Ein dumpfes, schmerzhaftes Pochen in Katarinas Kopf, weckte sie letztendlich wieder und riss sie unsanft aus ihrem komaartigen Zustand. Mit einem kurzen, mühsamen Stöhnen, hob Katarina langsam die Augenlider an, nur um sie sofort wieder so fest sie konnte zusammenzukneifen. Selbst durch die geschlossenen Vorhänge ihres Zimmers, fielen für ihren Geschmack noch immer viel zu viele todbringende Sonnenstrahlen herein. Katarina, lehnte reglos an der Wand des Eispalastes, die Arme und Beine eng an ihren Körper gezogen und wirkte auf jeden, der sie dort auf dem Bett sitzen sehen würde, wie tot. Das Licht, ließ den hauchdünnen Eispanzer der sie umschloss glitzern und verlieh ihr etwas übernatürliches, ein magisches Strahlen, welches sie sonst so sehr liebte und das sie im Moment ausnahmsweise einmal wenig interessierte. Wichtig war nur, dass das Eis die Prinzessin schützend umschlossen hielt und jetzt langsam begann zu schmelzen, je wacher sie wurde, je mehr sie aus diesem wundervollen Zustand des Vergessens zurück in die richtige Welt gerissen wurde. Als langsam Katarinas Sinne zurückkehrten, bemerkte sie, dass das nervtötende Pochen nicht bloß in ihrem Kopf erklang und anscheinend keine bloße Nebenwirkung ihres Zaubers war. Es stand tatsächlich jemand vor der Tür und wagte es sie zu belästigen. Wenn die Eishexe es in diesem Moment geschafft hätte sich zu bewegen, sie hätte sofort einen vernichtenden Zauber in Richtung Tür geschleudert, aber so gelang es Katarina nur ihren kleinen Finger kurz ruckartig zu bewegen. Der Rest ihres Körpers weigerte sich noch ihren Befehlen zu gehorchen. Nur langsam und zögerlich verschwand die Taubheit aus ihren Gliedmaßen, als das Eis sich immer weiter und weiter zurückzog, um sie wieder freizugeben.
Sie musste vorsichtiger sein, oder eines Tages, würde sie nicht mehr aus diesem magischen Zustand erwachen. Dann würde ihr Herz für immer aufhören zu schlagen und ausgerechnet sie als Eishexe, würde an der Kälte zugrunde gehen, die sie so sehr vergötterte. Am besten wäre es natürlich, wenn sie endlich wieder normal schlafen könnte, ohne diese magische Unterstützung. Der Kälteschlaf, brachte Katarina keine echte Erholung, keinen wirklichen Schlaf, nach dem sie sich sehnte. Im Gegenteil, es laugte sie nur noch mehr aus und zehrte an ihren ohnehin ständig schwindenden Kräften. Doch ohne die Kälte, gelang es Katarina kaum noch wenigstens so eine Art Schlaf zu finden. Immer, wenn sie die Augen schloss, befand sie sich wieder im imperialen Altdorf, in den Quartieren der Stadtwachen und wurde von ihrer eigenen Hilflosigkeit überrannt, während sie verzweifelt versuchte todbringende Zauber zu wirken. Wenn sie damals ihre Magie hätte einsetzen können, sie hätte jeden Einzelnen, der es wagte sie auch nur zu berühren ohne zu zögern ausgelöscht. Sie hätte die ganze verfluchte imperiale Hauptstadt in eine leblose Wüste aus glitzerndem Eis verwandelt und diesen Ort gereinigt. Doch dazu war sie nicht in der Lage gewesen. So schlimm diese Tage in den Kerkern auch waren, die zwei nächsten Jahre ihrer Gefangenschaft, wurden nicht viel besser, aber daran wollte sie erst recht nicht denken und man ließ ihr, so wie es aussah, auch keine Zeit in Selbstmitleid zu versinken.
Das Klopfen wurde immer lauter. Ihr ungebetener Gast plante anscheinend nicht in nächster Zeit von alleine zu verschwinden. Langsam kroch Katarina von dem Bett herunter und hielt sich mühsam auf den Beinen. Nach jeder Bewegung, fiel es ihr etwas leichter ihren Körper wieder zu spüren, auch wenn es sich noch immer anfühlte, als würde sie sich in Zeitlupe vorwärts bewegen. Sie beeilte sich, um endlich dieses Pochen zu beenden und denjenigen der es wagte sie zu stören so schnell wie möglich zu verjagen. Katarina riss die Tür auf und wäre dabei beinahe nach hinten umgekippt. Nur mit viel Anstrengung, gelang es ihr, sich auf den Beinen zu halten und gegen die offene Tür zu lehnen. Als sie sah wer im Türrahmen stand, wünschte sie sich sofort, den Eingang mit einigen tödlichen Fallen versehen zu haben. Ein gut gelaunter Ivan stand vor ihr und schien sich nicht groß darum zu kümmern, dass er vollkommen unerwünscht war. Stattdessen, begann er sofort mit einem nervtötenden Enthusiasmus auf sie einzureden.
„Oh gut, du bist doch da. Ich dachte schon, du wärst irgendwo in der Stadt unter...“ Ivan brach ab, als er sie genauer betrachtete und an seinem Blick konnte sie leicht erkennen, dass sie wohl auch genauso aussah, wie sie sich gerade fühlte. Vor allem an ihren Haaren blieben seine Augen eine Weile hängen. In dem braunen, wirren Gestrüpp, funkelten noch immer Eisstücke. Es verlieh ihr im Moment ausnahmsweise einmal nichts mystisches oder geheimnisvolles, sondern sah nur schrecklich aus. „Du siehst furchtbar aus. Bist du etwa mitten im Palast in einen Hagelsturm geraten?“
„Was willst du hier am frühen Morgen?“ fragte Katarina schroff und versuchte nicht allzu sehr zu lallen. Ihre Zunge wollte noch nicht machen, was sie verlangte und ihr ganzer Körper fühlte sich weiterhin taub an. Sie würde eine Weile brauchen, bis sie sich wieder normal fühlte. Müde stolperte Katarina einen Schritt zur Seite und ignorierte seine leicht spöttische Bemerkung über ihre Erscheinung, sie wollte lieber gar nicht erst wissen wie sie im Moment aussah, auch wenn sie leider in den Eiswänden des Palastes ihr Spiegelbild sehen konnte und sich zum ersten Mal wirklich vorkam wie eine Hexe. Selbst Baba Jaga würde vor ihr davonrennen.
„Morgen? Es ist Nachmittag!“ rief Ivan, was Katarina schmerzhaft zusammenzucken ließ, während sie sich genervt den Kopf hielt. Tat er das etwa mit Absicht, nur um sie zu quälen? Wenn ja, dann funktionierte es wirklich gut. „Die Sonne geht bald unter.“
„Tatsächlich? Gut, dann kann sie mich nicht mehr umbringen und fertig machen.“ erklang ihre Antwort murrend und fast zu leise um sie zu verstehen.
„Was ist los mit dir, Katarina? Bist du krank? Du siehst jedenfalls so aus.“ auch wenn er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, konnte man seine Besorgnis deutlich heraushören.
„Nichts. Kannst du nicht sehen, dass es mir großartig geht? Was ist falsch daran, wenn ich erst kurz vor Sonnenuntergang aufstehe? Hat der Zar keine anderen Dinge, um die er sich kümmern kann als meine Schlafgewohnheiten zu kritisieren?“
„Ah, ich glaube ich weiß genau wo dein Problem liegt.“ ein wissendes Grinsen stahl sich auf Ivans Lippen, für dass sie ihm am liebsten den Hals umdrehen würde, auch wenn er es nicht bösartig meinte. Trotzdem, sie war im Moment sicher nicht in der richtigen Laune für schlechte Scherze. „Du warst die ganze Nacht mit einem deiner zahlreichen Verehrer unterwegs, richtig? Sag aber bitte vorher Bescheid, wenn du jemanden findest, den du für eine angemessene Partie hältst. Unsere Familie, hat sich im Laufe der Geschichte viele einflussreiche Feinde unter den Bojaren und Adeligen des Landes gemacht. Es ist am besten, nicht irgendeinen dahergelaufenen Schönling zu heiraten, der dann am Ende nur von Innen heraus unseren Untergang plant.“
„Was redest du da für einen Unsinn?“ fragte sie und starrte ihn verwirrt an.
„Nichts, gar nichts. Ich finde nur, wer die ganze Nacht versucht arme Bojaren um den Finger zu wickeln, sollte sich nicht wundern, wenn ihm am nächsten Morgen der Schädel dröhnt.“
„Schön, wenn du meinst.“ Katarinas Finger verkrallten sich weiter in der Tür, als sie sich noch immer erschöpft daran festklammerte. Wollte er sich über sie lustig machen? Dafür hätte er sich keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können. „Warum bist du hier und unternimmst alles Menschenmögliche, um meine Kopfschmerzen noch zu verschlimmern? Worin du übrigens sehr erfolgreich bist.“
„Eine Streitmacht, unter dem Banner Nurgles, ist in den Norden Kislevs eingefallen.“ begann Ivan beiläufig und desinteressiert. Er hätte lieber weiter über andere Dinge geredet, sah aber ein, dass Katarina vielleicht nicht in der richtigen Stimmung für eine kleine Plauderei war. „Wir haben sie erst bemerkt als es schon zu spät war. Ostrosk, eine kleine Burg direkt am Norscagebirge, ist gefallen und über 5000 wild gewordene Irre, marschieren jetzt ungehindert durch unser Reich. Zum Glück, sind sie bisher nicht weiter nach Süden marschiert, also bleibt uns vielleicht noch Zeit sie abzufangen, bevor der Seuchengott das halbe Land ausradiert. Ich habe bereits Kajetan angewiesen die Truppen in der Hauptstadt in Marschbereitschaft zu versetzen. Die Garnison von Ostrosk war alles, was den Norden verteidigte, wir müssen uns also beeilen.“
„Nurgle?“ fragte Katarina langsam nach und kam sich unglaublich dumm vor bei dieser Frage, aber sie hatte gerade Schwierigkeiten ihrem Bruder schnell genug zu folgen. Es dauerte eine Weile bis ihr gefrorenes Hirn die Informationen verarbeitete, vor allem da er viel zu viel redete. Hätte er nicht auch nur einen Satz sagen können um ihr das mitzuteilen? Jedes sinnlose Wort, dass er im Moment von sich gab, verstärkte nur noch ihren überwältigenden Drang ihn augenblicklich in Stücke zu reißen. Ein einfaches ´wir werden angegriffen` hätte ihr auch gereicht.
„Das sagte ich gerade. Bist du überhaupt schon wach?“
„Leider ja.“ seufzte sie müde. Nurgle. Warum ausgerechnet Nurgle? Jeder andere Chaosgott wäre ihr tausendmal lieber. Sie hasste ihn, vermutlich sogar noch mehr als Ivan. Wenn es gegen den wandelnden Haufen Schleim und Müll ging, stand sie ausnahmsweise sogar einmal wirklich an seiner Seite, mehr oder weniger. Immerhin stand der Seuchengott für alles was sie verabscheute.
„Das rechtfertigt alles noch lange nicht mich aufzuwecken. Siehst du nicht wie müde ich bin? Wenn du das noch ein einziges mal machst, wird es dir leid tun.“ fügte sie hinzu.
„Ich werde es wieder gut machen dich gestört zu haben, versprochen.“ antwortete Ivan leichthin und tat ihre Drohung als harmlose Stichelei ab, womit er wie immer falsch lag.
„Was auch immer. Hättest du nicht irgendeinen Diener schicken können, um mir das mitzuteilen?“ murmelte Katarina, noch immer vollkommen neben sich und überfordert mit der Situation so früh am Nachmittag. Sollte er halt seine Schlachten schlagen ohne sie zu stören, nicht ihr Reich wurde gerade von Wahnsinnigen aufgerollt. Es war nicht ihr Problem. Ihr Problem, war dass sie nicht schlafen konnte.
„Hätte ich, aber ich konnte ja nicht damit rechnen, dass du planst den ganzen Krieg zu verschlafen. Außerdem, wäre mir dann dieser Anblick entgangen und alleine der war den Weg hierher schon mehr als Wert.“ fügte Ivan lächelnd hinzu, als er sah, wie sie sich durch die Haare fuhr und ihr dabei Eiskristalle über die Schultern rieselten.
„Was ist? Warum grinst du so dämlich?“ fragte Katarina verwirrt, während sie irgendwie versuchte diese Katastrophe auf ihrem Kopf zu richten. Als sein Lächeln dabei nur noch breiter wurde, hielt sie in ihren Bemühungen inne und gab resigniert auf. Zornig starrte Katarina ihn an, um zu sehen, ob er sich über sie lustig machte, aber sie konnte in seinen Augen keinerlei Spott entdecken. „Wie kannst du überhaupt so gute Laune haben wenn wir angegriffen werden? Solltest du nicht panisch umher rennen und das halbe Land aus dem Winterschlaf reißen?“
„Der Anblick, hat mich nur an früher erinnert.“ er starrte sie leicht weggetreten an, versunken in Erinnerungen, die sie eigentlich vergessen wollte. „Ich weiß noch, dass du mit deiner Magie immer ein bisschen angeben wolltest, wann immer du konntest und Eis andauernd irgendwie in deine Garderobe eingebunden hast. Zum Beispiel hunderte Eiskristalle die in deinen Haaren funkelten wie ein Sternenmeer oder um dich herum flogen wie ein Schwarm Glühwürmchen. Hast du dir nicht sogar einmal eine Zeit lang Tierohren aus Eis erschaffen und versucht möglichst mystisch auszusehen? Als wärst du irgendeine sagenhafte Kreatur aus den alten Märchen und Sagen.“ er lachte leise, verstummte aber sofort, als er Katarinas bohrenden, eisigen Blick sah. Ernster und mit einem Hauch Neugier fuhr er fort. „Generell, setzt du deine Magie nur noch sehr selten außerhalb des Kampfes ein, Katarina. Um ehrlich zu sein, habe ich bisher kaum etwas davon gesehen, seit du zurück bist. Zumindest zum Neujahrsfest, hatte ich eine beeindruckende Vorstellung erwartet, wie damals, zu ehren von Vaters Sieg über den Schlangenklan. Erinnerst du dich noch an diesen Abend? Ich...“
„Nein.“ antwortete sie schroff. Sie wollte sich nicht daran erinnern, vor allem nicht jetzt. Dieser Abend war so ziemlich ihre letzte gute Erinnerung, sowohl an ihn als auch an Kislev. Wenige Tage später begann ihre Reise nach Altdorf. Wenn sie an die Siegesfeier dachte, zweifelte sie nur wieder an ihrem Racheplan und alles würde sich noch weiter verzögern. Hätte sie damals gewusst was passieren würde, hätte sie Ivan und den Zaren noch am selben Abend in das Reich der Toten befördert. „Und ich bin kein kleines Mädchen mehr, dass sich einen Spaß daraus macht, seine Kräfte für lächerliche Spielereien zu vergeuden. Ich setze sie ein, wenn ich sie unbedingt brauche und nicht um jemanden zu beeindrucken. Magie ist kein Spielzeug. Immerhin das habe ich von den Magiern des Imperiums gelernt, auch wenn sie mir sonst nicht viel beibringen konnten.“
„Das ist sehr schade. Ich habe deine Eismagie vermisst. Sie ist einmalig, vor allem verglichen mit dem was die Magier zustande bringen. Sicher, dass du nicht doch wieder Lust verspürst mit ein paar Zaubern um dich zu werfen?“ versuchte er es noch einmal voller Hoffnung und klang dabei fast schon wie ein kleines, quengeliges Kind.
„Sehr sicher.“ lautete Katarinas unerbittliche Antwort. Was sollte dieses unnütze Gerede über die angeblich so guten alten Zeiten? Ihre Erinnerungen an die alles vor der Zeit in Altdorf waren nichts weiter als schemenhafte Schatten, die mehr und mehr verblassten. „Warum bist du eigentlich wirklich hier? Nur um mir zu sagen, dass ein Haufen verwesender Irrer auf uns zu marschiert? Das hätte ich auch von alleine irgendwann erfahren, spätestens, wenn sie vor den Mauern stehen, dann hätte ich sie nämlich riechen können. Es heißt der Geruch eines Nurglechampions kann selbst Tote aufwecken, da hätte es sicher auch für mich gereicht.“
„Wer konnte auch ahnen, dass du mitten am Tag schläfst? Ich bin jedenfalls unterwegs zu einem Treffen mit meinem Militärstab oder zumindest mit den Mitgliedern die im Moment in der Hauptstadt versammelt sind. Der imperiale Botschafter und dieser Zwerg, mit dem du dich so gut verstehst, werden auch da sein, um ihre Erfahrungen im Kampf gegen die Champions des Chaos beizusteuern. Ich hätte dich gerne dabei.“
„Großartig. Und was genau, soll ich deiner Meinung nach zu dieser illustren Runde beitragen? Eine hübsche Skulptur aus Eis anfertigen, die eure heldenhafte Versammlung zeigt?“
„Kein Grund schnippisch zu werden und deine schlechte Laune an mir auszulassen. Ich brauche dich, für das was kommen wird. Dich und deine Männer. Ich habe beschlossen dich für diesen Feldzug zum Anführer der Kavallerie zu ernennen. Wenn du dich so gut schlägst wie erwartet, wirst du auch in zukünftigen Feldzügen an meiner Seite reiten, falls du willst.“
„Das ist sehr...“ Katarina legte eine kurze Pause ein, um nichts falsches zu sagen. Das erste Wort was ihr einfiel, war ´unverschämt` gefolgt von einem gefauchten ´stirb doch einfach` aber nichts davon sprach sie im Moment laut aus. „großzügig. Nur eine Frage: Warum? Kajetan war während der letzten Feldzügen deine rechte Hand und ich dachte, dabei würde es auch bleiben. Immerhin ist er unser bester Krieger.“
„Du bist eine Bokha. Reiten und Kämpfen liegen dir im Blut. Ich bin sicher du wirst dich gut schlagen und mich nicht enttäuschen. Es ist der zweithöchste Rang, den du in der kislevitischen Armee innehaben kannst. Außerdem, ist es das was dir rechtmäßig zusteht. Ich war als Prinz auch Befehlshaber der Reiter und Husarenregimenter, also steht es dir als Prinzessin auch zu.“
„Was mir zusteht?“ Wollte er sie unbedingt beleidigen? Wenn ja, dann gelang ihm das ziemlich gut. Ihr stand so viel mehr zu als ein paar Husarenregimenter anzuführen und Ivans Laufburschen zu spielen. Sie sollte auf dem Thron sitzen! Jeder war davon ausgegangen, dass die Bojaren sie eines Tages auserwählen würden. Sie, die große Magierin, Kriegerin und Zarin und nicht ihn. Früher, war sie in allem besser gewesen als er und das obwohl Ivan zwei Jahre älter war. Katarina riss sich zusammen und vertrieb diese Gedanken vorerst wieder aus ihrem Kopf und versuchte nicht zu verbittert zu klingen als sie fort fuhr. „Ja. Ja, ich denke das ist richtig. Es steht mir wirklich zu, nehme ich an.“
„Das nimmst du nur an?“ fragte Ivan verwundert über ihr zurückhaltendes Verhalten. Er hatte damit gerechnet, ihr damit endlich mal eine Reaktion zu entlocken und vielleicht sogar kurz ihre abweisende Haltung aufzulösen. „Natürlich steht es dir zu. Du hast gegen die Orks großartige Arbeit geleistet und noch viel wichtiger, im Gegensatz zu Kajetan, kann man dir vertrauen. Mir läuft es immer kalt den Rücken herunter wenn ich ihn sehe. Er ist ein Krieger und kämpfen kann er auch ohne diesen Titel.“
„Ich werde noch ein bisschen Zeit brauchen, um mich fertig zu machen. Wenn du willst kannst du warten, aber ich denke, ich finde den Weg zum Thronsaal auch alleine.“
„Es wird mich nicht umbringen zu warten und ich finde es sieht schon gar nicht mehr so schlimm...“ begann Ivan bemüht, wenn auch erfolglos, denn noch ehe er ausreden konnte, flog ihm die Tür vor der Nase zu. Hätte jemand anderes ihn so behandelt, hätte das schwerwiegende Konsequenzen nach sich gezogen. Er war immerhin der Zar und theoretisch, sollte selbst die Prinzessin von Erengrad ihm Respekt zollen und Ehrerbietung entgegenbringen. Doch anstatt wütend zu werden oder beleidigt zu reagieren, musste Ivan gegen seinen Willen anfangen zu Lächeln. Er hatte bisher kaum eine Gelegenheit gehabt sich mit ihr zu unterhalten, aber ihm war damals ein Stein vom Herzen gefallen, als er sie gesund und munter vor sich stehen sah. Er wünschte sich nur, sie würde genauso Lächeln wie früher. Zwar lächelte Katarina ab und zu, aber es wirkte immer ein wenig unheimlich und aufgesetzt, auch wenn sie sich Mühe gab es zu verbergen. Ivan lehnte sich an die Wand neben der Tür und wartete seelenruhig. Es war sein Kriegsrat, sie würden nicht ohne ihn anfangen.
Kurze Zeit später, gingen sie nebeneinander durch die Flure des Eispalastes und schwiegen einander an. Ivan versuchte in Gedanken nach irgendeinem Gesprächsthema zu suchen, mit dem er sie nicht wieder reizte, aber ihm fiel nichts ein.
„Warum lebst du eigentlich noch immer in deinen alten Gemächern?“ versuchte, zu ihrem eigenen Erstaunen, ausgerechnet Katarina das Schweigen zu brechen. Sie wollte nicht vollkommen verschlafen im Thronsaal erscheinen und mit ihm zu reden, würde sie hoffentlich endlich ganz aufwecken. Mit etwas Glück, sagte er wieder irgendetwas Dummes dass sie aufregte und gleichzeitig auch aufweckte. „Ich weiß, dass du noch immer im Westflügel, in den Prinzengemächern, wohnst und das obwohl du schon seit fast einem Jahr Zar bist. Stehen Vaters Zimmer die ganze Zeit über leer?“
„Ich weiß nicht wovon du redest. Aber was ist mit dir?“ wich Ivan einer Antwort rasch aus und bemühte sich möglichst anklagend zu klingen, um sie von diesem Thema abzubringen. Außerdem, ging es sowieso um eine Frage, die er sich schon seit ihrer Rückkehr stellte. Sie hatte sich ohne zu zögern den einzigen Teil des Palastes genommen, der ihr selbst als Prinzessin von Erengrad nicht zustand. Ein weniger geduldiger Zar, hätte sie schon längst dort rauswerfen lassen. „Die Wahl deiner Gemächer ist nicht weniger verwunderlich, um ehrlich zu sein für manche schon fast ein wenig...nun wie soll ich es ausdrücken? Bedenklich ist vielleicht das richtige Wort, obwohl ´beunruhigend` auch passen würde. Wie auch immer, alleine damit hast du schon genug Aufsehen erregt, zumindest unter dem Adel Kislevs.“
„Was meinst du damit? Gibt es ein Problem mit meinen Zimmern? Dort spukt es doch nicht etwa, oder?“ fragte Katarina unschuldig, obwohl sie natürlich ahnte worauf er hinaus wollte.
„Du weißt ganz genau worauf ich hinaus will. Es sind die Gemächer der Zarin.“
„Was ist falsch daran?“ Natürlich waren es die Gemächer der Zarin, setzte sie in Gedanken nach. Es waren die einzigen, die ihrer würdig waren, dazu kam, dass sie diese Räumlichkeiten damals brauchte. Als sie vor einigen Monaten in Kislev ankam, besaß sie nichts weiter als ein halbwegs hübsches Kleid und ein Pferd. Beides gestohlen. Zwar erhielt sie als Prinzessin von Erengrad nach einer Weile genug Gold um das zu ändern, aber das hatte gedauert. Bis dahin, benutzte sie die ersten Tage noch die Garderobe ihrer Mutter. Außerdem standen ihr ganz genau diese Gemächer zu und keine anderen. Auch wenn es vielleicht etwas übertrieben war, sämtliche Bediensteten so sehr zu verschrecken, dass sich niemand mehr in diesen Teil des Palastes traute. Niemand, außer diese verfluchte Imperiale aus Ostland, die eines der Zimmer bewohnte und wegen der Katarina hier nicht alles in eisige Kälte einhüllen konnte.
„Nichts. Ich habe dir nach deiner Ankunft angeboten, dass du dir deine Räumlichkeiten im Palast selber aussuchen darfst. Allerdings kannst du dort nicht ewig bleiben. Sollte ich heiraten, müsste ich dich dort vertreiben.“
„Du weichst meiner Frage noch immer aus.“ versuchte jetzt Katarina ihrerseits vom Thema abzulenken. Er würde nicht mehr lange genug Leben, um sie aus diesem Teil des Palastes zu verjagen und zu heiraten. Sie musste nur noch eine Möglichkeit finden ihn loszuwerden, ohne einen handfesten Bürgerkrieg loszutreten, der die Konföderation endgültig zerreißen würde. Mit einem zersplitterten und ausgebluteten Reich, konnte sie keine Invasion starten. „Warum meidest du seine Gemächer? Ist etwas zwischen dir und Vater vorgefallen, während ich weg war?“
„Wie kommst du auf diesen absurden Gedanken? Nur weil ich meine eigenen Gemächer gemütlicher finde? Ich habe mich an sie gewöhnt.“
„Ich habe dich in der Schlacht gesehen. Du benutzt seinen Speer nicht, obwohl Splitterklinge die mächtigste Waffe von ganz Kislev ist und jeden Feind auf der Stelle in einen nutzlosen Block Eis verwandeln kann.“ fuhr Katarina ohne Gnade fort und ohne sich abwimmeln zu lassen. Wenn er ihr unangenehme Fragen stellen konnte, dann konnte sie das schon lange. „Du kämpfst mit einem gewöhnlichen Sarrass, als wärst du einer der Husaren, anstatt die uralte magische Waffe der Bokha vor dir herzutragen und dabei vor lauter Stolz zu platzen.“
„Und worauf sollte ich deiner Meinung nach so stolz sein?“ murmelte Ivan mit einem Anflug von Ärger. Endlich hatte sie ein Thema gefunden mit dem sie ihn nerven konnte. Wurde auch Zeit den Spieß einmal umzudrehen, dachte sie voller Genugtuung.
„Ich weiß nicht genau. Darauf Zar zu sein vielleicht?“ versuchte Katarina es mit der Offensichtlichen Antwort.
„Du meinst, darauf ein Zar zu sein, der nur herrschen darf, weil man dich weggeschickt hat?“ fragte Ivan zynisch und wich ihrem fragenden Blick aus. „Ja, ich bin unglaublich stolz darauf zweite Wahl zu sein.“
Katarina blinzelte verwirrt. Mit so einer Antwort, hatte sie nicht unbedingt gerechnet. „Keine Angst, ich bin nicht...“
„Es gibt wichtigere Dinge zu besprechen als das.“ unterbrach sie Ivan mit einer für ihn ungewöhnlich schroffen Art. Sie musste einen Nerv getroffen haben, dachte Katarina zufrieden mich sich selbst. Anscheinend war das Verhältnis zwischen Ivan und ihrem Vater auch alles andere als perfekt gewesen. Sicher nicht ganz so schlecht wie zwischen ihr und dem toten Zar, aber immerhin etwas. Während sie sich noch zufrieden in ihrem kleinen, unbedeutenden Sieg sonnte, sprach Ivan weiter und seine Worte rissen sie sofort wieder zurück ins Hier und Jetzt. Sie erinnerten Katarina daran, dass Ivan noch immer ihr Feind war. „Zum Beispiel die Gesellschaft, in der du dich neuerdings aufhältst.“
„Gesellschaft? Ich habe keine Ahnung wovon du redest, aber es ist ein guter Versuch, um von dir selbst abzulenken.“ erwiderte Katarina spöttisch, sollte er seine kleinen, unwichtigen Geheimnisse halt behalten. Viel wichtiger war im Moment, dass er sich nicht in ihre einmischte. „Also, in was für einer Gesellschaft halte ich mich denn in letzter Zeit auf? Oder um es anders zu fragen, seit wann hat es dich zu interessieren, mit wem ich mich treffe? Du sitzt vielleicht auf dem Thron, aber du bist nicht mein Vater.“
„Ach ich bitte dich, Katarina, du weißt ganz genau was ich meine. Denkst du etwa, ich bin vollkommen blind in meiner eigenen Stadt? Es stimmt zwar, dass ich nicht viel übrig habe für politische Ränkespielchen, aber selbst ich merke, wenn etwas vor sich geht. Die Tscheka ist sehr...beunruhigt, wenn es um deine neuen Freunde geht und ich auch um ehrlich zu sein.“
„Du hast Vaters Geheimpolizei auf mich angesetzt!?“ fuhr in Katarina empört an, hauptsächlich, um hinter der Maske aus Empörung ihre wahren Gefühle zu verstecken und sich nicht anmerken zu lassen, wie ertappt sie sich gerade vorkam. Es war vielleicht etwas naiv von ihr gewesen anzunehmen dass Ivans Naivität dafür sorgte, dass sie mit allem was sie tat durchkam. Sollte er Verdacht geschöpft haben? Besonders heimlich ging sie immerhin nicht vor. Bis eben, hatte sie auch keinerlei Notwendigkeit darin gesehen, immerhin schien der Zar sich nicht für ihre Aktivitäten zu interessieren. Dachte sie zumindest.
„Meine Geheimpolizei.“ korrigierte sie Ivan ruhig, ohne sich von ihrem kleinen Ausbruch beeindrucken zu lassen. Sie sollte froh sein, dass er damit zu ihr kam. Ein paranoiderer Zar, hätte sie schon längst in die Kerker werfen lassen. Genauso gelassen sprach er weiter. „Und nein, das habe ich nicht. Aber sie beobachten die Leute, mit denen du dich in letzter Zeit immer häufiger triffst und genau diese Leute, lassen meine Männer nervös werden. Fanatische Anhänger der Ursunkulte, Kriegstreiber und Unruhestifter unter den Bojaren, alter Gospodariadel. Aus diesem Grund, hat Kommissar Pashenko angeordnet dich ebenfalls beobachten zu lassen. In den Tempeln Ursuns im ganzen Land wird dein Name gepriesen. Es heißt, du wärst die seit 1000 Jahren verschollene und lang erwartete Königin, Miska. Reinkarnation unserer größten Anführerin und ihre Erbin. Gekommen um zu beenden, was sie einst begann.“
„Und was wäre das?“ erklang Katarinas Antwort beinahe schon zischend. Wenn er das alles schon die ganze Zeit wusste, warum versuchte er dann nicht sie einzusperren? Nicht, dass es ihm ohne sämtliche Magier des Landes jemals gelingen würde, aber sie hätte erwartet, dass er es wenigstens versuchte.
„Die Invasion des Imperiums.“ enthüllte Ivan, als wäre es das normalste auf der Welt und sie redeten gerade ein wenig über das Wetter. Katarina dagegen musste sich zusammenreißen um ihre Maske aus reiner Gleichgültigkeit aufrecht zu erhalten und sich nichts anmerken zu lassen. „In der Schlacht der Säbel gewann sie die Kontrolle über einen Großteil der Ostmark, doch konnte aufgrund der Bedrohung durch das Chaos nicht weiter vorstoßen. Und dann, ist sie verschwunden. Aber das weißt du ja alles selbst.“
„Ich kenne die Geschichten.“
„Dann kannst du mir sicher auch eine Frage beantworten. Warum, triffst du dich mit diesen Leuten? Sie sind unsere Feinde. Sie arbeiten gegen mich, dich und ganz Kislev mit ihren seltsamen Wahnvorstellungen. Wieso lässt du zu, dass sie dich vergöttern und als ihre Heldin feiern?“
„Ist das nicht offensichtlich? Sie würden im Moment niemals für dich in die Schlacht ziehen und selbst wenn sie es täten, würden sie die ganze Zeit versuchen dich zu sabotieren oder sogar zu töten. Doch wenn sie meine Männer werden, kämpfe, sie für mich und ich, folge dir. So kämpfen sie immerhin für dich und nicht gegen dich, auch wenn sie es nicht einmal merken. Sie...“ verwirrt brach Katarina ab, als Ivan neben ihr plötzlich anfing zu Lachen. Sie ballte die Fäuste, weil er ihre Worte anscheinend vollkommen lächerlich fand. Wollte er so gerne noch heute sterben? Sie wusste, dass ihre Ausrede nicht besonders einfallsreich oder glaubhaft war, aber das gab ihm noch keinen Grund sie auszulachen. „Was? Was ist? Warum lachst du?“
„Weißt du noch, was Vater gerne über die Politik der kislevitischen Konföderation zu sagen pflegte?“ fragte Ivan und sein Lachen verstummte auf der Stelle, während er ihr prüfend in die Augen blickte, was Katarina noch unangenehmer fand als sein Gelächter. „Wenn die Götter der Vernichtung und des Todes von Norden aus gegen Kislev ziehen, um Verderben über die Menschheit zu bringen, werden die Diener, angeblichen Freunde und Untertanen euch den Rücken zukehren. Worte wie Treue und Ehrgefühl, werden nichts mehr bedeuten, sondern nur noch leer und hohl klingen, wie das Gelächter derjenigen, die dem Wahnsinn der Götter verfallen. Wenn alles um euch herum zusammenbricht und droht in den Wogen des Chaos zu versinken, könnt ihr euch nicht auf die Norse oder Ungolen verlassen, genauso wenig wie auf die Hilfe der Imperialen, nicht einmal auf die Gospodari und die Bojaren. Deswegen, wenn der Sturm des Chaos um euch herum tobt und versucht euch zu verschlingen, vertraut niemandem, außer einem anderen Bokha“
„Ich erinnere mich, leider. Das war einer seiner Lieblingssprüche. Er hat es andauernd gesagt. “ Katarina verkniff sich eine zynische Bemerkung zu diesen Worten, die sie beide als Kind so oft hören musste. Wie viel die Familie den Bokha bedeutete, hatte sie am eigenen Leib erfahren als man sie in Altdorf verrotten ließ, nämlich rein gar nichts.
„Ja, das hat er.“ stimmte ihr Ivan zu. Nach einer kurzen Pause, in der er sie noch immer durchdringend ansah und versuchte aus ihr schlau zu werden, gab er es schließlich seufzend auf. Es gelang ihm einfach nicht durch ihre Maske hin durchzublicken, egal wie lange er sie auch anstarrte. „Und deswegen, habe ich der Tscheka auch befohlen, sich aus deinen Angelegenheiten herauszuhalten. Sie werden dich nicht mehr belästigen oder beobachten, sondern dir laut meinen neusten Anweisungen so gut es geht aus dem Weg gehen.
„W-w-was?“ stotterte Katarina voller Überraschung. Wo waren die Wachen, die sie jetzt eigentlich festnehmen sollten? Die magischen Fallen? Das war alles? Er sagte, dass er ihr vertraute und vergaß alles? „Ich meinte...danke.“
„Sieh es als Vertrauensbeweis an, wenn du möchtest.“
„Ich weiß dein Vertrauen zu schätzen und werde dich nicht enttäuschen.“ antwortete sie und versuchte ehrlich zu klingen. Die Anspannung fiel von ihr ab. Warum war er so blind gegenüber allem was sie unternahm? Die Tscheka bestand aus seinen treusten Anhängern. Wenn diese Männer sie für eine Gefahr hielten, dann sollte er als Zar lieber darauf hören. „Nur verstehe ich nicht ganz, warum. Warum solltest du mich einfach so unbeaufsichtigt lassen, wenn ich mich mit deinen Feinden treffe? Jeden anderen Adeligen, hättest du auf der Stelle festnehmen lassen, selbst wenn er dieselbe Geschichte wie ich erzählen würde.“ fragte Katarina voller Verwirrung, auch wenn sie das Thema lieber auf sich beruhen lassen sollte. Sie verstand seine Gedankengänge nicht und konnte sie erst recht nich nachvollziehen.
„Ja, aber du bist nicht jede beliebige Adelige. Du bist ein paar Jahre weg gewesen, aber noch immer eine Bokha und daran wird sich auch niemals etwas ändern. Du wirst deine Gründe haben, für das, was du tust. Was immer du planst, letztendlich kann ich mich darauf verlassen, dass du an meiner Seite stehst. Unser Blut verbindet uns und wird dafür sorgen, dass wir uns gemeinsam gegen die Wogen des Chaos stemmen.“ sagte er voller Überzeugung, die Katarina kurz zusammen zucken ließ.
„Ja, das tut es.“ antwortete Katarina mit belegter Stimme. Er machte es ihr im Moment nicht gerade leicht ihn zu hassen. Es war besser, ihm in Zukunft wieder aus dem Weg zu gehen. Den restlichen Weg zum Thronsaal gingen sie zum Glück schweigend. Als sie endlich in der Halle ankamen, die genau wie der Rest des Palastes aus Eis bestand, fiel Katarina als erstes ein langer Tisch auf, der einige Schritte vom Thron entfernt stand. Ah ja, der Thron war natürlich auch aus Eis. Ihre Vorfahren, hatten bei der Einrichtung des Palastes nicht unbedingt ihre Kreativität unter Beweis gestellt. Andererseits mochte Katarina die spiegelnden Wände und kristallklaren Säulen. Man musste vielleicht eine Eishexe sein, um die wahre Schönheit und Perfektion des Bokhapalastes zu erkennen. Auf dem Tisch, lag eine Karte ausgebreitet und darum, hatten sich drei Männer versammelt, die sie ungeduldig erwarteten. Es waren Hadrin, der Zwergenprinz aus Norsca, Kaspar von Velten, der imperiale Botschafter und Alex, der Bojar von Praag. Ein Zwerg, ein Imperialer und ein Ungole. Das also war Ivans toller Kriegsrat, dachte Katarina spöttisch. Miska drehte sich in diesem Moment in ihrem eisigen Grab um, da war sie sich sicher. In einiger Entfernung, am Rand des Thronsaals, stand eine weitere Gestalt, unbeweglich und ungerührt von ihrer Ankunft starrte er einfach weiter vor sich hin und sah nicht so aus, als wollte er sich in nächster Zeit in Bewegung setzen. Kajetan hielt sich abseits vom Rest auf und versuchte möglichst unbeteiligt zu wirken. Er war ohnehin nicht der große Redner oder Denker. Seine Zeit würde kommen sobald die Schlacht begann und er in seinem Element war, doch jetzt konnte er nichts zu ihrer kleinen Runde beitragen, also hielt er sich bedeckt. Er war erstaunlich gut darin, niemandem mit seiner Anwesenheit zur Last zu fallen, eine Eigenschaft, die Katarina sehr zu schätzen wusste. Vielleicht würde sie ihn nach Ivans Tod sogar behalten, immerhin war er durch seine zahlreichen Siege zu einer Art Held unter den kislevitischen Truppen aufgestiegen. Jemanden wie ihn für sich zu gewinnen, würde ihr sicher nicht schaden. Sie alle grüßten den Zar und zumindest der Botschafter, bemerkte auch Katarinas Anwesenheit.
„Wo ist der Erzmagier?“ fragte Ivan ohne Umschweife in die Runde, während er sich umsah. Vladimir sollte ebenfalls hier sein und an der Beratung teilnehmen.
„Das weiß niemand, ich am allerwenigsten. Diese Magier haben doch eh alle einen Knall.“ murmelte Alex und alles an ihm strahlte schlechte Laune aus. Als einziger Ungole unter den Bojaren und Herr über Praag, musste ihn der Einmarsch in den Steppen von den Anwesenden am härtesten treffen. Jeder wusste zumindest vom Hörensagen her, was die Dämonen Nurgles mit dem Land anrichteten über das sie marschierten. Die Stämme der Ungolen würden noch mehr leiden, was zumindest Katarina nicht weniger interessieren könnte. „Nichts für Ungut, Prinzessin, Ihr stellt natürlich eine Ausnahme dar, aber Eure geschätzten Kollegen, sind oft nicht besonders zuverlässig und ich zweifle ehrlich gesagt an ihrem Nutzen.“
„Ich weiß wovon Ihr redet, Bojar und bin ganz Eurer Meinung. Ich würde sie nicht einmal als meine Kollegen bezeichnen, eher als...“ setzte Katarina zu einer ausgiebigen Rede über den Zustand des Eisordens an, die sie schon oft genug gehalten hatte und trotzdem jederzeit gerne wiederholte.
„Dann fangen wir halt ohne ihn an.“ unterbrach sie Ivan, bevor sie sich noch stundenlang über die Unfähigkeit der kislevitischen Magier auslassen konnte. „Also, wie ist die Lage im Norden?“
Katarina zweifelte daran, dass dieses ganze Theater wirklich notwendig war, aber sie tat trotzdem so als würde sie die Karte ebenfalls interessiert betrachten, um nicht weiter aufzufallen. Konnten sie nicht einfach losmarschieren und diese stinken Dämonen vernichten, ohne diesen Unsinn? Die Prinzessin, unterdrückte einen genervten Seufzer, während sie sich die Karte ansah, die ihr eigentlich nichts neues zeigte. Einige rote Bären standen um die Hauptstadt, im Süden des Landes, herum verteilt und markierten die Hauptstreitmacht der Gospodari und die Truppen des Zaren, genauso wie Katarinas eigene Männer. In Gedanken nahm sie sich fest vor, ihrer stetig wachsenden Privatarmee eigene Farben und ein eigenes Banner zu geben. Mit dem roten Bären der Bokha verband sie nichts mehr, sie musste ihn dringend loswerden, genauso wie alles andere was sie noch an ihre Vergangenheit fesselte. Sie ließ den Blick weiter über den Tisch wandern. Im Norden herrschte komplette Leere, abgesehen von zwei unförmigen Holzblöcken die die Feinde darstellen sollten, eine Horde aus Dämonen und verfaulenden Auserwählten Nurgles. Die Seuchenhüter, würden ganz Kislev Krankheiten und Tod bringen, wenn man sie nicht schnell aufhielt und die Körper der Pestbringer verbrannte.
Am westlichen Rand der Karte, etwa auf derselben Höhe wie Kislev, lag Erengrad. Die reichste Stadt des Landes, schmiegte sich direkt an die Küste der Krallensee und brachte dem Rest der Konföderation den Wohlstand des Imperiums und des Südens. Ein roter Bär lag mitten auf der Hafenstadt, umgeben von einigen Goldenen, die man nicht umgeworfen hatte. Er symbolisierte die Gospodarigarnison der Stadt, die vor einiger Zeit Nahe Böhsenfels gegen die Streitkräfte des Chaos aufgerieben wurde. Damit verteidigten nur noch Anastasia Vilkowas goldene Bären die Stadt und den ganzen Westen. Die kislevitischen Norse konnten dadurch im Moment tun und lassen was immer sie wollten. Gut für sie, schoss es Katarina durch den Kopf, ein Problem mehr mit dem ihr Bruder sich herumschlagen musste und seine Aufmerksamkeit von ihr ablenkte.
„Normalerweise, gelangen die Chaosbarbaren über die Krallensee zu uns oder marschieren an deren Ufer entlang. Dann wären sie in Erengrad gelandet und wären sie durch den nordöstlichen Pass, direkt am Rand der Chaoswüste, gegangen, stünden sie jetzt vor Praag und nicht mitten in der Steppe, wo niemand mit ihnen rechnete.“ versuchte Katarina möglichst früh ihren Beitrag zu der Runde beizusteuern, damit sie während der restlichen Beratung vielleicht etwas Schlaf nachholen konnte.
„Also sind sie durch das Gebirge direkt von Norden gekommen. Wie sind sie durch das Norscagebirge gelangt, ohne dass die Zwerge sie bemerkten?“ wandte Ivan sich an den Zwerg, der sich bei dieser Frage sofort sichtlich unwohl fühlte und nervös durch den schwarzen Bart strich. Sie war mit Hadrin zusammen gereist und normalerweise, ließ er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Vielleicht fühlte er sich auch nur unwohl weil er seine schwere, unpraktische Rüstung nicht trug, da wurde er meistens etwas merkwürdig. „Sollten die nördlichen Wehrstädte nicht die wichtigsten Pässe in der Gegend kontrollieren? Es ist lange her, dass wir wirklich Neuigkeiten über die Größe oder den Zustand von Kraka Drak hörten, aber laut unseren Aufzeichnungen sollte es die gesamte Grenze zur Steppe abdecken.“
„Das tut es.“ pflichtete ihm der Zwerg bei, was ihm einige ungläubige und zweifelnde Blicke einbrachte, woraufhin er sich korrigierte. „Oder sagen wir, das hat es einmal. Möglicherweise, gab es in letzter Zeit einige kleinere...Durchbrüche, der Chaosbarbaren. Ein paar der kleineren Wehrsiedlungen sind gefallen und auch der ein oder andere Pass befindet sich nicht mehr in unseren Händen, soweit ich weiß.“
„Warum wissen wir nichts davon?“ fragte der Zar, verwirrt über das Verhalten ihrer nördlichen Nachbarn. Er hatte nie viel mit den Norscazwergen zu tun gehabt und kannte sich nicht mit ihnen aus, aber dafür mit ´normalen` Vertretern ihres Volkes. Er hatte im Gegensatz zu Katarina den Großteil seiner Kindheit und Jugend in Erengrad und der Gegend um die Hafenstadt verbracht und dort gab es ein Zwergenviertel. „Wenn die Zwerge das Gebirge nicht mehr alleine halten können, dann müssten sie nur eine Nachricht hierher senden und ich würde sie unterstützen. Immerhin liegt die Verteidigung der Pässe auch in unserem Interesse.“
„Weil der Großkönig von Kraka Drak keinen Kontakt zu den Menschen wünscht, genauso wenig wie zu unseren südlichen Verwandten. Er ist ein wenig eigenbrötlerisch und nicht interessiert an allem was aus dem Süden kommt.“ als der Blick des Zaren sich bei diesen Worten verdüsterte, zuckte der Zwerg nur ahnungslos mit den Schultern. Er selber konnte das Verhalten des Großkönigs auch nicht nachvollziehen und die Wehrstadt aus der er kam, profitierte gerne von dem Handel mit dem Süden. „Aber meine Männer und ich sind bereit, uns für dieses Versagen Euren Truppen anzuschließen. Unsere Verwandten haben die Barbaren vielleicht nicht bemerkt oder Euch gewarnt, aber wir werden sie vernichten und es wieder ausgleichen. Außerdem, müssen wir sowieso nach Norden marschieren, um nach Kraka Ravnsvake zurückzukehren.“
„Ich weiß Eure Hilfe zu schätzen, doch wir müssen nach der Schlacht dringend an den Beziehungen und dem Austausch zwischen unseren Reich arbeiten. Es kann nicht sein, dass eine so große Armee einfach durch ganz Kraka Drak marschiert, ohne dass wir etwas davon erfahren.“ damit ließ er vorerst von dem Zwerg ab. Dass die Norscazwerge sie nicht warnten, war eine Unannehmlichkeit, aber nicht der Untergang der Welt. „Wie stehen die Chancen, dass die Anhänger Nurgles nicht einmal lebend durch die Steppe gelangen?“
„Normalerweise, würden die Stämme der Ungolen sich jetzt zusammenschließen und diese Nurgle Bastarde zurück in den Norden jagen. Auf der offenen Steppe sind die langsamen Barbaren unseren wendigen Pferden weit unterlegen. Wir haben das schon oft erlebt wenn Praag fällt und die Feinde von Osten her die Steppen fluten. Nur selten gelingt es dem Chaos uns zu stellen und zu besiegen.“ erklärte der Bojar von Praag, der als einziger Ungole in der kleinen Runde wirklich etwas wissenswertes über die Steppenbewohner beisteuern konnte. „Selbst dann, sind die verbliebenen Angreifer zu schwach, um weiter vorzudringen und ziehen sich in den Norden zurück um ihre Wunden zu lecken. Allerdings...sind die Nomaden weiter nach Westen gezogen, um nicht zwischen die Fronten zu geraten.“
„Alle Stämme?“ fragte Ivan verwundert nach. Es war noch nie vorgekommen, dass sämtliche Ungolen der Steppe sich weigerten zu kämpfen.
„Soweit ich weiß, ja.“ antwortete der Ungole zögerlich. Er wusste nicht, wie sein Zar auf den Unwillen der Steppennomaden reagieren würde. Die meisten von ihnen hassten den Zaren nicht, aber waren auch nicht begeistert darüber ihr Blut für ihn zu vergießen. Sie würden sich aus allem heraushalten, sollten die Gospodari sich um die Verteidigung der Grenzen kümmern wenn sie sich schon als ihre Herren aufspielen wollten.
„Wir hätten andere Möglichkeiten finden müssen, um mit dem Unmut unter den Stämmen fertig zu werden.“ reagierte Ivan ohne Zorn auf diese Nachricht, dafür verfiel er in eine nachdenkliche Stimmung. „Früher, hätten die Stämme sich nicht einfach in den Westen geflüchtet. Sie hätten ihre besten Krieger versammelt und für ihren Zaren gegen die Eindringlinge gekämpft. Ich schätze, im letzten Jahr ist mehr zu Bruch gegangen als nur die Beziehungen zu ein paar der östlichen Ungolenstämme.“
„Es ist wahr, dass unter den Nomadenstämmen die Kämpfe gegen ihre Verwandten im Osten nicht gut ankamen, aber nicht alle Ungolen denken so. Ein nicht gerade kleiner Teil Eurer Truppen, besteht noch immer aus ihnen und sie stehen treu zu Euch. Auch die westlichen Stämme erheben sich nicht gegen Euch.“ Aber sie kämpfen auch nicht für Euch, fügte Alex in Gedanken hinzu. „Zu viele aus meinem Volk, mussten im letzten Jahr ihr Leben lassen als die östlichen Stämme rebellierten.“
„Was auch das einzig richtige war.“ mischte sich Katarina unwirsch ein. Es reichte jetzt auch mit diesem sinnlosen Gerede. Die Ungolen hatten den Krieg gewollt und bekommen was sie verdienten, jetzt sollten sie sich gefälligst zusammenreißen und sich wieder hinter den Gospodari einordnen, anstatt herumzusitzen und ihre Wunden zu lecken. „Du konntest nicht zulassen, dass diese Nomaden und Hinterwäldler dir auf der Nase herumtanzen. Wenigstens sind sie jetzt nicht mehr in der Lage uns in den Rücken zu fallen und erneut zu verraten.“
„Wenn sie zu schwach sind, um gegen mich zu kämpfen, dann sind sie auch zu schwach, um für mich zu kämpfen.“ erwiderte Ivan nachdenklich „Und wenn die Ungolen nicht kämpfen können, steht der Norden unseres gesamten Reiches weit offen, für jeden der ihn sich nehmen möchte. Sie könnten sogar jederzeit bis nach Praag marschieren und die Stadt erobern, ohne dabei wirklich auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Es ist im Moment leichte Beute und es ist entscheidend, dass die Stadt nicht noch einmal in die Hände des Chaos fällt.“ sagte Ivan voller Entschlossenheit. Das letzte Mal als Praag fiel, rebellierten noch mehr Ungolenstämme. Die Stadt galt unter ihnen fast schon als heilig. Es war die älteste Stadt des Landes und schon ihr Zufluchtsort gewesen, lange bevor die Gospodari sie unterwarfen. „Vor allem, muss ich den Ungolen damit zeigen, dass ich sie mit derselben Entschlossenheit verteidige, mit der ich auch zur Rettung der Gospodari eilen würde. Ich muss sie davon überzeugen, dass ich der Zar der Kisleviten bin und nicht nur der Gospodari.“
„Wozu?“ warf eine gelangweilte Katarina ein, nachdem sie sich das viel zu lange anhören musste. Wenigstens war der Botschafter still und starrte nur gedankenverloren vor sich hin, er befand sich gerade weit weit weg von diesem unnützen Gespräch, vermutlich wieder bei seinem genauso unwichtigen Mörder, dachte sie genervt. „Sollen die Ungolen doch vorerst alleine versuchen zu kämpfen. Wir werden ja sehen, wie gut sie sich gegen den Champion schlagen. Vielleicht eilen sogar einige der Nomadenstämme zur Verteidigung von Praag herbei und mit etwas Glück, gewinnen sie sogar. Und falls nicht... nun, falls nicht, ist das auch nicht weiter schlimm. Dann beseitigen wir halt die Reste der feindlichen Armee, nachdem die Ungolen besiegt sind.“
„Wie bitte?“ Ivan starrte sie verwundert und sprachlos an.
„Es sind nur Ungolen. Sie werden dir nicht für deine Hilfe danken, sondern dich bei der nächstbesten Gelegenheit hintergehen, so wie sie es schon immer getan haben. Jeder Ungole, den du heute rettest, wird in ein paar Jahren gegen dich marschieren. Sie sind nicht viel besser als wilde Tiere. Du kannst ihnen etwas zu fressen hinwerfen, aber deswegen werden sie noch lange nicht deine treuen Gefährten und lassen sich den Bauch kraulen. Sie gehen dir trotzdem an die Kehle, sobald dir das Fressen einmal ausgeht oder sie deinen Schutz nicht mehr benötigen.“
„Sie sind Kisleviten und keine Tiere. Du solltest nicht so über unser eigenes Volk reden, Katarina.“
„Unser Volk? Seit wann sind wir Ungolen? Soweit ich weiß, leben wir nicht in stinkenden Zelten, verständigen uns nicht mit Grunzlauten und stoßen unseren Freunden auch keine Speere in den Rücken.“ erwiderte sie, mit einem überheblichen Lächeln in Richtung des Bojaren von Praag, der es für klüger hielt still zu sein, um nicht in Anwesenheit des Zaren ein Mitglied der Bokha zu beleidigen. Dennoch konnte sie erkennen, wie viel Mühe es ihm bereitete sich zurückzuhalten. Ein weiterer Bojar, den sie wohl niemals auf ihre Seite ziehen würde, aber sie konnte auch auf die Hilfe eines zurückgebliebenen Ungolen verzichten.
„Ja, unser Volk. Sie sind Teil der kislevitischen Konföderation, genauso wie du und ich. Es gibt keinen Grund sie anders zu behandeln als die Gospodari oder Norse, immerhin leben wir seit mehr als 1000 Jahren Seite an Seite. Außerdem, sind sie meine Untertanen. Ich bin dazu verpflichtet sie zu beschützen und...“
„Sie haben unseren Vater getötet!“ unterbrach ihn die Eishexe laut und mit einem kalten Lächeln auf den Lippen. „Sie haben ihn als Freunde und Verbündete in den Norden gelockt, ihn mit einem freundlichen Lächeln als Zar gepriesen und dann feige ermordet. Er war ihr Gast, als sie ihn mit seinem eigenen Speer abgestochen haben, und diesen hinterhältigen Kreaturen sollen wir jetzt beistehen? Wozu? Damit sie uns allen eines Tages das gleiche antun können?“
Die restlichen Anwesenden, verfielen in eine Art betretenes Schweigen, während die beiden Bokha sich gegenseitig aufstachelten, reizten und zum erstenmal, seit Katarinas Rückkehr, kurz davor standen sich gegenseitig an die Kehle zu gehen. Ivan meinte diesen Unsinn wirklich ernst. Er würde das Leben seiner besten Krieger riskieren, nur um die Ungolen davon zu überzeugen, dass er bereit war für sie zu kämpfen. Für Katarina, war das einfach nur Wahnsinn, vor allem, da es ihre zukünftigen Krieger waren, die er für die Rettung dieses Abschaums in den Tod schickte.
„Ein Ungole hat ihn ermordet, ein einziger, nicht ihr ganzes Volk.“ Ivans Stimme wurde ungeduldiger, je länger er darüber mit ihr diskutieren musste. Er verstand nicht, wie Katarina so etwas überhaupt sagen konnte. Sie sollte doch wissen, wie schwach und angreifbar die Gospodari wären, wenn sie ganz alleine stünden. „Noch immer marschieren Tausende Ungolen und Norse in den Reihen meiner Armee. Sie kämpfen treu an der Seite der Gospodari, weil sie verstanden haben, dass wir im Angesicht des Chaos nur überleben können, wenn wir zusammenhalten. Wir sind seit so langer Zeit Teil eines Landes und es sind nur Menschen wie die Aufständischen oder deine neuen Freunde, die Frieden in unseren eigenen Reihen noch immer erfolgreich verhindern. Was soll ich deiner Meinung nach sonst unternehmen? Soll ich zusehen wie die einzige Stadt der Ungolen in die Hände des Chaos fällt? Soll ich zusehen, wie sie alle von dem Pestgott ausradiert werden?“
„Sollen sie verrotten! Soll Nurgle sie allesamt verfaulen lassen! Welchen Unterschied macht es für Kislev ob diese Verräter existieren oder nicht? Ich weiß nur eines, wir alle wären sicherer ohne sie.“
„Hör auf so zu tun als würde dich Vaters Tod interessieren. Du benutzt ihn nur, um die Gospodari aufzustacheln. Der ganze Feldzug gegen die Ungolen, um ihn zu rächen, war dir völlig gleichgültig. Hätte es dir wirklich etwas bedeutet, wärst du an meiner Seite in die Schlacht gezogen, aber das hat es nicht.“
„Dir etwa? Du hast doch noch immer zu viel Angst vor ihm um Splitterklinge auch nur anzufassen.“ entgegnete sie voller Verachtung „Sein Tod, während ich noch in Altdorf war, muss für dich doch eine Erlösung gewesen sein. Immerhin weißt du selbst genau, dass du für ihn immer nur an zweiter Stelle standest.“
„Ich habe seinen Tod gerächt, seinen Mörder zur Rechenschaft gezogen und sein Reich vor dem Untergang bewahrt. Was hast du in der Zeit für uns geleistet? In welchen Schlachten hast du in den letzten Jahren die Bokha und unseren Anspruch verteidigt? Ah, richtig, in keiner einzigen. Du hast im Imperium auf der faulen Haut gelegen und dich amüsiert.“
„W-was?“
„Wer von uns beiden musste denn das zerbröckelnde Reich zusammenhalten, während der andere in Altdorf von einem Ball zum nächsten tanzte und es sich am imperialen Hof gut gehen ließ?“ fuhr Ivan unerschrocken fort, ohne die drohende Gefahr, in der er gerade schwebte, zu bemerken.
„Wie kannst du...“ Katarinas Stimme bebte vor Zorn, als sie abbrach und vor lauter Hass auf ihn kein Wort mehr herausbrachte. Er sollte nicht über ihre zeit in Altdorf reden, nicht er, der sie dort vergessen hatte. Doch noch bevor sie dazu kam ihn vor aller Augen in Eis zu verwandeln, öffneten sich die großen, kristallenen Türen zum Thronsaal. Ein paar Wachen, führten einen Mann mit langen, schwarzen Haaren herein. Katarina schätze ihn ungefähr auf Ivans Alter, also etwa Zwanzig. Als er näherkam, konnte sie erkennen, dass er verletzt war. Ein langer, blutiger Riss ging durch sein seidenes, rotes Gewand an der Schulter und war nur notdürftig verbunden. Der Mann, konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten und erinnerte Katarina an sich selbst als sie vorhin aufstehen musste. Er wirkte mitgenommen und abgekämpft, aber ihn umgab trotzdem etwas, das Katarina nicht wirklich deuten konnte und sie verwirrte. Eine Ausstrahlung, die ihn trotz seines Zustandes, über alle anderen im Thronsaal erhob, es war fast als überstrahlte er alle Anwesenden. Es war keine Magie, zumindest keine die sie kannte, sondern etwas anderes. Doch ihr Interesse daran verschwand so schnell, wie es gekommen war. Es war nicht gefährlich, also konnte sie es ignorieren. Vielleicht ein Zauber um Frauen zu beeindrucken, er sah so aus, als wäre das genau das passende für ihn. Ohne das Blut und ausgeruht, erregte er aber sicher auch ohne solche Tricks die Aufmerksamkeit jeder Adeligen die er haben wollte. Sein Gesicht war edel und fein geschnitten und die braunen, tiefen Augen, strahlten eine Ruhe und Gelassenheit aus, die so gar nicht zu seinem erschöpften Zustand passen wollte.
„Michail?“ fragte der Zar verwundert. Er hätte seinen Kindheitsfreund fast nicht erkannt, so fertig wie er aussah. Normalerweise, würde der Anführer der Tscheka niemals so herumlaufen, er legte viel Wert auf sein Äußeres, manchmal etwas zu viel. Vor allem aber, sollte Michail Pashenko sich am anderen Ende des Landes in Erengrad aufhalten und dort als sein Statthalter fungieren. „Was tust du hier?“
„Verzeiht, mein Zar. Ich bin so schnell ich konnte hierher geritten.“ erklang die Antwort Pashenkos augenblicklich, während er sich mühsam vor den Zaren kniete und den Kopf senkte. Beim Klang seiner Stimme, verspürte Katarina sofort den Wunsch ihn weiterreden zu hören. Sie konnte hinterher nicht mehr beschreiben was, aber es lag definitiv etwas im Klang seiner Worte, dass einen in den Bann ziehen konnte, selbst wenn er nur über Alltägliches reden würde. Doch das tat er nicht, stattdessen, verkündete er genau die Botschaft, die Kislev in diesem Moment noch gefehlt hatte damit Ivan endgültig durchdrehte. „Erengrad, ist gefallen.“
Eine Spawnarmee aus Rebellen, die per Skript dann auf die Stadt zuhält. Ich konnte sie leider nicht verteidigen, da es einen kleinen Bug gab. Ich konnte die Schlacht nicht starten. Egal wie oft ich auf manuell oder automatisch schlagen drücken wollte, es passierte nichts. Also musste ich neuladen und die Stadt räumen. Es ist übrigens die reichste Stadt meines ganzen Landes ^ ^
…Vorsichtig öffnete Christine von Rauken die Tür zum Arbeitszimmer des Botschafters. Sie hatte vor kurzem erst von einigen Dienern gehört, dass der alte Mann sich in letzter Zeit außergewöhnlich schreckhaft verhielt. Die Jagd nach diesem Mörder schien ihm nicht gut zu tun. Als sie den kleinen Raum voller Papierberge betrat, schien Kaspar von Velten gerade ungeduldig hin und her zu laufen. Er musste etwas wichtiges vorhaben und plötzlich tat es ihr leid, dass sie sich verspätet hatte. Aber die Nachricht, dass er sie sprechen wollte, war so unerwartet gekommen und sie hatte versucht es so gut es ging hinauszuzögern, denn sie erwartete nichts Gutes.
„Ah, gut. Ihr seid endlich da.“ erleichtert wandte er sich Christine zu und lächelte ihr beruhigend zu, als er merkte wie nervös die junge Imperiale war.“ Ich dachte schon ich muss einen meiner Ritter hier lassen, um Euch über die neusten Entwicklungen in Kenntnis zu setzen.“
„Worum geht es, Eure Exzellenz?“ fragte die junge Imperiale höflich, auch wenn ein Hauch von Beunruhigung in ihrer Stimme mitschwang. Der Botschafter, hatte sie seit ihrem kleinen Ausflug durch die Stadt, nicht mehr zu sich gerufen und dieser angeblich harmlose Ausflug, hätte sie beinahe umgebracht.
„Einer der besten Kandidaten, für eine Verbindung zwischen Kislev und Ostland, befindet sich derzeit in der Stadt.“ sprach er genau die Worte aus, die Christine am aller wenigsten hören wollte. Sie hatte gehofft, dass noch eine lange lange Zeit vergehen würde, bevor er sich die Zeit nahm Kuppler zu spielen. Immerhin schien er es selbst jetzt kaum aushalten zu können seine Zeit für sie zu nutzen, anstatt den Schlächter zu jagen. Verständlich, und sie wünschte sich, er würde lieber wieder seine Jagd fortsetzen als sich an ihre Existenz zu erinnern. „Sein Name ist Michail Pashenko. Ihr habt vielleicht schon von ihm gehört. Er ist der Oberkommissar der Tscheka.“
„Aber ich sollte mich doch erst in Kislev eingewöhnen, bevor eine Hochzeit überhaupt in Frage kommt. Ich bin erst seit weniger als zwei Monaten hier und kenne niemanden. Ich war nur kurz außerhalb des Palastes und bin dabei fast gestorben. Im Moment verstehe ich nicht einmal ihre Sprache!“ die Panik, die in der sich überschlagenden Stimme der jungen Imperialen mitschwang, brachte den Botschafter dazu sich kurz ein müdes Lächeln abzuringen. Seiner Meinung nach, machte sie sich zu viele Gedanken. Er hatte nicht vor, sie jetzt auf der Stelle zu verheiraten, auch wenn in den Befehlen aus Altdorf stand, dass sie so bald wie möglich Verbindungen zu Kislev knüpfen sollte. Wäre sie irgendeine gewöhnliche Adelstochter gewesen, hätte was das anging auch kein großes Problem bestanden, aber unter ihrer ruhigen Oberfläche, konnte Christine erstaunlich widerspenstig sein. Sie war in dem Glauben aufgewachsen, etwas besonderes zu sein. Eine Auserwählte Sigmars, dazu bestimmt, die Welt vom Makel des Chaos zu säubern. Am Ende doch nur als gewöhnliche Adelige verkauft zu werden gefiel ihr sicher nicht. Aber er war nicht hier um sie glücklich machen, sondern um die Interessen des Imperiums in Kislev zu vertreten, auch wenn er beides, falls möglich, gerne miteinander verbinden würde.
„Die meisten Menschen hier im Süden des Landes sprechen Reikspiel und das sogar sehr gut, wie Ihr sicher bereits bemerkt haben dürftet. Pashenko, stammt aus der Nähe von Erengrad und hat immer wieder einige Zeit im Imperium verbracht, unter anderem auch bei den imperialen Streitkräften und der Flotte. Ich bin sicher, ihr werdet irgendwie in der Lage sein euch zu verständigen.“
„Euer Exzellenz, ich...“
„Es ist eine gute Gelegenheit, um endlich einen Schritt in die richtige Richtung zu machen.“ fuhr der Botschafter fort und würgte ihren Einwand auf der Stelle ab. „Pashenko, wird die nächsten Wochen hier in Kislev verweilen, um in der Abwesenheit des Zaren die Verteidigung der Stadt zu organisieren. Er ist seine rechte Hand soweit ich weiß und Ivan würde diesem Mann sein Leben anvertrauten.“ Trotz der Bedrohung, die von Norden heran marschierte, würde ein nicht unerheblicher Teil der kislevitischen Truppen in der Hauptstadt bleiben. Die meisten Feinde des Zaren lauerten erstaunlicherweise nicht im Norden, am Rand der Eiswüste, sondern hier im Süden seines Landes. Erst seit Kaspar von Velten Botschafter von Kislev war, verstand er, wie instabil die Lage der kislevitischen Konföderation eigentlich war. Jeder hier hasste jeden und es gab viele, die lieber das ganze Reich in Flammen aufgehen sehen würden als diese alten Feindschaften zu begraben. Im Imperium war es anders. Nun ja, meistens zumindest. Die Fürstentümer hassten sich teilweise auch und einige Kurfürstenhäuser pflegten jahrtausendealte, blutige Fehden untereinander. Aber sie würden nicht einmal im Traum daran denken sich zu verschwören um Karl Franz zu stürzen. Die Einwohner der verschiedenen Fürstentümer waren vielleicht nicht immer einer Meinung, aber letztendlich stand das Reich fest zusammen, zumindest in den letzten paar Jahrhunderten. Anders als Kislev. Es brauchte einen starken Herrscher, um die heißen Gemüter der Nordlinge unter Kontrolle zu halten und sie von Dummheiten abzubringen.
„Das kann doch sicher auch noch weiter warten. Er wird nicht zum letzten Mal in der Hauptstadt sein. Vielleicht im Sommer, dann könnte ich ihn auch in Erengrad besuchen, oder im Herbst, da soll die Stadt am schönsten sein, weil man sie durch den dichten Regen nicht sehen kann.“ schlug sie hastig vor.
„Hört zu, Christine. Seit der Zar mir endlich erlaubt hat, die offiziellen Ermittlungen bei der Jagd nach dem Schlächter zu leiten, habe ich kaum noch Zeit um zu schlafen, geschweige denn mich um andere Dinge zu kümmern.“ er seufzte resigniert und tat ihr gerade fast ein wenig leid. Er wirkte als hätte er seit Tagen kaum geschlafen und sie wusste, dass er mit seinen Männern die ganze Stadt durchkämmte, immer auf der Suche nach irgendeinem Hinweis. Sie selber, hatte längst den Überblick verloren wie viele Opfer es gab. Wenn um die Stadt herum Krieg herrschte, empfand sie den Mörder nicht unbedingt als das größte Problem Kislevs und hielt sich nicht auf dem Laufenden. Ansonsten allerdings, erfuhr sie so einiges in ihrer Zeit im Palast. Niemand beachtete sie, außer Hadrin natürlich, aber für alle anderen dagegen, war sie wie unsichtbar. „Ich verlange ja nicht, dass Ihr ihm um die Arme fallt und noch Heute heiratet. Pashenko ist ein guter Kandidat für eine Hochzeit und Ihr solltet ihn kennenlernen, das ist alles. Seine Familie gehört zu den ältesten des ganzen Landes und hat im Laufe der Jahrhunderte viel an Einfluss und Land gewonnen. Ihm gehört der Großteil der südwestlichen Grenze Kislevs und damit gehört ihm auch der Handel mit Ostland. Wenn er eine Verwandte des Kurfürsten heiratet, wird das nur zu seinem Vorteil sein und auch zu Eurem. Er ist die beste Partie, die Ihr in ganz Kislev finden könnt.“
„W-was...was...“ sie schluckte nervös und rang nach Worten, sie war in einem Kloster aufgewachsen und noch nie mit einem Mann alleine gewesen der ihr den Hof machen wollte. Sie würde sich lieber einem Dutzend Skaven entgegenwerfen als diesen Pashenko zu treffen. „Was soll ich tun wenn ich mit ihm alleine bin?“
„Versucht freundlich zu sein.“ schlug der Botschafter vor. Zu einer Erwiderung blieb Christine keine Zeit mehr, denn in diesem Moment, betrat hinter der beunruhigten Adeligen ein Mann das Zimmer. Hastig ging sie einige Schritte zur Seite, um nicht zwischen ihm und dem Botschafter zu stehen und wollte sich noch weiter von ihm zurückziehen, bis sie ihn sich genauer ansah und erstarrte.
„Euer Exzellenz.“ der Mann mit den langen, schwarzen Haaren die ihm wie Wasser glatt über die Schultern fielen, verbeugte sich kurz vor dem Imperialen. Dann fiel sein Blick auf sie und ein freundliches Lächeln tauchte auf seinen Lippen auf, dass sie sofort in seinen Bann zog. Er strahlte sie fast schon an. „Lady Christine. Es freut mich Euch kennenzulernen. Mein Name, ist Michail Pashenko.“ stellte er sich vor und verbeugte sich noch einmal, diesmal allerdings deutlich länger. Kurz wartete er auf irgendeine Reaktion ihrerseits, aber sie war zu gefesselt von seinem Anblick, um auch nur einen einzigen Ton rauszubringen, was zur Folge hatte, dass der Kislevit sich verwirrt von der stummen Imperialen abwandte und an den Botschafter gewandt fortfuhr. „Es heißt, Ihr habt noch einen anderen Grund, um mich zu Euch zu rufen.“
„Das ist wahr.“ erwiderte Kaspar von Velten erstaunlich schroff und ohne ihn zu begrüßen. Für ihn, war die Tscheka nichts als ein Quell des Ärgers und ein Teil seiner Probleme. „Es geht um die Tscheka. Sie behindern meine Arbeit und die Suche nach dem Mörder der die Stadt terrorisiert wo immer sie können.“
„Meine Männer mögen leider keine Fremden und hören nur auf mich, was hin und wieder recht anstrengend werden kann.“ antwortete Michail, ohne sich von seiner ruppigen Art anstecken zu lassen. Beim Klang seiner Stimme, lief ihr ein angenehmer Schauer über den Rücken. „Es tut mir leid, dass sie Euch Steine in den Weg legten, Botschafter. Ich werde Euch unterstützen wo immer ich kann. Vielleicht hat es doch etwas gutes, dass ich hier festsitze.“
„So kann man es auch sehen.“ erwiderte der Imperiale, diesmal freundlicher und erleichtert darüber, dass er keine weiteren Probleme mit der eigenwilligen kislevitischen Geheimpolizei kriegen würde. „Ich muss leider sofort los. Zurück in die Stadt. Ich kann Euch mit ihm alleine lassen?“ fragte er an Christine gewandt, die ihn zuerst gar nicht beachtete, sondern weiterhin den Kisleviten anstarrte.
„Ja.“ hauchte die junge Imperiale leise, ehe sie sich zusammenriss und kurz den Kopf schüttelte, um ihn wieder frei zu kriegen. Was war los mit ihr? Eben noch wollte sie ihn gar nicht kennenlernen. Aber ein Blick in Richtung Michail, brachte diese Stimmen des Zweifels sofort zum verstummen. Sie würde es mit ihm aushalten. Die einzige Gefahr die von ihm ausging war, dass er sie mit seinem Strahlen blendete. Mit einem verlegenen Lächeln, schob sie sich an ihm vorbei zur Tür hinaus. „G-gehen wir.“
„Das...das war jetzt irgendwie deutlich leichter als erwartet.“ murmelte der Botschafter und runzelte verwirrt die Stirn, während der Kislevit ihr folgte. Er hatte Geschichten darüber gehört, dass Pashenkos Elfen unter seinen Vorfahren hatte und daher immer von einem Schwarm Frauen umringt schien, aber bis eben hatte er das nur für Gerüchte gehalten. Er verjagte diese störenden Gedanken sofort und eilte so schnell er konnte davon, er hatte keine Zeit für Gerüchte.
Eine Weile, sagte keiner von beiden ein Wort. Christine war zu sehr damit beschäftigt betreten die Wände der Flure anzustarren und darin das Spiegelbild des jungen Mannes zu betrachten. Er war vielleicht vier Jahre älter als sie, oder auch fünf, sie war nicht gut darin das Alter von Menschen einzuschätzen. Jedesmal, wenn sie kurz zu ihm herüberblickte, um ihn nicht nur vollkommen verzerrt im Eis zu erblicken, begann ihr Herz wie verrückt zu klopfen, solange bis sie es vermied ihn anzusehen, aus Angst dass es gleich explodieren würde. Der Kislevite, schien in der Zwischenzeit vollkommen zufrieden damit zu sein ihr zu folgen und tat so, als bemerkte er nicht wie sie ihn bemüht unauffällig musterte.
„Ihr...ähm, a-also...ich...“ Christine brach ab als sie merkte, dass sie über ihre eigenen Worte stolperte weil er sie erwartungsvoll ansah und damit nur dafür sorgte, dass ihr die Luft wegblieb und sie statt ein vernünftiges Wort rauszubringen in seine Augen blicken musste. Als das Schweigen schon wieder viel zu lange andauerte, fasste sie all ihren Mut zusammen, der immerhin dafür ausreichte sich Dämonen zu stellen, und versuchte diesmal nicht zu stottern. „I-ihr seid Kommissar bei der T-tscheka?“
„Ja, Oberkommissar um genau zu sein, aber das ist nicht wirklich wichtig. Wisst Ihr etwas über die Arbeit der Tscheka, Lady Christine?“ fragte er und seine sanfte, ruhige Stimme in Verbindung mit dem Wort Lady, ließ sie rot anlaufen und weiter die Wand anstarren. Ihr Kopf fühlte sich heiß an, vielleicht war sie ja einfach nur krank. Es musste an dieser ständigen Kälte liegen.
„I-ich habe g-gehört, es sei eine Art kislevitische...Inquisition.“ antwortete sie unwillig und vor allem noch immer unfähig normal zu sprechen. Niemand hatte sie bisher jemals als Lady bezeichnet. Jedenfalls, klang die Tscheka nach allem was sie wusste, nicht viel freundlicher als die radikalsten Fanatiker der Sigmarkirche. An einen Inquisitor wollte sich erst recht nicht verheiratet werden, egal wie gut er aussah. Sie hatten ihren ganzen Orden auf dem Gewissen und noch immer, glaubte die ehemalige Novizin nicht an die Wahrheit der Vorwürfe. Die Kirche hatte es einfach nur gestört, dass die Schwesternschaft Sigmars so beliebt gewesen war. Davon war die Imperiale weiterhin fest überzeugt. Musste sie auch, um sich nicht selbst als Ketzerin anzuprangern.
„So könnte man es ausdrücken, auch wenn es eine sehr oberflächliche Sichtweise der Dinge wäre.“ antwortete er rasch, um sie nicht noch weiter zu verschrecken, denn er hielt ihr verlegenes Stottern anscheinend für Angst und wäre sie eine Kislevitin, hätte sie auch Angst vor der Tscheka gehabt. „Wir folgen nicht, wie diese Fanatiker, den albernen Gesetzen eines Gottes bis in den Tod oder foltern unschuldige Menschen aus purem Vergnügen. Wir dienen dem Zaren und beschützen ihn vor Verrat und Täuschung.“ wehrte er entschieden ab und in seiner Stimme schwang felsenfeste Überzeugung mit. Überzeugung, die ansteckend wirkte und am Ende seiner kleinen Rede, hielt Christine die Tscheka auch für die harmloseste Organisation der ganzen Welt. Es waren nicht wirklich die Worte die er sprach, sondern eher wie er es sagte, was einem jegliche Zweifel nahm. „Wir sind dazu da Verschwörungen unter den Bojaren und Adeligen des Landes aufzudecken und ihn rechtzeitig vor Aufständen zu warnen. Zumindest ist es das was meine Männer tun. Im Prinzip beschränkt sich meine Arbeit darauf die fertigen Berichte zu lesen, zu entscheiden was davon wichtig ist und alles wichtige dann an den Zaren weiterzuleiten. Deswegen hatte ich auch genug Zeit um als Statthalter von Erengrad zu fungieren. Aber genug von der Tscheka, das ist kein Thema für eine Lady.“
„Dann reden wir über e-etwas anderes. Wie wäre es mit den b-bevorstehenden S-schlachten Eures Z-zaren?“ innerlich verfluchte sich Christine gerade dafür, dass sie sich einfach nicht genug beruhigen konnte um vernünftig zu reden. Immerhin schoss ihr im Moment nicht schon wieder das Blut ins Gesicht.
„Denkt Ihr das wäre ein besseres Thema für eine junge Adelige?“
„I-ich bin erst seit z-zwei Monaten eine Adelige, mehr oder weniger.“
„Tatsächlich?“ kurz betrachtete er sie mit etwas mehr Neugier, er wusste vermutlich dass man sie zu einer Kriegspriesterin erzogen hatte, zumindest würde der Botschafter so ein wichtiges Detail nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Andererseits, vielleicht doch. Es könnte eher abschreckend auf die meisten Bewerber wirken.
„Aufgewachsen, bin ich in einem Kloster Sigmars, inmitten der Ruinenstadt von Mortheim. Falls die Geschichten über die Stadt der Gefallenen und Verfluchten bis hierher in den Norden gedrungen sind.“ Gut, dachte Christine, sie konnte endlich etwas sagen ohne zu stottern und wie eine Idiotin dazustehen. Das war immerhin ein Anfang.
„Ja, natürlich und ich denke, dann wird es Euch sicher nicht verängstigen über den Krieg zu reden. Eine erfrischende Abwechslung.“ seine Worte entlockten ihr ein kurzes Lächeln, was ihn zu freuen schien, denn er fuhr sofort voller Begeisterung fort, auch wenn diese nach einer Weile abflaute. „Erengrad, wurde vom Meer aus erobert. Der Hafen ist nicht so gut befestigt wie er eigentlich sein sollte. Man verlässt sich zu sehr auf den Schutz der imperialen Flotte, aber das hat diesmal nicht gereicht. Sie griffen mitten in der Nacht an und landeten nahezu ohne Gegenwehr im Hafen. Ich selber verfügte nur noch über eine Handvoll Männer nach der Schlacht bei Böhsenfels...“
„Die habe ich gesehen!“ unterbrach sie ihn mitten im Satz, was ihr einen belustigten Blick einbrachte, der sie sofort verlegen die Augen abwenden ließ. „A-also, ich war in der Nähe und h-habe sie eine Weile beobachtet, mit meiner L-leibwache.“
„Verstehe. Nicht unbedingt mein stolzester Moment. Wir wurden vernichtend geschlagen. Dadurch konnte ich nicht viel erreichen in Erengrad. Ohne Armee, musste ich mich zurückziehen und fliehen.“
„Was ist aus den Truppen Erengrads geworden? Die Stadt ist doch angeblich so reich, sie wird sich sicher gegen einige Plünderer zur Wehr setzen können.“
„Ja, Anastasia Vilkowa verfügt über eine beachtliche Privatarmee, aber davon habe ich in jener Nacht nicht viel gesehen. Ich weiß noch, dass einige ihrer Einheiten uns bei den ersten Kämpfen im Hafen zur Seite standen, aber dann erhielten wir Nachricht von der nördlichen Stadtmauer. Dort war eine zweite Schlacht im Gange, zwischen den wilden Norse und denen aus Erengrad. Unsere Nordlinge verloren, genauso wie wir im Hafen zurückgedrängt wurden. Letztendlich blieb mir keine Wahl, als zu verschwinden, mal wieder.“ schloss er mit einem Anflug von Verbitterung, der auch Christines Laune sofort dämpfte. Seine Stimmung war ansteckend. Lächelte er, musste sie es ihm sofort gleichtun und genauso war es, wenn seine Laune sich verdüsterte.
„Was ist mit Anastasia Vilkowa passiert? Ist sie gefallen?“ fragte Christine und vergaß ihre Anspannung kurz, da die Neugier die Oberhand gewann. Sie hatte viel von der eigenwilligen, blonden Norse gehört, die über den Westen des Landes herrschte als wäre sie eine kleine Königin.
„Ich weiß es nicht. Normalerweise plündern die wilden Norse nur und ziehen dann wieder ab, aber diesmal scheinen sie zu bleiben. Es gab auch keinen Flüchtlingsstrom aus der Stadt. Was Anastasia angeht, vielleicht ist sie tot, aber das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Sie hatte große Pläne, müsst ihr wissen, und strebte nach nichts anderem als dem Thron und der Herrschaft über Kislev. Sie wird nicht einfach in einer namenlosen Schlacht gegen Norsepiraten fallen, sondern hat sich vermutlich ebenfalls abgesetzt.“ Er wollte noch etwas sagen, aber der Klang von Schwerter, die aufeinander prallten und scheppernden Rüstungen ließ ihn verdutzt verstummen. Sie standen in einem Gang, allerdings befand sich nur noch auf der linken Seite eine Wand, auf der rechten dagegen, erstreckte sich hinter einigen Säulen ein offenes, viereckiges Feld. Ohne Decke, war es hier ständig eiskalt, aber zumindest hier störte die Kälte die Imperiale nicht, sondern sie ertrug es mit stoischer Ruhe. Christines Füße, hatten sie automatisch zu dem Ort geführt, an dem sie sich am häufigsten aufhielt und am wohlsten fühlte. Dem Trainingsgeländes der Kreml Garde. Sie liebte es den Kriegern bei ihren Übungen zuzusehen, auch wenn niemand gegen sie kämpfen wollte. Die Männer nahmen sie nie ernst, wenn wie fragte, ob sie auch einmal mitmachen durfte. Dafür waren sie gut darin ihr Komplimente zu machen, was Christine recht wenig interessierte. Sie war nur hier, weil der helle Klang der sich treffenden Klingen sie beruhigte und von ihrer langweiligen Situation ablenkte. Im Moment befanden sich nur drei Leute auf dem kleinen Gelände das von den Mauern des Palastes eingeschlossen wurde. Im Zentrum, befand sich eine umherwirbelnde Katarina, die ein stumpfes Schwert schwang und sich leichtfüßig zwischen ihren beiden Gegnern hin und her bewegte, die versuchten sie irgendwie zwischen sich einzuschließen. Die beiden gehörten vermutlich zu den Söhnen Ursuns, die Katarinas kleine Garde bildeten. Es waren hochgewachsene, massige Männer, die mit beiden Händen gewaltige Klingen schwangen, die gefährlich echt aussahen und auch waren. Sollten sie die Prinzessin damit erwischen, und wäre es nur ausversehen, würden sie Katarina sauber in zwei Hälften teilen. Die eher zierlich gebaute Magierin, wirkte zwischen den beiden Kriegern klein und zerbrechlich. Es sah fast so aus als würde Katarina mit zwei gewaltigen Bären ringen und erstaunlicherweise sogar gegen sie gewinnen.
„Sie ist wirklich überwältigend. Ich habe schon viel von der berühmten Katarina Bokha gehört, seit sie aus Altdorf zurück ist, aber mit eigenen Augen zu sehen, wie sie selbst die besten Krieger Kislevs aussehen lässt wie kleine Kinder, ist beeindruckender als ich es mir vorgestellt habe. Findet Ihr nicht auch, Christine? Lady Christine?“ der junge Kislevit sah sich nach ihr um und musste dann anfangen zu lachen, als er erkannte, warum sie nicht antwortete. Die Imperiale war vollkommen damit beschäftigt mit düsterer Miene die Prinzessin zu beobachten und hatte seine Anwesenheit vollkommen vergessen. Was erstaunlich war, denn noch vor wenigen Minuten, hatte sie ihn keine Sekunde aus den Augen lassen wollen. „Ah. Ich kenne diesen Blick irgendwoher oder zumindest einen erstaunlich ähnlichen.“
„Was meint Ihr damit? Was ist mit meinem Blick?“ fragte sie verwirrt und riss die Augen kurz von den Kämpfenden los. Sie sollte vielleicht nicht jedem so offensichtlich zeigen, dass sie und die Prinzessin nicht die besten Freundinnen waren.
„Nichts. Er erinnert mich nur an meine Zeit im Imperium. Ich bin eine Weile mit der imperialen Flotte gesegelt. Die Kriegspriester dort, hatten sehr oft genau diesen Ausdruck im Gesicht. Sie schauen immer so ernst drein, wenn sie glauben eine Spur von Ketzerei oder Hexerei erblickt zu haben.“
Christine biss sich auf die Unterlippe, um eine bissige Erwiderung zu unterdrücken. Sie wollte den Kisleviten auf keinen Fall verschrecken, indem sie etwas falsches sagte, aber diese Bewunderung in seiner Stimme als er über Katarinas Fähigkeiten geredet hatte, brachte die Imperiale innerlich zur Weißglut. Noch vor einem Monat, konnte Katarina kaum ihr Schwert halten und jeder ihrer Schläge, war kaum gefährlicher gewesen als der Stich einer Mücke. Damals konnte sie nur mithilfe ihrer Magie gewinnen, falls man das überhaupt als Sieg bezeichnen konnte. Soweit Christine wusste, hatte Katarina vor ihrer Abreise nach Karak Kadrin noch ein paar Mal mit Rittern aus der Leibwache des Botschafters geübt und sie alle ließen die Prinzessin gewinnen. Erst seit ihrer Rückkehr aus dem Osten, begann Katarina ihre Übungsgegner auch in richtigen Kämpfen problemlos zu besiegen. Auch jetzt, blockte sie jeden noch so harten Schlag der muskelbepackten Krieger problemlos und die Kisleviten ihrerseits, erzitterten unter den wuchtigen Hieben der Prinzessin. Christine würde sich zu gerne noch einmal mit der Bokha messen, um zu sehen, ob sie wirklich so stark war wie alle seit kurzem behaupteten, aber sie traute sich nicht, auch wenn sie sich das niemals eingestanden hätte. Noch einmal, wollte sie nicht an Katarina und deren merkwürdige Magie geraten, die mächtiger zu sein schien als der heilige Schutz, den Sigmar seinen wahren Dienern bot. Andererseits, sie war keine Novizin mehr und erst recht keine Priesterin. Statt im Namen ihres Gottes die Welt vom Makel des Chaos zu reinigen, schlenderte sie gemütlich durch die Gegend und redete über Verlobung und Hochzeit, noch dazu mit jemandem der an einen Bären glaubte. Vielleicht, war an Katarinas Magie rein gar nichts seltsam und sie hatte nur den Schutz Sigmars verloren? Die Söhne Ursuns, wirkten jedenfalls nicht so, als würden sie sich absichtlich zurückhalten. Eher im Gegenteil, sie schienen alles zu geben, damit ihre Herrin noch besser wurde und kämpften als wäre Katarina ein echter Feind. Das konnte Christine selbst von hier aus erkennen. Die beiden Gospodari waren außer Atem und schweißüberströmt, während sie ungelenk wieder auf die herausfordernd grinsende, ausgeruhte Katarina zugingen. An ihren steifen, abgehackten Bewegungen, ließ sich leicht erahnen, dass sie schon den ganzen Tag kämpfen mussten und dabei immer wieder die gleiche Behandlung erhielten wie eben.
„Es ist nichts, denke ich.“ antwortete Christine verschlossen und ausweichend. Sie wollte nicht wirklich über ihr Duell mit der Prinzessin sprechen und das seltsame Gefühl, dass deren Magie in ihr hervorrief. Sie war bereits dankbar dafür, dass es keinerlei Konsequenzen gegeben hatte, nachdem sie Katarina mit ihrem Schwert die Nase brach. Den Magiern war es sowieso recht gut gelungen sie wieder zusammenzuflicken, schon ein paar Tage später sah man es kaum noch.
„Ich weiß worauf Ihr hinaus wollt. Sie hat noch vor zwei Wochen kaum ihr Schwert halten können.“ sprach er genau das aus was sie gerade dachte und ließ sie damit überrascht herumfahren und ihn verwundert anstarren, was ihr ein wissendes Lächeln von dem gutaussehenden Gospodari einbrachte. „Wieso, besiegt sie jetzt zwei erfahrene Krieger, ohne dabei auch nur außer Atem zu kommen oder sich anstrengen zu müssen?“
„Woher wusstet Ihr, dass sie noch vor kurzem nicht einmal gegen einen Goblin gewinnen konnte? Ihr befandet Euch zu der Zeit nicht in Kislev, sondern am anderen Ende des Landes.“
„Das bringt die Arbeit bei der Tscheka mit sich, man wird über alles mögliche auf dem Laufenden gehalten, auch über Kleinigkeiten. In diesem Palast passiert nicht viel was mir entgeht, hoffe ich zumindest. Meine Männer beobachten alles was vor sich geht und überwachen jede Person die auch nur ein wenig verdächtig wirkt.“ Kein Wunder, dass sie keine Zeit und Lust hatten, mit dem imperialen Botschafter auch noch auf Verbrecherjagd zu gehen, hier war fast jeder verdächtig, dachte Michail schmunzelnd. Die Tscheka hatte sowieso nicht viel übrig für Imperiale, aber er fand die Jagd des Botschafters interessant genug um ihm zu helfen. Andererseits, hatte er auch nicht viel zu tun, während er in Kislev festsaß.
„Auch mich?“ fragte sie neugierig nach, was ihn fast wieder zum Lachen gebracht hätte.
„Nein.“ antwortete er sofort „Nein, Euch nicht. Nur Menschen, die eine Bedrohung für unseren Zaren darstellen könnten.“
„Dann betrachtete Ihr die Schwester des Zaren als Bedrohung?“ schlussfolgerte sie aus seinen Worten, auch wenn sie darüber nicht besonders überrascht war.
„Vielleicht. Es gibt jedenfalls einige...bedenkliche Dinge, die mit ihr in Zusammenhang stehen.“ Michail setzte eine verschwörerische Miene auf und begann zu flüstern, als würde direkt neben ihnen ein Spion stehen und sofort zu der Prinzessin rennen. „Es wäre am besten, wenn Ihr niemandem etwas von diesem Verdacht erzählen könntet. Es sind sowieso nichts weiter als Vermutungen.“
„Natürlich.“ antwortete Christine sofort voller Eifer in der Stimme. Vielleicht konnte sie ihm ja helfen. „Aber...glaubt Ihr wirklich, dass sie in der Lage wäre ihren Bruder zu hintergehen?“
„Ich kenne sie seit einem Tag und habe noch nie mit ihr gesprochen, also sagt Ihr es mir. Denkt Ihr, sie wäre fähig einen anderen Menschen zu verraten oder zu ermorden. Denkt Ihr, sie wäre in der Lage jemanden eiskalt und ohne zu zögern umzubringen, selbst jemanden der ihr nahesteht?“
„Ja.“ antwortete Christine ohne nachzudenken, was ihr einen verwirrten Blick des Kisleviten einbrachte. Er schien seine Frage nicht ganz ernstgemeint zu haben, von daher überraschte ihn die Sicherheit, die in ihrer Stimme mitschwang. „A-also, ich denke, dass sie es vielleicht könnte. Ich weiß es nicht, ich k-kenne sie ja a-auch nicht.“ und da ist es wieder, dachte Christine verzweifelt, das Stottern. Sie redete doch sonst nie so. Vielleicht sollte sie versuchen ihm den Rücken zuzudrehen wenn sie mit ihm sprach?
„Verstehe.“ sagte er langsam und nachdenklich, während er die Prinzessin eingehender beim Üben betrachtete. „Ich wollte sie mir sowieso etwas genauer ansehen, sobald ich Zeit dazu hätte. Es gibt einige...Hinweise. Hinweise auf Menschen, die in ihrer Nähe verschwinden, auch wenn das nichts mit ihr zu tun haben muss. Leider, wird sie Morgen aufbrechen, um in die Schlacht zu ziehen, und ich komme hier so schnell nicht weg.“
„W-wollen wir weitergehen?“ fragte Christine, die das Thema Katarina gerne beenden würde. Zu ihrer Erleichterung sah er es ähnlich und sie verschwanden wieder in die Flure des Eispalastes.
„Es muss sicher...beunruhigend für Euch sein mit mir zu reden.“ sagte Pashenko plötzlich leise.
„Warum sollte es das?“ Beunruhigend? Beunruhigend war, dass ihr Herz nicht aufhören wollte verrückt zu spielen oder dass sie den Blick nicht von ihm losreißen konnte, aber ansonsten, war alles in bester Ordnung.
„Ihr seid keine Adelige, die Ihr Leben lang auf eine Hochzeit mit irgendeinem Unbekannten vorbereitet wurde. Es muss Euch verängstigen und beunruhigen plötzlich jemanden vorgesetzt zu bekommen, mit dem Ihr vielleicht den Rest Eures Lebens verbringen müsst, anstatt das Wort Eures Gottes zu verbreiten, so wie man es Euch beibrachte.“ Damit hatte er so ziemlich alles zusammengefasst was sie dachte und kurz fragte sie sich panisch ob er vielleicht Gedanken lesen konnte, aber vielleicht konnte er sie auch einfach nur gut einschätzen, besonders schwer war das sicher nicht. Hastig versuchte sie von dem Thema abzulenken und sprach in ihrer Eile das einzige Thema an, das vermutlich noch unangenehmer war.
„Ich habe gehört, ihr wart schon einmal verheiratet?“ fragte Christine und wunderte sich sofort über ihre eigene Dummheit, die ihr die Schamesröte ins Gesicht trieb, während er sie stumm und durchdringend anstarrte. Natürlich war er schon verheiratet gewesen, das wusste sie sogar. Die Ritter vom Pantherorden, die sie nach Kislev begleitet hatten, hatten ihr von Pashenko erzählt und auch davon, dass er trotz seiner Jugend schon verwitwet war. Sogar mehr als einmal, wenn sie sich richtig daran erinnerte. Sie hatte damals allerdings nicht wirklich zugehört, da nicht weit entfernt eine Schlacht zwischen ihrem geliebten Imperium und Pashenkos Kisleviten auf der einen Seite und Anhängern Tzeentchs auf der anderen stattfand. Der Anblick der anstürmenden Bullenritter ihrer Heimat und der prächtigen schwarzen Garde, ließ sie damals alles um sich herum vergessen. Wie sehr hatte sie sich gewünscht dort unten auf dem Schlachtfeld zu stehen. Auf den Lippen ein Gebet und in ihren Händen einen der flammenden Hämmer ihres Ordens, um die Niederlage abzuwenden.
„Ja, das war ich.“ antwortete er und sah plötzlich einfach durch sie hindurch. In seinen Augen spiegelte sich kurz eine Leere wieder, bei deren Anblick sie sich nur noch schuldiger fühlte. Er räusperte sich kurz und versuchte wieder fröhlicher dreinzublicken, aber es wirkte aufgesetzt und hölzern, verglichen zu seinem warmherzigen Lächeln von vorher. „Verzeiht mir, aber es ist besser unsere Unterhaltung an dieser Stelle zu beenden. Das ganze war von Anfang an eine schlechte Idee. Ich hätte mich nicht von dem Botschafter dazu überreden lassen sollen. Um ehrlich zu sein, habe ich auch nicht die Absicht zu heiraten.“
„E-es tut mir leid. Die Frage war dumm und hat sicher nur alte Wunden wieder aufgerissen.“ je weiter sie sprach, desto mehr verdüsterte sich das Antlitz des Kisleviten, was dazu führte, dass sie noch hastiger weitersprach, um es wieder gut zu machen. „I-ich meine...verzeiht, wenn ich nur Unsinn von mir gebe, ich...“
„Es liegt nicht an Euch, Lady Christine. Verzeiht, wenn ich Euch diesen Eindruck vermittelt habe. Ihr seid die freundlichste Imperiale die mir je über den Weg gelaufen ist und unter anderen Umständen, müsste ich über das Heiratsangebot des Botschafters nicht einmal nachdenken. Aber zu Eurem eigenen Wohl, sollten wir unser Gespräch an dieser Stelle beenden.“
„Wartet!“ rief sie zu ihrer eigenen Überraschung als er sich bereits umdrehen wollte, um in den Weiten des Palastes zu verschwinden. „Wie...ich meinte...was spricht dagegen, wenn wir uns einfach wieder zu so einem Spaziergang treffen. N-nur damit die Zeit schneller vergeht, davon haben wir beide im Moment sicher genug.“
„Nun, ich werde noch eine ganze Weile hier festsitzen, also ja, ich habe Zeit. Was genau schwebt Euch vor?“ fragte er und es stahl sich wieder ein Lächeln auf seine Lippen, was Christines Herz vor Freude Luftsprünge machen ließ.
„Ihr könntet mir die Stadt zeigen. Ich bin erst einmal außerhalb des Palastes gewesen. Aber nur falls es Euch nichts ausmacht.“ fügte sie eilig hinzu. Eben wollte er noch vor ihr davonrennen, da wollte sie nicht riskieren ihn schon wieder verjagen.
„Nein. Nein, ganz und gar nicht. Ich finde das ist eine ausgezeichnete Idee. Kislev kann sehr langweilig sein, vor allem ohne gute Gesellschaft.“
„Großartig.“ Christine strahlte vor Freude, als er ihrem Vorschlag ohne zu zögern zustimmte. „Allerdings, sollten wir vorsichtig sein, wenn wir in der Stadt unterwegs sind. Das letzte Mal, wurde ich von einem Vampir überfallen.“
„Ein Vampir?“ fragte Michail verwundert und neugierig „Diese Geschichte muss ich unbedingt hören, ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen gesehen.“
„Ich kann sie Euch erzählen wenn Ihr wollt.“
„Vielleicht könnt Ihr mir ja noch einiges über meine Stadt beibringen, wenn Ihr hier sogar Vampire findet.“ damit drehte er sich diesmal wirklich um. „Ich freue mich darauf. Eure Gesellschaft ist interessanter als die der kislevitischen Adeligen die sonst um mich herumschwirren. Vampire...“ Lachend ging er davon, nachdem sie sich hastig verabschiedet hatte. Er schien ihr die Sache mit den Vampiren noch nicht ganz zu glauben. Als er verschwunden war, stand Christine weiterhin am Rand des Trainingsgeländes und wusste nicht recht was sie jetzt tun sollte. Alles in ihr sträubte sich dagegen den Kisleviten zu mögen, aber alleine wenn sie sich wieder daran erinnerte als er den Raum betrat, fing ihr Herz erneut an zu rasen. Wenn es jemand wie er wäre, fände sie es vielleicht nicht schlimm. Naja, zumindest nicht mehr ganz so schlimm. Letztendlich, blieb ihr sowieso keine Wahl. Es wurde beschlossen, dass sie heiraten sollte, also musste sie es auch, aber ausgerechnet der vermutlich einzig annehmbare Kislevit, lehnte sie ab. Doch so sehr sie die Anwesenheit von Michail auch genoss, noch immer stünde sie jetzt lieber auf dem Übungsfeld, um sich auf die Schlacht gegen die Anhänger des Chaos vorzubereiten.
…Eine Woche später, betrachtete Katarina von Winterwind aus, wie die das kislevitische Heer sich langsam über die schmale Brücke schob und den Lynsk in Richtung Norden überquerte. Neben ihr, saß Ivan auf einem braunen Pferd und strahlte im Gegensatz zu ihrer Gelassenheit eine Unruhe und Nervosität aus, die sie noch in den Wahnsinn trieb. Auf der anderen Seite angekommen, stapften die Männer und Pferde durch den Schnee und teilten sich in zwei Kolonnen auf. Die eine davon, würde dem Flusslauf nach Westen folgen und damit direkt bis an die Küste der Krallensee und Erengrad gelangen. Der Rest, zog weiter nach Norden, um sich den Anhängern Nurgles in der gefrorenen Steppe zu stellen. Leider konnte der Winter ihren Feinden nicht viel anhaben. Die Barbaren lebten immerhin in einer Eiswüste und erwiesen sich als noch resistenter gegen die Kälte als die Kisleviten. Dazu kam, dass es ein ungewöhnlich milder Winter war und er sich bereits seinem Ende zuneigte, was Katarina zur Verzweiflung brachte. Ihr erster, echter kislevitischer Winter seit über vier Jahren und dann enttäuschte er sie.
„Bist du dir sicher, Katarina?“ fragte sie Ivan plötzlich voller Zweifel, was ihr ein genervtes Seufzen entlockte. Schon seit sie ihm ihren Vorschlag unterbreitet hatte, benahm er sich so schrecklich anstrengend und versuchte sie davon abzubringen. „Deine Reiter wären sicher besser in der Steppe aufgehoben, um sich den Anhängern Nurgles zu stellen.“
„Ich komme schon zurecht.“ entgegnete Katarina kurz angebunden. Natürlich würden sie und ihre Männer sich besser in einem Kampf auf offenem Feld schlagen, aber das konnte sie sich leider nicht aussuchen. Sie musste nach Erengrad marschieren. Als Prinzessin der reichen Hafenstadt, war es ihre Aufgabe sie zu verteidigen. Zumindest lautete so ihr offizieller Grund. „Ein paar wilde Nordlinge, werden nicht zwischen mir und dem Sieg stehen. Es wird ein kurzes Gemetzel geben, mehr nicht.“
„Du hast keine Kanonen, keine schweren Truppen um die Mauern zu stürmen und vor allem keinerlei Erfahrung, was den Angriff auf eine gut befestigte Stadt angeht. Bist du dir wirklich sicher, dass du dich nicht übernimmst, Katarina?“
„Das bin ich. Kannst du es endlich gut sein lassen, Ivan?“ zischte Katarina gereizt. Konnte er aufhören sich Sorgen zu machen und so zu tun als wäre sie ein hilfloser kleiner Welpe? Sie brauchte die Treue Erengrads und zwar dringend. Die Norse unter dieser Anastasia, waren im Moment nicht nur Feinde ihres Bruders, sondern die Feinde sämtlicher Bokha und das durfte nicht so bleiben. Würde jetzt, in diesem Moment, ein Bürgerkrieg ausbrechen, stünde das ganze Land gegen sie. Selbst die Norse würden sich gegen sie wenden, in der Hoffnung, den Thron aus den Händen der Bokha zu reißen, wie sie es schon so oft getan hatten. Die Vilkowas, herrschten bereits viele Male über die Konföderation und die Norsezaren, Ivan der Wahnsinnige und Igor der Schreckliche, trugen ihre Beinamen nicht ohne Grund. Mit etwas Glück, waren Anastasia und ihre ganze Sippschaft bereits tot, aber darauf konnte man sich nicht verlassen. Katarina würde als strahlende Retterin in Erengrad erscheinen. Der Westen des Landes, sollte sie lieben und verehren. Eine Aufgabe, die nicht leicht zu erfüllen war. Erengrad besaß seinen eigenen Stolz und verachtete Kislev. Der Großteil des Reichtums lag in Erengrad, wer es kontrollierte, der kontrollierte den Handel und damit auch das Reich.
„Hast du überhaupt einen Plan, um über die Mauern zu gelangen?“ fuhr er fort, ohne sich von ihren todbringenden Blicken beeindrucken zu lassen. Er schien fest davon überzeugt, dass ihre Idee reiner Schwachsinn war, auch wenn er es nicht offen aussprach. Sie beide, führten jeweils fast 2000 Mann an.
„Natürlich habe ich das. Ich werde so kämpfen, wie unsere Vorfahrin Miska vor Tausend Jahren, als unser Volk das erste Mal Erengrad stürmte und den Händen der Norse entriss.“ antwortete sie voller Übermut und Überheblichkeit. „Ich reiße die Mauern ein, verwandle sie in pures Eis und lasse es unter den Füßen der Verteidiger zersplittern, bevor ich an der Spitze meiner Reiter über sie herfallen. Es wird nicht lange dauern. Du solltest dich eher um deine eigene Schlacht sorgen. Du hast zu wenige Männer mitgenommen. Ich verstehe ja, dass du Kislev nicht unbewacht lassen kannst, aber der Feind ist dir um mehr als das Doppelte überlegen. Genauso wie vor einigen Monaten nahe Praag im Kampf gegen die Berserker Khornes.“
„Ach, diese wandelnden Berge aus Müll, die Nurgle uns entgegenschickt, werden großartige Ziele für meine Magier und Kanonen abgeben. Außerdem verfüge ich diesmal über mehr Reiter. Es wird ein einfacher Sieg. Ich hoffe jedenfalls wir sehen uns bald in Kislev wieder.“
„Das werden wir, wenn die Götter des Nordens und die Seelen unserer Ahnen uns gnädig sind.“ erklang es langsam und lustlos von Katarina. Hoffentlich erledigte der Champion Nurgles ihr Problem und alles was sie jemals wieder von ihm wieder sah, war sein leblos aufgebahrter Körper.
„Ich muss dich noch um einen Gefallen bitten, Katarina. Gehe kein Risiko ein. Du weißt nicht, was dich in Erengrad erwarten wird. Es könnten wirklich nur ein paar Piraten aus der Krallensee sein, aber vielleicht ist es auch eine Falle dieser Schlange Anastasia, um mich nach Erengrad zu locken oder etwas ganz anderes.“
„Du machst dir zu viele Sorgen. Es geht nur um ein paar Piraten und Plünderer, egal wie viel du in diese Kleinigkeit hinein interpretierst. Damit werde ich fertig, außerdem folgen mir die Söhne Ursuns und werden mich beschützen. Selbst Hadrin, hat sich mir aus irgendeinem Grund angeschlossen.“ Als der Zwerg ihr anbot mit seinen Kriegern bei der Befreiung Erengrads zu helfen, hatte sie nicht lange überlegt sondern sein Angebot einfach angenommen. Ohne die Zwerge, hätte sie vielleicht nicht genug Männer aufbieten können, trotz all des Goldes dass sie aus Karak Kadrin stehlen konnte. Inzwischen fragte sie sich allerdings, ob der Zwerg nicht etwas plante, immerhin waren sie nicht gerade die besten Freunde. Ein Problem, mit dem sie sich befassen würde, wenn er etwas seltsames tat. Solange konnte sie die Norscazwerge in die erste Reihe stellen und hoffen dass Hadrin fiel.
„Vielleicht.“ lenkte Ivan letztendlich zögernd ein, noch immer nicht völlig überzeugt aber immerhin etwas beruhigt. „Sei trotzdem vorsichtig. Du bist gerade erst nach Hause zurückgekehrt.“ Er wollte noch irgendetwas hinzufügen, wie zum Beispiel „Ich will nicht dass dir etwas passiert.“ oder „Ich brauche dich noch.“ aber nach ihrer kleine Auseinandersetzung im Thronsaal, hatte sich ihr Verhältnis noch mehr abgekühlt, falls das überhaupt möglich war. Er sollte nicht mehr die Gelegenheit erhalten die passenden Worte für den Abschied zu finden. Katarina wendete wortlos ihr Pferd und ritt von ihm davon, um ihren Truppen nach Westen zu folgen. Endlich war die langweilige Zeit des Herumsitztens im Palast vorbei und sie zog wieder in eine Schlacht.