Es gab kein wirkliches Kleid und das hier ist immerhin teilweise schwarz.
Es war lange her, das Silberblatt sich so unwohl in seiner Haut gefühlt hatte. Er verstand noch immer nicht, wie es seiner Verlobten gelungen war ihn zu diesem Schwachsinn zu überreden. Normalerweise würde er so etwas niemals tun, aber irgendetwas an ihr, hatte ihn davor gewarnt lieber nicht zu widersprechen und einfach zu machen was sie wollte, immerhin behandelte er sie schon schlecht genug. Wenn er weiterhin versuchte sie zu ignorieren, würde sie vielleicht noch die Hochzeit absagen und das konnte er im Moment am aller wenigsten gebrauchen. Nach ihrer Vermählung konnte er wieder damit beginnen ihre Existenz auszublenden, die Akashi besaßen einige hübsche, abgeschiedene Anwesen auf dem Land, weit, weit im Süden des Kirchenstaates, dort würde es ihr sicherlich gefallen. Aber im Moment war er leider noch dazu gezwungen ihr ab und zu einen Wunsch zu erfüllen, leider. Der deprimierte Großmeister stand vor der Tür zur Villa der Bladelli und wartete und wartete. Er hasste die Sachen die Lyaena ihm aufgedrückt hatte, eine eng sitzende, viel zu abschnürende weiß-rote Uniform, die er am liebsten in der Luft zerreißen würde. Neben ihm zappelte Teleya unruhig in einem blauen Kleid umher und verfluchte ebenfalls, dass ihre Schwester sie dazu gezwungen hatte das unbequeme Kleid anzuziehen, anstatt irgendetwas einfaches. Lyaena war in ihrem schwarzen Kleid als einzige von ihnen gut gelaunt und fröhlich, kein Wunder, immerhin war das ganze hier ihre Idee. Sie sollten mit Paolo Bladelli und seiner Enkelin zu Abend Essen und zwar in deren Villa, also das was Teregion eher als Feindesland betrachtete. Seine Verlobte schien sich wirklich Mühe geben zu wollen, um irgendwie den Frieden zwischen ihren Familien zu wahren, wenn nötig auch auf Kosten seiner Nerven. Sie freute sich außerdem über die Gelegenheit endlich einmal mit ihrem Verlobten auszugehen, in Gedanken versuchte sie nämlich sich selbst das ganze irgendwie als romantisches Abendessen zu Zweit mit Teregion zu verkaufen, was bisher so mittel gut funktionierte. Lyaena räusperte sich kurz und wandte sich an ihre beiden Begleiter, um sie noch einmal daran zu erinnern, dass sie sich benehmen sollten.
„Es sind noch andere Gäste eingeladen, da neben Paolo und seiner Enkelin auch noch einige andere Leute in dem Anwesen leben. Wir werden mit ihnen zusammen essen, uns nett unterhalten, ein paar Höflichkeiten austauschen und am Ende sicher erkennen, dass unsere Familien sich nicht gegenseitig an die Kehle gehen müssen. Und vergesst nicht euch heute beide von eurer besten Seite zu zeigen. Wir wollen den Bladelli nicht noch mehr Grund geben uns zu hassen. Habt ihr beide das verstanden?“ kurz flackerte ihr fröhliches Lächeln und sie warf ihrem Verlobten einen schnellen, besorgten Blick zu, er könnte alles nur noch schlimmer machen wenn er die Bladelli zu nervig fand und alles ruinieren. Sie wusste nicht was mit ihm los war, früher hatte er sich nie so missmutig und genervt verhalten, sondern war immer freundlich und liebevoll zu ihr gewesen, aber anscheinend hatte die kleine Pause ihrer Beziehung nicht gut getan. Andererseits hatte er sie vor der Pause betrogen und das gut hinter seinem Lächeln verborgen, vielleicht war es also ein ganz gutes Zeichen, das er so miese Laune hatte, immerhin schien er keine Geliebte zu haben die seine Laune anhob. Trotzdem fiel es ihr schwer seine schlechte Stimmung und Gleichgültigkeit ihr gegenüber als gutes Zeichen zu sehen. „Das gilt vor allem für dich, Teregion. Teleya weiß das sie nichts anstellen soll, aber bei dir bin ich mir da nicht so sicher. Wir können keinen Streit gebrauchen, also bitte, sei freundlich. Versuch einfach ab und zu ein bisschen zu lächeln und sag irgendetwas nettes über das Essen...“
„Können wir nicht einfach wieder gehen?“ unterbrach sie Silberblatt und klang dabei fast schon ein bisschen wie ein quengelndes Kleinkind. So verhielt er sich jetzt schon den ganzen Tag und auch wenn er wusste das sein Verhalten nicht unbedingt besonders angebracht und würdevoll war, hatte er doch gehofft damit irgendwie noch diesen Besuch zu verhindern. Das letzte was er wollte, war mit seinen Erzfeinden an einem Tisch zu sitzen und sich verstellen zu müssen. Wenn es nach ihm ging, könnte der unbekannte Mörder ruhig die ganze verfluchte Bande ausrotten und die Bladelli aus der Stadt jagen, aber leider würde er auch von der Ruhe profitieren. Er brauchte seine Kinder Gaias wieder in der Stadt und dafür musste Luca verschwinden oder zumindest ruhig gestellt werden. „Ich bin sicher die Bladelli haben sowieso schon vergessen das wir kommen wollten, also was solls?“
„Nein können wir nicht und ich bin sicher sie erwarten uns, immerhin habe ich persönlich mit Paolo darüber gesprochen. Eigentlich wollte ich mich nur bei seiner Enkelin für die Rettung von Teleya bedanken, aber er hat uns zum Essen eingeladen, um unsere Differenzen endlich beizulegen. Er findet diesen Kleinkrieg genauso lächerlich wie ich und genau deswegen, wirst du jetzt auch nicht einfach abhauen, Teregion. Interessiert es dich denn gar nicht das unschuldige Menschen aus unseren beiden Familien sinnlos sterben, nur weil anscheinend irgendein Wahnsinniger durch die Straßen läuft und in unserem Namen Leute ermordet?“
„Nicht wirklich, es ist mir ehrlich gesagt sogar ziemlich egal. Sollen Akashi und Bladelli sich meinetwegen gegenseitig die Schädel einschlagen, wen kümmert das schon?“
„Mich und dich sollte es genauso beschäftigen! Vier Akashi und sechs Bladelli sind bereits tot! Es wird noch mehr Tote geben, wenn wir uns nicht mit den Bladelli versöhnen. Es ist unsere Pflicht diesen Streit zu beenden, immerhin sind wir beide die Erben unserer Familie.“ versuchte Lyaena irgendwie an sein Pflichtgefühl gegenüber den Akashi zu appellieren. Sie beide konnten sich nicht von ihren unsinnigen Gefühlen leiten lassen, sondern mussten tun was am besten für ihre Familie war, das würde Teregion früher oder später schon noch verstehen. Es konnten Hunderte Leben an ihren Entscheidungen und Handlungen hängen, er konnte das nicht einfach so ignorieren, sondern musste sich endlich so verhalten wie es von ihm erwartet wurde. Lyaena gelang es immerhin auch, selbst wenn sie sich manchmal die Zeit auf dem Anwesen im Süden zurückwünschte, als sie noch nichts mit irgendwelchen Fehden und Kriegen zu tun haben musste und Silberblatt noch nicht existierte, sondern nur Teregion. Dabei fiel ihr ein, das sie ihn nie wirklich gefragt hatte warum er diesen Namen trug seit er damals der Inquisition beigetreten war, aber im Moment war dafür auch nicht der richtige Zeitpunkt. „Eines Tages werden wir die größte, reichste und mächtigste Familie des ganzen Landes befehligen und dann müssen wir in der Lage sein mit solchen Krisen umzugehen, um das Leben unserer Verwandten und die Ehre unserer Familie zu verteidigen und zu bewahren.“
„Darüber kann ich mir auch noch Gedanken machen, sobald ich das Oberhaupt der Familie bin, bis dahin, kann dein Vater sich um diesen albernen Kinderkram kümmern. Soll er die Familienehre verteidigen und mit Paolo zur Versöhnung einen trinken gehen. Warum muss ich hier sein? Wir könnten einfach auf ihn warten, dann löst sich das ganze Problem von alleine.“
„Vater war, abgesehen von einigen sehr kurzen Besuchen auf unserem Landgut, schon seit Jahren nicht mehr hier im Süden und schon gar nicht in Navea. Ich kann mich gar nicht daran erinnern wann er das letzte mal in der Hauptstadt war, immerhin muss er im Norden Krieg führen.“ erinnerte Lyaena ihn daran, dass Kyosuke Akashi an der Grenze zur Republik der Alfar eine eigene kleine Armee aus Akashi und Gefolgsleuten der Akashi anführte. Er würde in zwei oder drei Monaten von seinem Posten zurücktreten und nach Navea kommen, um bei ihrer Hochzeit anwesend zu sein. Was er danach machen wollte, hatte er noch niemanden gesagt, aber es schien so als würde er sich bald in den Ruhestand zurückziehen. Er war noch nicht sehr alt, aber die Kämpfe für die Kirche hatten ihn schneller altern lassen als gut für ihn war, die einzigartige Magie ihrer Familie laugte ihn aus, vor allem, da sie in ihm besonders stark war. Vermutlich würde er bereits kurz nach der Hochzeit Lyaena und Teregion die Kontrolle über die Familie überlassen und nur noch aus dem Hintergrund heraus agieren wenn sie seine Hilfe brauchten. Das Kommando über die Armee der Akashi übernahm dann vermutlich Teregion, falls er es wollte, was Lyaena bezweifelte. Ihr Verlobter hing viel zu sehr an seinen Kindern Gaias um sie gegen eine Streitmacht aus Akashi einzutauchen, also blieb es vermutlich an irgendeinem Cousin von ihnen hängen sich mit den Alfar zu schlagen. Wie auch immer, Fakt war, das Kyosuke sicher nicht wegen so einer albernen Fehde früher von der Front verschwand und in drei Monaten konnte noch sehr viel passieren. Sie mussten jetzt handeln und nicht auf ihn warten, nach der Hochzeit würden sie sowieso alleine mit solchen Problemen umgehen müssen, also konnten sie schon einmal anfangen zu üben. „
„Das ganze ist trotzdem so ein sinnloser Schwachsinn...“ brummte Silberblatt ungehalten und steckte Teleya langsam mit seinem Unwillen an, das Mädchen wurde nämlich immer unruhiger und schien kurz davor zu stehen sich auf seine Seite zu schlagen. Sie freute sich zwar auf den Besuch bei Anya und ihrem Team, aber sie wollte auch gerne auf seiner Seite stehen und wenn er nicht gehen wollte, dann wollte sie auch nicht, so einfach war das.
„Bitte, Teregion, du würdest mir einen großen Gefallen tun wenn du dich benimmst. Versuch es wenigstens, für mich. Ich wäre dir sehr dankbar, bitte.“ versuchte Lyaena es erneut und klang dabei fast schon ein wenig verzweifelt, auch wenn sie es teilweise nur spielte. In Wahrheit wurde sie langsam wütend, er konnte sich doch wenigstens einen Abend lang für sie zusammenreißen, oder war sie für ihn nicht einmal so viel wert? Wenn er jetzt nicht nachgab, schwor Lyaena sich, würde sie einfach ohne ihn gehen und noch am gleichen Abend ihre Sachen packen um zu verschwinden. Wenn er es nicht einmal ein paar Stunden in ihrer Nähe aushielt, dann sicher auch nicht für den Rest seines Lebens.
„Meinetwegen, lass uns endlich reingehen, damit wir es hinter uns bringen.“ seufzte Silberblatt und klopfte viel zu laut und fest an die Tür. Er hätte sie am liebsten mit einem einzigen Schlag aus den Angeln gerissen. Bevor Lyaena noch etwas sagen konnte, schwang auch schon die Tür auf und ein Diener ließ sie in die Eingangshalle. Dort wartete bereits Anya Bladelli, gemeinsam mit dem Großteil von Team Mantikor, nur Naruz fehlte, was vor allem Silberblatts Laune tatsächlich ein bisschen hob. Sie alle trugen ihre gewöhnlichen Uniformen, was immerhin schon einmal besser war als die Gäste in Rüstung zu empfangen, aber man konnte Nikodemus und Victoria deutlich ansehen, dass auch sie dieses Treffen für Zeitverschwendung hielten und überhaupt nicht wussten, warum sie überhaupt hier sein sollten. Vermutlich hatte Anya die beiden dazu gezwungen, damit sie die Akashi nicht ganz alleine beschäftigen musste.
„An-chan!“ rief Teleya aufgeregt und sofort huschte die junge Akashi an ihm vorbei und umarmte die Bladelli aufgeregt. Das junge Mädchen hatte sofort ihr unbequemes Kleid vergessen, immerhin konnte sie endlich einmal ihre Retter wiedersehen. Nach einem kurzen Augenblick ließ sie Anya wieder los, um die anderen beiden zu begrüßen, sie schien sich keine Sorgen um die aufkeimende Fehde zwischen ihren Familien zu machen, sondern wirkte vollkommen unbeschwert und sorglos, als wäre sie wirklich unter Freunden und nicht unter potentiellen Feinden.
„Willkommen, im Anwesen der Bladelli Familie und ich freue mich euch zu sehen.“ Anya meinte das sogar ehrlich, da sie Teleya inzwischen sehr gerne mochte, aber trotzdem warf sie kurz einen nervösen Blick zu Silberblatt, der mit ausdrucksloser Miene neben den anderen beiden Akashi stand und keinen besonders fröhlichen Eindruck machte. Sie unterdrückte den Reflex nervös zu schlucken, den sie immer empfand, wenn sie mit dem Großmeister zu tun hatte. Er konnte sie und ihre ganze Familie nicht leiden, umso erstaunlicher war es, dass er tatsächlich gekommen war. Normalerweise tauchte er hier nur auf wenn er unbedingt mit Aynaeth reden wollte, aber vielleicht war dieses Essen ja die perfekte Gelegenheit um zu erfahren warum er ihre Familie überhaupt hasste und vor allem wie sie es schaffte, dass er sie nicht mehr so ansah als würde er sie am liebsten mit einem Zauber in ein Häufchen Asche verwandeln. „Mein Großvater verspätet sich leider etwas, aber er wird bis zum Essen zu uns stoßen. Bis dahin, werde ich euch Gesellschaft leisten.“
„Danke, wir freuen uns sehr hier zu sein und danken den Bladelli für ihre Gastfreundschaft und den herzlichen Empfang.“ sagte Lyaena, und warf Silberblatt einen drängenden Blick zu. Als das alles nichts half, rammte sie ihm kurz den Ellenbogen in die Seite, woraufhin der Großmeister genervt das Gesicht verzog. „Ich sagte, wir sind alle dankbar für die Einladung, auch du, Teregion.“
„Ja...ganz toll. Ich kann mir nichts schöneres vorstellen als hier zu sein.“ kam nach einer Weile die lahme, gelangweilte Antwort von Silberblatt.
„Am besten ihr folgt mir und...“ Anya versuchte die grummelige Art von Silberblatt zu übergehen, wurde aber sofort unterbrochen als Naleya in die Eingangshalle gestürmt kam, auf ihrer Schulter saß eine kleine, schwarze Eule und sie schien ziemlich aufgebracht zu sein.
„Anya!“ rief Naleya, verstummte aber sofort als sie die drei Akashi sah und ließ rot an „Ähm, ich...hallo...“
„Darf ich vorstellen? Naleya Vaas, aus Vo Astur.“ stellte Anya sie einander vor und warf der angehenden Hexe einen kurzen Blick zu, vermutlich ging es um die Nachspeise die Naleya zubereiten sollte, damit hatte die Vaas immer so ihre Probleme „Sie ist die Schwester der Botschafterin aus der grauen Stadt.“
„Freut mich Euch kennenzulernen, Lady Vaas.“ begrüßte Lyaena sie freundlich, aber erhielt keine Antwort, denn inzwischen lenkte etwas anderes das Mädchen ab. Teleya und Naleya standen sich direkt gegenüber und musterten einander. Teleyas Blick blieb eine ganze Weile an der niedlichen Eule hängen und entschied sich nach einer Weile das andere Mädchen zu mögen, für sie war so etwas sowieso immer ganz einfach und schnell entschieden.
„Mhm...“ kam es nach einer Weile von Naleya, die eine Möglichkeit gekommen sah ihre Erfolgsaussichten in ihrem persönlichen, kleinen Krieg noch zu steigern, denn sie erkannte, dass das andere Mädchen eine angehende Magierin war, auch wenn sie vermutlich noch keine vernünftige Ausbildung durchlaufen hatte „Magst du Schokolade?“
„Ähm, denke schon. Wieso? Hast du welche?“ fragte Teleya naiv nach und rannte damit ahnungslos in die Falle der Hexe, so wie, naja so wie ein Kind halt in die Falle einer Hexe rennt, wenn es um Süßigkeiten und Lebkuchenhäuser ging.
„Nein, natürlich nicht.“ Naleya versuchte sämtliche Überzeugungskraft die sie besaß in die folgenden Worte zu legen, immerhin war das eine einzigartige Gelegenheit in der sie ihre Streitmacht für eine anständige Ernährung verdoppeln konnte. Gemeinsam mit dem blonden Mädchen war sie vielleicht stark genug, um ihre Schwester zu besiegen, zu ihrer eigenen Sicherheit. „Schokolade ist nämlich ein dämonisches, bösartiges Produkt, dessen einziger Sinn und Zweck es ist, die Menschen von Terra von Innen heraus zu zerstören! Dieses süße Zeug macht Menschen davon abhängig, und lässt sie immer dicker, fetter und schwächer werden, bis sie eines Tages kaum noch laufen können!“
„D-das kann nicht wahr sein. Warum...warum sollten die Menschen so etwas furchtbares essen, wenn es sie so sehr kaputt macht?“ Teleya wirkte von einem Moment auf den anderen vollkommen unsicher und verwirrt, ihre ganze Welt wurde gerade auf den Kopf gestellt. Alles was sie jemals für gut und schön gehalten hatte, wirkte auf einmal furchterregend und giftig. Es klang alles einfach so schlimm, dass es wahr sein musste, zumindest für sie.
„Und trotzdem tun sie es, weil sie unendlich gierig sind.“ versicherte Naleya ihr sofort und fuhr eifrig fort, als sie spürte, das sie kurz davor stand das Herz und die Seele des anderen Mädchens für sich und ihre Sache zu gewinnen. „Meine Schwester zum Beispiel, isst nichts anderes als Kuchen und Schokolade, schon seit Jahren! Dadurch ist sie total faul und müde geworden, sie schließt sich in ihrem Zimmer ein, liest Bücher und stopft sich voll. Eines Tages, wird sie der ganze Zucker noch umbringen. Ihr ganzer Körper muss jetzt schon eine einzige Ruine sein! Ich versuche sie zu einer besseren Ernährung zu überreden, aber sie ist sehr listig und hinterhältig und schafft es immer mich zu besiegen. Ihre Gier wird sie eines Tages noch umbringen!“
„W-w-wirklich?“ Teleya starrte sie erschrocken an und hielt sich vor lauter Schreck die Hand vor den Mund, sie kannte bei ihren Reaktionen immer nur Extreme, außerdem war es leicht sie mitzureißen und für den unsinnigsten Kram zu begeistern „Aber das ist schrecklich! Wieso tut sie sich so etwas!? Man muss sie vor sich selbst beschützen! Was passiert wenn ihr etwas zustößt während sie sich weiterhin selbst vergiftet! Wir müssen ihr helfen, sofort! Jemand muss sie vor sich retten!“
„Ganz genau! Davon rede ich doch die ganze Zeit!“ stimmte Naleya in die Begeisterung der Akashi ein und ließ sich davon mitreißen „Aber bisher wollte mir niemand zuhören! Wir müssen etwas unternehmen, oder sie wird daran zugrunde gehen und ich möchte nicht das meine Schwester stirbt!“
„Ich auch nicht, das ist furchtbar! Ich werde dir helfen und dir in deinem Kampf beistehen! Gemeinsam können wir ihr helfen, das weiß ich.“
„W-wirklich? Das würdest du für mich tun?“ Naleya traten Tränen in die Augen, als sie das leidenschaftliche Leuchten in Teleyas Augen sah, sie hatte es geschafft, sie hatte einen wahren Soldaten der vernünftigen Ernährung geschaffen und konnte endlich zurückschlagen.
„Ja!“ rief Teleya begeistert und hatte in ihrer Begeisterung sogar vergessen das sie eigentlich mal die Eule streicheln wollte...was bei ihr beinahe schon an ein Wunder grenzte „Ich werde dir dabei helfen deine Schwester zu retten! Das schwöre ich bei meinem Leben und bei der Ehre meiner Ahnen, meiner Familie und der heiligen Kirche!“
„Komm mit in die Küche, es wird Zeit, dass wir Seite an Seite kämpfen.“ Naleya packte die Akashi am Arm und zog sie hinter sich her in Richtung Küche „Ich brauche sowieso dringend Verstärkung im Kampf gegen meine Schwester und für ihre Gesundheit. Gemeinsam sind wir vielleicht stark genug, um sie vor sich selbst zu retten und diesen Krieg in eine völlig neue Richtung zu lenken.“
„Du hast recht, wir müssen sie retten, sie und alle anderen.“ Teleyas blaue Augen leuchteten erwartungsvoll auf, als die Spannung sie fast umbrachte, sie wusste zwar nicht von welchen anderen sie gerade geredet hatte, aber das war ihr auch egal. Sie durfte dem weißhaarigen Mädchen in der Küche helfen, damit war der Tag für sie bereits absolut perfekt und konnte nicht mehr besser werden.
„Ähm...was ist da gerade passiert?“ Lyaena blinzelte verwirrt und sah zu Anya hinüber, als die beiden Mädchen aus der Halle verschwunden waren. Auch wenn sie im Moment nur den Kopf schüttelte und versuchte ihre würdevolle Art beizubehalten, konnte sie es nicht verhindern sich ebenfalls die überschwängliche Begeisterungsfähigkeit von Teleya zu wünschen. Irgendwie beneidete sie ihre kleine Schwester um die Fähigkeit, selbst bei so einem Unsinn mit vollem Elan dabei zu sein. Sie selber hatte ihre Unbeschwertheit irgendwann in den letzten Jahren verloren, entweder durch Teregion oder die Anspannung eines Tages die ganze Familie der Akashi führen und repräsentieren zu müssen. Yuki und Teleya dagegen, waren noch immer...Lyaena schüttelte kurz unmerklich den Kopf, um diesen Gedanken nicht weiterzuführen. Teleya benahm sich sicher noch wie ein Kind, aber Yuki hatte auch bereits viel über den Ernst des Lebens lernen müssen, vielleicht sogar zu viel. Sie hoffte, dass es ihrer anderen Schwester gut ging, wo immer sie sich auch gerade versteckte.
„Fragt am besten gar nicht, Lady Akashi.“ versuchte Anya das seltsame Verhalten von Naleya irgendwie zu überspielen und lächelte zaghaft, ihr Großvater hatte ihr aufgetragen sich so freundlich wie möglich zu verhalten und keinen der Akashi unnötig zu reizen, aber außer dem missmutig dreinblickenden Silberblatt, schien sowieso niemand auf Streit aus zu sein, also konnte sie sich wieder etwas entspannen „Sie sind jung und anscheinend beide etwas leicht zu begeistern, selbst wenn es nur um etwas so unbedeutendes wie ähm, naja, Gemüse geht. Sie werden schon nichts anstellen, ich bin sicher Eure Schwester kann Naleya in der Küche helfen, immerhin kocht dieses Mädchen für uns.“
„Die Schwester der Botschafterin kocht für euch?“
„Oh ja, sie ist eine großartige Köchin. Ich glaube so leicht findet man in Navea keine bessere.“
„Teleya...hat noch nie wirklich gekocht, ihre bisherigen Versuche gingen immer etwas, ähm, naja nach hinten los, kann man sagen. Das wird sie sicherlich vollkommen überfordern. Hoffentlich verlangt das Mädchen nicht von meiner Schwester ihr zu helfen.“
„Denkt Ihr es wäre unter ihrer Würde als Akashi zur Küchenhilfe degradiert zu werden?“ fragte Anya nach und biss sich sofort auf die Zunge. Sie wusste einfach nie, wann sie still sein musste und Victoria schüttelte hinter ihr genervt den Kopf.
„Nein, darum geht es mir nicht. Ich mache mir eher Sorgen um unser Essen und darum, dass sie uns alle aus Versehen vergiftet.“ meinte Lyaena mit todernster Stimme. Teleya hatte einmal versucht für Silberblatt einen Kuchen zu backen, damals, als er noch Inquisitor war und zwischen seinen Aufträgen immer auf dem Landgut der Akashi vorbeikam um sie zu besuchen. Das war mittlerweile drei Jahre her, aber die Küche galt noch immer als unbenutzbar und man hatte eine neue in einem anderen Teil des Anwesens eingebaut. Anya dagegen schien die Warnung nicht wirklich ernst zu nehmen, sie lächelte nur und dachte gar nicht daran sofort in die Küche zu rennen und eine Katastrophe zu verhindern, vielleicht war sie es dank Aynaeth aber auch schon gewöhnt, das ihre Küche hin und wieder in Flammen aufging. „Das war kein Scherz, ich würde vorsichtig sein.“
„Keine Sorge. Ich denke, ich habe schon eine schlimmere Köchin in unserer Küche gehabt. Wollt Ihr vielleicht mitkommen und bis das Essen fertig ist einen Tee mit mir trinken?“
„Sehr gerne, Lady Bladelli.“ stimmte Lyaena zu und folgte der rothaarigen Bladelli. Schon nach wenigen Sekunden schienen die beiden in ein angeregtes Gespräch verwickelt zu sein und ließen Silberblatt in der Eingangshalle zurück, dessen Laune von Sekunde zu Sekunde weiter ins bodenlose sank.
„Toll, jeder hat eine Beschäftigung gefunden.“ murmelte er und sah sich in der Eingangshalle nach irgendeiner Art von Beschäftigung um. Er wollte gerade aufgeben und sich mit seinem langweiligen und tödlichen Schicksal abgeben, als sich die schwarze Eule von Naleya auf seinem Kopf niederließ. Kurz schloss Silberblatt die Augen und begann vor lauter Wut am ganzen Körper zu zittern, während er die Fäuste und ballte und die Eule es sich auf ihm gemütlich machte. Er hasste es hier zu sein, bei dieser Familie aus Mördern und Versagern, zusätzlich dazu, musste er sich auch noch von einem hässlichen Vogel auf dem Kopf herumtanzen lassen. Er öffnete die Augen wieder, als er sich etwas beruhigt hatte und schlug mit beiden Armen nach der Eule, die einen beleidigt klingenden Ton rausbrachte, bevor sie gekränkt aus der Halle zurück zu ihrer Herrin flog. „Hau ab du dämliche, fliegende Ratte, bevor ich dich röste!“
„Hi Silberblatt!“ Nikodemus hob plötzlich grinsend die Hand und lenkte die Aufmerksamkeit des Großmeisters auf sich und Victoria, die Silberblatt vollkommen vergessen hatte. Der Templer sprang auf seinen Zehenspitzen umher wie ein aufgeregtes Mädchen das seinen großen Schwarm auf sich aufmerksam machen wollte, während seine Stimme vor freudiger Erregung zitterte. Victoria dagegen hielt sich nur die Hand vors Gesicht und hoffte das ihr Teamkollege bald aufhörte sich so peinlich zu benehmen. Schlimm genug das ausgerechnet sie beide mit dem Großmeister zurückgeblieben waren, da musste er sich nicht auch noch so lächerlich aufführen. „Ich habe Euch nicht mehr gesehen, seit ich Naruz Team beitreten durfte und es ist so wundervoll Euch endlich wiederzusehen! Den größten, besten, tollsten und genialsten Großmeister der Kirche. Wisst Ihr, das ich Euch großartig finde? Es gibt keinen besseren Diener der Kirche und Helden Gaias! Endlich können wir uns einmal unterhalten und ich bin sicher Victoria kann es auch kaum erwarten mit einem wahren Helden zu reden! Wir...“
„Ich habe nichts gegen euch persönlich, aber mit unwichtigen Statisten unterhalte ich mich nicht, das verstößt gegen meine Prinzipien.“ Silberblatt sah die beiden kurz an und machte sich tatsächlich für einen kurzen Augenblick die Mühe zu versuchen sich an ihre Namen zu erinnern. Nach einer Weile gab er aber seufzend auf und verbannte die beiden aus seinen Gedanken, er sollte die Zeit lieber nutzen um in der Bibliothek vorbeizuschauen, vor allem da Anya seine Verlobte für eine Weile beschäftigte. „Ich verschwinde.“
Bevor Nikodemus noch etwas sagen konnte, zog der gelangweilte Großmeister auch schon ab und ließ ihn enttäuscht zurück. Silberblatt bog bei der ersten Gelegenheit links ab, und folgte dem Gang, bis er auch schon bei der Bibliothek der Bladelli ankam, oder eher bei dem, was vor einiger Zeit noch eine Bibliothek gewesen war und jetzt kaum noch daran erinnerte. Mit einer Hand öffnete er die Tür ein Stück und warf einen Blick in Aynaeths Zimmer, er wollte sie nicht stören, aber sie war die einzige in diesem ganzen Haus voller Nervensägen, mit der er sich wenigstens unterhalten konnte. Die Hexe saß inmitten von Büchern auf dem Boden und starrte gelangweilt in irgendein Buch, auch wenn sie es nicht wirklich zu lesen schien. Kaum bemerkte sie ihn, blickte sie überrascht von ihrem Buch auf und blinzelte kurz. Es war schon eine Weile her das er sie besuchen kam, da Lyaena sowieso schon genug nervte, auch ohne das er sich mit einer hübschen Hexe traf.
„Darf ich reinkommen, Aynaeth?“ er schob die Tür ganz auf, als er sah das sie sofort nickte und hastig aufsprang. Aynaeth hüpfte aufgeregt zwischen den Bücherbergen hindurch auf ihn zu, bis sie direkt vor ihm an der Türschwelle stand.
„Teregion!“ ihre Augen blickten ihn erwartungsvoll an und sie sah gespannt zu ihm herauf, endlich, sie hatte gewusst das er wiederkommen würde um sie vor dem Gesundheitswahn ihrer Schwester zu retten, auch wenn sie zwischendurch ab und zu ziemlich sauer auf ihn war „Endlich! Ich dachte schon ich sehe dich niemals wieder! Du hast mir in letzter Zeit keine Opfergaben...ähm, ich meinte Geschenke, gebracht! Ich bin fast gestorben! Naleya hat alle Süßigkeiten aus dem Haus geworfen und überwacht mich ständig! Es ist unmöglich vor ihr und ihrer Eule zu entkommen! Danke, danke, danke, endlich bin ich gerettet! Also, was hast du mir mitgebracht?“
„Tut mir leid, aber wie du sehen kannst, sind meine Hände vollkommen leer.“ Silberblatt lächelte fast schon schelmisch und zeigte ihr seine leeren Hände, woraufhin bei Aynaeth sofort eine ganze Welt zusammenbrach. Aus ihrem erwartungsvollen, fast schon anhimmelnden Blick, wurde eine Maske aus reiner Panik und Verzweiflung, die einem das Herz zerreißen konnte und ihn tatsächlich dazu brachte sich kurz etwas schuldig zu fühlen.
„D-du hast mir nichts mitgebracht...w-w-wieso hast du mir nichts mitgebracht?“ Aynaeths Stimme klang gebrochen und leer, sie wurde immer leiser während sie weitersprach und schien kurz davor zu stehen in Tränen auszubrechen. Ihr Trick mit dem Heiratsantrag an Naruz würde nicht noch einmal funktionieren und ihr fiel nichts mehr ein, um ihre Schwester zu überlisten. Bis sie sich etwas neues ausgedacht hatte musste sie also hungern und vermutlich sterben. Sie sah bereits ihr qualvolles Ende vor sich. „Wieso? Warum hasst du mich so sehr, Blättchen? Wieso willst du mich so leiden lassen und vernichten?“
„Na schön, lassen wir das. Du kannst dich wieder beruhigen, Aynaeth, ich habe nur einen Scherz gemacht, nicht mehr.“ wie aus dem Nichts tauchte auf seinen Handflächen eine sehr lange, weiße und mit einem roten Band umwickelte, Schachtel auf. Vorsichtig öffnete Aynaeth sie und sofort verschwand jegliche Panik aus ihrem Gesicht und sie starrte nur noch verträumt den Inhalt an. Darin befanden sich dutzende Pralinen oder eher hunderte, denn die Schachtel schien einen magisch veränderten Boden zu haben, wodurch sie größer war als es den Anschein hatte und vermutlich konnte Aynaeth ihren ganzen Arm in die Schachtel stecken ohne den Boden zu erreichen. „Das sollte wenigstens für ein paar Tage reichen, die Magie darin ist nicht besonders, es sind eigentlich nur mehrere einfache Zauber die ich übereinander gelegt habe. Ein Kältezauber um die Schokolade zu kühlen und ein paar Zauber durch die mehr Platz für die Pralinen war. Die Schokolade selbst ist übrigens zum Großteil aus dem Süden und Navea, aber ein paar habe ich auch von Händlern aus dem Norden, sie sind allerdings alle durcheinander, ich hoffe das stört dich nicht.“
„Du bist mein Lebensretter!“ rief Aynaeth atemlos, nachdem sie es endlich geschafft hatte ihre Sprache wiederzufinden und sich zumindest kurz von diesem Anblick loszureißen. Sie umarmte ihn erstaunlich vorsichtig, weil sie nicht die Schachtel zerquetschen wollte und nahm sie sofort an sich.
„Freut mich das es dir gefällt. Ich hoffe das reicht als Entschuldigung, weil ich in letzter Zeit so selten vorbeigekommen bin.“ er lächelte zufrieden, als sie nickte und sich mit ihrem persönlichen Heiligen Gral wieder zwischen den Büchern niederließ „Ich habe vor kurzem einen Magier getroffen, dessen Magie ich noch nicht kannte. Er benutze Explosionszauber, aber etwas an ihnen war merkwürdig, denn sie ließen sich nur schwer abwehren. Du weißt das die Theorie der Magie mich nie wirklich interessiert hat, also habe ich keine wirkliche Ahnung davon. Kennst du dich zufällig mit solchen Zaubern aus?“
„Seit wann interessierst du dich für so etwas simples wie Explosionsmagie?“ fragte die Hexe, während sie nachdenklich auf einem Stück Schokolade kaute, sie hatte seine Opfergaben vermisst, vor allem dank Naleyas strikter Diät. Er sollte am besten viel öfter vorbeikommen und ihr etwas Süßes schenken, dann hatte sich auch das Problem mit ihrer Schwester bald erledigt. „Ist das nicht etwas unterhalb deiner Fähigkeiten? Außerdem sind solche Zauber sehr gefährlich, dabei kann jemand verletzt werden.“
„Ja, ich weiß, das ist schließlich der Sinn der Sache.“ erwiderte Silberblatt lächelnd und sah zu wie sie sich noch schneller daran machte die Schokolade zu verschlingen, anscheinend hatte sie Angst davor das ihre Schwester jeden Moment reinplatzen und ihr alles wegnehmen konnte „Du hast also noch nie von so einer Art der Magie gehört? Immerhin bist du inzwischen seit einer halben Ewigkeit bei den Bladelli zu Gast, besitzen sie irgendeine besondere Form der Magie? Ist es vielleicht etwas das sie besonders gut beherrschen oder viel Talent für haben? Oder gibt es irgendeine andere Form von Magie, die nur in ihrer Familie vorkommt? Es würde zumindest erklären, warum ausgerechnet sie auf einmal zu den großen Familien gehören wollen. Vielleicht etwas wie die Marionettenzauber der Salvatore, oder die geheimen Techniken der Akashi.“
„Sie haben keine spezielle Magie in ihrer Familie, zumindest so weit ich weiß. Die meisten Mitglieder verfügen immerhin über beeindruckende magische Kräfte, sind aber oft nicht wirklich in der Lage damit umzugehen, so wie Anya oder dieser Luca, daher suchen sie immer nach anderen Möglichkeiten um zu kämpfen. Anya hat ihre Schwertkampftechnik und dieser Luca seine Explosionen, zu mehr ist keiner von beiden wirklich in der Lage.“ Aynaeth gelang es tatsächlich für einen kurzen Moment von seinem Geschenk abzulassen und ihn neugierig anzustarren, normalerweise kümmerte er sich nicht um die Zauber anderer Leute, sondern betrachtete sowieso die meisten Magier als wertlos, zumindest verglichen mit sich selbst „Aber warum interessiert dich das? Hast du gehofft ihnen irgendeine geheime Magie stehlen zu können? Ich dachte die Magie der Akashi ist bereits sehr...effektiv, auch wenn du es darin nicht wirklich zur Meisterschaft gebracht hast.“
„Danke, ich weiß selber, dass meine Fähigkeiten in der Magie der Akashi nicht an die meines Onkels heranreichen. Ich hasse die Magie der Akashi ehrlich gesagt, sie fühlt sich so...falsch an.“ Silberblatt wusste nicht was er sonst dazu sagen sollte, denn er mochte die Familienmagie wirklich nicht. Die Zauber der Akashi waren einfach nichts für ihn, auch wenn sein Onkel ihn gezwungen hatte sie zu lernen. Er war inzwischen nicht schlecht darin, aber Aynaeth hatte recht, er würde es nie zu wahrer Meisterschaft bringen, dafür fehlte es ihm zumindest in der Hinsicht an Ehrgeiz. Außerdem fiel es ihm sowieso nicht besonders leicht diese Magie zu benutzen, letztendlich war er kein reiner Akashi, wofür er jeden Tag aufs Neue dankbar war. Der Großteil der Familie ging ihm nämlich gewaltig auf den Geist und er wusste jetzt schon, dass er es hassen würde das Oberhaupt dieser Idioten zu sein, aber das war der Preis den er damals für die Gründung seines Ordens bezahlen musste.
„Ist vielleicht auch besser so.“ murmelte Aynaeth vor sich hin und griff wieder nach der Schokolade.
„Was meinst du damit?“
„Naja, du kannst auch so schon unheimlich genug sein wenn du willst, da musst du nicht auch noch Gedanken lesen können...“
„Hey!“ begehrte Silberblatt einen Moment lang auf, widersprach ihr aber nicht, denn sie hatte vollkommen recht damit. Er selbst fand die Fähigkeiten der stärksten Akashi auch unheimlich und erinnerte sich noch zu gut an das Gefühl, als Kyosuke Akashi mithilfe von Magie in seinem Kopf rumgebohrt hatte, das wollte er niemals wieder erleben. Andererseits, verdankte er es einzig und alleine diesem mächtigen Zauber, dass das Oberhaupt der Akashi ihm vertraute und ihn sogar als Erben wollte, obwohl er das Kind von Verrätern war. Nur durch diese Zauber, hatte Kyosuke das Kind seines Halbbruders bei sich aufgenommen, ansonsten wäre Silberblatt vermutlich den gleichen Weg gegangen wie Luca Bladelli. Man hätte ihn ebenfalls den Erben Valquez zugeteilt und zehn Jahre gegen die Alfar kämpfen lassen, so gesehen sollte er seinem Onkel dankbar sein. Trotzdem hasste er diese Art der Magie und setzte sie selber nur selten ein. Im Moment, musste er sowieso nicht mehr auf Magie oder seine Fähigkeiten als Krieger zurückgreifen, immerhin brachte der Posten als Großmeister ihn höchstens vor lauter Langeweile um. Wenn er gewusst hätte, dass es in den höheren Rängen der Kirche so eintönig sein konnte, dann wäre er lieber Inquisitor geblieben. „Wie auch immer, lass uns am besten nicht mehr über diese verfluchte Magie reden. Ich hasse es auch nur daran zu denken, dann
„Schade nur, dass mir bisher kein Akashi diese Magie vorführen wollte, damit ich sie einmal in Aktion sehen kann. Ich hasse diese Geheimnistuerei, die ihr um eure Zauber macht. Das einzige was ich wirklich weiß, ist das die Magie deiner Familie nicht den Körper angreift, sondern den Geist, mehr nicht und es macht mich wahnsinnig wenn ich etwas nicht weiß.“
„Am besten du unterhältst dich mit meinem Onkel darüber, sobald er nach Navea kommt. Er ist immer sehr offen und gerne bereit Fremden unsere Familiengeheimnisse anzuvertrauen, außerdem liebt er Hexen, es gibt nichts auf der Welt was er toller findet...“ erwiderte Silberblatt und legte so viel Sarkasmus wie möglich in seine Stimme, damit Aynaeth es nicht wirklich versuchte. Für Kyosuke stellte Vo Astur ein Schandfleck inmitten Süd-Midgards dar und er würde die graue Stadt am liebsten dem Erdboden gleich machen. Doch die Hexe schien mit Sarkasmus nicht sehr viel anfangen zu können und dachte ernsthaft darüber nach, ein Treffen, das weder für Aynaeth noch für den Akashi gut ausgehen würde, vermutlich brachten sie sich gegenseitig um.
„Mhm, gute Idee. Ich hoffe er kommt bald, dann kann ich ihn persönlich fragen, es heißt er ist ein Meister auf dem Gebiet dieser Magie. Er kann den Geist einer Person angeblich mit einem einzigen Gedanken zerschmettern und in den Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken der Menschen lesen als wären sie ein offenes Buch.“
„Ja...toll diese Sache mit dem Gedankenlesen, gibt nichts besseres auf der Welt.“ meinte Silberblatt und seine miese Laune kehrte endgültig wieder zurück, als er daran denken musste das sein Onkel bald wieder versuchen könnte in seinem Kopf zu wühlen, das würde sicher ein großartiges Wiedersehen, auf das er sich schon jetzt nicht freute. Silberblatt versuchte den Gedanken daran zu verdrängen und sich auf ein anderes nerviges Thema zu konzentrieren, das Abendessen mit den Bladelli. „Wollen wir zum Speisesaal gehen? Das Essen ist sicher bald fertig.“
„Weiß noch nicht genau. Kommt drauf an was es gibt. Essen wir Kuchen? Oh, oder eine riesige Torte! Nichts ist besser dazu geeignet einen Streit zu beenden als Torte, das weiß ich aus eigener Erfahrung, am besten mit viel Sahne oh und Erdbeeren, die müssen dabei sein, ansonsten funktioniert es nicht.“ Aynaeth stockte kurz und blickte ihn hilfesuchend an, während ihre Stimme einen flehenden Unterton bekam „Es gibt doch sicher eine Torte, oder?“
„Keine Ahnung, aber deine Schwester bereitet das Essen zu, also...“
„Ich bleibe hier bei meiner Schokolade, ähm ich meinte meinen Büchern. Ich muss lesen und studieren und die Schoko...die Bücher essen, damit meine Schwester sie nicht findet sobald sie wieder mal mein Zimmer durchsucht. Richte ihr bitte aus das ich keinen Hunger habe, ja? Ich, ähm, bin immer noch so satt von dem Gemüseauflauf den es heute Mittag gab, sag ihr das reicht für ein bis zwei Wochen.“
„Ich werde es versuchen Ich wünschte nur mich könnte auch jemand vor diesem schrecklichen Essen retten und damit meine ich nicht die Gerichte deiner Schwester, sondern das Gespräch mit den Bladelli.“
„Ich bin sicher du schaffst das schon. Kopf hoch und so weiter.“ sie starrte bereits wieder desinteressiert in eines ihrer Bücher und kaute dabei auf einer Praline herum. Solange sie noch etwas zu Essen hatte, war sie keine große Hilfe für ihn und würde sicher nicht mit einem genialen Plan kommen um ihn zu retten. Seine Opfergaben hatten leider auch so ihre Nachteile wenn er genauer darüber nachdachte hatten sie sogar nur Nachteile, aber er mochte es wie sehr sie sich über so etwas immer freute.
„Danke, Aynaeth, du bist mir eine große Hilfe.“
„Ich helfe immer wieder gerne.“ Silberblatt schüttelte amüsiert den Kopf, sie war wirklich nicht mehr ansprechbar. Er schloss die Tür hinter sich und wollte sich auf den Weg zu seiner Verlobten machen, aber kam nicht besonders weit, denn er kam an einer halb geöffneten Tür vorbei. Im Vorbeigehen erkannte Silberblatt auf den ersten Blick wem dieses Zimmer gehörte und er blieb stehen. Ohne sich Gedanken darüber zu machen wie unhöflich es war, ging er einfach auf die Tür zu und öffnete sie noch ein weiteres Stück. Vor ihm stand ein verdutzter Naruz, der anscheinend gerade verschwinden wollte.
„Hat dir niemand beigebracht anzuklopfen? Soweit ich weiß, ist das hier mein Zimmer und nicht dein heruntergekommenes Häuschen in dem du deine Mörder versammelst.“ Naruz starrte ihn an, als wäre er irgendein widerliches Insekt, aber der Großmeister ließ sich davon nicht verjagen, sondern trat einfach ein und ging ein paar Schritte in das Zimmer hinein, was Naruz einen genervten Seufzer entlockte, er wollte doch nur seine Ruhe „Und ich muss dringend mit Anya über ein paar Schutzzauber an meiner Tür reden...am besten gespickt mit einigen tödlichen Fallen.“
„Gute Idee, mit etwas Glück, bringst du dich damit selbst um und befreist die Welt damit von deiner Existenz. Es wäre für alle eine bessere Welt, aber ich fürchte, du wirst uns diesen Gefallen nicht tun.“ erwiderte Silberblatt und musterte ihn kalt, er wusste selber noch nicht so genau warum er hier war, aber Naruz zu nerven war sicher interessanter als sich mit den Bladelli zu unterhalten.
„Schön, wir haben beide ein paar höfliche Beleidigungen ausgetauscht, uns dabei wunderbar amüsiert und werden sicher die besten Freunde, wenn wir noch länger zusammen in einem Raum sind...aber das wird nicht passieren, also verschwinde auf der Stelle von hier.“
„Danke, aber ich habe keine Lust zu verschwinden. Es gefällt mir hier, die Bladelli haben ihrem neuen Wachhund eine hübsche Hundehütte geschenkt.“ Silberblatt lächelte überheblich, aber seine Bemerkung entlockte Naruz keinerlei Reaktion mehr, dafür hatte er sich das ganze schon viel zu oft anhören müssen „Wie auch immer, ich bin nicht hier um zu streiten, naja, nicht nur jedenfalls. Ich möchte mich mit dir über etwas unterhalten.“
„Warum sollte ich mit dir reden?“ fragte Naruz misstrauisch, aber dann fiel ihm etwas ein, was er dringend loswerden wollte, vielleicht traf es sich doch ganz gut das Silberblatt hier war „Obwohl, doch, ich glaube wir sollten wirklich einmal miteinander reden und zwar über etwas, was mich beschäftigt seit ich deiner kleinen Cousine begegnet bin.“
„Ach ja, richtig. Du und dein Team haben ja Teleya vor diesen erbärmlichen Banditen gerettet. Sie wäre sicherlich alleine mit den Angreifern fertig geworden, immerhin ist sie im Gegensatz zu dir eine begabte Magierin.“
„Und im Gegensatz zu dir, ist sie freundlich und hat sich für die Rettung bedankt, anstatt mit Beleidigungen und Sticheleien um sich zu werfen. Ich dachte bisher alle Akashi wären überhebliche Nervensägen, aber anscheinend trifft das nur auf einen zu, von daher muss ich mich bei deiner Familie entschuldigen. Ich habe sie zu Unrecht und vorschnell verurteilt, sie scheinen nicht viel mit dir gemeinsam zu haben.“ Naruz hielt sich zurück, um nicht noch beleidigender zu werden, hier waren sie unter sich und niemand würde es hören, aber er wollte den Großmeister nicht zu sehr reizen, nicht solange er noch mit ihm reden wollte, danach konnte Silberblatt gerne genervt abziehen. „Aber lassen wir das, ich habe von dir auch keinen Dank erwartet, Silberblatt. Ich war nur neugierig, weil Teleya einen Namen erwähnt hat, der mir sehr bekannt vor kam. Sie redete ununterbrochen über ihre vermisste Schwester, namens Yuki und mir fiel dabei sofort ein anderes Mädchen ein das genauso hieß. Ich bin sicher du erinnerst dich an sie, immerhin hast du Aleyandra auf sie angesetzt und befohlen sie zu ermorden.“
„Woher...“ Silberblatt blinzelte verwirrt und wusste im ersten Moment nicht, was er darauf erwidern sollte. Er hätte niemals damit gerechnet das ausgerechnet jemand so unfähiges wie Naruz darüber Bescheid wusste. „Woher weißt du davon? Das sind geheime Informationen, die dir nicht zugänglich sein dürften.“
„Das ist nicht wichtig, aber ich weiß von Aleyandras Auftrag und auch, was ihr Ziel war und wie sie es ausgeschaltet hat. Oh keine Sorge, Aleyandra hat nichts über ihre Arbeit verraten, aber sagen wir einfach mal, dass mir eine göttliche Kraft dieses Verbrechen offenbart hat.“ ein zufriedenes Lächeln umspielte Naruz Lippen, als er merkte, das es ihm gelungen war Silberblatt endlich einmal vollkommen durcheinander zu bringen, so gefiel ihm das Gespräch sogar irgendwie „Teleya erzählte mir das sie und diese Yuki dich sehr mochten und du viel Zeit mit ihnen verbracht hast. Ich frage mich seitdem, ob es dir schwer gefallen ist ihren Tod zu befehlen, oder ob es dich völlig kalt gelassen hat. Vielleicht hat es dir sogar Spaß gemacht?“
„Ich habe nur meine Befehle befolgt, genauso wie du und dein Team, mehr nicht. Wenn du unbedingt jemanden dafür verantwortlich machen willst, dann versuche es lieber bei jemand anderem.“ schlug Silberblatt gereizt vor und starrte ihn wütend an „Die Templer führten die magische Überprüfung bei Yuki durch, sie stuften das Mädchen als Bedrohung für die Menschen um sie herum ein, nicht ich. Der Erzbischof erteilte den Befehl sie auszuschalten und er war es auch, der mir befahl meine Kinder Gaias auf sie zu hetzen, und es war Anya, die damals die magische Überprüfung bei Aleyandra vorgenommen hatte und sie festnehmen wollte. Ich habe nur versucht sie zu beschützen. Wenn du jemandem die Schuld an Aleyandras Taten geben willst, warum dann nicht der Kirche, den Templern oder dem Erzbischof?“
„Nein, danke. Ich kann sehr gut damit leben dir die Schuld dafür zu geben und auch dafür, dass Aleyandra ihrem Blutrausch verfallen ist weil sie für dich morden musste.“
„Und, was hast du jetzt vor mit diesem Wissen? Willst du in die Unterhaltung unten platzen und meinen Cousinen davon erzählen, das ich genau wie jeder andere Diener der Kirche Befehle befolgt habe?“
„Ich halte nichts davon mich in die Angelegenheiten anderer Leute einzumischen, ganz im Gegensatz zu dir. Wenn es ihnen jemand sagen sollte, dann du selbst, aber vielleicht ist es besser für sie, wenn sie weiterhin glauben das ihre Schwester in Sicherheit ist.“ Naruz dachte an Teleyas fröhliches Lachen und wollte nicht wirklich daran Schuld sein ihre Hoffnungen zu vernichten, solange sie hoffen konnte, ging es ihr wenigstens gut „Ich will nur das du mich und vor allem mein Team in Ruhe lässt. Sie leisten gute Arbeit und keiner von ihnen hat es verdient von dir schlecht gemacht zu werden, nur weil es dir nicht gefällt das ich mit Aleyandra zusammen bin...war...bin, was auch immer.“
„Ah ja, richtig. Ich hatte ja die Absicht dich zu vernichten wenn du dich weiterhin mit meiner Schülerin triffst, ich erinnere mich daran.“
„Und, hast du vor deine Drohung jetzt in die Tat umzusetzen? Oder hast du plötzlich Angst das du verlieren könntest?“
„Vielleicht.“ antwortete Silberblatt ruhig und zuckte mit den Schultern, eine Antwort, mit der er Naruz vollkommen aus dem Konzept brachte, der hatte sich nämlich inzwischen bereits auf einen Kampf eingestellt und angespannt auf den ersten Schlag des Großmeisters gewartet „Ich muss zugeben, das Aynaeth bei deinem Auge gute Arbeit geleistet hat. Es dürfte schwer sein einen Zauber zu finden, den man dagegen noch anwenden kann und deine neuen Schwerter können im Nahkampf nervig werden. Vielleicht könnte ich verlieren.“
„Ähm...war das so etwas wie ein Kompliment?“
„Es war eine Feststellung.“ korrigierte Silberblatt ihn sofort „Und es ist mir egal wie viele Tricks du noch lernst, ich würde trotzdem gegen dich kämpfen, wenn du nicht tust was ich verlange.“
„Gut, dann kämpfen wir am besten jetzt sofort. Ich werde Aleyandra nämlich nicht aufgeben, nur weil ihr Großmeister sie unbedingt in seine Marionette verwandeln will und mich nicht ausstehen kann, das ist mir nämlich vollkommen gleichgültig.“
„Das ist auch gut so, denn ich möchte, dass du mit ihr zusammen bleibst, auch wenn ich es hasse das zu sagen und sich gerade alles in mir dagegen wehrt es auszusprechen...“ Silberblatt verzog tatsächlich angewidert das Gesicht und konnte nicht fassen, dass er so etwas tatsächlich gesagt hatte. Er würde alles dafür geben Naruz los zu werden, aber nicht wenn Aleyandra darunter leiden musste.
„W-was?“
„Du hast mich schon richtig verstanden, ich will, dass du sie nicht noch einmal unglücklich machst.“ als Naruz ihn nur weiterhin ungläubig und verständnislos anstarrte, seufzte er nur kurz und versuchte es irgendwie zu erklären, obwohl er es selbst nicht wirklich verstand „Ich dachte mir schon, dass du nicht in der Lage bist es zu verstehen, manchmal neige ich dazu langsame Menschen zu überschätzen. Dann versuchen wir es doch einmal so, dass selbst du es verstehst: Weißt du eigentlich, in was für einem Zustand sich Aleyandra befand, als du mit ihr Schluss gemacht hast? Wie verzweifelt und am Ende sie war? Wie sehr sie darunter gelitten hat?“
„Ja, das weiß ich. Wir haben darüber gesprochen und ich...ich habe selbst gesehen wie sehr sie litt.“
„Bist du dir da sicher? Ich denke, du hast keine Ahnung, wie fertig sie damals gewesen ist, ansonsten würdest du jetzt anders reagieren und wissen, warum ich euch nicht mehr auseinanderbringen will, zumindest für den Moment.“ Silberblatt legte eine kurze Pause ein und versuchte darüber nachzudenken wie er das ganze möglichst harmlos und schonend rüberbringen konnte, aber ihm fiel nichts ein, also entschied er das es ihm sowieso egal war und redete einfach weiter „Sie hat versucht sich umzubringen, weil sie dachte, dass sie dich niemals wiedersehen würde.“
„Was? Das ist Schwachsinn, so weit würde sie niemals gehen, nur weil ich sie verlasse, das ist absurd. Entweder du lügst um mir aus irgendeinem Grund ein schlechtes Gewissen einzureden, oder du hast etwas missverstanden. Sie würde nicht einmal an so etwas denken, also erspare mir das, ja?“
„Sie hat sich eine ihrer Pistolen an den Kopf gehalten und abgedrückt, das kann man nicht missverstehen. Weißt du warum sie das getan hat?“
„Weil du sie und mich in diese Situation gebracht hast!“ fuhr Naruz ihn aufgebracht an, als sein Geduldsfaden endgültig riss. Es reichte ihm ausgerechnet mit dem Mann darüber zu reden, der dafür verantwortlich war und alles unternahm um ihm das Leben schwer zu machen. „Hättest du sie niemals in deinen verfluchten Orden aufgenommen und zu einer eiskalten Mörderin ausgebildet, der es nichts mehr ausmacht zu töten, dann wäre es dazu gar nicht erst gekommen! Du bist der letzte Mensch in Midgard, von dem ich mir etwas zu meiner Beziehung mit Aleyandra anhören muss, hast du das endlich verstanden? Du bist Schuld an allem!“
„Vielleicht, aber es hätte sicher früher oder später so eine Situation gegeben, immerhin hatte Aleyandra ihre kleinen...Aussetzer auch schon früher. Ob sie jetzt für mich, die Inquisition oder die Templer gearbeitet hätte, um sich ihren Platz im Kirchenstaat zu verdienen, sie wäre irgendwann zu einer Bedrohung geworden, hätte jemanden angegriffen, verletzt und vermutlich auch umgebracht. Immerhin war die Sache mit Yuki ein deutliches Warnsignal für Aleyandra und sie hat etwas gegen ihre Aussetzer getan, hoffe ich jedenfalls. Tigerius kann zwar vielleicht den Blutdurst unterdrücken, aber er bekämpft die Ursache nicht, denn selbst er ist nicht mächtig genug um den Auslöser zu finden und solange ihm das nicht gelingt, wird sie weiterhin eine Gefahr für die Kirche darstellen.“
„Ich...habe keine Lust mehr mir deinen Unsinn anzuhören. Ohne dich und die Kinder Gaias, würde es keine Probleme zwischen mir und Aleyandra geben, alles wäre in Ordnung und so wie es sein sollte, also verschone mich mit deinen lahmen Ausreden. Ich werde sie nicht unglücklich machen, aber nicht weil du mir dann wieder auf den Geist gehst, sondern weil ich sie liebe und jetzt, muss ich los.“
„Ach? Du bleibst nicht zum Essen? Dabei hatte ich mich schon so darauf gefreut...“
„Warum sollte ich mich mit jemandem wie dir an einen Tisch setzen?“ Naruz schob Silberblatt vor sich her auf den Flur hinaus, schloss die Tür hinter sich und ignorierte das erstaunlich zufriedene Lächeln des Großmeisters „Außerdem habe ich eine Verabredung mit Aleyandra und will mich nicht verspäten.“ Damit zog Naruz ab und Silberblatt hatte inzwischen keine andere Wahl mehr als sich zu den anderen zu begeben, wodurch es ihm fast etwas leid tat den Inquisitor so sehr genervt zu haben, etwas Ablenkung tat ihm im Moment gut. Seufzend machte er sich auf den Weg nach Unten, um diesen Abend irgendwie hinter sich zu bringen.
…
Im Nordteil der Stadt, nahe zur Grenze zum Militärbezirk, wartete Aleyandra an eine Mauer gelehnt und starb gerade vor lauter Aufregung, während Naruz ihr zuwinkte und langsam näherkam. Sie trug ein dunkelblaues und grünes Kleid, das sie sich vor kurzem gekauft hatte. Im Zentrum prangte eine weiße Blüte und aus irgendeinem Grund gehörten Armschienen zu dem Outfit, was sie anfangs ein wenig verwirrt hatte. Es hatte sie auch verwirrt, dass Silberblatt ihr tatsächlich das Geld für dieses Kleid gegeben hatte, obwohl sie eigentlich keine wirklichen Besitztümer haben durfte. Langsam merkte selbst sie, dass er etwas zu freundlich und nachsichtig mit ihr umging, aber noch kümmerte es sie nicht weiter warum er das tat. Hauptsache sie hatte ein neues Kleid um wenigstens ein bisschen ihre Nervosität zu überspielen. Es war ihr erstes „Date“ mit Naruz, seit er sich von ihr getrennt hatte und sie wusste nicht wirklich, was sie von diesem Abend erwarten sollte. Würde es so werden wir früher? Das konnte sie sich irgendwie nicht so richtig vorstellen, stattdessen sah sie einen schrecklichen Abend voller peinlicher Stille vor sich, an dessen Ende er vermutlich endgültig zu dem Schluss kam sich vielleicht doch eine neue Freundin zu suchen.
An ihre Brust hatte sie fest eine weiße Stoffkatze gedrückt, an die Naruz sich noch gut erinnerte. Es wirkte fast so, als würde sie sich an dem Stofftier festklammern, um nicht sofort wegzulaufen. Alleine in seiner Nähe zu sein brachte sie schon dazu die Hälfte von dem zu vergessen was Bel Chandra ihr beigebracht hatte, es war schwierig sich zu konzentrieren wenn einem das Herz vor lauter Aufregung bis zum Hals schlug. Sie wollte in seiner Nähe keine Fehler mehr machen und vor allem nicht die Kontrolle über die Illusionen verlieren, die ihre Narben und Verätzungen verdeckten. Jeden Tag wachte sie auf, blickte in den Spiegel und hoffte darauf das die Heilzauber der Kirche endlich ihre Wirkung entfalteten, aber es passierte nicht. Ihr Gesicht sah noch immer genauso aus, auch wenn die Verletzungen an ihrem Körper immerhin ein wenig besser wirkten, aber vermutlich bildete sie sich das nur ein. Zum Glück gab es Magie, ansonsten hätte sie sich nicht mehr aus dem Haus getraut, sondern wäre in Selbstmitleid ertrunken. Als er immer näher kam, hob Aleyandra zaghaft eine Hand, um ihm zuzuwinken, hörte aber sofort wieder damit auf und drückte stattdessen die Katze noch fester an sich, in der Hoffnung damit irgendwie ihr heftig schlagendes Herz zu beruhigen.
Er achtete nicht weiter auf ihre Nervosität, sondern verhielt sich wie immer und führte sie zu einem Restaurant ganz in der Nähe. Von der peinlichen Stille und unangenehmen Atmosphäre die Aleyandra eigentlich erwartete, war während des Essens nichts zu spüren, im Gegenteil, sie unterhielten sich ganz normal und nach einer Weile überwand Aleyandra endlich ihre Angst und Aufregung und lachte mit ihm über seine Geschichten über Naleya und Aynaeth. Alles in allem, verlief der Abend deutlich besser als sie es erwartet hätte und auch er schien sich zu amüsieren, während sie über Saeca redete und darüber, wie die kleine Armani sie in den Wahnsinn trieb mit ihrer Dangolagersucht. Nach dem Essen, war es bereits recht spät und die Nacht war hereingebrochen. Die beiden gingen eine Weile durch die Straßen Naveas spazieren und Aleyandra überwand dabei auch den letzten Rest Nervosität. Sie klammerte sich an seinem Arm fest und schien ihn gar nicht mehr loslassen zu wollen, aber das störte ihn nicht weiter. Er fand es schön mit ihr durch die angenehm kühle Nacht zu gehen und sich zu unterhalten. Nach einer Weile ließen sie sich auf einer Bank nieder und betrachteten den klaren Nachthimmel.
„...und damit hat Aynaeth es irgendwie geschafft ihre Schwester auszutricksen, ich bin selbst auf sie reingefallen, so überzeugend war ihre Vorstellung.“ zufrieden bemerkte er, wie Aleyandra anfing zu lachen und fand es schade, dass sie nur so selten lachte, das sollte sie eigentlich viel öfter tun, es stand ihr besser als Unsicherheit und Trauer. Wenn sie jemals aufhören konnte andauernd zu weinen und so unsicher zu sein, wäre sie perfekt, nicht das er sie jetzt für unvollkommen hielt aber...Naruz schüttelte kurz verwirrt den Kopf, als er merkte, dass er mit seinen Gedanken vollkommen abdriftete und nur sinnloses Zeug dachte. Allerdings fiel ihm dabei auch etwas anderes ein worüber er noch mit ihr reden wollte. „Übrigens, ich habe eine Person gefunden die dir vielleicht helfen kann, oder mir zumindest beibringt wie ich deine Verletzungen heilen kann.“
„W-wirklich?“ Aleyandra hörte auf zu Lachen, aber behielt ihr glückliches Lächeln. Er meinte sein Versprechen also wirklich ernst und würde ihr helfen. Eigentlich hätte sie das nicht von ihm erwartet, zumindest nicht bis zu dieser Nacht im Gasthaus, seitdem, glaubte sie wirklich wieder daran das zwischen ihnen alles in Ordnung kommen konnte.
„Es gibt eine Schwertmeisterin irgendwo in den nördlichen Sümpfen. Aynaeth kennt sie und hat mir versichert das man von ihr die mächtigsten Heilzauber in ganz Süd-Midgard lernen kann. Wenn das wirklich stimmt, kann sie dir sicher helfen. Ich denke bereits darüber nach in die Sümpfe zu reisen, aber naja, bisher steht das leider noch nicht fest, wegen meiner Arbeit als Inquisitor. Aber sobald ich kann, werde ich...“
„Danke.“ flüsterte Aleyandra glücklich, lehnte sich an ihn und legte den Kopf auf seine Schulter. Einfach nur zu hören das er ihr helfen wollte, war bereits genug für sie. Erschöpft schloss Aleyandra die Augen und genoss einfach nur seine Nähe, sie hatte furchtbar geschlafen und das nicht nur heute, sondern die ganzen letzten Tage. Heute hatte sie dann ihre Aufregung vor der Verabredung und ihre schlechte Laune an Saecas Dangolagern ausgelassen und fast ein halbes Dutzend von ihnen aufgespürt, was Saeca fast zum weinen gebracht hätte. Leider gelang es der Armani immer wieder das Aleyandra weich wurde und Mitleid mit ihr zeigte, wodurch Saeca die Dangos behalten durfte...alles in allem also eine vollkommen nutzlose Aktion, aber es hatte sie abgelenkt.
„Du siehst müde aus, geht es dir gut?“ fragte Naruz nach einer Weile vorsichtig nach, er musste gegen seinen Willen an Silberblatts Worte denken und wusste nicht wirklich, wie er damit umgehen sollte. Er wusste, dass Aleyandra sehr an ihm hing und bereit war ziemlich weit zu gehen, um bei ihm zu sein. Sie schreckte immerhin nicht davor zurück ihn zu verfolgen, aber das was der Großmeister ihm erzählt hatte, eröffnete Naruz eine vollkommen neue Dimension von Besessenheit. Hatte sie wirklich versucht sich umzubringen weil er mit ihr Schluss machen wollte? Vermutlich versuchte Silberblatt mit ihrer kleinen Unterhaltung genau diese Gedanken zu erreichen und das alles gehörte zu irgendeinem dämlichen und heimtückischen Plan.
„Naja ich...ich habe nicht sehr gut geschlafen. Das liegt an...an...“ Aleyandra öffnete ihre Augen wieder und sah ihn unentschlossen an, fast als würde sie sich nicht trauen weiterzureden. Ihr Lächeln war ebenfalls dabei zu verblassen, was ihn seine Frage bereuen ließ. Er mochte es wenn sie lächelte, vor allem wenn sie diese magischen Runen im Gesicht trug.
„Du musst nicht darüber reden wenn du es nicht willst.“ versuchte Naruz sie wieder zu beruhigen, damit sie sich wieder genauso entspannte wie eben, aber damit scheiterte er, denn sie schien sich endlich ein Herz gefasst zu haben und wollte darüber reden, immerhin verschwieg sie ihm diesen Teil von sich schon viel zu lange.
„I-ich habe diese Träume und zwar schon seit vielen Jahren, aber es sind keine richtigen Träume, sondern eher...Erinnerungsfetzen. Du weißt ja noch, dass ich mich an nichts aus meiner Kindheit erinnern kann, aber das ist nicht ganz richtig. Ich...ich glaube zumindest mich an ein paar Dinge zu erinnern, jedenfalls wenn die Träume wirklich echt sind und nicht nur, naja, gewöhnliche Träume. Ich...ich...“
„Mit so etwas kenne ich mich leider nicht wirklich aus, obwohl ich auch schon seltsame Träume hatte. Wenn du es mir erzählen willst, dann werde ich dir zuhören.“ Naruz legte einen Arm um sie und zog sie näher zu sich heran, während sie ihren Kopf wieder auf seiner Schulter abstütze und er redete so sanft und vorsichtig wie möglich weiter „Worum geht es in den Träumen?“
„Meistens sind die Träume immer gleich. Ich liege in einem dunklen Raum auf einer Art Tisch, nur direkt um mich herum ist Licht, doch es blendet mich und ich erkenne dadurch die Gesichter der Männer nicht, die sich um den Tisch versammelt haben, aber ich weiß, dass ich sie alle kenne und sie oft gesehen habe. Einer von ihnen...ich erinnere mich an ihre Stimmen, aber nicht an mehr, nur die Stimmen, vor allem eine der Stimmen ist...außergewöhnlich. Es ist schwer zu beschreiben und auch nicht so wichtig, denke ich. Ähm, verflucht, ich rede nur Schwachsinn, dabei will ich doch nur...“ sie brach verwirrt ab und wunderte sich selbst darüber wie schwer es ihr fiel mit jemandem darüber zu reden, das hatte sie noch nie getan und wusste gar nicht was sie sagen sollte „Sie beobachten mich eine Weile, weben Zauber um mich herum und betrachten etwas und dann...dann nähert sich einer von ihnen und...er hat eine Art...und ich...ich...“ Aleyandra brach ab und schluckte nervös, als sie seinen erwartungsvollen Blick sah. Sie brachte kein Wort mehr heraus, ihr Mund war vollkommen trocken und in ihrem Kopf herrschte einziges Chaos sobald sie versuchte sich zu erinnern. Sie wollte es gar nicht sagen, ging es ihr plötzlich auf. Sie wollte mit niemandem darüber reden, nicht einmal mit ihm. Wollte ihm nicht sagen, dass sie jahrelang gequält wurde, immerhin wusste sie nicht einmal warum. Die Träume waren nichts als Träume, aber sobald sie anfing darüber zu reden, wurden sie Realität. Sie wurden zu einem Teil ihrer Vergangenheit und ihrer Geschichte, aber solange sie es nicht aussprach, konnte sie alles was sie gesehen hatte ignorieren und so tun, als wären es wirklich nur Träume. „T-tut mir leid, Naruz. Ich kann doch nicht darüber reden, es geht nicht. Ich...ich will es wirklich aber...selbst dir kann ich es nicht sagen, tut mir wirklich leid.“
„Schon in Ordnung, du musst dich zu nichts zwingen.“ murmelte Naruz, auch wenn er gehofft hatte etwas mehr zu erfahren, um sie besser zu verstehen trotzdem wollte er sie nicht dazu drängen, dafür schien es ihr zu viel Schmerzen zu bereiten darüber zu reden. Er konnte spürten, wie sie an seiner Seite zu zittern begonnen hatte während sie redete und sich erst jetzt langsam wieder beruhigte. Irgendetwas schien ihr furchtbare Angst einzujagen und für einen Moment wirkte sie vollkommen verstört, aber es hielt zum Glück nicht lange an. Nach einem kurzen Moment des Schweigens, fuhr sie mit leiser, aber immerhin endlich wieder ruhiger, Stimme fort.
„Es gibt dann noch andere Träume, die meistens sehr viel friedlicher und harmonischer anfangen. Ich bin dort bei meinem älteren Bruder und bei ihm zu sein ist erstaunlich...schön. Er liest mir etwas vor, erzählt mir Geschichten und kümmert sich um mich. Diese Träume sind schön und ich hoffe, dass sie Teil meiner Vergangenheit sind und nicht die anderen Träume, das hoffe ich wirklich.“
„Du hast einen Bruder? Wo ist er?“
„Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass irgendwann während jedem dieser Träume wieder die Dämonen auftauchen und die Idylle zerstören. M-mit Dämonen meine ich keine echten Dämonen, sondern diejenigen die in dem dunklen Raum waren und...ich weiß nicht warum ich immer an Dämonen denke, aber so wirken sie auf mich, denn sie...sie...“ Aleyandra brach wieder ab und drückte sich fester an ihn „Ich muss vollkommen verrückt klingen...tut mir wirklich leid, dass ich dich mit so etwas dämlichen wie meinen Träumen nerve. Du willst das alles sicher gar nicht hören und...“
„Doch, das will ich.“ versicherte Naruz ihr schnell „Ich will wissen was dir Sorgen bereitet und dich fertig macht, damit ich dir helfen kann. Außerdem siehst du niedlicher aus wenn du dir keine Sorgen machst und nicht vollkommen erschöpft oder...verängstigt bist.“
„Keine Sorge, die Träume halten mich vielleicht ein bisschen wach, aber sie...sie machen mir nichts mehr aus, sie jagen mir keine Angst mehr ein, denn ich weiß, dass es nur bedeutungslose Träume sein können. Ich habe mich daran gewöhnt und sie quälen mich nur noch selten so sehr wie früher, um genau zu sein...das ist etwas peinlich es dir wirklich zu sagen, aber...“ Aleyandra begann plötzlich wieder zu lächeln, löste sich von Naruz und setzte sich wieder normal neben ihn. Ihre kurze depressive Phase schien vorbei zu sein, immerhin befand sie sich gerade nicht in einem dieser Träume, sondern bei Naruz, da sollte sie eigentlich glücklich sein und nicht an so etwas denken „Ich hatte diese Träume nie, wenn ich mit dir zusammen war. Es klingt albern, aber in deiner Nähe, habe ich mich immer sicher gefühlt und nicht mehr an meine Vergangenheit oder diesen dunklen Raum gedacht, sondern nur daran mit dir glücklich zu sein. Ich hoffe das hört sich nicht zu dämlich an...“
„Nein, im Gegenteil. Es freut mich, das ich dir helfen kann diese Erinnerungen zu vergessen.“ erwiderte Naruz und strich ihr kurz durch die langen, silbernen Haare, bevor er aufstand „Komm, ich bringe dich nach Hause, es ist bereits spät und wir wollen ja nicht das Saeca sich noch Sorgen um dich macht.“
„W-warte, ich muss dir noch eine wichtige Frage stellen.“ Naruz blickte verwirrt zurück, als er spürte, wie Aleyandra ihn leicht an seiner Uniform festhielt damit er nicht verschwinden konnte. Sie saß noch immer auf der Bank, traute sich aber nicht ihn anzusehen, sondern blickte betreten zu Boden. Sie wollte während dieser Frage nicht sein Gesicht sehen, aus Angst, dort etwas zu entdecken was sie nicht sehen oder wissen wollte, nämlich Ablehnung. „Du musst auch nicht darauf antworten, wenn du nicht willst, aber ich muss dich das einfach fragen, weil ich es wissen muss. Sind...sind wir jetzt wieder zusammen?“
„Ich...ähm, ich weiß es nicht.“ antwortete Naruz ehrlich und musste sich zusammenreißen, als sie ihn enttäuscht losließ und sich versteifte. Er musste daran denken wie verletzlich sie sein konnte, aber er wollte ihr auch nichts vormachen, zumindest im Augenblick, konnte er nicht vergessen was sie getan hatte. Er hatte das Mädchen zwar nicht gekannt, aber alleine die Vorstellung mit jemandem zusammen zu sein der zu so etwas fähig war...es brachte ihn nicht dazu Aleyandra zu hassen, aber machte es ihm schwer sie so zu sehen wie er sie sehen wollte, als die niedliche, unschuldige und vollkommen in ihn verliebte Aleyandra, aber stattdessen musste er viel zu oft an die brutale Mörderin denken, die auch in diesem Mädchen steckte „Ich denke nicht, dass wir glücklich werden können, solange du für Silberblatt und die Kinder Gaias arbeitest, aber du kannst den Orden auch nicht einfach verlassen, dann ziehst du den Zorn der Kirche auf dich. Warum...warum lassen wir nicht vorerst alles so wie es im Moment ist? Wir können uns jederzeit sehen und miteinander ausgehen wenn du willst, aber es wäre am besten wenn wir das vorerst eher als...Freunde tun. Zumindest noch eine Weile, bis sich alles um uns herum wieder etwas beruhigt hat. Du kannst jederzeit zu mir kommen und wir können uns treffen wann immer du willst, also, wenn du das willst, meine ich.“
„Klingt gut.“ erklang es erstaunlich kleinlaut von Aleyandra, die noch immer ihre Augen stur auf die Pflastersteine gerichtet hatte. Sie wusste nicht wirklich was sie sich von ihrer Frage erhofft hatte, aber das war immerhin nicht so schlimm wie erwartet. Alles in allem, konnte sie damit leben, vorerst, zumindest für eine Weile.
„Lass uns gehen.“ lächelnd hielt Naruz ihr seine Hand hin. Aleyandra lächelte wieder und ließ sich von ihm aufhelfen. Sie gingen noch eine Weile schweigend Seite an Seite durch die nächtlichen Straßen von Navea und wenn es nach Aleyandra ging, hätte dieser kleine Spaziergang auch niemals enden können, aber dann sah sie etwas, worauf sie schon den ganze Abend gewartet hatte. Ein Mann mittleren Alters ging an ihnen vorbei. Er trug eine dunkelblaue Uniform und wirkte vollkommen unscheinbar, Naruz zumindest schien den Mann gar nicht zu bemerken, aber Aleyandra fiel wieder ein warum sie diesen Weg Nachhause gewählt hatte. Sie musste leider los.
„Das reicht, Naruz.“ durchbrach Aleyandra plötzlich die Stille und ließ seine Hand los „Den Rest es Weges schaffe ich alleine, es ist sowieso nur noch ein kurzes Stück bis zur Villa der Bladelli von hier aus, also wäre es Zeitverschwendung wenn du mich durch die halbe Stadt bringst und dann wieder den ganzen Weg zurück musst.“
„Hier? Aber wir sind noch ein ganzes Stück von deiner Wohnung entfernt. Es ist spät, du solltest nicht alleine unterwegs sein, immerhin liegt noch die halbe Stadt vor dir und es ist gefährlich. Hat dich Silberblatt nicht vor diesem Wahnsinnigen gewarnt der vor kurzem ein Kind Gaias getötet hat? Was wenn er es als nächstes auf die Lieblingsschülerin des Großmeisters abgesehen hat und dir auflauert?“
„Keine Sorge, ich finde den Weg schon alleine und vor Dieben oder irren Mördern habe ich sicher keine Angst, die sollten eher Angst vor mir haben.“ Aleyandra ging zögerlich einen Schritt näher auf ihn zu und dachte eigentlich daran ihn zum Abschied zu küssen, aber dann fielen ihm seine Worte wieder ein und sie beließ es bei einem Kuss auf die Wange, um nicht zu übereifrig zu erscheinen, brachte Naruz allerdings damit nur dazu verwirrt zu blinzeln „G-gute Nacht, Naruz und danke für den schönen Abend.“
„Gute Nacht.“ verabschiedete sie Naruz und blieb ein bisschen verwirrt und verloren auf der Straße stehen. Er hätte nicht gedacht das sie es plötzlich so eilig hatte zu verschwinden, nicht nachdem sie den ganzen Abend so an ihm hing und ihn fast erwürgt hatte. Kaum war sie außer Sicht, begann sie zu rennen und verschwand in einer naheliegenden Gasse. Sie rannte einen Bogen, um den Mann in der dunkelblauen Kleidung noch abzufangen, sie wusste immerhin wo er hin wollte. Für Aleyandra, war damit der schöne Teil des Abends vorbei und sie musste sich wieder auf ihre Arbeit für die Kirche konzentrieren. Ihr neuer Auftrag lautete zwei Verräter innerhalb der Kirche auszuschalten. Man ging davon aus, dass sie von der Yggdrasil Republik bestochen wurden. Es waren ehemalige Offiziere der kirchlichen Streitmacht, die jetzt nur noch Verwaltungsaufgaben erledigten. Männer, die Informationen an die Alfar weiterleiteten und bereits mehrere Operationen der Templer zunichte gemacht hatten. Viele Templer und Soldaten waren in letzter Zeit gestorben, weil sie in Fallen der Alfar rannten, obwohl sie eigentlich Fallen und Hinterhalte aufstellen sollten. Kein Überraschungsangriff in letzter Zeit hatte Erfolg und irgendwann hatte das die Aufmerksamkeit der Kirche erregt. Laut Silberblatt und dem Erzbischof, stand die Schuld der beiden Männer bereits fest, aber es fehlten die Beweise um sie vor Gericht zu stellen. Also sollten sie unauffällig beseitigt werden, damit sparte man Zeit und musste sich nicht lange mit den Verrätern herumärgern. Nach einigen Minuten, wurde sie langsamer und ging gemütlich die Straße vor sich entlang. Schon nach wenigen Augenblicken kam ihr der Mann entgegen, er blinzelte kurz verwirrt, als er sie schon wieder sah, entschied sich dann aber dafür nicht weiter darauf zu achten.
„Guten Abend, wie geht es Euch?“ fragte Aleyandra ihn sanft und drückte die weiße Stoffkatze dabei fest an sich. Tatsächlich blieb er stehen, um ihr zu antworten, vermutlich wäre jeder stehengeblieben, sie sah ihn gerade einfach viel zu niedlich an.
„Gut, vor allem nachdem ich Euer Lächeln gesehen habe.“ antwortete er freundlich und musterte sie kurz „Hat Euer Freund Euch etwa nicht nach Hause gebracht? Soll ich Euch vielleicht begleiten? Die Straßen sind Nachts gefährlich für eine junge, schöne Lady.“
„Oh, keine Sorge, ich kann auf mich aufpassen.“ Aleyandra lächelte ihn freundlich an und verschränkte unschuldig die Hände hinter dem Rücken, um möglichst harmlos zu wirken.
„Wie Ihr meint.“ war alles was der Mann noch dazu sagte, dann versuchte er an ihr vorbeizugehen, aber dazu sollte es nicht kommen. Kaum befand er sich neben ihr, schnellte sie vor und packte mit der einer Hand seinen Hinterkopf. Er überwand seine Überraschung erstaunlich schnell, aber das nutze ihm nichts mehr. Mit der Kraft und Schnelligkeit einer Botschafterin Gaias konnte er nicht mithalten. Sie packte seinen Kopf so fest sie konnte und rammte ihn mit aller Kraft gegen eine der Häuserwände entlang der Straße. Schon beim ersten mal, hörte sie seinen Schädel knacken und der zweite Schlag beendete seine verzweifelten Versuche sie abzuwehren endgültig. Sein Körper erschlaffte, er hörte auf zu atmen und seine Augen wurden stumpf, während ihm das Blut aus den Ohren floss. Aleyandra ließ den Toten zu Boden sinken, den Blick kurz auf das Blut an der Wand gerichtet. Wenn Naruz sie so sehen konnte, wäre er sicher schockiert zu sehen, wie leicht es ihr fiel zu töten, aber nach dem was mit Yuki passiert war, kam ihr das hier nicht wirklich schlimm vor, eher harmlos, also verdrängte sie den Gedanken daran wieder. Aleyandra durchsuchte seinen Mantel, bis sie die Börse des Mannes fand und nahm den Inhalt an sich, damit es mit etwas Glück nur wie ein Raubüberfall aussah. Silberblatt hatte ihr geraten keine große Aufmerksamkeit zu erregen und lieber auf ihre Pistolen und Zauber zu verzichten, sondern es simpel zu halten. Die Toten sollten keine allzu große Aufmerksamkeit erregen und das würden sie auch nicht. Es wurden jede Nacht mehr als genug Menschen in Navea ausgeraubt und hin und wieder auch getötet, einer mehr, würde nicht weiter stören. Sie gähnte kurz und bemerkte wieder, wie müde sie eigentlich war, es wurde Zeit ins Bett zu gehen. Einer war damit erledigt, blieb nur noch ein weiteres Ziel und dann, konnte sie sich wieder voll und ganz auf Naruz konzentrieren.
…
In der Zwischenzeit befand Naruz sich bereits kurz vor dem Anwesen der Bladelli, aber in Gedanken war er noch immer bei Aleyandra. Erst als vor ihm gleißendes, blendendes Licht erschien, schreckte er aus seinen Überlegungen auf. Eine helle, blaue Flammensäule schlug direkt vor ihm in die Straße ein und hinterließ einen kleinen Krater in den Pflastersteinen. Sofort wanderte Naruz Hand an seine Hüfte, aber er hatte seine Schwerter nicht dabei. Wer rechnete schon damit mitten in Navea angegriffen zu werden? Hastig sah er sich um und es war nicht schwer den Angreifer zu entdecken, denn er stach aus der dunklen Nacht deutlich hervor. Auf einem nahen Dach stand eine Gestalt in einer silbernen Rüstung, die in einem der vorherigen Kapiteln schon zur Genüge beschrieben wurde und er reckte Naruz herausfordernd ein, mit roten Runen verziertes, Schwert entgegen. Aus den Sehschlitzen seines Helmes leuchtete es rot hervor und er wusste sofort woran es ihn erinnerte. So leuchteten die Augen Aleyandras, wenn sie ihrem Blutdurst verfiel und an nichts anderes mehr denken konnte als an den Kampf und die völlige Vernichtung ihrer Feinde
„Du bist also der Verrückte, der es wagt Hand an die Prinzessin des Mondlichts zu legen.“ immerhin war die Stimme die hinter dem Helm erklang männlich, was Naruz sehr beruhigte, er hatte kurz schon befürchtet das Aleyandra vielleicht wieder einen ihrer Aussetzer hatte „Ich verlange im Namen Serenas, dass du deine dreckigen Finger von Aleyandra Moraevion lässt. Du besudelst ihre Reinheit, ihre Schönheit und ihr strahlendes Licht mit deiner wertlosen Existenz, Sterblicher. Ihr göttliches Blut ist zu rein um sich mit deinem zu vermischen, such dir eine sterbliche Frau mit der du dich im Dreck wälzen kannst, Unwürdiger.“
„Oh toll, noch einer von der Sorte...“ murmelte Naruz genervt, als er hörte, dass es um Aleyandra ging, für so eine Diskussion war er gerade in der richtigen Stimmung, genau das was er gebraucht hatte, ein Irrer der sich anscheinend gerne verkleidete und auf Aleyandra stand, Silberblatt war ja noch nicht genug gewesen „Willst du dich auch unbedingt in meine Beziehung einmischen? Wenn ja, musst du dich hinten anstellen, der andere Mistkerl war zuerst da.“
„Du bist kein Kind des Mondlichtes, kein Erbe von Serena und Asturian, dein Haar, deine Augen, deine ganze Erscheinung, sind so lächerlich und gewöhnlich. Wie kannst du es wagen dich überhaupt mit einer Erbin göttlichen Blutes einzulassen? Sie überhaupt anzusprechen? Man sollte dir die Augen ausstechen, dafür das du es gewagt hast sie anzusehen!“
„Wenn ich mir die Haare weiß färbe, verschwindest du dann und lässt mich in Ruhe?“ fragte Naruz gelangweilt, aber anstatt zu antworten, hob der Unbekannte sein Schwert und ließ direkt vor Naruz eine weitere Flammensäule in den Boden einschlagen „Habe ich auch nicht erwartet.“
„Schlechte Witze werden dein Leben auch nicht retten, Sterblicher. Ich werde dich vernichten, für die Frechheit Hand an eine reine Seele des Mondes zu legen und ihr die Unschuld zu rauben.“ Kaum hatte er ausgeredet, als der Fremde auch schon auf ihn zusprang und versuchte ihn mit dem Schwert in zwei Hälften zu teilen. Naruz rührte sich nicht von der Stelle, sondern lächelte nur kurz. Das Schwert mit den eigenartigen Runen sollte ihn nie erreichen, denn er brauchte nur ein einziges Wort zu sagen, um den Angriff zu stoppen.
„Sigrun“ flüsterte er und sofort erschien die Valkyre zwischen ihm und dem Angreifer. Ihr Speer lenkte den Schwerthieb ab und der Unbekannte zog sich auf ein Dach zurück, um seinen neuen Gegner zu betrachten. In der Zwischenzeit händigte das Eidolon ihrem Botschafter seine beiden Schwerter aus, mehr brauchte er nicht um diesen Kampf zu gewinnen. „Danke, Sigrun. Den Rest schaffe ich alleine, du kannst wieder gehen.“
„Seid Ihr euch sicher, Botschafter? Ich kann spüren das etwas seltsam ist an diesem Gegner, ich glaube es wäre besser wenn ich...“
„Ich brauche keine Hilfe um dieses lästige Glühwürmchen zu besiegen. Damit werde ich alleine fertig.“ sofort verschwand Sigrun ohne ein weiteres Widerwort und ließ ihn alleine mit dem Wahnsinnigen zurück. Eine weitere Flammensäule schlug ein, aber diesmal zielte der Unbekannte ganz bewusst auf Naruz, um ihn in den bläulichen Flammen vergehen zu lassen. Naruz löste die Zauberformel auf und das eigenartige Feuer verschwand, auch wenn es sich eigenartig anfühlte diese Runen aufzulösen, sie fühlten sich seltsam vertraut an. Doch viel Zeit blieb ihm nicht um darüber nachzudenken, denn der Angreifer erkannte dass er mit Magie nicht weiter kommen würde und sprang auf Naruz zu. Er blockte den Hieb des leuchtenden Schwertes und erkannte sofort seinen Fehler, als er ungelenk einige Schritte zurück stolperte. Der Angreifer besaß viel zu viel Kraft um so etwas noch einmal zu versuchen. Selbst die Angriffe nur zu blocken ließ Naruz Körper bereits erzittern als würde er von einem gewaltigen Hammer getroffen, also verlegte er sich aufs Ausweichen. Geschickt duckte Naruz sich unter einem Angriff hinweg, wartete noch einen weiteren Schlag ab, dem er ebenfalls leicht entging und stach dann blitzschnell zu. Zufrieden spürte er wie seine Klinge auf Widerstand traf und sich in die Brust des Fremden bohrte. Seine Schnelligkeit hatte ihn noch nie im Stich gelassen. Er wollte schon triumphierend lächeln und sich über seinen erstaunlich leichten Sieg freuen, aber der Fremde schien sich von dem Schwert in seinem Körper nicht beeindrucken zu lassen. Die Rüstung des Unbekannten leuchtete hell auf, hüllte ihn in grelles, silbernes Licht ein und irgendwie wurde er plötzlich selbst zu einer Art Nebel aus Licht. Das silberne, dem Mond so ähnliche, Licht, schwebte ein paar Meter von Naruz weg und verfestigte sich dann wieder zu dem Angreifer. Dort wo eigentlich ein Loch in seiner Brust klaffen sollte, befand sich nicht einmal ein Kratzer, sondern die Oberfläche der Rüstung wirkte so glatt und makellos wie zuvor.
„Die Macht der Liebe und des Mondes ist stärker als die des Schwertes. Noch bevor diese Nacht vorbei ist, wird Aleyandra mir gehören und deine Leiche in der Gosse verfaulen.“ erklang es überheblich von dem Fremden, in dessen Stimme eine Leidenschaft brannte, durch die es wirklich so klang, als wäre es sein aller größtes Ziel Aleyandra aus Naruz Klauen zu retten. Naruz betrachtete in der Zwischenzeit die Rüstung genauer und war sofort gefangen von dem dichten Runengeflecht, das sich von allem unterschied was er bisher gesehen hatte und mit dem er absolut nichts anfangen konnte. Der Zauber war selbst für ihn viel zu komplex um ihn einfach auf die Schnelle zu entschlüsseln und zu analysieren. Mit ein paar Wochen, oder eher Monaten, Zeit könnte er es vielleicht irgendwann schaffen, aber irgendetwas sagte ihm das der Fremde keine Lust hatte so lange zu warten. Vorsichtig versuchte Naruz den Zauber nicht zu verstehen, sondern ihn einfach zu verändern. Je komplexer ein Zauber war, desto leichter ließ er sich selbst von kleinsten Veränderungen vernichten. Er musste nur eine einzige Rune in dem magischen Geflecht ändern und schon würde alles in sich zusammenfallen. Kurz tat es ihm leid so einen besonderen Zauber zu vernichten, aber er hatte keine große Wahl wenn er den Fremden loswerden wollte. Schnell erschuf er eine Rune inmitten des magischen Gewebes und anfangs wirkte es auch so als würde es funktionieren. Er wollte schon lächelnd wieder zum Angriff übergehen, aber dann verschlang die Rüstung seine Rune einfach, nahm seinen Zauber in die Formel auf und veränderte sich, bis seine Rune ein Teil der Rüstung wurde und nicht mehr störte. So etwas ähnliches hatte er schon einmal erlebt, bei Mizores Schwert, das sich ebenfalls an seine Veränderungen anpassen konnte. Sein Auge begann langsam zu schmerzen, je länger er den Zauber betrachtete, so etwas hatte ganz sicher kein Mensch gewirkt, niemals.
„Dachtest du es wäre so einfach zu vernichten was eine Göttin erschuf? Gaia selbst wirkte die Zauber, die diese Rüstung umgeben, sie besteht einzig und alleine aus der Macht einer Göttin. Die Rüstung der Mondkinder ist einzigartig, sie ist einer der größten Schätze Vo Astur´s und deine Versuche ihre Magie zu vernichten, sind einfach nur sinnlos “ Bevor Naruz noch die Gelegenheit erhielt es ein weiteres Mal zu versuchen, verwandelte die Rüstung sich wieder in gleißend helles Licht und raste auf Naruz zu. Plötzlich, verblasste das Licht. Ein paar Meter vor ihm verschwand es und der Fremde stand ganz normal vor ihm. Der Glanz der Rüstung hatte etwas nachgelassen, das Licht flackerte leicht. Sofort blickte der Angreifer zum Himmel hinauf und stieß einen Fluch aus. Wolken. Es hatten sich ganz einfach Wolken vor den Mond geschoben und verdeckten sein Licht, was Naruz immerhin genug Zeit bot um sein Schwert zu heben. Vielleicht konnte er jetzt endlich Schaden bei seinem Gegner anrichten, aber dazu erhielt er keine Gelegenheit mehr.
„Meine Zeit, ist im Moment leider abgelaufen. Betrachte das als Warnung, Unwürdiger, und meide die Tochter der Göttin in Zukunft.“ Der Fremde sprang wieder auf das Dach und seine roten Augen leuchteten ihn voller Hass aus den Sehschlitzen heraus an. Er hätte ihn so gerne umgebracht, aber die Zeit arbeitete gegen ihn, die Zeit und leider auch der Mond selbst. Serena konnte ihm die Macht der Rüstung jederzeit nehmen, wenn er sie zu sehr verärgerte und er glaubte nicht an einen Zufall was die Wolken anging. Das Mondeidolon versuchte ihn auszubremsen, ausgerechnet jetzt hatte Serena sich dazu entschieden ihn zu stoppen, das war ärgerlich. Während er noch nachzudenken schien begann die Rüstung immer heftiger zu flackern. Das silberne Strahlen war längst erloschen und zu einem abgestumpften Grau geworden, die Pracht der seltsamen Rüstung verschwand nach und nach je länger sie ohne das Licht des Mondes auskommen musste, fast als hätte sie das Licht in sich aufgesogen und war jetzt ohne dieses Licht nutzlos. „Wenn wir uns noch einmal begegnen, werde ich dich töten und deine Seele im heiligen Licht Serenas reinigen.“ Dann löste der Ritter sich einfach auf, verschmolz mit der Dunkelheit der Nacht und verschwand spurlos. Abgesehen von den paar Kratern im Boden, deutete nichts mehr auf seine Existenz und ihren Kampf hin.
„Allmächtig...von wegen.“ murmelte Naruz und lehnte sich an die Wand des Anwesens, während er froh war den Fremden los zu sein, er wusste nicht wie lange er gegen diese eigenartige Macht noch durchgehalten hätte „Du willst nur nicht zugeben, dass dein dämlicher Haufen Silber gerade von einer Wolke besiegt wurde.“ versuchte Naruz den Kampf ein bisschen ins Lächerliche zu ziehen, aber in seinen Gedanken machte er sich Sorgen darüber wer der Angreifer in der silbernen Rüstung sein konnte und vor allem, was er mit Aleyandra zu tun hatte und wie er gegen so etwas kämpfen sollte. Es schien fast so, als würde diese Rüstung keinerlei Schwächen im Kampf besitzen, außer das sie das Licht des Mondes zu brauchen schien. Also sollte er vielleicht versuchen den Mond zu zerstören und in die Luft zu jagen...ein Gedanke, der ihn immerhin zum Lächeln brachte. Er versuchte noch eine Weile darüber nachzudenken, ob er den heutigen Tag als gut, oder eher ausgesprochen nervig einstufen sollte. Auf der einen Seite, waren da die zwei Wahnsinnigen, die es sich unbedingt in den Kopf gesetzt hatten ihm auf den Geist zu gehen, aber auf der anderen Seite, hatte er immerhin einen schönen Abend mit Aleyandra verbracht. „Ich hatte schon schlimmere Tage.“ stellte er nach einer Weile fest und beschloss das ganze ein bisschen optimistischer zu sehen. Wenigstens waren keine Alfar, Dämonen, irre Wissenschaftler oder Schattenritter aufgetaucht, also alles in allem irgendwie ein ganz normaler Tag für ihn.
…
Lyaena saß auf ihrem viel zu großen Bett in ihrem Zimmer und hatte die Arme um ihre Beine geschlungen, während sie düster vor sich hin ins Nichts starrte. Nach dem Essen mit den Bladelli, waren sie in das Anwesen der Akashi zurückgekehrt, alle, bis auf Teregion natürlich, denn der hatte irgendetwas von Arbeit gemurmelt und sich wieder in das Hauptquartier seines Ordens verzogen. Langsam aber sicher kam bei ihr der Verdacht auf, dass er einfach nur nicht mit ihr alleine sein wollte, immerhin war es inzwischen fast ein Jahr her, dass sie miteinander geschlafen hatten. Gut, davon hatten sie sich über zehn Monate nicht gesehen, aber in den letzten Wochen hatte es trotzdem mehr als genug Gelegenheiten gegeben um Zeit miteinander zu verbringen. Er musste sich ja nicht gleich voller Leidenschaft auf sie stürzen, die Erwartung hatte sie inzwischen eh verworfen. Es würde ihr schon reichen wenn er sie einfach in den Arm nahm und küsste, oder sie überhaupt beachtete, aber dazu kam es auch nicht. Während sie ihren düsteren Gedanken nachhing, saß Teleya neben ihr auf dem Bett. Sie hatte sich an sie gekuschelt und wirkte dabei wie eine niedliche, kleine Katze, die sich wohl fühlte.
Eigentlich wollte sie einen angenehmen Tag mit ihm verbringen und anfangs wirkte es auch so, als ginge ihr Plan auf. Die Bladelli und anderen Bewohner der Villa waren sehr höflich gewesen, das Essen gut und nach einer Weile fühlte sie sich sogar in der Gesellschaft ihrer angeblichen Feinde wohl. Vor allem Teleya hatten alle sofort ins Herz geschlossen und vielleicht bewirkte der Besuch ja zumindest etwas bei Paolo und seiner Enkelin, damit sich die Beziehungen zwischen ihren Familien wieder beruhigten. So viel zur Bladelligeschichte...aber ihr eigentliches Problem, hatte der kleine Ausflug auch nicht lösen können. Silberblatt war den ganzen Tag damit beschäftigt gewesen sie zu ignorieren, stattdessen hatte er sich in der Bibliothek der Villa verkrochen und sie nicht weiter beachtet. Wenigstens zum Essen war er dann zu ihnen gekommen, hatte aber nicht viel geredet. Nur hin und wieder hatte er kurz und knapp auf ein paar Fragen von Paolo geantwortet, sich aber sonst aus den Gesprächen herausgehalten und nur ungeduldig darauf gewartet endlich verschwinden zu können. Abgesehen von seinem Verhalten, war es kein schlechter Abend gewesen, auch wenn er etwas...abrupt endete, als Naleya bemerkte das ihre Schwester Schokolade verstecken wollte. Sofort hatten sich die junge Vaas und Teleya gegen die ältere Hexe verbündet und etwas begonnen das als magischer Kampf begann und als eine Art...Kissenschlacht endete, nur mit Büchern. Sobald Teleya und Naleya merkten das selbst ihre gebündelten magischen Kräfte es nicht mit Aynaeth aufnehmen konnten, hatten sie begonnen mit Büchern zu werfen, und die arme Hexe durch die ganze Bibliothek gejagt. Alles in allem hatten sie ein ziemliches Chaos angerichtet, aber weder Paolo noch Anya schienen das ihrer Schwester übel zu nehmen, sondern hatten sich die wilde Hetzjagd interessiert angesehen.
„Er hat mich den ganzen Abend kein einziges mal beachtet.“ flüsterte Lyaena plötzlich, mehr zu sich selbst als zu ihrer Schwester, die noch immer über ihre blauen Flecken und Schrammen jammerte, die sie sich bei dem Kampf mit der Hexe zugezogen hatte „Teregion hat mich einfach ignoriert, so wie er es schon die ganze Zeit tut. Was mache ich falsch? Warum hasst er mich so? Ich versuche doch nur, ihm zu gefallen, das ist alles. Ich will nur, dass er mich genauso liebt wie ich ihn und ich dachte immer, das er das auch tut.“
„Du darfst nicht so hart zu ihm sein, Onee-chan.“ verteidigte Teleya ihren Cousin sofort „Erinnerst du dich nicht mehr wie schön es immer war, wenn er uns besuchen kam? Er war immer nett zu uns. Ohne ihn, wären wir auf dem Anwesen vor Langeweile gestorben, immerhin durften wir sonst mit niemandem reden. Es ist schließlich unter der Würde einer Akashi sich mit Dienern anzufreunden oder sie überhaupt zu beachten...“
„Ich ähm...darüber habe ich noch nie so wirklich nachgedacht.“ Lyaena sah ihre Schwester überrascht an, so niedergeschlagen hatte sie die Kleine schon lange nicht mehr erlebt und ihr ging erst jetzt auf, das Teleya seit Yukis Verschwinden und ihrem Auszug, ganz alleine auf dem Landgut im Süden leben musste, nur umgeben von Dienern die sie ignorieren sollte, außer um ihnen Befehle zu geben.
„Ohne Teregion, war es dort immer schrecklich und langweilig. Ich bin froh ihn wiederzusehen. Weißt du nicht mehr wie er uns immer mit seinen schönen Geschichten zum Lachen brachte und mit uns gespielt hat? Er war in dieser Zeit immer für uns da, dabei hätte er uns auch einfach ignorieren können, aber das wollte er nicht. Die einzigen schönen Erinnerungen die ich habe, sind die an ihn, naja, und natürlich an dich und Yuki, aber das zählt nicht.“ stellte Teleya fest und zumindest ihrer Meinung nach übertrieb sie es damit nicht einmal. Für sie war es immer ein ganz besonderes Erlebnis gewesen wenn Teregion sie besuchen kam und auch für Yuki und Lyaena, deswegen verstand sie die Zweifel ihrer Schwester auch einfach nicht. Wie konnte jemand so mies gelaunt sein dessen größer Traum in Erfüllung ging? Sie durfte Teregion heiraten und ab da, wäre dann jeder Tag mit ihm so toll und besonders wie seine Besuche! Teleya dagegen, würde nach der Hochzeit vermutlich auf das langweilige Landgut zu ihren noch langweiligeren Lehrern zurückkehren.
„Du bist noch viel zu jung um das zu verstehen, Teleya. Ein Mensch besteht nicht nur aus einem netten Lächeln, aufregenden Geschichten und wundervollen Zaubern, das alles, hat nichts damit zu tun wie ein Mensch wirklich ist, was er wirklich ist.“ Lyaena versuchte zu lächeln und drückte ihre Schwester fester an sich, fast als wäre sie eine Art Rettungsring, das einzige was zwischen ihr und der Verzweiflung stand, denn so gerne hätte sie Teleyas Verteidigung glauben geschenkt, aber das konnte sie nicht mehr, nicht seit sie Teregion mit diesem Kind Gaias erwischt hatte. Damit hatte er die ganze schöne Zeit ausgelöscht und nichts als Asche von ihren schönen Erinnerungen zurückgelassen. „Irgendwann wirst du das auch noch merken.“
„Nein, das werde ich sicher nicht, denn ich weiß, dass er ein guter Mensch ist, auch wenn er sich im Moment etwas seltsam verhält.“ wehrte Teleya sofort ab und wirkte fast schon ein wenig beleidigt, weil ihre Schwester ihr nicht zuhören wollte und sich einfach nicht von dieser miesen Laune abbringen ließ
„Wenn du meinst.“ murmelte Lyaena eine kurze Antwort und befand sich in Gedanken bereits wieder weit weg. Teregion war nicht ihr einziges Problem, da gab es auch noch den vollkommen weggetretenen Bladelli. Sie hatte seit ihrem Besuch bei Luca sehr oft an ihr Gespräch gedacht, an das, was sie jetzt über seine Vergangenheit wusste. Er hatte getan, was die Kirche von ihm verlangte und er war das, was diese Zeit aus ihm gemacht hatte. Auf sie wirkte er inzwischen nicht mehr wie jemand, der viel Freude am Töten empfand. Am Kämpfen vielleicht, aber nicht daran unschuldige Leben auszulöschen und vermutlich tat ihm das was im Lagerhaus passiert war inzwischen leid. Er wusste immerhin jetzt, dass der Mörder noch immer gesund und munter herum lief und das machte ihn fertig. Er hatte gehofft hier im Süden endlich in Frieden leben zu können, aber der Mörder musste seine Hoffnungen zerstören, da verstand sie sein Verhalten und auch wenn sie es nicht wollte, empfand sie langsam doch so etwas wie Respekt für ihn. Luca ging mit seiner Vergangenheit und seiner Herkunft ganz offen und ehrlich um. Er verschwieg den Verrat seiner Mutter an der Kirche nicht und auch nicht was er alles getan hatte um sich als treuer Diener der Kirche zu beweisen. Ganz im Gegensatz zu ihrem Verlobten, der nicht einmal mit ihr über seine Eltern und deren Verrat reden wollte. Luca erzählte einer vollkommen Fremden alles über sich selbst, aber ihr eigener Verlobter hatte nichts weiter als Geheimnisse und immer wenn sie glaubte ihn endlich durchschaut zu haben, entdeckte sie irgendwann nur wieder neue Geheimnisse. Würde sie ihm wirklich etwas bedeuten, würde er ehrlich zu ihr sein. Doch auch Luca hatte ihr nicht alles erzählt, sie wusste noch immer nicht was aus seiner Einheit und den beiden Mädchen geworden war. Andererseits, sie war eine vollkommen Fremde für ihn, warum sollte er ihr sein Herz ausschütten? Trotzdem dachte sie darüber nach ihn vielleicht noch einmal zu besuchen, er war interessant und immerhin jagte er sie nicht sofort davon, ganz im Gegensatz zu ihrem Verlobten.
„Ach ja, das hatte ich vollkommen vergessen!“ riss Teleya sie plötzlich mit einem lauten Aufschrei aus ihren Gedanken und drehte ihr das Gesicht zu, während sie aufgeregt drauf los redete, ihre Stimme überschlug sich dabei vor lauter Aufregung und sie redete viel zu schnell für Lyaena „Der Überfall auf dem Weg hierher und die ganze Aufregung...da habe ich alles vergessen was ich dir sagen sollte! Tut mir leid, aber es ist so viel passiert und ich musste an Saeca denken und mit Naleya reden und dann irgendwie ist alles...“
„Schon gut, schon gut, beruhige dich und sag mir einfach was du vergessen hast.“
„Vater ist unterwegs hierher. Er ist schon vor einer Weile von der Front im Norden abgereist, um sich um den Streit den Bladelli und die Hochzeitsvorbereitungen zu kümmern.“
„E-er kommt jetzt schon?“ stotterte Lyaena drauf los und spürte, wie ein kalter Schauer ihren ganzen Körper überlief, sie war noch nicht bereit dafür, sie brauchte mehr Zeit „Wann trifft er hier ein?“
„Vater wird in mhm, lass mich mal kurz überlegen.“ Teleya legte sich einen Finger an den Mund und dachte angestrengt nach „Ähm, ich denke er müsste in etwa einer Woche hier eintreffen, vielleicht auch nur vier oder fünf Tage...rechnen war nie meine Stärke, aber ist ja auch egal, wichtig ist nur, dass er bald hier ist!“
„Ja...toll.“ presste Lyaena hervor und wusste nicht wie sie mit dieser Nachricht umgehen sollte. Ihr Vater hatte mehr als deutlich gemacht, dass er auf dieser Hochzeit bestand und Lyaena die Position als Oberhaupt der Familie kein bisschen zutraute. Sie stimmte ihm dabei sogar zu, sie war viel zu weich, um die Familie zu führen. Wie sollte sie die Akashi in die Schlacht führen wenn die Lage im Norden sich weiter zuspitzte? Die Sabotageaktionen der Kirche, hatten auf lange Sicht nicht viel an der Seehoheit der Alfar geändert und die Spione der Spitzohren drangen immer weiter nach Süden vor. Lyaena bekam einiges von diesen Dingen mit, viel mehr als ihr eigentlich lieb war, aber als Erbin der Akashi, musste sie auf dem Laufenden bleiben, wenn es um den drohenden Krieg gegen den Norden ging. Immerhin musste sie eines Tages die Truppen der Akashi befehligen, ein Gedanke, der sie jetzt schon in den Wahnsinn trieb. Sie konnte kaum ein Schwert halten und ihre magischen Kräfte reichten vielleicht gerade so aus um sich als Straßengaukler auszugeben, aber mehr nicht. Ein Argument mehr, das für ihre Ehe mit Teregion sprach. Er konnte kämpfen, das wusste sie und er war darin deutlich begabter als sie. Dazu kam das seine Kinder Gaias die wichtigste Waffe gegen die Spione der Alfar darstellten. Immer mehr Alfar versuchten die verschiedenen Völker Süd-Midgards gegen die Menschen und die Kirche aufzubringen. Die Zwerge ignorierten diese lächerlichen Versuche, aber bei anderen Stämmen und Völkern des südlichen Kontinents, trafen die Worte der Alfar auf fruchtbaren Boden. Vor allem die Makar, die Löwenmenschen, befanden sich in letzter Zeit mehr und mehr in Aufruhr. Ausgerechnet die Makar, welche die zweite Verteidigungslinie des Reiches bildeten und deren Land sich bis zu den Grenzbefestigungen im Norden erstreckte. „Was ist mit dem Norden? Er kann seine Männer doch nicht einfach alleine lassen. Sie brauchen ihn, immerhin befindet sich eine ganze verdammte Festung unter seinem Befehl! Da kann er doch nicht einfach so alles stehen und liegen lassen!“
„Was ist denn los mit dir Lyaena? Freust du dich etwa nicht ihn zu sehen?“ Unsicherheit schwang in Teleyas Stimme mit, als sie mit der Reaktion ihrer Schwester nicht viel anfangen konnte „Er ist jetzt seit zwei Jahren im Norden und der Erzbischof hat ihm Urlaub gegeben, was ist so schlimm daran?“
„Tut mir leid, ich ähm, ich war nur überrascht von der tollen Neuigkeit, das ist alles. Ich dachte eigentlich, dass er erst in ein paar Monaten kommen könnte, sobald sein Kommando ausläuft und er sich sowieso zur Ruhe setzt.“
„Ja, das wollte er auch. Aber man hat ihm erlaubt seinen Posten schon früher zu verlassen, sein Brief kam kurz vor meiner Abreise an und da hat er versprochen sich in Navea mit uns zu treffen.“
„Eine Woche...“ Wenn ihr Vater erst einmal um sie und Silberblatt herumschlich, durfte sie sich keinerlei Zweifel mehr erlauben. Er würde es bemerken, wenn sie an etwas anderes als Teregion dachte, er bemerkte immer alles, deswegen fürchtete selbst Teregion ihn und hatte es in den letzten Jahren vermieden Kyosuke Akashi über den Weg zu laufen. „Nur noch eine Woche, dann gibt es kein zurück mehr und die Hochzeit steht endgültig fest.“
„Was ist so schlimm daran? Ich an deiner Stelle würde am liebsten schon gleich morgen heiraten, oder am besten noch heute!“ rief Teleya aufgeregt und ließ sich von der Neuigkeit mehr begeistern als ihre Schwester, fast so, als wäre sie es die bald vor den Altar treten würde.
„Ja, du hast recht. Ich warte seit fünf Jahren auf diesen einen Augenblick und es ist lächerlich das ich mir jetzt so viele Gedanken mache. Es wir alles gut werden, das weiß ich.“ Lyaena beruhigte sich etwas, aber stand noch immer völlig neben sich. Ausgerechnet jetzt, wo immer mehr Zweifel an der Hochzeit aufkamen musste ihr Vater zurückkehren. Noch zwei oder drei Monate und sie hätte es vielleicht geschafft herauszufinden ob Teregion sie wirklich liebte. Sie versuchte sich seinen Antrag wieder in Erinnerung zu rufen. Als er sie damals mitten in der Nacht aus ihrem Zimmer praktisch entführte und in den Garten brachte. Das hatte er oft getan, schon seit er das erste mal zu ihnen gekommen war. In dem Garten hatten sie sich zum ersten mal geküsst, zum ersten mal geliebt und dort, unter dem Licht des Mondes, hatte er ihr einen Antrag gemacht. Es war der glücklichste Moment ihres Lebens gewesen und sollte eigentlich helfen, damit sie sich wieder beruhigte, es hatte bisher immer geholfen an diesen Augenblick zu denken. Doch statt zu verstummen, wurden die zweifelnden Stimmen in ihrem Kopf nur noch lauter und drängender. Die Zweifel würden nur verschwinden, wenn Teregion sich endlich wieder so liebevoll benahm wie früher, aber sie bezweifelte, das sich ihre Hoffnungen in der Hinsicht erfüllen würden. Er wirkte vollkommen ausgewechselt. Der Teregion zu dem sie ja gesagt hatte, war freundlich und voller Liebe gewesen, er hätte sie niemals betrogen und würde sie auch nicht eiskalt ignorieren. Aber vielleicht hatte es diesen Teregion niemals gegeben und es war nur eine Fassade gewesen um sie einzuwickeln. Vielleicht heiratete er sie ja wirklich nur, um Oberhaupt der Akashi zu werden. Die Hochzeit ließ sich jetzt kaum noch aufhalten, dafür würde ihr Vater sicher sorgen, also musste Teregion sich auch keine großen Sorgen mehr darum machen, das Lyaena es sich doch noch anders überlegte.