Warum versagte Italien so im 2. WK

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Chwanzus Longus
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Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Chwanzus Longus » 2. April 2020 13:32

Warum versagte Italien so sehr im 2. Weltkrieg.

Es ist ja allgemein bekannt dass die Italienische Armee sehr schlecht ausgerüstet und organisiert war.
Military History Visualized hat ja da ein gutes Video gemacht dass selbst Divisionen die voll ausgerüstet waren im Vergleich mit deutschen Divisionen massiv unterbewaffnet waren insbesondere an schweren Waffen. Und der großteil der Divisionen war ja nicht mal voll ausgerüstet.

Aber trotzdem wäre es doch möglich gewesen zumindest limitierte nützliche Offensiven zu starten.
Indem man das was man an Gerät hat zusammenklaubt und mit dieser nur noch halb so großen Armee dann halt punktuell was reißt.

Ich verstehe einfach nicht warum Mussolini Griechenland erobern wollte.
Es hat weder wichtige Ressourcen, Industrie noch hat es strategische Bedeutung. Auch war dort keine italienfreundliche oder italienische Bevölkerung die "zurück ins Reich" geholt werden sollte. Dabei war man doch schon im Krieg mit Frankreich und England und hatte damit eigentlich alle Hände voll zu tun.

Eine Konzentration auf Nordafrika hätte doch strategisch und auch in Anbetracht seiner begrenzten militärischen Möglichkeiten viel mehr Sinn gemacht. Auch wenn der Marine massiv Treibstoff fehlte sollte doch eine schnelle Offensive gegen Malta möglich sein. Von Sizilien ist es nur ein Katzensprung nach Malta also wäre das mit wenig Treibstoff zu machen gewesen. Zur Invasion braucht es auch wenig schwere Waffen. Die Schiffe und Flugzeuge bieten Feuerunterstützung und die Infanterie stürmt Strände und Befestigungen. Damit wäre Malta aus dem Spiel gewesen und die nächsten britischen Stützpunkte in Gibraltar und Alexandria.

Ebenso in Afrika. Wenn ich alles an Panzer und motorisierten Gerät zusammenkratze (denn in Italien zur Verteidigung brauche ich es 40-41 ja nicht) sollten doch eine handvoll richtige mot. Inf und Panzerdivisionen zusammenkommen mit denen man einen Bewegungskrieg in der Wüste führen kann. Die Eroberung Ägyptens wäre doch um ein vielfaches Nützlicher gewesen als Griechenland. Die Sperrung des Suezkanals und Eroberung der großen Flottenstützpunkte der Royal Navy. Diese hätte nur noch Gibraltar als Operationsbasis im Mittelmeer gehabt. Außerdem Zugriff auf das Öl in Arabien und Verbindung mit den afrikanischen Besitzungen in Äthopien.

Es will mir nicht in den Kopf dass man in so einer Situation Griechenland angreift anstatt etwas sinnvolles zu tun.
Was war denn da der Grund ausser "Prestige".

Wäre es nicht viel Prestigeträchtiger das abgelenkte England zu verdreschen als das kleine Griechenland.
Der Besitz Ägyptens und des Suezkanals machen sich doch viel besser in der Zeitung als Griechenland.
Ich rückte in einem brillianten takischen Manöver Rückwärts vor.

Und noch eine Erklärung von meinem Namen für die Unwissenden http://www.youtube.com/watch?v=fWpANSpqtEk

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon nordstern » 2. April 2020 20:46

Mussolini hatte den Glauben an ein Italien dass das Mittelmeer kontrolliert. Also ein Widerauferstehen des alten "römischen" Glanzes. Und Italien gehörte da eben dazu, genauso wie der Balkan und Nordafrika. Er wusste das seine Armee schrott war, aber er spekulierte eben auf Landgewinne in Frankreich wenn er beitritt. Der Berühmte satz der 1.000 Toten.

Afrika war ein Desaster. Italien hat hier durchaus erfolgreiche Offensiven durchgeführt. Nur hat eine mobile Einsatztruippe der Briten die in der Wüste operierte, gereicht um die gesamte marode Maschinerie zusammenbrechen zu lassen. Das Problem in Arika lag aber meines erachtens nicht in Afrika sondern in der Marine. Die italienische Marine war zu Kriegsbeginn die größte und modernste Marine im Mittelmeer. Dennoch verhielten sich die Italiener wie... ich finde keinen Vergleich.. selbst die norwegische Flotte war gegen die deutsche Flotte kampffreudiger. Sie scheuten jede Auseinandersetzung gegen die Briten, da sie hinterm Horizont jedes britischen Schiffs die gesamte Royal Navy wähnte. Das ganze war soweit, das die Italiener sich weigerten Malta anzugreifen obwohl überall in Süditalien deutsche Jäger und Bomber verteilt waren sowie Luftlandetruppen um die Insel zu erobern. Doch das ganze funktioniert nur, wenn die Italienische Flotte vor Malta ist. Was nicht passierte... die italienische Marine lief aus, traf auf ein paar britische Zerstörer und kehrte in den Hafen zurück. Also wurde Malta nicht erobert und dann kam das Afrikakorps und die Nachschubprobleme durch die Briten auf Malta.

Also musste die Wehrmacht aus Konsequenz daraus Operation Merkur starten. Wo deutsche Luftlandetruppen ohne Jagdschutz oder Bomberdeckung bzw. Marinedeckung über Kreta abgeworfen wurden. Das Ergebnis kennen wir ja alle... es war zwar ein Sieg aber die deutsche Luftlandetruppen hörte damit auf zu existieren als einsatzfähige militärische Einheit für den Rest des Krieges. Und das geht nur, wenn man mit Griechenland im Krieg ist. Ich würde also sagen, das die Kriegserklärung an Griechenland die logische Konsequenz war, um zumindest halbwegs sichere Nachschubwege zu haben oder die britische Flotte und Nachschub auszudünnen.
Ich würde sagen die Italiener sahen ihre Flotte als "wichtiger" an als ihre Armee. Frei dem Motto was sind ein paar tausend Soldaten und Geschütze gegen unseren wertvollen Schiffe... Schiffe die unser Kolonialreich schützen sollen. Dadurch wurde die italienische Flotte aber absolut nutzlos im Krieg.

Der Feldzug in Afrika wäre ganz anders gelaufen, wenn Malta erobert worden wäre. Dann hätten die Alliierten das Problem gehabt, da sie ihren Nachschub um Afrika rum verschifft hätten müssen und Flugzeuge auf Malta + Italienische Schiffe und deutsche U-Boote hätten den Alliierten das mittlere Mittelmeer verwehrt.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Avarice1987 » 2. April 2020 21:37

ERstmal war die Italienische Flotte bei Kriegsausbruch mitten in der Modernisierung.

Die Italiener hatten zwar Später auf dem Papier 6 Schlachtschiffe, Einsatzbereit bei Kriegsbeginn waren hiervon aber nur 2.
Nach tarent zeigte sich übrigens, dass der in den 30gern Installierte Torpedoschutz eine Fehlkonstruktion war, welche schon einem Torpedotreffer gestatten würde, dass ein Schlachtschiff sinken könnte. Dies war der Grund für das Vorsichtige Vorgehen der Italiener. Das Märchen der Übermächtigen italienischen Marine z.B bei Punta Stillo und dem nichtseinsatz der Vittorio veneto und Littorio, welche wohl nichtstuend im hafen lagen hät sich bis heute : https://de.wikipedia.org/wiki/Seeschlac ... unta_Stilo unter dem Punkt Folgen.

Schaut man aber in Siegfried Beyers Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer, finet man heraus, dass die Schiffe hier noch garnicht im Dienst waren bzw der Ausbildungsstatus noch nicht beendet war.

Das Pech der Italiener war klar, das sman im Falle Malta bei Kriegsbeginn gepennt hat, hier eine Blitzartige Besetzung vorzunehmen wäre sinnvoll gewesen. 2ter Grund waren halt die verluste duch die Nacht von Tarent. Desweiteren muss man auch hier das Kompetenzgerangel zwischen Luftwaffe und Marine sehen. Bei den zahlreichen Einsätzen gegen die Englisch Flotte erzielten die Sm 79 er hochfliegend viele Nahtreffer bei Schlachtschiffen sowie Trägern. Natürlich ist bei solchen Einsätzen immer etwas Glück im Spiel.....

Auch war die Luft oder U Boot Aufklärung des Öfteren Fehlerhaft......

Zitat: " Der italienische Außenminister Ciano schrieb über die Schlacht in sein Tagebuch, nicht die britische Flotte sei das wirkliche Problem gewesen, sondern der Gegensatz zwischen der italienischen Marine und der italienischen Luftwaffe. Die Kooperation konnte später verbessert werden, auch die Einführung von hervorragenden Luft-See-Torpedos brachte Fortschritte, doch die Briten hatten dann durch ihr Radar und vor allem dank der Entzifferungsspezialisten in Bletchley Park einen kriegsentscheidenden Vorsprung. "
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon KirKanos » 5. April 2020 16:54

nordstern hat geschrieben:Also musste die Wehrmacht aus Konsequenz daraus Operation Merkur starten. Wo deutsche Luftlandetruppen ohne Jagdschutz oder Bomberdeckung bzw. Marinedeckung über Kreta abgeworfen wurden. Das Ergebnis kennen wir ja alle... es war zwar ein Sieg aber die deutsche Luftlandetruppen hörte damit auf zu existieren als einsatzfähige militärische Einheit für den Rest des Krieges. .


a) Es ist Unsinn das es kein Luftschutz gab. Ohne massiven Einsatz der Luftwaffe und der Lufthoheit der Achsenkräfte hätte die britische Marine den Angriff auf Kreta mühelos zurückgeworfen.
b) Kämpften weiter ganze Fallschirmjäger-Divisionen (!!!) im Krieg auf Seiten der Wehrmacht und fochten als "Feuerwehr" sowohl an der Ostfront, sowie in Italien (Monte Casino) als auch an der Westfront ("Festung" Brest) in beachteten Abwehrkämpfen. 43 wurde zum Beispiel die 2. Fallschirmjäger-Division neu aufgestellt, welche mehrfach aufgerieben und neu aufgestellt wurde (Brest, Ruhrkessel).
c) Nur Luftlandeoperationen wurden nicht mehr durchgeführt, zuerst aus taktisch Gründen - Hitler sah den Überraschungseffekt als verloren an - und später weil man schlicht in der Luft geschlagen war.

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon tobiisagoodboy » 5. April 2020 20:53

WIe der freundliche Österreicher von Military History VIsualized schon sagte gab es für die Italiener 3 große Probleme. Stellen wir die mal kurz da, der Reihe nach:

1. Industrie: Italiens Industrie ist klein, für die Massenproduktion ungeeignet und verfügte nicht über die ROhstoffe um selbst auf ihrem eigenen, niedrigen Level zu produzieren. Flugzeuge und Panzer waren bei Kriegsbeginn in ORdnung (Flugzeuge qualitativ auch bis Kriegsende) konnten aber sobald alle anderen volle Kriegswirtscahft hatten nicht mehr mithalten (vor allem da es an leistugnsfähigen Motoren mangelte und Deutschland erst sehr spät bereit war zu teilen). Nicht einmal genug Gewehre waren da, sodass man die alten 6,35mm Carcanons die man eigentlich schon eingemottet hatte rausholen musste. Qualitativ war die Ausrüstung zum Teil aber gut bis exzellent (Baretta MPs und Pistolen, 90mm Flak, Panzerwagen und Jagdflugzeuge) nur war zu wenig da.

2. Öl: Ganz simpel, Italien hatte keins. Keine nennenswerte eigene Produktion, weder in Italien noch in den Kolonien (Lybische Ölfelder wurden erst nach dem Krieg nutzbar). Die eigenen Reserven waren gering und Deutschland hatte bereits alle größeren Produzenten in Europa (Polen, Ungarn, Rumänien und Deutschland selbst) unter seiner Kontrolle (was aber im SChnitt auch nur maximal 2/3 des deutschen bedarfs deckte). Jede Offensive, jeder Angriff, jede Patroullie und jede Übungsfahrt der Regina Marina kostete Treibstoff den Italien nicht hatte. Auch daher waren die Italiener so scheu wenn es um Angriffe ging, die großen EInheiten wurden nur dann geschickt, wenn es sicher Beute und Erfolg gab, andernfalls waren die Verluste an Treibstoff nicht zu rechtfertigen. Die große Hoffnung für Italien in diesem bereich waren immer Ägypten und vor allem der Irak gewesen, aber die wurden ja Gott seid dank nie erreicht.

3. Offiziere, AUsbildung und Bildung generell:

Italiens Gesellschaft war größtenteils immer noch agraisch, vor allem der Süden und die Bildung in weiten Teilen der Bevölkerung mangelhaft. Kombinier das mit einem aristokratischen Offzierskorps welches nie die Tradition oder Qualität des deutschen oder britischen hatte und du hast ein massives Problem. Das Unteroffizierscorps war klein und hatte wenig Befugnisse und die vorallem höheren Offiziere oft wenig kompetent (größte Ausnahme hier ist Giovanni Messe) und durch Mussolini weiter behindert.

Italien hatte nie eine Chance irgendwas zu reißen, die Zeche für Mussolinis Wahnsinn zahlten die Bevölkerung und die Soldaten. Italienische SOldaten waren genau so tapfer wie die SOldaten aller anderer ARmeen, es fehlte ihnen oft nur einfach an AUsbildung, Führung und Ausrüstung. Eliteverbände (Alpini und die Froschmänner) und erfahrene Einheiten unter kompetentem Kommando (Italienische Afrikatruppen unter Messe und Rommel) kämpften genau so gut oder besser (googelt mal den ANsturm italienischer Kavallerie an der Ostfront, wie die Italiener da die Russen massakriert haben).




DIe meisten Mächte des KRieges hatten immer mit mindestens einem dieser Probleme zu kämpfen (Deutsche mit Öl und Teils Industrie, Franzosen mit dem Oberkommando, ebenso teils die Amis mit ihren oft wenig kompetenten Offizieren) nur Italien hat halt alle Probleme auf einmal gehabt und dazu noch einen vollkomen inkopetenten Führer und ein kaputtes, korruptes und unfähiges politisches System(ähnlich Deutschland).

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon KirKanos » 5. April 2020 21:20

Das sind schon einige wichtige Punkte. Ich glaube ein weiterer Punkt ist das das totalitäre System des "Duce"-Staates nie die Bevölkerung mobilisieren, von der Notwendigkeit des Krieges überzeugen und allgemein durchdringen konnte. Große wirtschaftliche Erfolge blieben aus, die vielen inneren Probleme wurden durch den absoluten Anspruch des Faschismus nur übertüncht, aber nie wirklich angegangen. Der Revolutionswille einiger faschistischer Ideologen wurde ausgebremst oder ganz fallen gelassen, vielmehr hangelte sich der sogenannte Duce von Problem zu Problem, immer auf den Machterhalt konzentriert. Es wurden viele Versatzstücke an den Haaren herbeigezogen, um das neue Italien zu propagieren. Der Kult um das römische Reich, der Kult um Mussolini und der Kult um den Antikommunismus. Daraus konnte aber nie ein geschlossenes, geschweige denn wettbewerbsfähiges, effizientes Polit-System abgeleitet werden. Der Faschismus italienischer Prägung konservierte in Wahrheit vielmehr die bestehenden Verhältnisse, der propagierte Anspruch eines neuen Italiens wurde realpolitisch schnell aufgegeben. Die Eliten arrangierten sich damit, schließlich schien etwas Stabilität gewährleistet und die "rote" Gefahr gebannt zu sein.

Das bizarre war, nach außen wurde dem Ausland ein totalitäres Gebilde präsentiert, tatsächlich sah sich der faschistische Staat ständig im Belagerungsmodus und konnte nie wirklich auf eine breite Unterstützungsbasis vertrauen. Die faschistische Partei schaffte es nie wirklich die Bevölkerung zu durchdringen und sich eine breite Basis zu verschaffen.

Das führte dazu das die Italiener wenig begeistert in den Krieg zogen, der faschistische Staat war in weiten Teilen der Bevölkerung unbeliebt. Seine Haut in einem fremden Kontinent für koloniale Phantasien zu riskieren war unter diesem Umständen für viele Wehrpflichtige undenkbar. Noch dazu mit schlechter Ausrüstung. Die Berufssoldaten wirkten dem begrenzt entgegen und häufig kämpften diese durchaus verbissen und professionell. Gleichwohl auch in ihren Reihen gab es starke Ressentiments gegen über der prodeutschen,waghalsigen Politik Mussolinis.

Das kann auch mit erklären warum große, überlegende Verbände der Italiener vor kleineren, britischen Verbänden kapitulierten. Ohne den Rückhalt der Bevölkerung konnte der faschistische Staat noch so pathetische Motive propagieren, es änderte nichts daran das die Bevölkerung ganz und gar nicht vom faschistischen Staat durchdrungen war. Die Menschen standen nie hinter diesen Kriegen, und waren nur sehr unwillig bereit die schweren Lasten dieser Konflikte zu tragen.

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Hjalfnar » 5. April 2020 23:31

Bezüglich Italien und Wirtschaft, im Zuge meiner Mitarbeit am ULTRA Mod musste ich mich auch mit dem Thema Panzerproduktion herumschlagen. Zwei Dinge fielen mir da besonders auf:

1. Ab 1940 bot Hitler den Italienern die Lizenzproduktion deutscher Panzer zum Nulltarif an. Wenig bekannter Fakt, tatsächlich. Militär und auch Mussolini fanden die Idee gar nicht schlecht, aber der gewaltige Korruptionsapparat und der vergleichsweise geringe Einfluss der Faschisten machte es für die italienischen Industriekonzerne, die sich jeder Zusammenarbeit mit ihren Konkurrenten vehement verweigerten, möglich diese Lizenzproduktion, die auf jeden Fall Kooperation erfordert hätte, abzublocken.

2. ULTRA ist ja nunmal ursprünglich ein Industriemod gewesen. Entsprechend ging es auch um Produktionskosten, als wir die historisch korrekten Panzer-Techtrees eingebaut haben. Dabei stellten wir fest, dass effektiv ein kanadischer Arbeiter im Laufe des Krieges 3-4 Mal so produktiv war wie ein italienischer. Das ist nicht die Schuld der Arbeiter, sondern der Industriebosse und der Regierung gewesen. Die oben genannte Korruption spielte da ebenfalls mit rein. Die italienische Wirtschaft wurde wie die deutsche nie wirklich mobilisiert, bis es zu spät war (siehe deutschen Produktionsrekord Mitte 1944), während Kanada schon 1941 mehr Gewehre, Munition, Panzer und Flugzeuge herstellte als Italien. Von Frachtschiffen wollen wir gar nicht anfangen. Die kanadische Kriegsproduktion war abartig hoch, bei einer ähnlich großen Gesamtindustrie zu Kriegsbeginn, wenn auch deutlich größerer Automobilindustrie.
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Chwanzus Longus » 6. April 2020 23:41

Anscheinend wollte Mussolini zwar das römische Reich irgendwie wieder auferstehen lassen aber hatte überhaupt keinen durchdachte Strategie.

Gerade wenn man im Mittelmeerraum seine neue Weltordnung errichten will wäre es doch das nützlichste die Größte Seemacht da rauszubekommen.
Die große französiche Flotte wurde ja dankbarerweise von Deutschland aus dem Spiel genommen somit hätte sich Italien "nur" noch um die Engländer kümmern müssen die ein Weltreich rund um dem Globus zu verteidigen hatten.

Hätte man Malte genommen wäre der Versorgungsweg nach Afrika relativ frei gewesen und die Bewegungen der Engländer dort erheblich behindert. Dann wäre ein Vorstoß nach Ägypten leichter gewesen und alles an neuen Material hätte an dieser kleinen Front konzentriert werden können. Dort hätte selbst Italien wahrscheinlich eine Übermacht aufbauen können. Dort wäre dann der Suezkanal dicht gewesen und als letztes Hindernis zur totalen Herrschaft im Mittelmeer wäre Gibraltar übrig geblieben. Dann hätte man ja so Schwachsinnsdinge wie Griechenland angehen können.

Wenn man schon so schwach ist wie Italien und sich mit einem Weltreich wie England anlegt sollte man sich doch erstmal darauf konzentrieren. Geht mir nicht in den Kopf.

Ein großes Problem war sicherlich das Mussolini nicht wie Hitler durch Wahlen und Popularität an die Macht gekommen ist und erstmal erstaunliche Erfolge feiern konnte. Remilitarisierung der Rheinlands, Anschluss Österreichs, Sudetenland etc. In den letzten Wahlen konnte die NSDAP ja ~49% der Stimmen erringen also war ein substantieller Teil der Bevölkerung hinter ihm.

Mussolini hat sich dagegen an die Macht geputscht mit nur sehr wenigen Anhängern und Rückhalt in der Bevölkerung. Da ist dann natürlich der einfache Soldat nicht sehr motiviert sein Leben zu riskieren weil dieser Kerl einem Größenwahn eines neuen römischen Reichs erlegen ist während er nicht einmal die Benötigte Ausrüstung bereitstellen kann um das zu tun. Das ist ja meiner Meinung auch ein Faktor warum arabische Armeen immer so verdroschen werden wenn sie auf motivierte Kräfte wie Israel oder gar den IS trafen. In diesen Ländern ist die Armee meist ein mittel zum Machterhalt und Führer werden aufgrund politischer Zuverlässigkeit und nicht militärischem Können ausgewählt. Da ist dann eben auch die Bereitschaft sein Leben für die durch und durch korrupte Elite zu riskieren nicht vorhanden. Vor allem wenn die Vorgesetzten keine Ahnung haben was sie eigentlich tun. Während es bei den Israelis um nackte überleben jeden Einzelnden und seiner Familie ging. Und beim IS wollten halt total verblendete Fanatiker ihren Gottesstaat errichten. Weil der Islam ja das Beste ist was es gibt...

Die Moral der Geschichte.

Es ist immer gut erstmal einen Plan zu haben bevor man die Weltherrschaft anstrebt.
Noch besser wenn dieser Plan was mit der Realität zu tun hat.
Ich rückte in einem brillianten takischen Manöver Rückwärts vor.

Und noch eine Erklärung von meinem Namen für die Unwissenden http://www.youtube.com/watch?v=fWpANSpqtEk

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Stratege » 7. Oktober 2020 22:49

Um da auch mal meinen Senf dazu zu geben:


Italien war von Beginn an auf einen Konflikt dieser Größenordnung überhaupt nicht eingestellt.
Als das deutsch-italienische Bündniss zustande kam, wies Mussolini Hitler auch explizit darauf hin, dass Italien sich nicht in kriegsbereitem Zustand befand, zumal auch einiges an Munitions- und Waffenbeständen, sowohl durch die Kriegshandlungen in Abessinien, als auch durch den relativ breit angelegten Einsatz im spanischen Bürgerkrieg (italienischerseits spekulierte man zewitweise darauf, sich das durch Abtretung der Balearen an Italien abgelten lassen zu können), schlicht und einfach vernutzt und aufgebraucht.
Das bei der bereits erwähnten schmalen industriellen Basis und vor dem Hintergrund der kontinuierlichen wirtschaftlichen Krisenstimmung nach dem ersten Weltkrieg.

Das man sich dann in den Konflikt dennoch einschaltete, trotz des Wissens, dass man dafür einfach nicht bereit war, hat sicherlich etwas damit zu tun, dass man auch in Italien nachdem die alliierte Hauptarmee in Frankreich abgeschnitten und weitgehend zerschlagen war, auf einen schnellen Frieden rechnete und sich noch schnell seinen eigenen Platz am Verhandlungstisch sichern wollte, um bei der Verteilung der Beute nicht zu kurz zu kommen.


Die Frage, warum Italien im Verlauf des 2. WK so versagte, erschöpft sich mmn darin, dass hier schlicht ein Land, dass auf einen solchen Krieg in keiner Weise vorbereitet war und das auch sehr gut wusste, sich aus Torschlusspanik heraus in einen Konflikt stürtzt, den es irrtümlich, im Grunde genommen bereits für fast beendet hielt.
Entsprechend mussten die fehlenden Vorbereitungen dann im laufenden Krieg nachgeholt werden, was durch das Fehlen an Ressourcen und das weitgehende Abschneiden vom außereuropäischen Handel, dann so nicht mehr funktionierte.
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Sir Heinrich » 8. Oktober 2020 10:09

Stratege hat geschrieben:Das man sich dann in den Konflikt dennoch einschaltete, trotz des Wissens, dass man dafür einfach nicht bereit war, hat sicherlich etwas damit zu tun, dass man auch in Italien nachdem die alliierte Hauptarmee in Frankreich abgeschnitten und weitgehend zerschlagen war, auf einen schnellen Frieden rechnete und sich noch schnell seinen eigenen Platz am Verhandlungstisch sichern wollte, um bei der Verteilung der Beute nicht zu kurz zu kommen.


Man braucht ein paar hundert Tote, um sich an den Tisch der Sieger zu setzen.
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Mann muss nicht immer am meisten schreiben,
es reicht, wenn man das meiste liest.

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