Knisternd öffnete sich ein dunkles Portal, inmitten einer sonst ruhigen und friedlichen Lichtung, im Wald, in der Nähe von Skandia. Als das Portal offen stand, traten drei Gestalten daraus hervor. Bei der einen handelte es sich um Cora, die junge Forscherin trug ein ärmelloses Hemd aus weißer Seide, das ihr lediglich bis zum Bauchnabel ging, und eine enganliegende, schwarze Hose aus Leder. An ihren Armen befanden sich die Armringe, welche der Professor für sie hergestellt hatte, und in einer Hand hielt sie eine Karte der Umgebung, die sie gerade musterte. Die anderen beiden Gestalten waren in weite, schwarze Kapuzenumhänge mit langen Ärmeln gehüllt, und gingen ein wenig gebückt, wodurch man kaum etwas von ihnen sehen konnte, außer dass sie trotz ihres gebückten Ganges noch immer knapp einen Kopf größer waren als Cora. Diese hatte endlich gefunden, wonach sie auf der Karte gesucht hatte und lächelte zufrieden.
„Also gut, wir sind nahe dran, kommt mit.“ sagte sie, in fröhlichem Tonfall an ihre Begleiter gewandt, und machte sich auf den Weg, um die Lichtung zu verlassen. Sie war unglaublich stolz und froh darüber, dass der Professor sie ausgewählt hatte, um mit Erica zu reden. Das Bündnis mit der Bladelli war ihm unglaublich wichtig, das wusste Cora, und dass Dârthallion ihr dermaßen vertraute, dieses Bündnis auszuhandeln, machte sie so glücklich, dass sie kurz davor stand freudig hüpfend durch den Wald zu spazieren. Abgesehen davon hatte sie sich in den letzten Wochen vermehrt mit dem Buch auseinandergesetzt, dass sie aus Candeo gestohlen hatte, und war ziemlich beeindruckt von der Bladelli. Dank ihrer Aufzeichnungen brauchte Cora mittlerweile nicht einmal mehr die Hilfe des Professors, um ihre Experimente durchzuführen, und sie hatte bereits ein halbes Dutzend Homunkuli erschaffen, die einwandfrei funktionierten, und keinerlei Probleme machten. Gut, drei von ihnen waren gestorben, als Cora sie ausgesandt hatte, um ein kleines Lager von Rebellen auslöschen zu lassen, dass sich in der Nähe von Vanaheim befunden hatte, aber dafür hatten sie ihren Wert unter Beweis gestellt. Kein einziger der Rebellen hatte überlebt, und als Belohnung durfte sie sogar an den verstorbenen Alfar forschen! Cora lächelte verträumt, wenn sie noch immer für die Kirche arbeiten würde, dann kämen solche Experimente und Forschungen überhaupt nicht in Frage. Noch nie war sie glücklicher darüber gewesen, sich Dârthallion angeschlossen zu haben, als in diesem Augenblick. Gedankenverloren strich sich die junge Forscherin durchs Haar, und überlegte, wann sie wohl hier fertig sein würde, und nach Vanaheim zurückkehren könnte. Wenn alles gut ging, und sie sich beeilte, dann könnte sie noch heute Abend wieder beim Professor sein, und vielleicht ein wenig mit ihm durch die Stadt spazieren. Vor ihrem Aufbruch hatte sie nur kurz mit Dârthallion reden können, aber sie merkte, dass der Alfar sich ernsthafte Sorgen um sie machte. Das beunruhigte Cora nicht wirklich, es machte sie eher nur noch fröhlicher und aufgedrehter. Der Professor machte sich Sorgen um sie! Und nicht nur das, er fand auch, dass ihre neuen Sachen ihr ausgezeichnet standen! Dieses mal hüpfte Cora sogar wirklich ein wenig in die Luft, während sie lächelte und es geradeso schaffte, ein Jubeln zu unterdrücken. Vielleicht sollte sie sich öfter so anziehen, überlegte Cora, und zupfte an ihrem kurzen Hemd. Nächste mal vielleicht in einer anderen Farbe... rot, oder schwarz eventuell, die Farben standen ihr... oder königsblau, der Professor mochte königsblau. Während sie noch überlegte, schoss plötzlich etwas aus dem nahen Waldrand direkt auf sie zu. Cora wandte den Blick in Richtung des Angreifers, und ließ ein verächtliches „Tz.“ hören. Es war nur eine Spinne... zugegeben, eine große Spinne, die Cora um knapp einen Kopf überragte, und mit Beißzangen so groß wie die Unterarme des Mädchens, aber trotzdem nur eine Spinne. Wie konnte diese Kreatur es wagen, ihre Gedanken zu unterbrechen? Sie war gerade dabei, wichtige Pläne für ihre gemeinsame Zeit mit dem Professor zu schmieden! Da hatte sich dieses Biest gefälligst rauszuhalten! Cora ließ ihrem Zorn freien Lauf, indem sie mit ihrer Hand auf die Spinne deutete, kurz darauf leuchteten ihre Armringe auf, und ein Netz aus schwarzer Energie bildete sich direkt vor der monströsen Spinne in der Luft. Diese prallte mit voller Wucht gegen das Netz, und wurde in dutzende, kleine Stücke geteilt, die auf der anderen Seite des Netzes zu Boden fielen. Ohne sich um die zuckenden Überreste der Spinne zu kümmern, setzte Cora ihren Weg fort. Kaum betrat sie jedoch den Wald merkte sie, dass diese Spinne nicht alleine gewesen war. Ein gutes Dutzend dieser Biester, wartete unter den dicken Bäumen auf sie, und bereitete sich darauf vor, sie anzugreifen. Cora ignorierte die Bestien jedoch, und wandte sich an ihre Begleiter. „Ich habe keine Zeit dafür, kümmert euch um die Dinger.“ sagte sie, woraufhin die Gestalten sich in Bewegung setzen. Noch immer vornüber gebeugt, rannten sie auf die Spinnen zu, jedoch weit schneller, als man es hätte erwarten können. Aus den langen Ärmeln der einen Gestalt, schossen auf einmal Arme hervor die, dort wo bei Menschen die Hände gewesen wären, in lange Schwerter übergingen. Die zweite Gestalt ließ ein wütendes Knurren hören, und ihr Umhang riss am Rücken auf, als lange Stacheln durch den Stoff brachen. „Oder vielleicht doch lieber violett? Dârthallion mag auch die Farbe, und sie würde gut zu meinem Auge passen.“ überlegte Cora, und ging mit ruhigen Schritten durch den Wald, während ihre Leibwächter und die Spinnen aufeinanderprallten. Die Gestalt mit den Schwerthänden, zerteilte gerade die erste Spinne sauber in der Mitte, und hackte einer weiteren den übergroßen Kopf ab. Der zweite Homunkulus erreichte die Kreaturen ungefähr zur gleichen Zeit. Mit einem furchterregendem Brüllen, das selbst die Spinnenmonster ein wenig zurückweichen ließ, riss er zwei der Stacheln aus seinem Rücken, und schleuderte sie wie Wurfspeere auf seine Feinde. Der erste traf eine Spinne, die sich aus Angst vor dem anstürmenden Feind aufgebäumt hatte, direkt im Unterkörper, riss sie nach hinten und nagelte sie an einem nahen Baum fest. Der zweite Stachel bohrte sich direkt in ein dickes, haariges Bein einer anderen Spinne, woraufhin die Kreatur umknickte, und beinahe zu Boden fiel. Kurz darauf war der Homunkulus auch schon heran, packte den Kopf der Spinne mit seinen großen Händen, und schlug ihn wie besessen immer wieder auf den Boden, bis die Kreatur nur mit den Beinen zuckte, und keine Anstalten mehr machte, aufzustehen und in den Kampf einzugreifen. Der Schwerthand Homunkulus war inzwischen von gleich drei Spinnen in eine Ecke gedrängt worden, und setzte sich mit wilden Hieben gegen die Bestien zu Wehr, die immer wieder nach vorn zuckten und versuchten, den Homunkulus mit ihren Zangen zu erwischen. Schließlich hatte dieser genug von dem albernen Spielchen, ließ ein lautes Kreischen hören, und verschaffte sich mit einigen wilden Hieben mehr Raum. Dann schoss ein langer, dicker Schweif unter dem Umhang hervor, und legte sich auf die Schulter, neben den Kopf des Homunkulus'. Der Schweif endete in etwas, dass wie der Kopf eines Menschen aussah und... nun ja, auch einmal der Kopf eines Menschen gewesen war. Der Kopf hatte keinerlei Haare mehr, der Mund stand weit offen, und die Augen waren nur noch leere, schwarze Höhlen. Der Kopf am Schwanz des Homunkulus ließ ein leises Zischen hören, und kurz darauf schossen schwarze Flammen aus dem Mund und den Augen des Menschenkopfes, und flogen direkt auf die Spinnen zu. Die Kreaturen begannen sofort zu brennen, ließen ein wildes Kreischen hören und rollten sich auf dem Boden, um die Flammen zu löschen, jedoch ohne Erfolg. Das schwarze Feuer ging nicht aus, sprang nicht auf den Wald über, und brannte solange weiter, bis von den Spinnen nichts weiter, als ein Haufen Asche übrig geblieben war. Die restlichen Kreaturen hatten anscheinend kein Interesse daran, das Schicksal ihrer Artgenossen zu teilen, und machten sich so schnell sie konnten aus dem Staub. Die Homunkuli machten keine Anstalten sie zu verfolgen, sondern hüllten sich wieder in ihre Umhänge, und kehrten an Coras Seite zurück. Die Stacheln am Rücken des einen zogen sich zurück unter den Umhang, und auch die Schwerthände verschwanden, so dass die beiden wieder einfach wie zwei buckelige, große Menschen aussahen, die neben Cora durch den Wald liefen.
Die Forscherin hatte von der ganzen Sache nicht viel mitbekommen, sondern war ganz in ihren eigenen Gedanken versunken. Als sie merkte, dass die Spinnen anscheinend geschlagen waren, was sie vor allem durch den Gestank von verbranntem Fleisch, und dem Blut der Spinnen merkte, lächelte sie zufrieden, und tätschelte die Schultern ihrer Homunkuli. „Gute Arbeit, ihr zwei... drei... fünf... ach egal, gute Arbeit.“ sagte sie fröhlich. „Dafür habt ihr euch ein paar Verbesserungen verdient, sobald wir wieder zuhause sind, werde ich mich darum kümmern.“ Während sie äußerlich zwar zufrieden, aber ansonsten vollkommen ruhig wirkte, platze Cora innerlich fast vor Stolz. Ihre Kreationen funktionierten! Zwar hatte sie den Beweis dafür schon beim Rebellenlager erhalten... aber das war nur ein Einsatz. Viele ihrer früheren Kreationen waren während des zweiten, richtigen Tests gestorben, auseinandergefallen, oder gar in einer Fontäne aus Blut explodiert. Dass die beiden alles überstanden hatten, machte sie unglaublich glücklich. Vor allem, dass das schwarze Feuer funktionierte, sorgte dafür dass Cora in Hochstimmung verfiel. Der Zauber war schon schwierig genug für einen richtigen Magier, ein Homunkulus der ihn benutzen konnte... so etwas hatte es noch nie gegeben. Aber sie hatte einen Weg gefunden! Sie ganz allein, ohne Hilfe von Dârthallion, oder dem Buch der Bladelli! Insgeheim fragte Cora sich, ob die anderen Forscher, die mit Homunkuli arbeiteten, wussten, wie nahe sie der Lösung für feuerspeiende Kreaturen eigentlich waren. Es war so einfach, wenn man es einmal wusste! Man brauchte nur die Luftröhre eines Drachen, oder einer Wyvern, den Kopf eines starken Magiers, und sieben Blutopfer, die das Ritual einleiteten. Wenn man dann wusste, wie man diese Materialien verbinden musste, und wie das Ritual ablaufen sollte, war es ein leichtes, Homunkuli zu erschaffen, die dazu in der Lage waren Feuer durch die Gegend zu spucken. Noch während Cora über ihre Kreationen nachdachte, erreichte sie das Ziel ihrer Reise. Sie stand vor einer alten, verfallen aussehenden Hütte. Von Außen nichts besonderes, von Innen wahrscheinlich auch nicht, aber Cora konnte deutlich die mächtige, magische Präsenz spüren, die sich in der Hütte befand. Die Forscherin atmete einmal tief ein und aus, dann betrat sie das Gebäude.
„Ah, Cora! Schön dich zu sehen!“ kaum hatte sie die Hütte betreten, wurde sie auch schon begrüßt. Auf einer Art Thron, in der Mitte des Raumes in dem sie sich befand, saß eine Frau, mit langen, schwarzen Haaren und grünen Augen. Sie trug ein teures Kleid aus roter Seide, dass ihren Körper perfekt betonte, und dazu weiße Handschuhe aus Samt. Die Frau stand von ihrem Thron auf, und ging auf Cora zu. „Ich habe alles gesehen, was passiert ist, seit du hier angekommen bist.“ sagte sie, und tätschelte den Kopf der jungen Forscherin, was diese ziemlich verwirrte. „Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nie erwartet, dass du in der Lage bist solche... wunderbaren Kreaturen zu erschaffen.“ fuhr Erica fort, und bei ihren Worten spürte Cora, wie Stolz in ihr aufstieg. Erica Bladelli hatte ihre Homunkuli gelobt. Erica Bladelli, die Expertin, wenn es um künstliche Lebensformen ging! Die Frau, die sogar vom Professor respektiert und verehrt wurde!
„Vielen Dank, Lady Bladelli. Es ist eine große Ehre, das von Euch zu hören.“
„Ach, ich bitte dich meine Liebe, nenne mich Erica.“ sagte die Bladelli und lächelte. „Wir sind doch hier unter Forschern, oder nicht?“ fragte sie und zwinkerte Cora zu.
„Ja, natürlich Lady... Erica.“
„Sehr schön, und da du hier bist, gehe ich davon aus, dass dieser Drecksack von Schattenritter sich dazu entschieden hat, mit mir zu arbeiten?“
Cora lachte kurz auf, als sie hörte wie die Bladelli über den Schattenritter sprach. Sie schien keine Angst vor ihm zu haben. „So halbwegs, ich bin hier um mir anzuhören, was Ihr... was du für ein Angebot für uns hast.“
„Ah ja, natürlich. Mein Angebot gilt nicht für den Ritter, sondern für den Professor. Ich werde meine Forschungsergebnisse mit ihm teilen, und natürlich auch mit dir. Im Gegenzug dafür will ich fünf... nein, acht tote Magierinnen. Mächtige Magierinnen, wohlgemerkt. Mir egal, ob es Menschen oder Alfar sind, sie müssen nur mächtig und tot sein. Und ihre Körper müssen sich in einem guten Zustand befinden.“
Cora runzelte die Stirn. „Das ist alles?“
„Das ist alles. Ich habe euch doch gesagt, was mein Ziel ist, oder nicht?“
„Du willst einen Gott erschaffen, oder zumindest so etwas ähnliches. Wenn ich ehrlich bin, habe ich noch immer Schwierigkeiten, daran zu glauben dass es dir überhaupt gelingen kann.“
Erica nickte verständnisvoll. „Ich weiß, es ist schwer, sich so etwas vorzustellen... und deswegen werde ich euch auch Beweise vorlegen. Sobald ich die Körper habe, dürfen du und der Professor einmal einen Blick auf meine geheimsten Forschungsergebnisse werfen. Das wird euch schon noch davon überzeugen, dass ich sowohl das Wissen, als auch die Mittel habe, um diesen Plan in die Tat umzusetzen.“ Erica wartete eine Weile, ehe sie erneut ein Lächeln aufsetzte und fortfuhr. „Außerdem... sobald ich meine Körper habe, werde ich dazu in der Lage zu sein, euch das Wesen zu zeigen, von dem ich geredet habe.“
„Was soll das heißen?“
„Oh, das ist eine Überraschung für euch! Lasst euch nur gesagt sein, dass es sich lohnen wird.“
Cora zögerte nur einen winzigen Augenblick, dann nickte sie. „Also gut, wir werden dir deine Körper besorgen.“
„Sehr gut! Ich wusste doch, dass ich mich auf dich verlassen kann... oh, Rhael, Morrigan! Kommt doch her!“ rief Erica, und winkte jemandem zu, der sich hinter Cora und ihren Homunkuli befand. Die Forscherin wandte sich um, und sah zwei Alfar, die sich ihr näherten, ein Mann und eine Frau. Die beiden verneigten sich vor Erica, dann ergriff der Mann, Rhael, das Wort.
„Herrin, Ihr habt uns gerufen?“
„In der Tat, das habe ich. Wir haben ein kleines Problem in Navea.“ sagte Erica und seufzte.
„Luca?“
„Genau, ich fürchte, es hat uns verraten und den Rücken zugekehrt... das war auch zu erwarten gewesen, jetzt wo es weiß, dass wir Naruz nicht haben.“
„Sollen wir ihn ausschalten?“
Erica lachte laut los. „Oh, Rhael! Du bist zu witzig! Du glaubst wirklich, dass du gegen es gewinnen könntest?“ fragte die Bladelli, und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Ich wusste gar nicht, dass du so einen Sinn für Humor hast. Nein! Du sollst dein Leben nicht sinnlos wegwerfen, ich habe eine andere Aufgabe für dich. Sollte Luca rausfinden, was damals nahe Muspelheim wirklich passiert ist, und sollte es, oder Naruz, den letzten Zauber entschlüsseln, der in ihnen wohnt, könnte es Probleme für uns geben. Und wir haben ein kleines, loses Ende in Navea, dass den beiden helfen könnte, das alles herauszufinden. Ich möchte, dass du es für mich beseitigst.“
Rhael grinste. „Aber natürlich, Herrin. Ich konnte den Akashi eh noch nie leiden. Wir werden sofort aufbrechen, und...“
„Du wirst sofort aufbrechen, Morrigan kriegt eine andere Aufgabe. Sie wird etwas für mich vorbereiten müssen, in einer kleinen Stadt, nicht allzu weit von hier entfernt. Glaubst du, du schaffst das, Morrigan?“
„Natürlich, Herrin.“
„Wunderbar... oh, Verzeihung Cora, ich habe dich ganz vergessen. Schenke dem ganzen hier am besten keine Beachtung, es sind nur ein paar Vorbereitungen, die ich treffen muss.“
„Ich verstehe. Also gut, dann werde ich nach Vanaheim zurückkehren, und dem Professor alles erzählen... sollen wir die Körper hierher bringen?“
„Das wäre wirklich reizend, vielen Dank.“
„Dann... bis in ein paar Tagen, schätze ich.“ murmelte Cora, verneigte sich leicht vor Erica, und kehrte dann mit ihren Homunkuli zurück zur Lichtung, um von dort das Portal zurück nach Vanaheim zu nehmen. Der Tag war wirklich gut gelaufen, und wenn sie Glück hatte, wäre Dârthallion so zufrieden mit ihr, dass er ihnen beiden Morgen frei gab, um den ganzen Tag mit ihr zu verbringen!
…
Naruz seufzte, und sah in den Spiegel. Er trug eine neue Paradeuniform der Bladelli, die Paolo ihm heute geschenkt hatte. Heute war sein Geburtstag, und es war bereits Abend, was bedeutete, dass die ganzen Gäste bald eintreffen würden... gut, diejenigen, die nicht sowieso im Haus wohnten. Sein Großvater hatte eigentlich darauf bestanden, alle Bladelli einzuladen, und ein großes Fest zu feiern, aber das wollte Naruz nicht. Es war ihm viel lieber, wenn so wenig Gäste wie möglich kamen, und nur diejenigen, die er zu seinen Freunden oder zur Familie zählte. Na ja, und Theresia Akashi. Naruz kam mit ihr einfach nicht zurecht, einerseits erledigte sie ihre Arbeit gut, aber andererseits... war sie einfach zu verführerisch, als dass die Sache noch lange weiter gut gehen konnte. Theresias Verführungsversuche waren äußerst direkt und offensichtlich, aber trotzdem zeigten sie Wirkung. Selbst Naruz war sich nicht sicher, wie lange er noch überzeugend 'Nein' zu ihr sagen könnte. Vielleicht sollte er sie in Zukunft woanders arbeiten lassen... stellte sich bloß die Frage wo. Vielleicht sollte er mal mit seinem Großvater darüber reden, der hatte immerhin schon einiges an Erfahrung, als hochrangiges Mitglied der Kirche, und wusste vielleicht, wie man mit den Akashi fertig wurde. Leider würde heute Abend keine Möglichkeit dazu bestehen, denn Paolo hatte ein wichtiges Treffen mit André und Belenus, weshalb er nicht beim Fest sein konnte. Es würden also nur die Schattenjäger, Aleyandra, Saeca, und Analisa zu Gast sein. Naruz hatte zwar nur hin und wieder mit der Schmiedin zu tun, aber er mochte sie. Sie war freundlich, hilfsbereit und hatte einen Sinn für Humor, weshalb er sehr gut mit ihr zurechtkam.
„Die Uniform steht dir.“ sagte eine Stimme hinter Naruz, und dieser drehte sich lächelnd um.
„Findest du wirklich?“ fragte er, an Naleya gewandt. Die angehende Hexe saß auf einem Stuhl und ließ die Beine baumeln, während sie darauf wartete, dass Naruz endlich damit fertig wurde, in den Spiegel zu starren.
„Natürlich, ich bin mir sicher, deiner Freundin wird es auch gefallen.“ Naleya trug ein schwarzes Kleid, mit roten Verzierungen, hatte jedoch nicht auf ihren seltsamen Hut verzichtet, der ein wenig schief auf ihrem Kopf saß.
„Ich hoffe es. Übrigens, ich möchte dir noch einmal für deine Hilfe danken. Ich habe noch immer ein schlechtes Gefühl dabei, dich das ganze Essen kochen zu lassen.“ sagte er, doch Naleya schüttelte mit dem Kopf.
„Das macht nichts, ich helfe gerne. Außerdem kann ich dir so etwas zurückgeben.“
„Zurückgeben?“
„Ja, du hast dich immer gut um Aynaeth gekümmert, ich habe gehört, dass du sie in Candeo extra woanders hingeschickt hast, damit sie nicht gegen den Vampir kämpfen musste. Außerdem hast du mir mit meiner Arbeit für die Akademie geholfen. Du bist nett, und es tut mir leid, dass ich bei unserer ersten Begegnung Angst vor dir hatte.“
„Ach, das braucht dir nicht leid tun... aber egal, lassen wir das. Du weißt, was du heute Abend zu tun hast?“
Naleya nickte, mit ernstem Gesichtsausdruck. „Keine Sorge Naruz, ich werde dich nicht enttäuschen. Ich verstehe mich gut mit Saeca, sobald sie ankommt, werde ich mich an ihre Fersen heften, und sie nicht mehr aus den Augen lassen. Sie wird keine Gelegenheit haben, irgendwo Dango zu verstecken, das verspreche ich dir!“ sagte sie, voller Überzeugung, was Naruz auflachen ließ.
„Danke, du ahnst gar nicht, wie viel mir das bedeutet.“
„Ach was, es ist nichts besonderes...“
„Nein, wirklich. Du ahnst nicht, wie viel es mir bedeutet.“ meinte Naruz, und sein Lächeln wirkte ein wenig gezwungen. Erst gestern hatte er den oberen Teil seines Kleiderschranks geöffnet, weil er dort seine alte Paradeuniform aufbewahrte, und wurde von einer wahren Flut aus Dango begraben. Er tat es nicht gerne, aber Naruz musste sich eingestehen, dass er kurz davor war den Krieg um die Villa zu verlieren. Saeca hatte bereits viel zu viele Stellen der Villa mit ihren Dango okkupiert, und es würde wahrscheinlich Wochen, wenn nicht sogar Monate, dauern, um alle Verstecke zu finden, und zu vernichten. Also blieb Naruz nichts anderes übrig, als Verstärkung zu rekrutieren.
„Ist alles in Ordnung, Naruz?“
„Oh, mir geht es blendend. Lass uns am besten in den Festsaal gehen, die anderen warten bestimmt schon auf uns.“ meinte er, und gemeinsam mit Naleya machte er sich auf den Weg. Bis vor kurzem hatte Naruz nicht einmal gewusst, dass die Villa einen Festsaal hatte. Er war groß genug, um knapp hundert Leuten Platz zu bieten, nichts verglichen mit dem der Akashi, oder er Doni, aber trotzdem viel zu groß, für die paar Gäste, die Naruz erwartete. Leider war das einzige andere Zimmer, dass dafür in Frage kam die Bibliothek gewesen... und die war momentan dermaßen mit Büchern, Akten und Dokumenten vollgestapelt, dass man dort kein Fest feiern konnte. Auf dem Weg zur Bibliothek hörte Naruz, wie es an der Tür klopfte und blieb stehen. „Warte, ich gehe schon!“ rief er zu einem Diener, der gerade auf dem Weg zur Tür war. Der Mann verbeugte sich, und ging dann ein paar Schritte zurück, um Naruz den Vortritt zu lassen. Als Naruz die Tür öffnete, standen drei Personen vor ihm. Zum einen war da Analisa, die ein blaues Kleid trug, und einen schlichten, braunen Sack in der Hand hielt. Ihr Anblick erstaunte Naruz, er hatte eigentlich erwartet, dass die Schmiedin in ihrer üblichen Kleidung aufkreuzen würde, anstatt sich etwas... festlicheres anzuziehen. Anscheinend stand ihm auf die Stirn geschrieben was er dachte, denn Analisa lächelte ihn an, und umarmte ihn.
„Alles gute zum Geburtstag, Naruz! Du siehst so aus, als wenn du sagen willst 'Ach, die kann auch was anderes anziehen, als ihre Schmiedesachen?'“ meinte sie, was Naruz kurz husten ließ.
„Ähm... nein, nein, es ist nicht so, als wenn ich nicht erwartet hätte, dass du... also schön, du hast recht. Es freut mich, dass du kommen konntest.“
„Kein Problem! Ich lasse mir doch nicht den Geburtstag von meinem besten Versuchska... Kunden entgehen!“
„Versuchskaninchen! Du wolltest Versuchskaninchen sagen!“
„Ach was, das bildest du dir nur ein, oh, du musst Naleya sein. Würdest du mich vielleicht zu den anderen Gästen bringen?“ fragte Analisa, an die junge Hexe gewandt. Diese nickte, und machte sich dann auf dem Weg zum Festsaal.
„Alles gute zum Geburtstag, Naruz-senpai!“ rief Saeca, und schüttelte Naruz die Hand, nachdem die Schmiedin verschwunden war. Die Armani trug den selben Kimono, den sie schon auf dem Ball der Akashi getragen hatte.
„Alles gute, Naruz.“ sagte Aleyandra lächelnd, umarmte Naruz, und küsste ihn, nachdem Saeca von ihm abgelassen hatte.
„Vielen Dank euch beiden.“ sagte Naruz, und sah Aleyandra verträumt an. Sie trug ein einfaches, schwarzes Kleid, und eine Halskette aus Silber, mit einem großen Rubin. Sie sah einfach wunderschön aus, und Naruz konnte seinen Blick fast gar nicht von ihr lösen. „Du siehst wunderschön aus, Aleyandra.“
„Wirklich? Ich meine... danke, du siehst auch gut aus.“ meinte Aleyandra, und lächelte fröhlich.
„Seid ihr Analisa auf dem Weg begegnet?“ fragte er, und bedeutete den beiden ihm in die Villa zu folgen, wo er sie dann in Richtung Festsaal führte.
„Wir haben uns vor der Tür getroffen.“ meinte Aleyandra. „Sind wir die letzten?“
„Ja, aber keine Sorge, die meisten sind gerade erst angekommen, und ein Teil von ihnen war eh schon hier.“ sagte Naruz lächelnd, und packte Saeca m Kragen ihres Kimonos. Die Armani war gerade im Begriff gewesen, sich in Richtung Bibliothek davonzustehlen, aus welchem Grund auch immer. Naruz konnte zwar keine Dango sehen, aber Saeca hatte ein Talent dafür, die Dinger aus dem Nichts heraus zu zaubern, und sie überall zu verstecken, also war es am besten, kein Risiko einzugehen. „Du dürftest eigentlich alle Gäste kennen, oder ihnen zumindest schon einmal begegnet sein. Mein Großvater wollte zwar noch einige andere Bladelli einladen... aber ich habe abgelehnt. Ein zu großes Fest wäre nichts für mich.“
„Ich verstehe...“ Aleyandra verlangsamte ihre Schritte, was auch Naruz dazu brachte anzuhalten.
„Ist etwas, Aleyandra?“
„Ja... hier.“ sagte sie, und drückte Naruz ein Geschenk in die Hand, das mit blauem Papier umwickelt war.
„Hm? Kann das nicht warte, bis wir bei den anderen sind?“
„Ich... ähm, wollte die erste sein, die dir ihr Geschenk gibt. Außerdem... außerdem wollte ich dir sagen, dass du es... na ja, vielleicht öffnen solltest, wenn du alleine bist. Nein, du musst es aufmachen, wenn du alleine bist. Kein anderer darf dabei sein, verstanden?“
„Ähm... gut, von mir aus. Ich verstehe zwar nicht warum, aber wenn es dir so wichtig ist, werde ich es später aufmachen. Ich lasse es in mein Zimmer bringen, einverstanden?“
Aleyandra nickte erleichtert. „Ja, das ist eine gute Idee.“
„Also gut... hallo? Ja, du. Könntest du das hier bitte in mein Zimmer bringen? Lege es einfach aufs Bett. Gut, danke.“ meinte Naruz, an einen Diener gewandt, dann setzten er, Aleyandra und Saeca ihren Weg fort. Kurz darauf betraten sie den Festsaal, der reichlich geschmückt war. Ein großer Kronleuchter hin an der Decke, und an den Wänden befanden sich Wandteppiche, in die das Wappen der Bladelli gestickt waren. Die vielen Tische im Saal waren überall verteilt worden, und auf ihnen standen Flaschen mit Getränken, und diverse Teller mit Essen, sowohl warmes, als auch kaltes.
„Ah, da bist du ja! Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr!“ rief Luca, als er Naruz bemerkte. Er und Retia gingen gemeinsam auf Naruz zu, die junge Magierin trug ein grünes Kleid, eine Halskette aus Jade, und zwei Ohrringe, an denen kleine Smaragde hingen. Sie lächelte zwar, aber hin und wieder warf sie Luca einen leicht beleidigten Blick zu, was Naruz lächeln ließ. Anscheinend hatte da wohl jemand nichts zum Kleid von Retia gesagt. „Und Aleyandra, Saeca! Schön euch zu sehen.“ meinte Luca, und schüttelte ihnen die Hand. Als er Saeca in ihrem Kimono sah, bekam er jedoch einen leicht traurigen Gesichtsausdruck.
„Ist alles in Ordnung, Lu-chan?“ fragte Saeca, und legte den Kopf schief.
„Lu... chan?“ fragte Luca und blinzelte verwirrt.
Saeca nickte. „Ja, du bist nicht mehr der Feind von Onee-chan, also darfst du jetzt Lu-chan heißen.“
„Ähm... danke, schätze ich.“
„Kein Problem. Ist mit dir jetzt alles in Ordnung? Du hast mich so komisch angeguckt.“
„Was? Oh, ja, alles bestens. Du... hast mich nur an jemanden erinnert.“ Luca seufzte und schüttelte den Kopf. „Aber egal, das ist jetzt nicht wichtig. Los, Naruz. Komm in die Mitte, damit wir dir unsere Geschenke geben können, gratuliert haben wir dir ja schon.“
„Ähm... also, ihr braucht mir nicht wirklich etwas zu schenken, und...“
„Naruz, es ist dein Geburtstag. Du kriegst Geschenke, ob du es willst oder nicht! Und jetzt komm... wo ist eigentlich Anya?“ fragte Luca und runzelte die Stirn, während er Naruz, Aleyandra und Saeca in die Mitte des Saals führte, wo die anderen sich versammelt hatten.
„Gute Frage, ich habe sie schon eine Weile lang nicht mehr gesehen. Sie wollte sich eigentlich nur umziehen.“ meinte Nikodemus und zuckte mit den Schultern. Das Mysterium wurde jedoch schon kurze Zeit später gelöst. Die Tür zum Festsaal flog auf, und eine wütende Anya betrat den Raum. Sie trug eine... Uniform, die normalerweise Haushälterinnen anhatten, wenn auch ein wenig freizügiger. Ein schwarzer Rock ging ihr bis zu den Knien, ebenso wie lange, weiße Strümpfe. Zusätzlich trug sie eine schwarz-weiße Bluse, mit einem tiefen Ausschnitt.
„Victoria! Wo ist mein Festkleid?“ fragte die Bladelli wütend, und stapfte auf die blauhaarige Templerin zu, die sich ein wenig hinter Nikodemus versteckt hatte, und ihre Brille zurechtrückte, ehe sie sich an Naruz wandte.
„Tada! Mein Geschenk!“ meinte sie, und deutete auf Anya. Diese hielt überrascht an, und drehte den Kopf zur Seite. Als sie Naruz bemerkte, der sie belustigt ansah, lief sie rot an, und verschwand hinter Aynaeths Rücken. Die Hexe trug ein feuerrotes Kleid, auf das mit schwarzer Seide seltsame Runen gestickt worden waren.
„Weißt du, Victoria? Du kannst wirklich ziemlich gemein sein.“ meinte Naruz, lächelte jedoch.
„Gefällt es dir nicht?“
„Oh, so kann man das nicht sagen, es steht ihr ausgezeichnet.“ sagte er, und sah, wie Anya noch ein wenig röter wurde. „Aber es wäre trotzdem nett, wenn du meine kleine Cousine nicht dauernd so ärgern würdest.“ fuhr er fort, und ging zu Anya hinüber. „Du brauchst dich nicht zu verstecken, Anya. Du siehst gut darin aus, und es ist nicht so freizügig, wie du vielleicht denkst...“ Naruz Blick wanderte zu Theresia Akashi, die ein paar Schritte entfernt stand, und ein Kleid trug, dass man großzügig als 'aufreizend' bezeichnen konnte, auch wenn es beinahe so kurz war, dass sie auch gleich in Unterwäsche hätte kommen können. „Außerdem gibt es eh jemanden, der etwas weitaus schlimmeres trägt.“ fügte er dann leise hinzu.
„K-kleine Cousine?“ murmelte Anya. „I-ich bin älter als du.“ meinte sie, trat jedoch hinter Aynaeth hervor. Da sie größer als die Hexe war, hatte es ihr eh nicht viel geholfen, sich dort zu verstecken.
„Stimmt, aber das kam einem nie so vor.“ meinte Luca. „Früher war es immer so, als wenn du die jüngste von uns gewesen wärst. Weißt du noch, wie oft Naruz dich trösten musste? Oder wie oft du versucht hast, ihn zu beeindrucken? Zum Beispiel das eine mal, als du ein paar Kekse gebacken hattest, die... Anya?“ Während Luca sprach, hatte Anya ihre Hände auf die Ohren gepresst und sich in eine Ecke gehockt. Es war schon schlimm genug für sie, dass die ganzen, peinlichen Erinnerungen aus ihrer Kindheit wieder zu ihr zurückkamen, da konnte sie es nicht auch noch gebrauchen, dass sie jemand so direkt darauf aufmerksam machte.
„Ähm... ja... am besten machen wir weiter.“ murmelte Victoria, kniete sich neben Anya und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Keine Sorge, wir alle machen Fehler und haben peinliche Erinnerungen... manche mehr als andere, aber das ist doch letztendlich egal, oder nicht?“ Naruz hatte ehrliche Zweifel daran, ob Victorias Aufmunterungsversuche, ihre Freundin wirklich... nun ja, aufmuntern würden, aber er kam nicht mehr dazu, seine Bedenken zu äußern. Denn als nächstes überreichte Luca ihm sein Geschenk.
„Hier, das ist für dich... mir ist nichts besseres eingefallen, und ich weiß, dass du zu alt dafür bist... aber na ja, früher hast du das Buch immer gemocht. Also habe ich mir gedacht, warum nicht?“ murmelte er, während Naruz das Geschenk auspackte. Als er sah, was es war, lachte er leise. Es war ein Kinderbuch, über einen heldenhaften Pinguinritter, der seine Heimat vor ein paar bösen Dämonen beschützte. Er konnte sich daran erinnern, dass er das Buch früher wirklich geliebt hatte, und Luca es ihm oft vorlesen musste.
„Danke, Luca. Es gefällt mir.“
„Wirklich? Ich war mir überhaupt nicht sicher, und...“
„Luca, ganz ruhig. Du bist viel zu aufgeregt.“ sagte Naruz lachend, und sein Bruder atmete tief ein und aus.
„Also gut, wenn es dir gefällt, dann ist ja alles... gut.“ meinte er, und trat einen Schritt zurück. Als nächstes kam Aynaeth auf Naruz zu, mit Grimm, der an ihrer Seite schwebte.
„Alles gute zum Geburtstag.“ sagte Aynaeth, stellte sich auf Zehenspitzen und streichelte Naruz den Kopf.
„Ja... danke, Aynaeth.“ sagte Naruz, sah jedoch ein wenig verwirrt drein, ehe ihm einfiel, dass er vor knapp einer Woche das gleiche bei der Hexe getan hatte. Er hatte das ganze schon komplett vergessen, Aynaeth schien es jedoch keine Ruhe zu lassen.
Als sie Naruz' verwirrten Blick bemerkte, seufzte die Hexe. „Also auch kein Geburtstagsritual?“ fragte sie, sichtlich enttäuscht.
„Ähm, was?“
„Nichts, vergiss, was sie gesagt hat.“ meinte Grimm, und stupste Aynaeth mit seiner Schnauze an. „Sie will nur, dass ich vergesse sie an ihr Geschenk zu erinnern. Los jetzt, du schaffst das schon, Aynaeth. Es ist nicht so schwer, wie du denkst.“
Die Hexe zögerte eine ganze Weile lang, dann hatte sie jedoch plötzlich einen kleinen Beutel in der Hand, und drückte ihn Naruz gegen die Brust. „Für... dich.“ murmelte sie, schluckte, und ließ den Beutel dann los, auch wenn sie sichtlich mit sich kämpfen musste.
Naruz öffnete den Beutel, und sah, dass sich mehrere Bonbons, und andere Süßigkeiten darin befanden. „Das ist für mich?“ fragte er, und konnte nicht wirklich glauben, dass Aynaeth tatsächlich etwas Süßes verschenkte.
„Ja... ist es. I-ich... b-brauche es n-nicht...“ stotterte die Hexe, wandte den Blick ab, und ging zu einem Tisch in der Nähe, auf dem sich diverse Kuchen befanden.
„Siehst du? War doch ganz leicht.“ meinte Grimm, und tätschelte Aynaeths Schulter, während diese sich über die Kuchen hermachte.
„Also gut, dann bin ich als nächstes dran!“ meinte Analisa, und trat nach vorn...
Es dauerte eine ganze Weile, bis alle Gäste ihre Geschenke verteilt hatten. Aber als sie damit fertig waren, konnte die eigentliche Feier endlich beginnen. Die Gäste verteilten sich, und unterhielten sich miteinander. Zwar arbeiteten sie schon seit über einer Woche zusammen, aber sie hatten nie wirklich Zeit gehabt, einander näher kennenzulernen. Vor allem Retia gab sich alle Mühe, sich mit den anderen Mitgliedern der Schattenjäger bekannt zu machen. Naruz und Aleyandra standen gerade in einer Ecke des Raums, und unterhielten sich miteinander, als Mizore zu ihnen kam, woraufhin Aleyandras Blick sich sofort verfinsterte. Der Abend war bereits weit vorangeschritten, und es ging auf Mitternacht zu, weshalb es ein kleines Wunder war, dass die beiden sich noch nicht früher begegnet waren.
„Hallo, Naruz. Hallo... Silberschopf.“ begrüßte die Schwerttänzerin die beiden. Aleyandra stand kurz davor, eine bissige Antwort zu geben, hielt sich jedoch zurück. Sie würde sich nicht auf einen Kleinkrieg mit Mizore einlassen, während Naruz in der Nähe war.
„Ah, hallo Mizore. Ihr zwei kennt euch ja noch nicht wirklich... das letzte mal, als du sie gesehen hast, hatte sie ja geschlafen.“ meinte Naruz, der von der Feindseligkeit, die zwischen den beiden Mädchen herrschte, nichts mitzubekommen schien. „Das ist Aleyandra, meine Freundin. Du erinnerst dich vielleicht, dass ich dir in Demarech von ihr erzählt habe.“
Mizore nickte. „Die, mit der du Schluss gemacht hast?“
„Ähm... ja... das war damals. Wir sind wieder zusammen, ich habe damals einen schrecklichen Fehler gemacht, ich hätte mich nie von ihr trennen dürfen.“ meinte Naruz, woraufhin Aleyandra ihn anstrahlte. „Und... na ja, wir haben wieder zusammengefunden. Es wird nichts mehr geben, was uns trennen kann.“ fügte er dann hinzu.
„Wir werden sehen.“ murmelte die Schwerttänzerin.
„Was?“
„Oh, nichts, nichts! Alles in Ordnung. Sag mal... ist dein Bruder eigentlich vergeben?“ fragte Mizore. Allerdings eher um das Thema zu wechseln, nicht weil sie wirklich an Luca interessiert war. Er sah zwar ein wenig aus wie Naruz... aber er wirkte weit langweiliger auf sie, er machte die ganze Zeit nichts anderes, als mit Naruz zu reden, oder zu versuchen in seiner Nähe zu sein, was es Mizore weitaus schwerer machte, genau dies selbst zu tun, in der wenigen freien Zeit, die ihnen als Schattenjäger blieb.
„Ich... glaube schon. Jedenfalls scheint Retia ihn zu mögen, und ich... ach vergessen wir das, ich würde sagen, ja. Er ist vergeben.“
„Mhm, schade.“ meinte Mizore, zuckte mit den Schultern und ging dann in Richtung Retia, die sich gerade mit Nikodemus unterhielt. „Viel Spaß noch.“ sagte die Schwerttänzerin, und winkte den beiden zu.
Naruz runzelte die Stirn. Das ganze lief viel zu gut... er hatte eigentlich befürchtet, dass es ein Drama geben würde, wenn sowohl Aleyandra, als auch Theresia und Mizore im selben Raum waren. Allerdings schien keiner von ihnen einen Streit anfangen zu wollen, worüber Naruz unheimlich froh war. „Ach ja, da fällt mir etwas ein, Aleyandra.“ sagte er plötzlich, und drehte sich wieder zu seiner Freundin.
„Was denn?“
„Ich habe mich vorhin mit Saeca unterhalten, und sie meinte... na ja, dass du gerne mit mir getanzt hättest, auf dem Ball der Akashi.“
„Oh... also, es ist nicht so, als wenn du...“ Aleyandra brach ab und seufzte. Es hatte eh keinen Sinn, ihm etwas vorzuspielen. „Saeca hat recht.“ murmelte sie. „Ich... ich hätte wirklich gerne mit dir getanzt.“
„Die Meinung wird sich vielleicht ändern, sobald du rausfindest, dass ich ein äußerst schlechter Tänzer bin.“ meinte Naruz lächelnd. Ehe Aleyandra jedoch etwas sagen konnte, fuhr er fort. „Aber gut, pass auf. Bald findet ein Konzert hier in Navea statt, und ich habe es geschafft, zwei Karten dafür zu kriegen. Es werden verschiedene Musiker auftreten, unter anderem ein kleines Orchester, bei dem man sicherlich auch tanzen kann. Wie wäre es, wenn wir beide dorthin gehen?“
Aleyandra fing förmlich an zu strahlen, als sie das hörte, und fiel Naruz um den Hals. „Natürlich! Ich würde gerne mit dir dorthin gehen! Wann ist es?“ fragte sie aufgeregt.
„Es ist... Saeca? Ist mit dir alles in Ordnung?“ fragte Naruz, als er die Armani bemerkte. Aleyandra folgte seinem Blick, und sah, wie Saeca langsam, und mit schwankenden Schritten auf sie und Naruz zu torkelte.
„Saeca? Was ist los?“ fragte Aleyandra, ein wenig besorgt. So hatte sie die Armani noch nie gesehen. Saecas Augen waren halb geschlossen, und sie trug ein breites Grinsen im Gesicht. In ihrer Hand hielt sie ein großes Glas, das halbvoll mit Apfelsaft war.
„Owne... Ohwne... Onee-chan...“ murmelte Saeca mit lallender Stimme, als sie näher kam, und viel Aleyandra um den Hals. „Waischt duuuuu, dass... daisuki, desu?“
„Ähm, was?“ fragte Aleyandra, vollkommen verwirrt.
„Ah... öhm... ich... liebe dich.“ sagte Saeca, quälend langsam, und fing dann an zu kichern.
Naruz hatte inzwischen das Glas aus Saecas Hand genommen, und roch daran.
„Das ist kein Apfelsaft, das ist...“
„Apfelkorn.“ sagte jemand, der neben ihnen stand, und Aleyandra und Naruz drehten ihre Köpfe, um zu sehen, um wen es sich wohl handelte. Es war Aynaeth, neben ihr stand Naleya und trat unruhig von einem Bein aufs andere, während die Hexe selbst einen Daumen in die Luft reckte.
„Apfelkorn... Aynaeth, du hast Saeca Alkohol gegeben?“ fragte Naruz, und die Hexe nickte.
„Ich habe gehört, dass Armani keinen Alkohol vertragen. Mission 'schaltet den Hamster aus', war ein voller Erfolg.“ meinte Aynaeth. Naruz und Aleyandra starrten sich einfach nur ungläubig an. Bevor einer von ihnen noch etwas sagen konnte, blitzte plötzlich etwas in Saecas Augen auf, und der Kopf der Armani schoss nach vorn. Saecas Lippen legten sich um Aleyandras Ohrläppchen, und mit einem glücklichen Grinsen, und geschlossenen Augen, begann sie, sanft darauf herumzukauen.
„S-saeca... w-was machst d-du da?“ fragte Aleyandra, schluckte nervös und versuchte die Armani von sich zu schieben, jedoch ohne Erfolg. Saeca drückte sich stattdessen noch fester an Aleyandra, und fuhr munter damit fort, an Aleyandras Ohr zu knabbern. Plötzlich merkte Aleyandra, wie Saecas Zunge sie berührte, und sie biss sich auf die Lippe, um nicht aufzustöhnen. Naruz und Naleya waren sichtlich rot geworden, standen jedoch weiterhin einfach nur da, und sahen dabei zu, wie Aleyandra versuchte Saeca loszuwerden. Aynaeth hingegen legte den Kopf schief, und musterte Aleyandra.
„Das sieht lustig aus.“ sagte sie schließlich, und trat einen Schritt nach vorn. „Darf ich es auch einmal versuchen?“ fragte sie, woraufhin Aleyandra hochrot anlief.
„Nein! Und jetzt helft mir endlich!“
„Onee-chan...“ Aleyandra senkte den Blick, als sie Saecas Stimme hörte. Diese hatte inzwischen von Aleyandras Ohr abgelassen, und ihren Kopf auf die Schulter ihrer Onee-chan fallen lassen. Die Armani war anscheinend eingeschlafen, und atmete ruhig und leise ein und aus, während sie hin und wieder etwas im Schlaf murmelte.
Aleyandra atmete erleichtert auf. „Endlich... warum habt ihr mir nicht geholfen?“ fragte sie, an Naruz und Naleya gewandt. Die beiden wandten den Blick ab.
„Na ja... also... ähm... ich wollte euch nicht stören, es sah so aus, als wenn ihr... einen... ähm, äußerst intimen Moment genossen habt.“ stotterte Naruz vor sich hin, und Naleya nickte zustimmend. Aleyandra wollte den beiden gerade ihre Meinung sagen, als Naruz wieder das Wort ergriff. „Wie dem auch sei, ich denke es ist besser, wenn wir Saeca in ein Bett bringen, damit sie richtig ausschlafen kann. Und weil du dafür verantwortlich bist, kannst du es auch gleich machen.“ meinte Naruz, und deutete auf Aynaeth. Diese verzog zwar das Gesicht, protestierte jedoch nicht. Sie legte sich einen Arm von Saeca über die Schulter, und ging dann in Richtung Tür davon.
„Tut mir leid, dass Aynaeth für so viel Ärger gesorgt hat.“ murmelte Naleya, und verbeugte sich entschuldigend, ehe sie ihrer Schwester hinterher rannte.
„Also wirklich...“ meinte Aleyandra seufzend, kam jedoch nicht dazu, noch mehr zu sagen. Naruz nahm sie an die Hand, und führte sie ebenfalls in Richtung Ausgang. „Was ist los, Naruz?“
„Komm mit, es gibt noch etwas, dass ich machen muss.“ meinte er lächelnd, und ging weiter. Aleyandra sah ihn zwar fragend an, erhielt jedoch keine Antwort, und so folgte sie ihm. Schon bald stellte sich heraus, dass er sie zu seinem Zimmer führte. Dort angekommen schloss Naruz die Tür hinter ihnen ab, und ging auf sein Bett zu, wo Aleyandras Geschenk lag.
„Oh... du willst... es jetzt aufmachen?“ fragte Aleyandra nervös, während Naruz sich auf sein Bett setzte.
„Natürlich, jetzt ist keiner hier, und es wird auch niemand einfach so reinplatzen, hast du ein Problem damit?“ fragte Naruz lächelnd.
„Ähm, als ich meinte, du solltest es alleine öffnen...“ begann Aleyandra, doch Naruz hörte nicht auf sie. Er war bereits dabei, das Geschenk auszupacken, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als rot zu werden, und sich neben ihm auf das Bett zu setzen. Kurz darauf, hielt Naruz einige Tafeln in der Hand, und als er sah, was für Bilder sich auf ihnen befanden, wurde auch er rot. Er blinzelte kurz, dann drehte er seinen Kopf zu Aleyandra. „Die... sind für dich, wenn du mal, na ja, alleine reist, damit du nicht an... ähm... na ja, so bin ich praktisch immer bei dir, und...“ Aleyandra machte eine hilflose Geste mit ihren Händen, und verstummte. Nervös rutschte sie auf dem Bett hin und her. Gefiel es Naruz etwa nicht? Das ließ sich schwer sagen, denn Naruz war gerade damit beschäftigt, sich alle Tafeln anzusehen, als er damit fertig war, legte er sie auf einen Nachttisch und räusperte sich.
„Das... ist ein... ähm, schönes, Geschenk, Aleyandra.“ sagte er schließlich, und lächelte. „Ungewöhnlich, und ziemlich überraschend, aber schön.“
„U-ungewöhnlich? Heißt das, dass es schlecht ist?“ fragte Aleyandra, die den letzten Teil des Satzes nicht gehört zu haben schien. „V-vielleicht hätte ich das ein wenig anders machen sollen? Etwas anderes...“ Naruz brachte sie zum schweigen, indem er sich zu ihr hinüber beugte, und sie küsste.
„Aleyandra, alles ist perfekt, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“ meinte er, und strich mit einer Hand über Aleyandras Wange, während die andere über ihr Kleid wanderte, und über ihre Brüste strich.
„D-dann ist ja alles... gut.“ sagte Aleyandra, und stöhnte leise, als Naruz sie sanft auf das Bett drückte, und sie am Hals küsste. „I-ist das wirklich eine gute Idee?“ fragte sie leise, als Naruz seine andere Hand von ihrer Wange nahm, und unter ihr Kleid fahren ließ.
„Was meinst du?“
„N-na ja, die anderen könnten uns vermissen und...“ der Rest von ihrem Satz ging in einem lauten Stöhnen unter, als Naruz' Hand ihr Ziel unter dem Kleid fand, und die andere anfing, ihre Brüste zu liebkosen.
„Oh, keine Sorge. Es ist schon spät, und die meisten werden eh bald nachhause gehen, uns wird schon keiner suchen. Außerdem, du willst doch wohl nicht etwa die betrunkene Saeca durch die halbe Stadt schleppen, oder? Aber wenn du willst, können wir natürlich auch zurück...“ Dieses mal war es Aleyandra, die Naruz unterbrach. Sie küsste ihn, und begann seine Hose aufzuknöpfen, als sie sich aus dem Kuss löste, war ihre Nervosität vollkommen verschwunden.
„Nun, ich denke, die anderen können den restlichen Abend auch ohne uns auskommen...“
Ungefähr zur gleichen Zeit, hatten sich noch zwei weitere Personen vom Fest entfernt. Salvatore Doni und Theresia Akashi, hatten gleichzeitig beschlossen, dass es bereits zu spät für sie geworden war, sich von allen verabschiedet, und auf den Weg nachhause gemacht. Die beiden gingen eine Weile lang schweigend nebeneinander, wobei Salvatore immer wieder einen Blick auf die recht freizügig gekleidete Akashi warf. Diese wiederum tat nicht einmal so, als wenn sie Salvatore nicht eingehend mustern würde. Der Doni trug heute keine Robe, sondern ein weißes Hemd aus Seide, und eine dunkelrote Hose.
Nachdem sie eine Weile gegangen waren, räusperte Salvatore sich plötzlich, und stellte sich Theresia in den Weg. „Theresia, ich... ich habe schon eine Weile lang gehofft, mich einmal mit dir privat unterhalten zu können.“ begann Salvatore, woraufhin Theresia ehrlich überrascht wirkte. Damit hatte sie eigentlich nicht gerechnet, eher hatte sie erwartet, dass der Doni ihr irgendwelchen Blödsinn erzählen würde, um das Schweigen zu brechen.
„Wirklich? Was denn?“ fragte sie, mit ihrer schüchternen Stimme, und lächelte Salvatore an.
Dieser verbeugte sich vor ihr, und richtete den Blick auf den Boden, ehe er sprach. „Du bist eine wunderschöne Frau, Theresia, ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben jemanden gesehen, der sich mit deiner Schönheit messen kann. Ich... ich wollte fragen, ob du... vielleicht Lust hättest, einmal mit mir etwas essen zu gehen.“ sagte Salvatore, mit nervöser Stimme.
„Oh...“ kam es von Theresia. „Das... ist wirklich süß von dir.“ sagte sie, noch ein wenig schüchtern. Als sie jedoch weitersprach, fiel jegliche Schüchternheit von ihr, und sie redete mit ihrer gewöhnlichen, leicht überheblichen Stimme. „Ich meine, ein wirklich süßes Schauspiel, Salvatore. Was willst du wirklich von mir?“ fragte sie, und lächelte zufrieden, als der Doni den Kopf hob, und sie angrinste.
„Ah... war es also doch so leicht zu durchschauen, ja?“ fragte er, und kratzte sich am Hinterkopf. „Das ist mir jetzt aber wirklich peinlich.“
„Natürlich habe ich dich durchschaut, ich bin immerhin die Perfektion der Schauspielkunst.“
„Trotzdem kam es unerwartet, nicht einmal Naruz merkt es, wenn ich ihm etwas vorspiele... oder zumindest nicht immer.“ Salvatore seufzte.
„Ich gehe nie unvorbereitet an einen Auftrag heran.“ meinte Theresia lächelnd. „Ich habe mich auch ein wenig über dich informiert, leider gab es nicht allzu viel interessantes zu hören.“
„Und das ist auch gut so.“ Urplötzlich wurde Salvatores Miene ernst, und er musterte Theresia mit kaltem Blick. „Aber gut, dann kann ich mir das Schauspiel auch gleich sparen. Ich brauche deine Hilfe.“
„Wirklich? Wobei?“
„Die Bibliothek der Akashi... deine Familie lässt ja keine Außenseiter ran, na diese verdammte Büchersammlung. Ich möchte dich darum bitten, sie einmal für mich nach Informationen zu etwas zu durchsuchen, dass sich 'Maou' nennt.“
Theresia dachte kurz nach, aber der Begriff kam ihr überhaupt nicht bekannt vor. „Hat es etwas mit der Jagd auf den Schattenritter zu tun?“
„Nein, überhaupt nichts. Es ist... etwas privates.“
„Und warum sollte ich dir bei deinen privaten Nachforschungen helfen?“
„Natürlich würde ich dich dafür bezahlen.“
„Danke, aber ich brauche kein Gold.“
„Habe ich gesagt, dass ich dich mit Münzen bezahlen will?“ fragte Salvatore, und als Theresia eine Augenbraue hob, lächelte er. „Nein, du würdest etwas weitaus wertvolleres von mir kriegen; Informationen über die Donifamilie. Wusstest du zum Beispiel, dass Longinus Doni einen Bruder hatte?“
„Nein... davon habe ich noch nie gehört.“ antwortete Theresia, und fragte sich, worauf Salvatore eigentlich hinaus wollte.
„Das haben die wenigsten, um genau zu sein, wissen mit dir nur vier Personen davon.“ erklärte der Doni, und seufzte. „Es wurden bereits Leute umgebracht, um allein die Existenz dieses Bruders geheimzuhalten... und ich habe herausgefunden warum, oder besser gesagt, ich habe da eine Vermutung. Wenn du mir hilfst, biete ich dir alle Informationen an, die ich über Longinus' Bruder habe, und über die heilige Reliquie meiner Familie.“
„Das Kreuz des Longinus?“
„Nein, die andere, heilige Reliquie... übrigens bist du auch hier eine von nur vier Personen, die von ihrer Existenz weiß.“ Theresia kaute ein wenig auf ihrer Unterlippe herum, während sie über Salvatores Worte nachdachte. Das Angebot klang zumindest ein wenig verlockend... aber konnte sie sich sicher sein, dass der Doni nicht einfach irgendwelchen Schwachsinn erfand, um sie dazu zu bringen ihm zu helfen? „Du musst mir nicht jetzt antworten, denke einfach eine Weile darüber nach. Wenn du mir etwas vorzeigen kannst, dann werde ich meine Informationen mit dir teilen.“ meinte Salvatore, und drehte der Akashi den Rücken zu. Als er eine Seitenstraße erreichte, die ihn zu seinem Haus führen würde, wandte er sich noch einmal um. „Ach ja, das Angebot mit dem Essen gehen steht übrigens auch noch.“ meinte er, zwinkerte Theresia zu, und verschwand dann in der Dunkelheit, woraufhin die Akashi alleine zurückblieb, und sich fragte, was eigentlich das Ziel, dieses seltsamen Doni war.
...
Es war der Abend nach Naruz' Geburtstag, und Luca ging alleine, und vollkommen erschöpft, von der Villa zu seinem Haus. Ein weiterer, anstrengender Arbeitstag war vorüber, und Luca wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich nachhause zu kommen, und sich ins Bett fallen zu lassen. Die letzten Tage waren unglaublich anstrengend für ihn gewesen, sein Körper machte ihm mehr zu schaffen, als er es Naruz und den anderen gegenüber zugeben wollte. Seitdem Naruz das Ritual vor einigen Tagen vollzogen hatte, ging es ihm zwar wieder besser, aber trotzdem merkte Luca, dass er es nicht mehr übertreiben sollte, mit seinem Gebrauch von Magie. Deswegen hatte er auch seine Besuche im Hauptquartier der Saphirgilde reduziert, nicht, dass er noch allzu häufig dorthin gehen konnte, dank seines Sklaventreibenden Bruders. Luca lächelte schwach, und fasste sich an die Brust. Naruz konnte dank des Artefakts sehen, wie die Magie von Erica seinem Körper zusetzte, allerdings konnte er nicht sehen, wie stark der Körper, und vor allem die Organe, bereits von der Magie angegriffen worden waren. Und darüber war Luca auch äußerst froh, ansonsten würde Naruz ihm wahrscheinlich verbieten, weiterhin für die Schattenjäger zu arbeiten, und ihn gar nicht erst aus dem Bett lassen. Außerdem würde er sich viel zu viele Sorgen machen, und das wollte Luca auch gar nicht. Immerhin wusste er, dass wahrscheinlich die beste Heilmagie nicht ausreichen würde, um... Lucas Gedanken wurden jäh unterbrochen, als er bemerkte wie sich in seiner unmittelbaren Nähe Magie manifestierte. Instinktiv sprang er zur Seite, und errichtete einen magischen Schild um sich herum, der kurz darauf hell aufflammte, als ein halbes Dutzend silberner Pfeile gegen ihn prallte, und wirkungslos zu Boden fielen. Silberne Pfeile... Luca ließ ein genervtes Stöhnen hören, während er sich aufrichtete und seinen Blick durch die Gegend schweifen ließ. Halb erwartete er, diesen seltsamen Ritter in silberner Rüstung zu sehen, der sich schon eine Weile lang nicht mehr hatte blicken lassen. Aber dem war nicht so, anstatt eines Ritters, stand ein einzelner, junger Mann auf der Straße vor ihm. Er hatte blonde Haare, und flüssiges Silber schien seinen Körper zu umspielen. Wahrscheinlich auf Rache aus, wie auch immer er erfahren hatte, dass Luca für den Tod einiger Akashi verantwortlich war.
„Du hast Glück, ich bin Heute müde und habe keine Lust, mich mit dir herumzuschlagen.“ sagte Luca, an den Fremden gewandt. Er würde ihn höflich dazu auffordern zu fliehen, vielleicht klappte es ja. Wenn nicht, konnte er noch immer kämpfen. „Wenn du jetzt verschwindest, dann verspreche ich dir, dass ich nicht nachtragend sein werde.“ fuhr er fort, und lächelte schwach. Ehe der Fremde jedoch antworten konnte, hörte Luca ein Knistern hinter sich. Schnell wandte er sich um, und sah einen blauen Blitz direkt auf sich zu fliegen. Schnell errichtete er seinen Schild, und legte noch einige Schichten aus Abwehrzaubern drauf, als er merkte, dass die Magie dieses Zaubers weit mächtiger zu sein schien, als der erste Angriff. Aber es half nichts. Der Blitz fraß sich direkt durch den magischen Schild, ließ ihn zersplittern, und fand dann seinen Weg ins Ziel. Die Magie traf Luca direkt in der Brust, stieß durch seinen Körper und trat auf der anderen Seite wieder aus. Der Bladelli schrie auf, und wurde nach hinten gerissen, wo er regungslos liegen blieb.
Als er nach knapp zehn Sekunden noch immer keine Anstalten machte wieder aufzustehen, ging Severina, denn natürlich war sie es gewesen, die den zweiten Angriff ausgeführt hatte, mit schnellen Schritten auf ihren Bruder zu und schloss ihn in die Arme. Hinter ihr flatterten ihre Schmetterlinge in der Luft, die noch immer von blauen Blitzen umspielt wurden.
„Wir haben es geschafft!“ rief Severin triumphierend, und küsste sie.
„Ja...“ murmelte Severina leise. Das ganze war einfach gewesen, viel zu einfach, für ihren Geschmack. Zwar hatte sie den Angriff des Inquisitors benutzt, dem sie vor knapp einer Woche begegnet waren, aber trotzdem hätte sie nie gedacht, dass sie die Verteidigung von Luca so leicht vernichten könnten.
„Was hast du? Wir haben ihn getötet, und... ist etwas?“ fragte Severin, als er sah wie seine Schwester entsetzt die Augen aufriss.
„Severin, wir verschwinden, sofort.“ sagte sie, und begann zurück zu weichen.
„Was? Warum?“ fragte ihr Bruder verwirrt, und entschied sich dann, einfach einmal ihrem Blick zu folgen. Und was er dort sah, konnte er einfach nicht glauben. Luca Bladelli erhob sich vom Boden, und klopfte sich den Staub von seiner Kleidung, so als wäre er eben nur gestolpert und hingefallen. Währenddessen umspielte bläuliche Magie seinen Körper, und die Wunde in seiner Brust begann sich zu schließen, bis lediglich eine große Narbe zurückblieb.
„Von mir aus, ich wollte nett sein.“ sagte Luca, mit trockener Stimme. „Jetzt ist es persönlich. Möge Gaia euren Seelen gnädig sein.“ während er sprach schloss Luca die Augen, und atmete tief ein und aus. Acht Siegel hatte Erica in seinem Körper angebracht, die verhindern sollten, dass seine Magie vollkommen unkontrolliert durch ihn floss, und seinen Körper vernichtete. Mit der Zeit wurden sie geschwächt, und mussten erneuert werden, je schwächer die Siegel waren, desto stärker war Luca selbst. Kurz überlegte er, auf wie viele Siegel er verzichten konnte, ohne sich selbst umzubringen, oder so sehr zu verausgaben, dass er die nächsten Tage nur noch im Bett bleiben konnte. Dann löste er drei der Siegel auf, und spürte wie augenblicklich große Mengen von Magie durch seinen Körper gepumpt wurden.
Während Severin davon nichts mitzukriegen schien, war Severina nicht entgangen, dass ihr gegenüber gerade um einiges stärker geworden war. „Severin, wir verschwinden, auf der Stelle!“ sagte sie erneut, dieses mal weit nachdrücklicher und in kommandierendem Tonfall.
„Warum? Wir haben einmal ein Loch in ihn gehauen, wir können es wieder tun. Ich habe noch nie von jemandem gehört, der unsterblich ist.“ meinte ihr Bruder und schnaubte verächtlich.
„Mag sein, aber wir sind es auch nicht, also los jetzt!“ Doch Severin hörte nicht auf sie, er setzte sich in Bewegung und rannte direkt auf Luca zu, das flüssige Silber um ihn herum formte sich zu drei Wurfspeeren, die direkt auf den Bladelli zuschossen, und während sie noch in der Luft waren, erschien sofort weiteres Silber neben Severin. Luca zuckte jedoch nicht einmal mit der Wimper, noch bevor die Speere mehr als zwei Meter an ihn herankommen konnten, prallten sie gegen eine unsichtbare Mauer und fielen zu Boden. Severina stöhnte auf, sah jedoch ein, dass sie keine andere Wahl hatte, als ihrem Bruder zu helfen. Sie teilte ihre Schmetterlinge in zwei kleinere Schwärme, die aus verschiedenen Richtungen Feuerbälle und Blitze auf Luca regnen ließen. Allerdings zeigten die Angriffe dieses mal erstaunlich wenig Wirkung. Die magischen Geschossen explodierten alle einige Meter von Luca entfernt mitten in der Luft, der letzte Blitz jedoch nicht. Dieser brach durch den magischen Schild und raste weiterhin auf Luca zu. Severina lächelte bereits zufrieden, als sie feststellen musste, dass sie sich zu früh gefreut hatte, denn der Blitz flog nur einen weiteren Meter, ehe eine zweite, magische Barriere ihn abfing. Severin versuchte derweil sein Glück im Nahkampf... oder besser gesagt, er wollte sein Glück im Nahkampf versuchen. Es gelang ihm einfach nicht, die erste, magische Barriere zu durchbrechen und näher an Luca heranzukommen. Er schickte zwar dutzende Geschosse aus Silber, und ließ mehrere Schwerter gegen den Schild krachen, jedoch gab es kein Durchkommen, auch die Lücke, die Severinas Zauber gerissen hatte, war bereits wieder verschwunden.
„Severina? Was ist das für ein Zauber?“ fragte er wütend, und wich ein wenig zurück.
„Keine Ahnung, so einen Schutzzauber habe ich noch nie gesehen!“ zischte sie nervös zurück. „Wir sollten jetzt wirklich abhauen, wir sind schon viel zu lange hier, bald wird die Stadtwache kommen, oder die Templer kreuzen auf, und dann...“
„Oh, macht euch darum keine Sorgen.“ sagte Luca, mit eiskalter Stimme, und einem Blick, bei dem Severina nicht anders konnte, als nervös zu schlucken. „Genaugenommen solltet ihr vielleicht darauf hoffen, dass die Templer kommen, sie könnten euch vielleicht retten.“ fuhr er fort, und rote Energie umspielte seinen Körper. Plötzlich leuchtete die gesamte Umgebung einmal rot auf, Severina wusste zwar nicht ganz, was der Grund dafür war, aber sie vermutete, dass es nichts gutes bedeutete. „Ich habe euch auf dem Fest der Akashi gesehen, ihr seid Geschwister, und mit Silberblatt befreundet, oder sowas in der Art. Und du...“ er deutete auf Severina. „... du bist ziemlich zielgenau, du hast mein Herz nur knapp verfehlt.“ Severina runzelte die Stirn. Was faselte er da? Sie hatte perfekt gezielt, und sein Herz direkt durchbohrt, oder besser gesagt, vernichtet. Es sei denn... es sei denn sein Herz befand sich nicht dort, wo es normalerweise bei einem Menschen war, aber das konnte nicht sein... oder doch? Während sie nachdachte kam Luca langsam näher, und Magie begann, aus seinem Rücken auszutreten, und sich zu etwas zu formen, was Severina noch nicht ganz erkennen konnte. „Ich schätze mal, es war kein Glückstreffer. Ihr zwei seid gut ausgebildet worden. Wenn ich mich nicht irre, seid ihr zwei Attentäter, Kinder Gaias, nicht wahr?“ er wartete nicht auf eine Antwort, sondern ließ seinen Blick zu Severin wandern. „Und du scheinst Silber zu benutzen. Du hast nicht zufällig etwas mit dem Verrückten zu tun, der sich durch meine Familie gemordet hat, oder?“ Inzwischen konnte Severina erkennen, dass die Energie sich zu roten Flügeln formte, die aus Lucas Rücken traten. Anstelle von Federn, befanden sich dort jedoch lange, dünne, rote Nadeln, so zahlreich, dass es tatsächlich so aussah, als wenn Luca rote Flügel hätte.
„Schätze, jetzt wissen wir warum man ihn Todesengel nennt.“ murmelte Severin an seine Schwester gewandt und lächelte ihr zu, diese erwiderte sein Lächeln nicht. Sie waren schon viel zu lange hier, und es gefiel ihr überhaupt nicht, wie dieser Luca sie ansah. Weder Zweifel noch Angst waren in seinem Blick zu sehen. Er war sich vollkommen sicher, dass er diesen Kampf gewinnen würde, und so wie es bislang lief, war Severina geneigt ihm zuzustimmen.
„Also gut Severin, wir...“ bevor sie ausreden konnte, schnippte Luca mit den Fingern, und der Boden unter den Füßen der Zwillinge leuchtete rot auf. Die beiden schafften es geradeso, aus der Gefahrenzone zu springen, ehe die Straße dort explodierte, wo die beiden eben gerade gestanden hatten. Zu Severinas Überraschung, war jedoch kein lauter Knall zu hören, und auch die Explosion an sich war... anders, als sie erwartet hatte. Ein rötlicher Energieball bildete sich an der Stelle, dann verschwand er einfach, ohne ein Geräusch zu verursachen, und hinterließ einen Krater, von knapp zwei Metern Durchmesser, und einem guten Meter Tiefe. Alles, was sich dort befunden hatte, war einfach verschwunden.
„Severina? Das sieht nicht nach einfacher Explosionsmagie aus.“ sagte Severin, und zum ersten mal klang er ein wenig nervös.
„Was du nicht sagst!“ fauchte sie ihn an. „Überhaupt nichts an diesem Typen ist einfach, oder normal! Deswegen habe ich ja gesagt, dass wir verschwinden sollen!“
„Vielleicht... hast du Recht. Lass uns abhauen.“ Kaum hatte Severin das gesagt, wandten die Geschwister sich um, und rannten in Richtung einer nahen Gasse davon. Nach gerademal einem Dutzend Schritten jedoch, leuchtete die gesamte Straße vor ihnen rot auf. Die Zwillinge sprangen zur Seite, und nur wenige Augenblicke später, war von der Straße nur noch ein großer Krater übrig.
„Denkt gar nicht erst daran, abzuhauen.“ sagte Luca, und einige der... Nadeln an seinen Flügeln, drehten sich so, dass sie auf die Zwillinge zielten. „Das gesamte Gebiet hier ist mit meiner Magie durchdrungen, ihr könnt nicht entkommen.“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, explodierte wieder der Boden, unter den Akashi. Erneut wichen diese aus, allerdings hatte Luca diesmal damit gerechnet, und einige der Nadeln auf die Stelle abgefeuert, an der die Akashi mit Sicherheit landen würden. Severina bemerkte es noch in dem Augenblick, in dem sie dort landete. Sofort flatterten ihre Schmetterlinge in den Weg, und nahmen die Magie in sich auf. Luca runzelte die Stirn. „Die Dinger absorbieren Magie? Verstehe... wie Vampire also.“ murmelte er vor sich hin, ehe er ein bösartiges Grinsen aufsetzte. Sofort richteten sich sämtliche Nadeln seiner Flügel auf die Akashi, und schossen gleichzeitig auf sie zu. Damit Severina nicht ausweichen konnte, bereitete Luca vorsichtshalber alles im Umkreis von mehreren Metern um sie herum darauf vor, zu explodieren. Severina machte sich jedoch keine Sorgen, im Gegenteil. Sie lächelte, während sie zusah, wie ihre Schmetterlinge die gesamte Magie von Lucas Angriff in sich aufnahmen, und verschwinden ließen. Der Bladelli hatte sie unterschätzt, oder besser gesagt, ihre Schmetterlinge. Er hatte recht, sie funktionierten wirklich wie Vampire, und das hieß auch, dass es kein Limit dafür gab, wie viel Magie sie in sich aufnehmen konnten.
„Severin, jetzt!“ rief sie, und aus ihren Schmetterlingen schoss ein gewaltiger Blitz, direkt auf Luca zu. Sie hatte ihn beobachtet, und war zu dem Schluss gekommen, dass er stillstehen musste, um die Magie zu benutzen, die den gesamten Boden explodieren ließ, denn seit die Umgebung das erste mal geleuchtet hatte, stand der Bladelli wie angewurzelt auf der Stelle. Außerdem hatte er gerade Unmengen an Magie in seinen Angriff gesteckt, das dürfte bedeuten, dass er nicht mehr allzu viel übrig hatte, um seinen Schild aufrechtzuerhalten. Tatsächlich brach Severinas magischer Angriff gleich durch ein halbes Dutzend Barrieren, ehe er wenige Zentimeter vor Lucas Gesicht verschwand, und die Luft hell aufblitzen ließ.
„Gut gemacht, Severina!“ rief Severin begeistert, ließ ein Schwert aus Silber in seiner Hand entstehen, und holte zum Schlag aus. Er erlebte jedoch eine böse Überraschung, denn kaum hatte er sich Luca auf zwei Meter genäherte, prallte er mit voller Wucht, gegen einen unsichtbaren, magischen Schild, der ihn ein wenig nach hinten stolpern ließ. „Was zum...“ murmelte Severin, und bemerkte, wie Luca ein zufriedenes Lächeln aufgesetzt hatte.
„Gefällt er euch? Der Zauber ist noch experimentell, aber ich stehe kurz davor, ihn fertigzustellen. Ich überlege, ob ich ihn nach einer alten Legende benenne, habt ihr schon einmal von der 'Phalanx' gehört?“ fragte der Bladelli, erhielt jedoch keine Antwort von den Akashi. Severina wusste aber trotzdem, wovon er sprach. Es gab eine uralte Legende, über eine Festung in Pandämonium, die unter der Kontrolle von Eligos stand. Die Festung war angeblich uneinnehmbar, und konnte sich sogar bewegen, weshalb sie sowohl defensiv, als auch offensiv, als ultimative Waffe galt... Severina riss entsetzt die Augen auf.
„Severin, weg da!“ rief sie, doch es war zu spät. Lucas Zauber traf Severin auf kürzeste Distanz. Der magisch Schild erwischte den Akashi mit voller Wucht, und schleuderte ihn nach hinten, bis er mit einem hässlichen Geräusch in eine nahe Hauswand knallte. Severin schrie vor Schmerz auf, und er spuckte einen Schwall Blut aus seinem Mund. Durch den Aufprall hatte er sich beinahe die Zunge abgebissen, außerdem spürte er, dass so ziemlich jeder Knochen in seinem Körper mindestens angeknackst, wenn nicht sogar gebrochen, war. Er konnte weder Arme noch Beine bewegen, und als sein Blick nach unten wanderte sah er, dass ein großer, weißer Knochen aus seinem Oberschenkel ragte. „Severin!“ Severina rannte sofort an die Seite ihres Bruders, und ihre Schmetterlinge begannen, ihren Bruder zu umflattern, und goldene Lichtstrahlen auf ihn fallenzulassen.
„Weißt du, wie man einen Vampir tötet?“ fragte Luca, an Severina gewandt, während er langsam näher kam. Diese antwortete nicht, sondern schoss ein paar Feuerbälle aus ihren Händen auf Luca. Diese waren jedoch weit schwächer, als die Zauber in ihren Schmetterlingen, und prallten wirkungslos von seinem magischen Schild ab. Als wenn nichts geschehen wäre, sprach Luca weiter. „Entweder, man trennt ihm mit einer gewöhnlichen Waffe den Kopf ab, das ist die schwierigste Methode, da Vampire starke und schnelle Kämpfer sind, oder man verletzt sie so lange mit dem Fluch des Longinus, bis sie an ihren Wunden zu Grunde gehen. Das sind die zwei Möglichkeiten, welche die Kirche kennt, aber es gibt eine weitere, einfachere Methode.“ Luca deutete auf den Boden. „Was glaubst du, wie ich die Umgebung explodieren lassen konnte, obwohl ich keine Explosionszauber darauf angewandt habe?“
Severina biss sich auf die Lippe. Ihre Falter würden noch eine Weile brauchen, um Severin zu heilen, und alleine hatte sie keine Chance gegen Luca... also sollte sie sich vielleicht auf dessen Spielchen einlassen, um Zeit zu gewinnen. „Du hast vorher Runen platziert?“ das war die einzige Möglichkeit, die Severina einfiel.
„Nein, nicht ganz. Ich habe einfach meine Magie in den Boden gepumpt.“ Die Akashi runzelte die Stirn. Er hatte... was gemacht? Normalerweise schickte man Magie als einen Zauber geformt, aus dem Körper. Reine Magie zu verschicken war eigentlich nutzlos, da man diese dann nicht mehr kontrollieren konnte. Behauptete Luca etwa, dass er dazu in der Lage war? „Deine Schmetterlinge haben die selbe Fähigkeit wie Vampire. Liege ich richtig in der Annahme, dass sie die Zauber, die sie absorbieren, in ihre ursprüngliche Magie umwandeln, um sie danach so zu formen, dass es deine wird?“ Noch bevor Luca ausgesprochen hatte, wusste Severina, worauf er hinaus wollte. Abrupt drehte sie ihren Kopf zu Severin, in genau dem Moment, in dem Luca mit den Fingern schnippte. Entsetzt musste Severina mit Ansehen, wie ihre Schmetterlinge rot leuchteten, wild mit den Flügeln zappelten... und dann regungslos zu Boden fielen.
„Nein... d-das kann nicht... so etwas darf nicht...“ stammelte Severina vor sich hin, und torkelte beinahe in Trance auf Severin und die Falter zu. Die Schmetterlinge waren mehr, als nur eine Waffe. Sie waren ihre Freunde, ihre Begleiter, und ihr magisches Lebenswerk! Sie konnten nicht einfach so getötet werden! Sie waren immun gegen Magie! Sie absorbierten sie, und bewahrten sie in ihrem Inneren auf! So etwas konnte nicht passieren! Während Severina diese Gedanken durch den Kopf schossen, stiegen ihr Tränen in die Augen. Langsam wandte sie sich zu Luca um.
„Richtig, man kann einen Vampir ganz leicht von Innen heraus vernichten, sobald er deine Magie geschluckt hat... nun, ich kann es. Einer der wenigen Vorteile, welche die Magie in meinem Körper mit sich bringt. Ach ja, keine Sorge, die Schmetterlinge sind nicht tot, ich habe sie nur geschwächt. Du scheinst klug zu sein, klüger als dein Bruder, ich vermute, das ganze hier ist seine Schuld.“ sagte Luca, und bleib stehen. Severina konnte nicht glauben, was sie da hörte. Ihre Schmetterlinge waren nicht tot? Schnell wandte die den Kopf um, und tatsächlich. Sie flatterten schwach mit den Flügeln, und konnten sich nicht erheben, aber sie lebten noch. Severina rieb sich eine Träne aus den Augen, und drehte sich wieder zu Luca um.
„Wir... wir geben auf.“ murmelte sie mit schwacher Stimme, und hob ihre Hände. „Lass... lass mich nur meinen Bruder verarzten... dann machen wir alles, was du sagst.“ sagte sie, mit flehendem Tonfall.
Luca lächelte sie an, aber es war kein freundliches, nachsichtsvolles Lächeln. Es war kalt, und wirkte schon eher bösartig. „Wie bitte? Ihr gebt auf? Wie hast du dir das vorgestellt? Ihr bringt mich fast um, und wenn es nicht funktioniert... lasse ich euch in Ruhe?“ fragte er, in spöttischem Tonfall. „Lass mich kurz überlegen. Ich denke meine Antwort lautet... nein.“ fügte er dann hinzu, und plötzlich erschienen zwei weitere Nadeln aus roter Energie in der Luft, diese jedoch kleiner, als die anderen. Bevor Severina noch etwas sagen konnte, deutete Luca auf Severin, und die Nadeln schossen auf ihn zu.
„Severin!“ rief diese entsetzt. Bevor Luca reagieren konnte, sammelte Severina ihre gesamte Magie in ihren Beinen, und stieß sich vom Boden ab, um vor den Geschossen bei Severin anzukommen. Allerdings blieb ihr keine Zeit mehr, um ihren Bruder aus dem Weg zu zerren, vermutlich hätte ihn das auch umgebracht, so angeschlagen, wie sein Körper war. Also tat Severina das einzige, was sie noch tun konnte, sie drehte sich um, und erschuf einen magischen Schild vor sich... oder zumindest war es so geplant gewesen. Leider hatte sie zu viel Magie verbraucht, um überhaupt bei Severin anzukommen, und so durchbrachen die Nadeln den Schutzschild mit Leichtigkeit. Die Geschosse fanden ihr Ziel, eine Nadel stach in Severinas rechten Arm, direkt unterhalb der Schulter, die zweite traf sie im Oberschenkel. Erst geschah nichts, dann knallte es jedoch laut, und die Nadeln explodierten in einen Schwall aus rötlicher Energie, die Severina mehrere Meter durch die Luft schleuderte, weg von ihrem Bruder. Dessen Augen wurden groß vor Entsetzen, als er mit dem Blut seiner Schwester bespritzt wurde, und sah, dass Severina nicht... vollständig zur Seite gefegt worden war. Ihr rechter Arm, und ihr Bein lagen noch immer direkt vor ihm, dort wo die Explosion Severina erwischt hatte. Sie blieben dort jedoch nicht sonderlich lange, nur wenige Augenblicke später, explodierten die Gliedmaßen von Innen heraus, und verteilten Blut und Fleischfetzen in der Gegend.
„Se.. verina?“ stammelte Severin ungläubig, mit schwacher Stimme. „Severina? Severina? Severina!“ jedes mal, wenn er den Namen aussprach, wurde seine Stimme lauter, gegen Ende schrie er so laut, dass er direkt danach vor Schmerzen zusammenzuckte. Tränen stiegen ihm in die Augen, während er versuchte, trotz seines beschädigten Körpers zu seiner Schwester zu kriechen. Er kam jedoch nicht weit, Luca stand plötzlich an seiner Seite, und trat auf seine, ohnehin schon gebrochene Hand, was Severin vor Schmerz aufschreien ließ.
„Sie lebt noch, allerdings scheint sie das Bewusstsein verloren zu haben, durch den Schock. Sie wird nicht mehr lange durchhalten, vermutlich ist sie in ein paar Minuten verblutet.“ sagte Luca, mit kalter Stimme. „Eigentlich wollte ich dich so zurichten, und dieses Gespräch hier mit ihr führen, sie scheint ein wenig rationaler zu sein, aber gut. Du hast also ein paar Minuten Zeit, um mir alle meine Fragen zu beantworten, glaubst du, dass du das schaffst?“ fragte Luca den Akashi.
„Lass mich los! Ich muss sofort zu ihr! Sie braucht mich, ich...“
„Anscheinend nicht.“ murmelte Luca und seufzte. „Vielleicht sollte ich...“
„Luca, runter von seiner Hand.“ Der Bladelli zuckte zusammen, und wirbelte herum, als er Naruz' Stimme hinter sich hörte. Sein Bruder stand direkt vor ihm, und musterte die Umgebung mit kritischem Blick. Ein wenig weiter entfernt näherten sich Hohetempler, in Begleitung von André höchstselbst.
„Luca Bladelli... warum seid Ihr immer derjenige, den ich vorfinde, wenn es Unruhe in der Stadt gibt?“ fragte der Hochgeneral, mit strenger Stimme. Bevor Luca jedoch darauf antworten konnte, ging Naruz auf Severina zu.
„Luca wurde angegriffen, von den beiden hier.“ sagte er, mit keinerlei Zweifel in der Stimme.
„Woher wollt Ihr das wissen, Paladin? Luca mag Euer Bruder sein, aber das heißt nicht, dass er frei von jeglichem Verdacht ist.“ sagte André.
„Ich weiß, und wenn man sich umsieht merkt man, dass Luca vielleicht ein wenig übertrieben hat.“ sagte Naruz, beugte sich über Severina, und ließ dann seinen Blick zu Luca wandern. Was er dort sah, ließ ihn die Stirn runzeln. „Dass er ziemlich übertrieben hat.“ korrigierte er sich, und Luca schluckte. Ihm war bewusst, dass Naruz auf die Anzahl von Siegeln anspielte, die er aufgelöst hatte. „Aber er hat den Kampf hier nicht begonnen, seht Euch seine Brust an.“ fuhr Naruz fort, während drachenartige Linien, aus weißer Magie, sich über Severinas Körper schlängelte, und langsam aber sicher die Blutungen stoppte. „Der Angriff, der die Wunde verursacht hat kam von hinten, vermutlich aus einer der Gassen dort hinten. Ich hatte bereits mit dem Mädchen hier zu tun, ihre Magie ist nicht stark genug, um Lucas Abwehr zu durchbrechen, wenn er vollkommen vorbereitet wäre. Außerdem sind wir nur wenige Straßen von Lucas Haus entfernt, die beiden Akashi haben hier überhaupt nichts zu suchen. Falls das nicht reicht, kann ich gerne noch die Valkyre Sigrun, als Zeugin rufen. Sie darf uns zwar nichts genaues über den Ablauf des Kampfes erzählen, aber sie wird uns sicherlich sagen können, wer begonnen hat.“
André zögerte einen Moment, und beobachtete Naruz. Der junge Paladin sprach mit ruhiger Stimme, und schien vollkommen von der Wahrheit seiner Worte überzeugt zu sein. Außerdem würde der Paladin sicherlich nicht seine Position missbrauchen, um seinen Bruder zu decken. Falls doch, würde das bedeuten, dass sowohl er, als auch Belenus sich in Naruz geirrt hätten... und das konnte schließlich nicht sein. „Also gut... ich glaube Euch, Paladin. Ich werde meine Männer hier lassen, damit sie Euch helfen können.“
„Vielen Dank, Hochgeneral. Eure Hilfe ist gerngesehen.“ antwortete Naruz, ohne aufzusehen. Dann schloss er die Augen, und schickte mehr Magie in die verletzte Akashi. Es sah jedoch nicht gut aus, sie war schwer verletzt, und stand kurz vor dem Tod. Lucas Zauber schien mehr Schaden angerichtet zu haben, als man von Außen erkennen konnte. Einen winzigen Moment lang zögerte Naruz... war es überhaupt den ganzen Aufwand wert, die Akashi zu retten? Immerhin war sie es, die Luca angegriffen hatte. Sofort darauf schüttelte er jedoch den Kopf. Nein, es war richtig, ihr zu helfen. Er hatte sie zwar nur einmal zuvor getroffen, aber sie war nett gewesen, und hatte versucht, einen Konflikt zu vermeiden. Naruz' Blick wanderte kurz zu Severin, der sich nicht von der Stelle bewegt hatte, und Naruz aus großen Augen anstarrte, als könne er nicht glauben, dass dieser Severina tatsächlich half. Der Paladin seufzte, es würde lange dauern, und höchster Konzentration bedürfen, wenn er die Akashi heilen wollte. Also stand er auf, und ging zu Severin hinüber. Mit einem verächtlichen Blick, ließ er goldene Drachen um den Körper des Mannes tanzen, die kurz darauf in ihn hinein fuhren, und seine Knochen stabilisierten, und richteten, wobei sie jedoch nicht sonderlich sanft waren. Naruz ignorierte die Schmerzensschreie des Akashi, und wandte sich an die Hohetempler. „Ihr drei, bringt die Schwester in die Villa der Bladelli. Aynaeth, Anya und ich werden uns dort um sie kümmern. Beeilt euch, wir dürfen keine Zeit verlieren, wenn sie überleben soll. Und ihr zwei da, schnappt euch den Bruder, und werft ihn in eine Zelle, er kann da geheilt werden, seine Verletzungen sind nicht so schwer wie ihre. Der Rest von euch soll die Umgebung absperren, oder die Stadtwache darauf ansetzen. Wie ihr seht, können hier keine Wagen mehr durchfahren, und auch laufen dürfte schwierig werden. Und du!“ meinte Naruz, und deutete auf Luca. „Du gehst nachhause und ruhst dich auf. Morgen kommst du sofort zu mir, damit ich mich um deine Siegel kümmern kann, und du wirst mir sagen, was genau hier passiert ist, jede Einzelheit, verstanden?“
„Verstanden.“ murmelte Luca, mit leiser Stimme, woraufhin Naruz zufrieden nickte. Die Templer waren bereits damit beschäftigt, Naruz' Befehlen Folge zu leisten. Luca beschloss, dass es am besten war auf seinen kleinen Bruder zu hören, und machte sich auf den Weg nachhause. Kaum betrat er sein Haus, taumelte er in die Küche, und fiel in eine Ecke. Es dauerte auch nicht lange, bis sein Körper von Krämpfen geschüttelt wurde, und er anfing Blut zu husten. Das ganze zog sich zehn Minuten lang hin, bis Luca schon dachte, es würde gar nicht mehr aufhören, und sein Ende gekommen sei. Doch dann hörten die Krämpfe schließlich auf, und er blieb erschöpft auf dem Boden liegen. Langsam und vorsichtig, kämpfte er sich auf die Beine, und ließ sich in sein Bett fallen. Es war ein Fehler gewesen, weiterzukämpfen, er hätte aufhören sollen, als die Zwillinge einsahen, dass sie keine Chance hatten, und fliehen wollten. Er musste anfangen, sich zusammenzureißen, ansonsten würde er wahrscheinlich nicht mehr das Ende, der Jagd auf den Schattenritter miterleben.