Was ist eine Hochkultur? Sind alle Hochkulturen untergegangen?

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Re: Was ist eine Hochkultur? Sind alle Hochkulturen untergegangen?

Beitragvon Stratege » 5. Oktober 2016 18:21

Pastete hat geschrieben:Stratege, schon mal den Ausdruck "römische Hochkultur" gehört? Ich ehrlich gesagt nein. Ich kann mich auch nicht entsinnen, das mit Bezug auf Griechen nach Mykene und Perser je gehört zu haben.
Deswegen ja: Perser etc. würde ich schon nicht für eine Hochkultur halten.
Es gibt einen Grund warum ich nicht von technologischem Vorsprung generell sprach, sondern bestimmte gelistet habe. Es gibt auch keinen Grund die alle aufzulisten. Hochkulturen hatten alle die Sesshaftigkeit und die Gründung von Städten gemeinsam und die Fähigkeit, diese in Schrift und Stein (Architektur) zum Ausdruck gebracht haben. Das war ihr Alleinstellungsmerkmal.
Alle anderen Erfindungen mögen Eingang in unsere Kultur gefunden haben, die Ausübung dieser erleichtert haben, aber sie introduziert kein neues Medium im Allgemeinen Sinne.


Mir ist die Bezeichnung "römiche Hochkultur" durchaus schon untergekommen, allerdings lediglich umgangssprachlich, nicht in irgendeiner Form fachlich versiert. Ob es fachlich annerkannte Meinungen gibt, die diesen Begriff ins Auge fassen ist mir nicht bekannt, die Antike ist normalerweise nicht meine Spielwiese. Das wesentlich größere Problem, was ich dabei sehe ist, dass der vorder- und südasiatische Raum in diesem Sinne sehr früh anfangen zu interagieren und in diesem Sinne müsste man, wenn man davon ausgeht, dass sich eine Hochkultur von ihrem Interaktionsraum deutlich abheben muss zwangsläufig im Raum Mesepotanien, Persien, indischer Subkontinent, Kleinasien und Ägypten, Levante im Grunde genommen vieles, was vulgo als Hochkultur durchgeht eingestampft werden. In Mittelamerika sehe ich da ein ähnliches Problem dadurch bedingt, dass Maya und Atzteken durchaus auch einen ähnlichen Einzugsbereich hatten, darum geht es mir. In dem Sinne kann man Hochkultur sicher so definieren, wie du das tust, die Frage ist ob die Konsequenz dann die Trennung ergibt, auf die man hinaus will oder vielleicht doch etwas radikaler ausfallen müsste.

Pastete hat geschrieben:Wirklich drastisch erhöht hat sich der Informationszeitalter erst ab dem 19 Jh. Willst du von europäischen Hochkulturen sprechen?
Darüber hinaus war schon die prähistorische Zeit äußerst globalisiert. Siehe Himmelsscheibe von Nebra.

Nun, ich hatte ja schon geschrieben, dass ich den Begriff Hochkultur für spätere Zeiträume als nicht mehr unbedingt angemessen betrachte, wegen extremer Ausweitung und Beschleunigung von Interaktionsräumen. Sicherlich, das 19. Jahrhundert hat mit Eisenbahn, Industrie und Telegraphie da noch eine ganz andere Geschwindigkeit erreicht. Globalisierung prähistorisch anzusetzen ist mir als Ausgangspunkt aber ebenfalls zu radikal, ich würde das 16. Jahrhundert als Ausgangspunkt für die planmäßige Durchdringung und Anbindung der gesammten Welt ins Auge fassen und diesen Prozess vor Mitte des 20. Jahrhunderts, zummindest was die rudimentäre Anbindung betrifft, auch nicht als abgeschlossen sehen.
Sicherlich gab es auch in früherer Zeit bereits Vernetzungen in Form von Handelsrouten und ähnlichem, aber Reisezeiten, Frequentierung und Wanderungsbewegungen waren in der Regel bei weitem nicht so gravierend wie in späterer Zeit, ich möchte damit nciht auf die Vernetzung an und für sich hinaus, sondern darauf, dass das transportierte Datenvolumen ungleich gleiner war, zumal Kulturexporte vor Beginn des Kolonialismus oftmals (nicht immer) eher zufällige Nebenprodukte waren.

Pastete hat geschrieben:Der Vergleich mit dem römischen italienischen und französischen ist mit Bezug auf die Hethiter kaum anwendbar, mal abgesehen davon, dass dein Einwand hier völlig am Thema vorbei geht. Sämtliche romanischen Sprachen sind Vermischungen mit sowohl eingeborenen als auch durch die Völkerwanderung eingewanderten Völker und ja, auch Degenerierungen (Vulgärlatein). Sieht man auch daran, dass Frankreich eigentlich viele Sprachen kennt/kannte und nicht nur Dialekte, die sich u.a. in Langues D'Oc & Langues d'Oil unterteilen lassen. Weil in der römischen Zeit die einheimischen Sprachen nicht ausgestorben sind. Die Gründe, auch wenn ich sie nicht kenne, sind rekonstruierbar.

Willst du das von den Hethitern behaupten, wirst du dich auf die Hattier beziehen müssen, die das Gebiet vor und nachher mit den Hethitern bewohnten. Die Hattische Sprache war schon untergegangen, als die Hethiter mit ihren schriftlichen Überlieferungen begannen und nur in Ausschnitten bekannt. Weil ihre Sprache nicht zu selben Sprachgruppe gehörte, unterschied sie sich krass. Lehnswörter, die die Hethiter aus dem Hattischen übernahmen, sind daher auch klar erkennbar. Genauso wie man beim englischen germanische von romanischen Lehnswörtern klar an ihren Merkmalen unterscheiden kann, auch ohne deutsch, französisch oder Latein zu können.
Natürlich kann man behaupten, die Hethiter hätten das Femininum erst erlernt und dann wieder aufgegeben, aber für mich scheitert die Theorie am Ockhamschen Rasiermesser.


Ich wollte auch eigentlich keinen Bezug zwischen Hethitern und römischen Nachfolgesprachen konstruieren sondern lediglich darauf hinaus, dass eine grammatische Besonnderheit zwar Anlass gibt eine geographische Separierung zu vermuten, dass alleine für einen expliziten Beweis aber noch nicht ausreicht, da es sich auch einfach um eine im Sinne des Usus-Prinzips um eine dialektale (oder verwandte), regionale Ausprägung handel kann.
Im Ruhrgebiet etwa, kann es dir passieren, dass du ausprägungen in der Alltagssprache hörst wie: "Samstag bin ich nit da, da geh' ich nach dat Fußballspiel."
Das ist grammatisch nach den Regeln der deutschen Sprache vollkommen falsch, hat aber nichts damit zu tun, das der Umgang mit Präpositionen im Sinne des deutschen Nicht erlernt wurde, sondern bildet einfach den Alltagsgebrauch nach, etwas, dass in einem Zeitalter ohne gemeingültige Rechtschreib und Grammatikregeln vermutlich noch viel ausgeprägter war, somit muss keine räumliche Seperation vorliegen und das ganze auch nichts mit lernen zu tun haben, wobei es nun ebenso gut möglich wäre, dass eine Entwicklung von einer Teilgruppe nicht mitgegangen wird und das ist auch durch kein philosophisches Theorem an und für sich widerlegbar, sondern nur durch materielle Nachweise.
Meine Aussage richtet sich also nicht dahin, das ich in irgendeiner Form den Forschungsstand im Bezug auf die Hethiter kommentieren möchte, das wäre etwas, was mir auf Grund der Tatsache, dass er mir in seinen Ausmaßen völlig unbekannt ist überhaupt nicht zusteht.
Mein Kommentar ging auf die generaisierte Behauptung man könnte den Zeitpunkt einer räumlichen Separierung definitiv an gramatischen Besonderheiten festmachen. Die sind sicherlich ein starkes Indiz, aber ein Beweis wären es erst in dem Moment, in dem keine anderen Erklärungen mehr in Frage kommen und die gibt es eben, vor dem heranziehen anderer Aspekte durchaus noch, nämlich in dem einfachen Erklärungsansatz, dass sich Änderungen einfach nciht bei allen durchgesetzt haben könnten, ob und wenn ja wie wahrscheinlich das ist, ist eine andere Frage.
Die Grundwerte der prämodernen Gesellschaftsordnung:

Artillerie, Kavallerie, Infanterie