"Vikings" TV-Serie

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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Pastete » 11. Januar 2017 17:25

1: Troja war ja der Name der Landschaft. Die Stadt hieß Ilios. Deswegen heißt das Versepos Ilias. Die Griechen und Römer hielten diese Stadt ebenfalls dafür, deshalb wurde von Augustus auf dem gleichen Ort Ilion/Ilium gegründet. Es gibt alte Siedlungsschichten darunter, die bis ins 3. Jt. v. Chr. zurückreichen, aber auch im fraglichen Zeitraum (12.Jh.v.Chr.) besiedelt war.
Die Schicht Troja VII datiert erstens in die richtige Zeit, zweitens entsprechen alle Indizien der Ilias.
Das bedeutet nicht, dass es einen zwanzigjährigen Krieg gegeben haben muss, sehr wohl aber vermutlich einen, der ein epochales Ereignis für alle beteiligten darstellte.

2: Sagen sind wie gesagt nur bedingt aussagekräftig, so wie jede andere auch quellenkritisch zu betrachten sind! Dass teilweise christliche Einflüsse reinkamen, leugne ich ebenfalls nicht. Es kann aber keine Rede davon sein, dass christliche Mönche sich solche Geschichten einfach aus den Fingern gesogen haben sollen.
Sie haben erstens einen mündlich tradierten wahren Kern, und zweitens geben sie die Sitten und Gebräuche jener Zeit sehr gut und genau wieder, zumal sie selbst zum Zeitpunkt der Niederschrift weder verschwunden noch in der Auflösung waren.
Ich wiederhole: Seit so gut und lest doch zumindest mal Njals Sage. Sie beschreibt Ereignisse bis 1020, wurde vermutlich im 13. Jh. niedergeschrieben. "Mindestens 300 Jahre" ist völliger quark.

3:
Ladejarl hat geschrieben:Im Grunde vergleichst du also die Serie, die teilweise der historischen, archäologisch belegten Wirklichkeit sehr nahe kommt, mit dem geschönten und romantisch verklärten Ambiente der mittelalterlichen Sagas.
Sorry, aber der Satz ist völliger Quark und gehört in die Tonne.
Erstens Mal gibt es nichts an der Serie, die einer historischen und archäologisch belegten Wirklichkeit nahekommt, zumal sie selbst von den Sagen viel geborgt hat, die Schreiber aber merkbar keinen Bock hatten sich mehr als nur die allerkürzesten Zusammenfassungen zu überfliegen. Mehrere Beispiele dafür habe ich schon benannt. Und wenn du die Tempelfolge in Upsala ernst nimmst oder diese chinesische Kaiserstochter, dann bist du selbst nur mehr bedingt ernstnehmbar.

Weder fordere ich Schönung, noch tut die Vikings-Serie auch nur annähernd auf Historizität wert legen.
Es kann keine Rede davon sein, dass History-Channel jemals historisch gewesen sein soll. Sorry, aber das ist quark. Die wurden auch von South Park mal lächerlich gemacht. Völlig zu recht.

Ich wiederhole mich: Ich brauche keine Historizität, ich brauche Authentizität. Davon gibt es in dieser Serie nur wenig. Sie arbeitet sich an den meisten angloamerikanischen Klischees ab und versucht sich auf eher billige Weise Zuschauer zu haschen.
Und wie gesagt: Charakterentwicklung und sonstige Storytelling-Skills sind dort auch nicht die besten.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Ladejarl » 11. Januar 2017 20:20

@ Pastete

Du musst nicht pampig werde oder mich persönlich angehen und vorallem unterstell mit keine Äußerungen, die ich nie gemacht habe.

1. Alles richtig, aber du vergisst eine wichtige Kleinigkeit: Es gibt keine antiken Quellen, die das antike Ilios/Troia eindeutig mit dem Hügel Hisarlık in Verbindung bringen und das ist genau das Hauptproblem. Da irrst du dich, auch im Fall von Troja VII gibt es genug Abweichungen Homers Beschreibungen und das gilt für den gesamten Ort, aber das wäre wirklich etwas für einen eigenen Thread.
Allerdings scheint M. Korfmann in vielen seiner Interpretationen der Befunde sehr optimistisch gewesen zu sein, einige seiner Hypothesen musste auch schon zurücknehmen.

Ja, die Verortung Trojas auf den Hisarlık ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr wahrscheinlich und auch die aktuelle Mehrheitsmeinung in der Archäologie, aber sie ist keineswegs gesichert. Es reicht eine antike Inschrift, die einen anderen Ort eindeutig Troja in verbindung bringt und das ganze Gedankengebäude bricht zusammen. Das kannst du akzeptieren oder auch nicht, aber so sieht es nun einmal derzeit aus.

2. Von ''au den Fingern saugen'' hab ich nie gesprochen. Außer der Njals Saga gibt es noch einige andere und deutlich ältere. Das Christentum wird im Jahr 1000 per Thingbeschluss zur Staatsreligion, dass heißt es gab vorher bereits eine starke christliche Gemeinde, die so einen Schritt überhaupt erst möglich bzw nötig gemacht hat. Die ältesten erhaltenen Aufzeichnungen der Sagas und der beiden Eddas wurden seit der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts aufgeschrieben. Das heißt, von den mündlichen Bearbeitungen zumindest der Lieder aus vorchristlicher Zeit bis zu deren wahrscheinlich ersten schriftlichen Fixierung sind, wenn nicht 300, mindestens mehr als 200-230 Jahren vergangen und da kann sich einiges am Inhalt ändern. Also zu nicht alles als 'Quark' ab, was dir nicht gefällt und versuch die Sache etwas realistischer zu sehen. Sicher, die Sagas sind keine Legenden oder erdachten Geschichten, ABER Geschichtswerke, die ein wirklich absolut realistisches Bild wiedergeben, sind sie auch nicht. Sie geben einfach nur den Endpunkt der mündlichen Überlieferung wieder und zwar nach einer längeren Entwicklung und Veränderung. Wenn du mal bedenkst, wie schnell wie stark sich die ehemaligen Ostblockstaaten in nicht einmal 30 Jahren gehr romantisheändert haben und wieviele Menschen, zB in den neuen Bundesländern, heute einen romantischen Blick auf die ''vergangenen Zeiten haben, dann wir dir vielleicht bewußt wie unterschieldich das heidnische Island zur Zeit der Entstehung der meisten Ursprungsgeschichten und das Island mehr als 200 Jahre nach der Christianisierung waren.

3. Wann hab ich bitte erwähnt, dass ich die Tempelfolge ernst nehmen würde? Die gehört zu den Punkten, die mich am meisten an der Serie aufgeregt haben. Bezüglich der Historizität hat die Serie so einige Fehler, entgegen der eigenen Werbung des Senders (deshalb sagte ich: ''TEILWEISE näher als Sagas/Eddas), als reine Unterhaltungsserie kann ich sie mir jedoch ganz gut angucken. Du willst Authentizität? Gut, die findest du aber nun mal nicht in den Eddas oder Sagas. Aus den erwähnten Gründen, können diese Literaturgattungen solche Ansprüche gar nicht erfüllen. Aber das ist meine Meinung. Wenn du anders denkst, meinetwegen. Aber das ist sicher kein Grund, so pampig zu reagieren.

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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Pastete » 11. Januar 2017 22:56

Ladejarl,
Sorry, dass ich da gereizt reagiert habe, aber ich wiederhole mich auch ein ums andere Mal.
- Zu Troja kann ich nichts mehr sagen, ohne dass es OT ist. Es geht aber auch nicht um den Hügel, sondern ich brachte die Ilias und Odyssee (die ich stellenweise selbst jetzt noch auf altgriechisch auswendig aufsagen kann) als ein Beispiel für zuerst mündlich tradiertes und erst später niedergeschriebenes, das nicht völlig ohne Wert ist. Eine Diskussion über den genauen Hügel ginge da völlig an jeder Pointe vorbei.
- Zu deinem Ostblockvergleich möchte ich aus gleichem Grund nur anmerken, dass er völlig ungeeignet ist. Es spielen bei der Ostalgie ganz andere Dinge mit rein, beispielsweise Zensur und Stockholmersyndrom, und desweiteren verändern sich Dinge heutzutage viel schneller als sie es in der Spätantike und im frühen Mittelalter taten. Mehr ist auch hier nicht zielführend.
- Gleiches nochmals zu den Sagen: Ich weiß um die einschränkenden Faktoren. Ich habe sie nie geleugnet. Aber genau das sind sie: Einschränkende Faktoren.
Wenn ihr also behauptet, dass diese Sachen deshalb komplett ignoriert werden sollen, dann muss das gleiche für Caesars De Bello Gallico gelten, denn immerhin ging es ihm da um Selbstverherrlichung und er spricht auch von Fabeltieren in Germanien, die es garantiert nie gegeben hat, dann muss auch das gleiche für die Alexiade gehen, denn die Autorin hat ja bekanntlich ihren Vater gern gehabt und ihn besonders gern beschrieben. Und so weiter und so fort. Alles in Schall und Schrift gehört in die Tonne gekloppt. Es gibt keine Geschichte. Entweder das ist eure Pointe und ihr habt das mit den mündlichen Tradierungen und sogar der Quellenkritik im Allgemeinen nicht so ganz verstanden, oder ihr habt keine Pointe, auf die ihr abzielt, denn wie vielmals gesagt: Ich weiß um die einschränkenden Faktoren. Und ihr behauptet ja, dass die Sagen und Chroniken eurer Meinung nach zu ignorieren sind.
Und das mit der christlichen Religion würdest du so nicht überbewerten, hättest du beispielsweise die Njals Sage gelesen, die ja genau in dieser Übergangsphase der Christianisierung stattfindet. Die eine Hauptfigur (Namen habe ich vergessen, irgendwas mit G) war ein stattlicher Krieger und Heide, Njal wiederum war Christ und wurde wegen seiner Bartlosigkeit von den anderen ständig runtergemacht und seine Männlichkeit in Frage gestellt.
Mit Verherrlichung und Nostalgie, aber auch mit Dämonisierung, haben die Wiedergaben der Chronisten nur äußerst wenig zu tun. Ihre eigene christliche Religion scheint nur an vergleichsweise wenigen Stellen durch. Denn nicht sie haben diese Texte erfunden. Sie haben sie nur zu Papier gebracht.
Praktisch alles, was wir über die Vikinger und ihre Kultur wissen, wissen wir dank dieser Chroniken, Sagen und Skalden. Die archäologischen Funde ergänzen dies nur.
- Nochmals: Meinetwegen könnte Nidhug aus dem Meer aufsteigen und Ragnars halbe Flotte fressen, meinetwegen könnte Surtr mit den Söhnen Muspelheims vor seinen Augen über den Regenbogen Bifrost reiten und ihn zum Einsturz bringen. Meinetwegen könnte Ragnars Reittier Fafner oder der Fenriswolf sein. Oder auch ein volltätowiertes Schwein mit Hörnern, wenn sie das gut einbringen würden.
Wenn du nicht weiß was Authentik bedeutet (=Glaubwürdigkeit), dann sollte dir das ein Indiz sein, dass ich das ausdrücklich und wiederholt im Gegensatz zur Historizität genannt habe. Authentisch bedeutet nicht, dass man die Geschichte 1:1 abarbeiten muss, sondern es muss stilvoll sein, konsequent und logisch sein und einen guten Erzählstil haben.
Historizität wäre, was Paris angeht, aber übrigens meiner Meinung nach besser gewesen. Weil was sie als Storyline dazu abgeliefert haben, war aus meiner Sicht totaler Müll.
-- Stilvoll ist es schon mal nicht, wenn Leuten der Arm abgeschleckt wird (ich kann mir das nicht vorstellen, dass das in der nordischen Kultur auch nur einmal vorkam), und erst recht nicht diese Pseudobuddhisten im Tempel von Uppsala.
-- Konsequent ist es schon mal nicht, wenn man Rollo einerseits reinbringt, andererseits ihn nach seinem fränkischen Namen nennt und als generell sehr flache Figur ohne nennenswerte Charaktertiefe lässt und Rolf Gangr komplett links liegen lässt. Gleiches gilt für Harald Harfagr und die zugegebenermaßen banal erscheinende Sache mit den Haaren. Wenn man die schon reinbringt, warum so flach?!
Ich sprach davon, dass die Sagen für sie so viel mehr hergeben. Wenn ihr dagegen seid, weil ihr von denen nix wissen wollt, warum sollen diese Leute dann überhaupt dabei sein?
-- Logisch ist es an so tausend Stellen nicht. Beispielsweise grausen sich bei mir die Haare, fast wann immer es zum Kampf kommt. Welchen Grund hatte beispielsweise Ragnar, überhaupt irgendwelche Truppen bei den Franken zurückzulassen? Auch ohne Rollos Verrat hätten die jederzeit umzingelt und niedergemacht werden können. Und einen strategischen Gewinn gab es durch sie für Ragnar eh nicht, da er so oder so die Seine immer nur auf und ab schipperte. Auch diese diplomatischen Ränkespiele sind häufig komplett sinn- und hirnbefreit.
-- Beim Storytelling läuft extrem viel falsch. Aber nochmals: Ich habe da meinen Geschmack und ich weiß und akzeptiere, dass das nicht bei jedem so zu sein hat. Ist doch völlig ok dass ich als Skandinavier, der von Kindesbeinen an von Ragnar Lodbrok und seinen Kindern wusste, mit einer völlig anderen Erwartungshaltung komme als ihr.
Und mir kommt es eben so vor, dass Vikings in Sachen Storytelling es mit Rome et al in keinster Weise aufnehmen kann und es auch gar nicht erst versucht, sondern durch das Ansprechen bestimmter Zielgruppen Punkte sammeln will. Was auch nicht schwer ist, denn Vikinger sind cool. Mir reicht dieser eine Umstand halt nicht.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Ladejarl » 12. Januar 2017 01:00

@ Pastete

Wieso reagierst du so oft mit extreme Positionen, die wir so nie im Sinn hatten?

Wer sagt denn, dass man Sagas und Chroniken, weglassen oder komplett ignorieren soll? Ich wüßte nicht, wo ich so eine Aussage getätigt hätte. ABER: erstmal sind das 2 völlig verschiedene Literaturgattungen mit unterschiedlichen Merkmalen, Grundmustern und Absichten und eigenen Problemen bei der Interpretation, die man nicht einfach gleichsetzen kann. Das aber scheinst du im Bezug auf die Sagas aber zu tun, zumindest habe ich diesen Eindruck. Bei beiden sind nun einmal einige Zweifel und Vorsicht angebracht, sowohl bei den Werken der sogenannten Geschichtsschreiber und Chronisten als auch bei den Sagas und den Lieder der Edda, bei letzteren sogar noch etwas mehr.

Du sagst zwar, dass dir die einschränkten Faktoren bekannt sein, aber du beachtest sie nicht. In der Folge entnimmst du den Sagas, anscheinend vor allem der Njalssaga (Warum hälst du dich imemr nur an dieser einen Geschichte fest?), ein Ambiete bzw eine Authentik, die von der historischen Wirklichkeit in den meisten Fällen deutlich abweichen dürfte. Du unterschätzt einfach die Veränderungen, die sich vom eigentlichen Geschehen und Kern der Erzählung, über den Umweg der zunächst mündlichen Weitergabe über mehrere Generationen hinweg, bis zu schriftlichen Aufzeichnung ergeben können. Wenn du sagst, dass die christlichen Autoren den Stoff einfach nur niedergeschrieben haben, ist das doch sehr optimistisch und hat mit der von dir selbst angespochenen Quellenkritik eher weniger zu tun. Germanisten, Skandinavisten und Mediävisten würden dir hierin ziemlich sicher deutlich widersprechen. Schaue dir mal wissenschaftliche Werke und Kommentare zu den Sagas und Eddas an, auch was sie zum Wert dieser Literaturgattungen für die Erforschung der Wikingerzeit aussagen ;-). Du wirst sehen, dass andere Quellengattungen und insbesondere die Archäologie mindestens genauso wichtig sind, wenn nicht noch wichtiger.

Keiner sagt, dass man die Sagas und Lieder komplett weglassen soll, ganz im Gegenteil. Aber man darf ihnen auch nicht zu sehr vertrauen und muss außerdem aufpassen, dass man die eigenen Vorstellungen nicht zu sehr in die Interpretation und Beurteilung einfließen lässt. Nichts anderes habe ich versucht, dir zu verdeutlichen.

Deiner Kritik an der Serie (Story, Drehbuch, Machart, Logik) stimme ich in vielen Punkten aber zu.

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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Titus Pullo » 12. Januar 2017 09:09

@ Pastete

Ich möchte Dich ebenfalls bitten, hier nicht ständig anderen Teilnehmern platte Allgemeinaussagen unterschieben zu wollen. Habe nie behauptet dass alles was in den Sagas steht Deinem sogenannten "QUARK" entspricht, auch habe ich nie gesagt, dass ich alles an der Serie Vikings perfekt umgesetzt finde. Nach meiner Meinung fällt es im direkten Vergleich zu all dem anderen Zeug doch in Summe betrachtet positiv auf. Und nur mal so nebenbei, authentisch bedeutet per Definition = echt, den TATSACHEN entsprechend....... und von daher glaubwürdig. Und um nichts anderes ging es mir, dass ist für mich nach wie vor der Stein des Anstoßes an Deiner gesamten Argumentation.

Denn Du sprichst einer Sache Authentizität ab und verweißt als Begründung dabei auf die Sagas. Das ausgewiesene Fachleute die von Dir genannten Quellen aus gutem Grund nur bedingt empfehlen, weil eben NICHT davon auszugehen ist dass es sich bei weiten Teilen der Inhalte tatsächlich um Tatsachen handelt, blendest Du dabei völlig aus. Ja in einigen Bereichen der Sagas wie zum Bsp. wenn es um Ereignissen aus dem 12. und 13. Jhr. geht, sind diese Texte oft sogar von großem Wert, aber sind sie deshalb eine glaubhafte Quelle für das 6. bis 10 Jhr.? Historiker raten davon i.d.R. ab. Allein, dass es sich hierbei per Kathegorie her schon um Sagas ähnlich der Sagen handelt, bedarf eigentlich schon keiner weiteren Erklärungen mehr. Nur damit wir auch das mal festgehalten haben:

Eine Sage (v. ahd. saga, „Gesagtes“; Prägung durch die Brüder Grimm) ist, dem Märchen und der Legende ähnlich, eine zunächst auf mündlicher Überlieferung basierende, kurze Erzählung von fantastischen, die Wirklichkeit übersteigenden, Ereignissen. Da diese mit realen Begebenheiten, Personen- und Ortsangaben verbunden werden, entsteht der Eindruck eines Wahrheitsberichts.[1] Die ursprünglichen Verfasser sind in der Regel unbekannt, im Gegensatz zu den Sammlern und Herausgebern, welche die schriftlich fixierten Fassungen oft inhaltlich und sprachlich bearbeitet und literarisch geformt haben. Stoffe und Motive werden häufig von anderen Völkern und Kulturen übernommen (Wandersagen) und mit landschaftlichen und zeitbedingten Eigentümlichkeiten und Anspielungen vermischt.

Man kann weder Authentizität, noch Historizität leugnen oder zu beweisen suchen, nur auf Basis von Sagen, Legenden und Märchen. Wird Dir im übrigen jeder Prof an jeder Uni der Welt ohne zu zucken sofort unterschreiben!
LG Titus Pullo

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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Pastete » 12. Januar 2017 11:33

Ok, erstens mal passt was nicht zusammen und wir reden aneinander offensichtlich vorbei. Ich versuche mir nicht ein Strohmannargument zurechtzureden, sondern ich fasse eure Einstellung tatsächlich so extrem auf, bitte klärt mich auf, wo ich euch falsch verstehe, denn ich tue das nicht mit böser Absicht, sondern:

Ich habe nie behauptet, dass es Drachen gegeben habe. Ich habe immer zugestimmt, dass solche Dinge mit einer Prise Salz zu nehmen sind. Meine Startaussage, der ihr beiden widersprochen habt, war, dass mir die Serie nicht sonderlich gefällt, unter anderem weil es so viel Potential in den Sagen als Vorlage steckt, dass es schade ist, dass man sie nicht verwendet. Ist es wahrscheinlich, dass Rolf Gangr jedem Pferd den Rücken gebrochen hat? Eher nein. Aber besser man gibt einem Charakter Tiefe, der bislang 0 hat.
Tut Harald Harfagres Saga ihn verherrlichen, weil für ihn geschrieben? Definitiv ja! Ich habe nie anderes behauptet. Man muss ihn auch nicht zwangsläufig verherrlichen, aber wenn man sich schon entschließt, ihn dabei zu haben, dann ist es schade, dass er wieder keine Tiefe hat und nicht die ihm zugeschriebenen Attribute. Hätte man sich zum Ersatz etwas anderes aus den Fingern gesogen, dann hätte das ok sein können oder vielleicht sogar besser. Ich wiederhole also: Die haben schon teilweise auf Sagen zurückgegriffen, aber teils haben sie die besten Sachen ausgelassen, teils Sachen zusammengestückelt, dass es keinen Sinn mehr ergibt.

Ich kann euch als Beispiel wieder Rome nennen, weil ich, wie der Zufall es so will, gerade gestern die Folge gesehen habe, die Ägypten, Ptolemaios und Cleopatra gewidmet ist. Historisch gesehen ist diese Folge kompletter Müll und für mich teilweise schwer zu ertragen gewesen, aber es hat immer noch genügend Storytelling gegeben, dass das im Grunde genommen egal war. Ein verzogener Lausebengel auf dem Thron, gewiefte, aber auch feige Berater, usw. usf.

Entweder ihr tut also, wie bisher, die recht extreme Position vertreten, dass die Sagen als Quellen komplett unbrauchbar sind, und in Teilen tut Titus Pullo das ja selbst jetzt noch, auch wenn ihr im gleichen Post mir das als Missverständnis ankreidet:
Titus Pullo hat geschrieben:Eine Sage (v. ahd. saga, „Gesagtes“; Prägung durch die Brüder Grimm) ist, dem Märchen und der Legende ähnlich, eine zunächst auf mündlicher Überlieferung basierende, kurze Erzählung von fantastischen, die Wirklichkeit übersteigenden, Ereignissen. Da diese mit realen Begebenheiten, Personen- und Ortsangaben verbunden werden, entsteht der Eindruck eines Wahrheitsberichts.[1] Die ursprünglichen Verfasser sind in der Regel unbekannt, im Gegensatz zu den Sammlern und Herausgebern, welche die schriftlich fixierten Fassungen oft inhaltlich und sprachlich bearbeitet und literarisch geformt haben. Stoffe und Motive werden häufig von anderen Völkern und Kulturen übernommen (Wandersagen) und mit landschaftlichen und zeitbedingten Eigentümlichkeiten und Anspielungen vermischt.

Man kann weder Authentik, noch Historizität leugnen oder zu beweisen suchen, nur auf Basis von Sagen, Legenden und Märchen. Wird Dir im übrigen jeder Prof an jeder Uni der Welt so unterschreiben!
Ich habe btw. keine Ahnung wo dieses Zitat her sein soll, aber wenn du Sagen mit Märchen gleichsetzt, dann irrst du.

Euch ist also hoffentlich klar, dass es hier nicht um einen wissenschaftlichen Aufsatz geht. Dass es mir wie gesagt nicht um Historizität geht, habe ich vielmals wiederholt. Es geht mir um Glaubwürdigkeit der Charaktere. Und wenn ihr nicht die Tauglichkeit der Quellen komplett in Frage stellt, worüber diskutieren wir dann? ^^
Insofern verstehe ich Titus Pullo weiterhin so. Wenn Titus also sagt:
a in einigen Bereichen der Sagas wie zum Bsp. wenn es um Ereignissen aus dem 12. und 13. Jhr. geht, sind diese Texte oft sogar von großem Wert, aber sind sie deshalb eine glaubhafte Quelle für das 6. bis 10 Jhr.? Historiker raten davon i.d.R. ab.

... Dann verweise ich nochmal darauf, dass das von Saga zu Saga die Entstehungsgeschichte unterschiedlich ist und das sich somit unterscheidet, idR aber sehr wohl die Sitten und Gebräuche in vorchristlicher Zeit wiedergeben. Die sind weder aus dem Nichts entstanden noch im Nichts verschwunden. Für das 6. Jh. würde ich daher sagen: Nein, da ganz andere Periode, aber das ist nicht Gegenstand der Diskussion und auch nur der Gegenstand solcher Sagen wie Dan, Skjold und Amled zu. Tun Sagen aus dem 10 Jh., im 13. Jh. aufgeschrieben etwas über das 9. Jh. aussagen? Da ist die Aussage definitiv ein Ja.

Jetzt weiß ich auch nicht mehr, wo das vorkam (ich meine in der Edda? Lang her dass ich diese Texte gelesen habe), aber in einer Erzählung hat der christliche Verfasser versucht, die Mythologie um Asgard und Odin auf die reale Welt zu übertragen und ihr Reich irgendwo im heutigen Russland verortet.
Bei einem Großteil der Sagen stellt sich das ganze aber anders dar. Zumal die Edda, soweit ich mich entsinne, auch nichts direkt mündlich tradiertes ist, sondern eine Collage von mündlich tradiertem, Sagen hingegen kaum von der mündlichen Tradierung abweichend niedergeschrieben wurden.

Und Ladejarl, wir beide sind wiederum einem Konsens sehr sehr nahe. Ich vermute, dass was uns trennt, nur noch ein Missverständnis der gegenseitigen Positionen ist. Wenn dich das Wort Authentizität stört, dann ersetzen wir das halt durch was anderes: Glaubwürdigkeit. Und dass mir Klischees eines Chronisten aus dem 13. Jh. lieber wären als die einiger fauler amerikanischer Drehbuchautoren aus dem 21. ^^
Du hast noch gefragt, warum ich immer wieder auf Njal verweise.
Hat mehrere Gründe: 1) Ist ehrlich gesagt die Sage, die ich zuletzt gelesen habe, allerdings auch schon viele Jahre her, 2) tut sie deine Kritikpunkte eigentlich ziemlich gut beantworten. Sie geht in Sachen Familiengeschichten etc., sehr ins Detail, und ihr Themenbereich entspricht deinen Kritikpunkten eigentlich ziemlich genau. Würdest du sie lesen, würdest du meine Einschätzung vermutlich auch teilen.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Titus Pullo » 12. Januar 2017 13:31

Pastete hat geschrieben:Ich habe nie behauptet, dass es Drachen gegeben habe. Ich habe immer zugestimmt, dass solche Dinge mit einer Prise Salz zu nehmen sind. Meine Startaussage, der ihr beiden widersprochen habt, war, dass mir die Serie nicht sonderlich gefällt, unter anderem weil es so viel Potential in den Sagen als Vorlage steckt, dass es schade ist, dass man sie nicht verwendet.

Ich habe die Drachen und Grendel auch nur erwähnt, da es um Dein Klammern an den Sagas als Beleg für Authentizität ging und in der eigentlichen Saga über Ragnar tötet er doch auch einen Drachen, oder etwa nicht?! Und das Monster Grendel kommt doch in dem von Dir selbst eingebrachten Beowulf vor. Ergo habe ich einfach die beiden bis dahin thematisierten Bsp auf das heruntergebrochen was sie sind. Mythische Abenteuermärchen! Damit wollte ich nicht zum Ausdruck bringen, dass in allen anderen Sagas überall Drachen vorkommen. Hier ein entsprechender Post von Dir dazu, der impliziert dass es sich inhaltlich und vom Ambiente um Tatsachen handelt, die durch die Serie Vikings jetzt mal total verfälscht wurden:
Pastete hat geschrieben:Und wenn du halt das Ambiente von den Originalen kennst und wie das beispielsweise der Film Beowulf recht gut rübergebracht hat, dann fragst du dich schon was die daraus gemacht haben.


Pastete hat geschrieben:Sorry, will ja nicht rummeckern, aber wenn ihr die Sagen gelesen habt (wie ich), wenn ihr auch die Mythologie kennt und die Pragmatik die die Leute da hatten, würdet ihr das wohl verstehen.
Das mit der Religion war damals zumindest seitens der Vikinger, vermutlich auch seitens der Christen ziemlich entspannt, man war pragmatisch und duldete einander meistens....

Ich will nicht leugnen, dass Du da was kennst, nur ist das zu nicht unerheblichem Anteil eben christlich geschönte Interpretation von Mönchen aus dem 13. Jhr. Im Grunde wissen wir fast gar nichts von der Mythologie, der Pragmatik und dem Miteinander bei den Wikingern aus bereits erwähnten Gründen.

Pastete hat geschrieben:Entweder ihr tut also, wie bisher, die recht extreme Position vertreten, dass die Sagen als Quellen komplett unbrauchbar sind, und in Teilen tut Titus Pullo das ja selbst jetzt noch, auch wenn ihr im gleichen Post mir das als Missverständnis ankreidet:

Wie jetzt schon mehrfach von mir klargestellt, habe ich das mitnichten getan. Nochmal: in Teilen und vor allem wenn es um Zeitzeugen-Ereignisse der Verfasser aus dem 12. und 13. Jhr. geht sehr wertvoll, geht es aber um die frühere Eopche der Landnahme 8. bis 10. Jhr. nur bedingt zu gebrauchen.
Und da mache ich keinen Unterschied zwischen Heldensagas, Wikingersagas und Abenteuersagas.


Titus Pullo hat geschrieben:Man kann weder Authentizität, noch Historizität leugnen oder zu beweisen suchen, nur auf Basis von Sagen, Legenden und Märchen. Wird Dir im übrigen jeder Prof an jeder Uni der Welt ohne zu zucken sofort unterschreiben!

Das war spontan von mir, ändert aber an der Gültigkeit nichts. Übrigens, auch hier liest Du scheinbar nur mal wieder was du lesen möchtest. Wo steht denn da, dass für mich eine Sage = ein Märchen ist. Für mich steckt in diesem Satz nur eine klare Aufzählung. Nichts desto trotz siehe die Definition zur Sage, gibt es in Ihnen auch genügend märchenhafte Elemente.

Pastete hat geschrieben: Es geht mir um Glaubwürdigkeit der Charaktere.......... / ........dass mir die Serie nicht sonderlich gefällt, unter anderem weil es so viel Potential in den Sagen als Vorlage steckt, dass es schade ist, dass man sie nicht verwendet.


Hättest Du es dabei belassen und Dich zudem nur über die Machart u.o. die Umsetzung beschwert, oder die Story für ungenügend befunden etc, hätte ich mich nicht dazu zu Wort gemeldet.

Du hast aber ob gewollt oder ungewollt den Anspruch erhoben es besser als die Macher und sowie sonst wer hier im Forum zu wissen, weil Du die eine oder andere Saga gelesen hast und somit den Unterschied zwischen der durch Vikings "verkackten Fiktion" und dem wahren AUTHENTISCHEN Original kennst.

Und ja, ich denke auch wir nähern uns langsam einem Konsens.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Ladejarl » 12. Januar 2017 14:31

@ Pastete,

da gehe ich gerne mit. Was du über die Njals Saga schreibst, kann sehr gut sein, diese Erzählung kenne ich leider noch nicht, dafür aber einige andere. Man sollte auch nicht unbedingt eine Saga als Beispiel nehmen und darauf beruhend Aussagen über die gesamte Gattung treffen.


Pastete hat geschrieben:Ich kann euch als Beispiel wieder Rome nennen, weil ich, wie der Zufall es so will, gerade gestern die Folge gesehen habe, die Ägypten, Ptolemaios und Cleopatra gewidmet ist. Historisch gesehen ist diese Folge kompletter Müll und für mich teilweise schwer zu ertragen gewesen, aber es hat immer noch genügend Storytelling gegeben, dass das im Grunde genommen egal war. Ein verzogener Lausebengel auf dem Thron, gewiefte, aber auch feige Berater, usw. usf.


Naja bis auf die Handlungsstränge, die mit Vorenus und Pullo und der Zeugung von Caesarion zu tun haben, ist die Folge eigentlich recht nahe an den antiken Überlieferungen.

Pastete hat geschrieben:Euch ist also hoffentlich klar, dass es hier nicht um einen wissenschaftlichen Aufsatz geht. Dass es mir wie gesagt nicht um Historizität geht, habe ich vielmals wiederholt. Es geht mir um Glaubwürdigkeit der Charaktere. Und wenn ihr nicht die Tauglichkeit der Quellen komplett in Frage stellt, worüber diskutieren wir dann? ^^


Richtig, es geht nicht um einen wissenschaftlichen Aufsatz. Aber du stellst Behauptungen und Theorien über die Entstehungsgeschichte und den Quellenwert der Sagas auf, die von den Erkenntnissen der Mehrheit der Fachleute gravierend abweichen und kommst damit zwangsläufig in den wissenschaftlichen Bereich.

NOCHMAL: Bitte hör damit auf, uns diese extremen Positionen zu unterstellen! Das nervt langsam einfach nur und erzeugt zumindest bei mir den Eindruck, dass du unsere Ausführungen nicht richtig liest oder nur das verstehst, was du verstehen willst. Ich hoffe, der Eindruck bestätigt sich nicht, eine vernünftige Unrehaltung wäre dann nämlich sinnlos.
Wir sagen nicht, dass Sagas und Eddas völlig wertlos sind, überhaupt nicht. ABER man darf sie bezüglich der Glaubwürdigkeit auch nicht überbewertet oder zu optimistisch zu sein und das scheint bei dir leider der Fall zu sein. Ich vermute mal, dass dies, Sagas = glaubwürdige, authentische Darstelung, deine persönliche Meinung ist, aber da schätzt du die Sagas einfach zu optimistisch ein.


Pastete hat geschrieben:Jetzt weiß ich auch nicht mehr, wo das vorkam (ich meine in der Edda? Lang her dass ich diese Texte gelesen habe), aber in einer Erzählung hat der christliche Verfasser versucht, die Mythologie um Asgard und Odin auf die reale Welt zu übertragen und ihr Reich irgendwo im heutigen Russland verortet.
Bei einem Großteil der Sagen stellt sich das ganze aber anders dar. Zumal die Edda, soweit ich mich entsinne, auch nichts direkt mündlich tradiertes ist, sondern eine Collage von mündlich tradiertem, Sagen hingegen kaum von der mündlichen Tradierung abweichend niedergeschrieben wurden.


Also die Lieder-Edda war es sicher nicht, die kenn ich recht gut. Bei der Snorri-Edda kann ich das nicht mit Sicherheit sagen. Ich glaube, ich habe mal etwas Ähnliches in Bezug auf eine Chronik von Alfred dem Große gelesen, sicher bin ich mir aber definitiv nicht.
Ich muss zugeben, dass ich den letzten Satz anscheindend nicht wirklich verstehe. ''nicht direkt mündlich tradiert, aber eine Collage von mündlich tradiertem''? Ist das nicht dasselbe?

Sagas und Eddas, also die schriftlichen Aufzeichnungen in diesem Fall, haben einen recht ähnlichen Entstehungsweg. Sie basieren im Kern vermutlich auf historischen Ereignissen, wurden über lange Zeit mündlich weitergegeben und dann irgendwann aufgeschrieben. Unterschiede gibt es natürlich auch, die beziehen sich aber vor allem auf die Entstehung der Ursprungsvariante und deren Publikum.

Hier zeigt sich aber für mich das Problem der ganzen Diskussion:
Wenn ich dich richtig verstanden hab, gehst du anscheinend davon aus, dass die Sagas und Eddas während der mündlichen Überlieferung und späteren Aufzeichnung nicht verändert wurden. Das ist leider sehr wahrscheinlich unzutreffend. Das ist vermutlich deine persönliche Meinung, sie steht aber im krassen Gegensatz zu allen Erkenntnissen der Wissenschatler, die sich mit dieser literarischen Gattung beschäftigen. Die ursprüngliche Erzählung wurde bereits während der mündlichen Überlieferung mehrmals verändert. Die jeweiligen Erzähler haben teilweise abweichende Varianten vorgetragen, wodurch dann nach und nach verschiedene Varianten im Umlauf gewesen sein können und teilweise wurden schlicht einige Dinge hinzugedichtet. Irgendwann entschließt sich dann ein christlicher Autor, der vielleicht auch mit solchen Erzählungen aufgewachsen ist, diese Erzählungen schriftlich festzuhalten. Er schreibt sie aber nicht einfach nur auf, er schreibt aus seiner christlichen Sicht und aus der Sicht des 13. Jh. auf eine lange vergangene Zeit. So kann dann zum Beispiel auch deine Bartgeschichte aus der Njals Saga entstehen. Das hat mich doch sehr an das Klischee vom ''bärtigen Heiden/Barbaren'' erinnert, dass man bei vielen christlichen Chronisten und vor ihnen bei vielen antiken römischen Autoren findet. Weiterhin kann es zu Ergänzungen und Ausschmückungen mit Motiven aus anderen Sagas kommen, zB dort wo Dinge in Vergessenheit geraten oder Lücken in der Überlieferung entstanden sind.
Deshalb muss man bei der Betrachtung der Sagas und Eddas vorsichtig sein. Man kann sie nicht einfach als 1:1-Darstellung übernehmen, sondern muss erstmal versuchen, den historischen Kern zu ergründen, was oft schwer und manchmal auch unmöglich ist.


Ich würde dir allerdings zustimmen, wenn du sagen würdest, dass die Sagas und Eddas authentischer sind als das, was man normalerweise als Legenden und Märchen bezeichnet. Aber was die Gaubwürdigkeit angeht, gehen unsere Meinungen doch sehr auseinander.

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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon John Doe » 6. Juni 2017 09:10

Wenn man sich darüber im Klaren ist, dass das nicht wirklich eine Historienserie ist, sondern eine Fantasieserie, dann stören einen die Details auch nicht mehr so. Aber wenn man einen Eindruck über das Leben der Wikinger haben möchte scheint mir Vikings die falsche Wahl zu sein.

Fairas hat geschrieben:Ich finde die Serie gut. Nur die englischen Soldaten gefallen mir nicht so, die werden meistens als ängstliche Milchbubies dargestellt. Die Kämpfe (gegen Engländer) während spannender wenn man den Eindruck hätte die Soldaten würde auf Augenhöhe gegen die Wikinger kämpfen.


Das hat mich auch gestört. Betrifft aber nicht nur ihre Fähigkeiten als Kämpfer, sondern auch, was in der Serie als Schläue dargestellt wird. Ragnars Tricks gehen meist nur deswegen auf, weil seine Gegner strohdumm sind.

Marlborough hat geschrieben:Hinzu kommt wohl auch deren Glaubensbild.


Das glaube ich ehrlich gesagt nicht und soweit ich weiß gibt es da auch keine Belege dazu. Auch nachdem sich das Christentum verbreitet hatte haben Skandinavier Entdeckungsreisen unternommen (die nach Amerika zum Beispiel), haben das Baltikum angriffen (Kreuzzüge), haben versucht England zu erobern (Knut, Harald Hardrada) und haben sich der Warägergarde angeschlossen.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Fairas » 6. Juni 2017 14:08

John Doe hat geschrieben: Aber wenn man einen Eindruck über das Leben der Wikinger haben möchte scheint mir Vikings die falsche Wahl zu sein.


Eine bessere Serie gibt es dafür meines Wissens nach auch nicht. Wenn man die Serie bewusst schaut, kann man schon was lernen. Ich habe oft nach eine Folge (manchmal sogar zwischendurch) Google aufgemacht und ein Ereignis in der Serie mit einem historischen Ereignis verglichen.

Immerhin haben die Wikinger in Vikings schon mal keine Hörnerhelme. Das ist ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zu der ansonst üblichen Darstellung in der Unterhaltungsbranche.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Pastete » 6. Juni 2017 15:51

Einfaches Beispiel: Die Schlacht um Paris ist weird. Und dann haben sie den Trick von Bjǫrn Járnsíða (Ragnars Sohn) geklaut und auf Paris übertragen. Also das mit dem Sarg und der Beerdigung haben die Vikinger in irgendeiner italienischen Stadt gemacht. Glaub Lucca war das.

Es gibt viele Dinge die da falsch sind und die Atmosphäre und die Denke der Vikinger wird nicht korrekt wiedergegeben. Es fängt einigermaßen ok an, wird aber immer heavy-metalliger je weiter die Serie voranschreitet. Was vermutlich auch ein Gutteil der Fans geil findet, mich aber dazu gebracht hat die Serie irgendwann einfach nicht mehr weiter zu gucken.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon kannibali » 6. Juni 2017 15:58

Und der blinde Priester der da rumschleckt


Für die Rumschleckerfans oder wie? lol
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon John Doe » 6. Juni 2017 16:06

Fairas hat geschrieben:Immerhin haben die Wikinger in Vikings schon mal keine Hörnerhelme. Das ist ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zu der ansonst üblichen Darstellung in der Unterhaltungsbranche.


Ja, sie tragen gar keine Helme, was dann auch nicht viel authentischer ist.

Es gibt halt auch nur zwei Serien die sich damit beschäftigen, The Last Kingdom und Vikings. Was man davon jetzt bevorzugt ist wohl Geschmackssache. Zu The Last Kingdom habe ich sowohl Lob als auch Kritik gehört was die Authentizität betrifft.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Fairas » 6. Juni 2017 16:18

In The Last Kingdom ist der Hauptcharakter noch extremer und metzelt sich quasi allein durch ganz England, dagegen ist Ragnar ein richtiger Teamplayer lol

Ob TLK mehr oder weniger historisch ist als Vikings kann ich gar nicht sagen, jedenfalls ist es inhaltlich deutlich schlechter.

Wobei Vikings in den letzten Staffeln auch deutlich nachgelassen hat.
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Re: "Vikings" TV-Serie

Beitragvon Pastete » 6. Juni 2017 18:13

Last Kingdom ist auch nicht das Wahre. Ich hatte dazu glaub ein paar der Bücher sogar gelesen, weil Doge (der Nutzer hier) ein Fan der Serie war.
Die Bücher sind auch nicht besser als die Verfilmung und die Verfilmung ist auch nicht gut. Komplex ist an den Charakteren von TLK so rein gar nix, auch bei den Hauptpersonen nicht.
Schauspielerisch passiert da auch nicht viel, was aber nicht unbedingt die Schuld der Schauspieler ist, sondern wie gesagt sind die Charaktere mies. Story ist auch eher so meh.
Was Fairas da erwähnt ist aber fast das übelste. Die Hauptperson metzelt sich durch die Welt und kann auch sonst fast alles am Besten.
Historischer ist die Reihe hingegen schon, da sie überwiegend die angelsächsische Sicht erzählt, die ja gut dokumentiert ist, und sich an die Quellen hält.

Vikings erzählt ja wie gesagt eine andere Story, und Ragnar Lodbrok ist semihistorisch. Seine Kinder sind historisch verbürgt, er selber nicht, sondern man kann seine Existenz trotzdem als wahrscheinlich annehmen. Nun ist in den Sagen sein Werdegang ziemlich gut und umfangreich beschrieben, die Serie hält sich leider nur sehr bedingt dran und kommt mit ziemlich viel Stuss.
Nun weiß ich ja aus dem bisherigen Diskurs hier, dass viele hier die schauspielerischen Leistungen und die Charaktertiefen gut fanden, für mich ist die wieder eher unteres Mittelmaß, die Charaktere verhalten sich trotzdem wieder vorhersehbar und diese inneren Zwiespalte in Ursprung und Auslebung ziemlich strange sind.

Aus meiner Sicht also:

Last Kingdom:
Als Unterhaltung: 2/10
Historisch: 8/10

Vikings:
Historisch/Authentisch: 2/10
Als Unterhaltung: 2/10 <- wobei ich wie gesagt verstehe dass das Geschmackssache ist. Die neuesten Staffeln habe ich nicht mal gesehen.

Mit Paris und insbesondere der Chinesin und König Harald Schönhaar (VERDAMMT NOCHMAL, das ist fast das beste feature an ihm dass der bis zur Vereinigung Norwegens Zaushaar hieß weil er sich geschworen hatte das Haar erst nach der Vereinigung zu kämmen! Wie Hitler ohne Schnurrbart!).
Dass die Serie ausgerechnet dort nachlässt, wo langsam mal die Söhne mit rein in die Action müssten, spricht aber auch irgendwie Bände. Genau da müsste es doch erst richtig losgehen wenn die das gut gemacht hätten. In den Sagen sind die Söhne allesamt unterschiedlich, farbenreich illustriert. Denke mir dass man sich da schon Mühe geben muss um das zu verkacken.
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