Italien im 1. WK

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Italien im 1. WK

Beitragvon nordstern » 8. Oktober 2020 19:35

wurde ja alles schon gesagt eigentlich. Ironie: Aus dem selben Grund traten die Italiener auf dem 1.Weltkrieg auf Seiten der Entente bei und versagten ähnlich spektakulär. Man muss sich vorstellen, das die frische italienische Armee beinahe von den ausgedünnten, kriegsmüden Österreichern vernichtet worden wäre. Ein Österreich das alle Ressourcen in Russland oder dem Balkan hatte. Aber hier ging die Rechnung auf und sie bekamen Südtirol.

Funfact: Südtirol ist das einzige Gebiet der letzten 200 Jahre das durch Krieg gewonnen und bis heute gehalten wurde als Kriegsbeute. Und wo immer noch die Bevölkerung Deutsch spricht. Und Südtirol macht immense 17% der gesamtitalienischen Wirtschaftskraft aus. Wenn man dann noch Norditalien dazurechnet, merkt man schnell das Italien heute genauso dasteht wie im 1.Weltkrieg oder dem 2.Weltkrieg industriell.
Ich bin Legastheniker. Wer also Rechtschreibfehler oder unklare Formulierungen findet, soll bitte versuchen die Grundaussage zu verstehen oder darf sie gerne behalten :)

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Stratege » 8. Oktober 2020 20:06

nordstern hat geschrieben:wurde ja alles schon gesagt eigentlich. Ironie: Aus dem selben Grund traten die Italiener auf dem 1.Weltkrieg auf Seiten der Entente bei und versagten ähnlich spektakulär. Man muss sich vorstellen, das die frische italienische Armee beinahe von den ausgedünnten, kriegsmüden Österreichern vernichtet worden wäre. Ein Österreich das alle Ressourcen in Russland oder dem Balkan hatte. Aber hier ging die Rechnung auf und sie bekamen Südtirol.


Inwiefern versagten die Italiener im 1. Weltkrieg spektakulär?
Das die italienische Armee von den Österreichern beinahe vernichtet worden wäre, ist schlicht Unfug. Im Gebirge tat sich nicht viel und am Isonzo hatten die Italiener die initiative, bis zur 12. Isonzoschlacht. Bei der Widerrum standen die Österreicher aber zum einen nicht alleine, sondern hatten in Form der 14. Armee unter v. Below bereits deutsche Unterstützung dabei, zudem, war Isonzo 12/Flitsch-Tolmein/Caporetto, wie immer man es nennen will Ende 1917, als Russland bereits völlig in den Seilen hing, keinen Druck mehr ausüben konnte und es somit möglich war, vernünftig ausgerüstete Kontingente aus dem Osten an die anderen Fronten zu verschieben.
Dadurch war es dann möglich einen Punktuell überlegenen Artilleriepark für die Schlacht zusammen zu ziehen.
Der dann folgende Durchbruch war selbstredend beeindruckend, aber eben auch nur bis zum Piave und dann war es das mit der Herrlichkeit.

Das es von italienischer Seite her nicht gelang die Österreicher zu überrennen, als die anno 1915 relativ ausgedünnt waren, lag mitunter schlicht am Gelände. Dazu kommt, dass die Österreicher am Isonzo und in Tirol zunächst eher Miliztruppen aufzubieten haben, diese aber vergleichen mit den italienischen Truppen zum Einen den Vorteil der Defensive hatten und zum anderen eine daran gemessen recht gute ausrüstung an Maschinengewehren.
Den Italienern fehlte es in dieser Hinsicht an eigenen Produktionsstätten und hatten die Ausstattung ihrer Truppen mit Maschinengewehren zum großen Teil auf Importen aufgebaut, die nicht mehr stattfinden konnten, weil weder Zentralmächte noch Entente noch Kriegswaffen an dritte ausführten, die brauchten sie schließlich selbst.

Unter diesen Umständen, leisteten die italienischen Truppen eigentlich, was man realistisch von ihnen erwarten konnte.
Militärisches Versagen in diesem Sinne, sehe ich da nicht. Im Zweiten Weltkrieg mag man das ggf. anders sehen, aber da waren die Vorraussetzungen und Abläufe auch andere.

nordstern hat geschrieben:Funfact: Südtirol ist das einzige Gebiet der letzten 200 Jahre das durch Krieg gewonnen und bis heute gehalten wurde als Kriegsbeute. Und wo immer noch die Bevölkerung Deutsch spricht. Und Südtirol macht immense 17% der gesamtitalienischen Wirtschaftskraft aus. Wenn man dann noch Norditalien dazurechnet, merkt man schnell das Italien heute genauso dasteht wie im 1.Weltkrieg oder dem 2.Weltkrieg industriell.

Also die Quelle für die 17% der gesamtitalienischen Wirtschaftskraft, würde ich gerne mal sehen, ich behaupte mal, dass das blanker Bullshit ist und die genannten 17% vielleicht auf das Triveneto (Trentino-Alto Adige, Veneto, Friuli Venezia Giulia) insgesammt entfallen, aber sicherlich nicht auf die Doppelregion Trentino-Alto Adige im Allgemeinen, bzw. Alto-Adige als Südtirol im engeren Sinne im Besonderen.
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Sir Heinrich » 8. Oktober 2020 20:48

Stratege hat geschrieben:Also die Quelle für die 17% der gesamtitalienischen Wirtschaftskraft, würde ich gerne mal sehen, ich behaupte mal, dass das blanker Bullshit ist und die genannten 17% vielleicht auf das Triveneto (Trentino-Alto Adige, Veneto, Friuli Venezia Giulia) insgesammt entfallen, aber sicherlich nicht auf die Doppelregion Trentino-Alto Adige im Allgemeinen, bzw. Alto-Adige als Südtirol im engeren Sinne im Besonderen.




Du hast recht da hat sich Nordstern um ne 10ner Potenz vertan so um die 2% des Italienischen BIB macht Südtirol aus.
Mann muss nicht immer am meisten schreiben,
es reicht, wenn man das meiste liest.

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon nordstern » 8. Oktober 2020 23:27

hm... dann ist meine Quelle falsch. Mir wurde gesagt im Südtirolurlaub von einem Einheimischen, das Südtirol eine Säule der italienischen BIP sind und wesentlich zum Staatseinkommen beitragen. Wenn es wegbräche, wären 17% futsch. Ggf meinte er damit aber auch den Wohlstand, weil viele Südtiroler relativ reich sind... ka.
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Il Principe » 9. Oktober 2020 17:49

Ich würde Einheimische auch nicht unbedingt als verlässliche Quelle betrachten. Wie in vielen anderen ökonomisch starken Regionen auch, halten sich viele für den Nabel der Welt und sehen lediglich die Nachteile gegenüber der angeblich ausbeuterischen Zentralregierung, die auf Kosten ihrer harten Arbeit lebt. Dass der Wohlstand eventuell auch mit der besonderen Rolle Südtirols als autonome Region (z.B. der Verbleib vieler Steuermittel in der Region) innerhalb Italien zusammenhängen könnte, wird dabei ganz gerne verdrängt.

PS: Vor allem wenn man Zahlen anfügt, ist vorher ein kurzer Blick auf Wikipedia doch sehr zu empfehlen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Italien#R ... terschiede

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon KirKanos » 10. Oktober 2020 09:36

Stratege hat geschrieben:Inwiefern versagten die Italiener im 1. Weltkrieg spektakulär?


Aus damaliger, deutscher Sicht wohl aus diesen Gründen: Weil Sie einem Bündnispartner in den Rücken gefallen sind, für einen versprochenen Lohn, den Sie am Ende nicht bekommen und eine desaströse militärische Bilanz. Auch aus heutiger Sicht kann man das schon spektakulär nennen. Man trat 1915 frisch und mit vollen Kräften gegen einen Gegner an, Österreich Ungarn, der im ersten Kriegsjahr horrende Verluste hinnehmen musste (etwa 1 Million Soldaten). Der schon Ende 1914/ Anfang 1915 militärisch kurz vorm Kollaps stand, wäre er nicht aus Berlin massiv mit Truppen und Waffen versorgt wurden. Die erste und zweite Schlacht bei Lemberg verlief desaströs für die ku.k. Monarchie. Die Verbände im Osten wurden fast alle halbiert, und vom Serbienfeldzug fangen wir mal erst gar nicht an.

Du sagst ja selbst, 1915 wurde von Österreich Anfangs anfangs Landwehr- respektive Miliztruppen aufgeboten. Dein erstes Argumente warum Italien nicht schon dort entscheidende Schläge austeilen konnte, dass Gelände begünstigte die Verteidigung hat sicher Substanz, aber wie später ausgerechnet von der k.u.k. Armee gezeigt wurde, konnte man auch dort Durchbrüche erzielen. Zudem verfügte Italien schon immer über eine ausgezeichnete Gebirgsjäger, bzw. Alpinenjägertruppe (88 Bataillone am Vorabend des Krieges), die genau für diese Kampfweise geschult war. Selbst gegen reguläre Truppen. Das diese Milizen den italienischen Kräften (Berufssoldaten plus Wehrpflichtige) an Maschinengewehren und Artillerie überlegen waren halte ich für ein Gerücht. Auch die ganze Argumentation Italien hätte ja auch keinen Nachschub bekommen, ist ebenso nicht ernst zu nehmen.

Während Deutschland und Österreich vom Weltmarkt abgeschnitten war, was bald zu Hungerwinter und Mangelwirtschaft führte, hatte Italien Zugang zum Welt- und genauso wichtig den Finanzmarkt. Natürlich bekamen sie militärisches Gerät und Kredite von den Alliierten, zwar waren die Kriegsführenden selbst knapp an militärischen Material, aber spätestens in der Werkstatt der Alliierten der USA wurden alle Alliierten fündig und ein stetiger Fluss an Nachschub floss Richtung England, Frankreich und auch Italien. Österreich wurde seinerseits von Berlin gestützt, ohne Frage, aber nicht in dem Maße wie es die Alliierten konnten.

Wer sich den darauf folgende Kriegsverlauf ansieht, sieht Niederlagen und Erfolge auf beiden Seiten, aber auch einige krachende Zusammenbrüche der italienischen Armee. Wenn man die Ergebenisse anschaut und diese mit den italienischen Ansprüchen bei Kriegseintritt vergleich, ist dass Wort spektakulär gar nicht so unangebracht.

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Stratege » 10. Oktober 2020 15:36

Mal schauen, ob wir uns da etwas annähern können:

Natürlich kann man die militärischen Leistungen einer Partei an den Vorstellungen und Ansprüchen der jeweiligen Regierung messen. Dann müssen wir aber konstatieren, dass sämtliche zwischen 1914 und 1918 im Rahmen des Weltkriegs beteiligten Staaten auf militärischem Gebiet krachend versagten.
Deswegen halte ich es für sinnvoller die militärische Leistung der einzelnen Kräfte daran zu messen, was man denn rückwirkend betrachtet den einzelnen Streitkräften einigermaßen realistisch zumuten konnte.

Realistisch betrachtet, waren bei dem Gelände keine größeren Vorstöße seitens Italien drinn.
Das man großangelegte Eroberungskampagnen im hochalpinen Gebiet vergessen kann, darauf wird man sich, denke ich einigen können, womit Tirol und Kärnten als einigermaßen aussichtsreiche Fronten von vorn herein ausfallen mussten.
Rein geländemäßig boten sich, wenn man sich darüber hinaus mal eine topographische Karte von Slowenien anschaut lediglich um Görz/Gorizia und in die gegend um Triest entlang des unmittelbaren Küstenverlaufs begrenzte Räume in denen aussichtsreiche Vorstöße unternommen werden konnten.
Insofern, gemessen an den technischen Mitteln, die den Italienern zu Gebote standen und den Limitationen durch die lokalen, territorialen Gegebenheiten, wird man unter diesen Umständen die unmittelbare Eroberung von Teilen des Isonzo-Gebietes und gegebenenfalls Istriens für realistisch ansehen können, danach musste dann bereits das Gelände, durchaus auch nach Osten hin da einen Strich durch die Rechnung machen.
Selbst wenn "nur" im Norden wirklich hochalpines Gebiet lag und man, was dann östlich des Isonzo liegt mehr unter "Mittelgebirgslandschaft" führen kann, wäre dann noch zu berücksichtigen, dass selbst das die Waffenwirkung und Vorstoßmöglichkeiten erheblich einschränkte (siehe Kriegsverlauf im Elsass entlang der Vogesen) und dass die Front, an der denn tatsächlich begrenzt auch etwas passieren konnte, recht gestaucht war und damit dann Umfassungsangriffe auch verunmöglichte.

Was die Ausrüstung angeht, von einer besseren Ausrüstung der Österreicher mit Artillerie anno 1915 habe ich nie etwas behauptet. Ich habe behauptet, das der Artilleriepark der Zentralmächte im Rahmen der 12. Isonzo-Schlacht Ende 1917 dem, was die Italiener ihm entgegen zu setzen hatten überlegen war und im Übrigen auch entsprechend eingesetzt werden konnte, zumal die Italiener weitgehend flaches Gelände hinter sich hatten, was weniger Hindernisse hergab und weniger Möglichkeit sich nach Teilrückzügen erneut festzusetzen.

Artilleristische Überlegenheit hatten die Italiener anno 1915 sicherlich, nur abgesehen vom Talkessel um Görz/Gorizia und den unmittelbar am Ostufer des Isonzo gelegenen Geländestreifens um Monfalcone herum, brachte die kaum wirkliche Vorteile.
Die Ausrüstung an Manschinengewehren bei der regulären italienischen Armee, war vergleichen mit der, der anderen Kriegsführenden Mächte relativ unterirdisch. Das ließ sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht beheben.
Die Kriegsführenden Parteien führten nach Kriegsbeginn kein Material mehr an nicht am Krieg beteiligte Drittstatten aus und das war Italien, de facto bis mindestens Ende April 1915. Welche Weltmarktproduktion war denn hier anno 1915 verfügbar, auf die man zugreifen konnte?
Bei den Kriegsführenden Mächten selbst hatte sich bis Ende 1914 aller Orten zunächst mal Munitionskrise eingestellt, die nicht binnen einiger Wochen zu egalisieren war, veritable Teile der Montanindustrie um Norden und Nord-Osten Frankreichs waren durch die vorangegangenen Kampfhandlungen für die Entente zunächst mal verloren oder kriegsbedingt in Mitleidenschaft gezogen, Großbritannien stand vor dem Problem im Rahmen des Konfliktes auf einmal wesentlich größere Mengen an Truppen aufbieten zu müssen, als man es gewohnt war, zumal der Verschleiß der BEF in den ersten 2 Monaten in Belgien und Frankreich ja sehr erheblich war und auch erstmal kompensiert werden musste.
Da gab es anno 1915 keine Überkapazitäten. Die Entente produzierte ja selbst kaum bedarfsdeckend und wenn Material aus Übersee zu haben war, ging das zunächst mal an die Westfront. Als nachgeordnete Abnehmer musste Italien dann auch noch mit Russland konkurieren, wo ja auch noch ein gewisser Bedarf gegeben war.

Natürlich ergaben sich da im Kriegsverlauf später andere Möglichkeiten für Italien entsprechendes Gerät zu produzieren. Dann muss man dabei auf der anderen Seite aber auch betrachten, dass sich genau in dem Moment in dem Italien im Mai 1915 in den Krieg eintritt, derselbe für Russland zum Desaster entwickelt, wegen der mit Gorlice-Tarnow beginnenden Niederlsagenserie und der bis Herbst 1915 folgenden Verdrängung aus Polen, den eroberten Teilen Galiziens und weitgehend auch aus Litauen.
Das ermöglichte natürlich zeitnah das Umdirigieren von erfahreneren Einheiten und Material an die neue italienische Front. Man muss ja nicht so tun, als hätte die italienische Armee an dieser Stelle 3 Jahre lang ein paar irregulären Truppen gegenüber gesatanden und nichts gebacken bekommen. Das war über den Zeitraum einiger Monate der Fall und in diesem Zeitraum war es Italien eben kaum möglich seine eigenen Materiellen Defizite durch Importe zu decken.

Ich will nicht behaupten, dass die irregulären Österreichischen Formationen eine bessere Maschienengewehrausrüstung hatten als die reguläre italienische Armee. Allerdings waren die ausrüstungstechnisch, was das angeht noch so nah bei einander, dass nach weitgehender Egalisierung der italienischen Artillerieüberlegenheit durch das ungünstige Gelände, eben diese Geländevorteile und der Umstand der wirklich sehr schmalen Abschnitte, auf denen wirklich etwas erreicht werden konnte, den verbliebenen leichten Vorsprung an Ausrüstung der Italiener ausgleich konnte.
Sicher bleibt noch die grundsäzliche fähigere Organisation der italienischen Regulären, dem dann aber auch überlegene Geländekenntnis der lokalen Aufgebote auf Österreichischer Seite gegenüber stand.

Sich in diesem Zustand ein paar Monate zu halten, bis dann reguläre Ablösung und bessere Waffen an die Front kamen, ist für mich, von österreichischer Seite her, von dieser Warte aus gesehen kein Hexenwerk und von italieniser Seite her, gemessen an den realen Möglichkeiten (nicht an den überzogenen Erwartungen) meines Erachtens auch kein Komplettversagen.

Ansonsten entwickelte sich folgerichtig ein Stellungskrieg.

An wirklich krassen Zusammenbrüchen an dieser Front sehe ich nur die zwölfte Isonzo-Schlacht und dann rund ein Jahr später Vittorio Veneto. Beide unter Hinzuziehung von Kontingenten der jewiligien Alliierten und deren Materials
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon KirKanos » 10. Oktober 2020 16:50

Stratege hat geschrieben:Mal schauen, ob wir uns da etwas annähern können:


Es geht vor allem darum fair Argumente auszutauschen, sich anzunähern oder gar ein Konsens zu finden ist nett, muss aber nicht unbedingt sein. ;)

Stratege hat geschrieben:Natürlich kann man die militärischen Leistungen einer Partei an den Vorstellungen und Ansprüchen der jeweiligen Regierung messen. Dann müssen wir aber konstatieren, dass sämtliche zwischen 1914 und 1918 im Rahmen des Weltkriegs beteiligten Staaten auf militärischem Gebiet krachend versagten.
Deswegen halte ich es für sinnvoller die militärische Leistung der einzelnen Kräfte daran zu messen, was man denn rückwirkend betrachtet den einzelnen Streitkräften einigermaßen realistisch zumuten konnte.


Ich glaube nicht das man sagen kann das alle beteiligten Staaten krachend versagt haben, aber selbst wenn man das konzedieren möchte, dann ist ja auch die italienische Armee krachend gescheitert und dann sind wir ja wieder beieinander. =)

Stratege hat geschrieben:Realistisch betrachtet, waren bei dem Gelände keine größeren Vorstöße seitens Italien drinn.
Das man großangelegte Eroberungskampagnen im hochalpinen Gebiet vergessen kann, darauf wird man sich, denke ich einigen können, womit Tirol und Kärnten als einigermaßen aussichtsreiche Fronten von vorn herein ausfallen mussten.
Rein geländemäßig boten sich, wenn man sich darüber hinaus mal eine topographische Karte von Slowenien anschaut lediglich um Görz/Gorizia und in die gegend um Triest entlang des unmittelbaren Küstenverlaufs begrenzte Räume in denen aussichtsreiche Vorstöße unternommen werden konnten.
Insofern, gemessen an den technischen Mitteln, die den Italienern zu Gebote standen und den Limitationen durch die lokalen, territorialen Gegebenheiten, wird man unter diesen Umständen die unmittelbare Eroberung von Teilen des Isonzo-Gebietes und gegebenenfalls Istriens für realistisch ansehen können, danach musste dann bereits das Gelände, durchaus auch nach Osten hin da einen Strich durch die Rechnung machen.
Selbst wenn "nur" im Norden wirklich hochalpines Gebiet lag und man, was dann östlich des Isonzo liegt mehr unter "Mittelgebirgslandschaft" führen kann, wäre dann noch zu berücksichtigen, dass selbst das die Waffenwirkung und Vorstoßmöglichkeiten erheblich einschränkte (siehe Kriegsverlauf im Elsass entlang der Vogesen) und dass die Front, an der denn tatsächlich begrenzt auch etwas passieren konnte, recht gestaucht war und damit dann Umfassungsangriffe auch verunmöglichte.


Ich denke irgendein Terrain von vornherein als unpassierbar zu deklarieren ist fast immer ein Fehler. Ob man zu den Römern blickt, die Hannibals Alpen-Überquerung ausschlossen oder zum französischen Generalstab mit seinen Ardennen. Besonders wenn der Gegner nicht mit einem Angriff rechnete und noch dazu in massiven Kämpfen an anderen Fronten verwickelt war.

Stratege hat geschrieben:Was die Ausrüstung angeht, von einer besseren Ausrüstung der Österreicher mit Artillerie anno 1915 habe ich nie etwas behauptet. Ich habe behauptet, das der Artilleriepark der Zentralmächte im Rahmen der 12. Isonzo-Schlacht Ende 1917 dem, was die Italiener ihm entgegen zu setzen hatten überlegen war und im Übrigen auch entsprechend eingesetzt werden konnte, zumal die Italiener weitgehend flaches Gelände hinter sich hatten, was weniger Hindernisse hergab und weniger Möglichkeit sich nach Teilrückzügen erneut festzusetzen.


Das die Italiener 1917 vom Artilleriepark der Mittelmächte deklassiert wurde muss man sich schonmal auf die Zunge zergehen lassen. Und das man sich bei einem etwaigen Rückzug nur in einen normalen Graben begeben kann, nunja.

Stratege hat geschrieben:Artilleristische Überlegenheit hatten die Italiener anno 1915 sicherlich, nur abgesehen vom Talkessel um Görz/Gorizia und den unmittelbar am Ostufer des Isonzo gelegenen Geländestreifens um Monfalcone herum, brachte die kaum wirkliche Vorteile.
Die Ausrüstung an Manschinengewehren bei der regulären italienischen Armee, war vergleichen mit der, der anderen Kriegsführenden Mächte relativ unterirdisch. Das ließ sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht beheben.
Die Kriegsführenden Parteien führten nach Kriegsbeginn kein Material mehr an nicht am Krieg beteiligte Drittstatten aus und das war Italien, de facto bis mindestens Ende April 1915. Welche Weltmarktproduktion war denn hier anno 1915 verfügbar, auf die man zugreifen konnte?
Bei den Kriegsführenden Mächten selbst hatte sich bis Ende 1914 aller Orten zunächst mal Munitionskrise eingestellt, die nicht binnen einiger Wochen zu egalisieren war, veritable Teile der Montanindustrie um Norden und Nord-Osten Frankreichs waren durch die vorangegangenen Kampfhandlungen für die Entente zunächst mal verloren oder kriegsbedingt in Mitleidenschaft gezogen, Großbritannien stand vor dem Problem im Rahmen des Konfliktes auf einmal wesentlich größere Mengen an Truppen aufbieten zu müssen, als man es gewohnt war, zumal der Verschleiß der BEF in den ersten 2 Monaten in Belgien und Frankreich ja sehr erheblich war und auch erstmal kompensiert werden musste.
Da gab es anno 1915 keine Überkapazitäten. Die Entente produzierte ja selbst kaum bedarfsdeckend und wenn Material aus Übersee zu haben war, ging das zunächst mal an die Westfront. Als nachgeordnete Abnehmer musste Italien dann auch noch mit Russland konkurieren, wo ja auch noch ein gewisser Bedarf gegeben war.


Die Munitionskrise in Russland ist bekannt, dennoch bedarf es für jedwede industrielle Produktion Ressourcen. Diese mussten auf dem Weltmarkt eingekauft werden, was Deutschland und Verbündete nicht konnten. Berlin schaffte das mit enormer Kreativität und Innovationen sich einige Zeit mit Verlegenheitslösungen zu behelfen. Italien, England und Frankreich hatten aber weiter Zugriff auf den Weltmarkt. Gerade das Empire war ein riesige Markt und Unmengen an Soldaten, Weizen, Stahl, Eisen, Kohle, Kautschuk, Waffen und vieles mehr fanden Ihren Weg zu den Alliierten. Von dem Elefanten im Porzellanladen habe ich noch nicht mal gesprochen, den USA. Klar musste da auch erstmal die Waffenproduktion hochgefahren werden, aber sehr bald konnte die Entente auf nahezu alle industrielle Güter und auch Waffen zugreifen.

Hinzu kommt der Finanzmarkt, der nicht zu unterschätzen ist. England war der größte Gläubiger vor dem Krieg, dann der größte Schuldner. Kapital strömte nach London, Frankreich und Italien. Diesen Vorteil kann man eigentlich gar nicht überbetonen.

Stratege hat geschrieben:Natürlich ergaben sich da im Kriegsverlauf später andere Möglichkeiten für Italien entsprechendes Gerät zu produzieren. Dann muss man dabei auf der anderen Seite aber auch betrachten, dass sich genau in dem Moment in dem Italien im Mai 1915 in den Krieg eintritt, derselbe für Russland zum Desaster entwickelt, wegen der mit Gorlice-Tarnow beginnenden Niederlsagenserie und der bis Herbst 1915 folgenden Verdrängung aus Polen, den eroberten Teilen Galiziens und weitgehend auch aus Litauen.
Das ermöglichte natürlich zeitnah das Umdirigieren von erfahreneren Einheiten und Material an die neue italienische Front. Man muss ja nicht so tun, als hätte die italienische Armee an dieser Stelle 3 Jahre lang ein paar irregulären Truppen gegenüber gesatanden und nichts gebacken bekommen. Das war über den Zeitraum einiger Monate der Fall und in diesem Zeitraum war es Italien eben kaum möglich seine eigenen Materiellen Defizite durch Importe zu decken.


Das ist ja gerade die Krux, die Mittelmächte konnten zwar nach und nach Russland bezwingen, mussten aber bis zum Ende auch heftige Gegenschläge hinnehmen. Gerade Österreich musste horrende Verluste hinnehmen, gerade an in Friedenszeiten ausgebildeten Unteroffizieren und Offizieren. Das war nicht mehr auszugleichen. Hinzu kamen die Fronten im Nahen Osten, die sich gegenteilig zur Russlandfront verhielt.

Stratege hat geschrieben:Ich will nicht behaupten, dass die irregulären Österreichischen Formationen eine bessere Maschienengewehrausrüstung hatten als die reguläre italienische Armee. Allerdings waren die ausrüstungstechnisch, was das angeht noch so nah bei einander, dass nach weitgehender Egalisierung der italienischen Artillerieüberlegenheit durch das ungünstige Gelände, eben diese Geländevorteile und der Umstand der wirklich sehr schmalen Abschnitte, auf denen wirklich etwas erreicht werden konnte, den verbliebenen leichten Vorsprung an Ausrüstung der Italiener ausgleich konnte.
Sicher bleibt noch die grundsäzliche fähigere Organisation der italienischen Regulären, dem dann aber auch überlegene Geländekenntnis der lokalen Aufgebote auf Österreichischer Seite gegenüber stand.

Sich in diesem Zustand ein paar Monate zu halten, bis dann reguläre Ablösung und bessere Waffen an die Front kamen, ist für mich, von österreichischer Seite her, von dieser Warte aus gesehen kein Hexenwerk und von italieniser Seite her, gemessen an den realen Möglichkeiten (nicht an den überzogenen Erwartungen) meines Erachtens auch kein Komplettversagen.

Ansonsten entwickelte sich folgerichtig ein Stellungskrieg.
Zusammenbrüchen an dieser Front sehe ich nur die zwölfte Isonzo-Schlacht und dann rund ein Jahr später Vittorio Veneto. Beide unter Hinzuziehung von Kontingenten der jewiligien Alliierten und deren Materials


Das Italiens Streitkräfte trotz der oben erwähnten Vorteile und der zunehmenden prekären Lage der Mittelmächte es nicht schaffte einen Durchbruch zu erzielen und selber kurz davor stand zu kollabieren kann man werten wie man will, eine Erfolgsgeschichte sieht jedenfalls anders aus.

Die größte Erfolgsgeschichte wäre es gewesen diesen brutalen Krieg in Gänze zu vermeiden.

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Stratege » 10. Oktober 2020 19:00

Unpassierbarkeit von Territorien:

Das man niemals nie sagen soll, ist eine Binsenweisheit, nur, wir haben doch aus dem Weltkrig Beispiele, was Gebirgsterrain angeht. Nicht nur aus den Alpen, von der italienischen Front, auch aus dem Elsass, Lothirngen-Wallonie, aus der Österreichischen Kampagne in Serbien und vom russischen Versuch über die Kaparten zu kommen.
Da gab es nirgendwo spektakuläre Geländegewinne.
Die eingesetzte Waffentechnik spricht auch einfach ganz enorm dagegen.


Was den Artilleriepark angeht, da gehört ja nun nicht nur die Masse dazu, sondern auch die Munitionsbevorratung, Kadenz und die Artilleriedoktrin.

Die Munitionskrise betraf ja nicht nur Russland, sondern Anfang 1915 waren alle kriegsführenden Parteien knapp mit Munition. Sicher, es wurden nicht nur fertige Kriegsgüter gehandelt, nur entsprechend des Bedarfs auch von kriegswichtigen Rohstoffen entwickelte sich selbstredend auch die Preisnachfrage, zumal das italienische Industriepotential zur Weiterverarbeitung, zumal noch ohne kriegsbedingte Anpassungen, auch nicht eben so pralle war.
Natürlich stand der Entente durch GB vieles an Kapital zur Verfügung, nur war ja in dieser Hinsicht der italienische Staat auch nicht so besonders leistungsfähig, während GB neben seinen eigenen Kriegskosten auch reichlich Garantien für an frankreich und Russland gehende Kredite übernehmen musste und das hatte vor Italien jedenfalls Priorität.

Welche großen Rückschläge mussten die Zentralmächte in Sachen Russland nach der Brussilow-Offensive denn noch einstecken?
Im Grunde genommen, ging die kritische Phase des Krieges im Osten, als Italien in den Krieg eintrat eigentlich gerade zu Ende. Gut, es kommt dann im Sommer 1916 noch mal zu einer kritischen Phase für drei-vier Monate durch die Brussilow-Offensive und den rumänischen Kriegseintritt, aber danach entspannte sich die Situation im Osten recht deutlich.


Natürlich war die italienische Kriegsbeteiligung keine besondere Erfolgsgeschichte.
Sinnvoller wäre ohne Frage gewesen sich raus zu halten und für die eigene Neutralität bezahlen zu lassen, ein Kurs, den Giolitti, als der Krieg ausbrach steuerte und den er sicherich auch gerne beibehalten hätte.
Nur wie gesagt, totales Versagen des Militärs, sehe ich hier nicht. Das war für die demographischen und industriellen Möglichkeiten Italiens so schlecht nicht aufgestellt und agierte in seinem Auftreten auch nicht dämlicher als andere Kriegsteilnehmer, nur eben in wesentlich undankbarererm Gelände.

Gerade durch letzteres war viel mehr als Truppen binden mMn nicht drinn.
Sah vor einem vergleichbaren Problem stehend ja seinerzeit auch die deutsche Generalität so, denn wenn man mit dem Terrain so einfach hätte fertig werden können, hätte man ja Frankreich auch frontal angreifen und den Schwenk über Belgien vermeiden können.
Die Idee der kompletten Umfassung war ja entsprechend der zuzückzulegenden Strrecke des rechten Flügels im Feindesland bei gleichzeitig dem Feind zur Verfügung stehenden bahnlinien, ohnehin irrwitzig.
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon KirKanos » 10. Oktober 2020 19:11

Stratege hat geschrieben:Nur wie gesagt, totales Versagen des Militärs, sehe ich hier nicht. Das war für die demographischen und industriellen Möglichkeiten Italiens so schlecht nicht aufgestellt und agierte in seinem Auftreten auch nicht dämlicher als andere Kriegsteilnehmer, nur eben in wesentlich undankbarererm Gelände.


Totales Versagen ist ein hartes Wort, zumal ja viele Italiener tapfer gefochten haben und viele auch gefallen sind. Aber ich finde es weiter legitim hier von einer spektakulären Niederlage zu reden, wie es Nordstern getan hat und Du widersprochen hast. Damit sage ich nicht das ich diese Meinung teile oder andere Einschätzungen falsch sind. Aber wenn man die Fakten bilanziert ergibt sich nun mal ein trostloses Bild:

1. Man fiel Verbündeten in den Rücken, kann man so oder so sehen, aber die feine englische Art war das nicht.
2. Die hochtrabenden Ziele und die vielen Versprechungen der Alliierten wurden minimal erfüllt - wenn überhaupt. Die Verbitterung darüber nach dem Krieg groß.
3. Der Blutzoll war enorm und die Kosten ebenso. Die tiefen Wunden erholten sich nur sehr langsam und führten mit in den Faschismus.
4. Das Kriegsglück war bestenfalls launisch, teilweise stand man vor dem Kollaps.

Jetzt kann man streiten welche Worte man dafür verwendet, aber hier kann man milde sein oder harte Worte heranziehen. Beides ist legitim.

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Tacitus » 10. Oktober 2020 21:28

KirKanos hat geschrieben:1. Man fiel Verbündeten in den Rücken, kann man so oder so sehen, aber die feine englische Art war das nicht.


Es ist eigentlich eh ein Wunder, dass der Dreibund solange hielt. Immerhin hatten Italien und Österreich-Ungarn Interessen an den gleichen Gebieten. So kam es schon 1908 bei der Bosnische Annexionskrise zu Unstimmitgkeiten zwischen Italien und Ö-U. Während des Italinisch-Türkischen Krieges 1911 hatte die österreichisch Militärführung sogar auf einen Präventivkriege gegen Italien gedrängt. Das ist sicherlich auch nicht die feine englische Art mit einem Verbündeten umzugehen ;)

Hätte Deutschland und Ö-U in der Julikrise etwas besser angestellt und sich ebenfalls mit Italien abgesprochen, hätte Italien sich vielleicht nicht neutral verhalten und wäre auf der Seiten der Mittelmächte gewesen.

Immerhin hat Italien Ö-U nach dem Austritt aus dem Dreibund einige Wochen Zeit zur Vorbereitung gelassen. Es war 1915 ja nicht so, dass Italien direkt nach dem Rücktritt aus dem Dreibund die Kriegserklärung ausgesprochen hatte. Dadurch konnten schon am Tag der Kriegserklärungen durch Italien auch reguläre k.u.k.-Truppen in den Julischen Alpen Stellungen beziehen.

Zum Gelände:
Ich glaube, ihr unterschätzt wie Italien den Geländevorteil für die Verteidiger. Da konnte der Angrreifer noch so frische, überlegene und spezialisierte Truppen ins Feld führen, bei der damiligen Militärtechnik war der Verteidiger immer massiv im Vorteil. Im Gebirge ist dieser Vorteil nochmal deutlich ehrheblicher. Zumal die Artillerie für den Angreifer im Gebirge noch weniger Effizient ist. Man könnte genauso Fragen, wieso Ö-U 1914 es nicht geschafft hat das unterlegene Serbien zu besiegen. Weil die Serben ebenfalls den Geländevorteil auf ihrer Seite hatten (und durch massive Fehleinschätzungen und -planungen auf Seiten von Ö-U). Nur konnte Serbien ihre Verteidungen im Gegensatz zur Ö-U nicht weiter verstärken, wodurch es dann doch noch zum Durchbruch kam.
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Stratege » 10. Oktober 2020 21:53

Tacitus hat geschrieben:
KirKanos hat geschrieben:1. Man fiel Verbündeten in den Rücken, kann man so oder so sehen, aber die feine englische Art war das nicht.


Es ist eigentlich eh ein Wunder, dass der Dreibund solange hielt. Immerhin hatten Italien und Österreich-Ungarn Interessen an den gleichen Gebieten.


Naja, aber das war im Hinblick auf Italien und Frankreich (Savoyen, Nizza, Korsika, Tunis) ja auch der Fall.
Insofern würde ich es nicht für so erstaunlich halten, dass der Dreibund pro forma so lange hielt, aber damit, dass Italien mitziehen würde, ohne Kompensation konnte man, wie du richtig anmerkst nicht rechnen.
Von der Situation her war sowohl für Italien, als auch für Rumänien (Interese am Ungraischen Siebenbürgen und am Russischen Bessarabien), es logisch sich neutral zu verhalten, abzuwarten, welche Seite die Oberhand gewinnt und sich dann zackig auf die Seite der potentiellen Sieger zu schlagen um seine eigenen Interessen durchzusetzen.

Die Mehrheit des italienischen Parlaments, stand in der Frage der Kriegsbeteiligung ja zunächst auf der Position der Neutralität und damit hinter Ex-Premier Giolitti und der Konzeption sich, wenn möglich die eigene Neutralität kompensieren zu lassen.
Von dem her hätte man mit einer rechtzeitigen Abtretung des Trentino vielleicht die dauerhafte Neutralität Italiens kaufen können, aber dass man es im August 1914 zum Kriegseintritt gegen die Entente bekommen hätte, kann ich mir schwer vorstellen.
Es sei denn, der Schlieffenplan wäre einigermaßen aufgegangen und man hätte Italien in Aussicht gestellt sich doch bei Frankreich bedienen zu wollen, aber in dem Fall hätte man es militärisch wohl nicht mehr gebraucht.


Tacitus hat geschrieben:Zum Gelände:
Ich glaube, ihr unterschätzt wie Italien den Geländevorteil für die Verteidiger. Da konnte der Angrreifer noch so frische, überlegene und spezialisierte Truppen ins Feld führen, bei der damiligen Militärtechnik war der Verteidiger immer massiv im Vorteil. Im Gebirge ist dieser Vorteil nochmal deutlich ehrheblicher. Zumal die Artillerie für den Angreifer im Gebirge noch weniger Effizient ist. Man könnte genauso Fragen, wieso Ö-U 1914 es nicht geschafft hat das unterlegene Serbien zu besiegen. Weil die Serben ebenfalls den Geländevorteil auf ihrer Seite hatten (und durch massive Fehleinschätzungen und -planungen auf Seiten von Ö-U). Nur konnte Serbien ihre Verteidungen im Gegensatz zur Ö-U nicht weiter verstärken, wodurch es dann doch noch zum Durchbruch kam.


Das denke ich allerdings auch.


Davon einmal, ab.
Ich weiß, dass geht zu nem großen Teil auf meine Kappe, aber gemessen Am Thema des Threats, sind wir hier seit geraumer Zeit im falschen Krieg unterwegs. Ich würde daher annregen, dass hier, fals Interesse besteht im WK1-Threat fortzusetzen.
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon KirKanos » 10. Oktober 2020 22:05

Tacitus hat geschrieben:Es ist eigentlich eh ein Wunder, dass der Dreibund solange hielt. Immerhin hatten Italien und Österreich-Ungarn Interessen an den gleichen Gebieten. So kam es schon 1908 bei der Bosnische Annexionskrise zu Unstimmitgkeiten zwischen Italien und Ö-U. Während des Italinisch-Türkischen Krieges 1911 hatte die österreichisch Militärführung sogar auf einen Präventivkriege gegen Italien gedrängt. Das ist sicherlich auch nicht die feine englische Art mit einem Verbündeten umzugehen ;)


Hötzendorf kam alle 2 Tage mit einem Kriegsvorschlag um die Ecke. Und irgendwelche Pläne einzelner Militärs sind nicht mit Taten gleichzusetzen. Und das Italien und Österreich Differenzen haben stimmt natürlich, die hatten aber auch Frankreich und Großbritannien, Russland und Großbritannien, Italien und Frankreich.

Tacitus hat geschrieben:Hätte Deutschland und Ö-U in der Julikrise etwas besser angestellt und sich ebenfalls mit Italien abgesprochen, hätte Italien sich vielleicht nicht neutral verhalten und wäre auf der Seiten der Mittelmächte gewesen.


Ich glaube alle hätten sich besser anstellen können um den Krieg abzuwenden, unbenommen Deutschland an erster Stelle.

Tacitus hat geschrieben:Immerhin hat Italien Ö-U nach dem Austritt aus dem Dreibund einige Wochen Zeit zur Vorbereitung gelassen. Es war 1915 ja nicht so, dass Italien direkt nach dem Rücktritt aus dem Dreibund die Kriegserklärung ausgesprochen hatte. Dadurch konnten schon am Tag der Kriegserklärungen durch Italien auch reguläre k.u.k.-Truppen in den Julischen Alpen Stellungen beziehen.


Würde mal gerne wissen woher die regulären k.u.k Truppen kommen sollten diese breite Front abzudecken. Vielleicht aus den Klontanks von Kamino. ;)

In den Kasernen waren maximal noch einige Ausbildungskompanien und die üblichen Stäbe. Nachdem das Heer der Doppelmonarchie über eine Million Mann verloren hatte, in Serbien und an der Ostfront gegen Russland, standen da wohl kaum große Reserven bereit Day One "Stellung zu beziehen".

Tacitus hat geschrieben:Zum Gelände:
Ich glaube, ihr unterschätzt wie Italien den Geländevorteil für die Verteidiger. Da konnte der Angrreifer noch so frische, überlegene und spezialisierte Truppen ins Feld führen, bei der damiligen Militärtechnik war der Verteidiger immer massiv im Vorteil. Im Gebirge ist dieser Vorteil nochmal deutlich ehrheblicher. Zumal die Artillerie für den Angreifer im Gebirge noch weniger Effizient ist. Man könnte genauso Fragen, wieso Ö-U 1914 es nicht geschafft hat das unterlegene Serbien zu besiegen. Weil die Serben ebenfalls den Geländevorteil auf ihrer Seite hatten (und durch massive Fehleinschätzungen und -planungen auf Seiten von Ö-U). Nur konnte Serbien ihre Verteidungen im Gegensatz zur Ö-U nicht weiter verstärken, wodurch es dann doch noch zum Durchbruch kam.


Also wenn dann unterschätze ich das Gelände, Stratege hat dessen Bedeutung ähnlich hervorgehoben, wie Du es gerade tust. Und niemand bestreitet das, dennoch kann man weiterhin den Einwand erheben das allen Widrigkeiten zu trotz, zum großen Teil 3. klassige Landwehreinheiten, nach und nach verstärkt durch abgekämpfte Einheiten aus dem Osten, die in der ersten Zeit kaum über nennenswerte Artillerie verfügten und die nur spärlich einen Kondon an der Grenze bilden, frische, vergleichsweise gut ausgerüsteten Berufssoldaten gegenüberstanden. Darunter die als Eliteeinheiten geltenden Gebirgsjäger Italiens. Und nicht nur das man über die Jahre nahezu auf der Stelle tritt, ohne die Hilfe alliierter Truppen, wäre ein Zusammenbruch wohl unvermeidbar gewesen.

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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon Tacitus » 11. Oktober 2020 00:58

KirKanos hat geschrieben:Ich glaube alle hätten sich besser anstellen können um den Krieg abzuwenden, unbenommen Deutschland an erster Stelle.


Naja, zumindest hätte die Julikrise nicht als Auslöser für den 1 Weltkrieg dienen müssen. Ob der Krieg wirklich verhinderbar gewesen wäre, bezweifle ich irgendwie. Alle europäischen Großmächten wollten diesen und hätten dann einen anderen Anlass gefunden.

KirKanos hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben:Immerhin hat Italien Ö-U nach dem Austritt aus dem Dreibund einige Wochen Zeit zur Vorbereitung gelassen. Es war 1915 ja nicht so, dass Italien direkt nach dem Rücktritt aus dem Dreibund die Kriegserklärung ausgesprochen hatte. Dadurch konnten schon am Tag der Kriegserklärungen durch Italien auch reguläre k.u.k.-Truppen in den Julischen Alpen Stellungen beziehen.


Würde mal gerne wissen woher die regulären k.u.k Truppen kommen sollten diese breite Front abzudecken. Vielleicht aus den Klontanks von Kamino. ;)

In den Kasernen waren maximal noch einige Ausbildungskompanien und die üblichen Stäbe. Nachdem das Heer der Doppelmonarchie über eine Million Mann verloren hatte, in Serbien und an der Ostfront gegen Russland, standen da wohl kaum große Reserven bereit Day One "Stellung zu beziehen".


Laut Wiki kamen Teile davon vom serbischen Frontabschnitt. Dann gab es ja noch den deutschen Alpenkorp der vorallem in Tirol die Front gehalten hat. Diese Männer hatten also schon Erfahrungen wie in diesem modernen Krieg gekämpft wird. Dazu kamen dann noch die Standschützen, die die lokale Gegebenheiten kennen. In dem Gelände wo die anfängliche italienische Überlegenheit nicht voll genutzt werden kann, kann damit eine effiziente Verteidung aufgebaut werden. Zumal gab es in den Alpen auch Bunker/Verteidigungsstellungen, allerdings sollen diese wohl schon veraltet gewesen sein.

KirKanos hat geschrieben:Also wenn dann unterschätze ich das Gelände, Stratege hat dessen Bedeutung ähnlich hervorgehoben, wie Du es gerade tust. Und niemand bestreitet das, dennoch kann man weiterhin den Einwand erheben das allen Widrigkeiten zu trotz, zum großen Teil 3. klassige Landwehreinheiten, nach und nach verstärkt durch abgekämpfte Einheiten aus dem Osten, die in der ersten Zeit kaum über nennenswerte Artillerie verfügten und die nur spärlich einen Kondon an der Grenze bilden, frische, vergleichsweise gut ausgerüsteten Berufssoldaten gegenüberstanden. Darunter die als Eliteeinheiten geltenden Gebirgsjäger Italiens. Und nicht nur das man über die Jahre nahezu auf der Stelle tritt, ohne die Hilfe alliierter Truppen, wäre ein Zusammenbruch wohl unvermeidbar gewesen.


Da hab ich mich wohl verlesen. Dachte da hätte noch einer (nicht Stratege) deine Meinung.

Das is ja die Besonderheit am ersten Weltkrieg. Zu den modernen Verteidigungwaffen fehlten die passenden Offensivwaffen. Und das konnte man nicht unbeding mit Mannstärke ausgleichen - vor allem nicht im Gebirge. Dazu kam noch das die italienischen Soldaten - wie übrigens alle - mit einer veralteten Taktik kämpften: Massenansturm auf befestigte Stellungen. Die "abgekämpften" Soldaten hatte aber diese Erfahrungen schon hinter sich und wussten, wie man in einem Stellungskrieg kämpft.

Ich zitiere mal Wiki:
Bereits in den ersten Wochen zeigte sich, dass die geplanten [italienischen] Operationsziele völlig unrealistisch waren. Dies lag einerseits an dem schwierigen Gelände und mangelnder Artillerie, anderseits jedoch auch an dem völlig erratischen Verhalten des italienischen Oberkommandos, das direkte Frontalangriffe auf massiv eingegrabene Gegner bevorzugte. Dabei wurden die italienischen Soldaten von österreichischen MGs und Artillerie so stark beschossen, dass die Offensiven allesamt bis auf marginale Erfolge wirkungslos zusammenbrachen. Die Österreicher hatten im Gegensatz zu den Italienern schon Kriegserfahrung und wussten wie wichtig eine gut befestigte Stellung und Artillerieüberlegenheit war. Etwas ausgeglichen wurde das durch General Hötzendorf, der wie Cadorna einen Hang zu Massenangriffen mit großen Verlusten hatte und auf dessen Initiative mehrere gescheiterte Offensiven der Österreicher zurückgingen, die dafür sorgten, dass die österreichisch-ungarische Armee bei Kriegsende gerade so fähig war, das eroberte Territorium zu halten.
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Re: Warum versagte Italien so im 2. WK

Beitragvon KirKanos » 11. Oktober 2020 08:53

Tacitus hat geschrieben:Naja, zumindest hätte die Julikrise nicht als Auslöser für den 1 Weltkrieg dienen müssen. Ob der Krieg wirklich verhinderbar gewesen wäre, bezweifle ich irgendwie. Alle europäischen Großmächten wollten diesen und hätten dann einen anderen Anlass gefunden.


Sie wollten ihn und auch nicht. Es gab in jedem Land Fraktionen die auf einen Krieg hinarbeitete, und Fraktionen die ihn verhindern wollte. Aber ich gebe Dir Recht, es war wohl eine Frage der Zeit, auch wenn es lange Zeit gut ging.

Tacitus hat geschrieben:Laut Wiki kamen Teile davon vom serbischen Frontabschnitt. Dann gab es ja noch den deutschen Alpenkorp der vorallem in Tirol die Front gehalten hat. Diese Männer hatten also schon Erfahrungen wie in diesem modernen Krieg gekämpft wird. Dazu kamen dann noch die Standschützen, die die lokale Gegebenheiten kennen. In dem Gelände wo die anfängliche italienische Überlegenheit nicht voll genutzt werden kann, kann damit eine effiziente Verteidung aufgebaut werden. Zumal gab es in den Alpen auch Bunker/Verteidigungsstellungen, allerdings sollen diese wohl schon veraltet gewesen sein.


Klar hatten die Österreicher den Vorteil kampferprobte Truppen in die Schlacht schicken zu können. Italien verfügte aber auch über einige starke Vorteile, die ich in meinen vorherigen Posts aufgelistet habe.


Tacitus hat geschrieben:Da hab ich mich wohl verlesen. Dachte da hätte noch einer (nicht Stratege) deine Meinung.

Das is ja die Besonderheit am ersten Weltkrieg. Zu den modernen Verteidigungwaffen fehlten die passenden Offensivwaffen. Und das konnte man nicht unbeding mit Mannstärke ausgleichen - vor allem nicht im Gebirge. Dazu kam noch das die italienischen Soldaten - wie übrigens alle - mit einer veralteten Taktik kämpften: Massenansturm auf befestigte Stellungen. Die "abgekämpften" Soldaten hatte aber diese Erfahrungen schon hinter sich und wussten, wie man in einem Stellungskrieg kämpft.
.


Und wie es selbst in Wikipedia steht war es eben nicht zuletzt die Führung Italiens die hier schlecht performte. Das der Faktor Feuer im ersten Weltkrieg den Faktor Bewegung und Panzerung überstrahlte ist eine Binsenweisheit. Genauso schafften es gleichwohl Länder wie Deutschland (Stoßtrupptaktik als Vorläufer des "Blitzkrieges") und England (Tanks) Antworten auf diese Entwicklung zu finden. Diese Antworten fand Italien eben nicht. Und das führte zu einer desaströsen Bilanz. Für beide Seiten.