Riesige Karten in Fantasy-RPGs trotz kleinem Speicherplatz?

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Riesige Karten in Fantasy-RPGs trotz kleinem Speicherplatz?

Beitragvon Hexenkönig » 25. Juni 2015 15:15

Hi ich hab mir in letzter Zeit Gedanken zu den Größen von einzelnen Karten verschiedener Fantasy-RPGs gemacht.
Dem Trend nach werden die ja immer größer (bestes Beispiel das neueste "The Witcher 3"), wie macht man das als Spieleentwickler, dass man dem Spieler eine gigantische, frei zugängliche offene Welt voller Characktere und riesige Städte ohne Ladezeiten beim Reisen anbieten kann, ohne dabei die Rechenleistung eines normalen PCs zu sprengen bzw. dessen Speicher komplett zu belegen?

Skyrim ist mit 37 km2 Kartengröße ja noch relativ bescheiden im Vergleich zu Witcher 3 (die Zahl 136 km2 konnte ich finden) oder sogar Just Cause 2 (ganze 1000 km2).

Ich weiß, dass es noch größere Welten in Spielen gibt, aber ich rede jetzt ja auch nicht von Online MMORPGs wie WoW oder Ther Lord of the Rings Online (beide auch weit über 50.000 km2) sondern von Single Player Games wie die drei oben genannten mit einer sehr guten 3D-Grafik und vielen verschiedenen Details in der Welt.

Just Cause 2 (ich hab es nie gespielt) ist ja nur ein Shooter und kommt anscheinend mit seiner 1000 km2-Karte aus, aber bei RPGs wie Skyrim oder Witcher 3 kommen ja dann auch noch hunderte kleine Karten für die Innenräume einiger verschiedener Gebäude hinzu!

Wie machen die das also jetzt, dass sie hier derartig den Speicher auf ein paar Dekaden GB reduzieren können? Wäre auf einem normalen PC auch ein Fantasy-RPG auf dem Niveau von Skyrim oder Witcher 3 möglich, das eine gutgefüllte Karte von sagen wir 400 km2 hat oder wär das dann wirklich schon zu groß?

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Re: Riesige Karten in Fantasy-RPGs trotz kleinem Speicherpla

Beitragvon Derc » 25. Juni 2015 16:10

Entwickler hier. Dafür gibt es eine ganze Reihe verschiedene Möglichkeiten. Die geläufigste ist, dass die ganze Welt zwar in einem gemeinsamen sogenannten "Worldspace" befindet, aber immer nur ein kleiner Teil dessen wirklich geladen wird. Die Welt wird also in verschiedene "Blocks" aufgeteilt. Es werden dann nur die Areale geladen, in denen du dich gerade befindest. Alle anderen Areale befinden sich dann in einer vorgeladenen, statischen Variante, die sehr wenig Berechnung benötigt. Näherst du dich diesen Arealen, werden sie dann entsprechend generiert. Mit all ihren Charakteren, Objekten, etc.

Dir ist das sicherlich schon in vielen Spielen aufgefallen. Schau irgendwo ganz weit in die Entfernung und du wirst sehen, wie die Details verschwimmen. In Skyrim sehr deutlich beispielsweise. Just Cause "überspielt" diese Kachelbauart schon besser, aber die Technik ist eigentlich immer die Selbe. Manche Spiele haben auch ganz kurze Ladebalken, wenn du eine Region betrittst oder verlässt. Das erklärt es. Quasi.

Hoffe das war jetzt halbwegs verständlich erklärt. :)
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Re: Riesige Karten in Fantasy-RPGs trotz kleinem Speicherpla

Beitragvon Jaegerfeld » 25. Juni 2015 18:42

Man muss das n der Reggel sogar machen, denn mit zunehmender Größe tun sich informatische Probleme auf.
So werden Koordinaten in 3D Engines gerne mit Fließkommazahlen angegeben. Das hat aber den Nachteil, dass solche Zahlen nur als Kommazahl(Mantisse) mit Exponent gespeichert werden.
Bei wirklich großen Zahlen ist somit zwischen zwei Zahlen ein sehr großer Abstand. Was dann dazu führen würde, dass man z.B. nicht mehr nach Metern auflöst sondern nach hunderten von Metern.

Von daher wird oft in einzelne Areale zerschnitten, die dann dynamisch nachgeladen (und auch wieder verworfen) werden.

Bei der Grafik macht man es sich recht einfach, es wird einfach nur das gerendert, was man auch sehen kann (Im Frustum der Kamera ist). Der Rest existiert gar nicht.Das nennt sich dann Occlusion Culling.

Die Modelle(Polygone) selbst werden in optimierten Datenstrukturen gespeichert (Oktalbaum).

Alles in allem ist das wenig Hexerei und seit Jahren bekannt.

(Willst du Hexerei, so frag John Carmack, der berät Gott in Fragen der 3D Grafik).

Die Größte 3D Umgebung, an der ich bisher(2010) gearbeitet habe, hatte so 200 x 300 km in einer Auflösung von ca. 10 cm.
„Ich schätze mal, das kann jeder Online-Community passieren. Irgendwann stellen die höflichen und vernünftigen Leute fest, dass sie sich in dieser Gruppe nicht mehr aufhalten wollen. Also verschwinden die. Und diejenigen die übrig bleiben, erfahren nur noch die Leute die genau so wie sie drauf sind.“

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Re: Riesige Karten in Fantasy-RPGs trotz kleinem Speicherpla

Beitragvon Hexenkönig » 25. Juni 2015 18:47

Genau diese Prozedur kenne ich schon von Minecraft her, aber interessant, dass das auch bei RPGs angewandt wird, Danke euch beiden bisher. :)
In Minecraft besteht die Welt ja auch aus sogenannten Junks (ich glaub 16x16 Block), die je nach Bedarf geladen oder wieder degeneriert wird, je nachdem wo sich der Spieler gerade in der Welt befindet. Aber bei Minecraft ist es wirklich offensichtlich bzw. gar nicht maskiert, dass vor einem die Welt sich erst noch aufbauen muss, wenn man auf Reisen ist kann man oft ja praktisch dabei zuschauen wie sich die Welt vor einem aufbaut.

@Derc
Dass du Entwickler bist find ich echt interessant! Magst du mir eine PN schicken wo du mir mehr darüber erzählst?

@Jaegerfeld
Bist du etwa auch Entwickler? War das für ein bestimmtes Spiel? Würd mich interessieren, falls du willst würd ich mich über eine PN freuen (nicht um hier vom Thema abzukommen).

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Re: Riesige Karten in Fantasy-RPGs trotz kleinem Speicherpla

Beitragvon Jaegerfeld » 25. Juni 2015 18:57

Ich bin Entwickler(C++ bis Java/.NET) und habe an militärischen Simulationen gearbeitet.
Dort hat man genug Geld um sich näher mit der Technik zu beschäftigen.
Heute bin ich aber ganz brav Scrum Coach (so in der Art Projektleiter - Trainer) bei 'nem großen Retailer in AudiCity :-).
(Und programmier höchstens mal ein VBA Dingens in Excel)

Spieleprogrammierung ist nur noch Hobby.
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Re: Riesige Karten in Fantasy-RPGs trotz kleinem Speicherpla

Beitragvon Homerclon » 25. Juni 2015 19:47

Das man sieht wie die Spielwelt sich langsam vor einem Aufbaut, von schlechter hin zu bester Grafik (je nachdem wie gut die Grafik im Spiel ist), ist nur eine mögliche Variante was passieren kann was eigentlich nicht passieren sollte. Im Idealfall bekommt es der Spieler nämlich nicht mit. Außer ein paar Hinweise wenn man genau hinschaut.

Ein anderes Negativ-Beispiel was passiert wenn dies nicht so gut funktioniert wie vom Programmierer vorgesehen, ist leider Gothic 3.
Es kommt immer wieder zu Ruckler die durch das Nachladen der Weltdaten verursachte werden.
Auf Modernen PCs mit viel RAM und schnellen SSDs sind die Nachladeruckler in Gothich 3 nicht mehr so ausgeprägt, aber noch immer nicht zu verhindern.

Ein Begriff für diese Technik ist "Seamless-World" (Übergangslose Welt).
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