Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Horgan » 4. März 2016 18:30

Na da empfehle ich als Lektüre doch mal das hier:
Eduard von Peucker "Das deutsche Kriegswesen der Urzeiten: Zweiter Teil"

In dem Buch wird in den höchsten Tönen die germanische Reiterei abgehandelt. Ist gut bequellt.. ..allerdings auch von etwa 1860 und ggf. sind die Aussagen entsprechend patriotisch angehaucht.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 4. März 2016 19:51

Horgan hat geschrieben:Na da empfehle ich als Lektüre doch mal das hier:
Eduard von Peucker "Das deutsche Kriegswesen der Urzeiten: Zweiter Teil"

In dem Buch wird in den höchsten Tönen die germanische Reiterei abgehandelt. Ist gut bequellt.. ..allerdings auch von etwa 1860 und ggf. sind die Aussagen entsprechend patriotisch angehaucht.


Danke, kommt gleich in die Sammlung lesenswerter Quellen. Die germanische Reiterei scheint generell sehr hochwertig gewesen zu sein, wie auch Caesar berichtet.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 4. März 2016 20:03

nordstern hat geschrieben:Ohne Quellen zu haben, erlaube mir noch die persönliche Einschätzung:

Ich glaube nicht das die Alemannen aussagekräftige Beispiele sind. Sie lebten sehr lange an der römischen Grenze, kämpften sehr lange gegen Rom und lernten Roms Kriegswesen dadurch kennen und werden sicher einiges kopiert haben. (...)
Interessant währe was die Germanen abgelegen der römischen Grenze taten. Wie die Germanen gegen Rom kämpften. Leider ist davon recht wenig bekannt, da z.b. niemand über das schreiben kann was im Teutoburger Wald geschehen ist oder oft Berichte durch den Sieger (Rom) oder Schriftgelertesten (Rom) verfasst wurden. Ich bezweifel jedoch das die Germanen ohne langjährigen römischen Einfluss solche Strategien gehabt haben.


Hallo Nordstern,

1. Deine Überlegung, dass die Alemannen römisch beeinflusst waren ist sicher richtig.
2. Ich werde Germanen nicht aus der Betrachtungsweise ausklammern, weil sie römisch beeinflusst waren.

Der Grund hierfür ist, dass es eine "reine, unvermischte" germanische Kriegsführung so wahrscheinlich nicht gab. Der Einfluss der Römer reichte nach Malcolm Todd bis Skandinavien, weil es in Schweden einen - vermutlich germanischen Schmied - gab der römische Schwerter des Gladiustyp systematisch kopiert hat. Wenn selbst in Schweden römischer Einfluss so stark war (nicht nur Beutestücke sondern gar Adaption römischer Waffentechnik), so dürfte der Einfluss im Weserraum, Süddeutschland, Balkan usw mindestens gensuwo stark gewesen sein wegen Nähe des Imperium Romanum.

Weiterhin sind neben dem römischen Einfluss auf germanisches Kriegswesen die Einflüsse zahlloser anderer Völker zu vermuten, bzw auch zu belegen. Es gab bei den Goten steppennomadische Einflüsse, bei Franken, Sachsen und Alemmanen mutmaßlich römische Einflüsse, etwa die Übernahme der Armbrust als Kriegswaffe. Am Ende dürfte sich herausstellen, dass 90 % der germanischen Waffentechnologie von anderen Völkern adaptierte technologien sind. Das Gleich ist aber eben auch bei jedem anderen Volk, zum Beispiel Römer und Mongolen zu nennen. Die Römer haben ihre Belagerungstechnik von den Griechen, die kettenhemde und Schwerter von den kelten usw.. Dennoch kann man die spezifisch römische Nutzung dieser Elemente durchaus römisch nennen und nicht "kelto-griechisch".

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 4. März 2016 20:08

Stratege hat geschrieben:An und für sich logischer Gedankengang, was den Einsatz von Reiterei als wichtiger Kraft bei germanischen Verbänden betrifft, wiederspricht allerdings auffällig einzelnen Ereignissen, wie etwa der Schlacht auf dem Lechfeld. Auch wenn die sich zeitlich, zummindest den meisten geläufigen Deutungen nach, deutlich außerhalb der Spätantike befinden, denke ich, dass man eine generalisierte Aussage, dass Kavalerie bei den Germanen keine oder kaum eine Rolle gespielt habe, auch nicht so ohne weiteres halten kann. Kommt vermutlich auch wieder auf den Gegner an.
Im Übrigen, dürfte die üppige Bewaldung zwar auf einen großen Teil der germanischen Siedlungsgebiete zutreffen, jedoch kommt man kaum umhin auch hier der Diversität des Raumes Rechnung zu tragen.
Germanien wird umgangssprachlich oft auf das Territorium zwischen Rhein und Oder reduziert, was allerdings Skandinavien und den Osten, der immerhin annähernd bis Galizien reichte und vor und während der Völkerwanderung noch eine weit größere Rolle gespielt haben dürfte, müsste man sich vielleicht auch damit noch einmal näher befassen.


Kann ich nur absolut unterschreiben. Schon germanische Kleinstämme haben Kavallerie eingesetzt, bisweilen sogar reine Kavallerieheere. In "De bello Gallico" berichtet Caesar von einem sugambrischen Expeditionsheer aus 100 % Kavallerie, die ein legionslager angegriffen hat. Pauschal eine geringe Rolle der Reiterei ist also selbst für die germanen am Rhein nicht richtig. Spätere Großstämme wie Vandalen und Goten waren dann hauptsächlich auf Reiterei als Kernwaffengattung ausgerichtet.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 11. März 2016 23:37

So, habe nun mal die Universitätsbücherei angezapft, weil die Stadtbücherei nichts mehr hergiebt. Delbrücks Buch über das Kriegswesen (Band: Die Germanen) ist da und viele weitere. hatte zunächst beschlossen, um Überblick zu gewinnen eine Liste aller germanischen Schlachten zu machen. Dann habe ich festgestellt, dass diese sechs engbeschriebene Seiten übersteigen wenn man für jede Schlacht eine Zeile ansetzt und beschlossen mich auf die markanten Schlachten zu beschränken.

Von Interesse sind insbesondere Schlachten mit taktischen Innovationen, Schlachten mit Einsatz verschiedener Einheitentypen (zum Beispiel Infanterie mit Schützen und Reiterei) und Schlachten mit ungewöhnlichen Taktiken der Germanen. Wer Schlachten mit ungewöhnlicher germanischer Taktik kennt bitte hier posten mit Angaben: Jahr/Name der Schlacht/Wer gegen wen/Organisationsform der beteiligten Germanen (Kleinstamm/Großstamm/Königreich)/Strategie der Germanen in der Schlacht/Ergebnis (Sieg/Unentschieden/Niederlage)

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 31. März 2016 18:10

Ich habe leider nicht mehr so viel Zeit in Büchereien zu recherchieren wg Arbeit. Habe mir daher nun Delbrücks Geschichte der Kriegskunst - Das Altertum + Die Germanen gekauft. Ich denke Delbrück wird nochmals wesentliche Impulse für die Arbeit bringen, auf denen aufbauend ich dann ein Zwischenfazit schreiben werde. Diese kann ich dann hier posten. Durch das Zwischenfazit wird man sehen wo noch Vertiefungebedarf besteht. Es zeichnet sich schon vieles ab, wobei ich mich eher auf die germanischen Militärtaktiken als auf Waffentypen, Einheiten und Armeetypen fokussiert habe.

Interessant ist, die TW-Serie gibt zum beispiel in ROME 2-TW ein recht gelungenes Bild der germanischen Kriegsführung. Leichtgepanzerte, speerlastige Nahkämpfer als Grundeinheit ergänzt um speerwerfende Reiterei und bei manchen Stämmen auch Nahkampfreiterei, wiederum überwiegend ungepanzert. Die Krieger gehen durchaus in Formation vor, favorisieren dabei aber den offensiven Keilerkopf.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 19. April 2016 19:15

Hallo TW-Freunde!

Nun nach langem Vorgeplänkel gibt es endlich den 1. fertigen Teil der Untersuchung zur germanischen Militärstrategie. In diesem vergleiche ich die Strategien von germanischen Kleinstämmen, germanischen Großstämmen und germanischen Königreichen.

Edit: Habe den Teil über germanische Großstämme modifiziert, da ich nun Ariovists Herrschaft als Großstamm einbeziehe und somit eine Offensivstrategie (Angriff in Formation) als Offensivstrategie bei den germanischen Großstämmen hinzukommt.

Kapitel 1. Entwicklung germanischer Militärstrategie im Laufe der Zeit.

1.1 Einleitung
Nach ausgiebiger Literaturrecherche, in der ich Berichte von Schlachten und Militärstrategien der Germanen durch Quellen prüfte, lässt sich nun ein Fazit von den tatsächlich (wenn man den Quellen glauben kann) von Germanen verwendeten Militärstrategien ziehen.
Als Ordnungsprinzip habe ich den Vergleich der Militärstrategien von germanischen Kleinstämmen, germanischen Großstämmen und germanischen Königreichen genutzt. Sicher sind auch andere Ordnungsprinzipien denkbar. Man könnte zum Beispiel die Militärstrategien aller bekannten germanischen Stämme vergleichen. Nur ist die Quellenlage „pro Stamm“ so dünn für viele Stämme, dass man für viele germanische Stämme kaum eine gesicherte Aussage treffen könnte. Das andere extrem wäre die Militärstrategie „der Germanen“ als fiktives Ganzes zu untersuchen, so wie es viele Autoren tun. Die stammesweise oder germanenweise Beschreibung germanischer Militärstrategie ist prinzipiell natürlich durchführbar. Mir scheint aber, wenn man Kleinstämme mit Großstämmen und Königreichen vergleicht dies ein brauchbarerer Abstraktionsgrad für das Thema zu sein. Die Betrachtungsweise germ. Militärstrategie erfolgt in dieser Untersuchung also von der sozialen Organisation des Gemeinwesens her. Zugleich lassen sich die 3 Kategorien Kleinstamm, Großstamm und Königreich alles in allem mit 3 Zeitaltern in Übereinstimmung bringen (mit einigen Vorläufern und Nachzüglern). Im wesentlichen treffen wir Kleinstämme in der Frühphase des Germanentums von deren Anfang bis etwa 200. n Chr an.. Auch in dieser Zeit gab es schon Vorgriffe auf die Organisationform Großstamm und Königreich. Die Kimbern, Teutonen und Ambronen bildeten zeitweilig einen Großstamm aus, Ariovist und Marbod hatten Königreiche. Diese Erscheinungen waren aber nur kurzlebig, das Organisationsprinzip des Kleinstammes blieb für die Epoche prägend. Von 200 n Chr. Bis etwa 500 n Chr. War das Zeitalter germanischer Großstämme, wie zum Beispiel der Franken, Ostgoten, Alemannen gekommen. Dies bildeten dann ab etwa 500 n. Chr. Königreiche, bzw. Herzogtümer und Fürstentümer als feste Organisationsform aus. Man könnte statt der sozialen Organisation nun auch das Zeitalter als Beschreibungsmerkmal heranziehen. Ich vermute aber, dass die Organisationsform eine Gemeinwesens seine militärische Organisation so wesentlich mitprägt, dass ich der Organisationform noch vor dem Zeitalter den Vorzug als Ordnungprinzip gab.

1.2 Militärstrategie germanischer Kleinstämme
Betrachtet man die Militärstrategien germanischer Kleinstämme, soweit sie durch Quellen belegbar sind, so fällt auf, dass die offensiven Strategien gegenüber den defensiven Strategien deutlich dominieren. Germanische Kleinstämme haben nach meinen Recherchen 4 offensive und 2 defensive Strategien eingesetzt. Offensive Strategien germ. Kleinstämme sind Angriffskeile, Gevierthaufen, Reiterangriffe und der nächtliche Angriff mit Tarnbemalung. Defensiv sind die Guerillataktik und der Einsatz befestigter Nachtlager.

Wenn man es ganz formal betrachtet, so haben wir 4:2 Offensivstrategien:Defensivstrategien. Daraus kann man einen Offensivitätsindex von 2 (Zahl offensiver Strategien/Zahl defensiver Strategien) bilden, der vermutlich auch etwa den tatsächlich von germanischen Kleinstämmen verwendeten Strategien entspricht.

Belege:
O1 / Angriffskeile / Bataver; Sugambrer / Quelle: Delbrück, Hans. Geschichte der Kriegkunst. Die Germanen.
O2 / Gevierthaufen / Franken und Langobarden / Quelle: Delbrück, Hans. Geschichte der Kriegkunst. Die Germanen.
O3 / Reiterangriff / Sugambrer / Quelle: Iulius, Gaius. der gallische Krieg.
O4 / nächtlicher Angriff mit Tarnbemalung / Harier / Quelle: Herwig, Wolfram. Die Germanen.

D1 / Guerillataktik/ Cherusker, andere Stämme der Arminiuskoalition / Quelle: Moosbauer, Günther. Die Varusschlacht.
D2 / Nächtliche befestigte Lager/ Chatten / Quelle: Tacitus, Cornelius. Germania.



1.3 Militärstrategie germanischer Großstämme
Die Militärstrategien germanischer Großstämme scheinen gegenüber den Militärstrategien germanischer Kleinstämme etwas defensiver auszufallen. Hatten die Kleinstämme noch 4 Offensiv-Strategien die sie nutzten, so sind für die Großstämme noch 3 Offensiv-Strategien festzustellen. Die defensiven Strategien sind im Grundedieselben wie bei den Kleinstämmen: die Guerillataktik und die Verwendung von Burgen, die von ihrem strategischen Sinn befestigten Lagern der Kleinstämme ähneln, wenn auch eine Burg langfristiger angelegt ist als ein Lager.

Die Offensive wird nun überwiegend von der Kavallerie geführt, unterstützt von Infanterie. Typisch ist der Reiterangriff mit parallel vorgehender offensiver Infanterie, wie bei den Alemannen in der Schlacht von Straßburg 357 n. Chr.. Auch kommt offensive Reiterei mit unterstützender defensiver Infanterie vor. Weiter gibt es den Angriff in Fortmation wie von der Ariovistkoalition vorgetragen. Ariovists Allianz von Zahlreichen Stämmen werte ich als Großstamm. Einerseits ist das System des Ariovist definitiv kein Kleinstamm mehr, da er mehr als 10.000 waffenfähige Männer aus zahlreichen Völkern dauerhaft aufbieten kann. Zum Königreich fehlt die Königsherrschaft über Generationen sowie eine wirkliche Zentralisierung, wenn man auch das Kriterium der Ortsgebundenheit bei Ariovist Herrschaft als gegeben ansehen kann.

Der Offensivitätsindex der Germanen in der Völkerwanderungszeit fällt gegenüber den Kleinstämmen, die noch 2 mal so oft offensiv wie defensiv kämpften, auf nun 1,5 ab, daher es wurden etwas mehr offensive als defensive Strategien eingesetzt. Dies interpretiere ich als Anpassung an zunehmend gefährliche Gegner, die Römer und Hunnen. Gegen schwache oder unorganisierte Gegner kann man mit dem plumpen Angriff durchstoßen. Ein germanischer Stamm in der Zeit der Kleinstämme versuchte den Anderen im Krieg durch schiere Aggression zu überwältigen, defensive Militärstrategie war seltener. Die Robustheit der römischen Legion und die Beweglichkeit der Hunnen zwang zu größerer Vorsicht(1).


Belege:
O1 / Offensive Reiterei mit offensiver Infanterie/ Alemannen/ Quelle: steht noch aus
O2 / Offensive Reiterei mit defensiver Infanterie/ Goten bei Adrianopel/ Quelle: z
O3 / Offensive Infanterie, die in Formationen vorgeht/ Sueben, Vangionen usw. als Teil der Ariovistkoalition/ Quelle: Iulius, Gaius. der gallische Krieg.

D1 / Guerillataktik/ Goten unter König Kniva/ Quelle: steht noch aus.
D2 / Burgen/ Diverse Germanenstämme./ Quelle: Bennett, Matthew. Kriege im Mittelalter.


1.4 Militärstrategie germanischer Königreiche

Für die Entwicklungsstufe der germanischen Königreiche lässt sich feststellen, dass die Zahl der von ihnen genutzten Militärstrategien auf 7 angestiegen ist (Die Kleinstämme verwendeten 6, die Großstämme 5). Am bemerkenswertesten ist hierbei die Zunahme defensiver Strategien, von denen 4 vorkommen. Die Anzahl gefundener Offensivstrategien bleibt mit 3 auf der Größe der Großstämme.

Die 3 von germanischen Königreichen verwendeten Offensiv-Strategien sind: 1. Angriffskeile 2. Reiterangriff mit offensiver Infanterie 3. Zangenangriff mehrerer Reitertruppen (2). die 4 defensiven Strategien der Königreiche sind: 1. Hinterhalt 2. Defensiver Schildwall 3. Defensiver Schildwall mit Kavallerie 4. Defensiver Schildwall, gemischt aus Speerkämpfern, Axtkämpfern und Bogenschützen.

Erstmalig überwiegen nun bei den Germanen die Defensivstrategien, der Offensivitätsindex fällt von zuvor 1,5 bei den Großstämmen auf nun nur noch 0,75 für die germanischen Königreiche.


Belege:
O1 / Angriffskeile / Alemannen als Teil des Frankenreiches/ Quelle: Bennett, Matthew. Kriege im Mittelalter.
O2 / Reiterangriff mit offensiver Infanterie/ Franken unter Karl dem Großen/ Quelle: Schneider-Ferber, Karin. Karl der Große.
O3 / Zangenangriff mehrerer Reitertruppen/ Königreich der Alanen und Vandalen/ Quelle: steht noch aus.

D1 / Hinterhalt/ Alemannen als Teil des Frankenreiches/ Quelle: Bennett, Matthew. Kriege im Mittelalter.
D2 / Defensiver Schildwall/ Franken bei Tours/ Quelle: steht noch aus
D3 / Defensiver Schildwall mit Kavallerie/ Alemannen als Teil des Frankenreiches/ Quelle: Bennett, Matthew. Kriege im Mittelalter.
D4 / Defensiver Schildwall, gemischt aus Speerkämpfern, Axtkämpfern und Bogenschützen/ Kiewer Rus/ Quelle: Bennett, Matthew. Kriege im Mittelalter.


1.5 Zusammenfassung
Das germanische Militärwesen veränderte sich stark über die Zeit. Die markanteste dieser Entwicklungen ist, dass das germanische Militärwesen immer mehr defensive Strategien umfasste. Ist das Militärwesen germanischer Kleinstämme mit 4 zu 2 Offensiv – zu Defensivstratgien als insgesamt offensiv zu beschreiben, so sind die Großstämme mit 3 zu 2 Offensiv – zu Defensivstrategien und die Königreiche mit 3 zu 4 Offensiv – zu Defensivstrategien zunehmend defensiv aufgestellt.

Diese Entwicklung der Defensive schätze ich als Lerneffekt ein. Die militärische Leistungsfähigkeit germanischer Königreiche der Spätantike und des frühen Mittelalters war im Durchschnitt offenbar höher als jene germanischer Kleinstämme der früheren Zeiten.

Interessant an dieser Entwicklung ist, dass sie nicht etwa durch neue Waffentechnik angeschoben wurde, sondern mit etwa den gleichen Waffen neue Strategien erprobt wurden. Die Waffentechnik germ. Kleinstämme wie der Ambronen ist nicht viel anders als die des Großstammes der Sachsen oder des Königreichs der Vandalen in Nordafrika. Die beiden letzten haben aber ihre Strategien mit dem stark zusammen haltenden Schildwall und der stark offensiven Kavallerie auf die Spitze getrieben.


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Fußnoten


(1) Die Hunnen wurden von einer germanischen Koalition in der Schlacht am Nedao geschlagen. In der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern wurden die Hunnen immerhin aufgehalten, durch ein im Wesentlichen aus Germanen bestehendes Heer.

(2) Angriff der Vandalen auf das römische Expeditionscorps in der Schlacht Ad Decimum
Zuletzt geändert von Str4tege am 25. April 2016 18:54, insgesamt 11-mal geändert.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 19. April 2016 19:18

Hier der Vergleich der Strategien auf einem Blatt:

[img][IMG]http://www2.pic-upload.de/thumb/30407853/GermMilitrtaktikberblickBild1.jpg[/img][/img]

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon nordstern » 20. April 2016 00:49

ganz gut geschrieben... aber ich finde das die Kernaussage (Zusammenfassung) zu kurz kommt.

Desweiteren ändert sich die Strategie eines Volkes durch externe Einflüsse, Gegnerwechsel und technologische Weiterentwicklung. Die "Stärke" des Krieges schwankt immer hin und her. Mal ist die Defensive besser, mal die Offensive. Gute Beispiele dafür war der 1.Weltkrieg und der 2.Weltkrieg. Im 1.Weltkrieg war die Defensive extrem stark, daraus lernte man und im 2.Weltkrieg erlebte die Defensive einen schweren Schock. Aber auch daraus wurde wieder gelernt was zu tragbaren Panzerabwehrwaffen führte um die gefürchteten Panzerspitzen aufzuhalten. Diese Taktik wurde zwar nie erprobt, war aber eine NATO-Strategie (Hit&Run... auf der Basis war auch der Leopard 1 entwickelt worden). All das hätte ich durchaus deutlich ausführlicher dargelegt. Eine Arbeit besteht idR aus Einführung, Sachverhalt darlegen und der eigentlichen Arbeit (bei dir Zusammenfassung) aus den vorherigen Daten.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 20. April 2016 01:40

nordstern hat geschrieben:ganz gut geschrieben... aber ich finde das die Kernaussage (Zusammenfassung) zu kurz kommt.

Desweiteren ändert sich die Strategie eines Volkes durch externe Einflüsse, Gegnerwechsel und technologische Weiterentwicklung. Die "Stärke" des Krieges schwankt immer hin und her. Mal ist die Defensive besser, mal die Offensive. Gute Beispiele dafür war der 1.Weltkrieg und der 2.Weltkrieg. Im 1.Weltkrieg war die Defensive extrem stark, daraus lernte man und im 2.Weltkrieg erlebte die Defensive einen schweren Schock. Aber auch daraus wurde wieder gelernt was zu tragbaren Panzerabwehrwaffen führte um die gefürchteten Panzerspitzen aufzuhalten. Diese Taktik wurde zwar nie erprobt, war aber eine NATO-Strategie (Hit&Run... auf der Basis war auch der Leopard 1 entwickelt worden). All das hätte ich durchaus deutlich ausführlicher dargelegt. Eine Arbeit besteht idR aus Einführung, Sachverhalt darlegen und der eigentlichen Arbeit (bei dir Zusammenfassung) aus den vorherigen Daten.


Hallo Nordstern,

danke das Du es mal gelesen hast. Dieser Text ist das Fazit für den Vergleich der germanischen Militärstrategien über die Organisationsformen hinweg. Ich bin noch nicht dazu gekommen die Einführung abzutippen. In der Einführung wird nochmals ausführlicher auf die Definition von Kleinstämmen, Großstämmen und Königreichen eingegangen. ich wollte mit diesem Teilfazit einfach mal die Kernaussagen für den bereich Militärstrategien präsentieren.

Als nächstes werde ich dieselbe Schematik anhand der germanischen Waffen durchgehen.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Way of Blücher » 12. Mai 2016 18:39

Finde ich auch sehr gut, dass du wissenschaftliche Ansätze hier veröffentlichst! :strategie_zone_22:

Ich hätte da, wenn ich mal die Zeit habe, auch einige Quellen und Überlegungen zuzusteuern.


Mal eine kurze Übersicht, über eventuell kommende Beiträge:

1.) Vermuteter Kampfstil der frühen Nordgermanen anhand archäologischer Funde. Germanische Schlachtaufstellung und Heereszusammensetzung. (Region Scandza + Yütland, Schleswig bis Elbe)
2.) Theorie über den Ursprung und die Ausbreitung der alten Religion
3.) Einfluss der Religion auf die Kampfgewohnheiten und Häufigkeit von Konflikten zwischen Stämmen
4.) Unterschiede zw. den Großverbänden? Also Westgermanen = häufige Fehden; Nordgermanen = kultische Kämpfe und seltene Massenschlachten? Ostgermanen = weniger bewaffnete Konflikte als andere Stämme, wenn dann Migrationskonflikte (Schlacht im Tollensetal)? Südgermanen = erste, schwere Schlachtenformationen und Nutzen von norischem Stahl (Markomannen)?
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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 30. Mai 2016 01:29

Way of Blücher hat geschrieben:Finde ich auch sehr gut, dass du wissenschaftliche Ansätze hier veröffentlichst! :strategie_zone_22:

Ich hätte da, wenn ich mal die Zeit habe, auch einige Quellen und Überlegungen zuzusteuern.
(...)


Hallo Way of Blücher,

Ergänzungen freuen mich. ich stelle den Text als offene Quelle hier zur Verfügung. Aktuell schreibe ich gerade auch den 2. Teil "Germanische Bewaffnung", wo das gleiche Ordnungsschema (Kleinstämme/Großstämme/Königreiche der Germanen) auf ihre Bewaffnung hin untersucht ist. Quellensichtung hierzu ist sogar schon durch, ich schreibe gerade die Zusammenfassung. Aktuell bin ich durch berufliche Zwänge und umstrukturierungen mit wenig zeit gesegnet, wenn es die Community sehr interessiert gebe ich nochmals Gas oder veröffentlich gegebenenfalls Zwischenstände. Bewffnung germanischer Kleinstämme ist schon fertig.

Als Projektidee schwebt mir übrigens vor basierend auf den (für mich) neuen kenntnissen eine Mod zu Attila zu entwerfen. Das Zeil ist die germanen als weniger barbarisch darzustellen sondern als mit Formationen agierend, wobei dies auch schon im jetzigen Attila teilsweis verwirklicht ist. Laut den Quellen hat die germanische Infanterie wohl aber zumeist in Formation gekämpft.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Way of Blücher » 16. September 2016 11:15

Ächz... Ich weiß nicht mehr wie diese Doku hieß, wo sie über die massigen Funde im Jütländer Moor berichteten und über deren Auswertung spekulierten, aber hier mal ein erster Anhaltspunkt:

Auf den Spuren der Wikinger

PS Wobei ich glaube, dass ich da mal irgendwann was im Attila TW Forum dazu geschrieben hatte.
Siehe dazu z.T.:
Moorfund von Vimose
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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 30. Oktober 2017 20:36

Hallo TW-Freunde!

Nach einem weiteren jahr Arbeit an dem Thema habe ich die Forschungsarbeit nun im Wesentlichen abgeschlossen. Neben dem schon geposteten Teil über die Strategien habe ich nun noch einen zweiten Teil über die Entwicklung der germanischen Bewaffnung und eine Einleitung fertiggeschrieben. Das Fazit und die Vorstellung der noch nicht beantworteten Forschungsfragen aus der Arbeit kommen auch noch bald, ich denke so ist das Ganze aber auch schon wert vorgestellt zu werden, viel Spaß beim Lesen.

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Re: Abhandlung zum germanischen Kriegswesen

Beitragvon Str4tege » 30. Oktober 2017 20:37

Inhaltsverzeichnis



I. Einleitung

II. Kapitel 1. Entwicklung germanischer Bewaffnung.
1.1 Einleitung
1.2 Die Bewaffnung germanischer Kleinstämme
1.3 Die Bewaffnung der germanischen Großstämme und ihre Veränderung gegenüber der Bewaffnung germanischer Kleinstämme
1.4 Die Bewaffnung der germanischen Königreiche und ihre Veränderung gegenüber der Bewaffnung germanischer Großstämme

III. Kapitel 2. Entwicklung germanischer Militärstrategie im Laufe der Zeit.
2.1 Einleitung
2.2 Militärstrategieen germanischer Kleinstämme
2.3 Militärstrategieen germanischer Großstämme
2.4 Militärstrategieen germanischer Königreiche
2.5 Zusammenfassung

IV. Quellenangaben