nordstern hat geschrieben:Ich denke auch das Hochkultur hier nicht passt. Jede Supermacht, jedes Großreich geht irgendwann unter. Aber Hochkulturen nicht. Es gibt immer Überlebende. Es tritt einfach eine neue Supermacht auf den Plan die dann ggf. die "alte" Hochkultur in sich aufnimmt. Die Frage ist nur ob es am Ende noch eine Hochkultur ist oder ob sie in einer anderen Kultur aufgegangen ist.
Die Frage, die man sich hier ganz einfach stellen muss, ist die, ob sich eine Hochkultur global gesehen dadurch auszeichnet eine gewissen Entwicklungsschwelle gemeistert zu haben, etwa die verwendung von Stein als Baumateial o.ä. in Kombination mit einem komplexen gesellschaftlichen System oder aber, ob eine Hochkultur nur im globalen Vergleich mit anderen Kulturen eine solche ist.
In ersterem Fall kann sie nicht untergehen, so lange es noch genügend angehörige dieser Kultur gibt und diese in der Lage sind Fähigkeiten und Wissen weiter zu geben. Ist die Prämisse für eine Hochkultur die Entwicklung gegenüber anderen Kulturen, kann das sehr wohl passieren und auch sehr schnell, einfach in dem man relativ überholt wird, was nicht einmal einen physischen Untergang vorraussetzt. Bliebe noch die Frage der Entwicklungen.
Was genau charakterisiert eigentlich eine Kultur? Merkmale wie Sprache, Schriftlichkeit, Anbau und Wirtschaftsmethoden, Baustile etc. Das sind aber alles Elemente, die sich durch ständige Assimilation neuer Elemente verändern oder auch durch Veränderung von Umweltbedingungen, weswegen man sich hier konkret die Frage stellen müsste, welche Elemente genau diese oder jene Kultur jetzt auszeichnen und wann diese zu verschwinden beginnt und damit aufhört zu existieren, also untergeht, nicht, weil sie physisch vernichtet wurde, sondern weil sie beginnt ihre charakteristischen Elemente zu verändern und auszutauschen, an der Stelle wäre eben zu bedenken, das zeitliche und materielle abgrenzungen historisch immer eine komplexe und sehr interpretationsfähige Handlung ist, was für die Definition einzelner Kulturen ebenso gilt.
nordstern hat geschrieben:Rom hat das beispielsweise so gemacht (siehe Germanien und Christentum oder die Hellenisierung Roms und anschließende Romanisierung des Reichs). Das Problem ist nicht das Nationen und Reiche untergehen. Das Problem ist, dass in vielen Kulturen der Drang zum Erhalt und feste Machtstrukturen dazu führen, dass Reiche im verzweifelten Bemühen als Machtfaktor und Verwaltungseinheit zu überleben eine Expansionspolitik anstreben. Wenn das nicht mehr funktioniert bricht das Kartenhaus zusammen was oft/meistens in einem Bürgerkrieg endete, da idR. Außenpolitische Erfolge die innenpolitischen Fehler Kaschieren sollten. Bestes Beispiel dafür ist Rom. Aber auch andere Supermächte u.a. die Mayas passen da ins Bild. Und deswegen befürchte ich auch, dass wenn die USA fällt sie in ihren "verzweifelten Zuckungen" sehr viel Unheil anrichten kann.
Ich glaube du vermischst da gerade den Begriff der Kultur mit der Begrifflichkeit einer wie auch immer gearteten Organisationsform, denn Kulturen, die den Drang zu irgendwas haben, sind mir noch keine unter gekommen, dass sind für mcih eher abstrakte Begrifflichkeiten, den Drang zum Handeln in irgendeine Richtung haben Menschen, als Angehörige und Vehikel ihrer Kultur und planvolle, politische Maßnahme, aber eben nicht als die Kutur selbst.
Auf Expansion ausgelegte Modelle können Teilproblem von Staaten sein, im besonderen nämlich dann, wenn die soziale Mobilität im inneren gering ist und der Einzige weg noch nach oben zu kommen in kriegerischer Betätigung besteht, die ein Ventil nach außen braucht und in Verbindung damit auch potente Nachbarn, deren Ausplünderung sich lohnt, damit sich die Probleme nicht nach innen verlagern. Wenn du an dieser Stelle Rom herannimmst, hinterfrage auch, ob dezidiert römische Kutur denn etwas monolithisches war, oder das ganze Modell einfach aus sich überlagernden Elementen aus verschiedenen Regionen besteht und ob sich das nicht einfach vortgesetzt hat.
nordstern hat geschrieben:Ausnahme bilden komischerweise der indische Subkontinent. Ich vermute der Grund dafür liegt in der isolierten Lage, der stärke der Kultur (als die Morgul da waren) und Masse. Dazu vermutlich auch noch ihre Religion (Hinduismus, in meinen Augen keine Massenreligion sondern eine schamanistische Überzeugung die zur Religion/Ideologie wurde) sowie ihre Kriegerkultur. Extreme Reichtumsballung bei den Herrschern, keine Kriegervergangenheit, weniger expansionistische Ausprägungen führten vermutlich dazu das hier der Reichsuntergang wie im Westen nicht stattfinden konnte. Indiz dafür ist in meinen Augen die Kriegsführung der Inder gegen die Briten. Diese zeigt, das die indische Armee zu sehr großen Teilen aus Skirmish-Kavallerie bestand. Was in meinen Augen ein klares Indiz dafür ist das Indien es nicht gewohnt war große stehende Heere aufzustellen und große Schlachten zu schlagen sondern viel auf Plänklerebene ablief.
Ich vermute die Problematik hier liegt darin, dass wir hier alle soch einen sehr eingeschränkten Blick auf Indien haben, weil das nciht unbedingt zu unserer historischen Grundbildung dazu gehört.
Zum Thema Export indischen Kulturguts kann ich dir eine Weisheit mitgeben, die ich gerade aus der Thematik meiner Seminararbeit heraus nehmen kann:
Indische Kulturelle Merkmale wurden im 1. Jahrtausend durchaus exportiert und zwar in Richtung der indochinesischen Halbinsel, Sprich Myanmar (Birma), Thailand (Siam), Kambodcha und Laos. Diese Regionen waren zeitweise stark hindusitisch geprägt um ein Beispiel zu nennen, Baustile, Kunststile etc. kommen dazu, in Teilen wurde es durch späteren chinesischen Kulturexport überlagert (übernahme des Buddhismus etc. wobei es sich dabei dann stren genommen um einen Re-Export handelt, denn die Ursprünge des Buddhismus sind ja ebenfalls in Indien zu finden), selbige, durchaus noch sichtbare, indische Kulturprägung verannlasste später die Franzosen, als sie sich in Indochina als Kolonialmacht aufspielten zu rassistisch Konnotierten Hackordnungen, bei denen die altindisch geprägten Regionen (Laos, Kambodscha, Cochinchina) gegenüber den chinesich geprägten Tonkin und Annam gegenüber als "unterzivilisiert" abqualifiziert wurden. Indien, oder besser der Indische Subkontinent als Region (und eben nicht als Reich) exportierte also originär indische (regional betrachtet) Kulturgüter durchaus, das liegt nur nicht immer ganz auf der Höhe unseres eurozentrischen Horizontes. Auch gibt es für Expansionen jeglicher Art immer Push und Pull Faktoren. In wie weit sind die möglichen Importeure geneigt Kulturelle Elemente zu übernehmen? In wie weit die Exporteure in der Lage diesen Export auch zu erzwingen?
Das war jetzt vlt. etwas off topic, aber es wäre wirklich sinnoller sich erst einmal darüber zu unterhalten, was im eigenen Verständnis eine Kultur nochmal genau ist.