Qing-Dynastie

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Mr XEM
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Re: Qing-Dynastie

Beitragvon Mr XEM » 25. Oktober 2019 21:36

Kommt drauf an wann man ansetzt. Wenn man sich das Ganze erst während bzw nach Beginn der Industrialierung anguckt, dann würde ich dir recht geben. Für Länder die extrem zurückhängen ist es ein sehr schwerer und auch ein sehr harter Prozess.
Ich hatte Nordsterns Frage aber eher so verstanden, dass er sich fragt warum China überhaupt soweit zurück gefallen ist. Die Europäer hatten ihren Vorsprung ja nicht von Heute auf Morgen.
Wenn man sich anguckt, welche Fortschritte China gemacht hat, seit es sich immer mehr dem Kapitalismus geöffnet hat und wenn man dann bedenkt, wie viel Verbesserungspotential es nocht im Bezug auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hat, dann ist es berechtigt sich zu Fragen wie China so zurückfallen konnte. Denn das Potential hatte China schon früher.

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Re: Qing-Dynastie

Beitragvon nordstern » 29. Oktober 2019 00:40

Vorallem wenn man bedenkt wo China z.b. zur Zeit Roms war. Es hat sich faktisch über fast 2.000 Jahre kaum weiter entwickelt. China hatte Jahrhunderte vor Europa das Schießpulver. Nutzte es aber nie für Waffen, Industrie, etc. China hatte auch bei der Medizin oder Industrie die Nase weit vorraus, entwickelte aber nie die Dampfmaschine. Das Wissen wäre aber über mehrere Jahrunderte vorhanden gewesen. Ich vermute, das angesichts der Bevölkerungsmasse keine Notwendigkeit bestand etwas zu optimieren. Man hatte ja genug Menschenmasse die man verheizen konnte... im Krieg, der Industrie oder der Landwirtschaft. AUch gab es den Zwang durch externe Einflüsse wie starke Nachbarn, etc nie. Noch im Jahr 1800 hatte China 1/3 der Weltwirtschaftsleistung. Aber es gab in China nie den Willen oder die Bereitschaft Technologien weiter zu entwickeln.
Die Arabischen Staaten hatten ihre hohen Wissenstand nicht selbst entwickelt. Wie auch als großteils nomadische Staatenstruktur. Sie hatten ihr Wissen durch die Seidenstraße im Handel mit den Chinesen erhangt und übernommen. Aber auch Arabien entwickelte diese Technologien nie weiter.
Europa tat dies und schaffte es dadurch innerhalb von 100 Jahren zum wirtschaftlichen Mittelpunkt der Welt voran zu schreiten. Selbst als in Europa Schießpulverwaffen entstanden wurden diese lange Zeit nicht von Arabien, Indien oder China "kopiert" sondern gelangten erst durch europäische Exporte in diese Länder.

Das Problem der aktuellen Zeit weshalb dritte Weltländer es nicht schaffen in die erste Welt aufzusteigen, ist das Wissen. Jedes Land kann in die zweite Welt aufsteigen, wenn Geld und stabile Regierungen vorhanden sind. Aber von der zweiten in die erste Welt schaffen nur die wenigsten Länder. Der Grund ist: Man kann einem Menschen beibringen in einer Fabrik zu arbeiten. Man kann ihm jedoch nicht beibringen Ingenieur zu sein. Kurz: Um von der zweiten in die erste Welt aufzusteigen, braucht die Bevölkerung Bildung. Und dafür braucht es Strukturen und Zeit und gesellschaftlichen Wandel. Und daran scheitern die meisten Länder.
Länder die diesen Schritt geschafft haben sind entweder allesamt Länder deren kulturelle, gesellschaftliche und industrielle Basis durch das Commonwealth aufgebaut wurden (Malaysia, Singapore, HongKong, ... ) oder durch Japan aufgebaut wurden (Südkorea, Taiwan, etc). Alle haben keine große Bevölkerungszahl, so das hier die Schaffung von Bildung relativ schnell geht ebenso wie der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur.
China hat den Weg ebenfalls geschafft aufgrund einer "rücksichtslosen" autokratischen Regierung, die ohne auf Menschenrechte, Meinungsfreiheit oder Rücksicht auf die Bevölkerung die notwendigen Maßnahmen durchsetzte für den Strukturwandel in die erste Welt. Allen voran die "Ein-Kind-Ehe", die es China erlaubte durch ein stark fallendes Bevölkerungswachstum die Infrastruktur aufzubauen. Etwas woran Indien scheiterte aber Bangladesh aktuell in eine Sackgasse manövriert, auch wenn sie es geschafft haben den Bevölkerungsanstieg massiv zu senken, fehlt hier die Infrastruktur für eine weitere Entwicklung. Wenn man indische Politker dazu fragt, bekommt man übrigens genau das als Antwort.
Südafrika, Brasilien, etc knappern aktuell ziemlich an der Umstellung. Vorallem Brasilien droht den Sprung nicht ganz zu schaffen, weil ein Rahmenfaktor für den Aufstieg... eine stabile Regierung, nicht mehr vorhanden ist. In Brasilien passiert das was passiert wenn sich ein Wandel zu schnell entwickelt und keine autokratische Regierung die Bevölkerung lenkt.

Das soll nicht heißen, das ich autokratische Regierungen gut finde. Aber überall gibt es gute und schlechte Regierungen, egal on Autokratie oder Demokratie. Und gute Autokratien können ein Land schneller und mehr voranbringen wie jede gute Demokratie. Aber umgekehrt können schlechte Autokratien auch sehr viel schneller mehr Kaputt machen wie schlechte Demókratien. Demokratien sind ein Abbild der Menschheit.. eine Träge masse von Individuen die in ihrer Welt leben und auf ihren Wohlstand achten und erst bereit sind für Veränderungen, wenn es ihren persönlichen Handlungsraum deutlich einschränkt. Und auch dann nur das nötigste und langsam.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Qing-Dynastie

Beitragvon KirKanos » 30. Oktober 2019 00:45

nordstern hat geschrieben:Das soll nicht heißen, das ich autokratische Regierungen gut finde. Aber überall gibt es gute und schlechte Regierungen, egal on Autokratie oder Demokratie. Und gute Autokratien können ein Land schneller und mehr voranbringen wie jede gute Demokratie..


Denn nenn mir doch mal eine "gute" Autokratie, die ein Land nachhaltig im 18,19 oder 20 Jahrhundert vorangebracht hat? Einer der größten Wirtschafts"wunder" stellt wohl eher die demokratische USA da, wobei man sich darüber streiten kann ab wann man die USA als wirklich demokratisch bezeichnen kann. Oder Großbritannien im 19 Jahrhundert. Während die Autokratien im 20. Jahrhundert eher ein Sammelsurium an wirtschaftlicher Pleiten, Pech und Pannen darstellen. Diese fixe Idee vom starken, klugen Mann, der ohne "hemmenden" Rechtsstaat und Parlamente effizient durchregieren würde, ist eben nur eine fixe Idee. Eine gefährliche Idee dazu. Die sich leider erstaunlich hält.