Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Stratege » 24. September 2016 15:35

Way of Blücher hat geschrieben:Lenin war in erster Linie einzig mit den politischen Inhalten und Umsetzungen beschäftigt, das selbe gilt für Leo Trotzki. Die gebildeten Leute der Mittelschicht Russlands waren meistens in den Reihen der "Weißen" zu finden und in der Regel den Bolschewisten ehr abgeneigt. Inwiefern es nun bereits Bestrebungen innerhalb der führenden Kader der Bolschewisten zum Ausbau der Industrie gab, kann man nicht genau sagen, denn die waren eindeutig erstmal mehr damit beschäftigt den Bürgerkrieg zu gewinnen und internationale Fäden zu ziehen. Sicher werden die im Ausland durchaus gesehen haben was alles möglich ist.


Da ist eben wie gesagt die Frage, was man denn mit "lernen" konkret meint.
Lernen industriell zu produzieren? Diese Produnktionsweise, bezüglich ihrer Vorteile zu schätzen und zu protegieren? Der Aufbau von Planwirtschaft?

Industriell produzieren, das konnten die Russen, auch schon zu zaristischen Zeiten. Die Produktionsleistung blieb zwar gemessen an der Bevölkerung gering, aber die absoluten Basics industrieller Wirtschaft liegen in Russland, wie auch anderswo im 19. Jahrhundert, anders hätten sie den Weltkrieg auch nicht 3 Jahre lang durchkämpfen können.
Was die Bestrebungen zum Ausbau der Industrie bei den Bolschewisten angeht, würde ich einfach mal Lenins "Was tun?" (obwohl das eine extrem verkürzte version ist, da gibts wesentlich längere und inhaltsreichere Abhandlungen) exemplarisch in den Raum werfen, wo die Notwendigkeit zur wirtschaftlichen Modernisierung programmatisch angerissen wird, das ist, in seiner Urfassung von 1902, also lange vor dem Beginn der Sowjetuinion und das geht auch gar nicht anders.
Das geht deswegen nicht anders, weil jeder Theoretiker, der sich als, in wie auch immer gearteter Weise als "marxistisch" betrachtet, auf keinen Fall um die Thematik des historischen Materialismus herumkommt, nach dessen Anschauung die gesellschaftliche Entwicklung der Entwicklung der Produktivkräfte folgt, weswegen, wenn man Marx ernst nimmt die Errichtung einer industriellen Gesellschaft notwendige Grundvorraussetzung für so etwas wie Sozialismus/Kommunismus ist. Insofern ist Umsetzung politischer Inhalte in diesem Fall Gleichbedeutend mit Ausbau der Industrie, im Besondern auch der Industrialisierung der Landwirtschaft um die Urbanisierung vorranzutreiben. Diese ist zur Konzentration der Produktivkräfte notwendig und ermöglicht erst den aufbau größerer Unternehmen, dazu muss man sich vergegenwärtigen, das zum Ende des 19. hin immer noch 70-80% der Russen auf dem Land lebten (wobei ich die Zahlen für extrem hoch angesetzt halte, wo genau die Zahl stand, müsste ich auch nochmal schauen).

Will heißen, man wusste in der Sowjetuinion von Beginn an sehr gut, was Industrie ist, wie man industriell produziert und was man damit Anfangen kann, das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist viel mehr, das die Bevölkerungstruktur mit ihrer zu großen Teilen analphabetischen Landbevölkerung dem nicht entsprach, weswegen hier gedreht werden musste um weiter zu industrialisieren, was man dann auch tat, mit einigen unerwünschten und gewalttätigen Nebenwirkungen.
Industriearbeiter, die wussten, wie man Stahl kocht, hatten die Russen, darum gings nicht, darum jemanden zu finden, der eine Idee hatte, was mit dem Zeug anzustellen sei auch nicht, was man brauchte, waren primär Maschinen.

Dann noch eine Frage, wen exakt verstehst du unter "gebildeten Leuten der Mittelschicht Russlands"? Würde mich spontan interessieren, lässt für mcih nämlich darauf schließen, das du im Begriff bist den Fehler zu machen die Gesellschaftsstruktur der BRD oder der mittel- westeuropäischen Zwischenkriegszeit unreflektiert in das Russland der 1920er Jahre hinein zu interpretieren, eine generelle Abneigung gebildeten Personals aus den oberen gesellschaftlichen Schichten widerlegt sich schon dadurch, dass sich die Führungskader der Sowjets ("Avantgarde&Inteligenzija") genau daher rekrutierten.


Way of Blücher hat geschrieben:Absolut richtig, aber wie gesagt. Die Mittelschicht und die gebildete Bevölkerung stand mehrheitlich hinter den gemäßigten Weißen. Die rote Armee erschoss einfach jeden, der zu ihnen in Opposition stand, dh. die Russen haben in der Zeit des revolutionären Bürgerkrieges ihre eigene Möglichkeit zum erweiterten industriellen Aufstieg im wahrsten Sinne des Wortes: über den "Haufen" (Ural) geschossen.


An der Stelle bitte noch einmal die sgn. "Mittelschicht der gebildeten Bevölkerung" näher benennen, ebenso, was du unter "gemäßigten Weißen" verstehst, ich sehe im weißen Lager des Bürgerkriegs nämlich herzlich wenig gemäßigte Elemente, viel mehr reaktionäre Hardliner. Wenn die größten Teile der Mittelschicht (was auch immer das im Russland der 1910er/1920er Jahre gewesen sein mag) sowiso von vorn herein und kategorisch gegen die Bolschewiki waren, warum haben sie es dann noch gleich zugelassen, dass diese, obwoh ihre Machtmittel zu diesem Zeitpunnkt verdammt begrenzt waren, das Kerenskij-Regime zum Teufel jagten?
Kann also nicht so ganz stimmen.
Die Rote Armee kämpfte im übrigen zu großen Teilen unter dem Kommando ehermaliger zaristischer Offiziere, wenn sie also alles erschossen hätte, was politisch unangenehm war, hätte sie bei ihren eigenen Befehlshabern anfangen müssen, auch ist die Vorstellung dass es sich bei jedem Rotarmisten um einen überzeugten Kommunisten handelte extrem weit hergeholt, denn wenn dem so gewesen wäre, dann wäre die Einrichtung der politkommissare bei den Truppen, zwecks Durchsetzung ideoogischer Vorstellungen in der Armee völlig unnötig gewesen und auch so etwas wie der kronstädter Aufstand wäre wohl nicht vorgekommen.
Insgesamt hatten die Leute eben die Wahl zwischen den Bolschewisten und einer Restauration des Absolutismus, die einem Sieg der weißen Generäle sehr wahrscheinlich auf dem Fuß gefolgt wäre (die Liquidierung der Zarenfamilie kam sicherlich nicht von ungefähr).


Way of Blücher hat geschrieben:Stimmt nicht ganz. Es war der Zar Peter der Große, der bereits industrielle Produktionsformen massiv förderte und ganze Städte nach europäische Vorbild erbaute. St. Petersburg ist da nur die bekannteste Gründung. Z.B. wurde bereits Anfang des 18. Jahrhunderts Petrosavodsk: "die Werke Peters" auf den Resten der Stadt Onegaborg gegründet. Ziel war es durch Stadtgründungen nach industriellem Muster den Vielvölkerstaat Russlands besser beherrschen zu können, in jenem Fall halt den finnisch-ugrischen Nordosten zu kolonisieren, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Vorzüge des städtischen Lebens sollten die Leute an die russische Kultur binden. Petrosavodsk war eine Stadt, die allein für die Produktion von Eisenwaren, Waffen und der Sicherung des Herrschaftsanspruches gegründet wurde. Ein Konzept von Peter dem Großen, welches sich über all durchsetzen sollte. Die ganzen sibirischen Stadtgründungen geschahen auch nach solchen Überlegungen.
Im Bezug auf den letzten Zaren Nikolaus den II hast du allerdings absolut Recht.

Peter förderte den Ausbau des Manufakturwesens, das ist in soweit richtig, aber Manufakturwesen ist noch lange keine Industrieproduktion im modernen Stil, sondern zum einen in der Leistung deutlich zurück, zum anderen basieren Manufakturen auf überschaubaren Anzahlen von Handwerkern, deren Konzentration die Gesellschaftsstruktur für sich genommen erstmal deutlich weniger beeinflusst als ein Massenheer von Fabrikarbeitern.
Erschwerend hinzu kommt, das Peter das Manufakturwesen brauchte um nicht mehr von den Handelswegen über Schweden (Ingermanien, Finnland, Livland und Estland waren zu der Zeit ja noch schwedisch) abhängig zu sein und somit den "Großen Nordischen Krieg" überhaupft führen zu können. Nach beendigung des Krieges wurden aber die Bemühungen dahingehend zurückgefahren und ein großer Teil der petrinischen Manufakturen, musste wegen des auf einmal Auftretenden Konkurrenzdrucks Mittel und Westeuropas, aus denen man, nachdem die Ostsee wieder frei war importieren konnte staatlich subventioniert oder wieder eingestampft werden und in der Folgezeit wurde seitens des Herrscherhauses eher zaghaft versucht zu modernisieren. Alexander II. versuchte sich in Modernisierungen, wurde zum Dank dafür allerdings in die Luft gesprengt, weil die Anarchisten zu diesem Zeitpunkt verrückt spielten, unter Alexander III. und Nikoaus II. wurde dann wieder eher weniger progressive Politik unternommen. Insofern hat Peter sich sicherlich darum bemüht die Dinge zu ändern, aber die Linie ist nach seinem Tod ziemlich ins Stocken geraten und benötigte ihrer Zeit auch keine gravierenden politischen Umwälzungen, zumal in Peters System zu großen Teilen Belegschaften aus Leibeigenen zusammengetrommelt und irgendwohin zum produzieren verplfanzt wurden, von wo sie dann auch bei erster Gelegenheit wieder desertierten, auch das brachte so seine Probleme.

Way of Blücher hat geschrieben:Da empfehle ich halt das Kapitel "Stadt aus Stahl" aus der Geo Epoche "Stalin" ab Seite 72. Ich denke, dass die Russen die Amerikaner einfach an Bord geholt haben, weil die große Revolution einfach zu viele gebildete Köpfe vertrieben, oder getötet hat. Mit den bestehenden gesellschaftl. Verhältnissen kurz nach dem Bürgerkrieg und unter der Herrschaft Stalins war es schlicht unmöglich die wirtschaftl. Pläne in so kurzer Zeit umzusetzen. Der Gewaltakt Russland unter Hilfenahme amerikanischer Ingenieure und Planer zu einem Stahlstaat zu machen, hat Stalin ja seinen Spitznamen erst eingebracht. Stahl war das Symbol für Stalins Wesen und Herrschaft, Magnitogorsk seine Schöpfung.

Du wirst es nciht glauben, aber das Heftchen hab ich gelesen, müsste, wenn ich mich da nicht täusche von 2010 oder 2011 sein. Der Haken daran ist, das hier, wenn ich mich recht entsinne auf die 1930er Jahre Bezug genommen wird. Die "Entkulackisierung", "Säuberung der Partei" und das große Morden insgesamt setzten allerdings frühestend ab 1928 ein, während zwischen dem Bürgerkrieg, der 1921 endete und diesem Punkt noch einige verhältnismäßig ruhige Jahre lagen und auf die beziehe ich mich im Wesentlichen.
Wenn man dieses Thema näher ausleuchten will, muss man bei den Gewalttaten zwischen den Begeliterscheinungen der Revolution und dem, was in der Stalinzeit nach Ausschalten der Opposition passierte trennen, sonst unterschlägt man völlig die NEP, dei teilweie die Privatwirtschaft wieder einführte um eben den wirtschaftlichen Bemühungen wieder Auftrieb zu geben, das war die Politik zum Ende der Lenin-Zeit hin, von "alles erschießen, was nicht Kommunist ist" kann dementsprechend keine Rede sein, ebenso wenig vom vollkommenen Abwürgen gebildeter Schichten und ähnlichem.
Was das angeht, kommen Tendenzen zum Tragen, die mit Stalins Linie und Gewaltexzessen verbunden sind, dass sind wie gesagt zwei völlig unterschiedliche Prozesse.


Geo Epoche Stalin hat geschrieben:Das noch immer agrarisch geprägte Land der Sowjets soll innerhalb weniger Jahre zur industriellen Großmacht werden. Auch um Angriffe des kapitalistischen Auslands abwehren zu können, mit denen die Parteiführer rechnen. (...) Die UDSSR, so glaubt Stalin, wird noch lange von Feinden umgeben sein. Der Aufbau des Sozialismus in dem Riesenreich ist daher sein erstes Ziel. Nicht um die Verbesserung des Lebensstandarts der Sowjetbürger geht es den Bolschewiki dabei in erster Linie, sondern um den Ausbau der Infrastruktur und Schwerindustrie. Staudämme, Kohlekraftwerke, Eisenbahnen, Kanäle und dazu Fabriken für Geschütze, Flugzeuge, Traktoren, Panzer und Lastwagen.(...)
Aber die Aufgabe war kaum lösbar, weil in der UDSSR nicht genug Ingenieure und Architekten zu finden waren, die diese Herausforderung bewerkstelligen konnten. (...) Woher sollte das nötige technische Wissen kommen?

Oder mit anderen Worten Stalins Vorstellung vom Aufbau des Sozialismus in einem Land, aber die entspricht in der Form nicht der ursprünglichen sowjetischen Doktrin, die auf Weltrevolution und kooperation setzte. Das es nicht genügend technisches Personal gab, hatte auch weniger mit Vernichtung des Selben zu tun, als viel mehr damit, dass durch Stalins paranoide Vorstellung jederzeit einen Krieg mit dem kapitalistischen Ausland führen können zu müssen, zu viele Großprojekte auf einmal angestoßen wurden, für eine Modernisierung im gemäßigten Tempo war durhaus Personal verfügbar und es wurde ja auch fleißig welches nachgezüchtet, somit war das Problem viel eher nicht die Vorstellung, was passieren sollte, sondern der Zeitrahmen oder anders ausgedrückt, Stalin wollte instant das, was bei vernunftgemäßem Betreiben 10-20 Jahre in Anspruch genommen hätte und weil dafür das Material fehlte, mussten dann eben gnadenlos Menschen verheitzt werden, dass war das Problem damit.
Die Grundlagen der Industrialisierung der Sowjetunion, die wie oben beschrieben aber in der angestrebten Veränderung der Bevölkerungsstruktur zu suchen sind, passierten lange bevor diese Exzesse losgetreten wurden. Insofern würde ich sagen, dass man die Hilfen aus dem Ausland, sowohl Deutschlands, wie anderswo her sicherlich als Verstärker der Entwicklung ansehen sollte, aber eben nicht als deren Urheber.


Way of Blücher hat geschrieben:Wer diesen Teil der Geo Epoche liest, wird zu dem Schluss kommen, dass Stalins Herrschaft und seine Sollbestimmungen allein unter zur Hilfenahme amerikanischer Unternehmer möglich war. Das die wichtigsten Produktionsstätten für Waffen östl. des Ural, also ca. 1500 km von jeder russischen Grenze entfernt, geplant und ausgeführt wurden, lässt einzig den Schluss zu, dass Russland bereits seit 1927, also mit der Machtübernahme Stalins, sich auf einen großen Konflikt vorbereitete. Das ganz neue und industrielle System des russischen Bolschewismus war auf radikale Zeiten eingestellt.
Obwohl bereits 1926 konkrete Pläne für die Industrialisierung Russlands vorlagen, war es Stalin, der sich dieser Pläne konkret annahm.
Das sich die Mehrheit der amerikanischen Stahlunternehmen und das Know High um diese Produktionverfahren in den Händen der Verwalter und Erben des dritt mächtigsten Mannes der US, dem Stahltycoon Andrew Carnegie befand, macht die Sache umso pikanter.

Das man einen Krieg gegen die UDSSR Stalins nur gewinnen konnte, wenn man so früh wie möglich angreift und so schnell wie möglich Moskau einnehmen und den Ural überwinden kann, sollte erklären warum die Operation Barbarossa so scheinbar verfrüht startete. Der finnisch-russische Krieg ließ die Wehrmacht hoffen, dass Russlands Armee damals noch schwach genug sei. Noch. Jeder weitere Tag des Zögerns hätte den Russen in die Hände gespielt und immer mehr Waffen hätten die Fabriken der UDSSR verlassen. Und wenn man zu lange gewartet hätte, dann wären die Russen irgendwann in der Lage gewesen rechtzeitig die Probleme der russischen Armee, die sich im Krieg mit Finnland offenbarten, zu beseitigen und das neue Ausbildungsprogramm würde dann kompetente Offiziere einsetzen.


Wie gesagt, konkrete Absichten die Industrialisierung vorran zu treiben, sind das Standart Rüstzeug jedes sozilistischen Theoretikers, denn sonst würde er sich ideologisch mit seinem spiritus rector Marx anlegen und sich damit unglaubwürdig machen, insofern die Linie das da konkret etwas getan werden muss, findet sich bei Lenin, Trotzkij und ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass man sie auch in anderer Form bei Sinowjew, Bucharin und anderen findet, die Frage ist eben das wie, sofern ist das nicht ungewöhnlich und der Planmäßige Ausbau der Industrie und andwirtschaft hatte unter Lenin wie gesagt längst begonnen.
Stalin bereitete sich immer auf einen Krieg mit dem Westen vor, diese paranoide Haltung ist charakteristisch für ihn, wobei das nicht zwangsläufig gleichbedeutend damit ist, das er auch einen losgetreten hätte (bevor man mit wieder mit der "Präventivkriegsthese" kommt).
Hildermeier bezeichnet in seiner "Geschichte der Sowjetunion" dieselbe sinngemäß als ein Land, das den Ausnahmezustand zur Normalität erhoben hatte und für die Stalinzeit trifft das sicherlich zu, das ist aber meine ich vor allem als Reaktion auf die fehlgeschlagene Kominternpolitik der 1920er Jahre reflektiert zu sehen, in wessen Händen sich welches Stahlkartell in den USA befand, halte ich in diesem Zusammenhang ehrlich gesagt für herzlich irrelevant.

Was den Krieg anbelangt, sicherlich hätte mehr Zeit für die sowjetische Armee mehr Waffen bedeutet, auf der anderen Seite, bedeutet eine extrem große Armee allerdings auch sehr lange Intervalle bei der Modernisierung ihrer Ausrüstung, das ist dann die Kehrseite, hängt davon ab, was man höher bewertet, allerdings denke ich, dass man den Standpunkt des letzten Absatzes auch durchaus stehen lassen kann.
Die Grundwerte der prämodernen Gesellschaftsordnung:

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Way of Blücher » 24. September 2016 19:02

Theoretiker, der sich als, in wie auch immer gearteter Weise als "marxistisch" betrachtet, auf keinen Fall um die Thematik des historischen Materialismus herumkommt, nach dessen Anschauung die gesellschaftliche Entwicklung der Entwicklung der Produktivkräfte folgt, weswegen, wenn man Marx ernst nimmt die Errichtung einer industriellen Gesellschaft notwendige Grundvorraussetzung für so etwas wie Sozialismus/Kommunismus ist.


Ich meinte, dass es zwar theoretisch so war, aber die praktische Umsetzung kam erst mit Stalin. Man wirft den Linken doch allgemein immer vor, dass sie nur reine Theoretiker und keine Praktiker sein.
Mag sein, dass auch zu Lenins Zeiten bereits Pläne und Ansätze ausgearbeitet wurden, aber Stalin war es, der sie massiv umsetzte, wie groß die ersten Umstrukturierungen unter Lenin waren, kann ich nicht genau sagen, ich weiß nur, dass es bereits erste Versuche in der Landwirtschaft gab, zahlreiche Bauernwirtschaften zu einer Kolchose zusammen zufassen.


stratege hat geschrieben:Dann noch eine Frage, wen exakt verstehst du unter "gebildeten Leuten der Mittelschicht Russlands"? Würde mich spontan interessieren, lässt für mcih nämlich darauf schließen, das du im Begriff bist den Fehler zu machen die Gesellschaftsstruktur der BRD oder der mittel- westeuropäischen Zwischenkriegszeit unreflektiert in das Russland der 1920er Jahre hinein zu interpretieren, eine generelle Abneigung gebildeten Personals aus den oberen gesellschaftlichen Schichten widerlegt sich schon dadurch, dass sich die Führungskader der Sowjets ("Avantgarde&Inteligenzija") genau daher rekrutierten.


Ich bin mir sicher, dass es in den städtischen Zentren in Russland und damals zählte ua. das Weichselland, also Polen (neben der Ukraine und den baltischen Ländern auch die Kaukasusstaaten) auch dazu, bereits größere Bevölkerungsanteile gab, die in Städten lebten und dort einem verhältnismäßigem Wohlstand fröhnten. St. Petersburg wird nicht umsonst das Tor zum Westen genannten und Petrosavodsk war lange Zeit mehr eine finnische, denn eine russische Stadt. Kurz um: In den russischen Städten gab es durchaus eine kleine Mittelschicht, die sich aus Kaufleuten und Unternehmern zusammen setzte, ihren Nachwuchs einer gewissen sekularen Bildung unterzog und in der Regel recht rege beschäftigt war. Ja, ich meine, dass es in Russland damals auch schon eine Mittelschicht gab, die der europäischen Bürgerschaft durchaus ähnlich war. Natürlich waren die gesellschaft. Verhältnisse in Russland anders, dennoch stellte diese städtische Mittelschicht einen eigenen Machtfaktor dar, auch wenn diese in Russland wesentlich geringer ausgeprägt war. Generell konnte man diese Bürgerschaft in den russisch-baltischen Städten der Hanse, bzw. Städte, die mal zur Hanse gehörte, auffinden. Moskau war die Stadt der Beamten und Wolgograd (Stalingrad) schon damals ein geschäftiger Umschalgeplatz. Saratow war die Hauptstadt der Wolgadeutschen, dort gab es vor allem eine ausgeprägte europäische Mittelschicht.
Im russischen Kontinentalland waren die Städte allerdings auch geprägt vom Kleinadel und den Junkern. Insgesamt herrschte ein Feudalsystem, "freie Städte" gabs aber auch in Russland.

Sicher werden die Bolschewiki und die Sowjets ihre Führungskader aus den Reihen der Avantgarde rekrutiert haben, nicht wenige dieser Leute waren sehr jung und mehr Theoretiker als Praktiker. Wie gesagt: Auch heute befinden sich die Linken ehr an den Hochschulen, Universitäten und öffentl. Einrichtungen, dafür aber weit weniger in der produktiven Marktwirtschaft.


stratege hat geschrieben:"gemäßigten Weißen" verstehst, ich sehe im weißen Lager des Bürgerkriegs nämlich herzlich wenig gemäßigte Elemente, viel mehr reaktionäre Hardliner.


Sicher wird es auch einige Hardliner und Loyalisten bei den "Weißen" gegeben haben, aber in erster Linie sind die "Weißen" die Reste der Menschewiki, also ua. auch des städtischen Bürgertums, die Reste des Adels, und einiger Ethnien z.B. der Kosaken, oder der Ukrainer, die nach Unabhänigkeit strebten und die die Bolschewiki daher nicht mochten. Zwar gelang es der Zentralregierung viele Arbeiter und die Massen der einfachen Leute in den Städten auf seine Seite zu ziehen, aber gerade außerhalb des russischen Kernlandes, also z.B. die ganzen Küstengebiete, wurden von der Propaganda aus Moskau nicht erreicht und organisierten sich daher häufiger im Widerstand und schlossen sich den "Weißen" an. Des Weiteren zog das Verhalten der Bolschewisten dort ersten Unmut auf sich, wo diese bereits ihre Reformen durchsetzen wollten. Wie z.B. bei den russischen Wehrbauern in Südwesttrussland. Die Donkossaken sind da das beste Beispiel.
Ja, es gab eine Militärdiktatur unter dem Admiral Koltschak, aber dies war schlicht notwendig, um ein Gegengewicht zu den Bolschewisten zu organisieren, welche das Kernland westl. des Urals hielten. Ob er dann wirklich die bürgerlichen Sozialdemokraten unterstützt hätte, bleibt durchaus fraglich. Gerade im unterentwickelten Sibirien hatten die Oppositionellen ihren größten Einfluss, aber auch westlich des Urals gab es starke weiße Kräfte, wie bereits erwähnt und auch bei wikipedia zu finden ist: "Neben den zivilen Intellektuellen der Städte und ausländischen Kräften ruhte die antikommunistische Bewegung aber noch auf zwei weiteren Säulen. Einerseits lehnten die Kosaken Sibiriens, die ebenfalls in Omsk ihr Zentrum besaßen, die Revolution ab."

Insgesamt hatten die Leute eben die Wahl zwischen den Bolschewisten und einer Restauration des Absolutismus, die einem Sieg der weißen Generäle sehr wahrscheinlich auf dem Fuß gefolgt wäre (die Liquidierung der Zarenfamilie kam sicherlich nicht von ungefähr).


Das wäre gut möglich. Aber ist es auch denkbar, dass die Zarenfamilie von den Bolschewiki einzig aus dem Grunde des Revanchismus für die Gräueltaten ihrer Polizei und ihres Geheimdienstes gegenüber der Bevölkerung ermordet wurde. Die tschechischen Söldner, die Jekaterinburg 3 Wochen nach der Ermordung der Zarenfamilie eroberten, waren den Sozialrevolutionären verpflichtet, die dem Zar zwar gemäßigter gegenüberstanden, ihn aber sicher nicht mehr an die Macht ließen.


stratege hat geschrieben:Wenn man dieses Thema näher ausleuchten will, muss man bei den Gewalttaten zwischen den Begeliterscheinungen der Revolution und dem, was in der Stalinzeit nach Ausschalten der Opposition passierte trennen, sonst unterschlägt man völlig die NEP, dei teilweie die Privatwirtschaft wieder einführte um eben den wirtschaftlichen Bemühungen wieder Auftrieb zu geben, das war die Politik zum Ende der Lenin-Zeit hin, von "alles erschießen, was nicht Kommunist ist" kann dementsprechend keine Rede sein, ebenso wenig vom vollkommenen Abwürgen gebildeter Schichten und ähnlichem.


Das ist sehr interessant, von der NEP wusste ich unter diesem Schlagbegriff zumindest nicht so viel. Aber selbst wikipedia schreibt dazu:

Wikipedia: Bucharins Position zur NEP hat geschrieben:
„Ich wiederhole, ich bestehe darauf, die Notwendigkeit der Kriegspolitik führte unweigerlich zum Fall der Produktion in der ökonomischen Sphäre, doch jetzt, wo das politische Ziel erreicht ist, wo unsere Macht gefestigt und die Diktatur des Proletariats errichtet ist – die Hegemonie des Proletariats ist ein sicheres Faktum, und jetzt besteht nur mehr die Notwendigkeit, die Produktivität voranzutreiben, um die Diktatur des Proletariats aufzubauen.“

Nachdem der „Sozialismus“ erschaffen und gesichert sei – so forderte er – ist die Produktivität voranzutreiben. Die Bauern sollten die Preise und die Produktion selbständig gestalten können. Die Umverteilung für den Aufbau der Industrie könne durch die Steuern erfolgen. 1929 formulierte Bucharin – als Programm der sowjetischen Gesellschaft – „Bereichert Euch!“, was nicht nur materiell, sondern vornehmlich kulturell gemeint war und einen weiteren Abbau der Kommandowirtschaft einschloss. Stalin bezeichnete diese Richtung als „rechte Opposition“ und setzte, um den vollständigen Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion zu erreichen, auf den „Klassenkampf auf dem Dorf“ im Rahmen der „Kollektivierung der Landwirtschaft“.


Insofern würde ich sagen, dass man die Hilfen aus dem Ausland, sowohl Deutschlands(...)


Mh... Der Kaiser hat zwar Lenin in einem Panzerzug nach Russland eskortieren lassen und viele Jahre zuvor gab es unter Katharina der Großen eine Ansiedelung von deutschen Handwerkern, Bauern und Geschäftsleuten an der Wolga, aber inwiefern eine größere Unterstützung der Weimarer Republik zum wirtschatl. Ausbau der Sowjetunion stattfand, entzieht sich meinem Wissen.

stratege hat geschrieben:Wie gesagt, konkrete Absichten die Industrialisierung vorran zu treiben, sind das Standart Rüstzeug jedes sozilistischen Theoretikers, denn sonst würde er sich ideologisch mit seinem spiritus rector Marx anlegen und sich damit unglaubwürdig machen


Aber was ist mit den roten Khmer? Diese waren Maoisten und als Maoist sollte man auch zumindest teilweise an die Theorie von Marx glauben. Warum aber taten es diese nicht? Warum wollten diese gerade die Abkehr von der Urbanisierung und Industrialisierung, obwohl es auch Kommunisten waren?


stratege hat geschrieben:Stalin bereitete sich immer auf einen Krieg mit dem Westen vor, diese paranoide Haltung ist charakteristisch für ihn, wobei das nicht zwangsläufig gleichbedeutend damit ist, das er auch einen losgetreten hätte


Und was ist mit Finnland, dem Winterkrieg? Warum hat die russische Armee 1941 nur Artilleriecode-Karten von Mittel- und Westeuropa, aber nicht vom eigenen Territorium gehabt?
Das sieht mehr an einem geplanten Angriff aus und der Winterkrieg mit Finnland war ein Testgelände.


Stalinzeit trifft das sicherlich zu, das ist aber meine ich vor allem als Reaktion auf die fehlgeschlagene Kominternpolitik der 1920er Jahre reflektiert zu sehen, in wessen Händen sich welches Stahlkartell in den USA befand, halte ich in diesem Zusammenhang ehrlich gesagt für herzlich irrelevant.


Nun ja, Andrew Carnegie beherrschte praktisch fast die gesamte Stahlindustrie der USA und war somit einer der 3 reichsten Menschen von Amerika. Obwohl er in enger Verbindung zu den Rockefellern und dem Bankenkartell der Morgans und Rothschilds stand, soll er ein Philanthrop gewesen sein und daher viele öffentl. Bildungseinrichtungen in den USA finanziert haben. Dass es Unternehmer sind, die sicher auch mal zu seiner Stahlbranche gehört haben, die einige Jahrzehnte später helfen die Kernindustire der UDSSR zu errichten, finde ich sehr interessant.
"Die Wahrheit triumphiert nie, ihre Gegner sterben nur aus." Max Planck

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Stratege » 25. September 2016 01:23

Way of Blücher hat geschrieben:
Ich meinte, dass es zwar theoretisch so war, aber die praktische Umsetzung kam erst mit Stalin. Man wirft den Linken doch allgemein immer vor, dass sie nur reine Theoretiker und keine Praktiker sein.
Mag sein, dass auch zu Lenins Zeiten bereits Pläne und Ansätze ausgearbeitet wurden, aber Stalin war es, der sie massiv umsetzte, wie groß die ersten Umstrukturierungen unter Lenin waren, kann ich nicht genau sagen, ich weiß nur, dass es bereits erste Versuche in der Landwirtschaft gab, zahlreiche Bauernwirtschaften zu einer Kolchose zusammen zufassen.

Sehe ich ein bisschen anders. Richtig ist, dass die wirtschaftlichen Erfolge ab Mitte der 1930er Jahre wirklich spührbar werden, aber so etwas fällt nicht vom Himmel, da steckt noch reichlich Vorlaufzeit dahinter. Du hast Magnitogorsk als Beispiel für Stalins Aktivitäten auf diesem Sektor heran gezogen, also lass uns mal dabei bleiben.
Die Stadt wurde ab Ende der 20er aufgebaut und war innerhalb weniger Jahre zummindest rudimentär fertig und sie ist ein Paradebeispiel, für solche, aber keineswegs das einzige Mamutprojekt gewesen. Ich würde an der Stelle einfach mal in den Raum werfen, wenn gegen Ende der 1920er Jahre bereits know how und Material, Maschinen etc. da waren um eine mittelgroße Stadt mal eben innerhalb weniger Jahre aus dem Boden zu stampfen, nebst anderen Großprojekten, dann muss die Industrialisierung bereits an disem Punkt durchaus nennenswerte Ausmaße besessen haben, denn ansonsten hätte man an so etwas überhaupt nicht denken können.
Daraus wäre abzuleiten, dass auch ganz praktisch ein ordentlicher Teil der Industrialisierung schon in der NEP-Zeit erfolgt sein muss, wie gesagt, die Ausmaße werden unter Stalin deutlich sichtbarer, was aber vermutlich auch einfach damit zusammenhängt, dass das Wachstum von Produktionsmassen bei Industrialisierung sich gerne mal exponentiell verhällt, bevor es sich irgendwann mal auf hohem Niveau stabilisiert.

Way of Blücher hat geschrieben:Ich bin mir sicher, dass es in den städtischen Zentren in Russland und damals zählte ua. das Weichselland, also Polen (neben der Ukraine und den baltischen Ländern auch die Kaukasusstaaten) auch dazu, bereits größere Bevölkerungsanteile gab, die in Städten lebten und dort einem verhältnismäßigem Wohlstand fröhnten. St. Petersburg wird nicht umsonst das Tor zum Westen genannten und Petrosavodsk war lange Zeit mehr eine finnische, denn eine russische Stadt. Kurz um: In den russischen Städten gab es durchaus eine kleine Mittelschicht, die sich aus Kaufleuten und Unternehmern zusammen setzte, ihren Nachwuchs einer gewissen sekularen Bildung unterzog und in der Regel recht rege beschäftigt war. Ja, ich meine, dass es in Russland damals auch schon eine Mittelschicht gab, die der europäischen Bürgerschaft durchaus ähnlich war. Natürlich waren die gesellschaft. Verhältnisse in Russland anders, dennoch stellte diese städtische Mittelschicht einen eigenen Machtfaktor dar, auch wenn diese in Russland wesentlich geringer ausgeprägt war. Generell konnte man diese Bürgerschaft in den russisch-baltischen Städten der Hanse, bzw. Städte, die mal zur Hanse gehörte, auffinden. Moskau war die Stadt der Beamten und Wolgograd (Stalingrad) schon damals ein geschäftiger Umschalgeplatz. Saratow war die Hauptstadt der Wolgadeutschen, dort gab es vor allem eine ausgeprägte europäische Mittelschicht.
Im russischen Kontinentalland waren die Städte allerdings auch geprägt vom Kleinadel und den Junkern. Insgesamt herrschte ein Feudalsystem, "freie Städte" gabs aber auch in Russland.

Polen, das Baltikum und auch die Ukraine gingen aber mit dem Brest-Litowsker Vertrag verloren, somit, waren deren Bevölkerungen zummindest bis die Ukraine im laufe des Bürgerkriegs wieder unter Moskauer Fuchtel geriet nicht wirklich relevant. Sichelich, städtisches Bürgertum gab es, nur lebte der Großteil der Bevökerung immernoch auf dem Land. Hinzu kommt noch ein anderer kultureller Aspekt, nämlich der, das wenn man sich im System nur weit genug hoch arbeitete, man automatisch in den Adelsstand erhoben wurde und dieser wurde ab einem gewissen Grad sogar erblich (auf diese Weise kam übrigens auch Lenin selbst in den Genuss von Haus aus her dem Adelsstand anzugehören, dat weiß heute auch kein Schwein mehr), was mit einen Grund für die dominante Rolle des Adels in Russland spielen dürfte.
Eine leistungsorientierte Mittelschicht gab es im Zarenrei deswegen in der Form nicht, weil die soziale Mobilität erstmal noch wesentlich geringer war als anderswo (in Russland wurde die Leibeigenschaft erst eingeführt, als sie im übrigen Europa schon fast wieder abgeschafft war und blieb bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bestehen. Will heißen, dass noch 50 Jahre vor der Oktoberrevolution ein großer Teil der Russischen Bevölkerung an Scholle und Grundherrn gebunden waren. Danach waren sie zwar formal frei, mussten sich diese Freiheit aber erkaufen, indem sie ihre Grundherren finanziell zu entschädigen hatten, was mal gut und gerne 20-30 Jahre dauern konnte, womit die erste Generation von der Aufhebung der Leibeigenschaft überhaupt nichts mehr hatte.) weiterhin existierten immernoch die Adelsprivilegien, die die bürgerliche Mittelschicht in ihrer Entfaltung beschnitt und nciht zu letzt die Tatsache, dass die wirklich leistungsfähigen Köpfe aus der Mittelschicht heraus in den Adellstand hinein befördert wurden (geht im Kern übrigens ebenfalls auf die petrinische Reformära zurück), aus diesen Gründen war mit Mittelschicht in Russland im Grunde nicht viel.
Sicherlich, in den großen Metropolen, in Petersburg, Moskau etc. spielte Bürgertum eine Rolle, aber lange nicht die herausragende wie im übrigen Europa, schon allein aus dem Grunde, weil diejenigen, die wirklich etwas schafften sehr schnell nicht mehr dazu gehörten.

Way of Blücher hat geschrieben:Sicher werden die Bolschewiki und die Sowjets ihre Führungskader aus den Reihen der Avantgarde rekrutiert haben, nicht wenige dieser Leute waren sehr jung und mehr Theoretiker als Praktiker. Wie gesagt: Auch heute befinden sich die Linken ehr an den Hochschulen, Universitäten und öffentl. Einrichtungen, dafür aber weit weniger in der produktiven Marktwirtschaft.


Das hat aber, glaube ich weniger damit zu tun, ob man theoretisch oder praktisch veranlagt ist, wenn jemand aus politischen Beweggründen das Wirtschaftssystem ablehnt, wird er sich darin nicht unbedingt einen Platz suchen wollen, insofern ist eine Arbeit beim Staat oder sonstwo, nur außerhalb eines marktwirtschaftlichen Betriebes mit der eigenen Weltanschauung vermutlich besser zu vereinbaren. Letztendlich sind die Bolschewisten aber eine Splittergruppe der europäischen Arbeiterbewegung des 19. jahrhunderts gewesen und die kam durchaus direkt aus den Betrieben [Bismarcks Sozialistengesetze kamen nicht von ungefähr und die zielten sicherlich nicht auf ein paar an einer Uni herumlungernde theoretiker ab), was wohl zu konstatieren sein dürfte, ist ein Unterschied zwischen Spitzenkadern und Basis.

Way of Blücher hat geschrieben:Sicher wird es auch einige Hardliner und Loyalisten bei den "Weißen" gegeben haben, aber in erster Linie sind die "Weißen" die Reste der Menschewiki, also ua. auch des städtischen Bürgertums, die Reste des Adels, und einiger Ethnien z.B. der Kosaken, oder der Ukrainer, die nach Unabhänigkeit strebten und die die Bolschewiki daher nicht mochten. Zwar gelang es der Zentralregierung viele Arbeiter und die Massen der einfachen Leute in den Städten auf seine Seite zu ziehen, aber gerade außerhalb des russischen Kernlandes, also z.B. die ganzen Küstengebiete, wurden von der Propaganda aus Moskau nicht erreicht und organisierten sich daher häufiger im Widerstand und schlossen sich den "Weißen" an. Des Weiteren zog das Verhalten der Bolschewisten dort ersten Unmut auf sich, wo diese bereits ihre Reformen durchsetzen wollten. Wie z.B. bei den russischen Wehrbauern in Südwesttrussland. Die Donkossaken sind da das beste Beispiel.
Ja, es gab eine Militärdiktatur unter dem Admiral Koltschak, aber dies war schlicht notwendig, um ein Gegengewicht zu den Bolschewisten zu organisieren, welche das Kernland westl. des Urals hielten. Ob er dann wirklich die bürgerlichen Sozialdemokraten unterstützt hätte, bleibt durchaus fraglich. Gerade im unterentwickelten Sibirien hatten die Oppositionellen ihren größten Einfluss, aber auch westlich des Urals gab es starke weiße Kräfte, wie bereits erwähnt und auch bei wikipedia zu finden ist: "Neben den zivilen Intellektuellen der Städte und ausländischen Kräften ruhte die antikommunistische Bewegung aber noch auf zwei weiteren Säulen. Einerseits lehnten die Kosaken Sibiriens, die ebenfalls in Omsk ihr Zentrum besaßen, die Revolution ab."

Die meisten nichtrussischen Nationalitäten standen zummindest zu Beginn den Sowjets aber weit näher als einer Restauration der alten großrussischen Verhältnisse, die garantierten zummindest ein gewisses Maß an Autonomie (das freilich, nachdem der militärische Druck von außen weg war in großen teilen wieder einkassiert wurde), von Seite der Weißen her ist mir das ehrlich gesagt nicht bekannt. Die Menschewiki, wie auch die linken Sozialrevolutionäre sind beides Parteien gewesen, deren Anhängerschaften sich aufspalteten und in Teilen zu beiden Seiten überliefen, wie die Verhältnisse genau aussahen, in zahlen, damit bin ich überfragt. Gerade in den ländlichen Gebieten kam die Propaganda oft nur nciht an, sondern wurde vom analphabetischen Landvolk auch oft nicht verstanden, wenn sie denn ankam oder ging völlig an den Interessen der Bauern vorbei. Die Bolschewiki konnten die Bauern mit dem Versprechen der Bodenreform kurzfristig kaufen, aber nciht langfristig binden. In den Städten, wo die Arbeiterschaft den Ton angab und auch das Bürgertum eine gewisse Rolle spiele, hatten sie dagegen einen relativ festen Stand.

Zu den Weißen: Selbst wenn diese "nur" eine bürgerlich-sozialdemokratische Regierung unterstätzt hätten und nicht eine Widerherrstellung der Monarchie, hätten dennoch alle, die sich am Sturz Kerenskijs beteiligt hatten, in welcher Form auch immer um Ihr Leben zu fürchten gehabt und deswegen gute Gründe dagegen zu halten. Hinzu kommt, das Koltschak eine Episode der weißen Bewegung gewesen ist, aber nciht die weiße Bewegung schlechthin, die sehr heterogen aufgestellt war.
Koltschaks vorgänger als einer der Köpfe der Weißen war Kronilov und der betrachtete bereits das gemäßigte Regime Lwow's und Kerenskijs als Grund Truppen in Richtung Petersburg in Marsch zu setzen (mit verherenden politischen Folgen), woher also die Gewissheit nehmen, was Koltschak genau unterstützt und woher die Gewissheit nehmen, das er auch Kopf der Weißen bleibt und nicht einem anderen Hardliner weichen muss, wenn seine Position von der eigenen Seite als zu milde empfunden wird? Zwilichtige Gestalten gab es unter den weißen ebenfalls zu genüge, bestes Beispiel dieser Herr hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Roman_von_Ungern-Sternber.
Dann kommt noch ein anderer Aspekt hinzu: Eine Bewegung oder regierung abzulehnen bedeutet nicht automatisch, sich nicht mit ihr arrangieren zu können. In Deutschland gab es auch genügend Leute, die die Weimarer Republik entwder aus linker oder rechter Richtung kommend ablehnten, trotzdem ist der Republik nicht die halbe Bevölkerung weggelaufen, auch nicht als Privilegien liquidiert und Vermögensstände einkassiert oder entwertet wurden.
was man darber hinaus auch nicht vergessen darf ist, dass die Sowjetunion zu Beginn auch eine gewisse Anziehungskraft auf diejengen hatte, die im anderswo in Europa nicht mehr unbedingt eine Perspektive für ihre Zukunft sahen.

Way of Blücher hat geschrieben:Das wäre gut möglich. Aber ist es auch denkbar, dass die Zarenfamilie von den Bolschewiki einzig aus dem Grunde des Revanchismus für die Gräueltaten ihrer Polizei und ihres Geheimdienstes gegenüber der Bevölkerung ermordet wurde. Die tschechischen Söldner, die Jekaterinburg 3 Wochen nach der Ermordung der Zarenfamilie eroberten, waren den Sozialrevolutionären verpflichtet, die dem Zar zwar gemäßigter gegenüberstanden, ihn aber sicher nicht mehr an die Macht ließen.

Da halte ich ehrlich gesagt für unwahrscheinlich und zwar deswegen, weil sie sich damit um die propagandistische Möglichkeit eines Schauprozesses gebracht hätten. Die gesammte Familie aufs Schaffott zu bringen, wäre da sicherlich nicht ganz so leicht geworden, was aber den Ex-Zaren selbst betrifft, für dessen Hinrichtung hätten sich genug Dinge gefunden, beispielsweise, das er 1905 in Petersbrug Demonstranten hat zusammenschießen lassen, das Land in den Russisch-Japanischen und dann in den ersten Weltkrieg etztlich hineinmnövriert zu haben etc. Wenn ich die Bolschewisten gewesen wäre, ich hätte das zum Anlass genommen nen großen öffentlichkeitswirksamen Schauprozess samt Hinrichtung o.ä. anzuberaumen, das hätte wesentlich mehr Resonanz gehabt als die gesamte Family in irgendeinem abgelegenen Keller zu ermorden und zu verscharren, weil man vermutlich der Reaktion propagandistsch den Wind aus den Segeln hätte nehmen können, wäre der Zar einfach öffentlichkeitswirksam als Kriegsverbrecher verurteilt worden.


Way of Blücher hat geschrieben:Das ist sehr interessant, von der NEP wusste ich unter diesem Schlagbegriff zumindest nicht so viel. Aber selbst wikipedia schreibt dazu:

Wikipedia: Bucharins Position zur NEP hat geschrieben:
„Ich wiederhole, ich bestehe darauf, die Notwendigkeit der Kriegspolitik führte unweigerlich zum Fall der Produktion in der ökonomischen Sphäre, doch jetzt, wo das politische Ziel erreicht ist, wo unsere Macht gefestigt und die Diktatur des Proletariats errichtet ist – die Hegemonie des Proletariats ist ein sicheres Faktum, und jetzt besteht nur mehr die Notwendigkeit, die Produktivität voranzutreiben, um die Diktatur des Proletariats aufzubauen.“

Nachdem der „Sozialismus“ erschaffen und gesichert sei – so forderte er – ist die Produktivität voranzutreiben. Die Bauern sollten die Preise und die Produktion selbständig gestalten können. Die Umverteilung für den Aufbau der Industrie könne durch die Steuern erfolgen. 1929 formulierte Bucharin – als Programm der sowjetischen Gesellschaft – „Bereichert Euch!“, was nicht nur materiell, sondern vornehmlich kulturell gemeint war und einen weiteren Abbau der Kommandowirtschaft einschloss. Stalin bezeichnete diese Richtung als „rechte Opposition“ und setzte, um den vollständigen Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion zu erreichen, auf den „Klassenkampf auf dem Dorf“ im Rahmen der „Kollektivierung der Landwirtschaft“.


Das ist, würde ich meinen einfach der Qalitative Unterschied zwischen der prästalinistischen und der stalinistischen Sowjetunion. Lenin und Konsorten konnten grausam sein, wenn es um Überleben und Macht ging (wie jedes andere Regime auch) hatten aber zumindest insoweit einen Sinn für Rationalität, als dass sie, als klar wurde, dass es, wie man es sich vorgestellt hatte in absehbarer Zeit nicht laufen würde ihre Politik den Tsatsachen anpassten, etwas das Stalin völlig abging. Wenn bei Stalin Anspruch und Wirklichkeit auseinandergingen musste das für gewöhnlich irgendwer mit seinem Kopf büßen, damit Stalin nicht eingestehen musste, dass er Fehler gemacht hat und das durften auch gerne ein paar mehr Köpfe sein.
Nur sind das Entwicklungen, die nicht direkt mit der Oktoberrevolution zusammenhingen sondern erst ab dem Ende der 1920er Jahre heraufzogen.


Way of Blücher hat geschrieben:Mh... Der Kaiser hat zwar Lenin in einem Panzerzug nach Russland eskortieren lassen und viele Jahre zuvor gab es unter Katharina der Großen eine Ansiedelung von deutschen Handwerkern, Bauern und Geschäftsleuten an der Wolga, aber inwiefern eine größere Unterstützung der Weimarer Republik zum wirtschatl. Ausbau der Sowjetunion stattfand, entzieht sich meinem Wissen.

Gab es definitiv auch recht konkret in Form von Wissenstransfer und Aufbauhilfe für Produktionsstätten und technisches Personal. Hing einfach damit zusammen, das Deutschland auf Importe aus der Sowjetunion angewiesen war z.b. war wie gesagt die deutsche Landwirtschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter die Räder gekommen, weil wegen Eisenbahn und Dampfschiffahrt einfach zu große Mengen zu entsprechend geringeren Preisen aus Indien, den USA und Russland herangeschafft werden konnten, so das die eigene Landwirtschaft schrumpfte und Ostelbien, polemisch ausgedrückt zu Beginn des Weltkrieges wahrscheinlich die größte, zusammenhängende Insolvenzmasse Europas darstellte. Man versuchte zwar die eigene Produktion durch Schutzzölle zu erhalten, das funktionierte aber nur mäßig, zumal ja auch die Bevölkerungszahl durch die Decke ging, ca. 60 Millionen erreichte und die mit den eigenen Agrarprodukten nicht mehr selbst ständig zu versorgen gewesen war.
Durch den Versailler Vertrag verlor man dann mit Westpreußen und Posen noch zwei Gebiete, mit dünner Besiedlung und viel Ackerland, die Proportionen zwischen Bauland und Bevölkerung wurden also tendenziell noch ungünstiger. Ergo musste man importieren, was aber nciht mehr ging, da infolge von Reperationsfrage etc. Reichsmarkse im Vergleich zu Dollars, Pfund oder Franc im Kurs dermaßen in den Keller gingen, das Konsum zu vernünfteigen Konditionen nicht mehr möglich war. Ebenso stand es mit den Rohstoffen für die Industrie. Die Weimarer Republik war von Beginn an kompet importabhängig, verfügte aber über keinerlei Reserven stabiler Währung, zudem dauerte es einige Zeit die Verhältnisse, gerade zu Frankreich so zu normalisieren, das funktionierender Handel wieder möglich wurde. Aus diesen Gründen und noch einigen anderen ( "schwarze Reichswehr") blieb der weimarer Politik gar nichts anderes übrig, als eine massive wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Sowjets, was ein Zustand war, der in Teilen die gesammten 1920er Jahre durchgezogen und erst mit Hitler revidiert wurde, die Sowjets wiederrum brauchten unbedingt einen Absatzmarkt für Rohstoffe, weil sie zu Beginn eben nichts anderes anzubieten hatten, so ergänzte man sich eben, Rohstoffe und Truppenausbildung für Deutschland, im Austausch für Konsumgüter, Maschinen und Aufbauhilfe für die Sowjetunion.
In diesem Zeitraum dürften wiederrum die Amerikaner keine nennenswerte Rolle gespielt haben, ganz einfach deswegen, weil es in dieser Zeit zwischen der Sowjetunion und den USA lange zeit überhaupt keine diplomatischen Beziehungen gab, mitunter wohl auch deswegen, weil die Sowjetunion sich weigerte die Kriegsschulden des Zarenreichs anzuerkennen und abzuzahlen, von demher wird in den 20ern die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den vereinigten Staaten und der Sowjetunion eher marginal anzusetzen sein, wenn überhaupt.

Way of Blücher hat geschrieben:Aber was ist mit den roten Khmer? Diese waren Maoisten und als Maoist sollte man auch zumindest teilweise an die Theorie von Marx glauben. Warum aber taten es diese nicht? Warum wollten diese gerade die Abkehr von der Urbanisierung und Industrialisierung, obwohl es auch Kommunisten waren?

Ich will das mal herunter brechen:
Warum gab es im Mittelalter keine bürgerliche Demokratie (zummindest nicht in größeren Verwatungseinheiten), Schul- und Gesundheitssysteme, Armenfürsorge, Unfallhilfe etc?

Idealistischer Standpunkt: Das konzept war noch nicht entwickelt.

Materialistischer Standpunkt: konzepte mag es im Ansatz gegeben haben, aber der wirtschaftliche Stand erlaubte nicht sie weiter vorran zu treiben

Die auf Marx aufbauenden Theorien gehen mahr oder minder alle von der Vergesellschaftung/Verstaatlichung von Produktionsmitteln, das heißt bis zu einem gewissen Grad der Negierung von Privateigentum aus. Sich von Teilen des eigenen Besitzes zu trennen kann für einen Menschen aber erst zu dem Zeitpunkt in Betracht kommen, in dem er materiell abgesichert ist, denn sonst wäre das gleichbedeutend mit Selbstzerstörung.
Bedeutet: Eine Gesellschaft muss, bevor das Individuum erwägen kann seinen Privatbesitz an Produktionsmitteln aufzugeben eine Überflussgesellschaft geworden sein, die so viel für sich selbst produziert, dass sie alle ihr angerhörigen Personen damit gut durch bekommt und das ist in einer agrarisch-handwerklichen Gesellschaft niemals der Fall, der Produktionsoutput ist viel zu gering, als dass dies funktionieren könnte.
Anders ausgedrückt, bevor Produktionsmittel unter Wahrung des sozialen Friedens abgetreten werden können, müssen sie ihren Charakter verändern, von einem lebensnotwendigen Werkzeug weg, hin zu einem Luxusgut, dass nur noch der Profitorientierung dient und nicht mehr dem eigentichen wirtschaftlichen Überleben.
Ist diese Schwelle der Produktionsleistung nicht überschritten, kann eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel in keinem Fall zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung führen, sondern allenfalls zu Mord und Totschlag, weil man den Leuten nicht verdenken kann, dass sie nicht akzeptieren können, dass man ihnen mal eben ihre Lebensgrundlage entzieht, deswegen ist eine tatsächliche sozialistische Gesellschaftsordnung in einem Agrarstaat nicht denkbar.
Wer dises Element nicht berücksichtigt ist kein Marxist im engeren Sinne und bewegt sich auf (für seine Umwelt) verdammt gefährlichen Abwegen.

Was nun den Genossen Mao betrifft, der versuchte genau dass, was man in der frühen Sowjetunion auch versuchte, nämlich die Industrialisierung so schnell als möglich nachzuholen um einen tragbaren Zustand herzustellen ("großer Sprung nach vorn"), hat nur nciht funktioniert, unter anderem deswegen, weil das industrielle Leistungsniveu Chinas mit ziemlicher Sicherheit noch beschissener war als das der frühen Sowjetunion und die Zeitpläne und Zeilvorstellungen daher noch aberwitziger und realitätsferner als dort, was sich dann auch an den Opferzahlen bemessen lässt.
Bei Marx ist vorgesehen, das eine Gesellschaft eine bürgerlich kapitalistische Phase durchlaufen muss, um die Produktionsmittel zu konzentrieren (Urbanisierung und Entstehen von Großkonzernen mit entsprechenden Produktionsstätten) und den industriellen Output massiv zu erhöhen, um zum einen Arbeitskräfte für andere Aufgaben frei zu bekommen und eben ein Produktionsniveau zu erreichen, das Vergesellschaftungen sinnvoll statt tödlich werden lässt, das wird bei Mao allenfalls noch peripher aufgegriffen, bei den Roten Khmer ist mir nicht bekannt, dass man das überhaupt angegangen wäre, wobei ich sagen muss, das ich über letztere kaum mehr weiß, als die astronomischen Opferzahlen, da ist China für mich das bessere Beispiel.
Schauen wir uns China heute mal an, es nennt sich selbst ja immer noch einen kommunistisch/sozialistischen Staat. Entspricht das aber der Gesellschaftsordnung oder ist das einfach nur ein Laibe, dass den Funktionären ihre Darseinsberechtigung stiftet? Ich würde sagen, die sozialen Gegensätze in China erinnern wohl eher an das Idealbild von Kapitalismus als an das irgendeiner sozialistischen Theorie, insofern muss das, was drauf steht noch lange nicht drinn sein, die katholische Kirche bezeichnet sich ja auch als christlich. Ist die Existenz von mit Edelmetall vollgestopften Prunkbauten in Italien, Südeuropa, vor allem auch Lateinamerika, im Angesicht dessen, dass in den Elendsvierteln nebenan die Leute verrecken, weil ihnen nichts bleibt ein besonders christliches Verhalten oder müsste man da nicht eigentlich den eigenen Grundsätzen gemäß .... aber ich schweife zu weit ab, nachher gibts noch auf die Mütze wegen aktueller, politischer Inhalte.

Hinzu kommt, dass es ja durchaus noch andere Motive gab, als überzeugter Marxist zu sein, um sich zu einem solchen zu erklären, das konnte immerhin die Fahrkarte für Waffenhilfe vom großen Bruder aus Moskau sein, was sicherlich, egal ob es den eigenen Überzeugungen nun entspricht oder man sich mit der Theorie überhaupt einmal eingehend auseinander gesetzt hat sicherlich eine sehr willkommene Angelegenheit ist, wenn einem der Bürgerkreigsgegner auf die Pelle rückt oder seine blutrünstige Ex-Kolonialmacht möglicherweise wieder vor der Tür steht, das sollte man dann auch berücksichtigen.
Wie gesagt, von den Roten Khmer weiß ich wenig, Mao hatte mit theoretischen Abhandlungen nicht viel am Hut. Was er auf diesem Gebiet hinterlassen hat ist sein berüchtigtes Rotes Buch, dessen Inhalt aus Sprüchen besteht, die in etwa so beliebig sind, dass man sie auch in Glückskexe einbacken könnte, ich bezweifle, das der Mann besonders theoriefest gewesen ist.
Als anderes Beispiel hätte ich in die Richtung ad hoc noch Ho Chi Minh (Vietman) anzubieten, den hab ich gerade wegen einer Seminararbeit auf dem Tisch liegen. Der Mann ist schon in den 1920er Jahren in dei kommunistische Patei Frankreichs eingetreten, in die Sowjetunion gegangen etc. nur ist die gesamte theoretische Anschauung offensichtlich an ihm vorbei gegangen, wenn man seine Reden aus der Zeit liest, hat der genau zwei Themen:
1. Die Arbeiter werden ungerecht behandelt, hört auf damit (aber spezifischer wird es nicht)
2. Imperilaismus (besonders der französische, weil der seine Heimatprovinz Annam betrifft) ist böse und möge bitte eingestellt werden.
Lenin fand er gut, weil der seiner Zeit ma was von antiimperialistischen Bestrebungen faselte, ungeachtet dessen, dass all das nach dem Bürgerkrieg praktisch ein Ende hatte, weill heißen, selbst darin war der Mann noch inkonsequent.

Das sind seine einzigen Themen und das ist sein politischer Horizont, da ist jetzt nichts spezifisch marxistisches drann, sondern das sind Allerweltsforderungen, die von jedem kommen können, wenn er nciht unbedingt Imperialismusbefürworter oder Großindustrieller ist. Wenn es sich mit dem theoretischen Horizont bei Mao und den Roten Khmer ähnlich aussah, völlig egal ob sie sich fälschlicher Weise für Marxisten hielten oder nicht, ist auch völlig klar, warum das schief laufen musste, das tragische daran ist nur, dass man jetzt wirklich kein Genie sein muss um diese Zusammenhänge zu begreifen, wenn man sie theoretisch einmal angeboten bekommt.

Way of Blücher hat geschrieben:Und was ist mit Finnland, dem Winterkrieg? Warum hat die russische Armee 1941 nur Artilleriecode-Karten von Mittel- und Westeuropa, aber nicht vom eigenen Territorium gehabt?
Das sieht mehr an einem geplanten Angriff aus und der Winterkrieg mit Finnland war ein Testgelände.[/qoute]
Soweit ich weiß wollte man in Richtung Finnland im wesentlichen zwei Dinge erreichen:
1. Die karelische andenge unter Kontrolle bekommen um Leningrad nach Westen hin zu sichern.
2. Die Möglichkeit einer Stationierung deutscher Truppen in Finnland, für alle Fälle unterbinden um der Möglichkeit vorzubeugen, dass die Finnen, die sich durch die SU bedroht sehen mussten mit den Deutschen im Falle eines Falles gemeinsame Sachen machten.
Die Artilleriakarten-Diskussion hatten wir schonmal, damals war man bei offensiver Verteidigung als Argumet gelandet, davon scheinst du dich nicht beeindrucken zu lassen, also möchte ich es mal mit einem anderen Gegenargument versuchen:
Nach der Vereinnahmung Polens begannen die Sowjets mit der Demontage der Stalin-Linie an der ehemaligen Grenze zu Polen und der Errichtung der Molotow-Linie an der jetztigen deutschen Grenze.
Wenn die tatsächlich angreifen wollten, warum das? Warum Investitionen von Unmengen von Geld und Ressourcen in einen Festungsgürtel der nach geplanter Eroberung dann völlig nutzlos wäre, wenn man von dem Material auch dringend benötigte Versorgungsstraßen bauen und Panzerdivisionen für einen Angriff aufstellen könnte?
Ist doch vollkommen unsinnig, wenn man tatsächlich von einem Angriff ausgeht und das verschlung wirklich verdammt viel Beton und Stahl,der gesammte Staßenbau hatte darunter zu leiden.
Insofern ist das für mich ein starkes Argument von einer defensiven Haltung der Sowjetunion auszugehen, zumindest für eine gewisse Zeit, ob das über 5-10 Jahre hinaus so geblieben wäre wird man wohl nie letztgültig wissen, für den Moment 1941 sehe ich das aber durchaus als schlagendes Argument.


Way of Blücher hat geschrieben:Nun ja, Andrew Carnegie beherrschte praktisch fast die gesamte Stahlindustrie der USA und war somit einer der 3 reichsten Menschen von Amerika. Obwohl er in enger Verbindung zu den Rockefellern und dem Bankenkartell der Morgans und Rothschilds stand, soll er ein Philanthrop gewesen sein und daher viele öffentl. Bildungseinrichtungen in den USA finanziert haben. Dass es Unternehmer sind, die sicher auch mal zu seiner Stahlbranche gehört haben, die einige Jahrzehnte später helfen die Kernindustire der UDSSR zu errichten, finde ich sehr interessant.
[/quote]

Dazu ganz Kurz, Kartelle sind für mich ncihts besonderes, die Verwendung der Begriffe "reich", "Amerika" und "Philanthrop" in einem Satz ohne dazugehörige Neagtion widersprechen entschieden meinem Weltblid (wobei man ja auch Leopold II. von Belgien in gewissen Kriesen einen Philantropen schimpfte, insofern muss das nichtmal unbedingt an mir liegen). Was die Stahlindustrie jetzt konkret mit der Kernindustrie zu schaffen hat entzieht sich gerade etwas meinem Verständnis, was genau soll sie denn beigetragen haben? Bau von Dachkonstruktionen von Reaktorhallen oder ähnliches? Würde ich jetzt nicht zu hoch hängen.

So, merke gerad sehr lange gebraucht und viel off-topic fabriziert zu haben, gelobe hiermit das in zukunft zu unterlassen und lege mich in diesem Sinne jetzt schlafen.
Die Grundwerte der prämodernen Gesellschaftsordnung:

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Way of Blücher » 25. September 2016 10:21

Mh... über Lenins Adeligung finde ich auf die Kürze nichts auf Google. Kannst da dabei Gelegenheit mal einen Link zu geben?

Nebenbei: Ich denke nicht, dass es off topic wäre, wenn wir über die Verhältnisse in- und der Entstehung der UDSSR reden, weil darin im Nachhinein der wichtigste Faktor für das Threadthema gelöst wird.

Lenin und die NEP (Öffnen)
Ich habe hier eine Quelle gefunden, die Lenin und die NEP ehr kritisch darstellt:

Bühler-HD Geschichtsbücher: hat geschrieben:Klausuren Sowjetunion S. 7
Internet-Geschichtsbuch unter http://www.buehler-hd.de/gnet/ebuch/index.htm (7/19)
(...)
Lenins Umgestaltung seiner eigenen Theorie äußert sich später, als der Bürgerkriegskommunismus durch die NEP abgelöst wird. Hier entfernte sich Lenin
von den strengen Prinzipien des Sozialismus, um durch Zulassung privatwirtschaftlicher Elemente die größte Versorgungsnot im Land zu lindern.
Schließlich ist noch auf Lenins Imperialismustheorie zu verweisen, nach der auch das Verhältnis von Ländern untereinander durch kapitalistisch bestimmte
Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnisse bestimmt ist.

Lenin – Wegbereiter der Diktatur?
Für die Stichhaltigkeit der Einschätzung, dass die bolschewistische Diktatur bereits unter Lenin, und nicht erst unter Stalin installiert wurde, spricht zunächst die Struktur
des leninistischen Systems, das von vorneherein mit diktatorischen Mitteln die Macht in den Händen der Bolschewiki als der "Avantgarde" der proletarischen Revolution
sichern wollte. Hier sind vor allem Lenins Schrift "Was tun?" (1904) und seine Aprilthesen (1917) zu nennen. Gerade in der durch Trotzki geäußerten Kritik (1904),
dass das Konzept Lenins den Weg zur Diktatur öffne, wird diese Perspektive schon für die Zeitgenossen deutlich. Diese Stellung zur Demokratie und zum Problem der
revolutionären Gewalt ist unter den Vorzeichen der zaristischen Herrschaft zu sehen, Lenin hat sie auch später beibehalten.
Terror und Diktatur waren für Lenin nachweislich notwendige Mittel zur Durchsetzung der bolschewistischen Herrschaft, während alle Konzessionen, zu denen er z.B. im Zug der NEP gezwungen war,
immer nur vorübergehenden Charakter hatten. Von diesen Prinzipien des bolschewistischen Systems abzusetzen sind die tatsächlich getroffenen Maßnahmen, die die Diktatur installierten und Stalin den Weg bereiteten. Hier ist die Errichtung der Geheimpolizei Tscheka (später GPU) zu nennen und die Abqualifizierung jeder Opposition als konterrevolutionär, so dass ihre
Unterdrückung und Beseitigung vom Standpunkt des Kommunismus aus geradezu geboten war. Zur offiziellen Linie wurde diese Politik durch den X. Parteikongress im März 1921, unmittelbar nach dem Kronstadter Aufstand, erhoben. Er unterband mit dem Verbot der Fraktionsbildung jegliche innerparteiliche Opposition, gleichzeitig wurden auch die nichtbolschewistischen sozialistischen Parteien verboten. Damit war die Grundlage gelegt für die Erstarrung und Dogmatisierung der kommunistischen Ideologie unter Stalin


Ich würde Lenin allerdings dahingend verteidigen, dass man in Russland generell wohl kaum eine andere Wahl als Terror und Diktatur hatte, um das Riesenreich zusammenzuhalten.


Charaktere der weißen Russen und Probleme des Zusammenhaltens (Öffnen)
stratege hat geschrieben:Zwilichtige Gestalten gab es unter den weißen ebenfalls zu genüge, bestes Beispiel dieser Herr hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Roman_von ... -Sternberg.


Mh... Also auf Wikipedia steht jetzt so nichts direkt zwielichtiges zu diesem Mann. Nur, dass er halt ein typischer Krieger war, also jemand, der sein Hauptbetätigungsfeld im Krieg fand und immer suchte. Sonst nichts weiter zu finden. Die Grausamkeit, die er an den Tag legte, war typisch für die Kriege in Eurasien zu jener Zeit. Ich denke, dass man ihn in ein besonders schlechtes Licht rückte, weil man sich nicht vorstellen konnte, dass damals jemand, der einen mitteleuropäischen Namen trug, so solcher Ruchlosigkeit und Grausamkeit fähig war. War ja bei Vlad Tepes nicht anders, es waren ironischer Weise nicht die Türken selbst, die seinen Nachlass weltweit so schlecht machten, sondern das Bild von dem Menschenfresser Dracula kommt heute aus den Landen, von denen sich der Walache die größte Hilfe versprach. Dem Vatikan und Ungarn/Österreich.


die die Weimarer Republik entwder aus linker oder rechter Richtung kommend ablehnten, trotzdem ist der Republik nicht die halbe Bevölkerung weggelaufen, auch nicht als Privilegien liquidiert und Vermögensstände einkassiert oder entwertet wurden.


Nun, in Demokratien sollte man dies jedoch an den Wahlergebnissen erkennen. De Facto sind große Bevölkerungsteile ideologisch davon gelaufen und haben die Republik abgelehnt indem sie die radikalen Parteien gewählt haben.

stratege hat geschrieben:wie gesagt die deutsche Landwirtschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter die Räder gekommen, weil wegen Eisenbahn und Dampfschiffahrt einfach zu große Mengen zu entsprechend geringeren Preisen aus Indien, den USA und Russland herangeschafft werden konnten, so das die eigene Landwirtschaft schrumpfte und Ostelbien, polemisch ausgedrückt zu Beginn des Weltkrieges wahrscheinlich die größte, zusammenhängende Insolvenzmasse Europas darstellte. Man versuchte zwar die eigene Produktion durch Schutzzölle zu erhalten, das funktionierte aber nur mäßig, zumal ja auch die Bevölkerungszahl durch die Decke ging


Da muss ich klar widersprechen. Lediglich die Bevölkerungszentren wie das Ruhrgebiet und Bayern hatten sicher unter der Nahrungsmittelknappheit zu leiden und dortige Landwirtschaftsbetriebe kamen in finanzielle Probleme. Mecklenburg, Preußen und Pommern waren immer noch autarke Feudalgesellschaften, die gerade genug für sich selbst und die lokalen Städte produzierten und in guten Jahren Nahrungsmittel nach Russland und Osteuropa exportierten, selten anders herum. Es gabs mal einen Witz, dass die kleine DDR nicht ewig die ganze UDSSR füttern könnte. Brandenburg/Mecklenburg war schon immer die Kornkammer Deutschlands. Dar war von 200 Jahren schon so und ist heute nicht anders. Aufgrund feudaler Verhältnisse kann man in "Ostelbien" wohl kaum von Inflation sprechen. Nebenbei war Stettin schon damals die 4. größte Industriestadt Deutschlands. Wobei es stimmen könnte, dass Stettin, Rostock, Danzig und Königsberg auch in den 1920igern noch direkten Austausch mit den Russen und Balten pflegten. Die Nachwirkungen der Hanse waren ja immer noch da.

Mal zur Auflockerung:


Eine Frage im Bezug auf die UDSSR und wie sie so unglaublich schnell die Möglichkeiten schaffen konnte eine Rüstungsindustrie aufzubauen, die es ermöglichte das dritte Reich massiv zu bekämpfen, wurde nicht geklärt.

Woher kam das Geld dafür? Stehen die Kapitalisten und alten Globalisten (Kolonialisten) den Bolschewiki nicht ehr abgeneigt gegenüber?
Zuletzt geändert von Way of Blücher am 25. September 2016 11:17, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Horgan » 25. September 2016 10:55

Moderation hat geschrieben:Thema ist Untergang/Zusammenbruch des 3. Reiches.

Da es kein 3. Reich gab, als die UdSSR entstand, wird es doch arg schwierig bis unmöglich, hier einen Themenbezug herzustellen - das ist in etwa so, als würde man die Deportation der Juden durch die Babyloner oder deren angestrebte Ausrottung durch die Perser (Haman) als Vorlage für die nationalsozialiste Agenda heranziehen, mit dieser widerum den Weg in den 2. Weltkrieg begründen und damit letztlich die Ursachen für den Untergang/Zusammenbruch des 3. Reiches beschreiben wollen.
Es ist unmöglich zu belegen, dass Deutschland bspw. gg. ein russisches Zarenreich 1941 NICHT in den Krieg gezogen wäre.

Daher bitte beim Thema bleiben und die Entstehungsgeschichte der UdSSR bzw. das Leben derer Protagonisten in einem anderen/neuen Thema behandeln.

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Way of Blücher » 25. September 2016 11:01

Aber es ist doch wichtig zu wissen, wie die UDSSR damals funktionierte und wie sie aufgebaut war, um Nordsterns Gedankengänge taktisch auszuformulieren und Szenarien durchzuspielen, ob er mögleicherweise Recht hatte, oder nicht.
Die UDSSR war nun mal der größte Rivale des dritten Reiches, das Bestehen, oder nicht Bestehen der UDSSR bedeuten Untergang, oder den Sieg des dritten Reiches.
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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Horgan » 25. September 2016 11:29

Ja richtig - "Wie". Die Entstehungsgeschichte und deren Protagonisten behandelt aber eher das "Warum".

Ich glaube auch nicht, dass die UdSSR der größte Rivale (Rivalität worum?) des 3. Reiches war, sondern eine Koalition England, UdSSR, USA. Und diese Interessenskoalition bestand sowohl mit dem Zarenreich, als auch später wieder mit der UdSSR, trotz ideologischer diametraler Interessen, trotz des Russenhasses eines Churchills und trotz der späteren Initiierung des Kalten Krieges durch die Westmächte.

Hitlers Rede vor dem Reichstag im Dezember 1941 liefert jedenfalls einige interessante Passagen dazu, worin sein 3. Reich genau Rivalitäten/Feindschaften sah.

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon KirKanos » 26. September 2016 14:27

Horgan hat geschrieben:Die Masse an Verlusten hatte die Rote Armee in den ersten 2 Kriegsjahren. 1943 aber spätestens lag die Initiative bei der Roten Armee. 1943 zog Hitler bereits ein gutes Drittel der Divisionen nach Westen Richtung Atlantik ab, bevor die 2. Front wirkte. Ich finde da jedwedes Zahlenspiel, was in wie auch immer geartete Siegaussichten für das Deutsche Reich mündet, sehr gewagt -


Die Verluste der Roten Armee waren 44/45 auch weitehin sehr hoch. Zwar lernte man punktuell aus den Fehlern der ersten Jahre und bediente sich nun auch deutscher Methoden, aber der politischer Druck schnelle Erfolge zu erzielen, führte weiterhin zu überhasteten Offensiven und enormen Verlusten.

Auch sollte man erwähnen das Hitler auch wieder in den Westen enstandte Panzerdivisionen, unter dem Eindruck der schweren Krise, wieder zurückbeorderte. Ich glaube zwei "SS" Panzerdivisionen unter Hauser, unter anderen. Aber es stimmt schon, die Ostfront wurde 44 ausgedünnt, in der Hoffnung im Westen nach der erwarteten Landung schnelle Erfolge zu erzielen. Eine Spielart des Schliefenplans.

Horgan hat geschrieben:selbst Hitler hielt den Krieg bereits im Dezember 1941 für nicht mehr zu gewinnen, also nachdem der Angriff auf Moskau scheiterte und die Sowjetunion in die Gegenoffensive ging.


Ab wann Hitler den Krieg verloren gab, ist überaus spekulativ.

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Horgan » 26. September 2016 17:50

Was Hitlers Ansicht der Siegeschancen betrifft, so wären die in der Wikipedia erwähnten Gesprächsprotokolle interessant.. ..weiß leider nicht, welche das sein sollen. Dort (WP) hat es zumindest dazu gereicht, es als Fakt darzustellen. In einem späteren als dem zitierten Post hatte ich ja einen Historiker verlinkt - der schreibt von einer These, die er dann zu verteidigen gedenkt. Zumindest scheint es also wissenschaftlich noch im Diskurs zu sein.

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Way of Blücher » 26. September 2016 18:24

Wäre aber sehr merkwürdig. Warum hat er dann den Krieg noch so lange weiter geführt, wenn er schon im noch sehr erfolgreichen Jahr 1941 glaubte, dass er keine Chance mehr hat??
Nur aus Prestigegründen? Für sein eigenes Ego?
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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon KirKanos » 26. September 2016 19:48

Horgan hat geschrieben:Was Hitlers Ansicht der Siegeschancen betrifft, so wären die in der Wikipedia erwähnten Gesprächsprotokolle interessant.. ..weiß leider nicht, welche das sein sollen. Dort (WP) hat es zumindest dazu gereicht, es als Fakt darzustellen. In einem späteren als dem zitierten Post hatte ich ja einen Historiker verlinkt - der schreibt von einer These, die er dann zu verteidigen gedenkt. Zumindest scheint es also wissenschaftlich noch im Diskurs zu sein.


Ja, der Diskurs ist rege und die Meinungen gehen auseinander. Aber gerade deswegen sollte man immer anmerken, dass es keineswegs DEN Zeitpunkt gibt, ab den konsensuell angenommen wird, dass Hitler den Krieg verloren gegeben hat.

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Horgan » 26. September 2016 19:54

KirKanos hat geschrieben:Ja, der Diskurs ist rege und die Meinungen gehen auseinander. Aber gerade deswegen sollte man immer anmerken, dass es keineswegs DEN Zeitpunkt gibt, ab den konsensuell angenommen wird, dass Hitler den Krieg verloren gegeben hat.


Das wollte ich hiermit zum Ausdruck bringen:
Horgan hat geschrieben:Gefunden, dreht sich mehr darum, warum Hitler ab Ende '41 den Krieg als verloren sah: Quelle: http://www.guntram-von-schenck.de/index_1.php
In den Anmerkungen sind diverse Quellen für weitere Recherche hinterlegt.

Ach ja - in Wikipedia steht übrigens nichts von einer These diesbezüglich, sondern von irgendeiner Rede Hitlers (womit wohl nicht die Reichtagsrede anlässlich der Kriegserklärung gen USA gemeint ist), in welcher er Ende '41 von einer Niederlage ausging (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Armee#1943 - der 2. Absatz bei "1943"). Die da erwähnten Gesprächsprotokolle wären schon interessant, aber spannenderweise geizt Wikipedia ausgerechnet da mit einer Quelle.


Aber ich habe das in meinem ursprünglichen Beitrag nun auch noch einmal in die "soll gehalten haben"-Form gebracht.

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Re: Der Untergang - Zusammenbruch des 3ten Reiches

Beitragvon Stratege » 26. September 2016 20:34

Way of Blücher hat geschrieben:Wäre aber sehr merkwürdig. Warum hat er dann den Krieg noch so lange weiter geführt, wenn er schon im noch sehr erfolgreichen Jahr 1941 glaubte, dass er keine Chance mehr hat??
Nur aus Prestigegründen? Für sein eigenes Ego?

Mal davon ab, dass das wie ja bereits erklärt wurde ziemlich umstritten ist, gehören zum Ersten zu einem Frieden immer mindestens zwei dazu, zum anderen muss man das auch irgendwie der Heimat verkaufen.
An der Stelle würde ich dir Münklers Äußerungen hinsichtlich der Thematik empfehlen, warum 1914-1915 niemand ernsthaft versuchte den ersten Weltkrieg zu beenden, obwohl sämmtliche Pläne aller Seiten gescheitert, die Fronten zummindest im Westen und in Galizien mehr oder weniger erstarrt waren und eine wideraufnahme des Bewegungskrieges nicht möglich erschien:
Man hatte bereits im Namen der eigenen Sache ein paar 100.000 Menschen über die Klinge springen lassen. Jetzt hätte man salopp gesagt vor dem Problem gestanden deren Angehörigen zu erklären, dass man ihre Brüder, Männer, Söhne für nichts in den Tod geschickt hat und sie sich darüber bitte nicht beschweren sollen, man hat sich eben verkalkuliert.
Das zu verkaufen wäre schon in einer Gesellschaft im Normalzustand ein Problem gewesen.
Die Grundwerte der prämodernen Gesellschaftsordnung:

Artillerie, Kavallerie, Infanterie