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Imperialer Denkmalbau im 19. Jh.

Verfasst: 18. September 2021 17:40
von Hexenkönig
Weil ich gerade wieder ein wenig durch die Wiki-Seiten der wilhelminischen Gewaltmonumente wie das Kyffhäuserdenkmal, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica und das Völkerschlachtdenkmal geblättert habe, was denkt ihr wie es dazu kam, dass es so einige dieser Großdenkmale für den deutschen Wilhelm I. gibt, jedoch nichts vergleichbares für den österreichischen Franz Joseph I., der ja in vieler Hinsicht das Pendant zu Wilhelm im eigenen Lande war? Wären so oder so auch für ihn keine solchen Bauwerke gekommen, oder reichte einfach die Lebenszeit der Monarchie nicht mehr aus, weil nach einem schrecklichen Weltkrieg die junge kleine Republik verständlicherweise ganz andere Sorgen hatte?
Oder mussten Wilhelms Gefolgsleute etwas kompensieren, das die von Franz Joseph nicht nötig hatten? :strategie_zone_293:

Auf die Schnelle fallen mir auch so überhaupt keine vergleichbaren österreichischen Denkmäler in diesen Dimensionen ein, vielleicht noch das Maria Theresien-Denkmal bei den Staatsmuseen oder die beiden Reiterfiguren am Heldenplatz, aber nein, auch diese drei Sachen sind fast schon zu klein.

Re: Imperialer Denkmalbau im 19. Jh.

Verfasst: 18. September 2021 23:06
von Nightslaver
Dürfte schlicht vorrangig daran liegen das auch die "wilhelminischen Gewaltmonumente" vor dem Hintergrund gesehen werden müssen das sie in einem sehr frisch zum ersten mal als Nationalstaat vereinten Deutschland entstanden sind, das eine gemeinsame / verbindende Geschichte / Vergangenheit und damit auch Nationalität gesucht hat, die so bis dahin nicht bestanden hat und der man dann in Form dieser Monumente einen für alle im Land sichtbaren Ausdruck & einen Eindruck von Größe verleihen wollte.

In Östereich gab es diese Notwendigkeit nicht, da eine verbindende östereichische Nationalität schon wesentlich länger bestanden hat und zum anderen hatte Östereich zu der Zeit nicht die finanziellen Mittel wie Deutschland, das ja u.a. auch noch üpige Reperationen aus dem Deutsch / Französischen Krieg erhalten hatte, die in viele repräsentative Bauten, wie die Museumsinsel in Berlin, oder den Berliner Dom flossen und halt auch solche Monumente wie die "wilhelinischen Gewaltmonumente".

Re: Imperialer Denkmalbau im 19. Jh.

Verfasst: 19. September 2021 07:43
von Il Principe
Auch wurden viele Kaiser Wilhelm Denkmäler im Kontext der erfolgreichen Einigungskriege geplant und erbaut. Generell erinnern Monumente, Statuen, etc. ja oft an Schlachten und Kriege. Ich schätze mal in Österreich hatte man eher wenig Interesse an die vergangenen Niederlagen zu erinnern. Wüsste spontan zumindest keinen Krieg, der unter der Regentschaft Franz Josephs gewonnen wurde (1864 gegen das kleine Dänemark mal abgesehen).

Re: Imperialer Denkmalbau im 19. Jh.

Verfasst: 19. September 2021 17:54
von nordstern
Il Principe hat geschrieben:Auch wurden viele Kaiser Wilhelm Denkmäler im Kontext der erfolgreichen Einigungskriege geplant und erbaut. Generell erinnern Monumente, Statuen, etc. ja oft an Schlachten und Kriege. Ich schätze mal in Österreich hatte man eher wenig Interesse an die vergangenen Niederlagen zu erinnern. Wüsste spontan zumindest keinen Krieg, der unter der Regentschaft Franz Josephs gewonnen wurde (1864 gegen das kleine Dänemark mal abgesehen).


Das stimmt zwar, aber man hätte dann auch Denkmäler vergangener Siege nehmen können um den Nationalstolz und damit die Einigkeit und vielleicht auch die Fähigkeit mal wieder einen Krieg zu gewinnen zu verbessern. Und sein wir ehrlich.. die Österreicher haben gegen Dänemark nicht die entscheidenden Schlachten geführt sondern mehr Flanken und Sicherungsmissionen durchgeführt, während die preußische Armee die direkten Aktionen durchführte. Nichts gegen die österreichische Rolle, aber ihre Aufgabe war einfach undankbar und nicht "Monument"geeignet.

Re: Imperialer Denkmalbau im 19. Jh.

Verfasst: 24. September 2021 18:37
von Stratege
Hexenkönig hat geschrieben:Weil ich gerade wieder ein wenig durch die Wiki-Seiten der wilhelminischen Gewaltmonumente wie das Kyffhäuserdenkmal, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica und das Völkerschlachtdenkmal geblättert habe, was denkt ihr wie es dazu kam, dass es so einige dieser Großdenkmale für den deutschen Wilhelm I. gibt, jedoch nichts vergleichbares für den österreichischen Franz Joseph I., der ja in vieler Hinsicht das Pendant zu Wilhelm im eigenen Lande war? Wären so oder so auch für ihn keine solchen Bauwerke gekommen, oder reichte einfach die Lebenszeit der Monarchie nicht mehr aus, weil nach einem schrecklichen Weltkrieg die junge kleine Republik verständlicherweise ganz andere Sorgen hatte?
Oder mussten Wilhelms Gefolgsleute etwas kompensieren, das die von Franz Joseph nicht nötig hatten? :strategie_zone_293:

Auf die Schnelle fallen mir auch so überhaupt keine vergleichbaren österreichischen Denkmäler in diesen Dimensionen ein, vielleicht noch das Maria Theresien-Denkmal bei den Staatsmuseen oder die beiden Reiterfiguren am Heldenplatz, aber nein, auch diese drei Sachen sind fast schon zu klein.


Naja, mir fallen dazu 2 ganz prophane Annahmen ein:

1. In der Regel geht es gegen den guten Ton sich selbst Denkmäler zu bauen, dass tun gewöhnlich die Machfolgern, aber der alte Franz-Joseph lebte nunmal bis 1916 und da waren die Staatskassen ein wenig leer um irgendwelche Monomente zu errichten, weil man irgendwie gerade dringender Kanonen und Butter brauchte, als Bauklötze.

Dann kommt hinzu, unter Wilhelm I., auch wenn es eher Bismarcks Verdienst war, ist Preußen erstmal tatsächliche Großmacht geworden und Deutschland hat zur staatlichen Einheit gefunden, jedenfalls nach außen hin.
Was hat Österreich unter Franz-Joseph erreicht?
Dessen Herrschaft war doch eigentlich, wenn man an die Niederlage 1859/1860 gegen Frankreich und Sardinien, das gescheiterte Französisch-Habsburgische Mexiko-Abenteuer zu Beginn der 1860er Jahre, den verlorenen Krieg gegen Preußen und Italien, die erfolgte, machtpolitische, faktische Verdrängung aus Italien, die Balkankriege nicht verhindern und auch deren Folgen nicht wirklich eindämmen können und daran , dass es noch unter seiner Herrschaft in den verhängnissvollen Weltkrieg ging, denkt, doch eher eine Zeit außenpolitischer Katastrophen für die Donaumonarchie und der Reformfreudigste Typ, war der Mann jetzt auch nicht.
Auf der Seite der gelungenen Aktionen fanden sich da doch außenpolitisch im wesentlichen 3 Punkte:

1. Ein kurzer erfolgreicher Krieg gegen Dänemark, der den Habsburger kurzzeitig Holstein einbrachte, nur gingen die Früchte dessen ja bereits 2-3 Jahre später im Krieg mit Preußen wieder verloren.
2. 1878 daran mitgewirkt dass die Russen das Osmanische Reich in Europa dann doch nicht komplett zerlegen durften, womit die Balkanproblematik möglicherweise schon früher scharf geworden wäre.
3. 1908 konnte man Bosnien und die Herzegowina annektieren, weil Russland nach der Niederlage im Krieg mit Japan 1904/1905 gerade nicht handlungsfähig war. Ob man sich damit aber einen besonderen Gefallen getan hat, darf man bezweifeln. Finanziell waren diese Gebiete kein Zugewinn, sondern mussten llaufend bezuschusst werden, außenpolitisch richtete dieser schritt, sowohl bei den kleinen Balkanstaaten, als auch betreffend Russland massiven Schaden an.

Re: Imperialer Denkmalbau im 19. Jh.

Verfasst: 26. September 2021 14:54
von Il Principe
Man sollte allerdings noch hinzufügen, dass viele Bauwerke durch private Initiativen und Spenden realisiert wurden. Die jeweiligen staatlichen Organe beschränkten sich manchmal nur noch auf die Genehmigungen. Gerade im Deutschen Kaiserreich sind es die diversen national eingestellten Vereine (Turn-, Militär-, Schützenvereine etc.), die manche Bauvorhaben überhaupt erst anstoßen. Obgleich es den Herrschern natürlich entgegenkommt, wenn man an ruhmreiche Vorgänger erinnert, ist es nicht unbedingt so, dass der Anstoss dazu immer von oben kommt.