innerlich hasste Jinthsa diese Vorgehensweise, aber er wusste aus eigener Erfahrung dass es die einzige Möglichkeit war die jungen und unerfahrenen Mannschaften zu disziplinieren. Die Frage hingegen brachte auch ihn zum nachdenken. Es stimmte das ihnen weitaus mehr Feuerkraft entgegenschlug als er erwartet hatte.
„Anscheinend ist es den Theranern gelungen die Geschütze der Station zu aktivieren“, stellte er mit ruhiger Stimme fest. „Das ist überraschend, aber kein weiteres Problem. Eröffnen sie das Feuer, volle Breitseite aus allen Geschützen und Werfern.“
Die Waffen der Hiryu begannen zu sprechen. Die Lichtblitze und feinen Rauchfahnen waren so heftig das sich die Sichtluke auf der Brücke für ein paar Sekunden komplett verdunkelte. Als er wieder klare Sicht hatte bemerkte er deutliche Lücken in den Reihen der Theraner. Ein kurzes, zufriedenes Grinsen stahl sich in sein Gesicht.
„Sehr gut. Und das war nur der Anfang.“

-
-

Auf der Brücke der Whirlwind beobachtete Admiral Maynard von seinem Kommandosessel aus die Schlacht. Die Orani kamen ziemlich schnell näher und machten sich daran die Station einzukreisen. Er sah auf die Uhr. Bis zum Sprung waren es nur noch knapp sechs Minuten. Es würde knapp werden, aber ein Großteil der Schiffe würde es schaffen von hier zu verschwinden ohne auch nur einen einzigen Schuss abzugeben. Jetzt lag es an ihm und der Whirlwind die anrückenden Orani lang genug zu beschäftigen. Die Schäden an seinem Schiff waren zwar beträchtlich, aber den Technikern war es dennoch gelungen die wichtigsten Systeme wieder soweit her zu richten das es wenigstens wieder Gefechtsfähig war. Auf seinem Display rief er die neuesten Daten ab. Zufrieden stellte er fest dass es Norham gelungen war aus einigen versprengten Piloten wieder eine halbwegs vollzählige Staffel zusammenzustellen.
Dennoch war ihm klar dass seine kleine Flotte allein niemals eine Chance gegen die Orani haben würde. Doch er war nicht allein. In den letzten Tagen hatten seine Techniker nicht nur sein Schiff repariert, sondern auch eine kleine aber leistungsfähige Verbindung zum Zentralcomputer der Freehaven Station installiert. Über diese Verbindung war es dem Feuerleitoffizier problemlos möglich die mächtigen Waffen der Station genauso selbstverständlich einzusetzen wie die normalen Kanonen der Whirlwind. Salve um Salve tödlicher Energie schoss aus den Rohren und schlug mitten in die Oranische Formation hinein.
„Raketen und Jäger im Anflug, Sir“, rief der Sensoroffizier.
„Ausweichen, aber Formation beibehalten, Feuerfreigabe für die Geschütztürme. Jäger starten, aber sie sollen sich unter unseren Schilden verstecken. Angriff erst sobald die Orani in Nahkampfreichweite sind.“
„Ist es klug sie so nah heran zu lassen?“ fragte Norham leicht verwirrt.
„Wir sollen die Orani beschäftigen“, antwortete Maynard ruhig. „Und dazu müssen wir sie eben ein bisschen locken.“ Er sah wieder auf das große Display. Tatsächlich sah es so aus das die Orani jetzt schneller auf sie zukamen als noch zu anfangs. Ein Tastendruck auf seiner Konsole vergrößerte den Ausschnitt. Die ersten Schiffe hatten den Sprungpunkt bereits erreicht und flohen mit flackernden Triebwerken in die Sicherheit des Hyperraums.
Plötzlich begann die Whirlwind zu schwanken, und die Schilde vor der Brücke leuchteten in allen Farben des Regenbogens als die erste Salve mit voller Wucht einschlug.
„Sie sind in Reichweite“, rief der Sensoroffizier überflüssigerweise.
„Das wäre mir beinahe entgangen“, antwortete Norham zynisch während er sich vom Boden aufrappelte und wieder an seine Station trat. „Die Jäger melden Kontakt. Es sind eine ganze Menge, aber sie denken dass sie die Sache in den Griff bekommen.“
Maynard nickte zufrieden. „Feuerleitung, konzentrieren sie ihre Geschütze auf einzelne Schiffe und feuern sie nach belieben. Steuermann, versuchen sie der nächsten Salve auszuweichen. Fregatte Republica und Kreuzer Storm, übernehmen sie diese Nemesis Kreuzer.“
Die Kommandeure der beiden Schiffe nickten knapp und machten sich an die Arbeit.
Jetzt wurde das All immer farbenprächtiger. Gewaltige Energiemengen durchstießen den Weltraum und rissen alles was ihnen in den Weg kam mit in einen schnellen und heißen Tod.
Er sah wieder einmal auf die Uhr. Nicht ganz noch vier Minuten.
„Ziehen sie die restlichen Schiffe näher zusammen. Wenn sich unsere Schutzschilde überlappen können wir mehr Beschuss aushalten“, befahl er. Erneut schwankte das Schiff unter einem weiteren Treffer, direkt danach jagte eine Rotte oranischer Bomber jaulend dicht am Schiff vorbei. Er konnte das Dauerfeuer der Geschütztürme als leichtes Beben des Decks wahrnehmen.
„Wir haben drei erwischt“, rief Norham zufrieden.
„Kein Grund übermütig zu werden, es sind noch genug da draußen“, ermahnte er ihn. Dann warf er wieder einen Blick auf das Taktikdisplay. „Sie versuchen uns einzukesseln.“ Mit einer Handbewegung markierte er mehrere seiner Schiffe und gab ihnen neue Angriffsziele. Inzwischen war die oranische Flotte so nahe das er sie problemlos durch die große Sichtluke erkennen konnte. Er verfolgte einen der Laserschüsse und sah ihn effektvoll in die Flanke einer Fregatte einschlagen. Die weitere Beobachtung dieser Situation wurde ihm verwehrt als die Schilde der Whirlwind getroffen aufleuchteten. Insgesamt trafen drei Salven in schneller Folge das Schiff. Funken stoben aus gerissenen Leitungen quer über die Brücke und das unvergleichliche Geräusch berstenden Metalls erfüllte alles um ihn herum.
„Alle noch am Ball?“ rief er fragend als es wieder halbwegs still geworden war.
Erleichtert stellte er fest dass sich alle Stationen meldeten, wenn auch einige angeschlagen waren.
An seiner Konsole wechselte eine kleine Diode von rot auf grün. Das war das Signal, alle anderen Schiffe waren in Sicherheit. „Steuermann, Vollschub nach achtern“, befahl er. „Alle Schiffe sollen folgen. Feuern sie weiter, holen sie die Jäger rein.“
Erst langsam, dann immer schneller begann die Whirlwind sich rückwärts von den Orani zu lösen. Als sich der Abstand vergrößerte begann der riesige Körper der Station die Sichtluke zu füllen. Eine weitere Salve traf die Whirlwind und riss ein paar der frisch behobenen Wunden neu auf; Panzerplatten rissen ab, und schwere Metallträger fielen halb geschmolzen aus ihren Verankerungen.
„Noch so ein Treffer und es sieht wirklich schlecht für uns aus“, meldete der Steuermann. „Wir müssen hier weg bevor wir eine weitere Salve abkriegen.“
Maynard starrte grimmig auf die oranischen Schiffe über der Station. Aus den Augenwinkeln merkte er wie die grüne Diode zu blinken begann. Mit einem Daumendruck presste er die dazugehörige Taste tief in ihre Verschalung. An der Station zerbarst plötzlich ein Teil der Außenhaut in einem grellen Feuerring. Eine lange Sekunde lang geschah nichts, dann brach der Kühlkreislauf des Generators der Freehaven Station zusammen. In mehreren gewaltigen Feuerbällen platzte die Station auseinander. Umher fliegende Trümmer hagelten auf die Orani ein, riesige Splitter rissen tiefe Löcher in Schiffsrümpfe und brachten Schilde zur Überlastung.
Die größte Explosion nahm ihnen komplett die Sicht. Noch ehe sich die Trümmerwolke verzogen hatte wandte sich Maynard an den Steuermann.
„Sprung einleiten.“
Keine drei Sekunden später war die Flotte von den Sternlinien des Hyperraums umgeben und jagte nun dem nächsten Abschnitt ihres Kampfes hinterher.

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:56

Teil III: Stargazers

System: Acuan
Planet: Bonori

8. 8. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Mit brüllenden Triebwerken tauchte der Konvoi in die Atmosphäre ein. Den vier dunkelgrau lackierten Galaxys folgten vier weitere Raider, die Nachhut bildete ein leichter Kreuzer der Crow Klasse. In ihrer Mitte befand sich ihre Beute. Drei gekaperte Oranische Frachter, die ihnen bei diesem Einsatz ins Netz gegangen waren. Seit beinahe vier Monaten führten sie jetzt fast täglich solche Angriffe durch. Nachdem sie das Outstar System verlassen hatten, hatte sich die erste Flotte hier auf Bonori niedergelassen. Was anfangs nur ein kleiner Stützpunkt war, hatte sich mittlerweile in eine Zehntausend Soldaten umfassende Garnison verwandelt. Bonori war eine abgelegene und unbesiedelte Welt, die kaum selbst etwas zu bieten hatte und auf den wenigsten Karten verzeichnet war. Ihr einziger Vorteil waren die riesigen Wälder und die unterschiedlichsten Lebewesen, die es den Theranern ermöglichten auf dem Planeten Fuß zu fassen ohne Gefahr zu laufen von Oranischen Sensoren entdeckt zu werden. Zusätzlich hatten sie Maßnahmen für ihre Sicherheit ergriffen. Während auf Thera, deren Vernichtung immer noch wie ein Schock auf allen lag, die Natur perfekt in die Städte integriert worden war, so war es hier anders herum. In einem mehrere Kilometer durchmessenden, lang gezogenen Tal zwischen zwei Steilen Hängen drückten sich am Boden unzählige improvisierte Gebäude an den Boden, zwischen die Astplattformen der riesigen Bäume oder an die Baumstämme. Bereits aus ein paar hundert Metern war nichts mehr davon zu erkennen, so verschwammen sie mit der Umgebung. Die meisten dieser Gebäude dienten als Werkstätten oder Lagerräume für die Techniker die eine schier unglaubliche Menge an Reparaturen zu bewältigen hatten. Unzählige Missionen hatten sie zu den Schlachtfeldern zurückgeführt, nur um dort aus den kalten Wracks die letzten noch brauchbaren Teile auszuschlachten. Jedes davon war heiß begehrt, angesichts Dutzender kleiner und großer Reparaturbedürftiger Schiffe war das kein Wunder. Diese Besorgungen waren keineswegs einfach. Neben den Gefahren die ein halb zerstörtes Schiff zu bieten hat gab es auch immer wieder Oranische Patrouillen die die Arbeit erschwerten oder gar verhinderten und weitere Opfer forderten. Ebenso gab es Engpässe bei der Energieversorgung und beim Treibstoff. Erst die Beschaffung einer kleinen Raffinerie und eines Kraftwerks hatte Abhilfe geschaffen.
Des Weiteren hatte sich Bonori zu einem der wichtigsten Anlaufpunkte für theranische Flüchtlinge entwickelt. Es gab keine genauen Zahlen, aber Schätzungen lagen bei fast dem zehnfachen der Garnison. Positiverweise waren die wenigsten dieser Leute Hilfsbedürftige. Viele von ihnen waren Söldner oder Kopfgeldjäger. Piloten waren unter ihnen genau so vertriebene Wissenschaftler, Ärzte, Industrielle oder Computerexperten. Diese Spezialisten füllten jetzt die ausgedünnten Ränge der geschwächten Truppe und stärkten sie dadurch ungemein. Aber diese Leute mussten auch untergebracht und versorgt werden. Aber die Theraner würde sich niemals verantwortungslos an einem Planeten vergreifen, ihn also unverhältnismäßig ausbeuten, und daher war es eine der Hauptaufgaben der noch einsatzbereiten Schiffe so viele Oranische Frachter und Depots zu überfallen wie möglich und dabei auf möglichst große Beute zu hoffen.
Diese letzten vier Monate hatten auch das Gesicht der Flotte verändert. Neben den unzähligen behobenen Schäden, die wie helle Narben auf den Hüllen hervorstachen, war es vor allem die Organisation und die Disziplin die sich verändert hatten. Statt in hellem weiß war die die Flotte jetzt in ein tarnendes grau gehüllt und jedes Schiff, egal ob groß oder klein, trug einen dicken, tiefschwarzen Trauerstreifen. Auch die Jäger der Crusader folgten diesem Schema. Die Haifischmäuler am Bug der Galaxys, nach denen sich die Staffel benannt hatte, waren entfernt worden. Die Piloten hatten sich der neuen Situation angepasst und ihre Jäger mit neuen Motiven versehen. Seit fast drei Monaten kämpften die neu organisierten Wolves so gegen die Orani.
Von der Crusader im Orbit aus beobachtete Douglas die Heimkehrenden Schiffe. Zufrieden stellte er fest dass sie keine Verluste erlitten hatten. Auch wenn die Lage bei weitem nicht mehr so schlimm war wie in den ersten Wochen, so waren sie immer noch entsetzlich knapp an Material und Gerät. Dass jetzt alle Schiffe heil zurückkehrten erleichterte ihm das Leben ungemein. Er wandte sich wieder dem großen Tisch in seinem Büro zu. Die Displays in der Tischplatte zeigten unzählige Tabellen, Listen und Statistiken und informierten ihn über den Zustand und die Einsatzbereitschaft jeder Einheit unter seinem Kommando. Inzwischen waren es so viele Truppen das es normalerweise eines Sektorkommandanten benötigte um sie wirkungsvoll einzusetzen. Allerdings verfügte kaum eine Einheit über ihre normale Kampfkraft. Um die Verluste auszugleichen hatte er auf ziviles Material zurückgreifen müssen. Private Raumjäger hatte er an die Jagdstaffeln angegliedert, die geschwächten Bodentruppen wurden durch eine Reihe von Söldnern und Kopfgeldjägern aufgefrischt und normale Handelsfrachter dienten als Versorgungsschiffe. Alles war ein riesiges, aber mittlerweile koordiniertes Durcheinander. Er richtete seinen Blick auf das große Galaxisholo, das neben dem Tisch im Raum schwebte. Es zeigte den gesamten Quadranten. Die eingezeichneten Grenzlinien der Theranischen Republik zogen sich wie goldene Nähte durch ein Meer aus roter Farbe die den Oranischen Einflussbereich kennzeichnete. Es reichte vom Kern bis hinaus zum Rand der Galaxis. Doch inmitten dieser roten Masse pulsierten fünf blaue Punkte. Fünf Systeme die nicht der Oranischen Kontrolle unterlagen. Fünf von ehemals über einhundertfünfzig. Doch es wurde Zeit das zu ändern. Gemeinsam mit den restlichen Captains seiner Flotte und den Abgesandten des Interimrates hatte er sich in der letzten Zeit mehr als genug Nächte um die Ohren geschlagen. Zusammen war es ihnen gelungen nach endlosen Stunden gelungen einen Plan zu entwickeln. Jetzt war es an der Zeit ihn umzusetzen. Hinter ihm öffnete sich die Tür. Er griff nach der Datacard auf dem Schreibtisch und rief Whiley zu sich.

-
-

System: Thera
Oranische Angriffsflotte

Wütend schleuderte Admiral Viljhe das Pad mit dem letzten Bericht durch seinen Raum. Er fluchte laut und derb während er sich mit beiden Händen auf seine Konsole stützte. Kraft- und Ratlos ließ er seine Blicke durch den Raum gleiten. Der Bericht war wieder einmal keine guter gewesen, wie schon viel zu viele zuvor in den letzten Monaten. Seitdem seine Flotten die Theraner verjagt hatten; er sprach bewusst nicht von besiegt; sahen sie sich fast täglich Angriffen aus dem Hinterhalt ausgesetzt. Obwohl die Orani alle Sonnensysteme und wichtigen Einrichtungen sowie die wertvollen Erzlagerstätten kontrollierten tauchten die Theraner einfach aus dem nichts auf und säten mit ihren Blitzartigen Angriffen Angst und Verwirrung bei seinen Leuten. Auch die Verluste stiegen immer weiter an. Bei jedem Angriff verloren sie ein paar Jäger, mal auch eine Korvette oder gelegentlich einen leichten Kreuzer. Und immer wieder erbeuteten sie auch die voll beladenen Frachter. Dazu kamen die Überfälle auf die Suchtrupps die er aus seinen eh schon knappen Reserven zusammenraffte und auf Patrouille schickte. Wenn sie dann etwas fanden was wie ein möglicher Unterschlupf aussah verwandelten sie es in eine Ruinenlandschaft nur um nachher festzustellen dass sie Zeit, Treibstoff und Munition unnötig vergeudet hatten. Entweder fanden sie gar nichts oder das Objekt war bereits lange verlassen und hatte nur als Köder gedient. In der Truppe machten bereits Gerüchte und Geschichten die Runde. Einige hatten die Theraner bereits mit einigen uralten mystischen Dämonen gleichgesetzt. Andere sprachen bereits vom „Theranischen Fluch“, von der Unfähigkeit der Orani die Theraner zu besiegen. Nach den ersten Berichten seiner Kommissare hatte Viljhe umgehend reagiert. Ein paar Schnellverfahren, Strafversetzungen und Exekutionen später arbeiteten Soldaten wieder beinahe normal. Er seufzte und schlug die Faust auf die Konsole. Es war ein teures, zermürbendes und frustrierendes Versteckspiel. Diesmal war der Bericht besonders schlecht. Neben einem weiteren verlorenen Konvoi und einem Angriff auf eine Erzmine war ein Überfall auf Glavan gemeldet worden. Der tief in Oranischem Raum liegende Planet war von den Theranern aus der Luft bombardiert worden. Dabei hatten sie gezielt die dort befindlichen Fabriken für Schiffstriebwerke und Systeme sowie die Lager bombardiert und gewaltigen Schaden angerichtet. Anschließend waren sie wieder in den Hyperraum entkommen bevor auch nur ein Verteidiger zum Einsatz kommen konnte. Unglücklicherweise verfügte er nicht mehr über die Notwendigen Truppen um auch die unbedeutensten, abgelegenen und nicht kartographierten Sonnensysteme gleichzeitig abzusuchen.
Der letzte Teil beschäftigte sich, wieder einmal, mit seinem Projekt. Wieder war es zu Schwierigkeiten gekommen. Er konnte es sich nicht erklären aber es schien ihm so das diese auf beängstigende Weise zugenommen hatten seit der gute Doktor die Aufsicht dort führte. Eigentlich sollte das Schiff schon seit Monaten einsatzbereit sein. Unter seinem Kommando hätte er niemals eine solche Schlamperei zugelassen. Aber da diese unfähige Gestalt, er fand das war ein passender Begriff, unter der Fuchtel des Prinzen stand hatte er keinerlei Einfluss. Wütend ließ er beide Fäuste auf seine Konsole krachen. Es lief bei weitem nicht mehr so wie er sich das vorgestellt hatte. Er hatte die Initiative verloren, und jetzt bekam er die Quittung dafür. Das würde er ändern müssen. Bald schon.

-
-

System: Heranion
Coller –Asteroidenfeld

Dutzende kleine Raumschiffe füllten Maynards Blickfeld. Die Schiffe schwirrten wie fleißige Bienen um die Rümpfe der größeren Schiffe herum. Jedes von ihnen war ein wertvolles Teil einer größeren Einheit. Es waren eigentlich orbitale Erzschürfer, doch mit wenigen Handgriffen hatten sie Maynards Leute zu hervorragenden Baumaschinen umfunktioniert und nun dienten sie zur Reparatur ihrer schwer angeschlagenen Flotte. Zuerst hatte er sich darum kümmern müssen seine Begleitschiffe einsatzbereit zuhalten, doch nun endlich wurden auch die großen Schäden an der Whirlwind behoben. Dieser Ort war bestens dafür geeignet. Die dichten Felsformationen bewahrten seine Truppe vor der Aufklärung durch die Orani; Und da dieses Feld schon vor lang Zeit aufgrund mangelnder Rentabilität aufgegeben worden war bestand auch keine Gefahr das irgendein oranisches Bergbauteam sich auf sie stürzte. Trotzdem gab es in diesem Feld noch immer einige Abbauplätze die sie wieder in Betrieb genommen hatten. Es war seinen Technikern sogar gelungen den Generator und die Schmelzanlagen wieder in Schwung zu bringen. Damit war es ihnen gelungen die Grundlagen für tausende von Flüchtlingen zu schaffen die sich jetzt quer über das ganze Feld verteilten. In den letzten Monaten hatten sie vieles wieder aufgebaut, hatten Wohnungen, Werkstätten und Lagerräume, sogar ein kleines Krankenhaus geschaffen. Dennoch war es nicht genug. Immer mehr Vertriebene kamen hierher. Jeder brachte das Risiko mit von den Orani verfolgt zu werden. Mittlerweile reichten weder Nahrungsmittel noch Wasser aus, und auch einen sicheren Platz gab es kaum noch. Die wenigen Ärzte waren dem riesigen Berg Verwundeter Personen hoffnungslos unterlegen. Ihr Versteck stand kurz davor aus allen Nähten zu platzen. Vorteilhaft war dagegen das die meisten Zivilisten die es hierher verschlagen hatte bereit waren zu kämpfen. Fast alle hatten sich auf irgendeine Art und Weise Bewaffnet, sie brannten darauf gegen die Orani anzutreten. Wenn er die anderen Stationen besuchte konnte er sie gelegentlich bei ihren Übungen beobachten. Diese Männer und Frauen waren durchaus in der Lage den Orani mehr als nur Widerstand zu leisten. Sie waren gut ausgebildet und motiviert, aber es fehlte ihnen an geordneter Führung. Er hatte es wirklich in ihren Augen gesehen. Ein hasserfülltes Funkeln, kombiniert mit grimmiger Entschlossenheit und eisiger innerer Kälte. Er konnte es ihnen nicht übel nehmen, er selbst hätte sich auch beinahe davon übermannen lassen. Aber diese Einstellung war gefährlich. Im letzten Krieg hatte er sie nur bei wenigen gesehen, und die hatten ihre Gründe dafür. Hier aber war sie die weit verbreitete Grundeinstellung. Und das war gar nicht gut. Wenn sie nicht in Lage sein würden das zu kontrollieren dann würde sich die theranische Art gewaltig ändern. Und keineswegs zum Guten. Dummerweise gab es kaum noch voll ausgebildetes, erfahrenes und moralisch gefestigtes Führungspersonal um diese Situation zu kontern. Die meisten Kommandanten der Armee waren bei der Zerstörung Theras ums Leben gekommen, die anderen direkt an der Front. Und die wenigen die Überlebt hatten unterstanden anderen Clans. Hier aber war er der Einzige. Eine Bürde die er nicht gern übernahm. Aber er würde es durchziehen, er wusste wie dicht sie am Abgrund standen. Und dann gab es da immer noch dieses andere Problem. Es war zwar weitgehend in den Hintergrund getreten, aber es war immer noch da, wie ein schlechtes Gewissen. Er würde sich darum kümmern sobald er die Möglichkeit dazu haben würde.
Endlich riss er sich von seinen Gedanken los. Soeben betrat Norham die Brücke. Maynard drehte sich zu ihm um und musste tatsächlich kurz darüber nachdenken warum er ihn hergerufen hatte. Dann fiel es ihm wieder ein. Er griff nach dem Datapad auf seiner Konsole und hielt es Norham hin.
„Der erste Schritt nach vorn. Viele weitere werden ihm folgen.“
„Ein passender Spruch, Sir.“
„Zeigen sie´s denen.“
„Darauf können sie sich verlassen.“ Norham grinste breit und böse, griff dann nach dem Pad und machte sich dann wieder auf den Weg hinunter zu seinem Büro.
Maynard sah ihm nach. Norham war einer der wenigen der sich auch von den letzten Monaten nicht hatte unterkriegen lassen. Vielleicht war er doch nicht ganz allein.

-
-

System: Tyrion
Planet: Tarennia

10. 8. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Müde und erschöpft sank Liz Versteen in den Sessel hinter ihrem Schreibtisch. Die Anstrengungen der letzten Monate waren nicht spurlos an ihr vorbeigegangen. Und auch wenn sie und ihre Berater in der letzten Zeit alles getan hatten was in ihrer Macht stand um wieder die Grundzüge einer Zivilisation zu schaffen, doch sie musste sich eingestehen dass es ein schwieriges Unterfangen war. Abermillionen Vertriebene und unzählige Verwundete hatten ganz einfach andere Prioritäten. Diese Leute wollten Leben und von ihren Verletzungen genesen, sie wollten Vermisste Mitglieder ihres Clans oder ihrer Familie wieder finden. Außerdem wollten sie Überleben. Und das bedeutete dass sie ungeheure Mengen an Nachschub, an Wasser und Nahrungsmitteln benötigten. Zwar waren die meisten Flüchtlinge in der Lage und bereit etwas dafür zu tun, aber ohne jegliche Infrastruktur, auf einem total fremden Planeten, Vertrieben und meist nur noch mit dem ausgerüstet was sie bei sich trugen warfen selbst Kleinigkeiten große Probleme auf. Die Wiederherstellung von Recht und Ordnung sowie die Wiedereinsetzung der Ratsregierung war dagegen ein edler, aber in den Augen der Flüchtlinge fruchtloser Versuch. Dazu kamen noch Rawlings Winkelzüge. Der Mann schien wirklich alles daran zu setzen um ihr das Leben schwer zu machen. Natürlich hatte sie nichts anderes erwartet. Rawlings gehörte zum Clan der Abeka, also waren Verschlagenheit, Opportunismus und Quertreiberei seine natürlichen Fähigkeiten. Allerdings musste sie sich wohl oder übel eingestehen dass seine Argumente nicht grundlos waren. In der letzten Zeit jedoch schien er besonders aktiv zu sein. Er pochte auf uralte Gesetze und Vorschriften die schon seit Ewigkeiten keine Anwendung mehr fanden, und er verbreitete eine nicht unerhebliche politische Stimmung. Letztlich schaffte er es damit diese kleine Notregierung an den Rand der Handlungsunfähigkeit zu bringen. Viel mehr als ein paar Grundlegende Entscheidungen hatten sie in den letzten Monaten nicht getroffen. Wenn das so weiterging, sagte sie zu sich selbst, dann würde alles wieder auseinander fallen. Es gab ohnehin bereits jetzt Clans die nur noch aus gutem Willen in der Ratskammer saßen. Ihre Aufgabe war es genau das zu verhindern. Entweder gelang es ihr wieder zwischen ihnen zu vermitteln, oder sie würde das Kriegsrecht sprechen lassen müssen. Dort waren ein paar besondere Freiheiten für Notlagen festgehalten. Sie erschrak bei diesen Gedanken. Noch nie zuvor hatte sie so etwas in Betracht gezogen. Sie war eine Pritax, und ihr Clan hatte immer die Macht des Wortes bevorzugt. Allein das sie jetzt diese Gedanken überhaupt in Betracht zog war ihr zutiefst unheimlich. Andererseits hatte es in den letzten Jahrhunderten keine Lage gegeben die auch nur im Ansatz so ernsthaft und verloren war wie ihre.
Das Läuten der Türglocke riss sie aus ihren Gedanken. Ihr Adjutant kündigte einen neuen Termin an. Sie stand aus ihrem Sessel auf, strich ihr Gewand glatt und setzte ein freundliches Lächeln auf. Dann trat sie aus ihrem Büro hinaus in den Flur der zur Ratskammer führte. Sie atmete noch einmal tief durch, dann war sie für das nächste Gefecht auf ihrem Schlachtfeld bereit.

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:57

System: Elkoom
Orbitale Erzhütten

„Der Angriff wurde abgewiesen, Captain. Der Feind zieht sich zurück“, meldete der Sensoroffizier zufrieden.
Jinthsa stand ruhig hinter Kommadosessel der Hiryu während deren Captain neue Befehle Ausgab. Nur mit Mühe verbarg er die Enttäuschung die ihm aufstieg. Tatsächlich war es ihnen gelungen den Angriff der Theraner abzuwehren bevor sie irgendwelche größeren Schäden anrichten konnten, aber Jinthsa zweifelte nicht daran dass das allein daran lag das die Theraner überhaupt kein Interesse daran hatten direkt gegen die Kampfschiffe der Verteidiger anzutreten. Sie hatten sich damit begnügt vor ihren Augen ein paar randvolle Transporter abzuschießen und nach einem kurzen Feuergefecht mit den Abfangjägern wieder den Rückzug anzutreten. Es war das gleiche Angriffsmuster wie bei so vielen anderen Blitzattacken zuvor. Hilflos musste Jinthsa mit ansehen wie es den Theranern gelang sich von den Verfolgern abzusetzen und in den Hyperraum zu fliehen. Doch das Gefühl war nur von kurzer Dauer, dann rang er sich ein grimmiges Lächeln ab. Der Admiral mochte ihn aufgrund seiner Entscheidungen immer noch als einen jungen und ungestümen Krieger halten, aber Jinthsa war ein mehr als lernfähiger Mann und willig sich zu steigern. Die letzten Monate und die Schule des Admirals hatten ihn reifen lassen. Er wich kurz zurück als der Captain der Hiryu wütend aus seinem Sessel aufsprang und seine Brückenmannschaft lauthals für ihre Unfähigkeit beschimpfte. Minutenlang zucke die Crew unter seiner Stimme zusammen. Auf der Suche nach dem Schuldigen machte der Mann vor nichts halt. Letztlich endete es mit einem Toten Mannschaftsmitglied auf dem Deck. Wieder schüttelte Jinthsa enttäuscht den Kopf. Erst als die schallende Tirade verstummte und der Captain sich wieder schwer in seinen Sessel zurückfallen ließ ergriff er das Wort.
„Hat sie das irgendwie weitergebracht Captain?“ fragte er scharf.
„Zumindest wurde eine Schwachstelle an Bord ausgemerzt“, erklärte der Mann wütend.
„Aber es ihnen kein Stück dabei geholfen einem erneuten Angriff entgegenzutreten.“
„Es wird sich rumsprechen was hier geschehen ist“, fuhr der Captain fort. „Für die Crew wird Anlass genug sein motivierter zu arbeiten.“
„Dennoch verschwenden sie leichthin die Leben unserer Soldaten Captain. Das ist etwas was Admiral Viljhe gar nicht gefallen wird. Zumal es, wie bereits gesagt, sie keinen Schritt weiter gebracht hat.“
„Es war immer noch mehr als sie getan haben“, konterte der andere, immer noch wütend. „Sie haben nur da gestanden und nichts getan.“
„Sie sehen anscheinend nur was sie sehen wollen. Während ihrer kleinen Vorstellung hier habe ich etwas Nützliches getan.“ Er hob ein Pad hoch und hielt es dem anderen vor. „Ihre Sensorstation hat viele wertvolle Informationen gesammelt die weitaus nützlicher sind als ihre Wutausbrüche.“
Der Captain funkelte ihn an. Jinthsa konnte deutlich spüren wie kurz er davor war auch einfach auf ihn einzuschlagen.
„Wie auch immer. Mit den Daten der Hiryu habe ich was ich brauche. Sie werden bei meinem Auftrag äußerst hilfreich sein.“ Er sah dem anderen genau in die Augen und wechselte in einen unmissverständlichen Tonfall. „Und ihnen, Captain, rate ich sich eine verdammt gute Erklärung zurecht zu legen. Der Admiral ist im Moment mit anderen Dingen beschäftigt, aber ich bin sicher dass er sich um sie kümmern wird. Guten Tag.“
Jinthsa drehte sich ohne weitere Umschweife herum so dass seine Haarzöpfe hinter ihm her flogen. Mit einem knappen Handzeichen bedeutete er zwei Wachen, die sich bislang im Hintergrund gehalten hatten, ihm zu folgen und stapfte von der Brücke. Auf dem Weg zurück zum Hangar gestattete er sich ein breites Grinsen. Die Daten der Hiryu enthielten unter anderem die gemessen Hyperraumvektoren der entkommenen Theraner. Zwar waren diese nur ein paar Sekunden nach einem Sprung messbar, aber sie reichten um ihren Kurs preiszugeben. Jinthsa war nicht so naiv zu glauben dass sie ihn direkt zu den Verstecken der Theraner führen würden. Aber zusammen mit den anderen Daten die er in den letzten Wochen gesammelt war er ziemlich sicher das er schon sehr bald die Aufmarschgebiete ausfindig machen konnte die sie vor einem Angriff nutzten. Er lächelte immer noch als sein Shuttle die Hiryu hinter sich ließ. Das gleiche Lächeln würde Er sich wieder gestatten wenn die Theraner seine böse Überraschung zu spüren bekommen würden.

-
-

System: Tyrion
Planet: Tarennia

Liz war durchaus überrascht als sie in die improvisierte Ratskammer trat. Eigentlich war sie die Lobby eines Passagierschiffes gewesen, doch sie hatten im Moment kaum eine Alternative. Der Raum war kaum zehn Meter lang und ebenso breit, mit nackten Metallträgern unter der Decke. Ein paar Tische waren zu einer U-förmigen Sitzordnung zusammen geschoben worden die jedem Clan zwei Sitzplätze boten. An der Wand dahinter hingen die Flaggen der einzelnen Clans. Ein Tisch war jedoch leer. Die Flagge des vernichteten Clan Ilani lag zusammengerollt darauf. Jetzt, wo keine Sitzung abgehalten wurde war die Beleuchtung gedämpft, und die diffusen Schatten in den Ecken taten ihr übriges um den Moment in eine unbehagliche Situation zu verwandeln. An einem anderen Tisch wartete jemand auf sie. Er stand auf als sie näher trat.
„Sie?“, sagte sie kühl während sie eine Armeslänge vor ihm stehen blieb. „Sie hätte ich als letztes erwartet.“
„Ich grüße sie ebenfalls“, antwortete Rawlings ruhig.
„Was möchten sie? Hat ihnen die heutige Diskussion im Rat nicht gereicht? Oder wollen sie nur weiter ihre Spielchen spielen?“
„Weder noch“, antwortete Rawlings. „Ich bin nur hier um zu reden. Ohne das ganze drum herum.“
Sie sah ihn misstrauisch an. „Das glauben sie doch selber nicht. Sie planen doch mit Sicherheit schon wieder irgendwelche Fußangeln auszuwerfen.“
„Jetzt werden sie persönlich“, klagte Rawlings beleidigt. „Mein einziger Plan im Moment ist das ich mich mit ihnen unterhalten möchte. Und zwar jetzt und hier. Und allein.“ Er nahm in seinem Ratssessel platz.
„Und worüber sollten wir reden?“, fragte sie kühl.
Rawlings streckte die Hände aus. „Eigentlich nur über Kleinigkeiten. Über Sie, über mich und unsere Zukunft.“
„Darüber streiten wir uns doch jeden Tag im Rat. Können sie nicht genug davon bekommen?“
„Ehrlich gesagt hatte ich gehofft das wir unsere Probleme in diesem Rahmen wesentlich besser behandeln könnten“, sagte Rawlings und senkte den Blick. „Aber ich glaube ich habe mich geirrt.“
„Ich habe nie gesagt dass ich ihnen nicht zuhören werde, ich möchte nur wissen ob es sich auch lohnt oder ob wir nur unsere Zeit verschwenden.“
„Glauben sie tatsächlich ich wäre zu ihnen gekommen wenn ich nicht für wichtig halten würde?“
Sie setzte sich langsam in ihren Sessel. „Also gut. Worüber wollen sie reden?“
Rawlings lehnte sich zurück. „Wie ich bereits sagte, über uns und die Zukunft“, sagte er ruhig. „Wir beide wissen dass es so nicht weitergehen kann. Unsere beiden Standpunkte sind derart verschieden das wir wahrscheinlich niemals einer Meinung sein werden. Ganz besonders bei ihrem Verhalten in letzter Zeit. Das hat den Rat in eine chaotische Rederunde verwandelt. Sie wissen das einige Clans nur noch aus gutem Willen im Rat sitzen.“
„Bislang hatte ich eher den Eindruck sie würden sich als Quertreiber betätigen“, warf sie ein.
„Aus ihrem Blickwinkel vielleicht. Verstehen sie mich nicht falsch, sie versuchen hier eine Zivilisation aus einem tödlichen Koma wiederzuerwecken. Und dabei leisten sie großartige Arbeit, und das ist vollkommen ehrlich gemeint. Bei allen Sternen, ich möchte nicht unter diesem Druck stehen, aber in letzter Zeit scheinen sie sich immer mehr vom großen Ziel abzuwenden.“
„Und was wäre das?“, fragte Liz überrascht.
„Von der Erhaltung der Republik natürlich. In der letzten Zeit aber geht alles drunter und drüber, all diese Verordnungen und Anweisungen, dazu haben sie praktisch das Kommando über unsere Truppen. Das hat beim besten Willen nichts mehr mit Administration zu tun.“
„Sie machen mir es ja nicht gerade leicht. Ihre Winkelzüge sind wie Fußangeln. Und wir müssen wohl beide einräumen das wir uns in einer Situation befinden die weitaus mehr als nur ungewöhnlich ist. Wir müssen heutzutage flexibel sein“, sagte sie ruhig.
„Das will ich ja auch gar nicht abstreiten, es ist alles andere als einfach“, räumte Rawlings ein, dann schlug er mit der Faust in die flache Hand. „Aber ich muss so handeln. Niemand anderes tut es ja. Jeder im Rat nickt ihre Vorschläge ab ohne darauf zu achten ob sie denn auch unseren Gesetzen entsprechen. Ich habe bald den Eindruck dass die meisten eine panische Angst haben.“
„Das ist lächerlich“, warf sie abwertend ein. „Und wovor?“
„Vielleicht davor das es noch schlimmer kommt, vielleicht vor dem Moment in dem sie wirklich realisieren das unsere Lage kein böser Traum ist. Jedenfalls bin ich anscheinend der einzige der nicht bei dieser reaktiven Panik mitmacht. Auch wenn die Situation außergewöhnlich ist dürfen wir unsere alten Gesetze nicht einfach missachten. Meinetwegen können wir sie beugen wie wir lustig sind, aber ich werde mich einfach über sie hinweg setzen.“
„Ein schöner Vortrag“, sagte Liz ruhig. „Sie kommen hier her um sich mit mir zu unterhalten, und nun halten sie eine Standpredigt. Sehr ergreifend, aber nicht sehr glaubwürdig. Sie sind nicht gerade ein strahlendes Vorbild.“
„Was meinen sie damit“, fragte Rawlings leicht irritiert.
„Das wissen sie nicht mehr?“, setzte sie bissig nach. „Sie haben die Armee gegen ihre eigenen Leute eingesetzt. Nach unseren Gesetzen ist das ein Schwerverbrechen.“
„Die Sache auf Kerdalion. Es war nicht unsere Schuld dass die Lage eskalierte. Es fiel kein Schuss und niemand wurde verletzt.“
„Ihre Leute haben unberechtigterweise das Kommando übernommen.“
„Um schlimmeres zu verhindern“, verteidigte sich Rawlings. „Wenn wir die Truppen der Ziral und Govik hätten gewähren lassen wäre es zu einem Blutbad gekommen. Sie hätten ihre Befehle befolgt und dabei alles zerstört. Meine Leute haben die Lage unter Kontrolle gebracht und geklärt. Anschließend haben alle drei Parteien ihren Anteil erhalten und sind friedlich abgezogen. Alle haben daraus etwas gelernt. Seitdem gibt es keinerlei Versorgungsschwierigkeiten mehr in dem Bereich. Die Situation in den Flüchtlingslagern dort verbessert sich stetig.“
„Trotzdem haben sie mit dieser Brechstangennummer viele verärgert und ihren eigenen Standpunkt überworfen“, erklärte Liz kühl.
Rawlings rückte sich auf dem Sessel zurecht. „Sie mögen das vielleicht so sehen, Diese ganze Aktion ist mehr als glücklich verlaufen. Und wenn sie sich die Mühe gemacht hätten näher hinzuschauen hätten sie gesehen das dabei alles mit rechten Dingen zuging.“
„Dennoch haben sie viele vor den Kopf gestoßen, und das ist wohl mit einer der Hauptgründe warum sie im Moment im Rat nicht gerade beliebt sind. Zusammen mit ihrem Beharren auf den alten Gesetzen machen sie keine gute Figur.“
„Wobei sie mit ihrer bloßen Reaktivität auch nicht gerade strahlen“, antwortete Rawlings trocken, dann senkte er resigniert den Kopf. „Ich bin eigentlich hergekommen um ihnen Hilfe anzubieten um sie in ihrer Arbeit zu unterstützen, aber ich sehe das sie kein Interesse daran haben. Wenn sie mit mehr Weitblick und Umsicht für die Republik handeln würden könnten sie sich einiges im Rat ersparen und sich das Leben leichter machen.“
„Alles was ich tue ist zu unserem Wohl“, sagte Liz mit eiskalter Stimme. „Ich kann es nicht allen recht machen aber ich tue mein bestes dabei. Und der Gedanke an die Republik ist dabei mein höchster Antrieb. Aber in unserer Lage müssen wir auch Zugeständnisse machen, langwieriges Gestreite können wir uns nicht leisten. Für die meisten von uns ist die Situation im Moment untragbar, und dagegen müssen wir etwas tun. Und zwar so schnell wie möglich. Sobald es wieder besser aussieht können wir uns auch wieder um eine angemessene Form der Republik kümmern.“
„Und wer entscheidet wann es soweit ist“, fragte Rawlings nach.
„Der Rat natürlich.“
„Aber auf ihren Vorschlag hin.“
„Der Rat hat das Recht mich abzusetzen.“
„Aber niemand wird es wagen. Sie haben so viel Macht wie kaum ein Theraner vor ihnen. Das ist gefährlich und leistet dem Misstrauen Vorschub, damit kann ich mich nicht abgeben.“ Er stand auf und stellte sich hinter seinen Sessel. „Es hat keinen Sinn mehr. Ich bin gekommen um uns unsere Arbeit einfacher zu machen, aber unter diesen Bedingungen ist so etwas ausgeschlossen. Sei es wegen ihrer Unbeweglichkeit oder ihrer Sturheit, auf ihrem Weg schießen sie die Republik in die nächste Sonne, und ich habe Angst vor dem was dann noch übrig bleibt. Anscheinend bin ich weiterhin der einzige der ernsthaft versucht etwas dagegen zu tun. Einen schönen Abend noch.“ Er verbeugte sich knapp, verließ den Raum und ließ Liz im Halbdunkel der Ratskammer zurück.

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 14:58

System: Acuan
Planet: Bonori

Obwohl es keinen echten Unterschied zwischen Tag und Nacht an Bord gab, abgesehen von der Uhrzeit natürlich, aber Whiley hatte trotzdem immer das Gefühl das es trotzdem ruhiger zuging als Tagsüber. So war er tatsächlich überrascht um diese Zeit noch Licht im Besprechungsraum der Piloten zu finden. Neugierig trat er durch die zischende Tür.
„Um diese Zeit noch am arbeiten?“ fragte er halb verwundert als er an das Pult herantrat.
Chris saß hinter der Konsole und blickte ein wenig erleichtert auf als Whiley ihn unterbrach. „Ich hatte eine längere Diskussion mit einem meiner Piloten. Außerdem arbeite am Flugplan. Ich versuche uns ein wenig Ruhe zu verschaffen.“
„Ruhe?“ fragte Whiley neugierig.
„Ja. Die meisten sind ganz schön fertig. Auch wenn sie es nie zugeben würden. Und wer Müde ist macht Fehler.“
„Und Fehler bringen den Tod“, brachte Whiley den Satz zu Ende. „Aber warum quälst du dich damit rum? Du kannst es berechnen lassen, oder einer deiner Leute kann es machen.“
„Das ist nicht meine Art“, sagte Chris verlegen. „Sie haben mich zum Staffelführer gewählt. Damit haben sie mir Vertraut. Dieses Vertrauen durch eine Maschine zu ersetzen kommt mir irgendwie falsch vor. Ich mag es meine Sachen gründlich und ordentlich zu erledigen, das haben sie verdient.“
„Gute Einstellung“, sagte Whiley nickend. „Ist schwer in diesen Zeit so etwas zu finden. Aber damit kannst du was erreichen.“
„Ich frag mich immer noch wie sie auf mich gekommen sind.“
Whiley sah ihn fragend an.
„Ich meine, nachdem Parker sich ja verabschiedet hatte kam doch Bullock. Der hatte doch alles gut im Griff bis er auf Westia gegen diesen Berg geknallt ist. Danach gab es doch noch genug alte Hasen. Die haben mich nass gemacht. Die hatten alle weit mehr Einsätze und Flugstunden und Erfahrung und was weiß ich nicht alles. Aber als neuen Staffelführer wählen sie mich. Einen kleinen grünen Hüpfer, grade aus der Grundausbildung.“
Whiley hob die Hand und unterbrach ihn, dann nahm er sich einen Stuhl und setzte sich neben die Konsole. „Du hast die beiden nur kurz gekannt. Das sowohl Parker als auch Bullock zwei unserer besten Piloten waren ist wohl unbestritten. Die beiden haben eine Ära geprägt. Sie haben dieses Geschwader zu dem gemacht was es ist, das Beste nämlich. Sie sind in ihren Jägern groß geworden, alt geworden und schließlich drin gestorben. Abgesehen davon haben sie eine Reihe von hoch disziplinierten Piloten geschaffen deren herausragendste Fähigkeit es war Befehlen zu gehorchen. Disziplin und Loyalität standen bei beiden ganz oben, erst danach kamen fliegerische oder persönliche Fähigkeiten. Als die beiden dann weg waren war das für die alten schlimmer wie der Tod. Sie waren alle Teil eines großen goldenen Raumschiffs, aber ohne Steuercomputer der es auf Kurs hält waren sie nichts mehr. Jeder von denen ist ein tödlicher Flügelmann oder Rottenführer, aber kein Kommandant.“
„Und deswegen kommen sie auf mich? Weil ich noch nicht so lange dabei bin? Dann hätten sie Tessa wählen müssen, die ist schon länger hier als ich.“ Er atmete tief. „Ich meine, ich bin gerade einmal sieben Monate dabei und ich kommandiere eine Staffel in einer der wohl verzweifelsten Lagen die man sich vorstellen kann.“
„Du hast ein paar gute Ergebnisse bei deinen Einsätzen vorzuweisen. Ihr habt viel erreicht, auch wenn es mal eng wurde, gerade dann. Ihr habt den Orani einiges heimgezahlt und das hat eure Moral wieder ganz schön nach oben gebracht. Und das ist nicht nur bei euch so.“ Er wies hinunter zum Planeten. „Da unten gibt es eine Menge Leute die euch kennen. Sie kennen euch und eure Erfolge. Und das gibt ihnen etwas. Hoffnung, Sicherheit, oder was auch immer. Und damit haben sie etwas um sich in diesem ganzen verdammten durcheinander besser zu recht zu finden.“
„Jetzt sind wir auch noch Helden?“ fragte Chris ungläubig und schüttelte den Kopf. „Nein, wir sind keine Helden, da mach ich mir keine Illusionen. Helden sterben nicht, aber ich hab heute erst wieder zwei Namen an die Wand genagelt. Wir tun nur was wir tun müssen, weil es sonst kein anderer tun würde.“
„Wieder ein Punkt auf der Heldenskala. Wobei sich das alles anhört als würdest du den Job gar nicht mögen.“
„Das ist es nicht, es macht mir wirklich Spaß. Es ist nur, es ist nur so vollkommen verrückt und irrational.“
„Unsere Lage ist auch vollkommen verrückt und irrational. Und trotzdem geht alles seinen Gang, das Universum bleibt nicht stehen. Also ist alles in bester Ordnung.“ Whiley stand auf. „Und jetzt wird es Zeit als Staffelführer mit gutem Beispiel voran zu gehen. Die nächsten Tage werden hart, ab in die Koje Lieutenant.“
„Ja Sir.“

-
-

12. 8. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

„Du sieht ganz schön mitgenommen aus“, stellte Marcus überflüssigerweise am nächsten Morgen fest.
„Witzbold“, grummelte Chris müde zurück und versuchte den Schlaf aus seinem Körper zu schütteln. „Du bist doch Schuld dran.“
„Hab ich wieder geschnarcht?“
„Du hast mir diesen Mist doch eingebrockt“, sagte er während er sich aus der Koje quälte und in die Nasszelle trat. „Ich hab mir die halbe Nacht um die Ohren geschlagen. Den ganzen Formularkram und all das Zeug.“
„Und wieso bin ich dann Schuld?“
„Weil diese Idee mit mir als Staffelkommandant von dir kam.“
„Du hättest ablehnen können, dann hätten wir nen richtigen Offizier gekriegt.“
„Auf keinen Fall. Bevor wir so nen jungen Hüpfer kriegen mach ich den Job lieber selbst. Dann wird er wenigstens vernünftig gemacht. Aber ein paar Vorteile hat er ja auch.“
„Welche denn?“, fragte Marcus leicht verwirrt.
„Zum Beispiel den das man andere Leute rumscheuchen kann“, sagte Chris grinsend. „Los, schmeiß den Rest aus den Federn, ich komm nach.“
Marcus grinste breit und salutierte überzogen, machte kehrt und verschwand hinaus in Korridor.
Während der letzten Monate war der Besprechungsraum für die Piloten zur zweiten Heimat geworden. Besonders seitdem die Techniker ihren alten Aufenthaltsraum ausgeschlachtet hatten und damit die diversen Schäden der Crusader zu beheben. Neben einer aus alten Bildern und Trümmerteilen bestehenden Einrichtung hatten sie dort sogar eine kleine Bar eingerichtet, auch wenn es im Moment nicht allzu viel zu trinken gab. An der Rückwand hatten die Techniker eine neue Konsole installiert. Auf insgesamt vier Bildschirmen listeten sie unzähligen Namen von toten und vermissten Personen auf, ebenso die verlorenen Schiffe. Obwohl die Liste erst seit wenigen Wochen geführt wurde enthielt sie bereits Millionen Namen und war doch noch lange nicht komplett.
Mittlerweile hatten die Piloten es sich auch zur guten Gewohnheit gemacht dort nicht nur ihre Freiwachen zu verbringen sondern auch gemeinsam zu essen.
„Ich hatte gestern noch eine heftige Diskussion mit Vaskes“, sagte Chris verärgert als er sich zu Tessa und Marcus und den restlichen Gruppenführern an den improvisierten Tisch setzte. Die Aussprache mit dem jungen Piloten hatte ihn bald die halbe Nacht gekostet.
„Was meinst du?“ fragte sie leicht irritiert.
„Die Sache mit den Transportern gestern. Das war zu heftig. Ich denke nicht das das nötig war.“ Nebenbei stocherte er lustlos in seinem Frühstück herum.
„Willst du damit sagen dass wir sie hätten gehen lassen sollen?“ fragte Marcus nach.
„Ganz und gar nicht. Ich denke sogar dass es jeder von denen verdient hat wenn wir ihm seinen Arsch verbrennen. Aber voll besetzte Truppentransporter zu zerstören ist nicht unbedingt etwas was ich vorteilhaft nennen würde.“
„Wäre es dir lieber gewesen die Schiffe wären bis ins Elkoom System durchgekommen?“ bohrte Tessa.
„Natürlich nicht.“ Chris verzog sein Gesicht. “Aber wir hätten etwas anderes machen können.“
„Und was?“
„Was weiß ich. Wir hätten die Transporter kapern können, oder sie gefangen nehmen können. Damit hätte ich kein Problem. Aber sie einfach töten, ohne dass sie sich wehren können. Verdient haben sie es, keine Frage. Ich weiß nicht, das ist irgendwie nicht meine Art.“
„Wir sind in letzter Zeit alle etwas durch den Wind“, sagte Tessa beruhigend. „Viele haben Probleme. Es gibt doch kaum jemanden hier der nicht irgendjemanden aus seiner Familie verloren hat und sich Sorgen macht.“ Sie sah die beiden scharf an. „Das schließt auch euch beide mit ein. Habt ihr inzwischen mal was gehört?“
Chris schüttelte nur den Kopf. „Nein Nichts. Aber wir dürfen uns davon nicht übernehmen lassen.“
„Seht euch doch die Listen die auf den Monitoren an in der Messe durchlaufen. Sie werden mit jedem Tag länger. Jeder reagiert anders auf diese Situation. Mir ist auch schon aufgefallen das sich in der letzten Zeit viele Leute geändert haben. Nicht offensichtlich natürlich, aber man merkt es. Sie sind irgendwie kälter, rauer geworden.“ Ihre Stimme hatte bei den letzten Sätzen einen nachdenklicheren Ton angeschlagen.
„Ehrlich?“ fragte Marcus verstört und nahm einen großen Bissen. „Ist mir gar nicht aufgefallen. Ich hab´s für Raumkoller gehalten.“
„Logisch das du nichts gemerkt hast. Das tut ihr Kerle nämlich nie.“
Marcus war vollkommen überrumpelt. Er hatte das heiße Zeug gerade hinunter würgen wollen, doch nun blieb es ihm im Halse stecken. Bereits Sekunden später lief er puterrot an und rang schwer nach Luft. Mit all seiner Selbstbeherrschung schaffte er des dennoch gerade so sich unter Kontrolle zu halten. Mit verzerrtem Gesicht schluckte er schließlich. Ihm war deutlich anzusehen dass ihm das schadenfrohe Gelächter missfiel, aber es blieb ihm nichts anderes übrig als es auszusitzen.
„Zurück zum Thema“, sagte Chris schließlich ernst als sich alle wieder beruhigt hatten. „Bei Vaskes war ich zu weit weg um eingreifen zu können. Die Diskussion von heute Nacht macht es nicht besser.“ Er schüttelte resignierend den Kopf. „Er ist ein zu guter Pilot als das ich ihn einfach rausschmeißen möchte. Jedenfalls wird mir das nicht noch mal passieren. Ich werde das nicht zulassen. Das ist mein Haufen, und keiner von euch wird sich so weit runter lassen. Wenn wir die gleichen Methoden nutzen wie die Orani, dann sind wir nicht besser wie die. Und das ist das letzte was ich will. Aber dafür brauche ich euch.“ Er wies in die Runde. „Wir sind Theraner, kein Haufen wilder Irrer. Auch wenn die Orani es noch so gerne sehen würden. Und so hat sich hier jeder zu verhalten.“

-
-

System: Kunyi

Das kleine silberne Schiff fiel zum dreihundertneunundsiebzigsten Mal aus dem Hyperraum. Und wie in all den dreihundertachtundsiebzig Fällen zuvor begann es mit der Überprüfung seiner Umgebung. Es aktivierte seine Scanner und suchte von seiner Position aus das gesamte System ab. Es wartete geduldig die endlosen Stunden bis die von ihm ausgesendeten Signale wieder zu ihm zurückkehrten und sich ein dichtes Lagebild des Systems bildete. Schnell stellte das Schiff fest das sich dieses System von den anderen unterschied. Hier verkehrten wesentlich mehr Schiffe in wesentlich kürzeren Zeitfenstern. Zwischen all den erfassten Objekten gab es eine enorme Menge an Kommunikationssignalen. Das kleine Schiff war beinahe überfordert mit der schieren Datenflut die über es hineinbrach. Es brauchte einige Zeit um diese Menge zu analysieren. Mit deaktivierten Triebwerken, Waffen und Scannern konzentrierte es sich komplett darauf den riesigen Datenberg abzuarbeiten. Jedes Signal, jede optische Erfassung, jede Sensorsignatur wurde von ihm geprüft. Nach einigen endlos langen Tagen aktivierte es zufrieden wieder seine Triebwerke. Unter all den Massen hatte es etwas gefunden was bei biologischen Lebensformen wohl so etwas wie Hoffnung ausgelöst hätte. Das Signal was seine Aufmerksamkeit erregt hatte war nur sehr klein und schwach gewesen. Es ähnelte auf verblüffende Weise den Signalen die es selbst erzeugte. Allerdings gab es weit und breit nichts was so war wie das kleine Schiff. Daraus zog es den logischen Schluss seinem Ziel einen großen Schritt näher gekommen zu sein.
Surrend fuhr es seine Sendeantennen aus und bereitete zwei Übertragungen vor. Die erste schickte es wie in allen Fällen zuvor in seine Heimat ab. Die andere richtete es in die grobe Richtung des empfangenen Signals. Die kurze aber leistungsstarke Sendung breitete sich mühelos mit Lichtgeschwindigkeit durch die Weiten des Alls aus. Dann aktivierte das kleine Schiff seinen Hyperraumantrieb und jagte seinem neuen Ziel entgegen.

-
-

System: Acuan
Planet: Bonori

Mit festem, schnellem Schritt und einer ziemlich guten Laune ging Thomas Whiley an diesem Morgen durch die Korridore der Crusader. Er musste zugeben das er ziemlich aufgeregt war, dennoch versuchte er ruhig zu bleiben. Die letzten Monate waren auch an ihm nicht spurlos vorüber gegangen. Er war müde und abgebrannt gewesen, doch seit heute fühlte er ein neues Feuer in sich. Vergessen waren die schlimmen Zustände der letzten Zeit, die kleinlichen Sticheleien mit den Orani und der immer noch tief sitzende Schock über die Zerstörung Theras. Jetzt bekamen sie die Gelegenheit die Orani für all das zahlen zu lassen. Zischend öffnete sich die Tür zum Besprechungsraum der Piloten. Der Lärm im inneren, verursacht durch eine hitzige Diskussion an der sich ein Großteil der Anwesenden beteiligte ebbte ab. Er wartete ein paar Sekunden bis die sich Piloten wieder halbwegs geordnet hatten, dann trat auf das Podium. Einige schienen seine leichte Veränderung bemerkt zu haben und warfen erwartungsvolle Blicke in seine Richtung.
„In Ordnung. Ihr wisst dass die Orani damit begonnen haben entlang der Grenze zu den Valyrie kleine Außenposten zu errichten. Damit versuchen sie zweifellos die Grenze dicht zu machen um unsere Nachschublinien in diesem Bereich lahm zu legen. Ihr könnt euch vorstellen was das für unsere eh schon knappe Versorgungslage bedeutet. Darum werdet ihr einen dieser Außenposten angreifen.“ Er drückte ein paar Tasten an seinem Pult worauf hin neben ihm ein Hologramm des Sektors entstand.
„Wir haben uns für diesen hier im Repia Sektor entschieden. Wenn das Ding nagelneu ist bedeutet das ebenfalls dass es da genug Material gibt was wir abgreifen können. Ganz besonders die Computer, oder wenn möglich auch Kommunikationsmaterial. Wenn wir etwas davon in die Finger kriegen verspreche ich euch dass die Jungs vom Geheimdienst euch anspringen werden um an die Daten zu kommen. Die Garnisonsstärke sollte bekannt sein. Eine Jägerschwadron, ein paar Transportshuttles und eine Hundertschaft Soldaten. Sobald ihr die Station gesichert habt ruft ihr den Konvoi der anschließend die Fracht aufnimmt. Danach sprengt ihr die Station und verschwindet.
Marcus hob die Hand. „Liegt dieses Ding genau an der Grenze?“
„Ziemlich genau, ja. Aber ihr habt genug Raum zum manövrieren.“
„Ich hab jedenfalls keine Lust das mir bei dieser Aktion auch noch die Valyrie in den Rücken fallen.“
„Ich denke nicht dass sie das tun werden. Solange ihr nicht die Grenze überfliegt werden sie euch in Ruhe lassen.“
Marcus nickte und gab sich damit zufrieden.
„Das wird ein langer Flug“, schloss Chris an. „Das geht ganz schön auf unseren Treibstoff. Da bleibt kaum noch Raum für große Gefechte.“
„Daran habe ich auch bereits gedacht. Normalerweise würde ich auch einen Transporter oder zumindest ein paar Raiders mitgegeben, aber die ganze Staffel ist bereits auf einer anderen Mission. Allerdings stehen im Hangar ein paar frisch reparierte Schiffe. Einige von euch werden also ihre Galaxys im Stall lassen und stattdessen mit diesen dicken Pötten losziehen. Außerdem habe ich mich schlau gemacht. Ein paar unter euch haben bereits Erfahrung auf diesem Modell, also habe ich eine Liste aufgestellt die schon ziemlich genau euren Fähigkeiten entsprechen sollte. Wolfe, du hast dich soeben freiwillig gemeldet die Gruppe zu führen. Die anderen sind Gerland, Menesco und Brown. Als Copiloten nehmt ihr die Mechaniker mit. Ihr fliegt mit doppelter Ladung. Außer den Treibstofftanks kriegt ihr auch noch die Sturmtrupps mit an Bord.“
„Was ist mit der Station selbst?“ fragte Tessa. „Wir sind Stunden von der nächsten Einheit entfernt. Wenn es den Orani gelingt Verstärkung zu rufen sind wir ganz schön in Schwierigkeiten.“
„Ich weiß, das ist ein Problem. Aber im Moment führen wir so viele Einsätze gleichzeitig durch das alle Schiffe bereits verplant sind. Hätte ich diesen Bericht eher bekommen hätte ich euch eine Crow zur Seite gestellt. Aber so müsst ihr leider ohne Hilfe klarkommen. Sonst noch Fragen?“
Es blieb ruhig.
„Dann macht eure Schiffe klar. Start in dreißig Minuten.“

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 15:01

System: Heranion
Coller –Asteroidenfeld

An Bord der Whirlwind war der Besprechungsraum ebenfalls gut gefüllt. Allerdings saßen hier keine Piloten, stattdessen war Dan Millers Kompanie eingerückt. In den letzten Monaten war sie durch Freiwillige fast wieder auf Sollstärke gebracht worden. Da es kein Armeekommando mehr gab dem sie angehören konnten hatten sie sich Maynard´s Flotte angeschlossen. Während der letzten Zeit hatten sie bis über beide Ohren damit zu tun gehabt Unterkünfte und die Versorgung der Flüchtlinge bereitzustellen, doch jetzt stand endlich wieder ein richtiger Auftrag bevor.
„Die meisten von euch sollten diesen Ort noch kennen.“ Neben ihm entstand das braunweiße Hologramm eines Planeten. „Das ist Perkiss. Ich wette jeder von euch hat dort seine Grundausbildung genossen. Dann wird euch das hier besonders gefallen.“ Das Hologramm wurde größer und verwandelte sich dann in die Luftansicht eines Schneebedeckten Höhenzuges. Die drei Gipfel bildeten ein vages Dreieck in dessen Mitte ein relativ flaches Tal lag.
Lewis begann laut zu lachen. „Das ist nicht ihr ernst Sir?“
Norham verzog keine Miene und starrte ihn nur an.
„Oder doch, Sir?“
„Allerdings. Meine Herren, dies ist Fort Peaks. Die größte und am besten ausgerüstete Garnison in diesem Teil des Weltalls.“
„Und inzwischen auch eine riesige Oranische Basis“, warf Stoner lässig ein.
„Ja das auch. Erinnert ihr euch noch an diesen halb zerstörten Navcomputer den ihr vor ein paar Monaten angeschleppt habt? Aus dem Ding allein ließ sich ja kaum noch etwas rausholen, aber inzwischen haben wir weitere Anhaltspunkte um weiter in diese Richtung zu operieren. Von unseren Jägern wissen wir auf welchen Routen die Orani ihr Material von hier fortschaffen. Wir wissen dass sie dabei Perkiss als Sprungpunkt nutzen. Maynard ist der Meinung dass es sich lohnt sich die Sache genauer anzusehen.“
„Klar, wir spazieren da einfach rein“, brach es mit bissiger Ironie aus Bolton heraus.
„Gar nicht mal so falsch. Maynard will den Planeten zurückerobern und ihn als Basis nutzen. Ihr seid dabei nur ein Teil des Gesamtplans. Zusammen mit den restlichen Einheiten unserer Flotte werden wir Perkiss angreifen und die Orani vertreiben. Eure Aufgabe wird es sein die Kontrolle über die Garnison zurückzuerlangen. Dazu habt ihr exakt drei Tage Zeit. Während dieser Zeit wird sich die Whirlwind in Angriffsposition bringen. Sobald ihr eueren Job erledigt habt wird die Whirlwind gefahrlos in das System springen und die dort stationierten oranischen Raumtruppen angreifen. Unmittelbar danach landen weitere Armeekräfte auf Perkiss und unterstützen euch beim Kampf gegen die verbliebenen Bodentruppen. Wenn alles zu Ende ist kümmern wir uns darum wieder Zugriff auf das ganze Material zu bekommen was alles in den unterirdischen Kammern der Garnison lagert. Damit sollten wir wieder ganz vorne mitspielen können.“
„Hat sich der Admiral auch ausgedacht wie wir durch diese rein zufällig Äußert dichten Oranischen Verteidigungslinien kommen sollen?“ fragte Dan ernst.
„Allerdings. Und zwar dachte er da an die altbekannte Art und Weise mit der früher Unmengen an Alkohol und andere lebenswichtige Hilfsgüter zur Oberfläche gebracht wurden.“
„Ein Polarkreisel?“ Bolton seufzte tief und schlug sich die Hände vors Gesicht.
„Er hat´s erfasst“, antwortete Norham mit einem fiesen Grinsen.
„Jetzt mal ganz realistisch“, fuhr Dan fort. „Ein paar von Kadetten geführte Wachschiffe zu umgehen ist ein bisschen was anderes als sich an einer feindlichen Flotte in Alarmbereitschaft vorbeizuschmuggeln. Das wird definitiv haarig.“
„Das hat der Admiral auch gesagt. Er besteht allerdings darauf.“
Dan nickte nur.
„Ähm, Sir?“
„Ja Carrington?“
„Also, wie wir wissen sind die Orani ja drauf und dran sind alle Arten von Rohstoffen wie die bescheuerten abzugreifen und in Sicherheit zu bringen. Wäre es da nicht nur logisch das sie zu allererst alles intakte Gerät verschiffen? Die Fahrzeuge zu demontieren und einzuschmelzen sollte doch wesentlich schneller gehen als wenn sie ihren Nachschub erst aus irgendwelchen Asteroiden raussprengen müssen.“
„Der Gedanke ist gar nicht mal so falsch“, sinnierte Norham. „Um ehrlich zu sein ich hab ihn auch schon dem Admiral erläutert. Dabei gibt es allerdings ein Problem. Bei unserer heillosen Flucht vor ein paar Monaten hat irgendwer ein Kommandosignal genutzt. Ich denke nicht dass derjenige wirklich wusste wie mächtig dieses Ding ist. Jedenfalls enthält dieses Signal einen Unterbefehl in dem es sämtliche Depots und Garnisonen hermetisch abriegelt. Ich hab´s auch nur vom Admiral erfahren. Die Orani stehen jetzt vor verschlossenen Panzertüren. Keine Chance für sie da durch zu kommen. Und der Berg drum rum ist aus Trigranit, also können sie sich auch nicht einfach woanders durchsprengen. Wir vermuten dass sie zwar von all dem Material wissen, aber weder die Zeit und die Muße haben sich darum zu kümmern.“ Ein breites Grinsen begann sein Gesicht zu überziehen. „Vor allem nicht bei den Problemen die wir ihnen in letzter Zeit bereitet haben.“
„Und wann geht´s los?“ fragte Dan.
„Die Transporter lassen bereits die Triebwerke warmlaufen. Sie starten in einer Stunde.“

-
-

System: Repia
Theranisch – Valyrische Grenze

Als Chris und seine Staffel nahe der Grenze aus dem Hyperraum fielen erinnerte er sich wieder an eine alte Raumfahrerweisheit. Neunundneunzig Prozent des Alls, hieß es darin, sind nichts weiter als trostlos dunkle Weiten. Doch das eine einzige Prozent macht das alles wieder wett. So war es auch dieses Mal. Vor ihm erfüllte eine blaugraue, irisierende Nebelwand sein Sichtfeld. Darin eingebettet, einem Auge gleich, lag ein kleiner, grünbrauner Planet. Der Treffpunkt. Wenn er genau hin sah erkannte er bereits das Blinken der Sensorbojen die die Grenzmarkierungen darstellten. Dahinter lag das Reich der geheimnisvollen Valyrie, die nur sehr selten und beschränkt Kontakt zu anderen Völker pflegten. Und über dem Pol des Planeten erkannte er die dunkle, metallische Form des Außenpostens. Eine große, dunkle, achteckige Scheibe aus der nach oben und unten jeweils eine lange Säule herausragte. Mit einem Blick erfasste er die Daten die dazu über seinen Sensorbildschirm liefen. Das Ding hatte einen Durchmesser von gut zweihundert Metern und war genau so hoch.
Seine Hand tastete nach dem Schubregler und brachte das Schiff in Bewegung.
„In Ordnung. Raiders, pumpt eure Tanks um und werft sie ab. Die Dinger sind zu klobig um uns im Nahkampf von Nutzen zu sein“, raunte er in sein Mikrofon und in Richtung seines Copiloten.
Golly hantierte an den Konsolen seiner Station. In seinem Gesicht spiegelte sich deutlich seine Laune wieder. Er würde sicherlich tausendmal lieber mit Schraubschlüssel und Magnetspanner ein leckendes Fusionstriebwerk reparieren als hier zu sitzen. Dennoch hatte er sich dazu durchgerungen. Wenige Sekunden später lösten sich die beiden zylindrischem Kanister mit einem hohlen metallischen Klang vom Rumpf des Raiders und trieben davon.
„Vier, sechs, elf, seit ihr mit euren Modifikationen fertig?“
„Alles bereit Boss“, meldete ihm elf.
„Dann schaltet die Wunderkisten an. Vier, du überwachst ihren Funk. Wenn sie versuchen irgendwas senden will ich es wissen.“
„Verstanden.“
„In Ordnung. Alle Schiffe, Angriffsformation einnehmen und mir folgen.“ Damit brachte er seine Maschine auf Kurs und hielt auf die Station zu. Hinter ihm formierte sich seine Staffel.
„Hier Zwo“, meldete sich Menesco. „Ich hab Kontakt. Mindestens eine Schwadron Arrows im Anflug. Eine Staffel bleibt zurück. Sie bauen einen Abwehrschirm auf.“
„Galaxys, das ist eure Aufgabe. Fünf, leg los.“
„Alles klar“, hörte er Marcus sagen der sich mit seiner Maschine vor ihm postierte. „Machen wir den Weg frei.“ Dann glühten die Triebwerke auf und die Jäger stürzten sich ins Gefecht.
Sekunden später eröffneten beide Seiten das Feuer. Das Laserfeuer der Galaxys schnitt mitten in die eng gestaffelte Oranische Formation hinein und sorgte zusammen mit einigen abgefeuerten Torpedos dafür dass mindestens sechs Verteidiger als Trümmerwolken endeten.
„Alle noch da?“ fragte Marcus hektisch als er seine Maschine in eine harte Kurve zog. Rote Plasmageschosse durchzogen das All an der Stelle wo er gerade noch gewesen war. Schnell hatte er den Jäger gefunden und kurz darauf piepte seine Zielerfassung. Ein langer Feuerstoss seiner Kanonen drang durch die Schilde und schnitt säuberlich den rechten Flügel des Arrows ab. Sofort geriet das Schiff außer Kontrolle und schied aus dem Kampf aus.
„Hier vierzehn. Schwere Schäden durch Splitter im ganzen Schiff. Systeme fallen aus.“
„Fünf hat verstanden. Verschwinde von hier solange Du noch kannst. Noch jemand beschädigt?“
„Neun hier. Ich hab kleinere Probleme mit den Sensoren. Ansonsten alles in Ordnung. Allerdings meldet sich zehn nicht mehr. Es muss sein Com erwischt haben.“
„In Ordnung, kümmer dich um ihn. Trennung. An alle anderen. Macht´s kurz, da vorne warten noch mehr von denen. Passt an den Flanken auf. Wenn die uns einkreisen haben wir ein Problem.“ Damit ließ er die Sprechtaste los und rollte seine Maschine dem nächsten Ziel entgegen.
„Raiders, bleibt zusammen und folgt mir“, befahl Chris. Dann brachte er das Schiff auf direkten Kurs zum Außenposten. „Lasst die Jäger außen vor, wir kümmern uns um die Station. Sobald wir in Reichweite sind schalten wir den Generator aus und setzten die Sturmtrupps ab.“ Er sah kurz auf die Navkarte. Marcus und die anderen Jäger hatten die Arrows Richtung Grenze gelockt. Bis auf die verbliebene Staffel Arrows war ihr Weg frei.
„Also dann, fangen wir an.“
Innerhalb weniger Sekunden waren sie in Reichweite. Chris drückte den Feuerknopf. Eine einzelne Breitseite der Kanonen reichte aus um einen Verteidiger in einen goldenen Feuerball zu verwandeln der leichtsinnigerweise seinen Kurs kreuzte. Erstaunt erinnerte er sich wieder an die gewaltige Feuerkraft dieses kleinen Schiffes. Ohne sich weiter mit den Arrows zu beschäftigen brachen sie durch den Abwehrschirm und näherten sich der Station. Vom Heck mischte sich ein neues Geräusch ein. Der Geschützturm hatte ein Ziel erfasst und bekämpfte selbstständig jeden Versuch des Orani sich für einen Treffer in Stellung zu bringen.
Seine Zielerfassung wurde gelb. „Torpedos klarmachen und aufschalten“, befahl er.
Golly hantierte fieberhaft an seiner Konsole. Dann nickte er kurz.
Das Fadenkreuz wechselte zu rot. „Feuer frei!“

-
-

System: Perna
Planet: Perkiss

13. 8. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Keine sechzehn Stunden später näherten sich die beiden Transporter auf einer wirren, taumelnden Flugbahn dem Nordpol des Planeten. Im inneren des ersten Schiffes verfolgte die Besatzung gespannt die immer größer werdende Kugel des Planeten. Mindestens ebenso gespannt widmeten sie sich allerdings der recht ansehnlichen Anzahl oranischer Schiffe die nur ein paar hundert Kilometer entfernt in Orbit schwebten.
„Frachter und Tanker, jede Menge kleiner Versorgungsschiffe“, stellte Dan fest als er sein Elektrofernglas absetzte. „Aber kaum Kampfschiffe.“
„Dafür genug Jagdmaschinen“, fügte Stoner hinzu der auf dem Copiloten saß. Seine Stimme war angespannt. „Ich hab getan was ich konnte um unsere Sensorsignatur zu minimieren, aber wenn auch nur einer von denen zufällig herschaut haben wir ein Problem.“
„So wie es aussieht bereiten die sich aber eher auf einen Raumkampf vor. Jedenfalls gibt es keine Jäger hier in der Nähe des Planeten.“
„Trotzdem ist das Restrisiko nicht gerade gering.“
„Das denke ich nicht. Diese Route ist ein offenes Geheimnis. Jeder Rekrut der hier mal ausgebildet wurde kennt sie.“
„Und die meisten Schmuggler auch“, warf Bolton ein der im Zwischengang vom Cockpit zum Laderaum stand.“
Dan nickte grinsend. „Die auch. Aber ich denke dass die Orani keinen Plan davon haben. Und selbst wenn, wenn ich der oranische Kommandant wäre dann würde ich einen solchen Angriffsversuch für äußerst dreist und unwahrscheinlich halten.“
„Ich hab sie immer gehasst“, fuhr Bolton fort. „Der Teil hier geht ja noch, aber wartet erst mal ab. Das Magnetfeld verwischt zwar alle unsere Spuren, aber wenn es uns einmal erfasst hat wird’s holperig.“
Dan wandte sich zu ihm herum. „Na dann wird’s ja jetzt interessant. Wir beginnen gerade mit dem Sinkflug.“
Bolton´s Gesicht wurde deutlich bleicher.
„Du solltest dich jetzt besser anschnallen. Das gilt auch für den Rest.“ Direkt danach schüttelte eine Magnetische Verwerfung das Schiff durch.
Bolton schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Seine Augen hasteten suchend durch den Raum.
Dan runzelte verwirrt die Stirn.
Schließlich bewegte sich Bolton doch noch. Aber er nahm nicht wieder Platz, stattdessen stürmte er in die winzige Nasszelle des Transporters. Mit einem elektronischem klacken verriegelte die Tür hinter ihm.
„Da steckt man nicht drin“, stellte Dan mit trockenem Sarkasmus fest als er sich in seinem Sitz festschnallte. Der Rest an Bord versuchte ein schadenfrohes Grinsen zu verbergen. Einige bezahlten dafür indem sie ebenfalls die Gesichtsfarbe wechselten. Er verdrehte die Augen. „Na ja, jedenfalls besser sie lassen es sich hier noch mal durch den Kopf gehen als da unten“, sagte er halblaut zu sich selbst als der Transporter in einen steilen Sturzflug ging.

-
-

System: Repia
Theranisch – Valyrische Grenze

Nicht weit entfernt von der kleinen Schlacht an der Grenze trieb ein weiteres Schiff durch den Raum. Die Pilotin darin beobachtet das treiben auf der anderen Seite mit gehörigem Interesse. Sie hing im Cockpit ihrer Maschine, die ausgestreckten Füße lagen auf der Konsole und die Stiefelspitzen schlugen gelegentlich gegen die Scheibe. Während draußen ein Kampf tobte streckte sie sich. Ihre Arme glitten geistesabwesend über weitere Kontrollen bis sie auf das kalte Bodenblech trafen. Sie genoss den Raum den sie auf diesem kleinen Schiffe hatte, und sie genoss die Ruhe da sie den Raum mit niemandem teilen musste. Nach den endlosen Stunden und Tagen die sie vor einigen Monaten in einer viel zu kleinen Rettungskapsel verbracht hatte war dieser Platz für sie eine Wohltat. Während sie versuchte die sie überkommende Müdigkeit abzuschütteln verfolgte sie den Gedanken weiter. Diesmal würde es aber niemanden geben der ihren Auftrag in Gefahr bringen würde. Ihr letzter Partner hatte bitter dafür bezahlt. Nein, diesmal würde es anders laufen. So wie damals als sie allein gearbeitet hatte. Zu jener Zeit hätte sie unprofessionelles Verhalten den Job gekostet, oder Geld. Oder mehr. Damals wie auch jetzt war das ein Verhalten was sie sich niemals erlauben konnte. Sie hatte sich ihre Fähigkeiten hatte durch hartes Training angeeignet. Mittlerweile waren sie ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Außerdem verfügte sie über die richtige mentale Einstellung. Gähnend griff sie nach einem neuen Rationsriegel und warf einen noch genaueren Blick auf das tödliche Treiben vor ihrer Cockpitscheibe.

-
-

Verzweifeltes Abwehrfeuer zuckte um sie herum als die Kanoniere des Außenpostens die abdrehenden Raider unter Beschuss nahmen. Für die leichteren Jäger stellen diese Waffen durchaus eine Gefahr dar, doch die schweren Jagdbomber steckten selbst mehrere direkte Treffer ohne Mühe weg. Unbeschädigt entzogen sich die vier Maschinen dem Feuer und formierten sich neu.
„Wie sieht´s aus?“, fragte Chris seinen Copiloten während er den Raider herumzog.
„Sieht gut aus, das waren Volltreffer. Wir haben die Panzerung geknackt und es gibt Feuer an mehreren Stellen. Die Energiewerte sinken stetig. Ich denke der Generator ist hinüber.“
„In Ordnung, dann auf zum zweiten Teil.“ Mit einem schnellen Blick versicherte sich Chris dass der Rest seiner Gruppe ihm folgte, dann nahm er erneut die Station ins Visier.
„Die sind lernfähig“, meldete Zwei sich über Funk. „Sieht so aus als würden sich die Geschütztürme auf uns konzentrieren.“
„Allerdings, und die Jäger ebenfalls“, antwortete Golly und sah nach vorn. Die Geschütze der Station webten ein tödliches Energiemuster ins All, und in den Lücken warteten die Arrows auf die heranjagenden Kampfjäger.
„Macht euch darum keine Sorgen, die übernehmen wir“, mischte sich Marcus ein der sich inmitten eines heftigen Getümmels befand und versuchte die Arrows von der Station fernzuhalten. „Sobald wir hier fertig sind natürlich.
Chris nickte wissentlich. „Auf jeden Fall wird es interessant. Hat jeder seine Koordinaten? Dann los.“ Er umfasste den Steuerknüppel fester und blieb auf Kurs. Mit kleinen Ausweichmanövern umging er das Abwehrfeuer der Station. Dennoch rüttelten Beinahetreffer den Raider durch.
„Da“, rief Golly.
„Was ist?“ fragte er irritiert.
„Die Geschütze! Ihre Salven zittern.“
Chris sah genauer hin. Tatsächlich begannen die massiven Plasmageschosse dünner und unregelmäßiger zu werden.
„Das bedeutet dass ihnen die Energie ausgeht.“
„Kein Strom heißt keine Munition. Ihr Pech, unser Vorteil.“
Dann trafen sie auf die Arrows. Mit purer Willenskraft hielt er die Maschine auf Kurs als beide Seiten feuerten. Dahinter befand sich nur noch die Station. Nach ein paar letzten schwachen Salven stellten die Kanoniere das Feuer ein. Auch sie wussten was jetzt kommen musste.
„Fertigmachen zum Andocken“, befahl er dem Rest der Gruppe. In nur wenigen Metern Höhe glitten sie über die Hülle der Station hinweg. Ein Fingerdruck aktivierte den Zielcomputer der ihnen ihre Andockpositionen aufzeigte. Die beiden Flügel schwenkten mit einem schweren, dumpfen Surren von ihrer abgesengten Angriffsformation in eine erhöhte Stellung. Dann wurden die Maschinen langsamer und setzten schließlich mit einem metallischen Klang auf der Hülle auf.
Chris wandte sich nach hinten und öffnete das Cockpitschott. „In Ordnung, jetzt seid ihr dran! Man erwartet auch bereits.“
Im Laderaum des Raiders entstand Bewegung. Die Soldatengruppe löste ihre Sicherheitsgurte und öffnete zischend die im Boden liegende Andockluke. Ein leistungsfähiger Sprengschaum wurde an der Hülle befestigt und nach einem hellen Blitzen und scharfen Zischen fiel das heraus gelöste Teil lautstark in den darunter liegenden Raum. Ein paar Sekunden und Handgranaten später sprang dann der erste Soldat durch die Luke. Die anderen folgten ihm in schneller Folge.
„Eins für vier“, meldete sich Brown.
„Ich höre.“
„Sir ich empfange etwas. Massive Kommunikation.“
„Von der Station?“
„Nein, deren Versuche haben wir komplett unterbunden. Es scheint von der Grenze zu kommen. Mein Copilot tippt auf Valyrisch, aber er gibt keine Garantie.“
„Was wollen die? Geht’s etwas genauer?“
„Leider Nein. Mehr ist nicht drin.“
Der letzte Soldat salutierte, bedankte sich für den angenehmen Flug und verschwand durch die Luke die sich sofort danach wieder schloss. Golly gestikulierte nervös. Die beiden wussten nur zu gut dass sie im Moment gefundenes Fressen für die Orani waren.
„Bleib dran und halt die Augen offen“, antwortete Chris schließlich als seine Hände bereits über die Kontrollen huschten. Der Repulsor brachte den Raider von der Hülle weg, schnappend rasteten die Flügel wieder ein. Langsam gewann er wieder Fahrt und ließ die Station hinter sich.
„Fünf hier“, meldete sich Marcus mit einem seltsamen Unterton in der Stimme. „Hier passiert gerade etwas. Wir bekommen Gesellschaft.“

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 15:02

Durch sein Seitenfenster beobachtete Chris wie sich die restlichen Raider ebenfalls von der Hülle der Station lösten und wieder Fahrt Aufnahmen.
„Nummer drei; Aufpassen sie haben einen aufgelesen“, hörte er plötzlich eine neue Stimme rufen. Eine Frauenstimme, stellte er fest.
Chris sah auf seine Sensorbildschirme. Hinter Drei hatten zwei Arrows Position bezogen. Und obwohl der Geschützturm sie unablässig beschoss blieben sie stur am Heck der Maschine.
„Festhalten“, raunte er seinem Copiloten zu als den Raider in eine harte und enge Abwärtsspirale brachte und Nummer drei hinterher jagte. Zischend schlugen die Plasmageschosse der Arrows gegen Menesco´s Schilde.
„Ich werd sie nicht los!“
„Durchhalten, bin gleich da“, beruhigte Chris ihn.
„Wolf Drei“, meldete sich die Stimme erneut. „Auf meinen Befehl hochziehen. Jetzt.“
Menesco zog die Maschine steil nach oben. Im selben Moment jagte der Valyrische Mustang Jäger an der Stelle vorbei wo er sich gerade noch befunden hatte. Blaue und weiße Energie aus seinen Kanonen verwandelte die beiden Verfolger in orangerote Feuerbälle.
„Das war knapp“, presste Golly hervor.
Er wollte etwas antworten, aber bevor er etwas sagen konnte explodierte etwas mit gewaltiger Kraft im Heck von Menesco´s Raider. Funken schlugen aus den Antrieben, sein Licht fiel aus.
Auf Golly´s Monitor erschienen Dutzende von Schadensmeldungen. „Triebwerksausfall und Feuer im Generator. Den hat´s ganz schön erwischt.“
„Drei getroffen, brauche Hilfe“, hörten sie Menesco rufen.
„Muss eine Rakete gewesen sein. Alles andere hätten wir bemerkt.“
„Er geht runter. Und was machen wir jetzt?“
„Na was wohl wir holen ihn da raus.“
„Und wie? Bei dem Winkel verglüht er in der Atmosphäre.“
„Das lässt sich ändern.“ Chris drückte den Steuerknüppel nach unten und beschleunigte. „Alles klar Drei? Wir sind bei dir.“
„Wird auch Zeit, wir haben hier echte Probleme.“
Er schob seine Maschine direkt unter den Rumpf von Drei. Das Schiff bockte und der dröhnende Widerhall des Treffens von Metall auf Metall erfüllte die Kabine. Dann zog er den Steuerknüppel hart nach hinten. Sofort begann das Schiff zu bocken als es sich plötzlich mit der Aufgabe betraut sah sein doppeltes Gewicht aus dem Schwerkraftfeld des Planeten zu befördern.
Mit einem weiteren Kreischen lösten sich beide Schiffe wieder voneinander.
Golly studierte einen Statusmonitor. „Guter Versuch“, stellte er fest. „Aber es reicht nicht. Er kommt immer noch zu steil runter.“

-
-

„Kannst du mir vielleicht mal erklären was hier los ist?“ Fragte Marcus hektisch und irritiert.
Tessa sah kurz auf ihre Sensorschirme. Sie befanden sich immer noch im Nahkampf mit den Orani, und das Auftauchen der Valyrie hatte das Durcheinander noch verschlimmert. Doch irgendetwas sagte ihr das von ihnen keine Gefahr ausging. Mit tödlicher Präzision vernichteten sie einen Arrow nach dem anderen.
„Warum tun sie das? Was wollen die?“ Marcus war leicht verwirrt.
„Es scheint als würden sie nur die Orani angreifen.“
„Das seh ich auch, aber wieso?“
Tessa kam eine Idee, doch ihr nicht klar ob sie den Gedanken als gut oder schlecht einordnen sollte. „Zeig mir die Karte“, befahl sie der KI. Die Navigationskarte verschwand und wich einer Übersicht des Sektors. „Vergrößern.“ Die Karte zeigte jetzt ihr unmittelbares Umfeld. Tessa bemerkte wie ihr ein Kloß in den Hals stieg.
„Was ist los?“, fragte Marcus dazwischen.
„Wir sind am Rand unserer Kampfzone“, erklärte Tessa trocken. „Wir sind bereits im Grenzstreifen.“
Marcus begriff schnell. „Einer von diesen Schuppenköpfen muss die Grenze überquert haben“, erkannte er mit trockener Stimme.
„Was anderes fällt mir jedenfalls nicht ein.“
„Sehen wir zu das uns nicht das gleiche passiert. Alle Jäger abdrehen und zurück zur Station“, befahl er.
„Was ist mit den Orani?“, fragte jemand dazwischen.
„Welche Orani denn?“ warf Vaskes ein.
„Was?“
„Tatsächlich, keiner mehr da. Die Valyrie haben sie alle erwischt.“
„Dann sind wir wohl die nächsten“, murmelte ein anderer Pilot leise.
„Laber keinen Unsinn, ansonsten wären wir schon längst Atomstaub“, sagte Marcus entschieden während er beobachtete wie sich die Mustangs formierten und auf sie zukamen.
„Hier ist vier. Ich empfange wieder massive Kommunikation, diesmal vom Führungsschiff.“
„Kann ich mit ihnen reden? Ich höre nichts.“
„Dabei wird’s auch bleiben. Ihre Systeme sind vollkommen inkompatibel zu unseren. Mein Copilot sagt das er mindestens ein paar Stunden brauchen würde um einen Decoder zu bauen.“
„Aber die Zeit haben wir nicht“, sagte er nachdenklich.
Inzwischen hatte sich eine Maschine von den restlichen gelöst und hielt weiter auf ihn zu. In einem eleganten Bogen bezog der Mustang neben ihm Position. Fasziniert sah er zu dem schlanken Schiff hinüber. Er konnte erkennen wie der Pilot; die Pilotin, korrigierte er sich; etwas in ihr Mikro sprach. Da er wusste dass er ihr nicht würde antworten können blieb ihm nichts weiter übrig als pflichtschuldig mit den Schultern zu zucken. Schließlich salutierte die Pilotin, ließ den Jäger kurz mit den Flügeln wackeln und scherte aus dem Parallelflug aus. Die restlichen Maschinen schlossen sich ihr an, dann verschwanden sie wieder auf ihrer Seite Grenze.

-
-

„Boss, tu was!“ rief Menesco wieder während seine getroffene Maschine tiefer in das Schwerefeld des Planeten eindrang.
Nur dicht hinter ihm bemühte sich Chris damit seinen Raider erneut in Position zu bringen. „Bleib ruhig“, versuchte er ihn zu beruhigen, „Wir kriegen das hin.“ Mit kurzen und präzisen Lenkbewegungen steuerte er den Raider um den nächsten Versuch zu wagen. Erneut stießen die beiden Schiffe lärmend zusammen. Plötzlich knackte das Funkgerät; es war wieder die Frauenstimme.
„Zuhören“, rief sie im Befehlston. „Umkehrschub!“
„Was?“, riefen die beiden Piloten nahezu gleichzeitig.
„Umkehrschub jetzt. Das ist ihre letzte Chance.“
Chris sah seinen Copiloten fragend an bis er schließlich, nach einer langen Sekunde, verstand. Er drückte die Hebel für die Schubumkehr. Drei hatte sofort reagiert, und mit der so veränderten Schwerpunktlage hoben sich die Nasen der Raider weg vom Planeten.
„Es scheint zu funktionieren“, stellte Golly erstaunt fest.
Dann raste plötzlich eine große, weiße Masse von unten her durch die Flugbahn der beiden Schiffe. Zur Kollision fehlten nur wenige Zentimeter. Ein weiteres Kreischen und dröhnen machte Chris deutlich das sich Menesco´s Schiff von ihnen getrennt hatte.
„Was war denn das jetzt?“, fragte Golly entgeistert. Sein Gesicht war von einer ungesunden Blässe gekennzeichnet.
„Der Mustang“, stieß Chris hervor. Er zwang den Raider in eine harte Kurve und suchte das fremde Schiff. Was er fand war allerdings etwas anderes. Menesco in Raider Drei entfernte sich in einer vollkommen unnatürlichen Flugbahn vom Planeten. Chris beschleunigte wieder und setzte sich neben ihn.
„Alles klar Drei?“, fragte er besorgt.
„Denke schon“, antwortete Menesco erschöpft. „Sieht übel aus, aber wir haben´s unter Kontrolle. Wem darf ich die Drinks spendieren?“
„Das wird ich jetzt mal rausfinden“, sagte Chris neugierig und beschleunigte weiter. Dann fand er den Grund für die seltsame Fluglage. Von der Unterseite des Mustangs ging ein konzentrierter, dunkelblauer Strahl aus und endete in Menesco´s Kabinendach.
Golly pfiff erstaunt. „Integrierter magnetischer Traktorstrahl“, sagte er erstaunt. „Nützlich. Warum haben wir das nicht?“

-
-

„Also was war denn das jetzt?“ fragte Vaskes in die Runde.
„Ich nehme an das keiner von euch sich einen Reim darauf machen kann, richtig?“ antwortete Tessa nachdenklich.
„Allerdings. Aber warum sollten sie uns helfen? Es gibt in den letzten dreißig Jahren keine Berichte über ein derartiges Verhalten.“
„Vielleicht hatten sie gerade ihren sozialen Tag oder so was“, warf Vaskes ein.
„Hat eigentlich einer seinen Bordrecorder mitlaufen lassen?“, fragte Sieben neugierig. „Ansonsten glaubt uns das eh keiner.“
„Egal ob uns das einer glaubt oder nicht, wir haben später noch Zeit uns genauer darum zu kümmern“, sagte Marcus wieder sachlich. „Bringen wir unseren Job zu Ende und verschwinden dann. Vier hast du schon was vom Sturmtrupp?“
„Allerdings. Wir mussten zwar noch zwei Anflüge durchführen um sie zu unterstützen, aber mittlerweile gibt es kaum noch Widerstand.“
„Alles klar. Holen wir die Frachter. Verteilt euch und sichert das Gebiet.“ Mit einem Handgriff wechselte er den Kanal. Innerhalb von Sekunden hatte die KI seiner Maschine die Sendung vorbereitet, und als er die Sprechtaste drückte machte sie sich auf den Weg hinaus ins All. Noch ehe er wieder auf den Staffelkanal gewechselt hatte wurde es um ihn herum lebendig. Ein halbes Dutzend Frachter, die im Tiefraum kurz vor dem System gewartet hatten, erreichten nun ihr Ziel. Ohne zu zögern begannen die ersten bereits mit dem Andockmanöver.

-
-

Chris bemerkte den Rückzug der Valyrie nur auf seinen Sensoren. Innerhalb weniger Sekunden waren sie wieder allein. Nur der einzelne Mustang mit Menesco im Schlepp war geblieben, und er machte keine Anstalten zu verschwinden. Vielmehr hielt er direkt auf die Station und die dort versammelten Theraner zu. Chris war auf eine seltsame Weise fasziniert von dem eleganten und fremdartigen Schiff ihrer Retterin. Er setzte seinen Raider in eine parallele Flugbahn und öffnete dann einen Kanal.
„Gute Arbeit“, sagte er lobend. „Ich schätze wir sollten uns bei ihnen bedanken. Ohne sie wäre das wohl kaum so glimpflich ausgegangen.“
„Oh Danke“, antwortete sie ihm. Ihre Stimme war freundlich und gelassen, keine Spur mehr von dem kalten Befehlston den er zuletzt gehört hatte. „Heutzutage bekommt man solche direkten Worte selten zu hören, und noch seltener sind sie ehrlich gemeint.“
„Wie meinen sie das?“
„Ach kommen sie“, fuhr sie ruhig fort. „Heutzutage haben die meisten doch nur ihren eigenen Vorteil im Blick, ehrlich Arbeiter für die Gemeinschaft haben´s da schwer.“
„Interessante Einstellung“, antwortete Chris zufrieden. „Wenn sie möchten können sie den Raider
jetzt freigeben, einer unserer Frachter wird ihn aufsammeln. Dann können sie auch wieder zurück über die Grenze.“
„Was meinen sie damit?“ fragte sie.
„Die Valyrie selbstverständlich.“
„Ach die. Tut mir leid, aber da sind sie auf einem total anderen Stern. Die gehören nicht zu mir“, erklärte sie ruhig.“
„Aber sie sind doch gemeinsam mit denen hier aufgetaucht.“
„Bloß weil man zeitgleich mit anderen irgendwo auftaucht heißt das doch noch lange nicht dass man auch die gleichen Ziele verfolgt“, sagte sie weiterhin. Dann wurde ihr Tonfall deutlich kühler. „Und was ihren Mann angeht, ich bin gerne bereit ihn freizugeben, aber, nun ja, ich benötige dafür eine Gegenleistung.“
Ihre Worte überrumpelten ihn total. Seine Hände waren bereits dabei den Raider vorsichtig in eine Schussposition zu bringen. „Und an was hatten sie gedacht?“, presste er hervor während er versuchte die Lage einzuschätzen.
„Nun ja“, sagte sie jetzt wieder in einem ruhigeren Tonfall, „Irgendwie, sozusagen bin ich mitverantwortlich für diese Situation“, druckste sie herum. Und das heißt das ich nicht ohne weiteres wieder von hier verschwinden kann.“
„Und was wollen sie dann?“
„Eigentlich gar nicht viel. Sie haben nicht zufällig eine Kabine und einen freien Stellplatz auf ihrem Schiff?“
Chris spürte schmerzhaft wie ihm der Unterkiefer gegen den Helm stieß. Jetzt war er sprachlos. Er atmete tief durch, ließ sich die Lage noch mal durch den Kopf gehen. Was bei allen Sonnen ging hier vor sich? „Also gut, sagte er schließlich. Wenn sie uns töten wollten hätten sie´s wahrscheinlich längst getan. Sie können vorerst mitkommen. Aber die endgültige Entscheidung muss unser Kommandant treffen.“
„Selbstverständlich“, erklärte sie zustimmend. „Ich freue mich bereits seid einiger Zeit auf dieses Treffen.“
Wieder war er für einen Moment sprachlos. Er war sicher das dass hier mehr als nur Zufall war. Er beschloss vorsichtig zu sein. Und zwar mehr als nur üblich.
„Dann würde ich vorschlagen dass wir uns wieder unserer Hauptaufgabe widmen.“
„Nur zu, ich folge ihnen.“
Er wechselte wieder auf den anderen Kanal. „He, Menesco. Scheint so als ob du deine Drinks wirklich bezahlen musst.“

-
-

Gemeinsam erreichten sie innerhalb weniger Minuten wieder den Rest der Staffel. Die ersten Frachter hatten bereits wieder abgedockt und warteten einige Klicks entfernt.
„Alles in Ordnung bei euch?“, fragte Tessa besorgt.
Marcus´ Maschine kam in weitem Bogen heran.
„Ein bisschen angesengt aber ansonsten in Ordnung“, beruhigte Chris sie.
„Hast uns einen gehörigen Schreck eingejagt Drei“, sagte Marcus sarkastisch als er die Schäden an Menesco´s Maschine begutachtete.
„Glaub mir Fünf, es war nicht meine Idee. Aber dank meiner mysteriösen Retterin ist noch mal alles gut gegangen.“
„Hast halt wieder Mal gute Sterne gehabt.“ Dann wandte sich Marcus an Chris. „Hey Boss, was hast du denn da wieder aufgegabelt?“
„Ohne sie wär das nicht so glimpflich abgelaufen“, sagte Chris. „Und sie will mit uns mitkommen.“
„Bist du sicher das ist ne gute Idee?“ fragte Tessa besorgt dazwischen.
„Sie hat uns hier ganz schön geholfen“, erklärte er. „Und ich denke nicht das sie was mit den Orani zu tun haben könnte. Wir sind ihr was schuldig, und ganz nebenbei können wir wirklich jede Hilfe gebrauchen.“
„Ich traue ihr trotzdem nicht“, stellte Marcus klar. „Sie ist eine Valyrie. Die waren schon immer komisch, entweder beachten sie dich von ihrem hohen Ross gar nicht erst oder sie machen nur Ärger.“
„Ich bin ja auch vorsichtig.“ Aber hast du schon jemals mit ihnen zu tun gehabt?“, fragte Chris nach.
„Es gibt genug Berichte und Geschichten.“
„Die meisten sind erwiesene Schauermärchen“, merkte Tessa an. „Ich finde Chris hat Recht. Es ist nicht unsere Art anderen etwas schuldig zu bleiben.“
Ihr Gespräch wurde durch das knacken des offenen Kanals unterbrochen.
„Jagdschutz für Frachterkonvoi.“
„Wolf eins hört“, meldete sich Chris.
„Wir wären dann soweit. Alle Trupps sind an Bord, der Computerkern liegt sicher im Laderaum und wir haben alles an Bord was nicht Niet und Nagelfest war. Außerdem ticken bereits die Sprengsätze.“
„Verstanden. Alle Einheiten, Sprungkoordinaten programmieren und bereitmachen zum Rückzug. Gute Arbeit Leute, wir sehen uns auf dem Träger.“
Dann wechselte er den Kanal: „Valyrischer Jäger, wir sind sprungbereit. Haben sie so was wie nen Schleppmodus? Koppeln sie ihren Navcomputer an meine Maschine, dann bringe ich uns beide hier raus.“
„Theraner“, antwortete die ihm mit einem eiskalten Unterton. „Selbst wenn alle Sonnen zur Nova werden werde ich ihnen bestimmt nicht die Kontrolle über mein Schiff überlassen, ganz zu schweigen von den technischen Differenzen. Aber glücklicherweise kommt mein System hervorragend mit theranischen Navkarten klar, ich öffne gerade meinen Datenkanal.“
„Es war den Versuch wert. Sie verstehen das sich etwas in mir sträubt, oder?“
„Haben sie eine andere Lösung? Oder wollen sie einfach noch länger hier rum gammeln?“
„Allerdings“, erklärte Chris. „Meine KI überträgt bereits.“
„Das ist nicht ihr Ernst oder“, entfuhr es ihr trocken. „Das sind ja nur ein paar Parsec.“
„Und es reicht vorerst. Alle weiteren Daten bekommen sie wenn es soweit ist. Also gut, der Rest ist schon weg. Sind sie soweit?“
„Nach ihnen“, sagte sie kühl.
Chris drückte den Sprungknopf und Sekunden später ließen sie die Station hinter sich zurück.

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 15:05

System: Drenaban
Planet: Drenaban IV

14. 8. 493 nach Errichtung der theranischen Republik

Wütend hetzte Doktor Bregao durch die Gänge des Kriegskreuzers. Einer der Techniker hatte ihn mitten in der Bordnacht aus dem Bett geworfen und ihm von ernsthaften Problemen berichtet. Während er hinunter zur Maschinensektion eilte fluchte er ungehemmt. So etwas kam ständig vor und langsam fing es an ihn zu nerven. Denn anstatt selbstständig zu handeln hielten sie ihn wegen jeder Kleinigkeit auf Trab. Andauernd musste er die Inkompetenz seiner Mitarbeiter kompensieren. In seinem Labor hätte er solche Unfähigkeit niemals einfach so akzeptiert, aber hier blieb ihm keine andere Wahl.
Das einzig Gute daran war das er dadurch die Möglichkeit bekam das neuartige Gehirn des voll einsatzbereiten Schlachtschiffs eingehend zu studieren. Zwar drängte der Admiral schon seit einiger Zeit auf die endgültige Indienststellung, doch solange es noch Probleme gab sah er überhaupt keinen Sinn darin das Schiff zu übergeben. Der Admiral hatte das zu akzeptieren. Schließlich war er nicht der Experte. Als er vor der Tür des Maschinenraums stand fragte er sich wegen welcher Probleme man ihn diesmal gerufen hatte. Dann öffnete sich die Tür. Noch ehe sie komplett zur Seite geglitten war, peitschte ihm ein Ohrenbetäubender Lärm entgegen. Entsetzt stürmte er bis zum Computerkern. Der Weg dorthin war voll mit verängstigten und flüchtenden Technikern und Wissenschaftlern.
„Was bei Arah geht hier vor?“ rief er entsetzt und versuchte den Lärm zu übertönen.
„Der Luurianer!“, antwortete ihm einer der Techniker atemlos. „Es reagiert total über. Es ist aus irgendeinem Grund völlig aggressiv geworden.“
Ruppig schob er den Mann beiseite, dann trat er näher an die Grube heran. Das von dort abgegebene Licht flackerte unruhig und in vollkommen anderen Farbtönen als er es bislang gesehen hatte. Ein paar seiner wehrhaften Kollegen bearbeiteten das Nest bereits mit groben Werkzeugen. Das Hirn schrie voller Wut wenn die schmerzhaften Schläge es trafen. Bregao traute seinen Augen nicht. Schnell trat er zu den Technikern und riss sie mitbrutaler Gewalt zur Seite.
„Seit ihr wahnsinnig?“, herrschte er sie an. „Verschwindet hier bevor ihr es bereut.“
Fluchtartig verließen die Techniker den Raum, Bregao warf ihnen einen wütenden Blick nach. Dann griff er sich ein Diagnosegerät und begann damit das Hirn zu scannen. Er ging vorsichtig und einfühlsam vor um das eingeschüchterte Wesen nicht noch zusätzlich zu verängstigen. Behutsam versuchte er sein Lieblingsobjekt zu beruhigen, seine Hände suchten die Nähe des Nestrandes. Es war keine gute Entscheidung. Eine plötzliche Energieentladung zuckte durch seinen Körper und schleuderte ihn quer durch den Raum. Mit brennenden Nerven landete er hart auf dem Deck. Er versuchte aufzustehen, doch die Muskeln versagten ihm den Dienst. Ein weiterer Schlag traf ihn mit voller Wucht und schob ihn weiter über den Boden. Nur mit Mühe überwand er die Schmerzen und raffte sich auf. Seine Handlanger standen nur wenige Meter von ihm entfernt in Sicherheit, doch keiner von ihnen unternahm etwas um ihm zu helfen. Während er sich langsam aus dem Raum schleppte nahm er sich vor einige von ihnen für ihr Fehlverhalten zu bestrafen. Drastisch natürlich.
Kaum hatte er den Fuß durch das Schott gesetzt herrschte er sie wütend an. “Versiegeln sie den Raum. Setzen sie das Gas ein.“
„Das wird uns um Wochen zurückwerfen, Doktor“, warf einer seiner Kollegen ein.
„Das ist ein Befehl. Tun sie´s oder mir fällt was ein was ich mit ihnen tun könnte.“
„Der Admiral wird das gar nicht mögen.“
„Er wird es nie erfahren“, schnauzte Bregao zurück.
„Interessant“, mischte sich eine neue Stimme ein. „Ich möchte gerne sehen wie sie das bewerkstelligen wollen.“
Die Augen richteten auf den Neuankömmling. Direkt darauf durchfuhr es die Anwesenden wie ein Schock. Im Schott zum Maschinenraum stand niemand geringerer als Admiral Viljhe.
„Was tun sie hier?“, fragte Bregao trotzig.
„Ich? Ich bin hier um mein Schiff zu übernehmen“, antwortete der Admiral ruhig.
„Es ist noch nicht fertig!“, schnauzte der Doktor trocken.
„Das sehe ich. Und ich frage mich warum. Der vorgesehene Termin ist schon lange vorbei. Viel zu lange als das ich von kleineren Problemen ausgehen könnte. Ich habe also entschieden das ich meinem Projekt etwas mehr Zeit widmen sollte.“ Er warf einen Blick durch den Raum und musterte letztlich den zerschlagen aussehenden Doktor. „Es war wohl die richtige Entscheidung.“
„Es ist noch nicht fertig“, wiederholte der Doktor wütend.
Viljhe zog ein Datapad aus seiner Tasche. „Erstaunlich. Dieser Bericht hier, den meine Leute vor ein paar Tagen gemacht haben sieht ein wenig anders aus. Demnach sind nahezu alle Systeme installiert und getestet, und die Konstruktionsarbeiten sind so gut wie abgeschlossen. Das Schiff wäre bereit zum Erstflug.“
„Was wissen ihre Leute schon?“, gab Bregao trotzig zurück.
„Stimmen sie nicht mit ihnen überein?“, fragte der Admiral eher rhetorisch, „Ich denke sie leiten das Projekt. Ihre Berichte besagen immer etwas anderes.“
„Ich bin hier der Experte, nicht sie oder einer ihrer Leute. Sie bekommen das Schiff sobald ich ihnen die Freigabe erteile.“
„Das haben sie letztes Mal auch gesagt. Wie auch immer, ich werde jetzt das Kommando übernehmen, und ich werde dafür sorgen dass dieses Schiff bis zum Ende der Woche endlich einsatzbereit ist“, erklärte Viljhe ernst.
„Das werden sie nicht wagen“, ereiferte sich der Doktor. „Der Prinz persönlich hat mich mit dieser Aufgabe betraut. Nur er kann mich absetzen.“
Der Prinz hat sie meinem Projekt unter meinem Kommando zugeteilt“, stellte Viljhe klar. „Und er ist der Grund dafür dass sie ihre Forschung in einer Arrestzelle fortsetzen werden wenn sie sich nicht an die Arbeit machen“, fuhr er mit eisiger Stimme fort. „Sie haben sich bereits zu lange mein erzwungenes Desinteresse zu nutze gemacht, Doktor. Sie haben bis zum Ende der Woche Zeit dieses Schiff endlich fertig zu stellen. Ich schlage vor sie beginnen mit ihrer Arbeit. Falls sie Probleme haben finden sie mich auf der Brücke. Guten Tag.“ Viljhe nickte knapp und verschwand dann im Seitenkorridor. Bregao blieb zitternd vor Wut im Maschinenraum zurück.

-
-

System: Acuan
Planet: Bonori

Als Chris als letzter seinen Raider im Hangar der Crusader landete begutachtete der Rest seiner Staffel bereits die Schäden an Menesco´s Schiff. Ein paar Meter entfernt, aber dennoch so weit abseits wie möglich, hatte sich die valyrische Pilotin niedergelassen. Selbst im kalten Licht des Hangars wirkte der elegante Mustang Jäger noch immer mysteriös und vollkommen fehl am Platz. Zischend öffnete sich die Cockpithaube, ein Techniker schob eine Leiter heran.
Ein paar Tastendrücke später hatte Chris den Raider heruntergefahren und stand in der geöffneten Luke des Schiffes. Genau rechtzeitig um zu sehen das die Pilotin ebenfalls ihr Schiff verließ. Mit einem langen Satz sprang sie an der Leiter vorbei und landete sanft auf dem Deck. Sie warf einen schnellen Blick durch den Hangar und kam dann schnell auf die versammelten Theraner zu.
„Da kommt die große Retterin“, raunte Marcus Menesco zu. „Ich glaub das wird teuer für dich.“
Zum Dank boxte er ihn mit einem abgerissenen Stabilisator in den Magen.
Tessa bemaß die beiden mit einem strengen Blick. „Begrüßen wir so unseren Gast?“, fragte sie scharf. „Hebt euch das für später auf.“
Die beiden grinsten verlegen, benahmen sich aber wieder wie Erwachsene.
Chris nickte kurz Tessa kurz zu, dann trat er vor und wandte sich der Pilotin zu. „Lieutenant Wolfe“, stellte er sich vor als sie ein paar Schritte vor ihm zum stehen kam. „Willkommen an Bord.“
„Ich bin Faith“, sagte sie mit der gleichen kühlen und scharfen Stimme die er bereits über das Com gehört hatte. Sie war ein wenig kleiner als er, hatte ein scharf gezeichnetes Gesicht mit leuchtend grünen Augen und langen schwarzen Haaren. Ihr weiter, Taschenübersäter Kampfanzug verdeckte ihren schlanken Körper ein wenig doch Chris erkannte dass sich ihre Kraft keinesfalls nur auf ihren Händedruck beschränkte. Dazu passte dass große Holster an ihrem rechten Oberschenkel. Es enthielt ein ebenso großes Sturmgewehr. Insgesamt strahlte sie eine kühle und ruhige Überlegenheit aus, empfand Chris.
„Nochmals vielen Dank dafür dass sie meinen Piloten da rausgeholt haben.“
„Keine Ursache“, sagte sie ruhig. „Ist alles in Ordnung?“
„Im großen und ganzen ja“, sagte Menesco. „Ich bin ihnen was schuldig. Treffen wir uns nachher im Besprechungsraum?“
„Er hat versprochen ihnen was auszugeben“, erklärte Chris.
Sie grinste leicht. „Ah, typisch Theransich. So direkt. Ihr mögt es nicht bei anderen in der Schuld zu stehen. Ich denke darüber nach. Vorher habe ich noch etwas zu erledigen.“ Sie wandte dich wieder an Chris. „Wo ist ihr Admiral? Ich muss ihn sprechen.“
„Keine Angst, sie werden ihn früh genug treffen“, tönte eine neue Stimme.
„Captain Whiley.“
„Der Admiral hat mal wieder eine lange Diskussion mit der Clanoberin. Ich denke das wird noch ein Weilchen dauern. Ich wird euch informieren wenn wieder zurück ist.“
„Prima“, rief Menesco erleichtert. „Dann können wir ja gleich was trinken gehen.“
Chris rollte mit den Augen und sah Whiley genervt an. Der bedachte ihn mit einem schadenfrohen Grinsen. „Geht nur, es wird das Beste sein. Ihr habt es euch heute verdient.“
Die Piloten stoben davon. Einigen sah man die Freude über den heutigen Erfolg an, andere würden auf die Toten anstoßen. Chris selbst hatte sich in den letzten Monaten einen erstaunlichen Schutzmechanismus aufgebaut. Zwar schmerzte noch immer jeder Verlust, doch es war mehr ein fernes Ereignis das ihn nicht näher berührte. Zusammen mit ihrer eher pragmatischen Art war es unkomplizierter Akt. Er hatte ihre Namen der unendlich langen Listen von Toten hinzugefügt und anschließend ihre Namensschilder auf die Flurwand genagelt. Mittlerweile waren es Dutzende.
Er drehte sich wieder zu den anderen um. Nur noch Marcus, Tessa und die Valyrie waren geblieben. „Also gut. Wenn sie eh hier bleiben können sie Haufen auch gleich kennen lernen. Gehen wir.“
Faith nickte reserviert, aber ihr Blick wirkte ungeduldig.
„Eigentlich sind sie gar nicht so schlimm“, erklärte Tessa während sich die Gruppe auf zum Besprechungsraum machte.
„Angesichts der Umstände natürlich“, führte Chris den Satz fort und steuerte einen der Tische an.
Noch bevor die vier sich setzen konnten kam Menesco auf sie zu. In seinen Händen hielt er fünf schwere Krüge. Vorsichtig setzte er sie auf dem Tisch ab und verteilte sie.
„Sie müssen ihn echt beeindruckt haben“, sagte Chris überrascht. „Normalerweise ist er einer von den unscheinbareren. So was ist nicht sein Ding.“
„Ich darf mich also geehrt fühlen?“, fragte sie ironisch zurück.
„Allerdings.“
Marcus erhob sich. „Nun denn“, gab er mit tief verstellter Stimme bekannt, „trinken wir auf unseren brennenden Pechvogel und seine selige Retterin!“
Unter dem breiten Grinsen der restlichen Piloten lief Menesco feuerrot an. Während der Rest trank befestigte er den zerstörten Stabilisator seiner Maschine am Tresen. Das war ebenfalls eines der Rituale das in den letzten Monaten eingeführt worden war.
Auch Faith nahm einen vorsichtigen Schluck von dem seltsamen, dunklen Gebräu. Zuerst rebellierten ihre Geschmacksnerven. Das Zeug schmeckte wie Hydrauliköl, nur noch schlimmer. Dann spürte sie wie ihre Gesichtsfarbe spürbar änderte. Mit einem verzogenen Gesichtsausdruck schluckte sie es hinunter.
„Nicht schlecht“, lobte Marcus sie erstaunt.
„Was bei allen Sonnen ist das?“, fragte sie geschockt und schob den Krug von sich.
„Es ist Jetstream“, erklärte Tessa.
„Nie im Leben. Jetstream ist etwas völlig anderes.“
„Zumindest sind alle Zutaten drin die auch im Jetstream sind“, führte Marcus aus. „Allerdings gibt es da ein kleines Problem.“
„Wir haben nämlich keinen Alkohol“, sagte Menesco weiter.
Faith zog ein ungläubiges Gesicht. „Also trinkt ihr das Zeug ungebrannt?“, fragte sie.
Marcus und Menesco grinsten breit.
„Ihr seid Barbaren“, stieß sie sarkastisch hervor. „Ich wusste dass ihr Theraner zu vielem Fähig seid, aber das übertrifft alles. Da braucht es keine Orani mehr, damit bringt ihr euch selber um.“
„Ist eine unserer besten Eigenschaften“, frotzelte Marcus trocken.
„Na wunderbar, ich bin bei einem Haufen potenzieller Selbstmörder gelandet. Und einem von denen hab ich sogar den Arsch gerettet.“
„Nicht das ich dafür nicht dankbar wäre“, sagte Menesco.
„Aber sie haben uns immer noch keinen vernünftigen Grund dafür genannt“, warf Tessa ein. „Pure Höflichkeit war´s sicherlich nicht, oder?“
Faith´s Blick wurde kalt. „Persönliche Probleme.“
„Zu einfach.“
„Dacht ich´s mir“, erklärte sie trocken. „Was anderes würden sie mir eh nicht glauben.“
Tessa wollte gerade zur Antwort ansetzen als Whileys´ Stimme aus dem Com dröhnte: „Der Admiral ist wieder da. Ich schlage vor ihr meldet euch bei ihm bevor er wieder komplett in seiner Arbeit versinkt.“
„Wunderbar“, sagte Faith zufrieden und stand auf.
Tessa hielt sie zurück. „Zuerst möchte ich eine vernünftige Antwort.“
„Das hat Zeit bis später“, entschied Chris.
Tessa zog ein missmutiges Gesicht.
„Wenn sie einen Plan hat wie wir uns die Orani vom Leib halten können dann sollten wir nicht damit warten. Betrachte sie als einen Wink des Schicksals, geschickt von den Elementen.“
„Die Masche zieht bei mir nicht, und das weißt du.“
„Wie auch immer“, sagte Chris knapp. „Solange wir ein paar Schuppenköpfe verprügeln können ist es mir ziemlich egal welche Gründe sie hat uns zu helfen.“
„Keine gute Einstellung“, kommentierte Tessa.
„Mag sein, aber eine notwendige. Was anderes können wir uns im Moment nicht leisten. Außerdem ist es Douglas´ Sache darüber zu entscheiden.“
„Also, Leute“, mischte sich Marcus vorsichtig ein.
Chris und Tessa richteten ihre Blicke auf Marcus und Faith die schon aufgestanden waren.
„Können wir jetzt?“, fragte Faith ungeduldig.
„Also gut, gehen wir“, sagte Chris. „Wir haben später noch Zeit darüber zu reden.

-
-

Benutzeravatar
Sarge
Tessaricus
Tessaricus
Beiträge: 372
Registriert: 1. September 2012 15:45

Re: Chronica Theranis Buch 1 Live to tell the tale

Beitragvon Sarge » 15. Oktober 2022 15:06

Gemeinsam verließen sie den Besprechungsraum und durchquerten die langen Gänge tief in der Crusader.
„Sieht ja ziemlich unaufgeräumt aus“, stelle die Valyrie fest als sie an einem der ausgeschlachteten Räume vorbeikamen.
„Ist auch nicht unsere Schuld“, erklärte Chris. „Mehr pure Notwendigkeit.“
„Es gibt da ein paar Bösewichte die uns ans Leder wollen.“, fügte Marcus hinzu. „Die tragen die Verantwortung für dieses Durcheinander.“
„Und noch für ne Menge anderer Sachen“, sagte Chris kalt.
„Ich hab davon gehört“, antwortete sie sehr leise. „Die Orani sollen ziemlich brutal gewesen sein.“
„Gewesen sein?“, entfuhr es Marcus. „Sie sind es immer noch. Hier sieht es ja noch halbwegs zivilisiert aus, aber es gibt noch jede Menge schlimmerer Orte. Gehen sie mal in die Lager. Und es werden nicht weniger. Solange sich unsere Lage nicht drastisch bessert stehen wir immer noch auf einem verdammt schmalen Grat.“
„Ist es tatsächlich schon so schlimm?“, fragte sie nachdenklich.
„Allerdings“, sagte Chris. „Es kann kaum noch schlimmer kommen.“
„Sie haben ja keine Ahnung“, presste sie halblaut hervor.
„Was sagten sie?“, fragte Tessa nach.
„Ist das eine freiliegende Plasmaleitung?“, sagte sie schnell und deutete auf ein freiliegendes Rohr.
„Allerdings. Es fließt aber schon seit Monaten kein Plasma mehr durch, jetzt gehört es zur Lebenserhaltung.“ Tessa war irritiert über diesen plötzlichen Themenwechsel.
Endlich erreichten sie die Tür zu Douglas Quartier. Whiley arbeitete an seiner Konsole im Vorraum und winkte sie gedankenverloren hinein. Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte sah Douglas von den Berichten auf seinem Schreibtisch auf. Er wirkte abgespannt.
„Ah“, sagte er ruhig und erhob sich. „Unser Gast. Ich hoffe sie mussten nicht allzu lange warten. Ich bin Admiral Douglas.“
Sie lächelte kühl als sie direkt vor ihm stehen blieb. „Und ich bin Faith. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, ihre Crew war sehr darum bemüht mir die Wartezeit zu verkürzen. Außerdem wollte ich sie nicht bei etwas wichtigem stören. Ich kann warten.“
Douglas sah kurz betreten zu Boden. „Ja, unsere Clanoberin ist nicht zu beneiden. Sie leistet hervorragende Arbeit und sie tut alles ihr mögliche um unsere Lage zu verbessern. Sie ist eine gute und vorausschauende Planerin. Kurzfristige Dinge liegen ihr weniger, da muss man immer viel Überzeugungsarbeit leisten. Auf Dauer kann das ganz schön belastend werden.“ Sein Gesicht hellte sich wieder etwas auf. „Aber das ist jetzt dadurch und jetzt stehen sie hier. Whiley erzählte das sie einen meiner Piloten gerettet haben; und das sie mich sprechen wollten.“
Faith wirkte leicht irritiert und sah sich unsicher um. Ein schneller Blick schweifte über die drei Piloten zurück zu Douglas. „Sie wollen mich nicht überprüfen oder Durchsuchen?“, fragte sie argwöhnisch.
„Für solche Spielchen haben wir keine Zeit“, erklärte Douglas trocken. „Ich kenne ihresgleichen. Sie sind nur gefährlich wenn sie sich nicht zeigen. Wenn sie uns hätten Schaden wollen hätten sie es längst getan.“
„Eine ehrliche Antwort“, erwiderte Faith erkennbar überrascht. Sie fand auch einen Teil ihrer Sicherheit wieder. „Das ist nicht überall so.“
„Wenn sie darauf bestehen, kann ich sie natürlich komplett überprüfen lassen“, erklärte Douglas sarkastisch. „Aber ich denke uns beiden wäre es lieber wenn sie darauf verzichten würden und wir weitermachen könnten.“
Ein schmales Lächeln schlich sich in ihr Gesicht. „Um es kurz zu machen. Es gibt Leute die wissen was sie vorhaben, sie kennen ihre Pläne. Zur ihrer Beruhigung, es sind nicht die Orani.“ Sie blickte in die Runde. Alle starrten sie an, in ihren Gesichtern zeigte sich Kälte und Misstrauen. „Jedenfalls, es sind meine Auftraggeber die von ihren Plänen wissen. Und von denen soll ihnen etwas ausrichten.“
„Und was?“, fragte Douglas kühl.
„Tun sie´s. Nehmen sie alles was sie haben und setzen sie ihre Entscheidung um. Das ist der einzig richtige Weg, niemand sonst ist dazu in der Lage. Ganz abgesehen von der Hilfe die sie für uns wären.“

-
-

System: Perna
Planet: Perkiss

Nach einem Tag Fußmarsch über die verschneiten Hochebenen erreichten die beiden Züge bei Einbruch der Dunkelheit die Außengebiete von Fort Peaks. Im Zwielicht der Dämmerung konnten sie hinter der nächsten Hügelkette bereits die Lichter der Basis erkennen. Nach einem kurzen Halt am Fuß legten sie vorsichtig letzten Meter bis zu ihren Stellungen zurück. Als Dan schließlich sein Elektrofernglas hob und hinüber zur Südmauer sah war es bereits tiefste Nacht.
„Alles Klar, ihr kennt den Plan. Zuerst schalten wir gemeinsam die Wachen aus, dann rennt ihr wie blöd nach vorn zur Mauer.“
Die anderen nickten knapp.
„Das sind knapp dreihundert Meter über freies Feld, und oben in den Türmen sind Schnellfeuerkanonen. Also lauft keinesfalls geradeaus“, fügte Bolton hinzu.
„Die Besatzungen haben Priorität, genauso wie die beiden da unten am Tor. Den Rest übernimmt der Bravo Zug. Sie sorgen für die nötige Ablenkung. Macht euch fertig.“
Still und leise brachten sich die letzten Männer in Position, richteten ihre Waffen auf die dicken Mauern der Basis. Über den Kopfhörer in seinem Helm kamen die Bereitschaftsmeldungen. Auch der Bravo Zug war soweit. Dan atmete noch einmal tief durch, dann gab er das Feuerkommando. Orangerote und grüne Energieblitze zuckten durch die Nacht und fanden ihr Ziel. Die ahnungslosen Orani fielen allesamt wie Steine zu Boden.
Von der Westseite her hörten sie den Lärm einer zweiten Salve. Die Stellungen des Bravo Zuges lagen hoch genug um über einen Teil der Mauer hinweg direkt in die Basis schießen zu können. Jetzt, wo der Kampf eröffnet war verwandelte sich das geordnete Feuer in ein wildes Stakkato als der Zug damit begann Verwirrung unter den herbeieilenden Verstärkungstruppen zu säen. Dan konnte die Granateinschläge aus dem Innenhof bis hier draußen hin hören. Mit dem Visier seines Gewehres überprüfte er noch einmal die Mauer. Als er keine Orani mehr entdeckte sprang er auf und rannte los. Ein schneller Blick über die Schulter zeigte ihm dass der Rest ihm folgte. Der Schnee unter seinen Stiefeln knirschte lautstark. Hier auf der Ebene war er trocken und vom ewigen Wind glatt geweht und daher extrem tückisch. Hinter sich hörte er wie einige seiner Leute stürzten. Aus den Augenwinkeln sah wie eines der Geschütze auf der Mauer sich in seine Richtung drehte. Doch bevor es ein Ziel erfassen konnte wurde es von einer ganzen Gewehrsalve getroffen. Zuckend und funken sprühend quittierte es den Dienst. Dann erreichten sie die Mauer, direkt neben dem großen Tor.
„Das ist ja zu“, presste Lewis keuchend hervor.
„Du hast doch nicht ehrlich geglaubt das das so einfach wird“, antwortete Dan trocken. „Carrington, komm her. Der Rest geht auf Abstand.“
„Einmal Schlüsselservice, kommt sofort.“ Damit schlüpfte die kleine Technikerin an Dan vorbei und zog ein Datapad aus ihrer Gürteltasche. Schnell fand sie die Schließanlage hinter einer Wandplatte und stöpselte das Pad ein.
„Aber nicht das Tor“, schärfte Dan ihr ein. „Nur die kleinen Türen. Ansonsten lösen wir wahrscheinlich noch irgendeinen Alarm aus.“
Carrington nickte beschäftigt als sie mit flinken Fingern ihr Pad bearbeitete.
„Macht das denn noch irgendeinen Unterschied?“ fragte Bolton bissig über den Lärm hinweg. „Ich glaube kaum dass es etwas Gefährlicheres gibt als einen direkten Angriff auf eine Basis.“
Neben ihm klickte leise etwas, dann öffnete sich die Tür.
„So, das war´s“, sagte Carrington als sie ihre Sachen verstaute. „Es gab tatsächlich eine Alarmanlage, aber ich hab sie abgeschaltet. Sie haben keine Ahnung das wir reingehen.“
Dan nickte. „Alles klar, dann los.“
Stoner ging als erster. Er schob die schwere Tür zur Seite und fand schnell eine Deckung im Schutz der Mauer. Vor ihm breitete sich der Innenhof der Basis aus. Zwischen den breiten Wegen standen hier dutzende Baracken, Lagerhäuser, Fahrzeughallen, Ausbildungsgebäude und Werkstätten.
Niemand interessierte sich für sie. Schnell hatten sie die erste Häuserreihe erreicht und durchsucht. Eine Rakete zischte über sie hinweg und explodierte direkt in einer der Geschützstellungen auf der Mauer. Splitter und heißes Metall regneten umher.
„Halt“, entfuhr es Stoner als er um die Ecke der nächsten Häuserreihe lugte. „Da vorne sind Panzer.“
Einige fluchten derb, Dan kam zu ihm herüber und spähte zu den Ungetümen hinüber.
„Die sehen aber nicht aus wie Jagdpanzer, das sind irgendwelche anderen Dinger.“
„Schnappen wir sie uns?“
„Bravo soll sich darum kümmern. Wir haben keine schweren Waffen; außerdem sollen wir unentdeckt bleiben.“ Er riskierte einen weiteren Blick. Aus dem Augenwinkel sah er bereits wie Bolton die Straße überquerte.
Grell pfeifend fuhren die beiden Fahrzeuge hydraulische Stützen aus und ließen sich darauf nieder. Träge begannen sie damit ihre schweren Geschützrohre auf den Berg zu richten. Jedes spuckte einen blutroten Feuerball aus. Der Rückstoß ließ den Boden erbeben und hätte Dan beinahe von den Beinen gerissen. Als die beiden Geschosse auf dem Berg einschlugen wurde es für kurze Zeit taghell.
„Wenn sie mich fragen kümmern die sich eher um Bravo als umgekehrt“, meldete sich Hayman plötzlich.
„Allerdings. Wir müssen was tun“, mischte sich Lewis ein.
„Aber wie? Wir haben keine Raketenwerfer.“
Hinter ihnen peitschten Schüsse durch die Nacht, als eine Gruppe Orani sie entdeckte. Sofort erwiderten Dan´s Leute das Feuer.
„Ich könnte auf die Tanks schießen“, schlug Bolton vor während er sich hinter einen Busch duckte.
„Das wird nicht reichen“, antwortete Lewis kopfschüttelnd.
„Alleine jedenfalls nicht“, erklärte Dan und konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. „Gemeinsam sieht das ganz anders aus. Alpha eins, zwo und drei zu mir. Der Rest bleibt wo er ist.“
Nach einem weiteren Doppelblitz tauchten die beiden Gruppen aus der Dunkelheit auf. „Stellt eure Waffen auf Überladung. Zusammengefasstes Feuer auf den linken.“
„Sir, mit hoher Wahrscheinlichkeit ruinieren wir uns eher unsere Waffen als das wir irgendeinen Effekt erzielen“, erklärte einer der Gruppenführer.
„Dann ruiniere ich sie eben. Immer noch besser als den Bravo Zug. Und ich habe keinen Zweifel dass wir uns in einer Extremsituation befinden. Sie etwa?“
„Nein Sir“, antwortete der Mann niedergeschlagen.
„Dann los. Zielen, Feuer frei!“
Grüne Strahlen zuckten durch die Nacht. Farbenprächtiger und Energiereicher als normalerweise belasteten sie die deutlich die Schilde der Haubitze. Es brauchte aber immer noch vier weiterer Salven ehe die Panzerung nachgab und Schüsse ins innere drangen. Gerade als sie zum nächsten Schuss ansetzte explodierte das Fahrzeug in einem Ball aus Feuer und Splittern. Zwei nahe stehende Gebäude stürzten ein. Die Druckwelle der berstenden Munition erfasste das zweite Fahrzeug und wirbelte es herum. Mit gebrochenen Stützen lag es auf der Seite, unfähig den Kampf fort zu setzten.
Ein paar von Dan´s Leuten machten sich auf den Weg um das Ungetüm näher zu betrachten. Er hielt sie zurück. „Nein, dafür ist keine Zeit“, erklärte er entschieden während er sein Magazin wechselte. Schnee verdampfte auf dem heißen Gehäuse seines Gewehrs. „Wir müssen weiter.“ Er wies hinüber zum Zentralgebäude. „Die Flotte kommt bald. Bis dahin müssen wir fertig sein.“
Gleißendes Licht überflutete plötzlich den Innenhof. Der Sergeant neben Dan wurde von einer roten Energiesalve mitten in die Brust getroffen und sank zu Boden. Irritiert sprang er in Deckung und suchte nach der Quelle der Erleuchtung.
„Suchscheinwerfer!“ brüllte Bolton lautstark über den Lärm hinweg. „Oben, auf dem Dach!“
Zwei weitere Soldaten fielen.
Dan sah fluchend hinauf in den Nachthimmel. Auf der Brüstung des Flachdaches konnte er die Scheinwerfer tatsächlich erkennen, zusammen mit den Feuerstellungen die gerade seine Leute niedermähten. Eine weitere Salve zuckte dicht an ihm vorbei so dass er in seine Deckung zurückzuckte. Schwarze Streifen auf seiner Panzerung kündeten von den Beinahetreffern.
„Wenn wir hier bleiben sind wir tot“, erklärte er. „Also gehen wir.“
„Wir stürmen?“, fragte Hayman ungläubig.
„Natürlich“, antwortete Dan eiskalt. „Alle bereit? Dann los!“

-
-

Die niedrige Umfriedungsmauer des Zentralgebäudes war kein Hindernis für die heranstürmenden Theraner. Schon bald fanden sie Deckung an den mächtigen Außenwänden. Dann erstarb auch das rattern der Feuerstellungen auf dem Dach. Ein schwarzer Kreisbogen aus Einschusslöchern durchzog den aufgewühlten Schnee. Darin lagen drei weitere tote Soldaten. Dan schluckte hart als er sie sah. Doch den meisten Soldaten seines Zuges war es gelungen sich durch das Plasmafeuer zu kämpfen. Aber er erkannte auch einige schwer mitgenommene Panzerungen, und er wusste dass sich darunter böse Verwundungen verbargen. Nur noch ihre pure Willenskraft hielt die Männer auf den Beinen.
„Wir haben Glück das sie ihre Waffen nicht so weit runterschwenken können, nicht wahr Sir?“ sage Stoner gehetzt zwischen zwei tiefen Atemzügen.
„Allerdings“, pflichtete ihm Bolton bei, „Aber die werden sicher bald auf andere Ideen kommen.“
„Und was schwebt dir da vor?“
„Granaten zum Beispiel“, antwortete Dan stattdessen. „Noch sind wir nicht in Sicherheit.“ Er sah sich kurz um. „In Ordnung, Gruppe zwo und vier, ihr geht zum Eingang auf der anderen Seite. Wir nehmen sie in die Zange.“
Die beiden Gruppenführer nickten und verschwanden mit ihren Leuten hinter der nächsten Ecke.
Dan wandte herum. „Also los. Lewis, mach auf.“
„Ich denke nicht das erst anklopfen soll, oder?“, fragte er sarkastisch als er eine Sprengladung zückte und sie an den Türangeln befestigte.
„Spar dir die Kommentare, die Zeit drängt.“
Lewis grinste breit in seinen Helm, trat von der Tür zurück und drückte den Auslöser. Die Schlösser der Tür schmolzen innerhalb von Sekunden. Mit einem massiven krachen fiel sie zu Boden. Noch bevor sie ruhig zum liegen gekommen war stürmten die ersten Theraner über sie hinweg. Von der anderen Gebäudeseite erhob sich ein ähnlicher Lärm. Wenig später trafen sich alle in der Eingangshalle.
„Sichert das Erdgeschoß“, befahl Dan knapp. „Drüben auf der Nordseite gibt’s noch genug Orani.“
„Wird gemacht, Sir“, erklärte der Sergeant von Gruppe Vier.
„Der Rest kommt mit mir.“ Dan wandte sich zum Treppenaufgang. „Wir gehen nach oben zur Kommandozentrale.“ Vorsichtig schob er sich zum ersten Absatz hinauf. Ohne Probleme brachte er die ersten vier Stockwerke hinter sich. Als er den Kopf über den Absatz der fünften Etage hob fauchten dicke rote Strahlen über ihn hinweg und ließen ihn in Deckung gehen. Auf sein Handzeichen flogen zwei Granaten an ihm vorbei in die nächste Etage. Noch während die Explosionen in seinen Ohren klingelten stürmten sein Leute vor.
„Alles ruhig hier“, stellte Hayman wenige Sekunden später fest.
„Dann weiter. Sichern wir dieses Stockwerk. Auf dieser Ebene gibt es ein paar Geschützstellungen. Geh mit Stoner hin und halt uns die Orani vom Leib.“
Hayman nickte knapp und verschwand mit Stoner im nächsten Korridor.
„Wir müssten schon ganz in der Nähe sein“, fuhr Dan fort und bog um die nächste Ecke. Direkt dahinter endete sein Weg vor einer großen, deckenhohen, grellgelben Tür.
„Na toll“, entfuhr es Bolton enttäuscht. „Die Sicherheitstür .“
Lewis öffnete eine in die Wand eingelassene Konsole. „Gesperrt“, presste er hervor.
„Und was jetzt?“
„Kannst du was machen Carrington?“
„Nein, Sir. Hier geht gar nichts, die ist magnetisch verriegelt“, sagte sie enttäuscht.
Dan sah auf die Uhr die in seinem Helm mitlief. Ihnen blieben nur noch ein paar Minuten bevor die Flotte eintraf.
„Was ist mit deinen Sprengladungen?“, fragte Bolton Lewis.
„Keine Chance“, sagte der kopfschüttelnd. „Mit dem was ich dabei hab können wir höchstens eins von den Schlössern knacken.
„Wir könnten die Energiezufuhr kappen“, schlug der Sergeant von Gruppe zwei vor. „Damit kommen wir zwar nicht rein aber wir machen sie arbeitsunfähig.“
„Auch keine gute Idee“, entgegnete Carrington. „Damit riskieren wir das sich der Hauptcomputer abschaltet und sperrt, wenn man bedenkt das wir da dran müssen ist das ein schlechter Plan.“
„Andere Vorschläge?“ fragte Dan gereizt.
„Können wir uns nicht durch die Decke sprengen?“, fragte jemand anderes.
„Die gesamte Kommandozentrale ist extra stark gepanzert um genau das zu verhindern“, antwortete Carrington gedrückt.
„Die Kommandozentrale vielleicht“, entfuhr es Lewis plötzlich. „Aber die ist ein eigenes Modul. Dieser Gang hier hingegen wird wahrscheinlich nur massiv genug sein um das Schott zu halten.“
Dan und Bolton sahen ihn erstaunt an.
„Dass Schott ist wiederum eine Falltür. Wenn wir ihr den Boden und zwei Schlösser wegsprengen sollte die Schwerkraft den Rest erledigen.“
„Das Ding wiegt mehrere Tonnen“, stellte Bolton überflüssigerweise fest. „Die wird wie ein Fallbeil durch sämtliche Stockwerke schneiden.“
„Gut möglich.“
Dan sah wieder auf die Uhr. Die Zeit drängte. „Wenn keiner einen besseren Vorschlag hat machen wir es so. Wie lange brauchst?“
„Ein paar Minuten. Die Ladungen sind schnell gelegt, aber ich brauche sämtliche eurer Handgranaten.“
„Du hast eine Minute“, erklärte Dan entschieden und reichte Lewis seine Handgranaten.
„Ich brauch nur die Sprengkapseln aus den Granaten um ne Behelfsladung zu basteln. Schraubt den Mantel ab. Der Rest sollte schon mal in Deckung gehen. Oh, und baut ein paar Türen aus.“
Dan sah Bolton an. „Sorg dafür dass die Jungs unten aus der Eingangshalle verschwinden.“ Dann wandte er sich an die restlichen Soldaten. „Ihr verzieht euch.“
Es dauerte nur unwesentlich länger einige Türen aus ihren Verankerungen zu reißen als wie Lewis brauchte um die Ladungen scharf zu schalten. Schließlich beendete er seine Arbeit mit einem beeindruckenden Knall. Ächzend und Quietschend sackte die Sicherheitstür durch das Loch im Boden. Staub und Splitter wirbelten umher, abgerissene Metallteile pfiffen durch die Luft. Noch ehe die Dreckwolke sich verzogen hatte stürmte Dan vor. „Also gut, Das sind unsere letzten Meter. Dann haben wir´s hinter uns. Los geht´s.“
„Die Türen über die Bruchstelle“, schrie Lewis den anderen zu.
Polternd warfen die Männer die dicken Türen über den breiten Riss den dass hinabstürzende Schott hinterlassen hatte und sprangen darüber in die angrenzende Kommandozentrale. Darin herrschte blankes Chaos, verwirrte und verwundete Orani lagen zwischen umgeworfenen Konsolen und gesprungenen Monitoren.
„Nicht schießen“, befahl Dan als er erkannte das sich hier niemand mehr wehren würde.
Trotzdem sah er wie sich die Finger dreier Soldaten den Abzügen ihrer Waffen näherten.
„Hey!“
„Es sind Orani, Sir“, stieß einer von ihnen verächtlich hervor.
„Richtig. Und es sind Lebende Gefangene. Und die können reden. Und das bedeutet dass wir unserem Ziel näher kommen. Sie können uns sagen wer für diesen Mist hier verantwortlich ist.“
Die drei schienen immer noch widerspenstig, doch sie zielten immerhin nicht mehr direkt auf die Orani.
„Schafft sie hier weg“, befahl Dan nachdrücklich.
Es dauerte ein paar Sekunden bis der erste sich anschickte die überrumpelten Orani abzuführen.
„Bringt sie nach draußen und bewacht sie. Und nehmt eure Finger vom Abzug. Wir sind kein Schießwütiger Piratenhaufen!“
Während seine Leute die Orani wegschafften sah Dan wieder auf seine Uhr. Sie war abgelaufen, jetzt zählte sie Zeit seit Angriffsbeginn.
„Die Flotte ist hier. Carrington, an den Computer. Deaktivier die Flaksysteme. Und zwar überall, nicht nur hier.“
Leichtfüßig schob sie sich an ihm vorbei und bearbeitete die Konsole.
„Wie lange brauchst du?“ fragte Dan.
„Nicht lange, höchstens ein paar Minuten.“
„Dann beeil dich, sie sind schon in Schussweite.“
„Cap? Hier Bolton.“
„Was gibt’s?“ fragte Dan nach.
„Wir haben hier unten ein Problem.“
„Spuck´s aus.“
„Orani. Und zwar eine ganze Menge. Scheint als säße uns die restliche Garnison im Nacken, und sie kriegen noch Verstärkung. Anscheinend sind mehrere Transporter hierher unterwegs. Hayman und Stoner tun ihr bestes, aber auch mit denen an den schweren Waffen können wir uns nicht mehr lange halten.“
Das war gar nicht gut, fuhr es Dan durch den Kopf. „Verstanden. Bleibt in Deckung und zieht euch weiter zurück wenn´s nötig ist. Unsere Jungs sind bald da.“
„Verstanden. Bolton Ende.“
„Ich hab´s Cap“, meldete Carrington zufrieden.
„Wie sieht´s aus?“
„Alle Abwehrsysteme sind deaktiviert.“
„Gut gemacht.“
„Was bedeutet alle?“, fragte Bolton dazwischen.
„Alle natürlich. Die Flaks, die Raketenwerfer, die Schilde, einfach alles.“
„Die Schilde auch?“, entfuhr es Dan eisig.
„Ging nicht anders, Cap.“
„Sieh zu das du die wieder online kriegst solange wir hier noch Gesellschaft haben.“
„Ich versuchs.“
„Nein, nicht versuchen; tu es“, brüllte Dan über den Lärm einer einschlagenden Salve hinweg. Dreck und Staub rieselten umher.
„Hier ist Hayman. So langsam wird’s eng hier, das war ein Torpedo von einem der Transporter.
„Ich sehe sie“, rief Bolton. „Sie kommen über den Westgrat.“
Ein zweiter Einschlag ließ das Gebäude erbeben.
„Kümmert euch darum“, befahl Dan. „Macht sie fertig bevor sie ihre Truppen absetzen können.“
Er fluchte als sich eine schrill quietschende Übertragung über den Kanal legte.
„Ich versuch´s ja, aber die sind zu stark gepanzert“, antwortete Hayman verbissen während er aus allen Rohren feuerte.
Einer der anfliegenden Transporter begann auf einmal seltsam zu ruckeln. Die Nase senkte sich dem Boden entgegen, dann rollte die Maschine über die Längsachse weg und schlug hart am Fuß des Berghanges auf.
“Was passiert da?“ wollte Bolton wissen als er zwei weiße Streifen am Morgenhimmel bemerkte. Zielstrebig hielten sie auf den zweiten Truppentransporter zu und verwandelten ihn in einen Feuerball.
Die dritte und letzte Maschine wollte gerade beidrehen als auch sie von zwei Geschossen getroffen wurde. Sie zerfetzten das Deck und das Dach der Hülle und explodierten erst einige Meter nachdem sie ihr Ziel gefunden hatten. Die Druckwelle erfasste den Transporter und drückte ihn tief in die schneebedeckte Ebene.
Hayman jubelte laut als er die rauchenden Wracks betrachtete. Stoner senkte mit zufriedenem Nicken seinen Feldstecher. Dann entdeckte er am Himmel vier weitere Schiffe die schnell auf sie zukamen.
„Das sind unsere Jungs“, rief Lewis. „Raider MK IV Truppentransporter!“
Das Funkgerät knackte und eine neue Stimme meldete sich zu Wort. „Hier Raider eins. Entschuldigen sie unsere Verspätung, aber wir hatten unterwegs ein paar kleinere Probleme.“ Innerhalb von Sekunden überflogen die Raider die Basis, aus ihren geöffneten Laderaumtüren feuerten Soldaten auf die Orani am Boden.
„Was ist mit der Flotte?“, fragte Dan neugierig.
„Oh, sie ist ganz im Zeitplan. Im Moment prügelt sie ungehemmt auf die Orani im Orbit ein. Ich soll ihnen vom Admiral ausrichten dass sie gute Arbeit geleistet haben. Die Idee mit der Zielmarkierung war richtig gut.“
„Was meinen sie? Wir haben keine Markierer mehr.“
„Das ist nicht ganz richtig Sir“, mischte sich Stoner ein.
„Hast du wieder eins von deinen Spielzeugen ausgepackt?“
„Es war ein Versuch. Das Ding ist schon ziemlich mitgenommen, ich hatte keine Ahnung ob´s noch funktionieren würde. Außerdem wusste ich nicht ob die alten Transfercodes noch gültig waren.“
„Anscheinend waren die Elemente wieder mal auf unserer Seite“, warf Carrington dazwischen.
„Das nächste Mal warnst du uns bitte vor“, mahnte Dan an. „Ansonsten aber gute Leistung.“ Dann wandte er sich an den Rest. „In Ordnung, räumen wir hier auf. Lassen wir den Rest nicht warten.“
Die Raider hatten mittlerweile den restlichen Widerstand der Orani niedergeworfen. Die wenigen Ecken die von einer Handvoll Orani verbissen verteidigt wurden verstummten schnell. Dann wich der Gefechtslärm dem Triebwerksheulen der ankommenden Frachter als Hunderte von Infanterieeinheiten herangebracht wurden.

-
-