2. WK Frankreichfeldzug vs Russlandfeldzug

Unsere Geschichtsecke

Moderator: Moderatoren

Benutzeravatar
Stratege
Princeps Posterior
Princeps Posterior
Beiträge: 1239
Registriert: 28. Januar 2013 10:34
Wohnort: Bochum
:
Spender Kleinspender

2. WK Frankreichfeldzug vs Russlandfeldzug

Beitragvon Stratege » 27. August 2016 16:15

Ich mache mal hier weiter um den anderen Threat zu entlasten, damits da nicht zu sehr ins Offtopic geht.




KirKanos hat geschrieben:
Stratege hat geschrieben:Grundsätzlich erst einmal richtig, dass man auch den Westalliieten materiell zu Beginn des Krieges und auch nach dem Engagement der Vereinigten Staaten unterlegen war, eine Ausgeglichenheit bzw. Überlegenheit an Ressourcen allenfalls zwischen dem Fall Frankreichs und der US-Aerikanischen Unterstützung für die Briten sich manifestierte, allerdings sehe ich hier einen ganz entscheidenden Unterschied zu dem, was bei dem Krieg gegen die Sowjetunion geschah und war darin, dass die Alliierten bis zum Ende des Frankreichfeldzuges zwar Materialüberlegenheit hatten, diese aber nicht nutzen konnte, da es zu keiner Matterialschlacht zwischen beiden Seiten kam und das ist, denke ich auch zu berücksichtigen.


Diese Aussage ist etwas fragwürdig. Das es zu keiner direkten Materialschlacht kam, indirekt waren ja auch hier der massive Einsatz von Panzer und Flugzeug"material" entscheidend, lag an der überlegenen Kriegsführung. Die deutsche Armee bewieß damit von Anfang an, dass sie in der Lage war mit dem Konzept des Blitzkrieges, gerade mit dem fortfährenden Umstand materiell unterlegen zu war, offensiv umzugehen und trotzdem Siege zu erkämpfen. Der Frankreichfeldzug war dabei gar nicht als Blitzkrieg konzipiert. Das man 44/45 einbrach lag eben nicht nur am Mangel des Materials, dass jetzt sicher in gesteigerter Form zu attestieren ist, sondern auch an der einbrechenden Moral.


Ich denke, dass aus der Aussage für sich genommen eigentlich deutlich hervorgeht, was damit gemeint war, nämlich eine große Abnutzungsschlacht, wie das im ersten Weltkrieg vorgekommen war, im Rahmen einer Ermattungsstrategie und zu der kam es eben nicht, dass ist der Unterschied zur Ostfront, wo genau das passierte. Die Blitzkrieglegende war in den vorherigen beiden Beiträgen schon angerissen worden, darauf weiter einzugehen ist, meine ich unnötig.
Die Deutschen konnten die materiell überlegenen Westalliierten schlagen, weil man sie südlich ugehen, zu großen Teilen von ihren Versorgungswegen abschneiden und so eine lange andauernde Konfrontation mit deren überlegenen Ressourcen vermeiden konnte, dass war aber an der Ostfront eigentlich schon Ende 1941, in jedem Fall aber Mitte 1942 der Fall, insofern halte ich das für nciht miteinander vergleichbar, sicher jede Menge passives Potential hatten die Westalliierten zu Kriegsbeginn, nur scheiterten sie im Anfangsstadium daran dieses einzusetzen, wenn du das bestereiten möchtest, lasse ich mich gerne darüber aufklären, wo denn die "Blutmühlen" waren, bei denen die deutschen Landstreitkräfte über Monate Hinweg durch den Einsatz deutlich überlegener Ressourcen alträtiert wurden? Die gab es schlicht nicht.


Stratege hat geschrieben:An der Stelle müsste man sich fragen, wie es um die Moral der Truppen zu Beginn des Krieges stand. Ich denke, dass man hier nicht vergessen darf, dass der erste Weltkrieg gerade einmal 20 Jahre zurück lag, das bild der verserten Frontkämpfergeneration, auch wenn diese zu großen Teilen sich nicht mehr im aktiven Einsatz befunden haben dürfte, wahrscheinlich eher wenig Hoffnung auf irgendwelche Triumpfe gemacht haben wird, die Lage an der Heimatfront war in Folge der Wirren der Zwischenkriegszeit sicher auch alles andere als rosig, Generalität und Offizierskorps wird die materielle Situation der deutschen Seite von Beginn an auch klar gewesen sein, insofern dürfte die Moral zu diesem Zeitpunkt auch nicht besonders hoch gewesen sein, daher würde ich davor warnen wollen dies überzubewerten.


KirKanos hat geschrieben:Die Moral war sicher nicht so überschwänglich wie beim ersten Wektkrieg, aber wie Du hier andeutungsweise von nicht besonders hoch zu sprechen, greift m.E. auch zu kurz. Besonders die jüngeren Soldaten und Offiziere waren vom NS System häufig schon indoktriniert und dementsprechend "hoch" motiviert. Mit dem Sieg in Polen war die Stimmung und das Selbstvertrauen der Soldaten wohl auch nicht gering. Auch der Pakt mit Stalin wird, gerade in höhere Rängen, das Vertrauen in Hitlers gesteigert haben.

Insgesamt wird die Moral also durchaus hoch gewesen sein.


Indoktriniert und völlig unerfahren, wenn auch einigermaßen ausgebildet. Sicherlich, nach Polen dürfte bei den unerfahrenen Jungspunten die Moral deutlich gestiegen sein, nur dem Rest der Armee musste doch völlig klar gewesen sein, dass der eigentliche Kampf erst noch bevor steht, was die Generalität oder zumindest Teile von ihr angeht, siehe September-Verschwörung, Westwall-Veschwörung, Verschwörung von Zossen (Findest du in diesem Artikel kurz angerissen: https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_von_ ... ein-Equord ) in der Generalität, war man, mindestens in Teilen von einer Konfrontation mit den ehemaligen Entente-Mächten alles andere als angetan, weil man um deren materielle Überlegenheit sehr genau wusste.
Was die Moral im Heer insgesamt anbetrifft, würde ich mehr oder weniger von einer Parabel ausgehen wollen, die ab dem Polenfeldzug zu steigen, nach dem Frankreichfeldzug radikal zu steigen beginnt und mit dem ersten Kriegswinter in der Sowjetunion erst leicht, bis 1943 radikal und danach ins Bodenlose zu fallen beginnt.

KirKanos hat geschrieben:Ich bleibe dabei, die zusammenbrechende Moral war die zweite Säule dafür, dass 45 der Zusammenbruch sich so schnell abspielte. Daran kann meiner Meinung auch nicht wirklich gezweifelt werden.
Meiner Meinung nach doch, z.b. aus de Umstand heraus, dass es mit dem Verlust Rumäniens, was die Bewegungsfähigkeit von Truppen angeht, dank Treibstoffmangels mehr oder weniger völlig vorbei war und gerade auch im Westen mit der Ardennenoffensive noch eine Unternehmung losgetreten war, die von vorn herein scheitern musste und nach der eine koordinierte Verteidigung schlicht nicht mehr möglich war, weil man infolge dessen Schlüsselositionen unbesetzt gelassen hatte und die Ressourcen, die für eine letzte Verteidigungslinie benötigt worden wären im Vorfeld verbraten worden waren.

Stratege hat geschrieben:Insofern, kann man, denke ich Jaegerfeld sicherlich zustimmen, wenn er schreibt, das 1944 den Punkt markiert, an dem die sich abzeichnende Katastrophe tatsächlich losbricht, aber ich würde dass doch eher an der materiellen Situation festmachen wollen und an der Unfähigkeit der deutschen Generalität die Truppen rechtzeitig zurück zu nehen um die Fronten zummindest so verkürzen zu können, dass es unter Umständen etwas länger durchzuhalten gewesen wäre, als an der Moral der Truppen ansich, denn die war, besonders im Osten bereits nach dem ersten Kriegswinter, nach dem, was mir bekannt ist eher schlecht als recht, hob sich anfang '42 nochmal und kippte bis ende 1942 ins fatalistische, dem Kriegsverlauf folgend, denn dass man diesen Krieg verlieren wüde, musste den Truppen im OSten spätestens Mitte 1943, also ab dem Punkt, an dem man die Initive nciht mehr ergreifen konnte eigentlich klar sein, aber gehalten hat die Front von da ab trotzdem noch ein Jahr lang, wenngleich sie natürlich drastisch zurückgenommen werden musste.


KirKanos hat geschrieben:Das ist jetzt aber wirklich blanker Unsinn. Ich meine ich konnte Deinen Punkt verstehen, dass die Generalität insgesamt eine Mitschuld trug. Jetzt aber ernsthaft die Generalität das Unsinnige festhalten an Fronten vorzuwerfen, ist aber lächerlich und unhaltbar. Hitler war es, der immer wieder darauf bestand, Fronten zu halten und zu verteidigen, unabhägig davon ob das Sinn machte oder nicht. Am Beispiel der HG Mitte ist das ja gut zu sehen, selbst der NS-Günstling Busch bat darum, die Front zurückzunehmen. Das wurde ihm dann von Hiztler verwehrt. 44 bestürzten die Generäle Hitler ja gerade zu, die Fronten zurückzunehmen. Hitler befahl dann die Errichtung "fester Plätze", besetzte diese mit wertvollen Truppen, die dann an der Front fehlten, welche dann häufig in diesen festen Plätzen fast wirkungslos zu Grunde gingen. Hitler folgte solchen Hirngespenster, die dann allesamt zu Fehlschlägen führten. Ganze Armeen wurden so sehenden Auges von den Sowjets eingeschlossen, obwohl sie hätten gerttet werden können.

Manstein, den Jaegerfeld ja über alle Maßen lobt, ist genau aufgrund eines solchen Befehls zum Rückzug, gegen Hitlers Weisung, aus seinem Amt geflogen. Solche Szenarien widerholen sich ja immer wieder und viele Generäle stolpern über solche Rückzugsbefehle. Damit retten sie zwar häufig ihre Verbände, ziehen sich aber so den Zorn Hitlers auf sich.

Zunächst mal bitte ich darum, Termini wie "blanker Unsinn" in Zukunft in diesem Zusammenhang zu vermeiden, damit nicht wie im anderen Threat ds Gesprächsklima in die Brüche geht.
"Blanker Unsinn" ist lediglich, was quellenkundlich untermauert als nicht vertretbar nachgewiesen wird und das sehe ich hier nicht.
Weiterhin, hast du meinen Beitrag glaube ich nicht richtig verstanden:

Ich schrieb von der "Unfähigkeit" der Truppenführer einen rechtzeitigen Rückzug anzutreten, nicht von der "Schuld" der Generäle, dass ist zu unterscheiden. Man kann auch unfähig zu etwas sein, weil man durch äußere Umstände, etwa mangelnder Logistik, Differenzen mit anderen Truppenführern, die da ebenfals drannhingen oder anderes daran gehindert wird, genauer habe ich diesen Punkt nicht ausgeführt, wie ich auch bei einem hypothetischen Rückzugsszenario Ost, angemerkt hatte, welche Probleme ich bei theoretisch möglichen Rückzügen so sehe, in eine genauere Betrachtung, wer nun die persönliche "Schuld" daran trägt hatte ich mich meinem Verständnis nach nicht verstiegen.
Das die überdehnte Front im Osten ein Problem war, muss, denke ich nicht weiter diskutiert werden.
Den zweiten Punkt hatten wir im anderen Threat ebenfalls schonmal: Hitler hat so einige sinnvolle Truppenbewegungen während des Kriegsverlaufs verbieten wollen und in genügend Fällen wurde sich über einen Haltebefehl (siehe Westfeldzug siehe auch diverse Beispiele an der Ostfront, siehe sogar Rommels Rückzugbewegung) auch einfach hinweg gesetzt. Das Hitler als militärischer Dilletant mit seinen Haltebefehlen viel Schaden angerichtet hat ist allgeein bekannt, nur gibt es wie gesagt genügend Beispiele wo dies einfach nicht ausgeführt wurde.
In solchen Fällen hatte der Kommandierende dann damit zu rechnen abgesetzt zu werden, sicherlich keine schöne Aussicht, andererseits muss man aber auch nicht so tun, als wenn das eine Unmöglichkeit gewesen wäre, weil man sofort eine Kugel in den Kopf geknallt bekommen hätte, wenn man es auch nur gewagt hätte daran zu denken, wie es im anderen Threat andeutungsweise angeklungen ist, denn wie gesagt, Beispiele wie von Leeb oder Manstein, die dann auf "unerklärliche" Weise den Krieg und Hitler überlebt haben belegen da eigentlih das Gegenteil.

Jetzt kommen wir mal unabhängig davon, dass ich das im letzten, von dir zitierten Beitrag nicht gemeint hatte auf das Thema der persönlichen Verantwortung:
Wir haben also festgestellt, dass die Strafe für Befehlsverweigerug von Truppenführern an der Ostfront an diviersen Beispielen nachvollziehbar sehr wahrscheinlich mit der Entlassung aus den Streitkräften vergolten wurde.
Heißt, so keine anderen, technischen Hindernisse im Weg waren, hatten die entsprehenden Truppenfürer einiger Wahrscheinlichkeit nach die Wahl ihre Entlassung zu riskieren oder ihre Truppen zu opfern. An der Stelle willst du mir jetzt ernsthaft erklären, dass es "blanker Unsinn" sei einem Truppenführer, der die Verlängerung seiner Karriere um ein paar Monate der Rettung von ggf. einigen zehn- bis hunderttausend Soldaten vorzuziehen, Fehlverhalten zu attestieren, was ich, wie angemerkt, im bewussten Beitrag eigentlich nicht beabsichtigt hatte?
In der Sache möchte ich ich dann dazu versteigen, das nachträglich als Fehlverhalten reklaieren zu wollen,es sei denn, dass techische Gründe einen Rückzug verhindert hätten, die ich aber bis dato nicht feststellen kann.

KirKanos hat geschrieben:Nochmal zur Moral, die Moral war 39-44 relativ Hoch, mit kleinen Dellen. Die Desintegration begann erst 44/45, als sich die alten Stammheiten und alte Strukturen fast überall langsam auflösten. Als die Materialüberlegenheit immer offensichtlicher wurde und die Front sich den Grenzen des Reiches näherten. Bis dahin verfing die Propaganda Goebbels noch zu einem großen Maß. Die dann zusammenrechende Moral, die dazu führte das die Kampfkraft immer weiter fiel und eben die allgemeine Lage (Material plus strategische Lage), war es denn, die dazu führte das das Reich kollabierte. Nur mit diesem Dreiklang, Moral, Material, Lage, kann man den Zusammenbruch wirklich erklären.

Die Materielle Lage hatte schon mit dem Wegbrechen Italiens, der zweiten Front in Europa und der Notwendigkeit zum Abzug weiterer Frontverbände zur Absicherung Süd einen Stand erreicht, bei dem, den Fronteinheiten im Osten, die sich mittlerweile schon deutlich hatten zurrückziehen müssen und nicht mehr in der Lage waren die Initiative zu ergreifen, völlig klar sein musste, dass der Krieg verloren ist und sie auf Zeit überrannt würden.
Das die Propaganda an der Heiatfront noch deutlich verfing, geschenkt, bei der kämpfenden Truppe, sehe ich da in der Form nicht. ließe sich vermutlich eruieren, wenn man mal in größerem Stil die Feldpost aus jenen Tagen analysieren würde, würde allerdings für den Laien ohne Forschungsauftrag nicht ganz so einfach sich da einen wirklich representativen Überblick zu verschaffen.
Ich gehe bei dem Thema Moral wie gesagt etwa von folgnender Entwicklung aus:

Vor dem Krieg, Bei den Generälen und der Generation, die den ersten Weltkieg erlebt hat bis zum Sieg über Frankreich eher schlechte, sich aber stetig verbessernde Moral, bei den jungen Soldaten gute moral von Anfang an. Bis Winter 1941 allgemein gute Moral, ab Winter 1941 allgemeine Desilosionierung bei den an der Ostfront eingesetzten Truppenverbänden, ab 1943 allgemein anwachsender Defätismus/Resignation bei allen Verbnden, die bereits länger im Osten kämpften im gegensatz zu kurzfristig guter, aber schnell umschlagender Moral bei frisch rekrutierten Truppen, von da an stetig abfallend.

Um das ganze wieder etwas anzunähern, würde ich es mal in der folgenden Weise versuchen:
Die kollabierende Moral machte sich in den letzten Wochen des Krieges sicherlich auch im direkten Geschehen bemerkbar, deswegen wäre es legitim dass als einen Entscheidenden Faktor anzusehen, wenn man das Jahr 1944 aus dem Untergang des dritten Reiches komplett ausklammerte.
Den Blick auf diese Zeitspanne allein zu richten, reißt die ganze Betrachtung aber mMn zu sehr aus ihrem historischen Gesamtkontext, weil es keine wirkliche Übergangsphase gibt (oder zummindest sehe ich keine) die es rechtfertigen würde 1945 als den Untergang zu bezeichnen, da die Unfähigkeit daran noch etwas zu ändern oder es deutlich hinaus zu zögern bereits 1944 ad acta lag und man es so mehr oder minder mit einem linearen Prozess ohne besondere Wendepunkte zu tun hat und dem entsprechend scheint es mir weit Sinnvoller den Beginn dieses Prozesses als seine Begrenzung zu wählen, als einen wilkührlichen Punkt mitten drin.
Die Grundwerte der prämodernen Gesellschaftsordnung:

Artillerie, Kavallerie, Infanterie

Benutzeravatar
Jaegerfeld
Tribunus Angusticlavius
Tribunus Angusticlavius
Beiträge: 3571
Registriert: 10. November 2010 21:15
Wohnort: AudiCity
:
Pfeiler der Community Gewinner Userwahl

Re: 2. WK Frankreichfeldzug vs Russlandfeldzug

Beitragvon Jaegerfeld » 27. August 2016 16:33

Stratege hat geschrieben:Um das ganze wieder etwas anzunähern, würde ich es mal in der folgenden Weise versuchen:
Die kollabierende Moral machte sich in den letzten Wochen des Krieges sicherlich auch im direkten Geschehen bemerkbar, deswegen wäre es legitim dass als einen Entscheidenden Faktor anzusehen, wenn man das Jahr 1944 aus dem Untergang des dritten Reiches komplett ausklammerte.
Den Blick auf diese Zeitspanne allein zu richten, reißt die ganze Betrachtung aber mMn zu sehr aus ihrem historischen Gesamtkontext, weil es keine wirkliche Übergangsphase gibt (oder zummindest sehe ich keine) die es rechtfertigen würde 1945 als den Untergang zu bezeichnen, da die Unfähigkeit daran noch etwas zu ändern oder es deutlich hinaus zu zögern bereits 1944 ad acta lag und man es so mehr oder minder mit einem linearen Prozess ohne besondere Wendepunkte zu tun hat und dem entsprechend scheint es mir weit Sinnvoller den Beginn dieses Prozesses als seine Begrenzung zu wählen, als einen wilkührlichen Punkt mitten drin.


Gebe dir hier Recht, ich denke auch, dass es nicht zielführend ist, im letzten Halbjahr allein nach Gründen für den Untergang zu suchen.

Auch die Auswirkungen der Moral halte ich nur für einen Grund, nicht aber den wesentlichen.
Ich würde gerne entweder a) Untergang in Zusammenbruch umdefinieren. Oder alternativ b), das Ganze viel weiter fassen.
Wobei ich zu a) tendiere. Denn b) ist imho deutlich zu komplex um es hier zu besprechen.

Dann würde sich eher anbieten den Komplex auf kleinere Häppchen zu verteilen und vielleicht chronologisch vorzugehen.
Also vielleicht

- Ursachen in ferner Vergangheit
- Ursachen im Kaiserreich
- Ursachen im WWI
- Ursachen in der Weimarer Republik
- Ursachen in der NS - Vorkriegszeit
- Ursachen im WWII

Dazu vielleicht noch: Nicht durch das DR beeinflussbare Ursachen in anderen Ländern.
„Ich schätze mal, das kann jeder Online-Community passieren. Irgendwann stellen die höflichen und vernünftigen Leute fest, dass sie sich in dieser Gruppe nicht mehr aufhalten wollen. Also verschwinden die. Und diejenigen die übrig bleiben, erfahren nur noch die Leute die genau so wie sie drauf sind.“

=== David Gaider, Bioware ===

Benutzeravatar
KirKanos
Princeps Prior
Princeps Prior
Beiträge: 1878
Registriert: 7. Januar 2011 12:02

Re: 2. WK Frankreichfeldzug vs Russlandfeldzug

Beitragvon KirKanos » 27. August 2016 16:56

Stratege hat geschrieben:Ich denke, dass aus der Aussage für sich genommen eigentlich deutlich hervorgeht, was damit gemeint war, nämlich eine große Abnutzungsschlacht, wie das im ersten Weltkrieg vorgekommen war, im Rahmen einer Ermattungsstrategie und zu der kam es eben nicht, dass ist der Unterschied zur Ostfront, wo genau das passierte. Die Blitzkrieglegende war in den vorherigen beiden Beiträgen schon angerissen worden, darauf weiter einzugehen ist, meine ich unnötig.
Die Deutschen konnten die materiell überlegenen Westalliierten schlagen, weil man sie südlich ugehen, zu großen Teilen von ihren Versorgungswegen abschneiden und so eine lange andauernde Konfrontation mit deren überlegenen Ressourcen vermeiden konnte, dass war aber an der Ostfront eigentlich schon Ende 1941, in jedem Fall aber Mitte 1942 der Fall, insofern halte ich das für nciht miteinander vergleichbar, sicher jede Menge passives Potential hatten die Westalliierten zu Kriegsbeginn, nur scheiterten sie im Anfangsstadium daran dieses einzusetzen, wenn du das bestereiten möchtest, lasse ich mich gerne darüber aufklären, wo denn die "Blutmühlen" waren, bei denen die deutschen Landstreitkräfte über Monate Hinweg durch den Einsatz deutlich überlegener Ressourcen alträtiert wurden? Die gab es schlicht nicht.


Wenn Du Dich jetzt auf den ersten Weltkrieg versteifst und den Begriff Abnutzungsschlacht exklusiv für den ersten Welktkrieg festnageln willst, soll mir das Recht sein. Ich für meinen Teil sehe das nicht so, alle moderne Kriege sind in gwisser Weise Abnutzungskriege. Sei es Material, Manpower oder auch nur die Abnutzung der Moral der Bevölkerung.

Stratege hat geschrieben:Indoktriniert und völlig unerfahren, wenn auch einigermaßen ausgebildet.


Das ist halt viel zu pauschal, viele Offiziere, wie Stauffenberg, waren sehr ausgebildet und waren von Hitler begeistert. Diese jungen, aber dennoch gut ausgbildeten Berufssoldaten waren das Rückrat der Truppe und generell alles andere als demotiviert.

Stratege hat geschrieben:Sicherlich, nach Polen dürfte bei den unerfahrenen Jungspunten die Moral deutlich gestiegen sein, nur dem Rest der Armee musste doch völlig klar gewesen sein, dass der eigentliche Kampf erst noch bevor steht, was die Generalität oder zumindest Teile von ihr angeht, siehe September-Verschwörung, Westwall-Veschwörung, Verschwörung von Zossen (Findest du in diesem Artikel kurz angerissen: https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_von_ ... ein-Equord ) in der Generalität, war man, mindestens in Teilen von einer Konfrontation mit den ehemaligen Entente-Mächten alles andere als angetan, weil man um deren materielle Überlegenheit sehr genau wusste.
Was die Moral im Heer insgesamt anbetrifft, würde ich mehr oder weniger von einer Parabel ausgehen wollen, die ab dem Polenfeldzug zu steigen, nach dem Frankreichfeldzug radikal zu steigen beginnt und mit dem ersten Kriegswinter in der Sowjetunion erst leicht, bis 1943 radikal und danach ins Bodenlose zu fallen beginnt.


Diese Verschwörungen waren isolierte Strömungen, die keinen breiten Rückhalt erfuhren. Leider. Der Großteil des Heeres stand gleichgeschaltet hinter Hitler, auch die Generalität. Hammerstein war weitesgehend isoliert.



Stratege hat geschrieben:Zunächst mal bitte ich darum, Termini wie "blanker Unsinn" in Zukunft in diesem Zusammenhang zu vermeiden, damit nicht wie im anderen Threat ds Gesprächsklima in die Brüche geht.
"Blanker Unsinn" ist lediglich, was quellenkundlich untermauert als nicht vertretbar nachgewiesen wird und das sehe ich hier nicht.
Weiterhin, hast du meinen Beitrag glaube ich nicht richtig verstanden:


Entschuldige bitte die harte Ausdrucksweise, aber Deine Thesen, zu den Du Dich da versteift hast, ließen keine andere Formulierung zu.

Stratege hat geschrieben:Ich schrieb von der "Unfähigkeit" der Truppenführer einen rechtzeitigen Rückzug anzutreten, nicht von der "Schuld" der Generäle, dass ist zu unterscheiden. Man kann auch unfähig zu etwas sein, weil man durch äußere Umstände, etwa mangelnder Logistik, Differenzen mit anderen Truppenführern, die da ebenfals drannhingen oder anderes daran gehindert wird, genauer habe ich diesen Punkt nicht ausgeführt, wie ich auch bei einem hypothetischen Rückzugsszenario Ost, angemerkt hatte, welche Probleme ich bei theoretisch möglichen Rückzügen so sehe, in eine genauere Betrachtung, wer nun die persönliche "Schuld" daran trägt hatte ich mich meinem Verständnis nach nicht verstiegen.
Das die überdehnte Front im Osten ein Problem war, muss, denke ich nicht weiter diskutiert werden.
Den zweiten Punkt hatten wir im anderen Threat ebenfalls schonmal: Hitler hat so einige sinnvolle Truppenbewegungen während des Kriegsverlaufs verbieten wollen und in genügend Fällen wurde sich über einen Haltebefehl (siehe Westfeldzug siehe auch diverse Beispiele an der Ostfront, siehe sogar Rommels Rückzugbewegung) auch einfach hinweg gesetzt. Das Hitler als militärischer Dilletant mit seinen Haltebefehlen viel Schaden angerichtet hat ist allgeein bekannt, nur gibt es wie gesagt genügend Beispiele wo dies einfach nicht ausgeführt wurde.
In solchen Fällen hatte der Kommandierende dann damit zu rechnen abgesetzt zu werden, sicherlich keine schöne Aussicht, andererseits muss man aber auch nicht so tun, als wenn das eine Unmöglichkeit gewesen wäre, weil man sofort eine Kugel in den Kopf geknallt bekommen hätte, wenn man es auch nur gewagt hätte daran zu denken, wie es im anderen Threat andeutungsweise angeklungen ist, denn wie gesagt, Beispiele wie von Leeb oder Manstein, die dann auf "unerklärliche" Weise den Krieg und Hitler überlebt haben belegen da eigentlih das Gegenteil.


Also jetzt den Truppenführen vor Ort, weil es ja laut Deinen Ausführungen nicht die Generäle sind, die Schuld zuzuschieben finde ich auch arm. Diese waren ja gerade strikt dazuu angehalten nicht zuweichen und mussten die irsinnige Haltepolitik Hitlers ausbaden. Ihnen wurde jede taktische Fexibilität genommen, noch dazu wurden ihnen Truppen genommen und in "Feste Plätze" gesteckt, sodass ihre Linien noch weiter ausdünnten. Auch ihre Ausrüstung und die Versorgung mit Lebensmittel wurde zunehmend kläglich. Nein, dass ist die falsche Adresse für pauschale Schuldzuweisungen am militärischen Zusammenbruch.

Im Militär sind Befehlsverweigerungen keine einfache Sache, die im Werkzeugkasten eines jedes Generals einen legitimen Ausweg boten. Klar erwartete in der Regel kein Erschießungskommando, wenn man sich hier widersetzte. Dennoch war man in einer Befehlskette und auch wenn das am Ende des Krieges häufig ein billiger Vorwand war, sich für alles mögliche zu rechtfertigen, sollte man ihn jetzt auch nicht komplett ausblenden.

Stratege hat geschrieben:Jetzt kommen wir mal unabhängig davon, dass ich das im letzten, von dir zitierten Beitrag nicht gemeint hatte auf das Thema der persönlichen Verantwortung:
Wir haben also festgestellt, dass die Strafe für Befehlsverweigerug von Truppenführern an der Ostfront an diviersen Beispielen nachvollziehbar sehr wahrscheinlich mit der Entlassung aus den Streitkräften vergolten wurde.
Heißt, so keine anderen, technischen Hindernisse im Weg waren, hatten die entsprehenden Truppenfürer einiger Wahrscheinlichkeit nach die Wahl ihre Entlassung zu riskieren oder ihre Truppen zu opfern. An der Stelle willst du mir jetzt ernsthaft erklären, dass es "blanker Unsinn" sei einem Truppenführer, der die Verlängerung seiner Karriere um ein paar Monate der Rettung von ggf. einigen zehn- bis hunderttausend Soldaten vorzuziehen, Fehlverhalten zu attestieren, was ich, wie angemerkt, im bewussten Beitrag eigentlich nicht beabsichtigt hatte?
In der Sache möchte ich ich dann dazu versteigen, das nachträglich als Fehlverhalten reklaieren zu wollen,es sei denn, dass techische Gründe einen Rückzug verhindert hätten, die ich aber bis dato nicht feststellen kann.


Das Fehlverhalten kannst Du gerne festmachen, da gehe ich ja auch mit. Aber das ist nicht vergleichbar mit dem Fehlverhalten des Oberbefehlhabers. Wenn Du nun, wie Du es eben getan hast, nur der Generalität einen Vorwurf machst, ist das einfach nur billig. Weil das eben vor allem der Fehler des Oberbefehlshabers war. Denn so funktionieren militärische Befehlsketten. Das heißt nicht, das jeder daran Beteiligte frei von Schuld ist, jeder hat ein Gewissen und kann sich am Ende nicht einfach hinter dem Befehl verstecken. Aber das entbindet doch nicht den Oberkommandierenden von der Hauptschuld.


Stratege hat geschrieben:Vor dem Krieg, Bei den Generälen und der Generation, die den ersten Weltkieg erlebt hat bis zum Sieg über Frankreich eher schlechte, sich aber stetig verbessernde Moral, bei den jungen Soldaten gute moral von Anfang an. Bis Winter 1941 allgemein gute Moral, ab Winter 1941 allgemeine Desilosionierung bei den an der Ostfront eingesetzten Truppenverbänden, ab 1943 allgemein anwachsender Defätismus/Resignation bei allen Verbnden, die bereits länger im Osten kämpften im gegensatz zu kurzfristig guter, aber schnell umschlagender Moral bei frisch rekrutierten Truppen, von da an stetig abfallend.


43 könnte man als etwas früh diskutieren, aber eigentlich kann ich hier mitgehen.

Stratege hat geschrieben:Um das ganze wieder etwas anzunähern, würde ich es mal in der folgenden Weise versuchen:
Die kollabierende Moral machte sich in den letzten Wochen des Krieges sicherlich auch im direkten Geschehen bemerkbar, deswegen wäre es legitim dass als einen Entscheidenden Faktor anzusehen, wenn man das Jahr 1944 aus dem Untergang des dritten Reiches komplett ausklammerte.
Den Blick auf diese Zeitspanne allein zu richten, reißt die ganze Betrachtung aber mMn zu sehr aus ihrem historischen Gesamtkontext, weil es keine wirkliche Übergangsphase gibt (oder zummindest sehe ich keine) die es rechtfertigen würde 1945 als den Untergang zu bezeichnen, da die Unfähigkeit daran noch etwas zu ändern oder es deutlich hinaus zu zögern bereits 1944 ad acta lag und man es so mehr oder minder mit einem linearen Prozess ohne besondere Wendepunkte zu tun hat und dem entsprechend scheint es mir weit Sinnvoller den Beginn dieses Prozesses als seine Begrenzung zu wählen, als einen wilkührlichen Punkt mitten drin.


Wir liegen ja nicht weit auseinander. Aber den Dreiklang aus Material, Lage, Moral kann man m.E. auch schon klar 44 attestieren.

Benutzeravatar
Stratege
Princeps Posterior
Princeps Posterior
Beiträge: 1239
Registriert: 28. Januar 2013 10:34
Wohnort: Bochum
:
Spender Kleinspender

Re: 2. WK Frankreichfeldzug vs Russlandfeldzug

Beitragvon Stratege » 27. August 2016 20:50

Um das kurz zu beantworten:

1. Ich versteife mich nicht auf den ersten Weltkrieg, sondern für mich zeichnet sich eine Abnutzugsschacht dadurch aus, dass sie sich hinzieht und letztlich durch den mächtigeren Materialeinsatz entschieden wird, der den Gegner mit den geringeren Ressourcen abnutzt. Dass, danke ich, fand im Osten durchaus statt, im Westen allerdings eher nicht, weswegen ich dagegen bin aus der Materialüberlegenheit der Alliierten zu Beginn und zum Ende des Krieges in einen Topf zu werfen, aus dem einfachen Grunde, dass sich Materialüberlegenheit in der Regel erst durch Abnutzungs- und Ermattungstrategien auszahlt, die es in der Sowjetunion und über die zweite Hälfte des Kriegsverlaufes hindurch eben gab, anfangs aber nicht.

2.Sie mögen eine gute Ausbildung durchlaufen haben, praktische Kampferfahrung brachten sie dennoch keine mit. Das viele von Hitler begeistert gewesen sein mögen habe ich nie bestritten, ob man von der Praxis des Kriegführens immernoch begeistert ist, wenn einem dann unterversorgt an der Front die Granaten um die Ohren fliegen ist eine andere Sache. Anders ausgerückt, die jungen Soldaten einer jeden Armee sind begeistert, wenn sie in den Kampf ziehen, wie viel von dieser Begeisterung nach den ersten paar Monaten heftigen Blutvergießens noch übrig ist, steht dann auf einem anderen Blatt.

3. Die Verschwörungen auf die angespielt wurde, sind selbstredend nicht repräsentativ für die Generalität, zumal ihre aktiven Teilnehmer sich zahlenmäßig in Grenzen hielten. Demgegenüber ist allerdings auch zu bemerken, das für so eine Aktion nur solche ins Vertrauen gezogen werden von denen man auch ausgeht, dass sie mitmachen und andererseits diejenigen, die sich nicht aktiv beteligten in der Regel immerhin die Klappe dazu hielten, was angesichts der Überlegung, dass einem mögliche Mitwisserschaft ebenso wie direkte Beteiligung zum Verhängnis werden konnte, ebenfalls bemerkenswert ist.
Ich würde da auch gar nicht unterstellen wollen, dass die Generalität nicht grundsätzlich hinter Hitlers politischen Manövern stand, aber das war, denke ich auch nicht das Thema, sollte man, meine ich nicht vermischen.
Viel mehr wollte ich eigentlich darauf hinaus, dass die Tatsache, das ein Teil der Generalität im keinen Kreis laut darüber nachdenkt lieber die Staatsführung abzuservieren, als einen Krieg mit den Franzosen und Engländern zu riskieren und ein weiterer Teil dazu beharrlich schwieg, ist das für mich einfach ein Indiz dafür, dass man den Bogen doch etwas überspannt, wenn man behauptet "die Generalität" wäre hoch motiviert und fröhlich in den Kreig gezogen um es überspitzt auszudrücken, ich denke, dass das auch hier eine Generationenfrage ist und die Älteren bei dieser Entwicklung sehr üble Bauchschmerzen bekam.
Das ein Großteil der Generalität oder der potentiellen Generalität (siehe Blomberg, von Schleicher, von Bredow, etc.) nach Hitlers Machtergreifung umgebaut oder entfernt wurde, so das sich die Widerstände hier deutlich ausdünnten ist mir ebenfalls bekannt dabei, andererseits gab es auch hitlersche Protoges, denen es irgendwann zu viel wurde.
Wie gesagt, leider nicht genug um einen Umsturz herbei zu führen, andererseits die "gleichgeschaltete, fröhliche Apokalypse", sehe ich hier ebenso wenig.

4. Das ist mMn Blech, aber lassen wir das auf sich beruhen.

5. Nein, so wollte ich das mit dem Thema der Verantwortung, wenn man es schon diskutieren muss (was ich eigentlich für unsinnig halte, weil man es en detail ohnehin nicht auseinander bekommen wird)
nicht verstanden wissen, ich hab mich vielleicht etwas ungeschickt ausgedrückt:

Ich sprach generell von "Unfähigkeit" nicht von Schuld um das noch einmal heraus zu streichen und beziehe das eigentlich im wesentlichen auf die Oberbefehlshaber der einzelnen Heeresgruppen.
Von "Schuld" im Allgemeinen kann ich eigentlich nicht sprechen, weil mir über die Situation zu wenig bekannt ist und ich nicht weiß, ob ein Rückzug logistisch überhaupt durhzuführen gewesen wäre.
Nun hat das Kommando der HG Mitte insofern, auf deutsch gesagt die Arschkarte, dass dieser Frontabschnitt eben zusammengebrochen ist, das allein auf den Befehlshaber dieser Heeresgruppe abzuladen im Sinne einer persönichen Schuld ist mir nicht möglich, da ich nicht darüber im Bilde bin, wie die einzelnen Truppenführer vor Ort und die entsprechenden Verantwortlichen der anderen beiden Heeresgruppen zu einer Rückverlegung der Truppen standen.
Will heißen, sollte etwa Befehlshaber HG Mitte zurückgehen wollen, Befehlshaber HG Nord aber darauf bestehen sich an den Haltebefehl zu halten oder die eigenen untergielderten Kommandeure das so sehen und sich stur stellen, hat der Mann natürlich ein Problem und kann nicht zurückgehen. Und wenn die Straßenverhältnisse, Transportkapazitäten oder was auch immer die Rücknahme der Front insgesammt nicht ermöglichten ebenfalls nicht, demnach ist das nicht zwangsläufig die "Schuld" des Befehlshabers der HG, dennoch ist der Durchbruch auf der Unfähigkeit, von wem auch immer gewachsen, wer das nun genau war, wäre im weiteren festzustellen oder auch nicht.
Persönliche Schuld, wäre allenfalls dann zuzuweisen, wäre die Option zurück zu gehen, was die Bereitschaft sämtlicher Verantwortlicher vorraussetzte den Haltebefehl zu ignorieren, einfach leichtfertig in den Wind geschlagen worden, kann ich ad hoc nicht feststellen, weiß ich zu wenig drüber, dennoch war das nicht Zurücknehmen der Front zweifellos verantwortlich für den sowjetischen Durchbruch, ich denke, damit kann man sich anfreunden?

6. Ich habe nie behaupten wollen, es wäre eine einfache Sache einen Befehl zu ignorieren, auch wenn es sich vielleicht im Eifer des Gefechts so lesen sollte, ich meine nur, dass dieser Weg grundsätzlich möglich gewesen wäre, natürlich auch hier unter der Vorraussetzug die anderen Befehlshaber spielten die Sache mit, ansonsten hätte man natürlich bloß die eigene Front zerrissen.
Das Befehle zu ignorieren zu einem Problem werden kann, ist mir klar, deswegen hatte ich mich in diesem Fall so sehr auf Leeb eingeschossen, da dieser es eben vorgemacht hatte und letztlich dadurch bestraft wurde "frühverrentet" zu werden.
Das es in der Geschichte immer eine Gradwanderung war, was mit einem passierte, wenn man das tat oder verdächtigt wurde so etwas zu tun, verdammt davon abhing, in welcher Armee unter welchem Kommandierenden man gerade Dienst tat und dass es wenn man es in der falschen Armee tat durchaus den Kopf kosten konnte ist mir klar, in der Wehrmacht schien das aber erstaunlicher Weise bis zu einem gewissen Grad möglich zu sein, wobei hier vermutlich auch der Zeitfaktor eine Rolle spielte, je näher der letztendliche Untergang rückte, desto gefährlicher wurde das selbstredend.

7. Wie eine Befehlskette funktioniert ist mir klar, dass brauchst du mir nicht zu erklären und sicherlich trägt der Oberbefehlshaber da einen ordentlichen Teil der Verantwortung, doch würde ich den Löwenanteil bei der Generalität sehen, ob bei Einzelpersonen oder dem Kollektiv, dass kann ich so nicht feststellen und ist für dass, was ich hierzu geäußert habe eigentlich auch weniger relevant, für diese Zuschreibung von Verantwortung sehe ich einfach folgenden Grund:
Die Befehlskette sieht zwar ein hierarchisches Prinzip vor, nach dem der Oberbefehlshaber der letztgültig verantwortliche ist, dies kann allerdings nur auf Basis eines meritokratischen Systems ernstgenommen werden, dass in diesem Fall nicht vorlag.
Der Verfassung nach war Hitler zwar Oberbefehlshaber, nur war als die Verfassung gesachaffen wurde dieses als symbolische Titulatur vorgesehen und man erwartete mit Sicheheit nicht, dass ein militärischer Laie, bar aller hinlänglicher Fähgikeiten ernsthaft den Oberbefehl über die Truppe übernimmt, wenn es ernst wird, statt das vernünftiger Weise de facto oder auch pro forma an einen befähigteren Kopf weiter zu geben und da bin ich schon der Meinung, dass sich die Generalität die Ausführung der Befehle von der Stelle dreimal hätte überlegen müsse.
Sicher, die Befehlskette sieht die Ausführung der Anordnungen des Oberkommandierenden vor, die militärischen Gepflogenheiten sehen es eigentlich hingegen eigentlich nicht vor einen kompletten Laien tatsächlich zum Oberbefehlshaber zu ernennen, insofern haben wir eine Befehlskette auf der einen Seite, das meritokratische Prinzip, nach dem nur kommandieren kann, wer dazu auch befähigt ist auf der anderen Seite. Das ist zugegeben ein ziemlciher Spagat, der dadurch entstand, dass Hitler sich über ungeschriebene Gesetze hinweg setzte und tatsächlich selbst kommandieren wollte, was dan bekanntlich nicht so gut geklappt hat.
Unter normalen Umständen ist es sicherlich richtig, dass es zunächst einmal nicht angeht, Befehle seines Oberkommandiereden zu ignorieren, aber Hitler war eben kein Oberkommandierender in dem Sinne, wie ihn das System eigentich vorsah. Insofern hätte ich mehr Autonomie der Generalität, weniger vor dem Oberbefehlshaber, als viel mehr vor dem Zivilisten Hitler erwartet. Wie gesagt, eigentlich sieht das hierarchische Prinzip keinen Widerspruch vor, dafür aber faktischen Oberbefehlshaber, der mit der Materie vertraut und befähigt ist grundlegende Probleme überhaupt zu überdenken und zu erörtern, etwas, was man bei Hitler getrost bezweifeln darf.
Hier stellt sich am Ende also die Frage, ob Militär oder nicht, muss man die Befehle eines Menschen ausführen, der auf dem Gebiet, auf dem er sie erteilt tatsächlich ausführen, auch wenn man sich der katastrophalen Irrtümer bewusst ist, die Menscheleben ohne Ende verheizen werden?
Auch hier kann man, denke ich die Analogie zum ersten Weltkrieg bemühen, auch hier hatte ein Wilhelm II. den formalen Oberbefehl inne, ernsthaft von ihm erwatet Truppen zu führen, hat von ihm niemand und aus den militärischen Belangen wurde er bekanntich sehr schnell und bestimmt von der Generalität ausgeschlossen. Auch wenn in diesem Krieg von der Generalität viel Mist verzapft wurde, zeigt das eigentlich, das so etwas möglich hätte sein sollen, nun ist der Generalität der Wehrmacht hier zu gute zu halten, das Hitler sicherlich über weit mehr persönliche Macht verfügte als seinerzeit der Kaiser, trotzdem hätte man denke ich effektiver als man das getan hat versuchen müssen den Dilletanten Hitler einzudämmen, was zugegebenermaßen noch dadurch erschwert wurde, dass ein Teil der Generalität selbst des obersten Schnauzbarts ureigenstes Gezücht war.

9. Ich denke schon, dass man 1943, dann natürlich die zweite Jahreshälfte veranschlagen könnte, würde jetzt aber auch nicht zwangsläufig darauf bestehen.

10. Dann liegen wir tatsächlich nciht so weit auseinander.
Die Grundwerte der prämodernen Gesellschaftsordnung:

Artillerie, Kavallerie, Infanterie

Benutzeravatar
KirKanos
Princeps Prior
Princeps Prior
Beiträge: 1878
Registriert: 7. Januar 2011 12:02

Re: 2. WK Frankreichfeldzug vs Russlandfeldzug

Beitragvon KirKanos » 27. August 2016 21:51

Stratege hat geschrieben:Um das kurz zu beantworten:


Gerne, der Abend ist wieder recht heiß. Zu heiß, für historische Debatten könnte man meinen.

Stratege hat geschrieben:1. Ich versteife mich nicht auf den ersten Weltkrieg, sondern für mich zeichnet sich eine Abnutzugsschacht dadurch aus, dass sie sich hinzieht und letztlich durch den mächtigeren Materialeinsatz entschieden wird, der den Gegner mit den geringeren Ressourcen abnutzt. Dass, danke ich, fand im Osten durchaus statt, im Westen allerdings eher nicht, weswegen ich dagegen bin aus der Materialüberlegenheit der Alliierten zu Beginn und zum Ende des Krieges in einen Topf zu werfen, aus dem einfachen Grunde, dass sich Materialüberlegenheit in der Regel erst durch Abnutzungs- und Ermattungstrategien auszahlt, die es in der Sowjetunion und über die zweite Hälfte des Kriegsverlaufes hindurch eben gab, anfangs aber nicht.


Hm, diese Sicht Teile ich nicht. Am D Day verfügten die Deutschen noch durchaus über einige, starke Panzerverbände und teilweise auch durchaus erfahrene Frontsoldaten (neben den vielen Neuen). Für die Allierten ging es doch nur darum, verlustreiche Kämpfe zu forcieren, in dem sicheren Wissen, dass sie selbst ihre Verluste binnen kürzester Zeit ersetzen konnten. Die Deutschen dagegen nicht, wenn die Deutschen in einem Gefecht 50 Panzer vernichteten und die Allierten 15, waren binnen weniger Tage 50 oder mehr allierte Panzer an ihre Stelle getreten. Auf deutscher Seite konnte man überaus froh sein, wenn man von den 15 binnen eines Monats 5 ersetzt bekam.

Aber vielleicht definieren wir ABnutzung auch nur etwas anders.

Stratege hat geschrieben:2.Sie mögen eine gute Ausbildung durchlaufen haben, praktische Kampferfahrung brachten sie dennoch keine mit. Das viele von Hitler begeistert gewesen sein mögen habe ich nie bestritten, ob man von der Praxis des Kriegführens immernoch begeistert ist, wenn einem dann unterversorgt an der Front die Granaten um die Ohren fliegen ist eine andere Sache. Anders ausgerückt, die jungen Soldaten einer jeden Armee sind begeistert, wenn sie in den Kampf ziehen, wie viel von dieser Begeisterung nach den ersten paar Monaten heftigen Blutvergießens noch übrig ist, steht dann auf einem anderen Blatt.


Ich finde die friedensmäßige Ausbildung der Offiziere und Unteroffiziere ist von größter Bedeutung. Sie wurden nicht unter dem Druck des Krieges schnell ausgebildet und an die Front geworfen. Sie haben ihre Offiziers- und Unteroffizierslehrgänge durchlaufen, dazu noch jahrelange Ausbildung und Weiterbildung. Ersteres haben vlt. auch noch die Generationen genossen, die im Krieg eingezogen wurden. Beschleunigt meistens. Aber die anderen Aspekte fehlen völlig. Piloten die jahrelang als Jagdflieger traniert haben, sind doch ein anderes Kaliber als die Jahrgänge des Krieges. Sie hatten vielleicht sogar schon Kampferfahrung im Rahmen der Condorlegion.

Sie waren die Korsettstangen der Truppe, sie vermittelten den jungen, unerfahrenen Routine und Erfahrung. Solche Verluste wogen unsagbar schwer. Ihre ideologische Indoktrinierung war schon weit gediehen, hinzu kam der Wille nach jahrerlange Ausbildung sich zu beweisen.

Die Veteranen des 1WK. waren wohl, auch wenn man ingesamt nie pauschilisieren sollte, desillusionierter. Da hast Du einen guten Punkt. Aber insgeamt würde ich die Moral schon hoch verorten.

Stratege hat geschrieben:3.
Viel mehr wollte ich eigentlich darauf hinaus, dass die Tatsache, das ein Teil der Generalität im keinen Kreis laut darüber nachdenkt lieber die Staatsführung abzuservieren, als einen Krieg mit den Franzosen und Engländern zu riskieren und ein weiterer Teil dazu beharrlich schwieg, ist das für mich einfach ein Indiz dafür, dass man den Bogen doch etwas überspannt, wenn man behauptet "die Generalität" wäre hoch motiviert und fröhlich in den Kreig gezogen um es überspitzt auszudrücken, ich denke, dass das auch hier eine Generationenfrage ist und die Älteren bei dieser Entwicklung sehr üble Bauchschmerzen bekam.
Das ein Großteil der Generalität oder der potentiellen Generalität (siehe Blomberg, von Schleicher, von Bredow, etc.) nach Hitlers Machtergreifung umgebaut oder entfernt wurde, so das sich die Widerstände hier deutlich ausdünnten ist mir ebenfalls bekannt dabei, andererseits gab es auch hitlersche Protoges, denen es irgendwann zu viel wurde.
Wie gesagt, leider nicht genug um einen Umsturz herbei zu führen, andererseits die "gleichgeschaltete, fröhliche Apokalypse", sehe ich hier ebenso wenig.


Mir ist bewußt worauf Du hinaus möchtest. Aber ich denke Du wirst bei jedem großen Krieg, Kreise finden, die skeptisch sind. Kriege sind immer eine ungewisse Sache. Aber ob diese Kreise in diesem konkreten Beispiel auch nur entfernt in der Lage gewesen wären, gegen Hitler vorzugehen, nach dem schnellen Erfolg gegen Polen und dem Deal mit Stalin wage ich zu Bezweifeln.

Stratege hat geschrieben:4. Das ist mMn Blech, aber lassen wir das auf sich beruhen.


Gut, entschuldige bitte wenn ich da etwas ruppig war, ich hätte das vlt. diplomatischer ausdrücken können.

Stratege hat geschrieben:Ich sprach generell von "Unfähigkeit" nicht von Schuld um das noch einmal heraus zu streichen und beziehe das eigentlich im wesentlichen auf die Oberbefehlshaber der einzelnen Heeresgruppen.
Von "Schuld" im Allgemeinen kann ich eigentlich nicht sprechen, weil mir über die Situation zu wenig bekannt ist und ich nicht weiß, ob ein Rückzug logistisch überhaupt durhzuführen gewesen wäre.
Nun hat das Kommando der HG Mitte insofern, auf deutsch gesagt die Arschkarte, dass dieser Frontabschnitt eben zusammengebrochen ist, das allein auf den Befehlshaber dieser Heeresgruppe abzuladen im Sinne einer persönichen Schuld ist mir nicht möglich, da ich nicht darüber im Bilde bin, wie die einzelnen Truppenführer vor Ort und die entsprechenden Verantwortlichen der anderen beiden Heeresgruppen zu einer Rückverlegung der Truppen standen.
Will heißen, sollte etwa Befehlshaber HG Mitte zurückgehen wollen, Befehlshaber HG Nord aber darauf bestehen sich an den Haltebefehl zu halten oder die eigenen untergielderten Kommandeure das so sehen und sich stur stellen, hat der Mann natürlich ein Problem und kann nicht zurückgehen. Und wenn die Straßenverhältnisse, Transportkapazitäten oder was auch immer die Rücknahme der Front insgesammt nicht ermöglichten ebenfalls nicht, demnach ist das nicht zwangsläufig die "Schuld" des Befehlshabers der HG, dennoch ist der Durchbruch auf der Unfähigkeit, von wem auch immer gewachsen, wer das nun genau war, wäre im weiteren festzustellen oder auch nicht.
Persönliche Schuld, wäre allenfalls dann zuzuweisen, wäre die Option zurück zu gehen, was die Bereitschaft sämtlicher Verantwortlicher vorraussetzte den Haltebefehl zu ignorieren, einfach leichtfertig in den Wind geschlagen worden, kann ich ad hoc nicht feststellen, weiß ich zu wenig drüber, dennoch war das nicht Zurücknehmen der Front zweifellos verantwortlich für den sowjetischen Durchbruch, ich denke, damit kann man sich anfreunden?


Ich finde Du hast eine reflektierende Art, die Unsicherheiten bennennt und abwägt, die Jaegerfeld gänzlich abgeht. Aber ja, ich denke damit können wir in einem Konsens gehen.

Stratege hat geschrieben:6. Ich habe nie behaupten wollen, es wäre eine einfache Sache einen Befehl zu ignorieren, auch wenn es sich vielleicht im Eifer des Gefechts so lesen sollte, ich meine nur, dass dieser Weg grundsätzlich möglich gewesen wäre, natürlich auch hier unter der Vorraussetzug die anderen Befehlshaber spielten die Sache mit, ansonsten hätte man natürlich bloß die eigene Front zerrissen.
Das Befehle zu ignorieren zu einem Problem werden kann, ist mir klar, deswegen hatte ich mich in diesem Fall so sehr auf Leeb eingeschossen, da dieser es eben vorgemacht hatte und letztlich dadurch bestraft wurde "frühverrentet" zu werden.
Das es in der Geschichte immer eine Gradwanderung war, was mit einem passierte, wenn man das tat oder verdächtigt wurde so etwas zu tun, verdammt davon abhing, in welcher Armee unter welchem Kommandierenden man gerade Dienst tat und dass es wenn man es in der falschen Armee tat durchaus den Kopf kosten konnte ist mir klar, in der Wehrmacht schien das aber erstaunlicher Weise bis zu einem gewissen Grad möglich zu sein, wobei hier vermutlich auch der Zeitfaktor eine Rolle spielte, je näher der letztendliche Untergang rückte, desto gefährlicher wurde das selbstredend.


Auch das kann ich so unterschreiben.

Stratege hat geschrieben:7. Wie eine Befehlskette funktioniert ist mir klar, dass brauchst du mir nicht zu erklären und sicherlich trägt der Oberbefehlshaber da einen ordentlichen Teil der Verantwortung, doch würde ich den Löwenanteil bei der Generalität sehen, ob bei Einzelpersonen oder dem Kollektiv, dass kann ich so nicht feststellen und ist für dass, was ich hierzu geäußert habe eigentlich auch weniger relevant, für diese Zuschreibung von Verantwortung sehe ich einfach folgenden Grund:
Die Befehlskette sieht zwar ein hierarchisches Prinzip vor, nach dem der Oberbefehlshaber der letztgültig verantwortliche ist, dies kann allerdings nur auf Basis eines meritokratischen Systems ernstgenommen werden, dass in diesem Fall nicht vorlag.
Der Verfassung nach war Hitler zwar Oberbefehlshaber, nur war als die Verfassung gesachaffen wurde dieses als symbolische Titulatur vorgesehen und man erwartete mit Sicheheit nicht, dass ein militärischer Laie, bar aller hinlänglicher Fähgikeiten ernsthaft den Oberbefehl über die Truppe übernimmt, wenn es ernst wird, statt das vernünftiger Weise de facto oder auch pro forma an einen befähigteren Kopf weiter zu geben und da bin ich schon der Meinung, dass sich die Generalität die Ausführung der Befehle von der Stelle dreimal hätte überlegen müsse.
Sicher, die Befehlskette sieht die Ausführung der Anordnungen des Oberkommandierenden vor, die militärischen Gepflogenheiten sehen es eigentlich hingegen eigentlich nicht vor einen kompletten Laien tatsächlich zum Oberbefehlshaber zu ernennen, insofern haben wir eine Befehlskette auf der einen Seite, das meritokratische Prinzip, nach dem nur kommandieren kann, wer dazu auch befähigt ist auf der anderen Seite. Das ist zugegeben ein ziemlciher Spagat, der dadurch entstand, dass Hitler sich über ungeschriebene Gesetze hinweg setzte und tatsächlich selbst kommandieren wollte, was dan bekanntlich nicht so gut geklappt hat.
Unter normalen Umständen ist es sicherlich richtig, dass es zunächst einmal nicht angeht, Befehle seines Oberkommandiereden zu ignorieren, aber Hitler war eben kein Oberkommandierender in dem Sinne, wie ihn das System eigentich vorsah. Insofern hätte ich mehr Autonomie der Generalität, weniger vor dem Oberbefehlshaber, als viel mehr vor dem Zivilisten Hitler erwartet. Wie gesagt, eigentlich sieht das hierarchische Prinzip keinen Widerspruch vor, dafür aber faktischen Oberbefehlshaber, der mit der Materie vertraut und befähigt ist grundlegende Probleme überhaupt zu überdenken und zu erörtern, etwas, was man bei Hitler getrost bezweifeln darf.
Hier stellt sich am Ende also die Frage, ob Militär oder nicht, muss man die Befehle eines Menschen ausführen, der auf dem Gebiet, auf dem er sie erteilt tatsächlich ausführen, auch wenn man sich der katastrophalen Irrtümer bewusst ist, die Menscheleben ohne Ende verheizen werden?
Auch hier kann man, denke ich die Analogie zum ersten Weltkrieg bemühen, auch hier hatte ein Wilhelm II. den formalen Oberbefehl inne, ernsthaft von ihm erwatet Truppen zu führen, hat von ihm niemand und aus den militärischen Belangen wurde er bekanntich sehr schnell und bestimmt von der Generalität ausgeschlossen. Auch wenn in diesem Krieg von der Generalität viel Mist verzapft wurde, zeigt das eigentlich, das so etwas möglich hätte sein sollen, nun ist der Generalität der Wehrmacht hier zu gute zu halten, das Hitler sicherlich über weit mehr persönliche Macht verfügte als seinerzeit der Kaiser, trotzdem hätte man denke ich effektiver als man das getan hat versuchen müssen den Dilletanten Hitler einzudämmen, was zugegebenermaßen noch dadurch erschwert wurde, dass ein Teil der Generalität selbst des obersten Schnauzbarts ureigenstes Gezücht war.


Ich sehe die eine Ebene, die logische, dass Hitler als Laie sich aus militärischen Sachen herauszuhalten hatte. Aber man darf nie ausblenden, dass man sich in einem totalitären System befand, dass mit der SS und der Waffen SS über eigene Bataillone unter Waffen verfügte. Einen brutalen Repressionsapparat aus Gestapo, Polizei, SD usw. Auch die Wehrmacht konnte sich dem immer weniger entziehen. In diesem System agierten nun Befehlshaber, die sowohl über sich, unter, als auch zwischen sich 100 Prozentige Nazis wußten. Das Befehle hier und dort verweigert , und Truppen gerettet wurden, führte vlt. nicht zum Tod. Aber zur gesellschaftlichen Isolierung und Ächtung. Das mag in unseren Augen als geringer Preis für die Rettung vieler Leben gelten, aber trotzdem darf man diese Punkte nicht vernachlössigen.

Die andere Ebene ist das Funktionieren eines System, das System der Befhl/Ausführung mag hier und dort ausgehebelt wurden sein, im Großen und Ganzen wurde das aber nicht hinterfragt. Vom Gefreiten bis zum General. Das ist die große Schande der bewaffneten Organe dieser Zeit. Aber in der militärischen Mentalität die damals vorherrschte, galten die Eide und Dienstvorschriften. Das Primat der Politik ist dabei schon immer ein Punkt gewesen, Laien als Oberbefehlshaber fand und findet manheute überall. Nur der Grad wie sie sich einmischten divergierte. Hitler hatte ja einige Generalstabler um sich. Ich finde Du machst den Punkt, Hitler war ein Laie und die Militärs hätten seinen Anweisungen nicht folgen müssen, zu Recht. Deswegen möchte Dir hier gar nicht groß widersprechen, aber doch auf die Bandbreite des Handelns damals hinweisen.

Stratege hat geschrieben:9. Ich denke schon, dass man 1943, dann natürlich die zweite Jahreshälfte veranschlagen könnte, würde jetzt aber auch nicht zwangsläufig darauf bestehen.

10. Dann liegen wir tatsächlich nciht so weit auseinander.


Ging doch etwsa länger. Aber gut, ich freue mich auf Deine Antwort und genehmige mir jetzt erstmal ein Glas kalter Limo.

Benutzeravatar
Stratege
Princeps Posterior
Princeps Posterior
Beiträge: 1239
Registriert: 28. Januar 2013 10:34
Wohnort: Bochum
:
Spender Kleinspender

Re: 2. WK Frankreichfeldzug vs Russlandfeldzug

Beitragvon Stratege » 28. August 2016 02:29

Gut, etwas spät geworden, aber ich denke, ich komm noch eben dazu:

Zu Thema Abnutzung:
Hier, denke ich hat sich im Laufe des Krieges die Ressourcenverteilung etwas geändert also auch die Frage, was abgenutzt werden konnte. Der deutschen Kriegswirtschaft mangelte es ja zu beginn mehr oder minder wirklich an allem und mir ist jetzt auch völlig klar, dass das, was nun kommt ein ahistorisches Szenario ist, ist aber, meine ich pakativ um zu erklären, was ich meinte:
Erzeugung von Gummi, Treibstoff, sogar Panzerstahl etc. war für die deutsche Industrie problematisch, man war vom Ausland abhängig, nicht zuletzt von der Sowejtunion und den Erzen aus Skandinavien (schon das hätte bei rechtzeitiger Besetzug ja um ein Haar unterbunden werden können).
Gesetzt den Fall, die Franzosen und Briten wären defensiv in Frankreich und an der Grenze bis zur Wallonie stehen geblieben, hätten fleißig weiter mobilisiert und die britische Seeblockade ihre Wirkung entfalten lassen, hätten sie die deutsche Rüstungsindustrie vermutlich relativ zügig ausbluten lassen können, die Wehrmacht wäre von ihrem Materialstand her vermutlich eher nicht in der Lage gewesen einen direkten Angriff auf die Interalliierten Streitkräfte erfolgreich zu unternehmen und dann hätten die Westalliierten ihre Materialüberlegenheit ausspielen und die Ressourcen der deutschen Seite mit verhältnismäßig geringen, oder zumindest leichter ersetzbaren Verlusten vermutlich aufzehren können, dass wäre dann für mich eine analoge Situation zum Krieg in der Sowjetunion gewesen, aber dazu kam es eben nicht, weil die Alliierten sich zu weit nach Norden wagten und viel zu früh übertölpeln ließen.
Insofern wäre, das materielle Potential für einen Abnutzungskrieg, wenn auch vermutlich nicht im selben Maßstab, wie das später realisiert wurde, sondern ein paar Nummern kleiner durchaus da gewesen, sie schafften es nur nicht, dass so auf den Weg zu bringen oder aber die Deutschen wussten es zu vermeiden, je nachdem aus welcher Perspektive man das betrachten mag.

Ausbildung und Moral:
Gut, das Ausbildung ein wichtiges Thema ist, ist völlig klar, auch dass man das gerade bei Piloten sehr gut beobachten kann. Die Legion Condor ist sicher auch ein einzubeziehender Sondefall, der einigen die ersten Kampferfahrungen vermittelte, wobei dass dann aber eher eine Minderheit betraf. Nun gibt es, wenn ich mich nicht täusche allerdings auch Berichte, aus Polen, die aus den ersten Tagen Zwischenfälle melden, bei denen sich die unerfahreneren Einheiten teilweise gegenseitig beschossen, wobei das vielleicht auch zu sehr aufgebauscht wird.
Sollte das aber der Fall sein, zeigt dass, denke ich ganz gut, dass doch trotz guter Ausbildung bei unerfahrenen Truppen anfangs immer auch mit Panikreaktionen zu rechnen ist und dem entsprechend Situationsbedingt die Kampfmoral vermutlich auch gerne mal schwankt, Indoktrination, Führerglaube und Abenteuerlust hin oder her.

Verschwörungen:
Das man in jedem Krieg einzelen Kommandanten und Militärs findet, die mit diesem und jenem nicht einverstanden sind, ist sicherlich völlig normal, aber das man hinter geschlossener Tür offen in Erwägung zieht sein Staatsoberhaupt tödlich verunfallen zu lassen, sollte es sich auf Frontvisite blicken lassen, halte ich dann doch eher für eine anormale Angelegenheit. Hätten sie Erfolg haben können? Ich denke eher nicht, weil ihnen die Basis fehlte die politische Macht zu übernehmen, aber darüber zu zanken ist, denke ich auch müßig, meine eben nur, dass wenn so etwas tatsächlich in militärischen Führungskreisen erwogen wird, den Beteiligten klar sein musste, dass die Kacke mächtig am dampfen ist.

Befehlsverweigerung zwecks Frontrücknahme:
Dass das NS-Regime ein totalitäres war und so seine Mögichkeiten hatte auch "illoyale" Generäle zu bekämpfen, zeigt ja das Schicksal der Attentäter vom 20. Juli und allen und denen, die irgendwie davon wussten oder dessen bezichtigt wurden, wobei das vielleicht noch eine etwas andere Situation war, aber ich denke als Beispiel für die Methoden kann man das stehen lassen. Auf der anderen Seite, die höheren Chargen der Wehrmacht hatte ja durchaus auch ihre Loyalisten.
Ich muss vor diesem Hintergrund, denke ich meine vormaligen Ausführungen noch etwas präzisieren und zwar in die folgende Richtung:
Die Befehlskette ist, wie gesagt sicherlich grundsätzicher Bestandteil der Ordnung in der Armee. Andererseits, hat sie, zummindest vermute ich das als Leihe sehr stark, wahrscheinlich auch den kleinen Schönheitsfehler, dass sie in diesem Fall den militärischen Vorschriften in anderer Hinsicht zuwider laufen dürfte und zwar dahingehend, das "Oberbefehlshaber" zwar eine Funktion ist, aber, soweit mir bekannt ist kein militärischer Dienstgrad. Der erreichte Dienstgrad Hitlers war meiner Kenntnis nach der eines Gefreiten und ich kann mir schwerlich vorstellen, dass die damaligen Armeevorschriften es einem Gefreiten gestatteten einen Generalfeldmarschall herum zu schubsen.
Was also die Befehlshierarchie angeht, kommt es denke ich verdammt darauf an, ob der jeweilige Funktionsträger in Hitler den "Oberbefehlshaber" oder den "anmaßenden Gefreiten" gesehen habe mag, die Zuschreibung auf dem Papier spricht für ersteres, Eignung und allgemeine Gepflogenheiten hinsichtlich Einmischung von Zivilisten in militärische Belange eher für letzteres.
Ehrbegriffe etc. sind da natürlich ein Thema, nur haben die als Ausrede den blöden Beigeschmack, dass jede Geneation ihre Ehrbegriffe selbst prägt und wandelt, das wäre also eher ein nicht wollen, denn ein nicht können gewesen.
Ich will auf dem Punkt auch jetzt gar nicht mehr besonders rummeiten, zumal der eigentlich an eine andere Adresse ging, die mir diesbezüglich neulich in diesem punkt in recht ungehobetem Tonfall komplette Ahnungslosigkeit unterstellen zu müssen meinte.

Zum praktischen, wie hätte eine Missachtung des Haltebefehls aussehen können? Ich sehe zwei Szenarien, von dem eins allerdings extrem riskant wäre:

1. Szenario
Mit den Befehlshabern der anderen Abschnitte einen Rückzug auskungeln, ihn ausführen und Hitler vor vollendete Tatsachen stellen. Warum meine ich, dass das gegebenenfalls hätte funktionieren können? Weil eigentlich allen klar sein musste, dass der Durchbruch früher oder später kommen musste und in diesem Sinn hatten die Befehlshaber sämmtlicher Abschnitte, eine hübsche Wette abgeschlossen, wenn man so will: Da die katastrophalen Auswirkungen eines sowjetischen Durchbruchs absehbar sein mussten, musste gleichsam jeder Befehlshaber hoffen, dass das bitte irgendwo passieren mag, nur nicht in seinem Abschnitt, denn in wessen Abschnitt auch immer es passieren mag, der für diesen Teil verantwortlich wird die nächste Sau sein, die durchs Dorf getrieben wird.
Insofern müssten eigentlich die Befhelshaber sowohl der HGs als auch die Kommandeure der einzelnen Fronteinheiten (die sowiso, wollten schließlich nicht gern überrannt werden) ein Interesse darag gehabt haben den Schaden bei einem Durchbruch in Grenzen zu halten oder den Durchbruch so lange wie möglich abzuwenden um nicht am Ende selbst der "Verräter" zu sein, der nicht standhalten konnte.

2. Szenario
Ohne Absprache mit den Befehlshabern der anderen Abschnitte zurrückgehen und darum beten, dass diese die Gefahr eines kompletten Zusammenbruchs erkennen und sich gleichsam zähneknirschend zurrückziehen, bevor die Sowjets die Chance erkennen und zuschlagen.

Das zweite Szenario wäre sicher nicht unbedingt, es sei denn als ultima ratio zu empfehlen gewesen, wegen des hohen Risikos und weil man sich damit allein zum Verräter gemacht hätte, was gefährlich ist, zummindest hätten die anderen Befehlshaber damit dann die Möglichkeit jegliche Verantwortung für die Misere abschieben können, was für den, der hätte zurrückgehen müssen natürlich ungünstiger ist, als wenn diese sich ebenfalls zurrückgezogen hätten.

Sicherlich am Ende alles ein gewagtes Spiel, aber man hätte wenigstens versuchen können so etwas einzufädeln um die Truppen da heraus zu bringen, wobei auch dass davon abhängt, was die anderen Befehlshaber letztendlich getan hätten. Insofern muss ich meine Standpunkt etwas verschieben und zwar dahingehend, dass einem einzelnen Befehlshaber eier HG in diesem Fall kein Vorwurf zu machen ist, wenn er nicht eigenmächtig auf eigene Faust versuchte zurrück zu gehen, wohl aber dann, wenn er nciht zumindest versuchte sich zu diesem Zweck mit den anderen Abschnitts- und untergliederten Befehlshabern abzusprechen um so etwas am Ende vielleicht doch an Hitler vorbei organisieren zu können, denn wäre die Front erst einmal im Rückzug begriffen gewesen, hätte letzterer noch so toben können, man hätte es schon aus technischen Gründen nicht mehr beliebig abbrechen können.
Die halbe verbliebene Generalität einfach in ein Konzentrationslager sperren oder verschwinden zu lassen wäre ihm auch reichlich schwer gefallen. Zum einen hätte er umgehend Ersatz benötigt, den es nicht mehr gab, zum anderen ist es auch um dem eigenen öffentlichen Bild nicht zu schaden klug Personen, die man gestern noch zu Volkshelden gemacht hat einfach so auszuknipsen (man regete das ja etwa im Fall Rommel nicht so ganz umsonst nach weniger aufsehen erregendem Prozedere) und zuletzt, wenn ich die halbe Generalität abschlachte, riskiere ich, dass sich der Rest zusammenrotten, auf die Hinteläufe stellt und anfängt zu beißen, da zu riskieren wäre gegebenenfalls auch nicht besonders klug gewesen.
Eine Garantie dafür, dass das funktioniert hätte ist das sicher nicht, aber der eigenen Verantwortung wegen hätte man einen solchen Versuch, denke ich durchaus unternehmen können.
Die Grundwerte der prämodernen Gesellschaftsordnung:

Artillerie, Kavallerie, Infanterie