Der Erste Weltkrieg

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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Pastete » 25. April 2017 09:27

Ostfront:
Ich sage nicht, dass das nicht weh getan hat, ich verweise darauf, dass das weder historisch die Russen aus dem Krieg geworfen hat, noch das nach eurem Szenario getan hätte.
Ich verweise darauf, dass man dafür die russische Rüstungsindustrie hätte kapern müssen, dafür hätte man das russische Kernland erstmal erreichen müssen.
Wir sind uns einig, dass Russland ein unterentwickeltes agrarisches Land war. Wie du daraus ableitest, dass man die Russen ausgerechnet dadurch zu Fall bringt, dass man denen das nimmt, wovon sie ohnehin schon am meisten hatten, verwirrt mich.
Textilindustrie ist denkbar irrelevant, mir geht es um die Schwerindustrie. In Ermangelung einer besseren Karte hier eine sowjetische Propaganda von 1921:
Bild
Da die Sowjets bis dahin in punkto industrialisierung auch wegen Stahlmangels noch fast nix getan hatten, sind das im großen und ganzen die Schwerindustrien, wie sie vom Zarenreich geerbt wurden.
Alle gezeigten Industrien waren tatsächlich auch östlich des Frontverlaufes von 1915.
Mir ist natürlich auch klar, dass es westlich davon welche gab, aber Fakt ist, dass die russische Rüstungsindustrie während des Krieges und auch trotz des Rückzuges gewachsen ist.

Weiterhin ist es ein historisches Faktum, dass die russische Rüstungsindustrie gerade wegen des Krieges einen massiven Sprung machte:
Spoiler (Öffnen)
Following an initial downturn caused by the conscription of workers and business uncertainty, Russian industrial production steadily expanded in response to insatiable military demand for small arms, artillery pieces, ammunition and explosives. Factories also turned out substantial quantities of locomotives and wagons, and the production of machine tools exceeded all expectations. Output increased in light industry too: textile factories produced uniforms and blankets, and leather producers supplied footwear, belts and ammunition pouches. Output of ferrous and non-ferrous metals, chemicals, and munitions grew rapidly in 1915 and 1916.
Quelle


Ich setze nicht mal voraus, dass sich die Russen weiter hätten zurückziehen müssen als an die Grenze von 1915. Euer anfängliches Statement war, dass man Russland so hätte schnell aus dem Krieg werfen können. Was jetzt, blitzen oder grinden? Legt euch mal fest.

Dann die Milchmädchenrechnung, dass die Russen bei deutscher Übermacht automatisch sofort mehr Leute verloren hätten. Das wie gesagt obwohl sie immer die Option zum Rückzug hatten.
Weil die Russen aber partout gegen die Stellungen der Mittelmächte anrennen würden, selbst in unterlegener Zahl, würden sie logischerweise bei doppelt so vielen Gegnern mindestens doppelt so viele Leute verlieren. Aber niemand in Russland würde darauf kommen, 1915 ein paar Schützengräben ausheben, vermutlich, weil die Schaufel noch nicht erfunden wurde. Auf die Idee kommen, Gräben auszuheben, dürfen sie bekanntlich nicht, denn dann scheitert das an der anderen Prämisse, dass Gräben nämlich unüberwindbar sind.
Und wie gesagt fehlt weiterhin jegliche Erklärung, wodurch die Mittelmächte bis Winter 1915 schneller vorgerückt wären als ohnehin schon. Mal redet ihr nämlich vom grinden, mal, wie im Anfangsstatement gegeben, ist euer Ziel, Russland schnellstmöglich aus dem Krieg zu werfen. Die beiden Dinge sind allerdings nicht miteinander vereinbar.
Und wie gesagt braucht man aus meiner Sicht gar nicht über den Frontverlauf nach 1915 sonderlich nachzudenken. Auch nachdem die Schwäche der russischen Armee offensichtlich wurde, hat es das OHL bis zum Waffenstillstand unterlassen, einen Großoffensive zur Brechung der russischen Armee zu führen. Sie hat sich weiterhin auf die Westfront konzentriert. Wie gesagt aus gutem Grund. Weil dort Erfolge weitaus greifbarer waren als im weiten Osten.

Westfront
Dort plötzlich das Gegenteil. Obwohl ihr darauf wert legt, dass die Russen 1914 auf einen offensiven Bewegungskrieg führen wollten, haben die Deutschen von der OHL plötzlich eine Kristallkugel zur Hand. Völlig übersehen tut ihr dabei, dass in den ersten Monaten, und eben auch bei der Verteidigung von Elsaß-Lothringen, obwohl dort auch so schon keine Offensive geplant war, die Verteidigung aus der Bewegung geführt wurde.
IWST hat geschrieben:Ein Verhältnis von 7:5 war im ersten Weltkrieg viel zu wenig für eine erfolgreiche Offensive wenn man nicht gerade gegen Italiener kämpfte. Mindestens 5:1 wurde als die nötige Zahl angesehen. An einer langen Front konnte man so eine lokale Überlegenheit auch durchaus erreichen, nur irgendwann trafen die Reserven ein und man blieb liegen, und bei einer kurzen Front wäre das entsprechend schneller passiert.
Und die Franzosen wussten nicht, wie man Kräfte massiert? Oder willst du mir damit sagen dass an der gesamten Front eine Überlegenheit von 5:1 gegeben sein musste, um an einem Frontabschnitt vorrücken zu können? Bei der Hunderttage-Offensive lag die westliche Überlegenheit übrigens gerade mal bei 9:5.

Übrigens nein, ich unterschätze nicht die russische Armee. Ich verweise darauf, dass die genannten Faktoren die Deutschen daran hindern mussten, mehr Kräfte effektiv zum Einsatz zu bringen. Und verweise auf die Tatsache, dass die Russen ebenso über Murmansk und Arkhangelsk hätten versorgt werden können. Wie ihr darauf kommt, dass deutsche Schützengräben aus irgendeinem Grund völlig unüberwindbar sein sollten, obwohl es beim Terrain keine Gründe dafür gab, andererseits die russische von 1915 sehr leicht zu überwinden sei, ist mir wie gesagt schleierhaft.
IWST hat geschrieben:Ach ja, bei der realen Schlacht in Lothringen waren die Franzosen 8,5:5 überlegen und haben dennoch verloren (das war kein Rückzug wegen der anderen Flanke sondern eine Niederlage)....
Ich sprach zum einen von der Gesamtfront, dass Deutschland in Elsass-Lothringen 9 Korps aufbrachte und Frankreich 10, und zum anderen mit der Flanke bezog ich mich ausdrücklich auf das Elsass und habe auch ausdrücklich genannt, dass sie wegen der Niederlage in Lothringen sich zurückziehen mussten.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Hjalfnar » 25. April 2017 11:49

Soweit ich das bisher lesen konnte, war nirgendwo die Rede davon, dass die Russen offensiv kämpfen würden, zumindest nicht von meiner Seite. Ich fürchte, da interpretierst du etwas hinein, was bisher weder ich noch IWST geschrieben haben. Ich sagte, dass die russischen Streitkräfte durch offensiv vorgehende doppelt so starke wie historische deutsche Kräfte auf Grund ihrer schlechten Grabentechnik (ernsthaft, lies dir Frontberichte durch oder schau dir Fotos an und vergleich deutsche und russische Stellung aus dem Jahr 1914!) und ihrer völligen artilleristischen Unterlegenheit (ebenfalls, such dir Infos über die russische Artillerie, die war grottig) sowie ihrer taktischen und führungsqualitativen Unterlegenheit PLUS ihrer dann zahlenmäßigen Unterlegenheit bzw. Parität horrende Verluste erlitten hätten. Von einem weiten Vormarsch war nie die Rede in meinen Posts. Ich gehe im Osten von einem langsamen, aber dauerhaften Vormarsch deutscher Truppen unter horrenden Verlusten der Russen aus.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Pastete » 25. April 2017 12:59

Hjalfnar hat geschrieben:Ich gehe im Osten von einem langsamen, aber dauerhaften Vormarsch deutscher Truppen unter horrenden Verlusten der Russen aus.
Und woraus leitest du dir den ab? Es hat das langsame Vorrücken der Deutschen an der Ostfront so gut wie nie gegeben, sondern ein schnelles Nachrücken auf sich zurückziehende Russen auf die Front ab Winter 1915. Die Front hätte man auch selbst bei einem früher eingeleiteten russischen Rückzug nicht vor 1916 zu durchbrechen versuchen. Rasputitsa und so. D.h. das Ergebnis wäre bis Ende 1915 bei allen gegebenen Prämissen an der Ostfront das gleiche gewesen. Wodurch die höheren russischen Verluste abzuleiten sind, dafür fehlt bisher jegliche Begründung eurerseits.

Wenn du sagst, das Vorgehen wäre nicht weiter gegangen, dann ist da eben ein Logikfehler drin. Diesen weiteren Vormarsch hätte es geben müssen, um bei den Russen höhere Verluste zu forcieren.
Erst ab 1916, wo es das Wetter wieder zuließ und es zu einer festen Front gekommen war, hätten die Deutschen ihre überlegenen Grabenkünste unter Beweis stellen können. Vorher eben nicht. Zumal wie gesagt 1914 noch keiner an Grabenkrieg dachte.
Eine größere Überlegenheit kann höhere gegnerische Verluste garantieren, aber nur, wenn der Gegner zur Schlacht gezwungen wird. Was die Russen vor dem Frontverlauf von 1915-1917 nie waren, und selbst danach noch reichlich Rückzugsraum zur Verfügung hatten, ohne dass dadurch ihre Rüstungsindustrie sonderlich bedroht worden wäre.

An der Westfront wiederum hätte entweder a) die Deutschen eine Kristallkugel zur Hand gehabt und von Anfang an einen Grabenkrieg geführt, obwohl daran in den ersten Kriegsmonaten noch keiner dachte, oder b), was deutlich wahrscheinlicher ist, die Franzosen hätten ihre Offensiven so wie gehabt durchgeführt, allerdings bei erdrückender Überlegenheit, wie es sie an diesem Frontabschnitt zu diesem Zeitpunkt real nicht gab. Die Franzosen hatten übrigens nie vor, Belgien so weit zu umfassen, wie es die Deutschen hatten, sondern lediglich den südlichen Zipfel und Luxemburg zu durchschreiten und den Krieg zwischen Ardennen und Rhein zu führen. Da Belgien traditionell frankophil ist und schon damals war, es auch keine vollumfängliche Invasion gewesen wäre, wäre ihre Reaktion sehr wahrscheinlich eine zurückhaltendere gewesen, bei den Engländern wäre sie dies garantiert. Wenn sie nicht, wie von mir wie gesagt vermutet, dennoch sich gegen Deutschland eingeschaltet hätten, was aber zugegebenermaßen Spekulation ist.

Nochmal: Der Grund des Scheiterns des Plan XVII lag im Schlieffenplan und im offensiven deutschen Vorgehen. Auf den Schlieffenplan verzichten heißt, auf die Gründe zu verzichten, die den französischen Vormarsch verhinderten, gleichzeitig die Hoffnungen auf eine Taktik setzen, an die bei Kriegsbeginn noch keiner dachte. Und selbst wenn du die Vogesen für ein unüberwindbares Hindernis hälst oder an Versorgungsprobleme französischerseits denkst: Die Vogesen verlaufen in Nord-Süd Richtung. Der französische Hauptstoß ginge nach Norden, nicht nach Osten. Durch die Vogesen mussten sich nur jene Truppenteile vorkämpfen, die den Hauptstoß aus der burgundischen Pforte heraus in die Rheinebene hinein zu unterstützen hatten. Und es ist die Perspektive eines so immensen Schadens, den die Franzosen selbst mit einem geringen Vorstoß angerichtet hätten, der die deutschen sofort dazu getrieben hätte, das Groß ihrer Kräfte in diese Front zu investieren.
Real hätte zu Beginn, gerade weil es noch ein Bewegungskrieg war, zu sehr erheblichen französischen Geländegewinnen kommen können, ehe die Deutschen sie unter großem Ressourcenaufwand hätten aufhalten können. Genauso wie dies unter umgekehrtem Vorzeichen weiter nordwestlich real geschah.

Genauso ist es Tatsache, dass das OHL (aus guten Gründen) sich real weiterhin auf die Westfront konzentrierte, selbst als die Schwäche der Russen offenbar wurde. Nenne mir mal eine Person aus dem OHL die 1914 daran gedacht hätte, dass man Russland frühzeitig aus dem Krieg werfen könnte, indem man das Land durch Verluste frühzeitig in eine Revolution treibt. Daran glaubte wie gesagt selbst 1916-1917 keiner. Zumal das 1914 Humbug gewesen wäre. Die Ursachen der russischen Revolutionen wurden zwar durch Subversion und Niederlagen befeuert, aber der dafür nötige Prozess war selbstverschuldet und brauchte Zeit. Und im russischen Heer wie auch im deutschen brauchten die Kommunisten ein paar Jahre, ehe sie eine nennenswerte Anzahl von Soldaten indoktriniert hatten.

Ich tue noch schnell einen Disclaimer rein: Ich bin zwar frankophil, aber nicht, was das Elsass angeht. Ich finde es scheiße wie Frankreich es fertig gebracht hat, ihre eigene Identität und ihre eigene Mundart praktisch auszulöschen. Es ist also nicht der Wunsch der Vater meiner Gedanken. Ich verweise darauf, dass euer Plan allerhöchstens dann eine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, wenn das OHL ein Vorwissen gehabt hätte, welches es unmöglich haben konnte. Ich habe keine hohe Meinung von der deutschen Generalität (oder der eines anderen Landes) des ersten Weltkrieges, aber der Fokus auf die Westfront war eine der richtigen Entscheidungen die sie getroffen hat. Sie ist zwar 1914 damit gescheitert, aber das war die realistischste Chance (vor allem beim damaligen Wissensstand!), den Krieg zu einem erfolgreichen Ende zu führen, den das deutsche Kaiserreich hatte, seil sie sich selbst durch Bülow und Bethman Hollweg diplomatisch in die Ecke getrieben hat. In dem Moment wo der Krieg jedoch zum Abnutzungskrieg gerierte, hatten die Deutschen verloren, egal auf welche Front sie sich fokussierten.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Hjalfnar » 25. April 2017 14:16

Also wenn ich mir den Vormarsch der deutschen Armee 1914 und danach ansehe, ist das im Vergleich zu 1941 verdammt langsam. Das meinte ich mit "langsam". Klar wird das zwischendurch mal schneller, bei feindlichen Rückzügen, und dann wieder langsamer, wenn man das gewonnene Gelände konsolidiert, den Nachschub aufholen lässt und die Nachschubwege (vor allem in Russland) ausbaut. Aber: Im Vergleich zu modernen Bewegungskriegen ist es verdammt langsam.

Zu den russischen Verlusten haben sowohl IWST als auch ich jetzt oft genug gepostet, ich versuchs noch ein letztes Mal: Die russischen Schützengräben waren scheisse, schlicht ausgedrückt. Schon 1914 erlitten deutsche Truppen in ihren Gräben deutlich weniger Verluste durch russisches Artilleriefeuer als umgekehrt. Die Russen brauchten bis 1916, bevor sie endlich anfingen, halbwegs ähnliche Gräben anzulegen, Schuld daran war auch das Fehlen eines im Verhältnis zur restlichen Armee auch nur ansatzweise ausgebautes Pionierkorps. Dazu kommt, zum dritten Mal jetzt, die völlige Unterlegenheit der Russen in Sachen Artillerie. Die größeren deutschen Kaliber lagen völlig außerhalb der Reichweite der russischen Geschütze, konnten also gemütlich erst mal die feindlichen Batterien niederbomben und dann die Infanterie beharken. Exakt so mehrfach im Krieg passiert im Osten. Wie du ja gerne immer wieder betonst, würden die Russen defensiv bleiben und es würde keinen Tannenberg geben. Ok, davon gehe ich auch aus. Man muss sich aber nur die Verluste ansehen, die die Russen jeweils erlitten, wenn die deutschen Truppen mal zum Angriff übergingen. Die russischen Divisionen fielen vor allem 1914 bis Mitte 1915 oft einfach auseinander, die Kommunikation der Stäbe war eine Katastrophe. Es war gar keine Kesselschlacht nötig, um tausende Gefangene zu machen. Hinzu kommt die schlechte russische Geheimhaltung, die ja Tannenberg heraufbeschwor (unverschlüsselter Funk!).
Ebenso haben weder IWST noch ich behauptet, dass die Russen 1914 oder 1915 zusammengebrochen wären. Bei einer anhaltenden deutschen Offensive und serienweise Niederlagen und Gebietsverlusten könnte ich mir 1916 vorstellen. Dass niemand 1915/1916 an einen Zusammenbruch des Zarenreiches glaubte, spielt für unsere Diskussion gar keine Rolle. Wichtig ist, dass der Zar Warschau nicht einfach kampflos aufgegeben hätte. Und, da bin ich mir, wenn man sich die Daten der Zeit ansieht, absolut sicher, bei dem Versuch einer Verteidigung Warschaus eine krachende Niederlage erlitten hätte.

Bzg. Westfront, wozu eine Kristallkugel? Ein simples Zuhören und weniger Überlegenheitsgefühl gegenüber den niederen Rängen hätte völlig ausgereicht. Viele Regimentskommandeure jüngeren Alters hatten ihre Lehren aus dem Krimkrieg, dem US-Bürgerkrieg, den Deutschen Einigungskriegen gezogen und das Ganze logisch mit dem Erscheinen des MGs auf den Schlachtfeldern verknüpft. Als ich für den Strategen über das Kriegsspiel recherchiert habe, bin ich über einige teils deutliche Kritiken und Anregungen junger Offiziere an die Generalität des Kaiserreiches gestolpert, in denen mitunter fast verzweifelt auf die Sinnlosigkeit von Infanterieattacken gegen MG-Feuer etc. hingewiesen wurde. Nebenbei gehört Graben buddeln auch für den Infanteristen von 1914 und davor zum normalen Alltag. Das war kein plötzlicher Geistesblitz, mit dem der Grabenkrieg im Westen 1914 begann. Daher frage ich mich eher, wie du einfach davon ausgehen kannst, dass die Franzosen gemütlich durch die Vogesen spazieren und schwupps am Rhein stehen, nebenher noch 17 deutsche Armeekorps überrennen, die anscheinend ohne jede Defensivmaßnahme an der einzigen Einfallsstraße ins Reich herumhocken? Dafür brauchte man doch keine Kristallkugel! Ein Angriff via Belgien, das hätte die OHL vielleicht überrascht. Aber nicht durch die Vogesen.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Pastete » 25. April 2017 15:03

Hjalfnar hat geschrieben:Also wenn ich mir den Vormarsch der deutschen Armee 1914 und danach ansehe, ist das im Vergleich zu 1941 verdammt langsam. Das meinte ich mit "langsam". Klar wird das zwischendurch mal schneller, bei feindlichen Rückzügen, und dann wieder langsamer, wenn man das gewonnene Gelände konsolidiert, den Nachschub aufholen lässt und die Nachschubwege (vor allem in Russland) ausbaut. Aber: Im Vergleich zu modernen Bewegungskriegen ist es verdammt langsam.
Also doch schneller als real? Oder gleich schnell? Doch noch weiter nach Osten? Oder gleiche Distanz? Entscheidet euch mal. Ihr wollt euch da nicht festnageln lassen. Aus gutem Grund übrigens.
Hjalfnar hat geschrieben:Zu den russischen Verlusten haben sowohl IWST als auch ich jetzt oft genug gepostet, ich versuchs noch ein letztes Mal: Die russischen Schützengräben waren scheisse, schlicht ausgedrückt. Schon 1914 erlitten deutsche Truppen in ihren Gräben deutlich weniger Verluste durch russisches Artilleriefeuer als umgekehrt. Die Russen brauchten bis 1916, bevor sie endlich anfingen, halbwegs ähnliche Gräben anzulegen, Schuld daran war auch das Fehlen eines im Verhältnis zur restlichen Armee auch nur ansatzweise ausgebautes Pionierkorps.
Ich versuchs zum letzten Mal jetzt: Dir ist schon klar dass es erst im Winter 1915/Anfang 1916 zu ausgeprägten Grabenkämpfen kam, oder? Übrigens hatte Giftgas hier eine große Wirkung. Die Russen hatten kein Giftgas und daher auch keine Vorsichtsmaßnahmen dagegen, die Deutschen hatten Giftgas und daher auch Gasmasken. Siehe Einnahme der Festung Osowiec. Die Russen schmissen da übrigens Truppen hin und opferten sie aus aus politischen Gründen. Die gingen zugrunde, selbst mit einem Bruchteil der gegnerischen Ressourcen, die ihr vorgesehen hättet.
Hjalfnar hat geschrieben:Dazu kommt, zum dritten Mal jetzt, die völlige Unterlegenheit der Russen in Sachen Artillerie. Die größeren deutschen Kaliber lagen völlig außerhalb der Reichweite der russischen Geschütze, konnten also gemütlich erst mal die feindlichen Batterien niederbomben und dann die Infanterie beharken. Exakt so mehrfach im Krieg passiert im Osten.
Zum letzten Mal jetzt: Das habe ich nie anders behauptet. Im Gegenteil, ich habe darauf schon früher hingewiesen. Deine Ableitungen daraus sind aber schon völlig falsch.
Hjalfnar hat geschrieben:Wie du ja gerne immer wieder betonst, würden die Russen defensiv bleiben und es würde keinen Tannenberg geben. Ok, davon gehe ich auch aus.
Der Unterschied ist, dass ihr beide davon ausgeht, dass sich die Russen schon vor der Front von 1915 sich durch den Fleischwolf würden drehen lassen würden. Aus militärisch irrationalen Gründen. Zumindest könnt ihr keinen Grund dafür nennen, warum sie es hätten tun sollen. Ihr erklärt auch nicht, wie die Front von 1915 hätte früher erreicht werden sollen.
Meine begründete, von euch rein gar nicht beantwortete These ist bekanntlich, dass das bis Winter 1915 maximal mögliche auch erreicht wurde. Erst im Frühjahr 1916 waren neue Offensiven für egal welche Seite möglich. Warum Frühjahr? Tja, nicht wegen dem Winter, sondern wegen dem Schlamm. Guckt euch mal an wann sämtliche Offensiven in Russland im ersten Weltkrieg, egal welcher Seite, durchgeführt wurden. März bis September. Wenn ihr denkt, in Russland ginge im September schon der Winter los, irrt ihr.
Hjalfnar hat geschrieben:Ebenso haben weder IWST noch ich behauptet, dass die Russen 1914 oder 1915 zusammengebrochen wären. Bei einer anhaltenden deutschen Offensive und serienweise Niederlagen und Gebietsverlusten könnte ich mir 1916 vorstellen.
Also doch noch weitere Gebietsverluste. Obwohl du früher davon sprachst, dass es nicht ein weiteres Vorgehen als sonst geben sollte.
Was mich verwirrt, ist die Tatsache, dass die Zielsetzung eures umgekehrten Schlieffen-Planes doch ist, Russland früher niederzuwerfen, um sich dann schneller nach Westen zu wenden.
Und was den "Zusammenbruch der Russen" angeht (sprich: Revolutionen), meinst du nicht, dass das OHL dafür hätte ein paar Propheten beschäftigen sollen, wenn das schon 1914 die Zielsetzung hätte sein sollen?
Hjalfnar hat geschrieben:Bzg. Westfront, wozu eine Kristallkugel? Ein simples Zuhören und weniger Überlegenheitsgefühl gegenüber den niederen Rängen hätte völlig ausgereicht. Viele Regimentskommandeure jüngeren Alters hatten ihre Lehren aus dem Krimkrieg, dem US-Bürgerkrieg, den Deutschen Einigungskriegen gezogen und das Ganze logisch mit dem Erscheinen des MGs auf den Schlachtfeldern verknüpft. Als ich für den Strategen über das Kriegsspiel recherchiert habe, bin ich über einige teils deutliche Kritiken und Anregungen junger Offiziere an die Generalität des Kaiserreiches gestolpert, in denen mitunter fast verzweifelt auf die Sinnlosigkeit von Infanterieattacken gegen MG-Feuer etc. hingewiesen wurde. Nebenbei gehört Graben buddeln auch für den Infanteristen von 1914 und davor zum normalen Alltag. Das war kein plötzlicher Geistesblitz, mit dem der Grabenkrieg im Westen 1914 begann. Daher frage ich mich eher, wie du einfach davon ausgehen kannst, dass die Franzosen gemütlich durch die Vogesen spazieren und schwupps am Rhein stehen, nebenher noch 17 deutsche Armeekorps überrennen, die anscheinend ohne jede Defensivmaßnahme an der einzigen Einfallsstraße ins Reich herumhocken? Dafür brauchte man doch keine Kristallkugel! Ein Angriff via Belgien, das hätte die OHL vielleicht überrascht. Aber nicht durch die Vogesen.
Diese Einsicht gab es 1914 aber beim OHL nicht. Also doch Kristallkugel. Wenn nicht Kristallkugel, dann wäre die Defensive aus der Bewegung heraus geführt worden. Genauso wie das im Rahmen des Schlieffenplanes tatsächlich sowohl in Ostpreußen und in Lothringen gemacht wurde. Und zwar erfolgreich, wenn auch teilweise durch Glück. Die Voraussetzungen für diese Erfolge hätten gefehlt. An der Westfront eben dadurch, dass nach euren Prämissen die Franzosen eine erdrückende Überlegenheit zustande gekommen wäre. Wie du auf "eine einzige" Einfallsstraße kommst, bleibt mir schleierhaft. Nochmal, die Offensive wäre nach NORDEN geführt worden. NICHT nach Osten. Im Schwarzwald gibt es so gut wie nix was die hätte locken können. Die Franzosen hätten keine einzige der befestigten deutschen Stellungen (es gab im Elsass genau 2 davon: Neu-Breisach aus Vaubans Zeiten und völlig veraltet, sowie das solide befestigte Straßburg) einnehmen müssen. Ignorieren und umgehen hätte völlig gereicht. Der Hauptstoß wäre aber durch Lothringen und eben zwischen Vogesen und Ardennen geführt worden. DURCH die Vogesen wäre nur ein sekundärer Angriff abgelaufen, der den Franzosen es ermöglicht hätte, allermindestens das südliche Elsass bis einschließlich Colmar einzunehmen.
Wenn sowohl der französische Generalsstab, als auch das OHL 1914 die Kampfhandlungen mit genau dem gleichen Wissensstand, aber ohne Schlieffenplan begonnen hätten, dann hätte das unweigerlich zu einer französischen Offensive und französischen Geländegewinnen geführt, bis die Deutschen es geschafft hätten, endlich sich einzugraben und die Front zu stabilisieren.

Wenn eine der Grundvoraussetzungen sein soll, dass das OHL mit heutigem Wissen in den Krieg hätte eintreten können und die Alliierten eben nicht, dann ist die Frage eine merkwürdige:
Wie hätte eine Kriegspartei abgeschnitten, wenn sie keine Fehler gemacht hätte, die Gegner weiterhin genauso oder noch doofer geblieben wären?
... Überraschenderweise besser als real! ^^
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon IWST » 25. April 2017 16:33

Ostfront:
Nochmal zur russischen Rüstungsindustrie: Die chemische Industrie war vor allem in Polen, ebenso Teile der Metall-verarbeitenden.
Sicher, es gab viel weiter östlich, aber gut 20% waren in Reichweite, und die russische Industrie war nicht gerade derart mit Überkapazitäten gesegnet, dass das keine Rolle gespielt hätte, ganz im Gegenteil, es mangelte so schon hinten und vorne.

Ein Totrüsten der Retuschen durch Frankreich und Russland wäre ohne Großbritannien und die USA schlicht nicht möglich gewesen, Deutschland war die führende Industrienation der Welt, in der chemischen Industrie sogar mit großem Abstand.
Aber auch in der Metall-verarbeitenden, Deutschland förderte bei Kriegsbeginn gut 17mio. t Roheisen pro Jahr, Frankreich und Russland je 5mio.
Noch heftiger war es bei der Kohleförderung, da förderte Deutschland 280 mio. t, Frankreich und Russland je ca. 40 mio. t.
Wenn du deinem Gegner industriell 7:1 unterlegen bist, und 20% deiner Industrie verlierst, bist du bei 9:1, damit hast du die Zeit definitiv nicht auf deiner Seite, und stärker aufzurüsten als der Gegner ist auch völlig ausgeschlossen.

Die sowjetische Karte hat geringe Aussagekraft, alleine schon weil Polen darauf fehlt, zeigt aber auch die Bedeutung von Städten wie Kiev und Odessa, die ja real verloren gingen.


Und ich möchte dich nochmal darauf hinweisen was ich schon mehrmals geschrieben habe, bei Gorlize-Tarnow haben die Russen verteidigt, ein Jahr nach Kriegsbeginn, und haben 4 mal mehr Leute verloren als bei Tannenberg.
Und zurückziehen hätte man sich auch nicht ewig können, dann wären die Mittelmächte 1914 in Polen gestanden, und 1915 oder 1916 in Petrograd und dem Donbass.
Logistik hätte die Geschwindigkeit des Vormarsches begrenzt, nur wenn der Feind sich nicht zum Kampf stellt brauchst du deutlich weniger Munition.
In den Fällen wo die Russen sich einem doppelt so starken Gegner zum Kampf gestellt hätten, möchte ich nur nochmals darauf verweisen was in der Realität mitte 1915 passiert ist, ein Massaker durch die deutsche Artillerie.

Und wie gesagt, es gab durchaus Pläne erst Russland raus-zunehmen, Deutschland hat sich eben für die andere Strategie entschieden.
Für die Erwartung einer Revolution hätte es auch keinen Propheten gebraucht, nur jemanden der 10 Jahre zuvor die Zeitung gelesen hat, und mitbekommen hat dass der Zar nach der Niederlage gegen Japan massiv unter Druck geriet, und die Ursachen nach wie vor nicht beseitigt waren. Selbst die Inlandsgeheimdienste haben durch die Bespitzelung der Sozialisten immer wieder Gerüchte über eine Revolution in Russland für November 1915 gehört (in dem Fall kenne ich sogar die Original-Berichte aus dem Archiv).


Westfront:
Schützengräben gab es schon seit dem amerikanischen Bürgerkrieg, und die Effektivität von MGs und Stacheldraht konnten ausländische Beobachter (auch der späteren Mittelmächte) schon im russisch-japanischen Krieg bewundern.
Das deutsche Heer war was die Verbreitung von MGs anging damals übrigens weltweit führend (12 000 vs einige 100 die die Briten und Franzosen jeweils hatten), wenn die deutsche gegen so wenige feindliche MGs bereits liegen blieb, hätte die Sache bei einer französischen Offensive nochmal ganz anders ausgesehen.

Und die Herstellung lokaler Überlegenheiten habe ich angesprochen, dann allerdings noch die Bedeutung von Reserven hinzugefügt, und bei einer derart kurzen Front können die recht schnell herangeführt werden.


Allgemein:
Anzunehmen dass eine Seite keine Fehler gemacht hätte, und die andere alle wäre natürlich naiv, mache ich aber auch gar nicht, die einzige andere Entscheidung ist nicht den Schliefenplan zu verwenden sondern den der sich auf Russland fokussierte, Schliefens Vorgänger Helmut Karl Bernhard von Moltke hatte ja z.B. auch einen Plan entworfen der davon abriet zuerst auf Frankreich zu gehen, sondern einen Sieg im Osten als Schlüssel sah, ebenso sein Nachfolger Waldersee, der ebenfalls weder nach Paris noch durch denfranzösische Festungsgürtel wollte.
Und der Schliefenplan war ja durchaus nicht unumstritten, mehrere seiner Annahmen (Russland würde massiv Truppen im Osten lassen um gegen Japan vorzugehen, er setzte Divisionen ein die es gar nicht gab, das Frankreich inzwischen Bahnlinien hatte hat er völlig ignoriert...).
Ohne den Schliefenplan hätte die Oder für die deutschen Generäle im Westen Defensive geheißen, und Gräben waren wie gesagt keine völlig neue Erfindung, und kamen daher auch schon 1914 zum Einsatz, die Bedeutung des MG hatte Deutschland zudem auch in der Realität erkannt. Es wäre also keine historische Genialität im Westen nötig gewesen, einfach nur der Auftrag sich defensiv zu verhalten.
Auch im Osten wäre weder besondere Genialität der Deutschen, noch wenige unfähiges Personal bei den Österreichern, noch unfähigeres Generäle in Russland nötig gewesen, Russland hat in der Realität verloren, und hätte daher bei doppelt so starken Feinden die zudem nicht unter einer Seeblockade gelitten hätten erst recht verloren, nicht 1914, aber wohl vor 1917.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Pastete » 25. April 2017 20:33

Ostfront:
IWST hat geschrieben:Nochmal zur russischen Rüstungsindustrie: Die chemische Industrie war vor allem in Polen, ebenso Teile der Metall-verarbeitenden.
Sicher, es gab viel weiter östlich, aber gut 20% waren in Reichweite, und die russische Industrie war nicht gerade derart mit Überkapazitäten gesegnet, dass das keine Rolle gespielt hätte, ganz im Gegenteil, es mangelte so schon hinten und vorne.

Ein Totrüsten der Retuschen durch Frankreich und Russland wäre ohne Großbritannien und die USA schlicht nicht möglich gewesen, Deutschland war die führende Industrienation der Welt, in der chemischen Industrie sogar mit großem Abstand.
Aber auch in der Metall-verarbeitenden, Deutschland förderte bei Kriegsbeginn gut 17mio. t Roheisen pro Jahr, Frankreich und Russland je 5mio.
Noch heftiger war es bei der Kohleförderung, da förderte Deutschland 280 mio. t, Frankreich und Russland je ca. 40 mio. t.
Wenn du deinem Gegner industriell 7:1 unterlegen bist, und 20% deiner Industrie verlierst, bist du bei 9:1, damit hast du die Zeit definitiv nicht auf deiner Seite, und stärker aufzurüsten als der Gegner ist auch völlig ausgeschlossen.

Erstens verstehe ich mal nicht, warum ihr euch dauernd ein Strohmannsargument aufbauen müsst, statt meine Argumente zu beantworten. Dass Deutschland materiell massiv überlegen war, habe ich nie verneint und sogar noch vor euch erwähnt. Trotzdem tut ihr so als ob ich das verneinen würde.
Zweitens, und auch dafür habe ich dir schon 'ne Quelle geliefert, nahmen die Russische Rüstungsproduktion auch nach dem großen Rückzug massiv zu. Die Pointe die du daraus ziehen willst (OMG die russische Kriegsindustrie bricht durch die Einnahme Polens zusammen!), ist deshalb schon allein deshalb falsch, weil real widerlegt.

IWST hat geschrieben:Die sowjetische Karte hat geringe Aussagekraft, alleine schon weil Polen darauf fehlt, zeigt aber auch die Bedeutung von Städten wie Kiev und Odessa, die ja real verloren gingen.

Ich hab das schon gefühlt 10 Mal gesagt, aber wenn du mir nicht glauben willst, such selbst danach. Kiew und Odessa gingen nicht im Krieg verloren, sondern erst nach dem Waffenstillstand.

IWST hat geschrieben:Und ich möchte dich nochmal darauf hinweisen was ich schon mehrmals geschrieben habe, bei Gorlize-Tarnow haben die Russen verteidigt, ein Jahr nach Kriegsbeginn, und haben 4 mal mehr Leute verloren als bei Tannenberg.
Und zurückziehen hätte man sich auch nicht ewig können, dann wären die Mittelmächte 1914 in Polen gestanden, und 1915 oder 1916 in Petrograd und dem Donbass.
Und ich verweise nochmal darauf, was reine Vernunft schon diktiert: Aus größerer Überlegenheit lassen sich nicht automatisch größere Verluste ableiten, sondern einfach einen früheren Rückzug.
Aber auch dann wäre selbst mit mehr Kräften wäre ein weiteres Vordringen als zum Winter 1915 real erreicht nicht möglich geworden.

Nicht einig? Dann erkläre mal wie die Deutschen hätten weiter vorrücken sollten im unmotorisierten Zeitalter mit Millionen Mann die versorgt werden mussten, Frontabschnitten, die viele Tagesreisen von den Bahnstationen entfernt waren, usw. usf. Ihr weicht beide diesem Argument permanent aus und tobt euch stattdessen an Strohmannsargumenten aus, obwohl die schon hinreichend (und mehrfach!) beantwortet wurden.

Und mal rein angenommen ihr erkennt endlich mal den Umstand an, dass den Mittelmächten bis Winter 1915 kein größerer Gewinn möglich gewesen wäre, dann hat sich die Diskussion auch praktisch schon erübrigt.
Eine frühe Fokussierung auf die Front wäre dadurch komplett redundant gewesen, da der einzige Unterschied eine geschwächte Westfront wäre, bei gleichem Ausgang bis Winter 1915 nicht möglich gewesen wäre.

Weiß nicht ob euch das auffällt, aber ich halte mich mit Spekulationen, die darüber hinausgehen, zurück. Keiner von uns weiß, wie Frankreich reagiert hätte (eurer Meinung nach aber gar nicht), aber ich würde einfach mal davon ausgehen, dass es handfeste Gründe hatte, dass das OHL auch 1916-1917 weiterhin darauf verzichtet hat, im Osten aggressiver vorzugehen.

Westfront:
IWST hat geschrieben:Schützengräben gab es schon seit dem amerikanischen Bürgerkrieg, und die Effektivität von MGs und Stacheldraht konnten ausländische Beobachter (auch der späteren Mittelmächte) schon im russisch-japanischen Krieg bewundern.
Das deutsche Heer war was die Verbreitung von MGs anging damals übrigens weltweit führend (12 000 vs einige 100 die die Briten und Franzosen jeweils hatten), wenn die deutsche gegen so wenige feindliche MGs bereits liegen blieb, hätte die Sache bei einer französischen Offensive nochmal ganz anders ausgesehen.

Wieder: Leugne ich nicht (Stellungskrieg gab es noch vorm Bürgerkrieg auf der Krim um Sevastopol). Willst du jetzt behaupten dass das alles Lüge ist was über die ersten Kriegsmonate des 1. Weltkrieg erzählt wird, und alles von Anfang an Grabenkrieg war? Falls ja, dann nehme ich alles zurück. Falls nein, gilt das, was ich gesagt habe: Das OHL hat genauso wie alle anderen Generalitäten auch den Stellungskrieg anfangs nicht bedacht, folglich hätte anfangs ein Bewegungskrieg stattgefunden, folglich wären zahlenmäßig stark unterlegene deutsche Verbände sehr wahrscheinlich von einer französischen Übermacht zurückgerollt worden und hätten dann wie unter umgekehrten Vorzeichen real die Franzosen erst dann zum Stellungskrieg übergehen können, nachdem die Front einigermaßen stabilisiert worden wäre. Die Abstände die Frankreich zurücklegen musste, um Deutschland ins Mark zu treffen, waren weitaus geringer als den Abstand, den Deutschland in seiner großen 1914er Westoffensive überwandt. Und im Gegensatz zu der Route der Deutschen praktisch bar sämtlicher Befestigungsanlagen.
Zumindest die Einnahme großer Teile Elsass-Lothringens und ein Vorstoß ins Saarland würde ich da als sehr wahrscheinlich annehmen. Hätten die Franzosen vorm Übergang zum Grabenkrieg auch nur die Hälfte der Strecke des real stattgefundenen deutschen Vorstoßes zurückgelegt, sie hätten das Saarland komplett eingenommen und stünden vor Ludwigshafen am Rhein. Wissen schon, genau der Ort von dem die gesamte deutsche Sprengstoffproduktion abhängig war (Natronsalpetersäure).
Du siehst den gesamten Kriegsverlauf viele hunderte Km von der Front entfernte Industriegebiete als unmittelbar bedroht an, und die gerade mal 100km von der damaligen französischen Grenze gelegenen deutschen Industrieschwerpunkte sollten uneinnehmbar sein?!
Tatsache ist, dass die Franzosen sie nicht mal erreichen mussten. Allein dass die Franzosen bsw. auf 50km nah rangekommen wären, und wieder, wir reden hier von Vorgängen, die innerhalb weniger Tage hätten passieren können, hätte schon in Berlin Panik ausgelöst.

IWST hat geschrieben:Allgemein:
Anzunehmen dass eine Seite keine Fehler gemacht hätte, und die andere alle wäre natürlich naiv, mache ich aber auch gar nicht, die einzige andere Entscheidung ist nicht den Schliefenplan zu verwenden sondern den der sich auf Russland fokussierte, Schliefens Vorgänger Helmut Karl Bernhard von Moltke hatte ja z.B. auch einen Plan entworfen der davon abriet zuerst auf Frankreich zu gehen, sondern einen Sieg im Osten als Schlüssel sah, ebenso sein Nachfolger Waldersee, der ebenfalls weder nach Paris noch durch denfranzösische Festungsgürtel wollte.
Und der Schliefenplan war ja durchaus nicht unumstritten, mehrere seiner Annahmen (Russland würde massiv Truppen im Osten lassen um gegen Japan vorzugehen, er setzte Divisionen ein die es gar nicht gab, das Frankreich inzwischen Bahnlinien hatte hat er völlig ignoriert...).
Ohne den Schliefenplan hätte die Oder für die deutschen Generäle im Westen Defensive geheißen, und Gräben waren wie gesagt keine völlig neue Erfindung, und kamen daher auch schon 1914 zum Einsatz, die Bedeutung des MG hatte Deutschland zudem auch in der Realität erkannt. Es wäre also keine historische Genialität im Westen nötig gewesen, einfach nur der Auftrag sich defensiv zu verhalten.

Nur, nochmal, an den Grabenkrieg dachte im OHL keiner, genauso wenig in den anderen Generalitäten. Dieses Vorwissen setzt ihr jedoch für Vorkriegsplanung voraus. Ich leugne nicht, dass es schon viele Anzeichen für den Grabenkrieg gab, ich weise darauf hin, dass trotzdem keiner damit geplant hat. Tatsächlich hat der Schlieffenplan einen einfachen Grund, warum er gewählt wurde: Frankreich war immer in unmittelbarer Nähe der deutschen Industrieschwerpunkte. Die Russen nicht. Die Russen hätten alles Land östlich der Weichsel oder gar der Oder-Neiße einnehmen können, und wenn es keine Seeblockade gegeben hätte, hätte das die Deutschen gar nicht gekratzt.


Bitte die hervorgehobenen Teile mal beantworten. Ich hab nichts hervorgehoben weil ich sauer bin, also nehmt es mir nicht übel, denke nur ich habe sie oft genug gestellt und sonst drehen wir uns noch ewig im Kreis. Danke.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon IWST » 25. April 2017 22:00

Osfront:
Ja, Russland stellte auf Kriegswirtschaft um, damit waren sie aber nicht die einzige Nation.
Und der Verluste von bestehenden Industriestandorten führt definitiv nicht dazu dass es einem besser geht. Vor allem wenn man so industriell 7:1 unterlegen ist.

Und bei Kiev und Odessa, diese gingen real nicht verloren, sonderlich weit entfernt von der Front waren sie dann aber auch nicht, ca 200km.
Bei Gorlice-Tarnow, rückten die deutschen binnen eineinhalb Monaten um 100-150km weit vor.

Und nochmal: auch Russland konnte sich nicht ewig zurückziehen.
Die Linie Ende 1915 beruhte auf einem Vormarsch von 300km zwischen Mai und September des selben Jahres, davor lag die Front in Ostpreußen fast genau an der Vorkriegsgrenze, in Polen 100km östlich, in Galizien waren die Russen sogar 150km tief in Österreich Ungarn eingedrungen. Das war also das logistisch in 5 Monaten maximal erreichbare.
Wären die Mittelmächte 1914 und 1916 jeweils so weit vorgerückt wie in diesen 5 Monaten des Jahres 1915, wären sie 1916 mit Leichtigkeit in Petrograd, Donezk und Moskau gestanden.

Wie gesagt, du überspannst das Logistik-Argument maßlos, ja es wäre ein einschränkender Faktor gewesen, nachdem die Deutschen 150km vor ihren Kopfbahnhöfen waren, mussten sie tatsächlich stehenbleiben. Dann mussten die Eisenbahnen um-genagelt oder teilweise neu gebaut werden, da waren aber durchaus Tagesleistungen von mehreren km am Tag möglich (1912 konnten eine Eisenbahnstrecke bis zu 6km pro Tag vorangetrieben werden), also genug um binnen weniger Monate die Logistik nachzuziehen.
Das Argument dass das bis 1915 erreichte das Maximum gewesen wäre, ist als nicht zutreffend.

Dass Deutschland 1916-17 nicht weiter vorgerückt ist, lag daran, dass Russland nicht mehr als Gefahr erachtet wurde, und dann 1917 ganz ohne große deutsche Offensive tatsächlich in sich zusammenklappte. Stattdessen hat man sich auf Frankreich konzentriert, wo man ja durch den Schliefenplan schon seit 1914 war, 1916 in der Hoffnung die Franzosen dazu zu bringen sich an den deutschen Verteidigungsanalgen auszubluten, wobei man dieses Ziel bei Verdun dann idiotischerweise aus den Augen verloren hat, 1917 und 1918 um Frankreich zu schlagen bevor die Amerikaner kommen. Zusätzlich benötigte man aufgrund der durch den Schliefenplan erlangten großen Frontlänge entsprechend Truppen um die Front zu halten.

Westfront:
Nein, es war nicht von Anfang an Grabenkrieg, aber er hat nicht erst 1915 begonnen, sondern sobald der Schliefenplan gescheitert war wurden dort Gräben gegraben, und als das Wettrennen zum Meer zu Ende war, gab es sie auf der ganzen Frontlinie. Und Deutschland mit seinem Pionierkorps und der weit höheren Zahl an MGs, wäre hier der Entente, die deutlich weniger Artillerie hatte, wohl überlegen gewesen. Abgesehen davon war man auch ohne Gräben bei der Lothringen-Schlacht trotz mehr als 8:5 Unterlegenheit erfolgreich.
Und wenn du dir ansiehst wie weit die Entente nach Ende des deutschen Vormarsches bis 1918 vorgerückt ist, trotz horrender deutscher Verluste beim Vormarsch und später Verdun, ist der 100km Vormarsch völlig ausgeschlossen.

Wie gesagt, im Westen defensiv zu bleiben war eine reale Überlegung in Deutschland, erst Schliefen hat die Idee einer Offensive im Westen geprägt, und sein Plan hatte diverse Fehler, die auch damals durchaus zu sehen gewesen wären, dazu hätte der Verantwortliche kein Genie sein müssen sondern sich einfach nur ansehen müssen von was für unzutreffenden Vorbedingungen der Plan ausging.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon nordstern » 28. Mai 2017 13:39

IWST hat recht... aber Pastete eben teilweise auch.

Russland konnte sich nicht beliebig zurückziehen. Wie offensichtlich das ist, zeigen die Folgen des Waffenstillstands. Russland verlor durch den Waffenstillstand mehr Menschenleben als im gesamten Krieg. Der Grund dafür war, das Russland durch den Frieden 80% der Kohle und Torfproduktion verlor, fast die gesamte Stahlindustrie und große Teile der Nahrungsmittelindustrie. Kurzum: Durch den Waffenstillstand erfrohr und verhungerte die russische Bevölkerung. Und das zeigt wie empfindlich Russland war. Russland hätte den Verlust weiterer Gebiete oder einen stetigen Rückzug nicht durchführen können, im Gegensatz zum zweiten Weltkrieg.

Ob ein schnellerer Vormarsch möglich gewesen wäre? Ich weis es nicht... aber ich vermute nicht. Das ist aber auch vollkommen egal.

Westfront:
Ich halte es für unmöglich, dass Frankreich die Möglichkeiten gehabt hätte in relevante deutsche Gebiete vorzurücken. Aufgrund der deutschen Überlegenheit an modernen Waffen, Artillerie, schwerer Artillerie und Maschinengewehren, hätten die Franzosen eine 3:1 Überlegenheit aufstellen müssen um die Artillerie und MGs kontern zu können. Dazu kommt noch, das entgegen anderer großer Schlachten der Vorstoß auf das Saarland, etc die Überquerung der Vogesen, Anden und des Rheins bedeutet hätte. vorallem letzteres ist ohne Artilleriehoheit unmöglich. Brückenschlagen bei massiver Artillerieunterlegenheit ist quasi unmöglich.
Das Kaiserreich hätte also durchaus die Front zurücknehmen müssen, aber nicht in Bereiche die Essenziell gewesen wären.

Fazit: Meiner Meinung nach wäre Russland 1916 in einer Position gewesen, wo eine Fortführung des Krieges kaum mehr möglich gewesen wäre, ohne (siehe Friedensbedingungen 1918) das Überleben Russlands zu gefährden. Mit dem Ende des Krieges im Osten hätte dann Deutschland im Westen eine deutlich stärkere Position. Franzosen und Briten hätten gewusst, das ein Sieg kaum möglich sein würde (gab ja noch keine USA). Meines erachtens hätten die Briten angesichts der strategischen Lage (ein deutschlandfreundliches Amerika, der Schrecken des Krieges) durchaus für Frieden bereit gewesen. Und Frankreich alleine wäre Chancenlos gewesen.
Historisch war Frankreich 1918 am Ende. Es verfügte über keine Rekrutenreserven mehr. Daher hätte Frankreich den Krieg kaum alleine beenden können. Ein Frieden im Westen wäre also eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit gewesen.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon tobiisagoodboy » 26. Juni 2017 16:04

Wäre es zu keiner Schlieffenoffensive gekommen, hätte dies möglicherweise auch die deutsche Versorgungslage verbessert, schlicht da Großbritannien zu Beginn keine vordergründige Entschuldigung hatte einzugreifen, sie hätten sicherlich eine gefunden, aber nicht direkt.
Sprich, ohne ein direktes britisches Eingriffen, wäre die Entente aus Frankreich und Russland zu Beginn vorallem zu See massiv unterlegen gewesen, Russland nicht eingerechnet kann man bei der Tonnage Frankreich gegen Deutschland und Ö-U durchaus von einem Verhältniss von 1 zu 2 ausgehen. Sprich anfangs sind die deutschen Seewege offen und wenn die franzosen ihre Kräfte in einem handelskrieg verzetteln sind ganz schnel auch französische Häfen offen (30,5 cm tut ziemlich weh).
Wir hätte also eine Verzögerung, wahrscheinlich, der Blockade gegen Deutschland und bei einem aggresiven Vorgehen der Deutschen und österreichschichen Flotte sehr schnell schwerste Verluste für die Franzosen, abhängig davon wann die Briten einen VOrwand zum Eingreifen finden.

Was auch äußerst wichtig ist, auf der Diplomatie-Front, ohne "The Rape of Belgium" ist es sehr schwer für GB Deutschland den schwarzen peter zuzuschieben, immerhin verteidigen sie nur ihr Gebit und für Russland interessiert sich außerhalb von Russland niemand, ebenso ist es sehr unwahrscheinlich das Rumänien sich rührt, wen DR von Anfang nach Osten drängt. Sprich, auch wenn Wilsons ne dicke Lanze für die Entente hatte, wird es sehr viel schwerer für ihn ein Eingreifen zu rechtfertigen.
Außerdem nimmt ein früh geschwächtes Russland massic Druck von den Osmanen, sobald, nicht falls, der Krieg weiter eskaliert,w as für ein eventuelles britisches Vorgehen in Arabien nicht so geil ist.
Wenn ein früherer Kollaps Russlands gelingt, sagen wir Anfang 1917, würde auch die Wirkung einer britischen Blockade verpuffen, deren Wirkung ja schon dank des, wahrscheinlich, späteren Eintritts der Briten verzögert wurde.
Rumänien liefert Öl (nach einem russischen Kollaps hätten sie wohl keine andere Wahl) und die Ukraine liefert soviel Weizen wie sich Deutschland wünschen kann(man ist ja kein NS-Deutschland also ist man auch kein kompletes Arschloch gegenüber den Ukrainern).

Gleichzeitig darf auch nicht vergessen werdend ass Deutschland sein eigenes Festungssystem in Elsaß-Lothringen hatte, eine defensive deutsche Armee im Westen, die sich entlang dieser Anlagen eingräbt wäre wohl kaum zu brechen, außer man macht den umgekehrten Schlieffen. Außerdem kann man davon ausgehen, dass bis kurz vor Ende des realen krieges, die französische Generalität, was Offensiven anging, schlicht inkompetent war (nicht Luigi Cadorno Elvel wie in italien, aber trotzdem mist). Sprich, wir können von vielen sehr verlustreichen Versuchen der Franzosen ausgehen, mit schlechterer Ausrüstung( nur 75 mm Geschütze, Lebel 1886 Gewehr), welche die französischen Reserven aufreibt und dezimiert, denn mann muss ja irgendwie die Russen entlasten. Selbst mit britischen Trupen, die dann später eintreffen, ist es ohne einen Marsch durch Belgien und Luxemburg so gut wie unmöglich durchzubrechen.
Und selbst wenn, dann fällt eben Elsaß Lothringen, man hat ja immer noch den Rhein, Den Pfälzer Wald, den Hunsrück etc., alles potentielle Verteidigungsstellungen und selbst mit den Verlust von E-L und dem Saarland wäre die produktion nicht massiv eingebrochen (man kann Eisenerz auch bei Schweden kaufen, man muss es ja nicht über Narvik tun)


Nut so ein paar Ideen.,

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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon nordstern » 24. Juli 2017 22:09

Wäre es zu keiner Schlieffenoffensive gekommen, hätte dies möglicherweise auch die deutsche Versorgungslage verbessert, schlicht da Großbritannien zu Beginn keine vordergründige Entschuldigung hatte einzugreifen, sie hätten sicherlich eine gefunden, aber nicht direkt.

Sprich, ohne ein direktes britisches Eingriffen, wäre die Entente aus Frankreich und Russland zu Beginn vorallem zu See massiv unterlegen gewesen, Russland nicht eingerechnet kann man bei der Tonnage Frankreich gegen Deutschland und Ö-U durchaus von einem Verhältniss von 1 zu 2 ausgehen. Sprich anfangs sind die deutschen Seewege offen und wenn die franzosen ihre Kräfte in einem handelskrieg verzetteln sind ganz schnel auch französische Häfen offen (30,5 cm tut ziemlich weh).
Wir hätte also eine Verzögerung, wahrscheinlich, der Blockade gegen Deutschland und bei einem aggresiven Vorgehen der Deutschen und österreichschichen Flotte sehr schnell schwerste Verluste für die Franzosen, abhängig davon wann die Briten einen VOrwand zum Eingreifen finden.


Stimmt so nicht. Die Briten traten vier Tage nach der Kriegserklärung Frankreichs bei. Zwar passt es zeitlich. Aber England war in der Predulie. Sie wussten der Krieg würde Europa verändern und die Machtverhältnisse neu festlegen. Ein neutrales England könnte also sehr schnell an den Rand gedrängt werden. England musste also teilnehmen. Vermutlich fiel die Entscheidung zugunsten Frankreichs aufgrund der geostrategischen Situation. Deutschland hätte das britische Empire nie bedrohen können, sowohl Russland als auch Frankreich hätten es durch ihre Flotten aber bedrohen können. Also entschied sich England für die Entente obwohl es mehr Gemeinsamkeiten mit dem Kaiserreich hatte (was strategische Interessen, etc betrifft). Deutschland war die Macht die verhinderte das Russland Allüren nach Indien entwickelten oder Frankreich um Zaum hielt. Mit Deutschland musste England kein russisch-französisches Machtbündnis fürchten. Ohne den Schlieffenplan hätte England mit einem anderen grund ebenfalls rasch reagiert. Wenn auch nicht ganz so rasch. Aber das wären nur ein paar Tage gewesen.



Was auch äußerst wichtig ist, auf der Diplomatie-Front, ohne "The Rape of Belgium" ist es sehr schwer für GB Deutschland den schwarzen peter zuzuschieben, immerhin verteidigen sie nur ihr Gebit und für Russland interessiert sich außerhalb von Russland niemand, ebenso ist es sehr unwahrscheinlich das Rumänien sich rührt, wen DR von Anfang nach Osten drängt. Sprich, auch wenn Wilsons ne dicke Lanze für die Entente hatte, wird es sehr viel schwerer für ihn ein Eingreifen zu rechtfertigen.


Jein... siehe oben. Andere Idee: Das Flottenwettrüsten und die Streitigkeiten deswegen hätte man auch als Grund nutzen können. Immerhin hat Deutschland das Flottenabkommen dadurch gebrochen (Ironie: Deutschlands Flotte war so schwach, das frühestens nach 50Jahren Aufrüsten der Vertrag gebrochen worden wäre, dennoch kündigte ihn Wilhelm II bereits auf).


Außerdem nimmt ein früh geschwächtes Russland massic Druck von den Osmanen, sobald, nicht falls, der Krieg weiter eskaliert,w as für ein eventuelles britisches Vorgehen in Arabien nicht so geil ist.
Wenn ein früherer Kollaps Russlands gelingt, sagen wir Anfang 1917, würde auch die Wirkung einer britischen Blockade verpuffen, deren Wirkung ja schon dank des, wahrscheinlich, späteren Eintritts der Briten verzögert wurde.
Rumänien liefert Öl (nach einem russischen Kollaps hätten sie wohl keine andere Wahl) und die Ukraine liefert soviel Weizen wie sich Deutschland wünschen kann(man ist ja kein NS-Deutschland also ist man auch kein kompletes Arschloch gegenüber den Ukrainern).


Jein. Die russen haben den Großteil ihrer Truppen nicht gegen Deutschland ins Feld geführt sondern gegen ÖU und Osmanien. Die Infrastruktur hätte Russland zudem massiv behindert schnelle Truppenbewegungen durchzuführen. Es hätte also kaum Entlastung an deren Fronten gegeben. Das sieht man an der Entwicklung der Fronten in der realität. Bis zum Frieden im Osten haben sich die österreichisch-osmanischen Linien zu Russland bestenfalls nicht verschoben, penibel gesehen sogar eher zu ungunsten der Mittelmächte.

Nein die Blockade wäre nicht verpufft. Sonst hätte Deutschland 1918 keine Probleme mehr gehabt. Tatsächlich jedoch waren sie am Rnade des kollaps. Es dauert einfach zu lange das besetzte gebiet so zu organisieren das es das Kaiserreich hätte unterstützen können. Da reichen 1-2Jahre nicht für aus. Sieht man ja an der Kapitulation Ende 1917 und welche Auswirkungen dies 1918 hatte... sogut wie keine, abgesehen von den frischen Soldaten im Westen.

Gleichzeitig darf auch nicht vergessen werdend ass Deutschland sein eigenes Festungssystem in Elsaß-Lothringen hatte, eine defensive deutsche Armee im Westen, die sich entlang dieser Anlagen eingräbt wäre wohl kaum zu brechen,


Ja.. das habe ich ja so auch schon geschrieben.

außer man macht den umgekehrten Schlieffen. Außerdem kann man davon ausgehen, dass bis kurz vor Ende des realen krieges, die französische Generalität, was Offensiven anging, schlicht inkompetent war (nicht Luigi Cadorno Elvel wie in italien, aber trotzdem mist). Sprich, wir können von vielen sehr verlustreichen Versuchen der Franzosen ausgehen, mit schlechterer Ausrüstung( nur 75 mm Geschütze, Lebel 1886 Gewehr), welche die französischen Reserven aufreibt und dezimiert, denn mann muss ja irgendwie die Russen entlasten. Selbst mit britischen Trupen, die dann später eintreffen, ist es ohne einen Marsch durch Belgien und Luxemburg so gut wie unmöglich durchzubrechen.
Und selbst wenn, dann fällt eben Elsaß Lothringen, man hat ja immer noch den Rhein, Den Pfälzer Wald, den Hunsrück etc., alles potentielle Verteidigungsstellungen und selbst mit den Verlust von E-L und dem Saarland wäre die produktion nicht massiv eingebrochen (man kann Eisenerz auch bei Schweden kaufen, man muss es ja nicht über Narvik tun)


Jein. Das die Verluste hoch gewesen wären ja. Das die deutsche Armee in den Vogesen oder spätestens am Rhein die franzosen gestoppt hätten definitiv ja. Eisenerz wurde damals aber über Metz geholt und das wäre an Frankreich gefallen. Der Kritische Punkt eines solchen Plans wäre das Ruhrgebiet, Saarland und Metz gewesen. Ein Verlust dieser Gebiete wäre damals mit dem Verlust eines großteils der Rüstungsindustrie gleichgekommen. narvik war 2.Weltkrieg.

Ein Angriff über Belgien wäre durchaus realistisch gewesen. England war Schutzpatrons Belgiens (noch aus der Zeit Napoleons). Das Belgien also das "neutrale" Überqueren britischer Truppen erlaubt hätte (was sie deutschen Truppen verboten haben) wäre durchaus möglich gewesen. Und dann hätte Deutschland ein Problem gehabt, weil Rheinland, Metz um jeden Preis gehalten werden musste. Ein Angriff über Belgien hätte zur Folge gehabt das Truppen aus dem Osten abgezogen werden müssten.

Das es jedoch möglich gewesen wäre.. ohne zweifel. Und das es der leichtere, sicherere Weg gewesen wäre.. oh ja. Ich vertrete die Ansicht das die Franzosen aufgrund der Schrecken des Stellungskrieges, der immensen Verluste (sie hatten ja "nur" 60% der Bevölkerung Deutschlands) durchaus zur Einsicht gekommen wäre.
England hingegen ist ein anderes Blatt. England hätte wenn sie gewusst hätten wie moderne Kriegsführung aussieht niemals sich in den Krieg eingemischt. Nach den ersten Schrecken wären sie also die ersten gewesen die aus der Nummer raus wollen... noch vor den Franzosen.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Avarice1987 » 25. Juli 2017 00:55

Zum Argument die Deutsche Flotte sei ach so schwach gewesen. Der einzige Fehler bei ihr, dass Sie auf Nahblockaden ausgelegt waren. Historiker sind sich einig, dass die Deutsche und die Englische sich hätten Gegenseitig bei vollem Risiko vernichten können. Dieses Risiko wollten beide Seiten nicht eingehen. Doggerbank war eigentlich ein Unentschieden. Hier sank zwar die Blücher, aber 2 Britische Schiffe waren ebenfalls schwerst beschädigt. Über Skagerrak sagte Speer später selber, hätte er rechtzeitig erkannt, dass hier die Grandfleet kommt, hätte er Sie sogar vernichten können ( hier die U- Boot Sperriegel beachten ).

Wirklich besiegt hat keine der Beiden Flotten die andere. Taktisch hat das Kaiserreich die Skagerrakschlacht gewonnen, oich glaub die Barham wäre sogar fast versenkt worden.
Hätte hätte Fahrradkette. Wir sind uns glaub einig, dass ein Sieg der Mittelmächte für die Welt besser gewesen wäre. Keine Niederlage der Mittelmächte, kein Hitler Nationalismus ect. Mussolini hätte es denk doch gegeben
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Il Principe » 25. Juli 2017 14:06

Avarice1987 hat geschrieben:Hätte hätte Fahrradkette. Wir sind uns glaub einig, dass ein Sieg der Mittelmächte für die Welt besser gewesen wäre. Keine Niederlage der Mittelmächte, kein Hitler Nationalismus ect. Mussolini hätte es denk doch gegeben

Dabei fällt mir direkt Command&Conquer Alarmstufe Rot ein :strategie_zone_8:

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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Fairas » 25. Juli 2017 14:19

Die Niederlage im ersten Weltkrieg war überhaupt kein Problem, die Versailler Verträge dann schon eher.
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Re: Der Erste Weltkrieg

Beitragvon Avarice1987 » 26. Juli 2017 14:04

Ich hab den V-Vertrag hier als PDF. Bereits nach dem ersten Drittel wird klar, dass diese Forderungen jede Nation wieder in einen Konflikt treiben, die Frage wäre nur wann.

Irgendein Französischer General sagte doch damals schon , dass es kein Friedensvertrag sondern ein Waffenstillstand auf 20 jahre sei. Prophetisch, müsste man fast schon meinen.
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