Ist das Mittelalter bald Geschichte?

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Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Hexenkönig » 8. September 2019 18:33

Ich habe einige Artikel über Thomas Bauers Buch "Warum es kein islamisches Mittelalter gab: Das Erbe der Antike und der Orient" gelesen in dem er den Begriff und die Epocheneinteilung des Mittelalters heftig angreift und auch nebenbei immer wieder durchgesickert ist, dass das "Mittelalter" an sich so längst nicht mehr haltbar ist und die gängige Epocheneinteilung dringendst überarbeitet gehört. Auch mehrere Rezesenten auf Amazon waren dieser Meinung.
Thomas Bauer selbst sieht anstatt des Mittelalters lieber eine allgemeine "Transformationsperiode", gefolgt von der Neuzeit ab 1050, doch das halte ich wiederum für Humbug, weil "Transformationsperiode" klingt auch nicht gerade besser, als "Mittelalter".
Beides suggeriert, dass der betreffende Zeitraum nicht gut genug für eine gewisse Eigenständigkeit ist, also kann man es auch gleich beim vertrauteren Mittelalter belassen.
Das Wort Mittelalter vermittelt eine Ära, die zwischen zwei Hochphasen der Menschheit steht, während "Transformationsperiode" aussagt, dass sich da etwas gerade im Wandel befindet, also vielleicht ein klein wenig positiverer Beiklang, aber wie gesagt trotzdem Nonsens, denn es "transformiert" sich pausenlos irgendwas in der Kultur und das immer schon.

Außerdem empfinde ich den Mittelalterbegriff als NICHT kritisch. Er ist (mitsamt der Renaissance) ein historisch gewachsener Epochenbegriff, den man nicht so einfach ersetzen kann nach Jahrhunderten der Rezeption, außerdem steht das Mittelalter eben für die Periode von dem Ende der Völkerwanderung bis zum (willkürlich gewählten) Endpunkt, der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus, aber hey, irgendwo muss man ja mal ein Ende festsetzen, oder?
Ich sehe diesen festgesteckten Zeitbereich des Mittelalters NICHT als rückständige, finstere Zeit an, sondern als Neubeginn. Der Übergang von einem lateinisch dominierten hin zu einem germanisch dominierten Europa. Die germanischen Völker hatten die Dinge eben immer anders gehandhabt als die Römer und daher ist es nur verständlich, wieso Europa plötzlich so sehr anders aussah, als vor dem Untergang Westroms.

Aus der Forschung wissen wir ja heute, wie es wirklich um die mittelalterliche Lebenswelt bestellt war, dass es auch viel Innovation gab, man bedenke nur die hochentwickelte Bautechnik der damaligen christlichen Kathedralen (über die Kirche und ihre Engstirnigkeit möge man jetzt denken was man will), oder das medizinische Wirken einer Hildegard von Bingen.

Doch das ist wie gesagt meine persönliche Meinung. Es gibt genug andere, die meinen der Epochenbegriff des Mittelalters sei negativ und problematisch und gehöre dringend aus der Geschichtsaufteilung getilgt.
Was denkt ihr also, könnte es eines Tages wirklich soweit sein, dass die wissenschaftliche Geschichtsforschung den Mittelalterbegriff komplett streicht und stattdessen andere Einteilungen/Namen von ihr verwendet werden? Wie seht ihr das so mit dem Mittelalter als Epochenbezeichnung?

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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Fairas » 8. September 2019 19:35

Mittelalter ist ein halt ein Begriff der sich primär auf Europa anwenden lässt, erweitert noch auf den Orient. Aber nicht auf China, Afrika südlich der Sahara oder Amerika vor der Entdeckung durch die Europäer.

Fortschritt geschieht auch nicht gleichmäßig. Auf der einen Seite haben wir heute Hochtechnologie, auf der anderen Seite immer noch nahezu komplett isoliert lebende Ureinwohner (wie die die kürzlich einen Journalisten erschossen haben).

Auch kulturell/zivilisatorisch geht es nicht immer nur aufwärts. Der größte Rückschritt ist gerade mal 75 Jahre her, das ist im Vergleich zu mehren tausend Jahren Menschheitsgeschichte verschwindend wenig.

Ich denke Mittelalter wird als Begriff nicht verschwinden, im richtigen Kontext passt er hervorragend.
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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Hjalfnar » 9. September 2019 07:28

Och, Mittelalter lässt sich als Begriff durchaus auch auf andere Gebiete anwenden als nur Europa. Nur dass z.B. China es mehr oder minder Dauerzustand war oder direkt übersprungen wurde, jenachdem wie man Mittelalter definiert. Ebenfalls siehe Japan. Klar ist es trotzdem ein vor allem europäisch geprägter Begriff und eine weltweit anwendbare Definition für diese Phase der menschlichen Entwicklung wäre sicher wünschenswert. Das ändert aber nichts daran, dass uns der Begriff für Europa zumindest noch lange erhalten bleiben wird.
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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Elendil 03 » 4. Dezember 2019 17:56

Ich kann mit meinen bescheidenen Kenntnissen im grösseren Kontext der Geschichtsforschung hier keine allzu fundierte Aussage treffen, schliesse mich aber meinen Vorpostern an: Der Begriff des Mittelalters hat heutzutage im wissenschaftlichen Kontext weder im englisch- noch im deutschsprachigen Raum eine pejorative Konnotation und wird deshalb auch wohl kaum ersetzt werden.

Vielmehr sehe auch ich Probleme bei der Einteilung: Eine eindeutige Abgrenzung der Antike gegen hinten (Aufstieg des Perserreiches) und der Epochenbeginn des Mittelalters mit der Islamischen Expansion erscheinen mir adequater.

Die Neuzeit müsste überhaupt erst mit der Aufklärung beginnen, wenn man von einer Übergangsepoche sprechen wollte, wäre die im Zeitraum von Renaissance und Barock angesiedelt. Schliesslich hatten die in diesem Zeitraum aufkommenden Erfindungen und Entdeckungen bis über die Mitte des 18. Jh. nur beschränkte Auswirkungen auf die breite Masse der europäischen Bevölkerung. Bücher beispielsweise waren auch nach Gutenberg nur einer winzigen Minderheit zugänglich, während das feudale Verwaltungswesen Europas bis Mitte des 18. Jh. höchstens im Ausnahmefall grundlegende Veränderungen durchlief, von der Grösse der Herrschaftsdomänen einmal abgesehen. Neuerungen in Denken und Lebenswandel von kaum 5% aller Europäer sind mMn nicht signifikant genug, um die historische Beachtung zu rechtfertigen, welche sie aktuell erfahren.

Dass die herkömmliche Epochologie ausserhalb des erweiterten Mittelmeerraumes ungeeignete Massstäbe setzt, versteht sich von selbst.
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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon John Doe » 24. März 2020 18:32

Der Begriff ist glaube ich weniger das Problem, das Problem ist was man damit assoziert und worauf man ihn anwendet (weil außerhalb Europas wirds schon schwierig).

Ein Beispiel für die falschen Assoziationen wäre der Rückgang der Technologie, der sicher (vor allem im frühen Mittelalter in vielen Gegenden) in vielen Bereichen erfolgt ist, aber in vielen Bereichen wurden im Laufe des Mittelalters eben auch neue Erkenntnisse gewonnen (Metallverarbeitung fällt mir auf die Schnelle ein, Seefahrt wäre sicher auch einer und es gibt sicher noch viele, viele andere). Ich würde eher sagen dass das Mittelalter wie es wahrgenommen wird, nicht existiert hat, aber das Problem gäbe es auch, wenn man es stattdessen "Transformationsperiode" nennen würde. Ich finde den Begriff fast noch schlimmer, weil er wieder den Eindruck verstärkt, dass das Mittelalter nur die "Wartezeit" zwischen Antike und Neuzeit war, was eben so einfach nicht stimmt.
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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Stratege » 28. September 2020 16:29

John Doe hat geschrieben:Der Begriff ist glaube ich weniger das Problem, das Problem ist was man damit assoziert und worauf man ihn anwendet (weil außerhalb Europas wirds schon schwierig).

Ein Beispiel für die falschen Assoziationen wäre der Rückgang der Technologie, der sicher (vor allem im frühen Mittelalter in vielen Gegenden) in vielen Bereichen erfolgt ist, aber in vielen Bereichen wurden im Laufe des Mittelalters eben auch neue Erkenntnisse gewonnen (Metallverarbeitung fällt mir auf die Schnelle ein, Seefahrt wäre sicher auch einer und es gibt sicher noch viele, viele andere).


Dazu nur ganz kurz:
Die Sache mit dem angeblich verlorenen Wissen und den angeblich technologischen Fähigkeiten, erscheit sehr schnell in einem anderen Licht, wenn man auch mal anfängt sich gedanken darüber zu machen, was nötig war, um diese technologischen Errungenschaften ins Werk zu setzen und ab welchem Punkt sie Sinn machten.
Dann reden wir sehr schnell auch in vielen Dingen nicht mehr über verlorenes Wissen, sondern über die Desintegration herrschaftlicher und wirtschaftlicher Zusammenhänge mit dem Kollaps der antiken Reiche und damit dem Verlust der Fähigkeit weiträumig, relativ barrierearm zu handeln, exotische Rohstoffe en gros zu beschaffen und für Bauprojekte etc. auch ohne große Mühen nötigenfalls einige zehntausend Sklaven zusammentrommeln zu können.

Ich lehne mich mal so weit aus dem Fenster zu behaupten, dass, auch mit dem technischen Wissen des Frühmittelalters, mit genügend Manpower und geeigneten Steinbrüchen in der Nähe, so wie der Möglichkeit an Vulkansache oder andere Materialien zur Abdichtung zu kommen, es durchaus möglich gewesen wäre, irgendwo einen Aquaeduct in die Landschaft zu zimmern.
Ob das allerdings vom Aufwand her, bedenkt man auch die Wartungskosten und Umstände, irgendeinen Sinn gemacht hätte, um Städte mit Großen von weniger als 10.000 Einwohnern zu versorgen, was den Raum nördlich der Alpen angeht oder maximal einiger 10.000 bis vielleicht 100.000, wenn man an die italienischen Metropolen denkt, in irgendeiner Weise sinnvoll gewesen wäre, ist eine andere Frage.

Das Verschwinden von Strukturen, auch infrastrukturen per se mit dem Verlust der technischen Fähigkeit dazu zu erklären, greift zu kurz.



"Mittelalter" ist als Begrifflichkeit eigentlich überhaupt kein Problem, sofern man sich der Tatsache bewusst ist, dass er lediglich einen ungefähren Zeitrahmen absteckt und es realiter keine schwarfen Brüche gibt, die Beginn und Ende markieren könnten.
Insofern ist der Begriff nicht problematischer oder weniger problematisch, als jede andere Epochenbezeichnung.
Problematisch ist allenfalls, was Teile der Populärkultur mitunter daraus machen, aber auch in dieser Hinsicht ist "das Mittelalter" ja durchaus kein Einzelfall.

Hinsichtlich der grundsätzlichen Anwendbakeit dees Begriffs auch auf Gebiete außerhalb Europas , möchte ich mich @Hjalfnar durchaus anschließen.
Zumal die Begrifflichkeit ja selbst innerhalb Europas nicht so ganz unproblematisch ist, bedenkt man, wie lange im Rahmen des Byzantinischen Reiches in Teilen des Balkans, Festlandgriechenlands und der Ägäis, auch in den von Byzans dominierten Teilen Italiens sich tradierte antike Strukturen durchaus halten konnten, während anderswo längst "Mittelalter" war.
So ganz ohne Einschränkungen kann man dass dann auch auf Europa nicht anwenden, es sei denn man wäre der Meinung, dass der Balkan und Italien da irgendwie nicht dazu gehörten.
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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon nordstern » 7. Oktober 2020 12:02

Ich denke der technologische "Verlust" wird da nicht im Bezug auf Bauwesen oder andere physische Wissensbereiche gesehen. Beispiel dafür ist das Bauwesen bei Palästen, Burgen (auf Klippen, etc) oder Kathedralen und vereinzelt auch noch Brücken. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass der Wissensverlust bei den Geisteswissenschaften vollzogen wurde. Und zwar nicht durch die Zersplitterung der Reiche sondern die aufstrebende Dominanz der christlichen Kirche. Sei es im Bereich der Weltanschauung (Physik, Naturwissenschaften) die gegen Kirchliche Anschauungen verstießen oder der Medizin. Es wurden Berichten zufolge bereits zur Zeit Roms Operationen am Gehirn durchgeführt (z.b. Schädenbrüche, Splitter entfernen, etc) oder die Wirkung von bestimmten Pilzen gegen Infektionen war bekannt sowie die Hygiene. Das Wissen verschwand dann großteils wieder. Teilweise durch die Kirche, teilweise durch den Wegfall der griechischen Kultur. Aber auch, weil es zur Zeit Roms zumindest in Griechenland und Italien ein Schulsystem für Reiche Kinder gab. Im Mittelalter gab es das nicht mehr. Wissen wurde nur noch durch die Kirche vermittelt. Das änderte sich erst mit den ersten Universitäten im 13-15.Jhd. (11.Jhd eine in Italien) etwas.

Die Folge war, das der Nahe Osten und Asien uns technologisch überflügelten. Erst der "Einsatz" von Schießpulver als Waffe änderte die Machtstellung zugunsten Europas. Wobei aber die Araber und Chinesen Schwarzpulver entdeckten. Sie nutzten es nur nicht für Waffen. Noch in den 1970ern gab es medizinische Errungenschaften von denen inzwischen bekannt ist, das sie die Griechen bereits kannten, oder astronomische Fakten welche die Ägypter schon aufgezeichnet hatten. Wie z.b. die Jupitermonde oder die Existenz von Pluto, welche wir erst im 16.-17.Jhd wieder erlangten. (Quelle: Doku)
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Stratege » 7. Oktober 2020 21:47

Gut, gehen wir das durch:

nordstern hat geschrieben:Ich denke der technologische "Verlust" wird da nicht im Bezug auf Bauwesen oder andere physische Wissensbereiche gesehen. Beispiel dafür ist das Bauwesen bei Palästen, Burgen (auf Klippen, etc) oder Kathedralen und vereinzelt auch noch Brücken. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass der Wissensverlust bei den Geisteswissenschaften vollzogen wurde. Und zwar nicht durch die Zersplitterung der Reiche sondern die aufstrebende Dominanz der christlichen Kirche.


"Wissenschaften" (Öffnen)
Welche entwickelten Geisteswissenschaften gab es denn in dieser Form in der Antike?

Die Geschichtswissenschaft (jedenfalls mit einem Methoden-Set, dass man heute als wissenschaftlich bezeichnen könnte),die Archäolgie im engeren Sinne, die Sozialwissenschaft, Psycholgie etc. sind in dieser Form alles Erscheinungen, die im 18. und 19. Jahrhundert aufkommen.
Theologie, sofern man hier von Wissenschaft sprechen kann (für mich ist das ein spekulativer Zweig der Philosophie) kannte die Antike weitgehend auch noch nicht, jedenfalls nicht im europäischen Raum, mangels verbindlicher, kanonisierter Religion.

Was es hier gab, war eine weitgehend spekulative Philosophie, die Mathematik, naturwissenschaftliche Ansätze.
Dazu eine auf eigene Bedürfnisse zugeschnittene Sitten- und Rechtslehre, so wie sicherlich linguistische Ansätze, schon wegen des muthiethnischen und multilingualen Reiches der Römer.

Was aber ging davon nachweislich verloren?

Eigentlich nichts. Es gab im poströmischen Europa nicht mehr so viele Rezipienten, weil Bildung im antiken Sinne nicht mehr zum grundsätzlichen gesellschaftlichen Background der Oberschicht per se gehörte, sondern eben nur noch der Klerikalen Funktionsträger.

Aber auch das hat wiederrum einiges mit dem Zusammenbruch des Imperiums zu tun. Das sich die griechische und die römische Oberschicht weitgehend einen solchen Bildungshintergrund aneignen konnten, hat ja durchaus auch etwas damit zu tun, das zum einen Material, das für Schriftlichkeit genutzt werden konnte, wesentlich einfacher zugänglich war, als in weiten Teilen des poströmischen Europas (was im Übrigen auch etwas mit der nicht mehr ohne weiteres gegebenen Sicherheit des Mittelmeer-Handels und dem dadurch und durch die demographische Entwicklung abnehmenden Handelsvolumen dort zu tun hat), zum Anderen hat es dann auch einiges damit zu tun, dass die wirtschaftlichen Modelle der antiken Großreiche auf Sklavenhaltung basierten und en gros wesentlich geordneter waren, als die kleinen Herrschaften des Mittelalters, oder auch die großen Lehensverbundsräume etwa des Frankenreiches, ohne wirkliche effektive Zentralgewalt.
Die logische Konsequenz war, dass die angehörigen der mittelalterlichen Oberschichten, sofern nicht Geistliche, in anderer Form in direkte Kriegerische und wirtschaftliche Tätigkeitsfelder eingebunden waren, die das Pflegen eines derartigen Bildungsideals nur eingeschränkt zuließen.
Deswegen ging aber nicht das antike Wissen überhaupt verloren, es sammelte sich eben in den Scriptorien der Geistlichkeit.



nordstern hat geschrieben:Sei es im Bereich der Weltanschauung (Physik, Naturwissenschaften) die gegen Kirchliche Anschauungen verstießen oder der Medizin. Es wurden Berichten zufolge bereits zur Zeit Roms Operationen am Gehirn durchgeführt (z.b. Schädenbrüche, Splitter entfernen, etc) oder die Wirkung von bestimmten Pilzen gegen Infektionen war bekannt sowie die Hygiene. Das Wissen verschwand dann großteils wieder.

"Naturkundliches" (Öffnen)
Ne, auch das ist wiederrum so nicht haltbar.
Zum einen, hier redest du dann dezidiert von Naturwissenschaften, zum anderen muss man da auch wieder auseinanderhalten, was für die damaligen Gesellschaften dann relevant erschien oder nicht.
In römischer Zeit mag man in Sachen Medizin mitunter vielleicht etwas weiter gewesen sein, nur auch das ist keine Angelegenheit, die rein auf Wissen zurückgeht, sondern das hat dann auch damit zu tun, welche, gegebenenfalls nützlichen Substanzen denn in irgendeiner Form zugänglich waren.
Was sollte etwa ein Bewohner des nachrömichen Britannien mit Informationen über irgendein Kraut oder irgendeinen Pilz aus der Levante oder Kleinasien oder gar aus noch weiter östlichen oder südlichen Bereichen anfangen?
War schlicht nicht zu bekommen, zu sinnvollen Preisen schon gar nicht, daher das Wissen auch nicht anwendbar, selbst wenn vorhanden. Also wanderte die Schrift in irgendeine geistliche Bibliothek und verblieb da, bis man sie irgendwann später wieder ausgrub.
Inwiefern die Kirche mit medizinischen Techniken ein Problem hatte, müsste man sich auch nochmal näher anschauen.


nordstern hat geschrieben: Teilweise durch die Kirche, teilweise durch den Wegfall der griechischen Kultur. Aber auch, weil es zur Zeit Roms zumindest in Griechenland und Italien ein Schulsystem für Reiche Kinder gab. Im Mittelalter gab es das nicht mehr. Wissen wurde nur noch durch die Kirche vermittelt. Das änderte sich erst mit den ersten Universitäten im 13-15.Jhd. (11.Jhd eine in Italien) etwas.

"Bildung" (Öffnen)
Nein, es gab in der Antike kein "Schulsystem" in Griechenland und Italien. Es gab ein gewisses Bildungsideal der Oberschiten und es gab, jedenfalls in den urbanen Zentren natürlich Gelehrte, die sich als Privatlehrer für einzelne oder kleinere Gruppen an Sprösslingen der jeweiligen Oberschichten verdingten.

Das sind aber zum Einen eben weitgehend die Oberschichten gewesen, zum anderen reden wir hier über ein weitgehend städtisches Phänomen, jedenfalls, wenn wir von höherer bildung sprechen, das aber außerhalb der urbanen Zentren in dieser Form nicht griff.

Das es überhaupt funktionieren konnte, hängt, wie gesagt auch mit der wirtschaftlichen Organisation der damaligen Zeit zusammen. Die antike Latifundienwirtschaft, wäre ohne großangelegte Nutzung der Sklaverei in dieser Form nicht machbar gewesen, ebenso auch, was sich im Montanbereich abspielte.
Das das in dieser Weise zu betreiben war (und das setzte eine gewisse innere Stabilität und permanenten Zustrom neuer Sklaven voraus), war notwendig dafür, dass weite Teile der Oberschicht der griechischen und der römischen Welt sich in eine Richtung entwickeln konnten, die eher dem mit Apanagen und ohne lokale Aufgaben versehenen Hochadel Europas etwa ab dem 17.-18. jahrhundert entspricht oder auch dem Hofadel, etwa im Osmanischen oder im Chinesischen Reich, als dem klassischen Schwert- und Feudaladel des Mittelalters.
Einfach dadurch, dass sie auf diesem Weg Aufgaben in der Verwaltung der Besitzungen abgeben konnten, während es durch den Organisationsrahmen des Reiches kein Fehdewesen, wie im mittelalterlichen Europa, entsprechend kriegerische Kontexte weitgehend wegfilenen oder jedenfalls im Rahmen der persönlichen Laufbahn einigermaßen kalkulierbar wurden.

Hinzu kommt noch eben die Zentralisierung der Oberschichten auf Rom, die griechischen Zentren und die regionalen Provinzhauptstädte.
Das wiederrum erleichterte natürlich auch die Zentralisierung des Wissens an diesen hot-spots und die konzentrierte Verbreitung. Es war aber eben auch nur möglich, weil die Oberschichten weitgehend von ihren lokalen Tätigkeitsfeldern entbunden waren, weil der Friedensraum des Imperiums das zuließ, ebenso wie die weiträumige Ordnung nötig war um Wachstum und Versorgung der urbanen Zentren zu ermöglichen


nordstern hat geschrieben:Die Folge war, das der Nahe Osten und Asien uns technologisch überflügelten. Erst der "Einsatz" von Schießpulver als Waffe änderte die Machtstellung zugunsten Europas. Wobei aber die Araber und Chinesen Schwarzpulver entdeckten. Sie nutzten es nur nicht für Waffen. Noch in den 1970ern gab es medizinische Errungenschaften von denen inzwischen bekannt ist, das sie die Griechen bereits kannten, oder astronomische Fakten welche die Ägypter schon aufgezeichnet hatten. Wie z.b. die Jupitermonde oder die Existenz von Pluto, welche wir erst im 16.-17.Jhd wieder erlangten. (Quelle: Doku)

"andere Regionen" (Öffnen)
Zum einen ist das mit dem technologischen Überflügeln in dieser Hinsicht viel zu pauschalisiert, zum anderen gehöhren, was die Erlangung von Wissensvorsprung angeht nocht ganz andere Faktoren dazu.
Der Nahe Osten und die Levante, hatten in Wissenstechnischer Hinsicht schlicht den Vorteil, das Verittlung von Wissen aus anderen Regionen einfacher funktionierte, weil diese Territorien eben verkehrsgünstiger gelegen waren. Bis Innovationen aus Süd- oder Ostasien Europa mal erreichten und umgekehrt, dauerte es naturgemäß wesentlich länger, als bis sie den Nahen Osten erreichten. Das wiederrum, ändert sich dann irgendwann ab dem 16. Jahrhundert, dadurch, dass es durch die expandierende Seefahrt und hier im Besonderen auch die europäische Missionstätigkeit in Übersee zu immer stärkerem Austausch kam, der die ehemals vorteilhafte Lage der nahöstlichen Gebiete wiederum egalisierte.
Das Europas Machtstellung auf Schießpulver an sich gegründet wäre, ist in der Form auch nicht richtig. Militärisch gesehen, haben die europäischen Mächte noch bis um 1700 herum etwa ganz mächtig mit dem Osmanischen Reich zu kämpfen, da gab es keine grundsätzliche waffentechnische Überlegenheit.

Sollte die etwa der Name "Vauban" als wegweisender französischer Experte für Festungswesen ein Begriff sein, so hat dieser z.B. noch Mitte des 17. Jahrhunderts in Sachen Belagerungstechnik, innovative Anlage von Laufgräben etc. bei den Osmanen (namentlich im Rahmen der Belagerung von Candia, im Venezianisch-Osmanischen Krieg, bis 1669) abgeschaut.
Was Europa weitgehend Auftrieb gab, war die zunehmende Beherrschung der Meere und auch der zufließende Überschuss aus dem überseeischen Kolonialbesitz, wie auch die weiträumigere und zentralisiertere Politische Ordnung, im Vergleich zum Mittelalter, wie auch die zunehmende Auflösung wirtschaftlicher Monopole, die Möglichkeiten freisetzte.

Zum Anderen, was im Hinblick auf den Vorsprung anderer Weltregionen auch noch wichtig ist, ist der Fortbestand großräumiger staatlicher Ordnungen.
China oder so ziemlich alles, was es an längerfristiger Staatlichkeit in Kleinasien und Persien gab, zerfielen ja niemals in so kleinräumige, chaotische Feudalordnungen, wie das im poströmischen Europa der Fall war.
Die Organisationsräume blieben weitgehend intakt, auch wenn sich zuweilen die Zentren verschoben oder die Reiche insgesammt von einer fremden Macht usurpiert wurden (Mongolen/Timuriden). Insofern wirtschaftliche und organisatorische Räume weitgehend intakt blieben, wie auch die Zentren, die gegebenenfalls mal in ihrer Wichtigkeit variierten, aber nicht völlig untergingen, musste natürlich auch der Wissenstransfer durch die Zentralisierungsmöglichkeiten der Gelehrten und der zu belehrenden Oberschichten einfacher Fallen.
Hinzu kommen die Verfielfältigungstechnicken.
So lange Europa da auf Pergamente angewiesen war, weil Papyrus in größeren Mengen nicht zu bekommen und Papier noch nicht erfunden, war es in dieser Hinsicht und damit auch hinslichtlich der Möglichkeit den eigenen Bevölkerungen Lesen und Schreiben bei zu bringen, natürlich gegenüber anderen Weltregionen, in denen die entsprechenden Utensilien verfügbar (Papyrus) oder beim Erfinden alternativer Schriftträger (Papier / Ferner Osten) einfach schneller waren, ziemlich abgemeldet.
Auch das hat etwa mit Raumordnungen und Verfügbarkeit zu tun.


Im Übrigen, wo du die Fortschritte der antiken Medizin so sehr hervorhebst, sei demgegenüber auch erwähnt, dass dabei auch viel Unfug raus kam. Aderlass zum Beispiel.
Die Idee, dass irgendwelche bösartigen Säfte sich im Körper befinden und das Handeln und den Zustand eines Menschen bestimmen würden, geht ja bis auf die griechischen Philosophen zurück, entsprechend dann auch die Interpretation durch "Ablassen" derselben diesen Zustand oder den Menschen selbst zu verändern.
Die Grundwerte der prämodernen Gesellschaftsordnung:

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Saito_Toshimasa
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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Saito_Toshimasa » 19. April 2021 01:16

ich möchte hier ein wort über die osmanen verlieren, da "stratege" schrieb, das es "grundsätzlich keine waffentechnische überlegenheit" des westens gegenüber den osmanen gab... also "jain"...
die damalige militärische "high-tech-technologie" die kanonengießerei beherrschten die osmanen nicht im geringsten sondern mußten im gegenteil geschütze importieren... was aber auch nicht verwundert, da die geschützgießere europas auf der technologie der "glockengießerei" für kirchen fußte, die es ja bei den osmanen (oh wunder...) natürlich nicht gab.
und belagerungstechnisch waren die osmanen noch im mittelalter... da sie "frontal ihre belagerungsgräben" auf die mauern zuführten, statt im zick-zack wie alle europäischen renaissancemächte und daher bei belagerungen wie wien "wie die karnickel abgeknallt" wurden von den mauern aus. die osmanen waren vieleicht auch deshalb solche "innovationsmuffel" weil sie genug "kanonenfutter zum verheitzen" hatten, ähnlich später den russen wo generäle sagten "das bajonett ist ein braver kerl" will heißen der soldat wird nur zum feigling, wenn er aus distanz kämpft und kugeln kosten außerdem geld noch zu zeiten des krimkriegs waren die regiementsobersten für die ausrüstung ihrer regimenter zuständig und "wirtschafteten" logischerweise lieber in die eigene tasche als für gute ausrüstung der truppe zu sorgen. das sorgte unter anderem für sogenannte "papiertruppen" die nur in der theorie existierten, weil regimenter oft nur die halbe sollstärke erfüllten der rest wurde "aufgerundet" und "finanziell umgeleitet"

sowas ähnliches findet sich noch in der wehrmacht des 2. wk wo an der verpflegung der soldaten gespart wurde... da kriegte jeder soldat soundsoviel gramm butter "weniger" und so weiter ... den profit teilten dann spieße mit offizieren bis weit oben. in einem roman von stefan heim ( den ich für einen der besten deutschen nachkriegsautoren halte, der den nobelpreis viel eher als grass verdient hätte)
wird das gut dargestellt... ein deutscher offizier ( ein kleiner oberleutnant) im besetzten frankreich will gegen die korruption in der wehrmacht vorgehen und wird dann wegen "don quichottierie" (so offiziell) an die ostfront strafversetzt und degradiert, weil die ganze affäre viel zu brisant war und zu weit nach oben ging...


und das Europa den Orient erst mit praktischem gebrauch der Schußwaffen überholte ist eine "militaristisch zentrierte weltsicht" und historisch únhaltbar!!!

die beiden wichtigsten ERfindungen des mittelalters... "na, na, wer kennt sie"?...
nur wenige Nichthistoriker wissen, das die beiden wichtigsten absolut bahnbrechenden ERfindungen
erstens die Brille waren (ja sowas "simples wie ne brille" ermöglichte dem altersweitsichtigen Handwerker oder Schreiberling statt bis zum 40 jetzt sogar bis zum 60. Lebensjahr arbeiten zu können, was auf eine "defakto" verdopplung der Europäischen Handwerksleistung gegenüber dem Orient bedeutete... das muß man sich mal klar klarmachen und auf der "zunge zergehen lassen" ganz zu schweigen von der damit beginnenden wissenschaft der "optik"...)
und zweitens die "mechanische Uhr" die eine mechanische Präzisionsindustrie begründete die weltweit einzigartig und unerreicht war. noch die chinesischen Kaiser
und Mandarine waren ganz "narrisch" auf die Wunderuhren , mochten aber die überlegenheit des WEstens nicht eingestehen und taten sie als "Spielzeug" ab... ein folgenreicher Irrtum... (ja klar china hatte "wasseruhren" aber die verkalkten und wurden dann untauglich und waren zuglöeich vom handwerklichen Niveau her vergleichsweie primitiv

also nordi... diese "Theorie mit den Feuerwaffen stimmt chronologisch nicht" und ist leider höchst einseitig aufs Militär beschränkt, aber wiegesagt die bedeutendesten Erfindungen ihrer Zeit waren diese beiden zivilen "Schlüssseltechnologien"!!!
außerdem konnten Schusswaffen auch von Asiatischen Mächten benutzt werden und nachgebaut werden und wurden es auch... ES gab Moghulherrscher, die das Britische Militär im Felde demütigten, weil sie innovative "raketengeschossse" einsetzten denen die Briten nichts entgegenzusetzen hatten (raketen aus holzrohren gab es lange, aber die Moguln setzten auch stahlrohre erstmals ein, die viel robuster waren und eine dramatische reichweitenverbesserung erzielten (weiß ich aus "erster" hand von einer Rostocker Global-geschichtsprofessorin die sich mit Kolonialgeschichte beschäftigt)
während wiegesagt keine nichteuropäische Nation in der Lage war, mechanische Uhren oder optische Präzisionsinstrumente nachzubauen... und das auf "Jahrhunderte hinaus" nicht!!!

in ihrer tragweite durchaus mit dem aufkommen des "Buchdrucks" oder der "Dampfmaschine" des "Computers" vergleichbar!
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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Il Principe » 19. April 2021 15:44

Saito_Toshimasa hat geschrieben:sowas ähnliches findet sich noch in der wehrmacht des 2. wk wo an der verpflegung der soldaten gespart wurde... da kriegte jeder soldat soundsoviel gramm butter "weniger" und so weiter ... den profit teilten dann spieße mit offizieren bis weit oben. in einem roman von stefan heim ( den ich für einen der besten deutschen nachkriegsautoren halte, der den nobelpreis viel eher als grass verdient hätte)
wird das gut dargestellt... ein deutscher offizier ( ein kleiner oberleutnant) im besetzten frankreich will gegen die korruption in der wehrmacht vorgehen und wird dann wegen "don quichottierie" (so offiziell) an die ostfront strafversetzt und degradiert, weil die ganze affäre viel zu brisant war und zu weit nach oben ging...

1. Sofern du nicht einen anderen meinst, schreibt er sich Heym.
2. Handelt es sich um einen Roman, d.h. Fiktion. Heym selbst war Zivilist und seit 1933 Exilant in den USA. Ob er somit einen tiefen Einblick in die Struktur und Abläufe der Wehrmacht hat, ist zu beweifeln. Die erwähnte fiktive Geschichte ist wohl eher Heyms sozialistischer Überzeugung als der Realität geschuldet (auch wenn Korruption und Günstlingswirtschaft gewiss vorkam)

die beiden wichtigsten ERfindungen des mittelalters... "na, na, wer kennt sie"?...
nur wenige Nichthistoriker wissen, das die beiden wichtigsten absolut bahnbrechenden ERfindungen
erstens die Brille waren (ja sowas "simples wie ne brille" ermöglichte dem altersweitsichtigen Handwerker oder Schreiberling statt bis zum 40 jetzt sogar bis zum 60. Lebensjahr arbeiten zu können, was auf eine "defakto" verdopplung der Europäischen Handwerksleistung gegenüber dem Orient bedeutete... das muß man sich mal klar klarmachen und auf der "zunge zergehen lassen" ganz zu schweigen von der damit beginnenden wissenschaft der "optik"...)
und zweitens die "mechanische Uhr" die eine mechanische Präzisionsindustrie begründete die weltweit einzigartig und unerreicht war. noch die chinesischen Kaiser
und Mandarine waren ganz "narrisch" auf die Wunderuhren , mochten aber die überlegenheit des WEstens nicht eingestehen und taten sie als "Spielzeug" ab... ein folgenreicher Irrtum... (ja klar china hatte "wasseruhren" aber die verkalkten und wurden dann untauglich und waren zuglöeich vom handwerklichen Niveau her vergleichsweie primitiv


Dies ist zunächst einmal nur deine Meinung und der Superlativ m.E. auch fragwürdig.

Die Brille für eine mögliche Verdopplung der Handwerksleistung verantwortlich zu machen, ist schon eine sehr gewagte These.
1. Weil sie für einen solchen Effekt preisgünstig in Massenproduktion hergestellt werden müsste.
2. Weil überhaupt erst einmal soviele Menschen das 60. Lebensjahr erreichen und neben der Sehkraft auch die anderen körperlichen Voraussetzungen für ein langes Arbeitsleben haben müssen.
3. Weil ich mir nicht sicher bin, dass ab 40 die Sehkraft so rapide abnimmt, dass man viele Handwerksberufe nur noch mit Brille ausüben kann. Bei den Schreibern/Verwaltungsbeamten etc. mag dies sein, aber wie groß schätzt du diesen Berufszweig denn ein?

Natürlich ist die mechanische Uhr bzw. die Stechuhr ein wichtiges Instrument zur Arbeitszeitlenkung, aber ob sie eine mechanische Präzisionsindustrie begründete, halte ich für zu hoch gegriffen. Auch ohne sie hätte eine vergleichbare Industrie eingesetzt. Anstelle der mechanischen Uhr, hätte dann eben die Sonnen- oder Sanduhr das Signal zum Beginn/Ende der Arbeitsschicht gegeben. Die Uhr ist ein Mittel und keineswegs die Ursache bzw.Begründung der mechanischen Präzisionsindustrie. Da spielen Faktoren, wie z.B. die Warenherstellung in Arbeitsteilung, d.h. Manufakturwesen und Fließbandarbeit eine viel größere Rolle und sind meiner Meinung nach eher für den Vorsprung verantwortlich.
(Vielleicht verstehe ich deine Aussage aber auch falsch, was du mit Präzisionsindustrie eigentlich genau meinst)

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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon nordstern » 19. April 2021 16:09

Die Uhren ermöglichten ein ganz anderes Maß an Präzision in allen lebenslagen. Du siehst das zu Eng mit den Arbeitszeiten. So wurden Uhren in der Schifffahrt eingesetzt um die Position bestimmen zu können. In jedem Schiff damals gab es in der Kapitalskajüte eine Uhr. Aber auch bei der Standardisierung der Produktion spielt es eine große Rolle, wenn ein Produkt immer gleich lang geschmolzen, gekühlt, bearbeitet, etc wird. Allerdings setz das Industrialisierung voraus, die es im Mittelalter so nicht gab.

Was die Brill ebetrifft war sie sicherlich nett. Aber sie spielte selbst im 18.Jhd noch eine eher untergeordnete Rolle und war auch im 19.Jhd ein Luxusgut der wohlhabenden Händler, Adligen und sonstigen Reichen der Gesellschaft. Während Schmiede, Schreiner, etc erst nach dem 2.Weltkrieg zugang zu Brillen hatten. Wobei es aber ab 1920 sicherlich besser wurde. Die Brillengläser waren nämlich Handarbeit. Erst als durch Industrialisierung und Standardisierung der Produktion die Linsen in Serie maschinell gefertigt werden konnten wurden sie Massentauglicher.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Saito_Toshimasa » 19. April 2021 16:26

ja ich meine stefan heym und er diente als jüdischer offizier in der us-army im 2. weltkrieg...
er diente in einer spezialeinheit als propagandaoffizier... und als solcher hatte er als offizier der psychologischen kriegsführung unter umständen einblick in geheimdienstliche wehrmachtsinterna (aber natürlich war es ein roman die geschichte mit dem korruptionsskandal... aber in der us armee war zb. korruption eher regel als ausnahme)
sie fuhren mit lautsprecherwagen an die front und versuchten deutsche soldaten zum überlaufen zu überzeugen
eine anekdote von ihm war das sich ihnen eine einheit deutscher infanteristen ergab, als ein schwarzer seargent aus dem us panzer guckte ... und die deutschen wollten sich keinen "schwarzen" ergeben sondern bestanden auf einen weißen...

verdoppelte handwerksleistung in den jeweiligen branchen die betroffen waren, hätte ich sagen müssen und brillen wurden in der tat sehr schnell in großen stückzahlen produziert ....
meine meinung auch nicht ich habe nur aus dem "fachbuch" "glanz und elend des mittelalter zitiert" ...

und aus dem buch von "david landes": "wohlstand und armut der nationen"...
hier das zitat aus wikipedia
"Die Brille gehört zu jenen Schlüsselerfindungen, die bereits im Mittelalter die spätere Überlegenheit Europas begründeten. Der Wirtschaftshistoriker David S. Landes weist in seinem Buch Wohlstand und Armut der Nationen darauf hin, dass die Erfindung der Brille die Lebensarbeitszeit in Berufen, bei denen es auf ein gutes Auge ankommt, mehr als verdoppelt hat...."
und ich meine natürlich die frühe brille zur korrektur der weitsichtigkeit, die nur eine "simple vergrößerung" erfordert und noch heute am "grabbeltisch in standard vergrößerungen zu haben ist" und damals leichter als brillen gegen kurzsichtigkeit, die viel mehr handwerkskunst erfordern herzustellen war
das funktionierte so, das man ein set von brillengläsern ganz einafch hergestellt erwerben konnte und sich ein passendes aussuchte mit den jahren nahm die weitsichtigkeit zu und man wechslete zu stärkeren gläsern das waren im prinzip noch ziemliche "bullaugen" erfüllten aber ihren zweck da wenn sie stärker als undeingt erforderlich vergrößerten trotzdem tauglich waren

und selbst wenn die uhr nicht eine präzisionsindustrie begründet hätte wofür sehrviel spricht, da uhrmacher so ziemlich die führendendn frühen feinmechaniker waren ...
uhren konnten von nichteuropäischen nationen nicht nachgebaut werden sehr sehr lange zeit... und die politische bedeutung der uhr und dem zurückdrängen der bedeutung kirchlicher autorität die durch
die turmuhren stark untergraben wurden... da kirchliche zeit von der chronologischen uhrzeit stark abwich da nach sonnenzeit und tageslänge gegangen wurde, aber ein wintertag bekanntlich wesentlich kürzer ist als ein sommertag aber die leute der turmuhr folgten ( die im sommer wie im winter präzise die stundenzeiten anzeigte und den tagesrytmus bestimmte und nicht mehr sonnenaufgang und untergang und daran festgelegte kirchlcihe u´zeiten ..
vieleicht hab ich mich unglücklich ausgedrückt ... denk dir mal im sommer geht die sonne um 5 uhr auf und abends um 22.00 unter (hochsommer) da wurde jetzt der "kirchliche arbeitstag zwischengepresst" genau zur hälfte halb tag halb nacht obwohl natürlich die tagstunden viel mehr waren und de tag länger als die nacht, das "juckte die kirche nicht" in die sieben nachstunden der uhrenzeit wurden 12 stunden kirchliche zeit gepresst wodurch natürlich die nachstunden wesentlich kürzer als die tagtstunden waren... und im winter eben umgekehrt


. ich dachte das wäre allgemein bekannt in der geschichtskunde??? ich hab das im grundstudium geschichte des mittelalters gelehrt bekommen von meinen dozenten
aber freut mich wenn ich was "unbekanntes aus dem mittelalter" weitergeben konnte

das war natürlich symbolisch aber gleichzeitig ungeheuer wichtig, d a die wissenschaft mit der kirche auf kollisonskurs ging da das dogma der "unfehlbarkeit" der kirche angegriffen wurde
jedes rathaus "schmückte sich" mit einer turmuhr und wurde eine arte gegenpool zur kathedrale der das stolze selbstbewustsein der stadtpatriezer widerspeigelte eine zeitlang verbot die kirchen sogar "turmuhren"
und bei der optik genauso, man denke an galileo und seine himmelsbeobachtungen per teleleskop einer weiterentwicklung der "linsenindustrie" begründet durch brillenlinsen die der anfang waren zur vergrößerung von objekten

präzisionsindustrie ist wohl etwas verfrüht aber präzise handwerkliche instrumentenfertigung auf jeden fall da war die uhr der ursprung und motor da sie stetig verfeinert und miniaturiesiert wurde

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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon nordstern » 19. April 2021 20:50

Du hast es echt immer noch nicht so mit der Groß- und Kleinschreibung... oder Satzzeichen...
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Saito_Toshimasa » 19. April 2021 21:07

ja fürs "aufmerksam" machen kriegste ein "Fleißbienchen" und siehs mal "positiv" so sammelste Beitragszahlen und steigst im Forenrang schneller auf, wennde das jedesmal "anmerkst"... Wenn ich wenig schreibe achte ich in der regel auf Satzzeichen, aber wenn ich mir "nen Wolf" tippe ist das echt mühseelig... in Orthographie war ich immer in der Schule sattelfest aber tippen auf tastatur is was ganz anderes wenns schnell gehen soll! hier ein Schmankerl aus einer "deutschstunde 8klasse bei mir aufgabe : Sätze mit "das " bilden: "Daß das das, das das Das des vorherigen Satzes näher bestimmt mit "s" geschrieben werden muß, das hatte er nicht bedacht! und bevor du wieder gleich schlaumeierst... das war vor der völlig bescheuerten Rechtschreibreform die die deutsche Schrift verhuntzte... (hab ich mir ausgedacht den satz damals und meine deutschlehrerin war "angetan"

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Re: Ist das Mittelalter bald Geschichte?

Beitragvon Tacitus » 19. April 2021 22:11

Hallo Saito_Toshimasa,
ich möchte dich ebenfalls auf deine Rechtschreibung hinweisen. :strategie_zone_29: Bitte nimm dir die Zeit dafür! Wir haben uns hier im Forum darauf geeinigt, etwas auf die Rechtschreibung zu achten. Es muss natürlich nicht perfekt sein, sollte aber auch nicht im Chatstil enden.

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