Gettysburg - Tag 1

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon Avarice1987 » 13. Oktober 2020 21:44

Was sich für den Süden Schlecht auswirkte war Stonewall Jacksons Tod bei Chancellorsville, viele Theoretiker sind der Ansicht, dass Gettysburg andersherum verlaufen wäre..... Was es den Konföderierten gebracht hätte, zuerst die Hügel zu besetzen sah man doch bei Fredericksburg, die Union wurde hier beim Angriff auf die Stellungen ordentlich durch den Fleischwolf gedreht.


Alles weitere ist Spekulation
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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon Stratege » 13. Oktober 2020 23:47

KirKanos hat geschrieben:Ich möchte mich für den Ton meiner Posts gestern Abend entschuldigen. War ein langer Tag, trotzdem kein Recht so überspitzt und giftig zu formulieren. Ich möchte auch die Gelegenheit nutzen nochmal ein Argument zu präzisieren.

Grundsätzlich sehe ich Dein Argument ja, man kann man den Süden nicht verhandeln, ohne ihn zu legitimieren. Aber jeder Krieg hat eine Haltwertzeit bis der Ruf der Bevölkerung so laut wird, dass die Regierung gezwungen ist in Frieden zu schließen. Egal ob es ein Bürgerkrieg oder ein Konflikt zwischen zwei Staaten ist. Und es kommt auch nicht selten vor, dass man den Krieg vielleicht sogar auf lange Sicht gewinnen würde und trotzdem zum Friedensschluss gezwungen ist. Das war ja von vornherein auch die einzige realistische Option des Südens. Gerade den meisten Republikanern war klar, dass jeder Kompromiss mit den Süden einer Anerkennung des südstaatlichen Sezessionsrechts war. Es gab aber schon bei Kriegsbeginn auch Stimmen, die sagten lasst den Süden ziehen, ohne ihn sind wir besser dran. Oder hochrangige Politiker wie Präsident Buchanan der einen Bruder, bzw. Bürgerkrieg vermeiden wollte und deswegen sich auf die recht merkwürdige Position zurückzog, die Sezession sei ungesetzlich, aber auch etwas dagegen zu tun wäre ungesetzlich.


Ich bin nach wie vor der Meinung, dass du das etwas eindimensional siehst.
Natürlich ergibt sich durch die kriegsbedingte Ermattung irgendwann ein natürlichs Bedürfnis danach Frieden zu schließen. Auf der anderen Seite, müssen aber im Rahmen verlustreicher Auseinandersetzungen unter den Umständen einer entwickelten medialen Öffentlichkeit und einer sich zunehmend demokratisch verstehenden Gesellschaft aber auch die Opfer gerechtfertigt werden, die die ganze Angelegenheit kostet.
Bedeutet, dass es auch so etwas wie einen politischen Zwang der verantwortlichen Regierungen gibt am Ende einen "Siegfrieden" zu präsentieren um den Opfern, die die Bevölkerung zum Erreichen desselben zu bringen hatte, Sinn zu verleiehen und eben dieser Bevölkerung auch etwas für ihre materiellen Einbußen oder den Verlust von Angehörigen auch etwas zu bieten, und sei es nur ein sinnstiftendes Narativ.
Wenn wir uns über hypothetische Stimmungen in der Bevölkerung unterhalten, dann vielleicht auch mal über die Hypothetische Stimmung derjenigen, Bevölkerungsteile des Nordens, deren Angehörige, hätte man dem Süden nun nachgegeben, dann völlig umsonst ihr Leben gelassen hätten?

Sicherlich, so lange das nichts kostet, konnte man am Beginn des Krieges damit argumentieren, dass man den doch vermeiden sollte. Nachdem die Opfer aber einmal da sind, die Kriegsanleihen, die man irgendwann zurückgezahlt sehen will, erworben etc. sieht die Sache dann etwas anders aus.


Wenn wir auf Grund der Verluste und der dementsprechenden Stimmung bei anderen Teilen der Bevölkerung (in der es ja auch eine nicht midnerstarke dezidierte Kriegspartei gab), mal von dem Zwang ausgehen, einerseits den Krieg so schnell als möglich zu beenden, andererseits der Bevölkerung sinnstiftendes und Beute zu präsentieren, ist der naheliegende Schluss nicht sich an den Tisch zu setzen und versuchen zu irgendeinem halbgaren Kompromissfrieden zu kommen, sondern, den Kriegsverlauf durch hochriskante und manpower- und materialintensive Offensivaktionen durch endgültiges Brechen des Gegners zu verkürzen.
Schlicht weil dass Gelingen dessen die einzige Möglichkeit ist, sowohl den Wünschen der Kriegs- als auch der Friedenspartei Rechnung zu tragen.

- Verprellt man durch Ignorieren der Forderungen schnell zum Frieden zu kommen, die Friedenspartei, ist man deren politische Unterstützung los und wird zum Kriegstreiber stilisiert.
- Schließt man zu Konditionen Frieden, die in keinem Verhältnis zu den dafür gebrachten Opfern zu stehen scheinen und dass aus einer militärisch eigentlich vorteilhaften Lage heraus, schafft man sich mit Ansage Dolchstoßlegenden über die man dann anschließend politisch stolpert.

Du fixierst dich in der bisherigen Diskussion bisher einzig darauf, dass es eine Friedenspartei gab, die es sicherlich gab und dass diese anno 1864 zeitweise stark genug schien die Präsidentchftswahlen zu gewinnen.So weit wir das beurteilen können, alles richtig.
Nur selbst wenn sie die gewonnen hätte und das berücksichtigst du mir nach wie vor zu wenig, ist eine "Friedens-Partei" noch lange keine "Frieden-um-jeden-Preis-Partei" nebst der Tatsache, dass da immer noch rund die Hälfte der Bevölkerung die Weiterführung des Krieges dezidiert beführwortete.
Selbst wenn wir nun also annehmen, dass jeder, der seinerzeit nicht Lincoln wählte, dies aus dem Wunsch heraus tat, um jeden Preis Frieden zu schließen, nicht etwa aus anderen Motiven, wie etwa die Sklavenemanzipation für einen zu weitgehenden Schritt zu halten, den Krieg aber nach wie vor zu unterstützen, wäre der politische Schaden für die Regierung, bei diesen Verhältnissen egal ob sie nun einen Kompromissfrieden anstrebte oder nicht, ungefähr gleichbleibend gewesen, mit dem Unterschied dass die Regierung dann eben eine andere Kernklientel vertreten hätte.

Politisch wäre eine Regierung, die einen Kompromissfrieden tatsächlich geschlossen hätte, sehr wahrscheinlich zackig über dessen Kosten und den Widerstand der Kriegsbeführworter gestolpert.


KirKanos hat geschrieben:Und im Süden schätzen viele 1863 die Situation richtig ein und sahen die Niederlage kommen. Für sie war ein teuer erkaufter Kompromiss besser als die Niederlage. Schon 1864 gab es nicht wenige Stimmen, die eine Rückkehr in die Union zumindest diskutieren wollten, wenn dafür ihre alten Rechte im Kongress wiederhergestellt wurden. Es wäre doch Wahnsinn und auch recht merkwürdig gewesen wenn die damaligen Politiker nicht das Feuer um sich lodern sahen und dann nicht zumindest über Kompromisse nachdachten. Sicher, es gab Falken wie Davis, die Unabhängigkeit oder Untergang propagierten, aber diese Haltung hatte spätestens 1865 nicht mehr viele Freunde im Süden.


Wie gesagt, ich halte es für grundsätzlich falsch den Süden als eine politische Einheit in diesem Sinne zu sehen.
Für viele im vom Krieg bisher kaum berührten tiefen Süden, wäre ein Kompromissfrieden bei dem die umstrittenen Grenzstaaten und Teile des oberen Südens und der Missisippi an den Norden gegangen wären, der Rest unabhängig geworden wäre, sicher akzeptabel gewesen
Für diejenigen, die die besetzten und potentiell davon betroffenen Territorien zu repräsentieren hatten, wäre das auch ohne jeden Fatalismus, vom rein rationalen Standpunkt aus betrachtet, das Schlimmste aller anzunehmenden Szenarien gewesen.

Diese Gebiete waren von Kämpfen ohnehin weitgehend verwüstet und die Sozialordnung durch die Emanzipationsproklamation und deren Folgen, sofern sie auf der Sklaverei als institutioneller Basis beruhte, ohnehin faktisch bereits den Bach runter.
Diese Territorien, hätten, wenn der gesamte Sezessionsraum an die Union zurück fiel weniger verloren, als wenn sie alleine an die Union zurück fielen, während der tiefe Süden sie hätte verlassen dürfen.
Für jemanden, der wirtschaftlich nicht mehr viel zu verlieren hatte, weil so gut wie alles dadurch, das der eigene Besitz sich unter Feindbesetzung befand oder bereits dem Krieg zum Opfer gewallen war, gab es nun absolut keine logische Veranlassung sich dann noch auf ein Friedensmodell einzulassen, bei dem als Sahnehäubchen oben drauf, der eigene Staat durch Rückgliederung in die Union, ohne aber den tiefen Süden im Rücken, politisch vollkommen marginalisiert worden wäre, weil zu wenig Gewicht im Alleingang gegen die nördlichen Staaten Gesetze und Verfassungsänderungen/Zusätze zu blockieren.

Einzelne Stimmen, die sich für die Rückkehr zum Status Quo ante ausgesprochen haben, mag es auch im Süden gegeben haben. Nur zu einem Zeitpunkt, als das noch ernsthaft zur Debatte stand, hatten die keine Mehrheiten, sonst wäre es ja gar nicht zur Sezession und zum Krieg gekommen. Lincoln hatte ja explizit versprochen an den bestehenden Verhältnissen nichts ändern zu wollen, sofern die Sezession unterbliebe.
Auf dieser Basis hätte man 5 Jahre lang zu jedem Zeitpunkt Frieden schließen können. Wenn also der Süden, bevor die militärische Lage komplett verloren war, in seiner Mehrheit jemals so geacht hätte, warum wandte er sich nicht mit einem entsprechenden Friedensangebot an Washington oder suchte auf dieser Basis bei den europäischen Mächten um Vermittlung in dieser Sache nach?
Nachdem der Süden militärisch geschlagen war, welche Veranlassung hätte der Norden da gehabt, noch zu versuchen das Rad der Geschichte zurück zu drehen und dem Süden wieder seine Möglichkeiten von vor dem Kriege zurück zu verschaffen.

So lange der Süden tatsächlich etwas zu verhandeln hatte, dachte er nicht daran die Sezession im äußersten Fall aufzugeben und zum Status-Quo-ante zurück zu kehren.
Nachdem man sich verzockt hat, das Rad der Geschichte zurückdrehen zu wollen, um wieder in die Ausgangssituation zu kommen und den Preis für dieses Zocken beim Gegenspieler abzuladen, ist eine Haltung, die in der Regel nicht honoriert wird.
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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon nordstern » 14. Oktober 2020 02:19

Wg der Kriegsmüdigkeit schrieb ich auch, das strategisch gesehen Antitam entscheidender gewesen wäre. Die Union hatte bis dahin keinen militärischen Sieg, aber hohe Verluste erlitten. Sie brauchte einen Sieg um die Bevölkerung bei der Stange zu halten. Und dieser Sieg war Antietam. Wenn Antietam zu einer Niederlage der Union geführt hätte, wäre ein politischer Frieden in greifbarer Nähe gewesen meines erachtens. Egal zu welchem Preis dieser Sieg gekommen wäre. Und selbst wenn nicht, hätte das die gesamte Ost-Armee der Union vor ein riesiges Problem gestellt nicht zwischen Meer und Konföderierten vernichtet zu werden. So schnell hätte man die Armee garnicht evakuieren können.

In Gettysburg sah die Lage anders aus. Eine Niederlage wäre politisch nicht existenzbedrohend gewesen. Problematsch ja, aber nicht kritisch eben. Dafür war der Sieg in Gettysburg greifbar für die Konföderierten. In Antietam, so wichtig die Schlacht auch politisch gewesen war, war ein Sieg der Konföderierten nicht wirklich greifbar. Und Militärisch wäre eine Niederlage in Gettysburg ebenfalls leichter wegzustecken gewesen. Die einzige Chance den Krieg nach einem Sieg in Gettysburg zu beenden zugunsten der Konföderierten, wäre meines erachtens ein Sieg am zweiten Tag gewesen. Das hätte Meade nämlich zu einem Rückzug im Kampf gezwungen. Neben den moralischen Aspekten, wären seine Truppen auseinander gebrochen. Ein geordneter Rückzug, wenn Konföderierte den Berg herrab über die Flanke kommen und zeitgleich Kämpfe an der andereren Teilen der Front stattfanden, wäre unmöglich gewesen. Dadurch wäre die Unionsarmee desorganisiert und moralisch angeschlagen gewesen und hätte vermutlich einige tausend Mann als Gefangene verloren. Dann noch Stuart im Rücken der Unionsarmee...
Diese Phase hätte Lee nutzen können um Washington zu erobern. Meade hätte es nicht geschafft die Armee zu organisieren, die Moral anzuheben, sich zu sammeln und Washington vor Lee zu verteidigen. Meade hätte die Verteidigungsanlagen von Washington angreifen müssen mit der gesamten Armee von Lee darin verschanzt. Lee hätte dabei die gesamte Armee riskiert. Aber er muss gewusst haben, das dies seine einzige Chance sein würde. Er war ja nicht dumm. Meade hätte nicht belagern können, weil der politische Druck durch den Fall Washingtons immens gewesen wäre. Entweder hätte das schon ausgereicht für einen politischen Frieden, oder spätestens wenn ein Rückeroberungsversuch scheitert. Für die Konföderierten wäre das aber ein alles oder nichts gewesen und nur möglich, wenn Meades Armee aus Gettysburg in schlechtem Zustand geht. Und dafür hätte es einen Sieg am Tag2 gebraucht. Ein Sieg am Tag 1 wäre unbedeutend gewesen, weil Meade sich nicht gestellt hätte und seine Armee intakt gewesen wäre.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon KirKanos » 14. Oktober 2020 14:51

Stratege hat geschrieben:Ich bin nach wie vor der Meinung, dass du das etwas eindimensional siehst.
Natürlich ergibt sich durch die kriegsbedingte Ermattung irgendwann ein natürlichs Bedürfnis danach Frieden zu schließen. Auf der anderen Seite, müssen aber im Rahmen verlustreicher Auseinandersetzungen unter den Umständen einer entwickelten medialen Öffentlichkeit und einer sich zunehmend demokratisch verstehenden Gesellschaft aber auch die Opfer gerechtfertigt werden, die die ganze Angelegenheit kostet.
Bedeutet, dass es auch so etwas wie einen politischen Zwang der verantwortlichen Regierungen gibt am Ende einen "Siegfrieden" zu präsentieren um den Opfern, die die Bevölkerung zum Erreichen desselben zu bringen hatte, Sinn zu verleiehen und eben dieser Bevölkerung auch etwas für ihre materiellen Einbußen oder den Verlust von Angehörigen auch etwas zu bieten, und sei es nur ein sinnstiftendes Narativ.
Wenn wir uns über hypothetische Stimmungen in der Bevölkerung unterhalten, dann vielleicht auch mal über die Hypothetische Stimmung derjenigen, Bevölkerungsteile des Nordens, deren Angehörige, hätte man dem Süden nun nachgegeben, dann völlig umsonst ihr Leben gelassen hätten?


Sicher kann dieses Narrativ Kraft geben weiterzukämpfen, aber das wichtigste Narrativ ist der Glaube an einem möglichen Sieg, und wenn die Niederlage spürbar wurde, dann verstärkt die Einsicht in große Verluste diesen Effekt nur noch. Für den Soldaten des Südens war der Mangel schon 1861/62 spürbar. Aber welche Maße er 63 und 64 erreichte war entzieht sich jeder heutigen Vorstellung, kein Schuhwerk, keine ordentliche Zelte, veraltete Waffen, mörderische Marschleistungen, Hunger, Hunger und Hunger, um nur einige zu nennen. Die Desertationen schossen durch die Decke und das obwohl die meisten Südstaaten-Soldaten sehr motiviert waren. Und ich gebe Dir allgemein Recht, viele Facetten bestimmen das Meinungsbild. Ein gutes Beispiel ist dafür Russland 1916/17. Die Lage war ähnlich desolat wie in den Südstaaten, nur das hier den Eliten klar war, wenn wir durchhalten, sitzen wir am Ende wohl am Tisch der Sieger. Auch die Kerenski Regierung appellierte an das Gefühl, die vielen Opfer dürfen nicht umsonst sein. Die Kommunisten setzten auf das Gefühl Frieden um jeden Preis und wie wir wissen, war der Preis sehr hoch.

Am Ende gibt es immer viele Strömungen, wie Du richtig festgestellt hast, und je nach Kriegslage kann eher die eine oder andere Fraktion punkten. Unter Umständen hätte auch die Friedenspartei im Süden damit punkten können und 64 sah es ja auch wie mehrfach gesagt danach aus, dass sie sich gegen Lincoln würde durchsetzen können. Lincoln selbst gab schon die Wiederwahl kurzzeitig verloren, obwohl wie heute wissen, dass der Krieg da schon lange gewonnen war.

Stratege hat geschrieben:Sicherlich, so lange das nichts kostet, konnte man am Beginn des Krieges damit argumentieren, dass man den doch vermeiden sollte. Nachdem die Opfer aber einmal da sind, die Kriegsanleihen, die man irgendwann zurückgezahlt sehen will, erworben etc. sieht die Sache dann etwas anders aus.


Mein Punkt am Anfang war ja, dass nur der politische Sieg eine Option für den Süden war. Selbst wenn Lee, wie Du mal spekuliert hattest, ein Cannae erzwungen hätte, hätte das nur einen politischen und keinen militärischen Sieg bringen können. Der Süden hatte keine Kapazitäten den Norden zu besetzen und er wollte das auch nicht wirklich, ich glaube selbst die Südstaaten wussten, dass ihr Ausgreifen eher Raids ähnelten, als klassischen Eroberungszügen. In ihren Selbstverständnis galt es die Unabhängigkeit zu erstreiten, nicht mehr. Und auch wenn die Hauptarmee des Nordens aufgerieben wurden wäre, was ein großes wenn ist, dann hätte der Norden selbst diese Verluste militärisch verkraften können. Nur wäre Lincoln dann wohl politisch tot gewesen, nach so einer Niederlage.

Stratege hat geschrieben:Wenn wir auf Grund der Verluste und der dementsprechenden Stimmung bei anderen Teilen der Bevölkerung (in der es ja auch eine nicht midnerstarke dezidierte Kriegspartei gab), mal von dem Zwang ausgehen, einerseits den Krieg so schnell als möglich zu beenden, andererseits der Bevölkerung sinnstiftendes und Beute zu präsentieren, ist der naheliegende Schluss nicht sich an den Tisch zu setzen und versuchen zu irgendeinem halbgaren Kompromissfrieden zu kommen, sondern, den Kriegsverlauf durch hochriskante und manpower- und materialintensive Offensivaktionen durch endgültiges Brechen des Gegners zu verkürzen.
Schlicht weil dass Gelingen dessen die einzige Möglichkeit ist, sowohl den Wünschen der Kriegs- als auch der Friedenspartei Rechnung zu tragen.

- Verprellt man durch Ignorieren der Forderungen schnell zum Frieden zu kommen, die Friedenspartei, ist man deren politische Unterstützung los und wird zum Kriegstreiber stilisiert.
- Schließt man zu Konditionen Frieden, die in keinem Verhältnis zu den dafür gebrachten Opfern zu stehen scheinen und dass aus einer militärisch eigentlich vorteilhaften Lage heraus, schafft man sich mit Ansage Dolchstoßlegenden über die man dann anschließend politisch stolpert.


Die Friedenspartei konnte Lincoln gar nicht mehr gewinnen, dazu waren die Lager viel zu politisiert. Vielleicht gelang es Lincoln noch 61 bis 62 eine Art Burgfrieden zu erstreiten, aber spätestens bei der Emanzipationserklärung, gepaart mit den blutigen, siegarmen Anfangsjahren für die Union, scherte die Friedenspartei endgültig aus dem Konsens aus. Lincoln versuchte sich lange an diesen Spagat und hielt sich gegenüber der eigentlich nun progressiven Mehrheit im Kongress zurück oder blockierte sie sogar - durch den Auszug der Südstaatendelegierten hatten die Progressiven ja jetzt freie Bahn im Kongress. Zwar versuchten die Republikaner diese Fassade der geschlossenen patriotischen Parteien aufrechtzuerhalten, später mit der National Union Party (offiziell (Kriegs) Demokraten plus Republikaner), aber es wurde schnell klar das dieser Kitt nicht lange hielt. Lincoln wurde von den Friedensdemokraten bis zum Erbrechen als Kriegstreiber dargestellt.

Der Rat den Krieg zu gewinnen, ich überspitze mal Deine These, ist immer ein guter. Aber defacto verlor der Norden in der ersten Kriegshälfte weit mehr Schlachten als er gewann und auch 1864 waren Siege rah gesäht. Das die Lage sehr gut für den Norden aus sah, weil z.B. die Blockade wenig spektakulär war und im Westen relativ unbeachtet der Süden die Luft abgedreht wurde, wissen wir in der Nachschau...heute.

Stratege hat geschrieben:Du fixierst dich in der bisherigen Diskussion bisher einzig darauf, dass es eine Friedenspartei gab, die es sicherlich gab und dass diese anno 1864 zeitweise stark genug schien die Präsidentchftswahlen zu gewinnen.So weit wir das beurteilen können, alles richtig.
Nur selbst wenn sie die gewonnen hätte und das berücksichtigst du mir nach wie vor zu wenig, ist eine "Friedens-Partei" noch lange keine "Frieden-um-jeden-Preis-Partei" nebst der Tatsache, dass da immer noch rund die Hälfte der Bevölkerung die Weiterführung des Krieges dezidiert beführwortete.
Selbst wenn wir nun also annehmen, dass jeder, der seinerzeit nicht Lincoln wählte, dies aus dem Wunsch heraus tat, um jeden Preis Frieden zu schließen, nicht etwa aus anderen Motiven, wie etwa die Sklavenemanzipation für einen zu weitgehenden Schritt zu halten, den Krieg aber nach wie vor zu unterstützen, wäre der politische Schaden für die Regierung, bei diesen Verhältnissen egal ob sie nun einen Kompromissfrieden anstrebte oder nicht, ungefähr gleichbleibend gewesen, mit dem Unterschied dass die Regierung dann eben eine andere Kernklientel vertreten hätte.

Politisch wäre eine Regierung, die einen Kompromissfrieden tatsächlich geschlossen hätte, sehr wahrscheinlich zackig über dessen Kosten und den Widerstand der Kriegsbeführworter gestolpert.


Politik ist das verkaufen von Inhalten. Man kann das heute bei Trump sehen, wie man desaströse Ergebnisse als Erfolge Deklarieren kann. Spekulieren wir mal vorsichtig, McClellan hätte tief im Süden stehend, Kentucky, Teile Virginias und vieler andere Staaten waren besetzt, den Süden diplomatisch in die Union zurückgeholt, dafür die Sklavenemanzipation zurückgedreht, den Süden ehrenhafte Bedingungen für die Rückkehr offeriert wäre er wohl als Held gefeiert wurden. Du wirst wahrscheinlich insistieren, dass das sehr unwahrscheinlich war. Aber ich glaube die desolate Lage der Südstaaten waren vielen in Richmond nur zu bewusst und mit McClellan als Präsident wäre der Druck auf Davis groß gewesen, sich pragmatisch zu zeigen. Und selbst wenn das Ergebnis gewesen wäre, Kentucky, West Virginia, Maryland, und noch 2,3 Staaten des oberen Südens zur Union, und der Kernsüden in die Unabhängigkeit, wäre das wahrscheinlich für McClellan nicht der Todesstoß gewesen, denn er hätte den Frieden geliefert und die Abolitionisten in die Schranken verwiesen. Vielleicht wäre auch McClellan oder Davis gestürzt wurden, wenn sie zu viele Zugeständnisse gemacht hätten.

Aber Du argumentierst zusätzlich mit Nachwirkungen die auch im Kontra-fall auch so gekommen wäre, denn auch im Falle des Sieges kam gravierende Probleme auf die Regierung zu. Wie behandelt man den unterlegenen Feind, was ist mit den Sklaven, wer bezahlt die Kriegsschulden. Auch hier mussten zwischen Zugeständnissen und der harten Linie manövrieren. Lincolns Nachfolger kassierte deswegen ein Amtserhebungsverfahren und überstand es haarscharf. Ich sehe ein das ein Kompromissfrieden 1864 noch etwas schwerer zu vertreten wäre, aber keineswegs unmöglich.

Stratege hat geschrieben:Wie gesagt, ich halte es für grundsätzlich falsch den Süden als eine politische Einheit in diesem Sinne zu sehen.
Für viele im vom Krieg bisher kaum berührten tiefen Süden, wäre ein Kompromissfrieden bei dem die umstrittenen Grenzstaaten und Teile des oberen Südens und der Missisippi an den Norden gegangen wären, der Rest unabhängig geworden wäre, sicher akzeptabel gewesen
Für diejenigen, die die besetzten und potentiell davon betroffenen Territorien zu repräsentieren hatten, wäre das auch ohne jeden Fatalismus, vom rein rationalen Standpunkt aus betrachtet, das Schlimmste aller anzunehmenden Szenarien gewesen.


Würde ich so nicht sehen, in Staaten wie North Carolina, die lange wenig vom Krieg berührt wurden, gab es teilweise stärkere Widerstände gegen den Krieg als in Virginia. Ich habe außerdem schon geschrieben das der Süden keine politische Einheit war, die (Südstaaten)Kongressvertreter der von der Union besetzten Gebieten stimmten fast geschlossenen für härtere Kriegsmaßnahmen, sehr zum Unwillen der anderen Vertreter, denn ihre besetzten Gebiete waren ja wenig bis gar nicht von diesen Maßnahmen betroffen. Aber ich glaube schon das 1864 eine große Fraktion zu einigen Kompromissen, auch harten, bereit waren, um den Süden noch eine Position der Stärke heraus in einen Frieden zu bringen. Ob sie sich durchgesetzt hätte, dass ist natürlich nur Spekulation.

Stratege hat geschrieben:Diese Gebiete waren von Kämpfen ohnehin weitgehend verwüstet und die Sozialordnung durch die Emanzipationsproklamation und deren Folgen, sofern sie auf der Sklaverei als institutioneller Basis beruhte, ohnehin faktisch bereits den Bach runter.
Diese Territorien, hätten, wenn der gesamte Sezessionsraum an die Union zurück fiel weniger verloren, als wenn sie alleine an die Union zurück fielen, während der tiefe Süden sie hätte verlassen dürfen.
Für jemanden, der wirtschaftlich nicht mehr viel zu verlieren hatte, weil so gut wie alles dadurch, das der eigene Besitz sich unter Feindbesetzung befand oder bereits dem Krieg zum Opfer gewallen war, gab es nun absolut keine logische Veranlassung sich dann noch auf ein Friedensmodell einzulassen, bei dem als Sahnehäubchen oben drauf, der eigene Staat durch Rückgliederung in die Union, ohne aber den tiefen Süden im Rücken, politisch vollkommen marginalisiert worden wäre, weil zu wenig Gewicht im Alleingang gegen die nördlichen Staaten Gesetze und Verfassungsänderungen/Zusätze zu blockieren.


Erst einmal widerspricht das nicht meinen Einlassungen, einige Staaten wären definitiv Verlierer einer solchen Lösung gewesen. Aber der Kernsüden würde für sein blankes Überleben so einiges tun. Du verstehst aber die Emanzipationsproklamation etwas falsch, in den von der Union besetzten Gebieten (Stichtag Erklärung Emanzipationsproklamation) fand diese Erklärung keine Anwendung, sondern nur in den Rebellen aktiv gehaltenen Gebieten. Das löste im linken Lager Hohn und Spott aus, Lincoln befreit die Sklaven dort wo er kein Zugriff auf Sie hat, dort wo er es tun könnte, tat er es nicht. Warum tat er das wohl? Weil er Rücksicht auf die sklavenhaltenden, unionistischen Staaten nehmen musste und den "eroberten" Südstaatlern die Hand reichen wollte. Sie sollten mit steuerlichen Kompensationen "überzeugt" werden ihre Sklaven freizulassen.

Man sieht selbst die Lincoln-Administration war Kompromissen mit Sklavenhaltern nicht unzugänglich, wie würde das dann erst mit McClellan aussehen? Mit so einem Sklaverei-freundlichen Präsidenten stand nur noch der Unionsgedanke zwischen einen Deal.

Stratege hat geschrieben:Einzelne Stimmen, die sich für die Rückkehr zum Status Quo ante ausgesprochen haben, mag es auch im Süden gegeben haben. Nur zu einem Zeitpunkt, als das noch ernsthaft zur Debatte stand, hatten die keine Mehrheiten, sonst wäre es ja gar nicht zur Sezession und zum Krieg gekommen. Lincoln hatte ja explizit versprochen an den bestehenden Verhältnissen nichts ändern zu wollen, sofern die Sezession unterbliebe.
Auf dieser Basis hätte man 5 Jahre lang zu jedem Zeitpunkt Frieden schließen können. Wenn also der Süden, bevor die militärische Lage komplett verloren war, in seiner Mehrheit jemals so geacht hätte, warum wandte er sich nicht mit einem entsprechenden Friedensangebot an Washington oder suchte auf dieser Basis bei den europäischen Mächten um Vermittlung in dieser Sache nach?
Nachdem der Süden militärisch geschlagen war, welche Veranlassung hätte der Norden da gehabt, noch zu versuchen das Rad der Geschichte zurück zu drehen und dem Süden wieder seine Möglichkeiten von vor dem Kriege zurück zu verschaffen.

So lange der Süden tatsächlich etwas zu verhandeln hatte, dachte er nicht daran die Sezession im äußersten Fall aufzugeben und zum Status-Quo-ante zurück zu kehren.
Nachdem man sich verzockt hat, das Rad der Geschichte zurückdrehen zu wollen, um wieder in die Ausgangssituation zu kommen und den Preis für dieses Zocken beim Gegenspieler abzuladen, ist eine Haltung, die in der Regel nicht honoriert wird.


1. Wurde verhandelt, auch mit Lincoln.
2. Wurden selbstverständlich europäische Mächte um Vermittlung angerufen, sogar um einen Kriegseintritt gebeten.

Und in vielen Staatsparlamenten hatten die bedingten Sezessionsgegner, bzw. Befürworter, die Mehrheit. In Virginia wurde der erste Sezessionsbeschluss mehrheitlich abgelehnt (!!!). Diese Fraktion war nicht unbedingt Freunde der Nordstaaten, aber sie wollten noch weiter verhandeln bevor sie den gefährlichen und endgültigen Schritt der Sezession gingen. Erst als der Bürgerkrieg ins Rollen kam und man sich entscheiden mussten, beugten sie sich dem Druck und stimmten für eine Sezession (oder gingen in den Norden). Man sieht also so klar waren die Mehrheit für eine Sezession im (oberen) Süden nicht, wie die Südstaaten Medien damals es dann gerne dargestellt haben und wie es heute gerne übersehen werden. Diese gemäßigte Fraktion wurde im kriegsverlauf wieder stärker und stellten z.B. auch den Vizepräsidenten. Und diese Fraktion formierte sich mit zunehmenden Kriegsgeschehen, und bei der Hampton Roads Konferenz zeigten sie sich sogar bereit über eine ehrenvolle Rückkehr des Südens in die Union. Nur war das Anfang 65 und wie Du richtg sagst, welche Veranlassung hätte der Norden da noch gehabt, zu verhandeln und dem Süden den Status quo ante zu gewähren. 1864 sah das noch anders aus und hätte da eine Hampton Roads Konferenz mit McClellan stattgefunden, wer weiß was dabei rausgekommen wäre.

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon nordstern » 15. Oktober 2020 13:20

Erstaunlich ist, das die Konföderierten im Krieg nur Halbsoviele Truppen verloren haben wie die Union. Das ist erstaunlich, weil die Schlachten selbst garnicht solche immensen Unterschiede hatte. Ja, die Union verlor mehr Männer als die Konföderierten, aber kein 2:1. Umso erstaunlicher wird es, wenn man nun bedenkt, das die Konföderierten die waren, die Probleme hatten ihre Armee auszurüsten. Ich vermute der Grund lag in der Herkunft der Soldaten. Die Konföderierten Soldaten kamen großteils aus der Landwirtschaft. Sie waren es gewohnt im freien zu schlafen bei schlechter Ernährung, etc. Sie waren abgehärteter. Die Unionssoldaten kamen aus den Städten, und waren dadurch die Entbehrungen nicht gewohnt, was zu einer wesentlich größeren Sterblichkeit durch Krankheit führte als bei den Konföderierten.
Wenn man sich das anschaut, stellt man fest, das etwa 1/2 aller Unionsverluste im Krieg durch Krankheit entstanden sein müssen. Was irgendwie die Idee aufwirft, das die Südstaaten auch hätten gewinnen können, indem sie nur "Standhalten". Keine Armee der Welt kann es sich dauerhaft leisten 1/2 aller Rekruten in den ersten Monaten durch Krankheit zu verlieren. Bei den Könföderierten starben vermutlich nur 1/4 oder 1/6 der Soldaten an den Entbehrungen des Krieges.


Hätte der Norden den Verlust von 100.000 Mann durch ein zweites Cannae wirklich ausgleichen können? Wenn man sich die Zahlen anschaut, würde ich sagen nein. Die Unzufriedenheit über die Masseneinziehungen in den unteren Bildschungsschichten war schon immens hoch. Teilweise musste schon Soldaten in den eigenen Städten eingesetzt werden um diese niederzuschlagen. Dazu kommt, das die zahlenmäßige Überlegenheit der Union garnicht so groß war wie gedacht. Etwas der Faktor 1,5. Und wenn da dann plötzlich mal 100.000 Mann einfach weg sind und die Union den Entsatz nicht langsam neu ausbilden kann und ein Problem mit Unruhen hat, dann müssen sie diese Truppen aus dem Westen heranziehen. Und 100.000 Mann weniger im Westen... hätte womöglich die Konföderierten dort retten können. Vorallem dann wenn man sich anschaut wie "groß" die Armee im Westen der Union wirklich war... also die Truppen die tatsächlich an der Front standen. Garnisonen hätte man kaum abziehen können aufgrund der Unruhen. Ein verlust von 100.000 Mann hätte bestenfalls den Feldzug im Westen komplett gestoppt. Schlimmstenfalls für massive Unrihen gesorgt aufgrund geschwächter Garnisonen und steigender Unzufriedenheit über die Massenaushebungen. Man hätte ja die 100.000 Mann irgendwie wieder "ersetzen" müssen.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon KirKanos » 15. Oktober 2020 17:26

nordstern hat geschrieben:Erstaunlich ist, das die Konföderierten im Krieg nur Halbsoviele Truppen verloren haben wie die Union. Das ist erstaunlich, weil die Schlachten selbst garnicht solche immensen Unterschiede hatte.


- Der Norden agierte fast nur in besetzten Gebieten und hatte dementsprechend große Verluste beim Kampf gegen Aufständische
- Der Norden war in vielen Schlachten der Angreifer, wie z.B. Cold Harbor oder Fredericksburg. Grants ganzes Erfolgskonzept könnte man überspitzend darin sehen, den Gegner anzugreifen und dabei größere Verluste in Kauf zu nehmen, weil man weiß das man sie sich leisten kann und der Gegner nicht
- Außer Lee, Jackson und Hood waren die Befehlshaber im Süden eher defensiv (bestes Beispiel Johnston)
- Der Norden musste den Süden erobern, um zu gewinnen. Der Süden sich nur verteidigen

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon Stratege » 15. Oktober 2020 19:43

@Kirkanos

1. Moral:
So strapaziös die Bedingungen gewesen sein mögen, vergleichen damit, was die aktiven Truppen so im Rahmen des 1. Weltkriegs mitgemacht haben, inklusive witterungsbedingt halb absaufender Schützengräben, Gasangriffen, Granatschock etc. war der Bürgerkrieg in den Staaten für seine Teilnehmer eine harmlose Veranstaltung.
Natürlich stiegen mit der Zeit auch im Süden die Desertionsraten, aber das stellte sich auch vor allem während des letzten Kriegsjahres, was die Konföderation ja aber durchaus nicht daran hinderte bis mindestens Ende 1864 Anfang 1865, also zu einem Zeitpunkt an dem die Stimmung im Norden längst gekippt und Lincoln bereits wiedergewählt war, recht beachtliche Truppenstärken im Feld zu halten-

Die Regierung Kerenskij in Russland machte vor allen Dingen den Fehler, was die annexionistischen Kriegsziele angeht, wenigstens an eigenen Ansprüchen hinsichtlich der Meerengen festzuhalten und dann noch mit einer Armee, der sämtliche Resverven bereits ausgegangen waren und deren Materialunterlegenheit bei den schweren Waffen mittlerweile sehr spürbar war, in eine halsbrecherische Offensive zu ziehen, mit katastrophalen Konsequenzen
Ohne dem und ohne Kornilows Kurzschlussrektion gegen die Regierung Kerenskij, die diese dazu nötigte, mit den bereits geschlagenen Bolschewiki zu paktieren, hätten sich Lenin und Konsorten in Russland aber niemals durchgesetzt.
Davon ab, sehe ich weder bei den Unionisten, noch bei den Konföderierten eine politische Bewegung, die ganz offen, propagandistisch die Schlagkraft der eigenen Armee zersetzte, wie die Bolschewiki dass mit ihren Aufrufen an die Truppen vor ihrem eigenen Machtantritt, über die Soldaten-Prawda etc. taten, noch etwaige Staatsstreichabsichten solcher Gruppen, noch irgendwas, was sich ansatzweise als annexionistisches Kriegsziel verstehen lässt und als solches diskreditiert werden konnte, noch die nicht sehr kluge Idee, mit einer bereits weitgehend heruntergewirtschafteten Armee, eine Großoffensive gegen einen materiell deutlich überlegenen Gegner vom Zaun zu brechen, der die Soldaten in die Meuterei treiben muss, im Rahmen des amerikanischen Bürgerkrieges.


2. Politische Option:
Darüber, dass es für den Süden keine andere Möglichkeit als eine politische Lösung geben konnte, weil die Materialüberlegenheit des Nordens nicht auszugleichen war, sind wir uns ja einig. Was aber die Vorraussetzung für eine solche Lösung gewesen wäre, ist wiederrum eine andere Frage.

Und da behaupte ich einfach mal dreist, dass die Chancen für die Konföderation zu einer solchen politischen Lösung zu kommen, sich proportional zur Übereinstimmung der Kriegsschauplätze und Fronten mit den politischen Grenzen des Sezessionsraumes verhalten haben dürften und zwar einfach deswegen, weil die zunehmende Besetzung konföderierter Territorien keinen Friedensschluss mehr zuließ, bei dem beide Seiten das Gesicht hätten wahren können.
Eine der beiden Seiten hätte da einen ziemlich brachialen Verlustfrieden unterzeichnen müssen. Entweder die Konföderation durch Abtretung des halben Sezessionsraumes an die Union, mit entsprechenden innenpolitischen Hindernissen, durch die Vertreter der betroffenen Staaten oder aber die Union, dadurch, dass sie das mit viel Blut teuer erkaufte Terrain wieder hätte räumen müssen.

Wenn ich oben der Meinung war, dass etwa ein vernichtender Sieg der Konföderierten bei Gettysburg, die Chancen der Konföderation auf eine erfolgreiche Beendigung des Krieges deutlich erhöht hätte, gehe ich selbstredend nicht von einem militärischen Sieg aus, sondern dann ist das eine Spekulation darauf, dass das den Norden gezwugen hätte die im Westen eroberten Positionen aufzugeben um wieder Truppenparität im Osten herzustellen.
Wären infolgedessen einige Territorien im Westen an die Konföderation zurückgefallen und hätte sich dadurch auch die Fähigkeit des Nordens auf diesem Schauplatz potentielle Fortschritte zu erzielen, mittelfristig, bis zur Wiederherstellung der vormaligen Truppenstärke, verflüchtigt, hätte das die politische Situation, mindestens innerhalb eines bestimmten Zeitfensters insofern bedeutend geklärt, dass für einen Potentiellen Kompromiss keine der beiden Seiten übermäßig an erobertem Terrain wieder hätte abgeben müssen und auf der anderen Seite keine entsprechenden Zugeständnisse gemacht hätten werden müssen.

In dem Moment aber, wo eine der beiden Seiten in Sachen Kreigsfortschritt klar überlegen war, und das war der Norden, wenn man den Gesamtverlauf des Krieges betrachtet, ist das in dieser Weise nicht möglich gewesen.

3. Parteiungen:

Richtig, Lincoln konnte die Friedensartei nicht mehr gewinnen. McClellan hätte demgegenüber die Kriegspartei nicht gewinnen können und solange sich beide Parteien einigermaßen die Wage hielten, was das gesellschaftliche Gewicht angeht, war das für keines der beiden Lager ein besonderer politischer Vor- oder Nachteil.
Vielleicht hätte McClellan mit knappem Vorsprung gewählt werden können, aber konnte er auch gegen die Widerstand der Hälfte seiner Bevölkerung einen Frieden durchpeitschen, der sofern er nach diesem Verlauf des Krieges nur ein ganz massiver Verlustfrieden hätte sein können, wenn er einen Kompromiss darstellen sollte auch durchpeitschen können? Sehe ich nicht.

In dieser Sache hatte Lincoln, als die Option, die für die Fortsetzung des Krieges stand gegenüber jedem Kandidaten aus dem anderen Lager einen nicht zu unterschätzenden Vorteil:

Er musste nur mit der Friedenspartei im eigenen Lager fertig werden und konnte, sofern ihm das gelang die Konföderierten als Faktor des politischen Spiels aus der Gleichung mehr oder minder ausklammern.
Damit McClellans oder die Vorstellung anderer Persönlichkeiten aus dem Lager der Friedenspartei aufgehen konnten, musste es ihnen gelingen auf der einen Seite die Kriegspartei unten zu halten, auf der anderen Seite die Konföderierten für einen entsprachenden Kompromiss an Bord holen.
Beides widerspricht sich insofern, dass er mit jedem Zugehen auf die Konföderierten natürlich der Kriegspartei die Möglichkeit gab, es so darzustellen, als würden bei einem Kompromiss, egal ob das nun stimmte oder nicht, die Gewinne und die erbrachten Opfer der Union, verräterisch, defaitistisch, am runden Tisch verschacherte.
Dann wiederrum, wäre möglicherweise, nicht zu verhindern gewesen, dass ihm veritable Teile der Friedespartei, denen solche Kompromisse dann möglicherweise einfach zu weit gegangen wären, hätten wegbrechen können.
Gleichzeitig war zu keinem Zeitpunkt gewährleistet, dass zur rechten Zeit im Süden, ebenfalls Kompromissler mehrheitsfähig gewesen wären, was sowohl durch die Vertreter der besetzten Territorien und deren einzelstaatliche Interessen, als auch durch die what-ever-it-takes-Sezessionisten fraglich gewesen wäre.
Man stelle sich mal vor, McClellan wäre gewählt worden, hätte ein offizielles Kompromissangebot an den Süden gesandt und das wäre, an den Interessen der beiden genannten Gruppen gescheitert und rundheraus abgelehnt worden.
Welche Basis hätte dann eine wie auch immer geartete Friedenspolitik noch gehabt?

Und wie gesagt, die Vertreter der besetzten Staaten/Territorien der Konföderation hatten durchaus einen rationalen Grund einen Kompromiss zu Gunsten des Tiefens Südens aber zu Lasten ihrer eigenen Territorien zu fürchten und eine alles-oder-nichts-Politik in Sachen Sezession zu forcieren um auf keinen Fall alleine in die union zurückkehren zu müssen.


Nordcarolina und Virginia:

Dabei vergisst du allerdings, dass mit der Sezession an und für sich ja durch die vom Westen Virginias deklarierte Sezession von Virginia es für Virginia in dieser Auseinandersetzung nicht nur um die Zugehörigkeit zu Union oder Konföderation ging, sondern auch um die Erhaltung des eigenen Staatsgebietes und damit auch um die Wahrung des eigenen innenpolitischen Gewichts innerhalb der Union oder der Konföderation.
Die Washingtoner Regierung erkannte unter der Bedingung des Verbleibs des Westteils von Virginia dieses de facro an, was zum einen ein verfassungstechnisch hochbedenklicher Akt war, weil das mehr oder minder als Präzedenzfall für die Zerschlagung von Bundesstaaten herhalten konnte (was sicherlich im Süden und besonders in Virginia einen sehr sehr empfindlichen Nerv traf) und zum anderen produzierte das eine handfeste Territoriale Streitigkeit zwischen der Union und Virginia.

Noth Carolina hatte auf den Einwohner gerechnet, hinter Arkansas, Tennessee und Texas so mit die wenigsten Sklaven innerhalb der Konföderation und im Gegensatz zum Tiefen Süden gab es hier keine Plantagenwirtschaft.
Im gegensatz zu Virginia, stand im Falle North Carolinas auch keine Zerschlagung des Staatsgebietes dadurch, dass Washington hier eine Sezession von der Sezession aktiv unterstützt hätte zur Debatte.

Insofern gibt das eigentlich meiner vorherigen Argumentation im Bezug auf die Schwierigkeiten mit den Gebieten recht, in deren Fall durch den Krieg und seinen Verlauf territoriale Fragen aufgeworfen worden waren.


4. Politik:

Politik ist nicht das Verkaufen von (Schein)inhalten, sondern das Erarbeiten tragfähiger Lösungen. Das verkaufen von Heißer Luft als Inhalten, ist nicht das Wesen der Politik, sondern ihre Perversion.

Und was Inhalte und Kompromisse angeht:

Die Lincoln-Administration hat mit der faktischen Anerkennung der Eigenständigkeit West Virginias und durch die Proklamation der Sklavenemanzipation zwei Dinge losgetreten, die so nicht mehr zurückzudrehen waren.
Wie stellst du dir denn die effektive Rückgängigmachung der Sklavenemanzipation vor? Dergestalt, dass die US-Armee dann fernihn dafür eingesetzt worden wäre, das gesamte Land nach befreiten Sklaven zu durchkämmen und diese wieder an ihre Besitzer zurück zu verbringen?
Oder die gleich die Entlassung und Entwaffnung von farbigen Soldaten der Unionsarmee um diesen dann anschließend direkt Ketten anzulegen und sie gen Süden marschieren zu lassen?

Faktisch war die Sklaverei ab 1863 in den Zur Union gehöredenden oder von der Union besetzteg Gebiete aufgehoben. Vielfach verblieben die ehemaligen Sklaven nicht an Ort und Stelle, und die Wirtschaftsstrukturen in den besetzten Gebieten waren durch den Umstand der Besatzung und gegebenenfalls durch vorherige Kriegshandlungen ohnehin den Bach runter.

Wie genau hätte mal also eine Rückgängigmachtung der Emanzipation bewerkstelligen sollen? Entschuldigung, aber das sind realitätsferner Verwaltungsutopien.
Man hätte die Sklaverei wieder für legal erklären können, aber das hätte nur den sklavenhaltenden Bewohnern in denjenigen Gebieten etwas genutzt, auf die der Norden keinen Zugriff hatte und die dise Strukturen aus eigener Gewalt hatten baheupten können.
Im gesamten von der Union besetzten oberen Süden, bedeutete die Emanzipationsproklamation faktisch einmal die Enteignung der Sklavenhalter, die sich praktisch vollzog und realiter nicht dadurch rückgängig zu machen war, dass man die Emanzipation für zunzulässig erklärte.

Inweiweit man von Seiten des Südens her, nach der faktisch von Washington sanktionierten Zerschlagung Virginias, die sich freilich so einfach auch nicht rückgängi machen ließ, noch irgendein Vertrauen darin hatte, dass man seitens des Nordens tatsächlich zu einem Status-Quo-ante zurückkehren wollte, ist dann ebenfalls fraglich.
Vor Erledigung der Causa Virginia sehe ich das nicht, denn was einmal vollzogen werden kann, lässt sich ja durchaus repetieren und insofern wäre es seitens des Südens nicht einmal unvernünftig gewesen zu befürchten, dass der Norden in der politischen Arena möglicherweise beenden wollte, was ihm im militärischen Bereich nicht gelang, nämlich die südlichen Staaten durch weitere Zerschlagungen zu zersetzen und in ihrem einzelnen Gewicht zu schwächen.
Das durch die Einwanderung und die Industrialisierung, sich die wirtschaftlichen und demographischen Gewichte in den Staaten zu Gunsten des Nordens weiterhin verschoben, war ja ohnedies klar.

5. Emanzipationsproklamation:

Die verstehe ich überhaupt nicht falsch. Mir ist klar, dass diese nicht die allgemeine Ächtung der Sklaverei beeinhaltete, schon weil ja aus politischen Gründen Rücksicht auf Maryland, Kentucky und Missouri, als formal in der Union verbleibene Sklavenstaaten und deren Interessen Rücksicht genommen werden musste.
Was aber die tatsächlich durch den Norden besetzten Gebiete betraf, war die Sklavenemanzipation eben auch kein rein administrativer Akt ohne konkrete Folgen, sondern das schlug sich vor Ort durchaus nieder.
Damit war nicht die Sklaverei an sich verboten, die Sklavenhalter in den betroffenen Gebieten wurden dadurch, was ihr Eigentum in Form von Sklaven betrifft allerdings faktisch enteignet. Das sollte man dabei nicht unter den Tisch fallen lassen.

Lincoln war dem Kompromiss nicht unzugänglich, was im Übrigen nur meine Einlassungen im Hinblick auf möglicherweise fehlende Kompromissfähigkeit der südlichen Staaten untermauert, denn die hätten ja auf Lincolns offerten mit denen sie bis 1863 eine Weitgehende Wiederherstellung des Status Qua ante hätten erreichen können, eingehen können. Taten sie aber nicht.

Ja, sicher, im Tiefen Süden wären sicherlich einige darum bemüht gewesen, Frieden zu schließen auch um einen Preis, den dann der übere Süden zu zahlen haben würde. Nur wie gesagt, zum einen konnte der tiefe Süden die Politik ja nicht allein diktieren, da hatten Vertreter der betroffenen Staaten durchaus auch noch ein Wort mitzureden und die hatten so überhaupt keine Veranlassung sich für den tiefen Süden und gegen die fundamentalen Interessen der eigenen Staaten zu verwenden.

Zum anderen und dieser Punkt ist hier noch gar nicht berührt worden, was meinst du denn, wie die Idee eines Kompromissfriedens auf Kosten des oberen Südens sich so auf die Moral und den Bestand der konföderierten Armeen ausgewirkt hätten?
Denn wenn man das anstrebte, hätte die politische führende Klasse ja von den aus dem oberen Süden kommenden Mannschaften nichts anderes verlangt, als erst den Kopf für die Konföderation hinzuhalten und dann anschließend zum Dank, aus der Konföderation ausgeschlossen und dem Norden überantwortet zu werden, wo sie dann Aussicht hatten, als Verräter behandelt zu werden, damit die Herren pflanzer ihre Unabhängigkeit fernhin genießen können?

Ich würde mal prognostizieren, hätte man sich seitens des tiefen Südens darauf eingelassen, sowas allgemein und offen zu protégieren, hätte man damit sämmtliche Truppenteile aus den betroffenen Staaten mit Ansage in die Meuterei getrieben, damit die eigene Kampfkraft zersetzt und dadurch denn auch die eigene Verhandlungsgrundlage zerstört.
Wie gesagt, für Leute aus den vom Norden verwüsteten und besetzten Teilen des oberen Südens, war der Untergang der Konföderation und die gemeinsame Rückkehr des gesamten Sezessionsraumes in die Union wesentlich rationaler als der Fortbestand einer Rumpf-Konföderation bestehtend einzig aus dem Tiefen Süden, während man selbst zum politisch marginalisierten und ungeliebten Anhängsel der Union geworden wäre.

Verhandlungen:

1. Es wurde nicht in einer für den Norden annehmbaren Weise verhandelt, sondern lediglich auf Basis der konföderierten, gemessen am Kriegsverlauf Maximalpositionen, sofern das von südlicher Seite her versucht wurde. Wille zum Kompromiss = 0
Die von dir hier angebrachte Status-Quo-ante-Regelung hätte man in den ersten zwei Kriegsjahren haben können, darüber hinaus hat die Lincoln-Administration vom Süden ja nie irgendwtwas ungebührliches verlangt.
2. Nein, es wurden eben keine europäischen Mächte um Vermittlung eines Kompromissfriedens angerufen, sondern es wurde im Besonderen von Seiten des Südens versucht Europa im Sinne der eigenen Kriegsführung und im Sinne der Durchsetzung eigener Zielsetzungen zu instrumentalisieren.
Es ließ sich nur nicht instrumentalisieren um sich nicht in Gegensatz zu den Nordstaaten zu bringen.
Wann aber, bevor die militärische Lage für den Süden ausichtslos wäre, hat sich dieser denn an die europäischen Mächte gewandt mit der Bitte um Vermittlung auf Basis eines Friedensplans, der nötigenfalls auch bereit gewesen wäre, die Sezession fallen zu lassen, einzig um die Kriegszustand abzuwickeln?
Das gab es in dieser Form schlicht nicht.


Ja, als der Krieg losging, musste man sich entscheiden.
Das ist in so ziemlich jedem Krieg so.
Du hast oben den ersten Weltkrieg als Beispiel bemühnt, nun auch da zogen im August 1914 Leute als Soldaten in den Krieg, die als Mitglieder der Sozialdemokartischen Partei noch zwei Wochen früher gegen den Krieg und für den Internationalismus demonstriert hatten.

Kein Mensch, hätte sich im Juli 1914 in Europa auf Kriegskurs gestellt, wenn er gewust hätte, wie das am Ende ausgehen würde, denn diesen Krieg wollte keiner, veritable Teile der jeweiligen Bevölkerungen traten ja auch lautstark dagegen ein.
Das alles hat nicht verhindert, dass obwohl im Winter 1914/1915 klar war, dass alle militärischen Kalkulationen und zwar auf allen Seiten fehlgeschlagen waren, die Sache unter Inkaufnahme des eigenen wirtschaftlichen Ruins, dem Beginn von nicht mehr zu kontrollierenden Chaos in den Kolonialreichen und revolutionären Umstürzen und politischer Neuregulation auf dem halben Kontinent, die Sache 4 Jahre lang bis zum blutigen Zusammenbruch der Zentralmächte durchgezogen wurde.

Und das nicht nur, von den obrigkeitlich geprägten Imperien in Mittel- und Osteuropa, sondern durchaus auch von den voll parlamentarisierten Staaten Großbritannien und Frankreich und das obwohl, wenn man das Beispiel Frankreich hier bemühen möchte, nach der Nivelle-Offensive und den einsetzenden Auflösungserscheinungen der Armee, wie deren Weigerung weitere Angriffsaktionen durchzuführen und das ganze vor der Kulisse des Zusammenbruchs des Zarenreichs, es zeitweise durchaus nicht unvernünftig gewesen wäre, sich an den Verhandlungstisch zu setzen.

Die Mehrheiten für die Sezession waren in Teilen des Südens VOR dem Bürgerkrieg nicht klar. Ich würde allerdings nichts darauf verwetten wollen, dass die zwischenzeitliche faktische Zerschlagung Virginias, so wie die Proklamation der Sklavenemanzipaiton und deren irreversible Durchführung in den vom Norden besetzten Gebieten, daran nichts geändert haben könnten, denn die sezessionistische Propaganda, die ja vor allem auf angeblich unrechtmäßige Einmischungen Washingtons abziehlte, bekam dadurch natürlich Nahrung und Glaubwürdigkeit.


Das vor allem im tiefen Süden im weiteren Verlauf des Krieges die Kompromissler wieder stärker wurden, nimmt nicht wunder, nur wie realistisch war zu diesem Zeitpunkt denn noch, dass man damit noch irgendwas erreichen würde.
Die von dir angesprochene Hampton Roades-Conference ist im Februar 1865.
Zu dem Zeitpunkt ist Lincoln bereits wiedergewählt, ergo die Politische Karte, jedenfalls im Kopf derer, die der Meinung waren, dass eine Abwahl Lincolns ein Angebot auf den Tisch bringen würde, bereits erledigt und bei der Kräfteentwicklung im Osten auch bereits klar, dass die Konföderierten Richmond mittelfristig nicht mehr würden verteidigen können.

Das heißt, dem Kompromiss auf Basis eines Verbleibs in der Union näherte man sich aus konfödereriter Sicht erst zu einem Zeitpunkt an, an dem bereits klar sein musste, dass weil die Gewalt der eigenen Waffen gebrochen war und man Positionen nur noch durch das Verheizen eigener Substanz halten konnte, die mittelfristig einzige Alternative also in bedingungsloser Unterwerfung durch militärischen Zwang bestand.

Das wiederrum ist zum einen keine Leistung, sondern lediglich die Konsequen der Anerkennung, der bereits existierenden militärischen Kräfteverhältnisse.
Zum anderen, gibt uns das auch so gar keinen Anhaltspunkt dahingehend, wie man im Süden über die Sache gedacht hätte, wäre die militärische Widerstandskraft noch intakt gewesen und Lincoln nicht wieder gewählt worden, sprich hätte man noch ernsthaft auf ein Friedensangebot nach Maßgabe eigener Vorstellungen gerechnet.
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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon Stratege » 15. Oktober 2020 20:29

nordstern hat geschrieben:Erstaunlich ist, das die Konföderierten im Krieg nur Halbsoviele Truppen verloren haben wie die Union. Das ist erstaunlich, weil die Schlachten selbst garnicht solche immensen Unterschiede hatte. Ja, die Union verlor mehr Männer als die Konföderierten, aber kein 2:1. Umso erstaunlicher wird es, wenn man nun bedenkt, das die Konföderierten die waren, die Probleme hatten ihre Armee auszurüsten. Ich vermute der Grund lag in der Herkunft der Soldaten. Die Konföderierten Soldaten kamen großteils aus der Landwirtschaft. Sie waren es gewohnt im freien zu schlafen bei schlechter Ernährung, etc. Sie waren abgehärteter. Die Unionssoldaten kamen aus den Städten, und waren dadurch die Entbehrungen nicht gewohnt, was zu einer wesentlich größeren Sterblichkeit durch Krankheit führte als bei den Konföderierten.
Wenn man sich das anschaut, stellt man fest, das etwa 1/2 aller Unionsverluste im Krieg durch Krankheit entstanden sein müssen. Was irgendwie die Idee aufwirft, das die Südstaaten auch hätten gewinnen können, indem sie nur "Standhalten". Keine Armee der Welt kann es sich dauerhaft leisten 1/2 aller Rekruten in den ersten Monaten durch Krankheit zu verlieren. Bei den Könföderierten starben vermutlich nur 1/4 oder 1/6 der Soldaten an den Entbehrungen des Krieges.


Warum ist das so erstaunlich? Der Norden war den Großteil des Krieges unter nicht immer leichten Bedingungen in der Offensive und das bei einem Stand der Kriegstechnik, der bereits (siehe Fredricksburg, siehe Gettysburg) dem Verteidiger massive Vorteile verlieh
Dann kommt beim Norden noch dazu, dass in den besetzten Gebieten natürlich auch Garnisonen und Nachschublinien gehalten werden mussten, was sich der Süden weitgehend sparen konnte, so dass sich die nummerische Überlegenheit der Union in den Schlachten selbst nicht in der Form wiederspiegelte, zumal bei der Größe der eingesetzten Armeen eine Kampfhandlung bereits wieder abgebrochen sein konnte, bevor eine der beiden Parteien tatsächlich die Gesamtheit der den Armeen unterstellten Truppen überhaupt heranziehen konnte, so das eben oftmals auch nummerisch ziemlich ausgeglichene Gefechte zwischen Teilstreitkräften dabei heraus kamen.

Die Südstaaten hatten sicherlich größere Schwierigkeiten mit der Waffenproduktion als der Norden, nur sollte man dabei auch bedenken, dass die größeren Produktionsmengen des Nordens bei Kampfhandlungen in südlichem Territorium auch schnell zum Hindernis werden konnten, weil es die logistischen Möglichkeiten vor Ort vollkommen überforderte.
Die Armeen waren größer, damit behäbiger, man kannte sich im Gebiet nicht unbedingt so gut aus, wie die Leute aus dem Süden und was für den Süden an Nachschublinien für die kleineren Armeen noch ganz akzeptabel war, konnte für den Norden schnell mal zum problematischen Nadelör werden, im Besonderen, wenn keine Eisenbahn vorhanden.

Wo her die Idee kommt, dass es sich bei den Soldaten aus dem Norden alles um lasche Großstädter gehandelt hätte, weiß ich nicht. Ist ja nicht so, dass nur die dichter bevölkerten Neuengland-Staaten truppen gestellt hätten. Was Urbanisierung angeht waren die Staaten New York, Pennsylvania, New Jersey, vielleicht noch die Ecke Massachusetts-Conneticut, das Ohio-Tal und weiter westlich einzelne Gebiete wie chicago oder Cincinnati und St. Louis stärker urbanisiert.
Der Rest der Union bestand aus Gebieten, die in der Hinsicht auch nicht unbedingt weiter entwickelt waren, als der Süden und die stellten selbstredend auch einen Großteil der Truppen.

Was Krankheiten angeht, ist auch klar, dass um so größer eine Menschenansammlung ist, und um so katastrophaler die die hygienischen Bedingungen sind, desto mehr greift das um sich.
Die Unionsarmeen waren immer größer und da sie meist in der Offensive und im feindesland waren, hatten sie in der Regel auch die weniger komfortablen Positionen.
Das Paradebeispiel hierfür , dürfte die Belagerung von Vicksburg sein.
Die kleinere konföderierte Streitmacht sitzt in der Stadt, während Grant mit der deutlich größeren Unionsarmee dieselbe monatelang belagert, inklusive allem, was an Verschließ dazu gehört.

Dann kommt was die Verlustzahlen angeht, auch noch die Unerfahrenheit der Truppen ins Spiel.
In der ersten Krieghälfte, waren das einmal Freiwilligenarmeen, deren Angehörige sich auf Zeit verpflichtet hatten, was heißt, dass periodisch die Veteranen nach Hause gingen und durch gänzlich unerfahrene Rekurten ersetzt werden mussten.
Wenn man sich da über vergleichende Verlustzahlen der Armeen näher unterhalten möchte, wäre es vielleicht ratsam, sich mal vergleichend anzuschauen, welche der beiden Armeen ihre Veteranen länger in den eigenen reihen behielt, sprich, ob es Unterschieden bei der durchschnittlichen Dienstzeit in beiden Armeen gibt.
Ich muss in der Hinsicht für den Moment passen, da fehlt mir gerade das Material dazu.
Sollte sich daraus aber ergeben, dass die personelle Fluktuation, was die militärischen Kader angeht, auf der Seite des Nordens bedeutend höher war, als im Süden, würden sich die unterchiedlichen Verlustraten der Armeen dann gegebenenfalls zum Teil auch noch mit der jeweiligen Kampferfahrung der Soldaten erklären lassen.


nordstern hat geschrieben:Hätte der Norden den Verlust von 100.000 Mann durch ein zweites Cannae wirklich ausgleichen können? Wenn man sich die Zahlen anschaut, würde ich sagen nein. Die Unzufriedenheit über die Masseneinziehungen in den unteren Bildschungsschichten war schon immens hoch. Teilweise musste schon Soldaten in den eigenen Städten eingesetzt werden um diese niederzuschlagen. Dazu kommt, das die zahlenmäßige Überlegenheit der Union garnicht so groß war wie gedacht. Etwas der Faktor 1,5. Und wenn da dann plötzlich mal 100.000 Mann einfach weg sind und die Union den Entsatz nicht langsam neu ausbilden kann und ein Problem mit Unruhen hat, dann müssen sie diese Truppen aus dem Westen heranziehen. Und 100.000 Mann weniger im Westen... hätte womöglich die Konföderierten dort retten können. Vorallem dann wenn man sich anschaut wie "groß" die Armee im Westen der Union wirklich war... also die Truppen die tatsächlich an der Front standen. Garnisonen hätte man kaum abziehen können aufgrund der Unruhen. Ein verlust von 100.000 Mann hätte bestenfalls den Feldzug im Westen komplett gestoppt. Schlimmstenfalls für massive Unrihen gesorgt aufgrund geschwächter Garnisonen und steigender Unzufriedenheit über die Massenaushebungen. Man hätte ja die 100.000 Mann irgendwie wieder "ersetzen" müssen.


Im Rahmen von Gettysburg? Sicherlich. Ein Großteil der Verluste der Unionsarmee, kommt ja erst nach dem sehr offensiven Vorgehen im Gefolge von Gettysburg zustande
Weitere 100.000 Mann Verlust hätte der Norden demographisch problemlos wegstecken können.

Nur, wie gesagt, wäre es zu einem solchen Verlust gekommen, hätte der Norden kräftemäßig umdisponieren müssen und dass hätte den Fortschritt im Westen dann gestoppt, wenn nicht gar in Teilen wieder zurückgedrängt.
Wäre man von nördlicher Seite durch irgendeine exorbitante militärische Katastrophe im Osten dazu gezwungen gewesen im Westen gewonnenes Terrrain in weiten Teilen wieder aufzugeben, hätte das die potentiellen Streitfragen für hypothetische Friedensverhandlungen erst einmal reduziert.
Dadurch hätte sich dann also möglicherweise ein Zeitfenster ergeben können, innerhalb dessen eine Kompromissfindung jedenfalls potentiell einfacher gewesen wäre, als im Hinblick auf den tatsächlichen Verlauf.
Das ist die einzige Änderung, die ich potentiell bei Gettysburg sehe und wie gesagt, auch nur für den Fall, dass diese Schlacht für den Norden zum absoluten militärischen Debakel geworden wäre. Wäre die Schlacht einfach in für den Bürgerkrieg typischer Weise mit einem Sieg der Konföderation geendet, hätte sich dadurch nichts getan, die Konföderierten hätten vielleicht etwas plündern können, dann aber wieder abziehen müssen.
Dazu Washington oder Baltimore zu belagern, war die Nord-Virginia-Armee, schlicht nicht stark genug, so lange ihr dabei eine zwar angeschlagene aber doch jederzeit noch kampffähige Norstaatenarmee in ähnlicher nummerischer Stärke im Rücken gestanden wäre.
Vielleicht hätte es noch etwas Panik ausgelöst und vielleicht hätte man im Norden den Regierungssitz zwischenzeitlich von Washington weg weiter nach Norden verlegt um sicherer zu sein, aber den Kriegsverlauf insgesamt, hätte das kaum tangiert.
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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon KirKanos » 16. Oktober 2020 19:44

Stratege hat geschrieben:@Kirkanos
1. Moral:
So strapaziös die Bedingungen gewesen sein mögen, vergleichen damit, was die aktiven Truppen so im Rahmen des 1. Weltkriegs mitgemacht haben, inklusive witterungsbedingt halb absaufender Schützengräben, Gasangriffen, Granatschock etc. war der Bürgerkrieg in den Staaten für seine Teilnehmer eine harmlose Veranstaltung.
Natürlich stiegen mit der Zeit auch im Süden die Desertionsraten, aber das stellte sich auch vor allem während des letzten Kriegsjahres, was die Konföderation ja aber durchaus nicht daran hinderte bis mindestens Ende 1864 Anfang 1865, also zu einem Zeitpunkt an dem die Stimmung im Norden längst gekippt und Lincoln bereits wiedergewählt war, recht beachtliche Truppenstärken im Feld zu halten-

Wie kann man den Terror, die Brutalität und die Opfer des Sezession-Kriegs mit einem anderen vergleichen und abwerten? Egal auf welchen Feld ein Soldat starb oder welche unvorstellbaren Entbehrungen auf Schlachtzug durchlitten werden musste, das als „harmlose Veranstaltung“ zu titulieren ist absolut deplatziert, respektlos und ziemlich dreist.
Stratege hat geschrieben:Die Regierung Kerenskij in Russland machte vor allen Dingen den Fehler, was die annexionistischen Kriegsziele angeht, wenigstens an eigenen Ansprüchen hinsichtlich der Meerengen festzuhalten und dann noch mit einer Armee, der sämtliche Resverven bereits ausgegangen waren und deren Materialunterlegenheit bei den schweren Waffen mittlerweile sehr spürbar war, in eine halsbrecherische Offensive zu ziehen, mit katastrophalen Konsequenzen
Ohne dem und ohne Kornilows Kurzschlussrektion gegen die Regierung Kerenskij, die diese dazu nötigte, mit den bereits geschlagenen Bolschewiki zu paktieren, hätten sich Lenin und Konsorten in Russland aber niemals durchgesetzt.

Auch hier versucht Du Dich nicht mal kurz in die Sichtweise von Kerenski zu begeben. Aus der Sicht seine Regierung war ein Bürgerkrieg kaum noch zu vermeiden, außer mit Siegen auf dem Schlachtfeld. Zusätzlich wurde er von den Alliierten bedrängt. Ich sage nicht das Du komplett Unrecht hast, aber ich finde diese belehrende Art aus unserer Perspektive zu einfach gestrikt.
Stratege hat geschrieben:Davon ab, sehe ich weder bei den Unionisten, noch bei den Konföderierten eine politische Bewegung, die ganz offen, propagandistisch die Schlagkraft der eigenen Armee zersetzte, wie die Bolschewiki dass mit ihren Aufrufen an die Truppen vor ihrem eigenen Machtantritt, über die Soldaten-Prawda etc. taten, noch etwaige Staatsstreichabsichten solcher Gruppen, noch irgendwas, was sich ansatzweise als annexionistisches Kriegsziel verstehen lässt und als solches diskreditiert werden konnte, noch die nicht sehr kluge Idee, mit einer bereits weitgehend heruntergewirtschafteten Armee, eine Großoffensive gegen einen materiell deutlich überlegenen Gegner vom Zaun zu brechen, der die Soldaten in die Meuterei treiben muss, im Rahmen des amerikanischen Bürgerkrieges.


Die ersten Regimenter des Nordens verpflichten sich auf 9 Monate, und später auf 3 Jahre, dass bedeutet Soldaten konnten in gewissen Abständen selbstständig entscheiden, ob sie weiterkämpften oder nicht. Sie waren freie Bürger, die Verträge unterschrieben und die danach entweder neuverhandeln oder einfach gehen wollten. Sowas war in Russland im und nach dem ersten Weltkrieg undenkbar. Und man muss keine Genie sein, dass harte Antikriegspropaganda für den Norden und für den Süden sehr schnell wehtat und die gab es. Diese Friedenspropaganda war damit wohl klar gegen die Schlagkraft Armee gerichtet. Lincoln konnte Auswüchse verbieten lassen, aber keineswegs der ganzen Presse ein Maulkorb verpassen. Und wenn Dir das immer noch nicht radikal genug ist, dann schau Dir die Anti-Lincolnpropaganda der Demokraten zu diesen Zeiten an, widerwärtiger und radikaler geht es kaum. Und auch gegen den Krieg wurde gehetzt, und das musste die Moral der Truppe untergraben. Aber das gehörte auch in einer Kriegsdemokratie dazu.
Stratege hat geschrieben:2. Politische Option:
Darüber, dass es für den Süden keine andere Möglichkeit als eine politische Lösung geben konnte, weil die Materialüberlegenheit des Nordens nicht auszugleichen war, sind wir uns ja einig. Was aber die Vorraussetzung für eine solche Lösung gewesen wäre, ist wiederrum eine andere Frage.

Und da behaupte ich einfach mal dreist, dass die Chancen für die Konföderation zu einer solchen politischen Lösung zu kommen, sich proportional zur Übereinstimmung der Kriegsschauplätze und Fronten mit den politischen Grenzen des Sezessionsraumes verhalten haben dürften und zwar einfach deswegen, weil die zunehmende Besetzung konföderierter Territorien keinen Friedensschluss mehr zuließ, bei dem beide Seiten das Gesicht hätten wahren können.
Eine der beiden Seiten hätte da einen ziemlich brachialen Verlustfrieden unterzeichnen müssen. Entweder die Konföderation durch Abtretung des halben Sezessionsraumes an die Union, mit entsprechenden innenpolitischen Hindernissen, durch die Vertreter der betroffenen Staaten oder aber die Union, dadurch, dass sie das mit viel Blut teuer erkaufte Terrain wieder hätte räumen müssen.

Wenn ich oben der Meinung war, dass etwa ein vernichtender Sieg der Konföderierten bei Gettysburg, die Chancen der Konföderation auf eine erfolgreiche Beendigung des Krieges deutlich erhöht hätte, gehe ich selbstredend nicht von einem militärischen Sieg aus, sondern dann ist das eine Spekulation darauf, dass das den Norden gezwugen hätte die im Westen eroberten Positionen aufzugeben um wieder Truppenparität im Osten herzustellen.
Wären infolgedessen einige Territorien im Westen an die Konföderation zurückgefallen und hätte sich dadurch auch die Fähigkeit des Nordens auf diesem Schauplatz potentielle Fortschritte zu erzielen, mittelfristig, bis zur Wiederherstellung der vormaligen Truppenstärke, verflüchtigt, hätte das die politische Situation, mindestens innerhalb eines bestimmten Zeitfensters insofern bedeutend geklärt, dass für einen Potentiellen Kompromiss keine der beiden Seiten übermäßig an erobertem Terrain wieder hätte abgeben müssen und auf der anderen Seite keine entsprechenden Zugeständnisse gemacht hätten werden müssen.

In dem Moment aber, wo eine der beiden Seiten in Sachen Kreigsfortschritt klar überlegen war, und das war der Norden, wenn man den Gesamtverlauf des Krieges betrachtet, ist das in dieser Weise nicht möglich gewesen.

Bevor ich da wieder dagegenhalte und diskutiere, mal ein ausgewiesener Experte dazu:

„Der Einzug der Demokraten ins Weiße Haus hätte weit reichende Folgen gehabt. Innerhalb der Demokratischen Partei gab es zwar unterschiedliche Auffassungen über die Ziele des Krieges. Die Vorstellung, dass ein Demokratischer Präsident den Krieg mit dem Ziel der Emanzipation der Sklaven weitergeführt hätte, erschien jedoch ausgeschlossen. Im Gegenteil musste erwartet werden, dass ein Demokratischer Amtsinhaber moderate Kriegsziele präsentieren würde, die der Süden akzeptieren könnte. Der Kriege könnte unverzüglich beendet werden – jedoch zu Lasten der Freiheit der Schwarzen.“ (Schild, 2009, S. 215)*

Besser kann man die Folgen einer Abwahl Lincolns nicht zusammenfassen. Zwei entscheidende Punkte:
1. Kein Demokrat konnte 1864, nach der aufgeladenen, schmutzig geführten und vor Rassismus triefenden Debatte den Krieg mit dem Ziel der Sklavenbefreiung fortführen.
2. Auch Professor Schild sieht die klare Option, dass ein Demokrat mit moderaten Forderungen den Süden an den Verhandlungstische bekommen und ein Frieden schließen konnte

Das natürlich irgendwann der Sieg des Norden so offensichtlich wurde, dass die Abwahl Lincolns und moderate Friedensbedingungen vom Tisch waren, müssen wir nicht diskutieren.
Stratege hat geschrieben:
3. Parteiungen:

Richtig, Lincoln konnte die Friedensartei nicht mehr gewinnen. McClellan hätte demgegenüber die Kriegspartei nicht gewinnen können und solange sich beide Parteien einigermaßen die Wage hielten, was das gesellschaftliche Gewicht angeht, war das für keines der beiden Lager ein besonderer politischer Vor- oder Nachteil.
Vielleicht hätte McClellan mit knappem Vorsprung gewählt werden können, aber konnte er auch gegen die Widerstand der Hälfte seiner Bevölkerung einen Frieden durchpeitschen, der sofern er nach diesem Verlauf des Krieges nur ein ganz massiver Verlustfrieden hätte sein können, wenn er einen Kompromiss darstellen sollte auch durchpeitschen können? Sehe ich nicht.

In dieser Sache hatte Lincoln, als die Option, die für die Fortsetzung des Krieges stand gegenüber jedem Kandidaten aus dem anderen Lager einen nicht zu unterschätzenden Vorteil:

Er musste nur mit der Friedenspartei im eigenen Lager fertig werden und konnte, sofern ihm das gelang die Konföderierten als Faktor des politischen Spiels aus der Gleichung mehr oder minder ausklammern.
Damit McClellans oder die Vorstellung anderer Persönlichkeiten aus dem Lager der Friedenspartei aufgehen konnten, musste es ihnen gelingen auf der einen Seite die Kriegspartei unten zu halten, auf der anderen Seite die Konföderierten für einen entsprachenden Kompromiss an Bord holen.
Beides widerspricht sich insofern, dass er mit jedem Zugehen auf die Konföderierten natürlich der Kriegspartei die Möglichkeit gab, es so darzustellen, als würden bei einem Kompromiss, egal ob das nun stimmte oder nicht, die Gewinne und die erbrachten Opfer der Union, verräterisch, defaitistisch, am runden Tisch verschacherte.
Dann wiederrum, wäre möglicherweise, nicht zu verhindern gewesen, dass ihm veritable Teile der Friedespartei, denen solche Kompromisse dann möglicherweise einfach zu weit gegangen wären, hätten wegbrechen können.
Gleichzeitig war zu keinem Zeitpunkt gewährleistet, dass zur rechten Zeit im Süden, ebenfalls Kompromissler mehrheitsfähig gewesen wären, was sowohl durch die Vertreter der besetzten Territorien und deren einzelstaatliche Interessen, als auch durch die what-ever-it-takes-Sezessionisten fraglich gewesen wäre.
Man stelle sich mal vor, McClellan wäre gewählt worden, hätte ein offizielles Kompromissangebot an den Süden gesandt und das wäre, an den Interessen der beiden genannten Gruppen gescheitert und rundheraus abgelehnt worden.
Welche Basis hätte dann eine wie auch immer geartete Friedenspolitik noch gehabt?

Und wie gesagt, die Vertreter der besetzten Staaten/Territorien der Konföderation hatten durchaus einen rationalen Grund einen Kompromiss zu Gunsten des Tiefens Südens aber zu Lasten ihrer eigenen Territorien zu fürchten und eine alles-oder-nichts-Politik in Sachen Sezession zu forcieren um auf keinen Fall alleine in die union zurückkehren zu müssen.


Eine schnelle Rolle Rückwärts bei der Sklavenbefreiung, nach einer erfolgreichen Wahl, wäre für McClellan rechtlich und politisch ohne Frage schwer. Aber mit dem Schwung einer realistischen Friedensinitiative und der Aussicht auf schnellen und ehrenvollen Friedens, hätte er wohl im Norden bei seiner Klientel, als auch im vorm Kollaps stehenden Süden erstmal viel Rückhalt gefunden. Gerade, wie auch Schild in seiner Arbeit unterstrich, ohne die Sklavenemanzipation zwischen sich und den Süden. Aus der Position der Stärke hätte er die Union wiederherstellen können, und zwar unter dem demokratischen Schlagwort „so wie sie war“. Mehr wollten die meisten Demokraten nie, sie wollten keine harte Bestrafung des Süden und schon gar keine Sklavenbefreiung, sie wollten die Union erhalten. Dafür sind sie 61 und 62 in den Krieg gezogen. Sie waren von Anfang an gegen eine Eskalation der Kriegsführung, unnötige Härten gegen die Zivilbevölkerung lehnten Sie ab, allen voran McClellan. Der sah das als Gefahr für die Wiedereingliederung an (vgl. Schild, 2009, S. 157).
Sie waren später von Grant und Sherman empört, mit ihren Taktiken der verbrannten Erde. Ein moderater Frieden unter Beibehaltung der Sklaverei wäre zudem auch eine gute Basis für alle Südstaaten gewesen, den einzig wirklich nicht mit einem Kompromiss auflösbaren Streitpunkt sehe ich in West Virginia. Aber dieser Stolperstein wäre um des Friedens willens auch irgendwie gelöst wurden.
Und das McClellan Probleme hätte die Fraktionen zu bändigen ist eine recht offensichtliche Feststellung. Aber nahezu alle Punkte die Du aufführst, gelten auch für Lincoln. Klar kann man als Präsident zerrieben werden, wenn man sich mit seiner Agenda zwischen die Stühle begibt. Aber das kommt halt auf den Präsident und seinem Geschick an. Da sehe ich aber keinesfalls unlösbare Friktionen vor McClellan liegen. Und selbst wenn, sobald der Deal mit dem Süden geschlossen wäre und die Waffen ruhen, und er politisch tot gewesen wäre, weil der Frieden in die oder andere Richtung zu sehr konziliant ausgefallen ist, dann hätte trotzdem wohl kaum jemand nochmal zu den Waffen gegriffen. Dazu waren die Verluste, die Verwüstungen und die Erinnerung noch zu frisch.
Und nochmal, die Stimmung war im Norden 64 ernst, ich zitiere einen Nordstaatengeneral, der auf Erholungsurlaub im Norden folgendes bilanzierte:

„im ganzen Norden große Entmutigung, große Rekrutierungsunwilligkeit, starke Friedensbereitschaft.“ John H. Martindale an Benjamin Butler, 5. August 1864, in: Jesse Marshall (Hrg.): Correspondence of Benjamin Butler, Bd. IV, S. 418.

Stratege hat geschrieben:
Nordcarolina und Virginia:

Dabei vergisst du allerdings, dass mit der Sezession an und für sich ja durch die vom Westen Virginias deklarierte Sezession von Virginia es für Virginia in dieser Auseinandersetzung nicht nur um die Zugehörigkeit zu Union oder Konföderation ging, sondern auch um die Erhaltung des eigenen Staatsgebietes und damit auch um die Wahrung des eigenen innenpolitischen Gewichts innerhalb der Union oder der Konföderation.
Die Washingtoner Regierung erkannte unter der Bedingung des Verbleibs des Westteils von Virginia dieses de facro an, was zum einen ein verfassungstechnisch hochbedenklicher Akt war, weil das mehr oder minder als Präzedenzfall für die Zerschlagung von Bundesstaaten herhalten konnte (was sicherlich im Süden und besonders in Virginia einen sehr sehr empfindlichen Nerv traf) und zum anderen produzierte das eine handfeste Territoriale Streitigkeit zwischen der Union und Virginia.

Noth Carolina hatte auf den Einwohner gerechnet, hinter Arkansas, Tennessee und Texas so mit die wenigsten Sklaven innerhalb der Konföderation und im Gegensatz zum Tiefen Süden gab es hier keine Plantagenwirtschaft.
Im gegensatz zu Virginia, stand im Falle North Carolinas auch keine Zerschlagung des Staatsgebietes dadurch, dass Washington hier eine Sezession von der Sezession aktiv unterstützt hätte zur Debatte.

Insofern gibt das eigentlich meiner vorherigen Argumentation im Bezug auf die Schwierigkeiten mit den Gebieten recht, in deren Fall durch den Krieg und seinen Verlauf territoriale Fragen aufgeworfen worden waren.

Du musst schon genauer hinschauen wie das abgelaufen ist. Lincoln hätte nie einen Bundesstaat zerschlagen können. Hier waren die lokalen Autoritäten federführend, die kaum Sklaven besaßen und sich immer schon vom Rest Virginias benachteiligt fühlten. Sie konstituierten sich in einem beachtlichen Winkelgriffes als rekonstruierter Kongress Virginias und wurden vom Norden anerkannt. Dann erlaubten sie die Sezession West Virginias. Das mag für Dich nur ein fadenscheiniges Manöver sein, aber nur so konnten Sie den Anschein waren. Lincoln war kein Monarch, sondern Präsident.
Du bist ein Meister darin Schwierigkeiten, aber keine Lösungen zu sehen. Ach, das geht deswegen nicht, und deswegen, und überhaupt. Und ich führe dann aus, dass es doch auch diese und jene Möglichkeit gibt. Wir können uns gerne noch 5 Seiten im Kreis drehen, aber Du hast oben gesehen, dass namhafte Historiker reelle Chancen auf einen moderaten Frieden sahen. Und Professor Schild ist ein ausgewiesener Lincoln- und Nordamerikaexperte. Jemand der sich auf hohem wissenschaftlichem Niveau mit dem Thema über Jahre auseinandergesetzt hat. Du kannst weiter 100 Gründe hinschreiben, warum das doch gar nicht gehe. Oder einfach mal diese andere Meinung zu Kenntnis nehmen. Das heißt nicht, dass Du dem beipflichten musst, in solchen spekulativen Diskursen kann man Sachen ja anders sehen, auch gerne gegen die vorherrschende Forschungsmeinung.
Nur sehe ich keinen Mehrwert darin die benutzen Argumente immer wieder aufzuwärmen und sich dann im Kreis zu drehen.
Stratege hat geschrieben:
4. Politik:

Politik ist nicht das Verkaufen von (Schein)inhalten, sondern das Erarbeiten tragfähiger Lösungen. Das verkaufen von Heißer Luft als Inhalten, ist nicht das Wesen der Politik, sondern ihre Perversion.
Und was Inhalte und Kompromisse angeht:
Die Lincoln-Administration hat mit der faktischen Anerkennung der Eigenständigkeit West Virginias und durch die Proklamation der Sklavenemanzipation zwei Dinge losgetreten, die so nicht mehr zurückzudrehen waren.
Wie stellst du dir denn die effektive Rückgängigmachung der Sklavenemanzipation vor? Dergestalt, dass die US-Armee dann fernihn dafür eingesetzt worden wäre, das gesamte Land nach befreiten Sklaven zu durchkämmen und diese wieder an ihre Besitzer zurück zu verbringen?
Oder die gleich die Entlassung und Entwaffnung von farbigen Soldaten der Unionsarmee um diesen dann anschließend direkt Ketten anzulegen und sie gen Süden marschieren zu lassen?

Für Dich gibt es eben eins und null. Dazwischen gibt es nichts für Dich. Das McClellan die befreiten Schwarzen (und erst Recht die in der Armee dienenden) als Verhandlungsmasse wohl in die Freiheit entlassen, vielmehr stillschweigend tolerieren würde, war eine Möglichkeit. Einige in Ketten in den Süden zurückzuschicken, hätte den Beifall weiter Kreise der Gesellschaft gefunden, rassistisch wie sie damals auch im Norden in weiten Teilen war. Die Sklaven im Süden, unter der Kontrolle der CSA, wären wohl Sklaven geblieben. Kein Demokrat hätte die Befreiung der Sklaven im Süden gefordert, im übrigen Lincoln lange auch nicht.
Stratege hat geschrieben:
Faktisch war die Sklaverei ab 1863 in den Zur Union gehöredenden oder von der Union besetzteg Gebiete aufgehoben. Vielfach verblieben die ehemaligen Sklaven nicht an Ort und Stelle, und die Wirtschaftsstrukturen in den besetzten Gebieten waren durch den Umstand der Besatzung und gegebenenfalls durch vorherige Kriegshandlungen ohnehin den Bach runter.


Das ist schlicht Quatsch, bundesweit wurde die Sklaverei erst Ende 1865 durch ein Zusatzartikel aufgehoben. Was Du meinst ist die Emanzipationserklärung Lincolns und die galt, wie ich schon gesagt habe, nur für die unbesetzte CSA. Der Präsident konnte alleine gar nicht in die Autonomie der unionstreuen Staaten eingreifen, ohne den Kongress ins Boot zu holen. Wo die Sklaverei verboten wurde, geschah das lokal und nicht bundesweit. Selbst die Emanzipationserklärung und die Befreiung der Sklaven in der CSA galt als fragwürdig, aber als Befehlshaber der Truppen konnte er hier recht weitgehen und die Freilassung als Kriegsmaßnahme deklarieren.
Informiere Dich doch bitte erst, bevor Du immer wieder einfach unwahre Behauptungen wiederholst.
Stratege hat geschrieben:
Wie genau hätte mal also eine Rückgängigmachtung der Emanzipation bewerkstelligen sollen? Entschuldigung, aber das sind realitätsferner Verwaltungsutopien.
Man hätte die Sklaverei wieder für legal erklären können, aber das hätte nur den sklavenhaltenden Bewohnern in denjenigen Gebieten etwas genutzt, auf die der Norden keinen Zugriff hatte und die dise Strukturen aus eigener Gewalt hatten baheupten können.
Im gesamten von der Union besetzten oberen Süden, bedeutete die Emanzipationsproklamation faktisch einmal die Enteignung der Sklavenhalter, die sich praktisch vollzog und realiter nicht dadurch rückgängig zu machen war, dass man die Emanzipation für zunzulässig erklärte.

Das sind keine realtätsferne Verwaltungsutopien, sondern das war leider erklärte Agenda der Demokraten 1864. Bis Ende 65 war Sklaverei auf Bundesebene nicht verboten. Und der stinkende Kadaver der Sklaverei erfuhr auch bald eine Fortsetzung in den Südstaaten, wo die Sklaverei zwar nicht dem Gesetz nach, aber faktisch noch lange weiterbestand, mit zahllosen Toten Afroamerikanern. Mit Auswirkungen bis heute!
Stratege hat geschrieben:Inweiweit man von Seiten des Südens her, nach der faktisch von Washington sanktionierten Zerschlagung Virginias, die sich freilich so einfach auch nicht rückgängi machen ließ, noch irgendein Vertrauen darin hatte, dass man seitens des Nordens tatsächlich zu einem Status-Quo-ante zurückkehren wollte, ist dann ebenfalls fraglich.
Vor Erledigung der Causa Virginia sehe ich das nicht, denn was einmal vollzogen werden kann, lässt sich ja durchaus repetieren und insofern wäre es seitens des Südens nicht einmal unvernünftig gewesen zu befürchten, dass der Norden in der politischen Arena möglicherweise beenden wollte, was ihm im militärischen Bereich nicht gelang, nämlich die südlichen Staaten durch weitere Zerschlagungen zu zersetzen und in ihrem einzelnen Gewicht zu schwächen.
Das durch die Einwanderung und die Industrialisierung, sich die wirtschaftlichen und demographischen Gewichte in den Staaten zu Gunsten des Nordens weiterhin verschoben, war ja ohnedies klar.

In Lincoln gab es nie viel Vertrauen, er war ja auch der Vorwand zur Sezession. In ein demokratisches Washington hätte wohl etwas Vertrauen geherrscht, aus den genannten Gründen. Die Sklaverei stand nicht zwischen Ihnen, sie waren sich politisch nahe und kannten sich in vielen Fällen noch persönlich, weil sie jahrelang zusammen in politischen Gremien saßen und als Parteigenossen zusammenarbeiteten. Und was McClellan im Vorfeld der Präsidentschaftswahl öffentlich äußerte, muss aus der Sicht der faktisch besiegten Südstaatler, mehr als akzeptabel klingen:
„Einzige Friedensbedingung ist die Union – mehr verlangen wir nicht.“ McPherson 2008, S. 764. Zu den verschiedenen Versionen siehe McPherson S. 945., In früheren Versionen des Briefes hieß es, dass er, McClellan, „[…]der Einstellung der Feindseligkeit von Herzen zustimme
Eindeutiger geht es doch kaum noch.

Stratege hat geschrieben:Lincoln war dem Kompromiss nicht unzugänglich, was im Übrigen nur meine Einlassungen im Hinblick auf möglicherweise fehlende Kompromissfähigkeit der südlichen Staaten untermauert, denn die hätten ja auf Lincolns offerten mit denen sie bis 1863 eine Weitgehende Wiederherstellung des Status Qua ante hätten erreichen können, eingehen können. Taten sie aber nicht.

1. Stand es Anfang 1863 noch um Welten besser um die Sache der Konföderation als Mitte 1864.
2. War Lincoln für Richmond ein rotes Tuch und ein Verhandlungsfrieden nach der Emanzipationserklärung war mit ihm kaum zu machen. Denn Sklavenbefreiung und die Rückkehr in die Union, dazu waren die Konföderierten höchstens kurz vor Ultima Ratio bereit.
Stratege hat geschrieben:
Ja, sicher, im Tiefen Süden wären sicherlich einige darum bemüht gewesen, Frieden zu schließen auch um einen Preis, den dann der übere Süden zu zahlen haben würde. Nur wie gesagt, zum einen konnte der tiefe Süden die Politik ja nicht allein diktieren, da hatten Vertreter der betroffenen Staaten durchaus auch noch ein Wort mitzureden und die hatten so überhaupt keine Veranlassung sich für den tiefen Süden und gegen die fundamentalen Interessen der eigenen Staaten zu verwenden.


McClellan und seine Demokraten gingen mit dem Ziel in die Wahlen, den Frieden und Wiederherstellung der Union zu liefern. Damit konnte 1864 sowohl eine pragmatische Mehrheit im oberen, aber auch im unteren Süden gewonnen werden. Sicher gab es Hindernisse, die hast Du ja breit getreten. Es kann aber kein Zweifel daran bestehen, dass ein demokratischer Präsident, der mit einer Friedensagenda ins Weiße Haus eingezogen wäre, den Krieg nicht für die Freiheit der Schwarzen fortgeführt hätte.

Stratege hat geschrieben:Zum anderen und dieser Punkt ist hier noch gar nicht berührt worden, was meinst du denn, wie die Idee eines Kompromissfriedens auf Kosten des oberen Südens sich so auf die Moral und den Bestand der konföderierten Armeen ausgewirkt hätten?


Grant berichtete kurz vor der Wahl von der Situation an der Front:

“Der Gegner will um jeden Preis bis nach der Präsidentenwahl durchhalten.[…]Täglich laufen Deserteure zu uns über, die uns erzählen, daß[sic!] ihre Leute fast einmütig den Krieg satt haben und daß[sic!] es viel mehr Desertionen geben würde, wenn sie nicht überzeugt wären, daß[sic!] nach dem Wahlen im Herbst der Friede ausgehandelt wird."

Grant an Elihu Washburne, 16. August 1864, in: O.R. Ser. 4, Bd. III, S. 637f, zitiert nach McPherson S.790.
So wurde das von einer unterversorgten, hungernden, frierenden Truppe nach drei blutigen Jahren gesehen. Für politische Feinheiten von Kosten des Krieges und Kompromisse zu Lasten des oberen Südens wollten hungernde, zerlumpte Soldaten nichts hören. So wichtig und groß diese politischen Argumente Dir und mir heute erscheinen, in beheizten Zimmern, gut versorgt und von großen politischen Überzeugungen sprechend. Die Sehnsucht nach Frieden war groß und ohne den Vorbehalt der Sklaverei und bei einiger einigermaßen ehrenvollen Rückkehr des Südens in der Union, wäre der Frieden der Truppe 1864 wohl nicht nur vermittelbar gewesen, sondern auch höchst willkommen.
Stratege hat geschrieben:Denn wenn man das anstrebte, hätte die politische führende Klasse ja von den aus dem oberen Süden kommenden Mannschaften nichts anderes verlangt, als erst den Kopf für die Konföderation hinzuhalten und dann anschließend zum Dank, aus der Konföderation ausgeschlossen und dem Norden überantwortet zu werden, wo sie dann Aussicht hatten, als Verräter behandelt zu werden, damit die Herren pflanzer ihre Unabhängigkeit fernhin genießen können?

Ich bezweifele, wie gesagt, dass das der way to go gewesen wäre, 64 wäre es wahrscheinlich auf eine ehrenvolle Rückkehr in die Union hinausgelaufen. Unabhängigkeit, wenn auch nur für den Kernsüden unter Aufgabe Teile des oberen Südens wäre vielleicht die maximal Position des Südens gewesen, in Anbetracht was die Kriegslage hergibt, aber wie gesagt. Wir sollten nicht sehr darüber streiten ob der Frieden in der Union geendete hätte oder nicht, entscheidend ist ein (Verhandlungs) Frieden wäre möglich gewesen. Für eine Unabhängkeit des Südens hätte er militärisch wohl länger durchhalten müssen, was wir heute wissen, nur schwer möglich gewesen. Ein Cannae Sieg Lees hatten wir kurz diskutiert, aber wir sind uns wohl einig, dass dieser eher unwahrscheinlich war.

Stratege hat geschrieben:
Ich würde mal prognostizieren, hätte man sich seitens des tiefen Südens darauf eingelassen, sowas allgemein und offen zu protégieren, hätte man damit sämmtliche Truppenteile aus den betroffenen Staaten mit Ansage in die Meuterei getrieben, damit die eigene Kampfkraft zersetzt und dadurch denn auch die eigene Verhandlungsgrundlage zerstört.
Wie gesagt, für Leute aus den vom Norden verwüsteten und besetzten Teilen des oberen Südens, war der Untergang der Konföderation und die gemeinsame Rückkehr des gesamten Sezessionsraumes in die Union wesentlich rationaler als der Fortbestand einer Rumpf-Konföderation bestehtend einzig aus dem Tiefen Süden, während man selbst zum politisch marginalisierten und ungeliebten Anhängsel der Union geworden wäre.

Das man in die Union zurück musste war 1864 wohl selbst mit McClellan als Präsident kaum zu vermeiden gewesen. Gerade im oberen Süden, wo man eh moderater war, wäre ein solcher Frieden 64 wohl auch mehrheitlich begrüßt wurden.

Stratege hat geschrieben:Verhandlungen:

1. Es wurde nicht in einer für den Norden annehmbaren Weise verhandelt, sondern lediglich auf Basis der konföderierten, gemessen am Kriegsverlauf Maximalpositionen, sofern das von südlicher Seite her versucht wurde. Wille zum Kompromiss = 0
Die von dir hier angebrachte Status-Quo-ante-Regelung hätte man in den ersten zwei Kriegsjahren haben können, darüber hinaus hat die Lincoln-Administration vom Süden ja nie irgendwtwas ungebührliches verlangt.

Da wirst Du von mir kein Widerspruch hören. Der Wille zum Kompromiss kam aber mit der zunehmenden, sich abzeichnenden Niederlage.
Stratege hat geschrieben:2. Nein, es wurden eben keine europäischen Mächte um Vermittlung eines Kompromissfriedens angerufen, sondern es wurde im Besonderen von Seiten des Südens versucht Europa im Sinne der eigenen Kriegsführung und im Sinne der Durchsetzung eigener Zielsetzungen zu instrumentalisieren.
Es ließ sich nur nicht instrumentalisieren um sich nicht in Gegensatz zu den Nordstaaten zu bringen.
Wann aber, bevor die militärische Lage für den Süden ausichtslos wäre, hat sich dieser denn an die europäischen Mächte gewandt mit der Bitte um Vermittlung auf Basis eines Friedensplans, der nötigenfalls auch bereit gewesen wäre, die Sezession fallen zu lassen, einzig um die Kriegszustand abzuwickeln?
Das gab es in dieser Form schlicht nicht.

Natürlich wurde das Ausland um Vermittlung und ja, auch um Intervention angerufen. Im Süden ging man davon aus, des ohne die Baumwolle die soziale Not in den weiterverarbeitenden Fabriken in England und Frankreich zwingen wird, wenn nicht direkt zu intervenieren, doch zumindest den Norden diplomatisch unter Druck zu setzen. Frankreich war nicht ganz abgeneigt, betonte aber nur mit London zusammen handeln zu wollen. London versuchte auch zu vermitteln, aber Washington verbat sich jede Einmischung. Und wirklich harte Maßnahmen, wollte England nicht ergreifen. Auch wenn es durch die Blockade an einigen Stellen fast zum Krieg zwischen den USA und Großbritannien gekommen wäre.
Stratege hat geschrieben:Du hast oben den ersten Weltkrieg als Beispiel bemühnt, nun auch da zogen im August 1914 Leute als Soldaten in den Krieg, die als Mitglieder der Sozialdemokartischen Partei noch zwei Wochen früher gegen den Krieg und für den Internationalismus demonstriert hatten.

Kein Mensch, hätte sich im Juli 1914 in Europa auf Kriegskurs gestellt, wenn er gewust hätte, wie das am Ende ausgehen würde, denn diesen Krieg wollte keiner, veritable Teile der jeweiligen Bevölkerungen traten ja auch lautstark dagegen ein.

Konsens.

Stratege hat geschrieben:Die Mehrheiten für die Sezession waren in Teilen des Südens VOR dem Bürgerkrieg nicht klar. Ich würde allerdings nichts darauf verwetten wollen, dass die zwischenzeitliche faktische Zerschlagung Virginias, so wie die Proklamation der Sklavenemanzipaiton und deren irreversible Durchführung in den vom Norden besetzten Gebieten, daran nichts geändert haben könnten, denn die sezessionistische Propaganda, die ja vor allem auf angeblich unrechtmäßige Einmischungen Washingtons abziehlte, bekam dadurch natürlich Nahrung und Glaubwürdigkeit.

Dagegen wirkte aber die schnelle Ernüchterung, dass der Krieg eben nicht mal in einer Schlacht entschieden wurde. Dass das vergossene Blut nicht in einem Fingerhut passte, wie ein Südstaaten-Senator prognostizierte, sondern dass das Blut in Strömen floss. Wie gesagt, es wirkten viele Entwicklungen auf die Meinung ein.
Stratege hat geschrieben:Das vor allem im tiefen Süden im weiteren Verlauf des Krieges die Kompromissler wieder stärker wurden, nimmt nicht wunder, nur wie realistisch war zu diesem Zeitpunkt denn noch, dass man damit noch irgendwas erreichen würde.
Die von dir angesprochene Hampton Roades-Conference ist im Februar 1865.
Zu dem Zeitpunkt ist Lincoln bereits wiedergewählt, ergo die Politische Karte, jedenfalls im Kopf derer, die der Meinung waren, dass eine Abwahl Lincolns ein Angebot auf den Tisch bringen würde, bereits erledigt und bei der Kräfteentwicklung im Osten auch bereits klar, dass die Konföderierten Richmond mittelfristig nicht mehr würden verteidigen können.

Das heißt, dem Kompromiss auf Basis eines Verbleibs in der Union näherte man sich aus konfödereriter Sicht erst zu einem Zeitpunkt an, an dem bereits klar sein musste, dass weil die Gewalt der eigenen Waffen gebrochen war und man Positionen nur noch durch das Verheizen eigener Substanz halten konnte, die mittelfristig einzige Alternative also in bedingungsloser Unterwerfung durch militärischen Zwang bestand.

Das wiederrum ist zum einen keine Leistung, sondern lediglich die Konsequen der Anerkennung, der bereits existierenden militärischen Kräfteverhältnisse.
Zum anderen, gibt uns das auch so gar keinen Anhaltspunkt dahingehend, wie man im Süden über die Sache gedacht hätte, wäre die militärische Widerstandskraft noch intakt gewesen und Lincoln nicht wieder gewählt worden, sprich hätte man noch ernsthaft auf ein Friedensangebot nach Maßgabe eigener Vorstellungen gerechnet.


Ich habe nie behauptet, dass nach der Widerwahl Lincolns noch eine realistische Chance auf einem Verhandlungsfrieden bestand. Da sind wir uns einig. Nur sieht man, dass der Süden dazu bereit war und hätte man früher einen Verhandlungspartner gegenüber gehabt, der kompromissbereit war, hätte man wohl einen Deal schließen können. Erst wenn der Punkt der Sklaverei weites gehend vom Tisch war. Schlussendlich haben Davis und der (spätere) Lincoln mit ihrer Kompromisslosigkeit den jeweils anderen in die Karten gespielt, denn beide konnten vorgeben, die andere Seite möchte nicht ernsthaft verhandeln. Das hätte Davis mit McClellan aber sicher nicht machen können und dann wäre das ein ganz anderes Verhandeln gewesen.
Aber wie gesagt, hätte, könnte, würde. Das alles muss Spekulatius bleiben, wenn auch auf Argumenten gestützt.

Vielleicht können wir uns ja auch auf diese beiden Punkte einigen:

1. Mit der Wahl McClellans wäre ein ehrenvoller Frieden mit der Rückkehr in die Union für den Süden möglich gewesen, wenn nicht sogar wahrscheinlich.
2. Eine wirkliche Unabhängigkeit wäre auch unter McClellan unwahrscheinlich, wenn auch nicht unmöglich, gewesen. Da dafür der Süden größere Teile des oberen Südens am Verhandlungstisch hätte aufgeben müssen, damit McClellan sein Gesicht hätte waren können.

*Geórg Schild, Abraham Lincoln. Eine politische Biographie,Paderborn, München, Wien und Zürich 2009.
**James M. McPherson, Für die Freiheit sterben. Die Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs, Köln 2008.

Saito_Toshimasa
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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon Saito_Toshimasa » 19. April 2021 01:55

ich möchte mal meinen senf zu dem angeblichen "friedenskandidaten" mclellan äußern... es ist richtig das der süden hoffte, das dieser einen frieden schließen würde als präsidentschaftskandidat der die wahl gewinnt.... nur war das eine verträumte "milchmädchenrechnung"... mclellan konnte keinen frieden verhandeln der die vorkriegsunion beerdigt hätte, da dann seine soldaten die für ihn gekämpft hatten als "verräter" angesehen hätten, das konnte er sich bei aller kritik gegen lincoln niemals leisten und daher hat er dann auch seine absicht betont der krieg müsse bis zur wiederherstellung der union geführt werden... und der süden wollte "ums verrecken" nicht in die union zurück, da er da seine stimmenmehrheit verloren hatte seit mehr sklavenfreie als sklavenstaaten anerkannt waren (was sich in der vorkriegszeit ergab und abzeichnete, durch die neuaufgenommenen freien staaten)
viele unionssoldaten und politiker waren gegen eine sklavenbefreiung, aber für jeden nordstaatensoldaten, der gekämpft hatte, war ein ausscheren des südens aus der union völlig indiskutabel, da das allem widersprach wofür er gekämpft hatte... so eine starke strömung konnte kein politiker ignorieren, ohne "politischen selbstmord" zu begehen. der süden war ja sehr "clever" erstmal "waffenstillstand" verhandeln zu wollen, aber es war klar, das ist das gleiche wie "frieden und anerkennung des südens als souveräne nation" und damit kam der süden eben nicht durch...

ich beziehe mich da auch auf james mc pershon, "für die freiheit sterben"...

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon KirKanos » 27. Dezember 2021 18:43

Saito_Toshimasa hat geschrieben:ich möchte mal meinen senf zu dem angeblichen "friedenskandidaten" mclellan äußern... es ist richtig das der süden hoffte, das dieser einen frieden schließen würde als präsidentschaftskandidat der die wahl gewinnt.... nur war das eine verträumte "milchmädchenrechnung"... mclellan konnte keinen frieden verhandeln der die vorkriegsunion beerdigt hätte, da dann seine soldaten die für ihn gekämpft hatten als "verräter" angesehen hätten, das konnte er sich bei aller kritik gegen lincoln niemals leisten und daher hat er dann auch seine absicht betont der krieg müsse bis zur wiederherstellung der union geführt werden... und der süden wollte "ums verrecken" nicht in die union zurück, da er da seine stimmenmehrheit verloren hatte seit mehr sklavenfreie als sklavenstaaten anerkannt waren (was sich in der vorkriegszeit ergab und abzeichnete, durch die neuaufgenommenen freien staaten)


1. Das Militär hätte Ihn als Verräter angesehen

Präsident Lincoln wurde von vielen Militärs ebenfalls als Verräter angesehen, vermehrt nachdem er die Abschaffung der Sklaverei de facto zum offiziellen Kriegsziel erklärte. Viele Offiziere und Soldaten waren konservativ und absolut gegen eine Emanzipation der Afroamerikaner, gerade aus den sklavenhaltenden Staaten die der Union treu geblieben und eng mit dem Süden verbunden waren. Nicht umsonst war McClellan selbst Oberbefehlshaber der größten Armee der Nordstaaten und er hätten noch immer viele Freunde in der Truppe. Vielen waren zudem innerlich zerrissen gegen ihre Brüder zu kämpfen, gerade das Offizierskorps beider Seiten kannte sich nicht selten. Zudem war auch die Moral der Nordstaatenarmee 1964 an einem Tiefpunkt angekommen, horrende Verluste gepaart mit einem scheinbaren (!) Patt drückten die Stimmung. Sinnbildlich sind die blutigen Schlachten des Sommers, wie z.B. Cold Harbor. Wo Infanterie gegen gutbefestigte Stellungen anrannte und zu tausenden zusammengeschossen wurde. Wenn Du McPherson kennst verweise ich auf die bedrückenden Zeilen zu der Schlacht, wo Soldaten vor den Sturm sich mit Zetteln beklebten, damit ihre Leiche identifiziert werden konnten.

Wir müssen uns von unseren Wissen freimachen, dass der Süden kurz vor den Kollaps stand. Im Norden herrschte der Eindruck vor der Krieg könne noch lange weitergehen. Hätte ein gewählter Präsident einen Waffenstillstand befohlen, wäre dieser sicher von einigen Teilen als Verräter bezeichnet wurden, aber am Ende wären wohl viele auch erleichtert gewesen, dass das Gemetzel ein Ende gehabt hätte. McClellan hätte für eine so eine Aktion eine starke Fraktion hinter sich gehabt, gerade wenn er mit dem Deal mit dem Süden zumindest des Gesicht wahren könnte.

2. Der Süden wollte nicht ums verrecken zurück in die Union

1861 ja, 1864 jein. In der Politik ist etwas solange undenkbar wie sich die Umstände massiv ändern. 1861 hätte sich niemand im Süden auch nur Vorstellen können Sklaven zu bewaffnen und für die Südstaatenarmee zu rekrutieren. 1865 wurden schwarze Südstaaten-Kompanien aufgestellt. 1864 musste die Regierung schon blind sein, um zu übersehen das man auf einem Abgrund zusteuerte. Man tat nach außen hin alles um sich nichts anmerken zu lassen, um nach den letzten Strohhelm in Form der kommenden Wahl im Norden greifen zu können. Richmond war sich aber bewusst das der Krieg verloren war und pumpte daher viel Geld, welches eigentlich dringend an anderer Stelle gebraucht wurde, über versteckte Kanäle in die Opposition in den Norden. Der Deal zurück in die Union mit der Sklaverei wurde von den Südstaaten weniger Monate später, Februar 1865, Lincoln offiziell von den Vertretern der Südstaaten-Regierung vorgelegt (nur war da der Zug abgefahren).

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon nordstern » 28. Dezember 2021 17:43

Kriegsgrund war ja auch nicht die Sklaverei. Sondern das der Süden befürchtete durch die Änderung des Wahlrechts auf Stimmenzahlgewichtung, sprich: Bundesstaaten mit mehr Einwohnern haben mehr Stimmen, in ihren eher landwirtschaftlichen Interessen untergehen werden gegenüber den industriell geprägten Norden. Dazu kam die zunehmende Zentralismus, was die Befürchtung zunehmend befeuerte.

Die Sklaverei war eine Idee Lincolns um einen Einstieg Europas in den Krieg auf Seiten der Konföderierten zu verhindern. Ziel war es eine moralische Komponente als Kriegsziel zu etablieren, dass es unmöglich machen sollte für europäische Mächte (allen voran Frankreich) einen Kriegsbeitritt moralisch zu rechtfertigen, da Europa ja keine Sklaverei mehr hatte zu der Zeit und daher schlecht für die Sklaverei kämpfen konnte.

Ein Beitritt mir Sklaverei der Konföderierten wäre also eigentlich ein "Verrat" an der ursprünglichen Idee der Konföderierten gewesen. So verzweifelt waren sie schon. Es wäre wahrscheinlicher gewesen als die eigentliche Forderung: Eine Föderalismus ohne Sklaverei.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon KirKanos » 29. Dezember 2021 18:54

nordstern hat geschrieben:Kriegsgrund war ja auch nicht die Sklaverei. Sondern das der Süden befürchtete durch die Änderung des Wahlrechts auf Stimmenzahlgewichtung, sprich: Bundesstaaten mit mehr Einwohnern haben mehr Stimmen, in ihren eher landwirtschaftlichen Interessen untergehen werden gegenüber den industriell geprägten Norden. Dazu kam die zunehmende Zentralismus, was die Befürchtung zunehmend befeuerte.


Den Kriegsgrund nur auf Sklaverei zu reduzieren ist zu einfach, aber sie ganz aus der Gleichung zu nehmen geht aber auch Fehl. Das Wahlrecht war nicht so sehr das Problem, die Karten waren ja schon ziemlich zugunsten des Süden gezinkt (Obwohl der Süden Afroamerikaner entmenschlichte und versklavte wollte er nicht auf ihre Stimmen verzichten, sodass ihre Anzahl mit einem Anteil einfloss - natürlich ließen die Pflanzer Sie nicht wählen, aber die Bevölkerung wurde den Süden im Schlüssel zur Zuteilung politischer Macht anteilig angerechnet). Auch der Zentralismus war nicht so das Problem solange der Präsident aus dem Süden kam oder zumindest nach seiner Pfeife tanzte. Lincolns Vorgänger Buchanan war ja ein Musterbeispiel dafür.

Das Problem war eher das absehbar war, dass die freien Staaten eine Partei konstituieren würden, die exklusiv und genuin Ihre Interessen vertreten würden. Die Republikaner unterschieden sich ja damals gerade dadurch, dass sie keinerlei Rücksicht mehr auf die Südstaaten nahmen und nur nordstaatliche Interessen auf ihre Fahnen schreiben. Demokraten und Whigs traten vorher immer als Parteien "beider" Amerikas auf und mussten immer Rücksicht auf die starke Lobby der Pflanzer aus dem Süden nehmen. An sich waren die Republikaner eine Regionalpartei die es kaum auch nur auf den Stimmzettel der oben Südstaaten schaffte, geschweige denn im tiefen Süden.

Das gepaart mit der demographischen Entwicklung, welche den Norden begünstigte, trug Lincoln zur Präsidentschaft. Das Wahlrecht wurde ja nicht geändert, das war ja eh schon wie oben geschildert südstaaten-freundlich (Zusätzlich ist es ja bis heute so das ein Staat durch zwei Senatoren vertreten wird, egal wieviel Bevölkerung er hat. Sprich Kalifornien (ca. 40 Millionen Bürger*innen) hat im Senat genauso viel zu sagen wie .Vermont (643.000)).


nordstern hat geschrieben:Die Sklaverei war eine Idee Lincolns um einen Einstieg Europas in den Krieg auf Seiten der Konföderierten zu verhindern. Ziel war es eine moralische Komponente als Kriegsziel zu etablieren, dass es unmöglich machen sollte für europäische Mächte (allen voran Frankreich) einen Kriegsbeitritt moralisch zu rechtfertigen, da Europa ja keine Sklaverei mehr hatte zu der Zeit und daher schlecht für die Sklaverei kämpfen konnte.


Die Abschaffung der Sklaverei war sicherlich nicht nur ein Vehikel um die europäischen Mächte von einem Kriegseintritt abzuhalten. A war ein Kriegseintritt Londons eh recht unwahrscheinlich (Wenn war eher Paris dazu geneigt) und B war das Thema so innerstaatlich aufgeladen das es von vornherein nicht nur außenpolitisch betrachtet werden können.

nordstern hat geschrieben:Ein Beitritt mir Sklaverei der Konföderierten wäre also eigentlich ein "Verrat" an der ursprünglichen Idee der Konföderierten gewesen. So verzweifelt waren sie schon. Es wäre wahrscheinlicher gewesen als die eigentliche Forderung: Eine Föderalismus ohne Sklaverei.


Entschuldige Nordstern, hier kann ich Dir nicht ganz folgen. Was meinst Du mit Beitritt? Beitritt der europäischen Mächte zu dem Krieg, Sezession der Staaten ohne Sklaverei? Entschuldige bitte, vielleicht stehe ich da auch nur gerade auf dem Schlauch.

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon nordstern » 3. Januar 2022 01:03

Ne.. der Beitritt der Konföderierten zur Union während dem Krieg.

Und ja, ich meinte damit Frankreich, da die damit sehr stark sympatisierten. Ich weis nicht in wieweit deren Beitritt den Krieg entschieden hätte, aber soweit ich weis hätte die Union damals die Hafenblockaden gegen die CSA gegen französische Kriegsschiffe nicht aufrecht erhalten können. Nicht mal ansatzweise. Damit hätte jedes europäische Land mit der CSA handeln können. Und Waffenexport wäre ein geiles Thema gewesen. Dazu vermutlich französische, aber auch europäische Freiwillige... Ich denke nicht das militärisch das den Kriegsausgang verändert hätte... bestenfalls um ein paar Jahre verzögert. Viel entscheidender aber ist, was das politisch im Norden ausgelöst hätte der ja etwas Kriegsverdrossen war. Lincoln musste daher um JEDEN Preis eine Beteiligung Europas in welcher Art auch immer verhindern.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

Danke für euer Verständnis.

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Re: Gettysburg - Tag 1

Beitragvon Saito_Toshimasa » 25. Februar 2022 00:51

Ich wollte mal eine Frage in den Raum werfen... (ich beschäftige mich auch hobbymäßig mit dem us bürgerkrieg...). weil hier über einen hypothetischen vernichtenden Sieg der Konföderation bei Gettysburg spekuliert wurde... wurde denn überhaupt jemals während des gesamten us bürgerkrieges auch nur ein einziger "´vernichtender sieg" errrungen?... oder waren das nicht fast alles zähe gemetzel und ohne anschließende ernsthafte verfolgung und an ein aufreiben der gegnerischen armee auch nur denken zu können?