[AAR] Kawaii Kingdom

Die AAR der phantastischen Art...

Moderator: Moderatoren

Kawaii Kingdom Popularity Poll! Wer ist euer Lieblingscharakter in Kawaii Kingdom (Keine Eidolons)?

Aleyandra
2
18%
Aynaeth
2
18%
Anya
1
9%
Naruz
1
9%
Saeca
2
18%
Silberblatt
3
27%
Luca
0
Keine Stimmen
 
Abstimmungen insgesamt: 11

Benutzeravatar
Mimir
Praefectus Fabrum
Praefectus Fabrum
Beiträge: 4549
Registriert: 21. August 2011 14:37
Wohnort: Berlin
:
AAR-Schreiber Teilnahme an einem Contest

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 20. Juni 2014 18:59

15. Der Blutende Turm (Öffnen)
Kapitel 15 – Der Blutende Turm:


Naruz trank einen Schluck Wein aus dem Glas in seiner Hand, und sah sich gelangweilt um, das ganze hier war einfach nichts für ihn. Er befand sich im Festsaal der Villa von Tougou Akashi, in dem dutzende Tische standen, die alle möglichen Gerichte aufgetischt hatten, ein großer Kronleuchter hing in der Mitte des Saals, und überall hingen teure Gemälde. Der Akashi hatte wahrlich nicht gegeizt, als er diesen Saal hatte bauen lassen. Naruz trug seine weiße Inquisitorenrobe, auch wenn es ihm nicht wirklich gefiel, die ganzen Zauber, welche in den Stoff eingewoben waren, sorgten für ein unbehagliches Gefühl bei Naruz, sobald er das Kleidungsstück auch nur anfasste, leider ließ sich für diesen Abend nichts daran ändern. Drei Tage waren vergangen, seit Aleyandra aufgebrochen war, um ihren ersten Auftrag für die Kirche zu erfüllen, und auch Naruz hatte gerade seinen ersten begonnen, hier, inmitten von Navea. Tougou Akashi war ein recht mächtiger Adliger in Navea, und ziemlich reich, außerdem liebte er es, Feste wie dieses zu veranstalten. Naruz wünschte sich, dass Aleyandra noch hier wäre, um ihn auf dieses Fest zu begleiten, oder besser gesagt, um überhaupt in seiner Nähe zu sein. Ohne sie war es ziemlich langweilig in Navea, wenn man von gelegentlichen Gesprächen mit Aynaeth absah. Aber mit Aleyandra an seiner Seite, wäre dieses Fest bei weitem nicht so langweilig gewesen, da war er sich sicher, auch wenn er genau genommen sowieso nicht hier war, um sich zu amüsieren, denn leider gab es einige Gerüchte die besagten, der Akashi arbeite mit den Alfar der Yggdrasil Republik zusammen, Beweise gab es keine, und genau deswegen war Naruz hier, zusammen mit seinem Team. Der Großmeister der Inquisition hatte es geschafft, Naruz eine Einladung zu diesem Fest zu verschaffen, und es war seine Aufgabe Beweise für den Verrat des Akashi zu finden, oder dessen Unschuld, je nachdem. Sehr zu Naruz' Missfallen war er auch noch unbewaffnet, dabei hatte er vor gerademal zwei Wochen die neuen Schwerter bekommen, welche Analisa für ihn hergestellt hatte, die heiligen Zwillingsklingen 'Agehu Glas' und 'Crocea Mors', wie die Schmiedin sie nannte. Sie hatte ihm außerdem erzählt, dass die Zwillingsklingen zu den wenigen 'heiligen Waffen' gehörten, welche sie angefertigt hatte. Angeblich hatte sie nur dreizehn von diesen hergestellt, bei ihnen handelte es sich um Waffen, welche aus einem besonderen Metall gefertigt worden, und denen mächtige Zauber innewohnten, ein Beispiel dafür wäre das Schwert von Hochgeneral Andre, Excalibur. Als Naruz' Gedanken zum Hochgeneral schweiften, verfinsterte sich seine Miene. Er hatte Andre zwar nur einmal getroffen, aber es war sofort klar, dass der Hochgeneral ihn nicht mochte, im Gegenteil, er verabscheute ihn. Anya hatte Naruz später erklärt, dass Andre generell etwas gegen Botschafter der Gaia hatte, warum wollte, oder konnte, sie ihm jedoch nicht sagen.

Bild


Genau in diesem Moment tauchte Anya auch schon neben ihm auf, sie trug ein langes, rotes Kleid, hohe Schuhe und war sichtlich mies gelaunt.
„Hast du schon etwas gefunden?“ zischte sie ihm zu, als sie neben ihm stehen blieb, und sich ein Glas Wein von einem nahen Tisch nahm.
„Wir sind gerademal ein paar Minuten hier, ich habe diesen Tougou noch nicht einmal getroffen, wie soll ich da schon was gefunden haben?“ Anya seufzte, während sie ihr Kleid glatt strich.
„Schon gut, ich will nur, dass das ganze so schnell wie möglich vorbei ist, ich hasse es, Kleider zu tragen, ohne Rüstung... Kleider passen einfach nicht zu mir.“
„Nicht? Ich finde, es steht dir.“
„W-was?“
„Ich finde das Kleid steht dir, und beschwere dich nicht, immerhin hast du keine Robe an, die sich anfühlt, als würde sie dir jeden Augenblick die Haut verbrennen.“
„Ich finde noch immer, dass diese Reaktion seltsam ist, du solltest mit den Magiern reden, die dir die Robe hergestellt haben, normalerweise solltest du die Zauber gar nicht spüren... vor allem wenn man so ein nutzloser Magier ist wie du.“ fügte sie mit einem Grinsen hinzu, welches Naruz das Gesicht verziehen ließ. Es stimmte, während seines Trainings mit Aynaeth hatte er keine wirklichen Fortschritte in Sachen Magie gemacht, aber er war immerhin schneller geworden, wusste mehr über die Welt und war in der Lage, sich schneller mit seinen Eidolons in Verbindung zu setzen, und ihre Koordination im Kampf war besser geworden. Wo er gerade an die Hexe dachte...
„Hey... ist das nicht Aynaeth?“
„Was? Wo?“ fragte Anya und sah sich sofort suchend um.
„Da vorne, bei dem Tisch mit den Kuchen und Torten, guck, sie kommt direkt auf uns zu.“ Und tatsächlich, die kurzhaarige Hexe kam direkt zu den beiden, in einer Hand einen Muffin haltend, während sie mit der anderen Grimm fest an sich drückte.
„Hallo Anya, hallo Naruz. Was macht ihr denn hier?“
„Wir... arbeiten. Viel wichtiger, was machst du hier? Und wie bist du hierher gekommen?“
„Ich wurde eingeladen, anscheinend wollte Togogoro mich mal kennenlernen, er scheint sehr interessiert daran zu sein, neue Kontakte zu knüpfen.“
„Wer wollte dich kennenlernen?“
„Togogoro... Tougouro? Togogogo? Tougousho?“ Sie legte den Kopf nachdenklich zur Seite, und schien ernsthaft zu überlegen, wie denn nun der Name des Mannes war, der sie eingeladen hatte. „Hm... Mizumi?“
„Das ist ein vollkommen anderer Name, als die vorherigen.“ meinte Anya.
„Das waren Namen?“ fügte Naruz zweifelnd hinzu.
„Ah! Tougou.“ sagte Aynaeth plötzlich, biss glücklich in ihren Muffin, und ignorierte Anya und Naruz.
„Ja... hätten wir uns auch denken können. Um zum zweiten Teil der Frage zurückzukommen, wie bist du hierher gekommen? Du schaffst es geradeso den Weg von der Bibliothek zur Küche zu finden.“
„Grimm hat mir den Weg gezeigt, danke für deine Hilfe Grimm, sag 'Aaaaaaah'.“ meinte Aynaeth, und versuchte ein Stück ihres Muffins in Grimms Mund zu stopfen, der Drache wehrte sich jedoch verzweifelt gegen diese Versuche. „Komm schon, du musst etwas essen, Grimm. Ansonsten wirst du nie groß und stark, sondern für immer eine kleine Flugechse bleiben.“
„Ich! Bin! Ein! Dra...“ mitten im Satz stopfte Aynaeth den gesamten Muffin in Grimms Mund, woraufhin der Drache verzweifelt anfing zu kauen.
„Gute Flugechse.“ sagte Aynaeth, und tätschelte seinen Kopf.
„Wieso bist du eigentlich hier, Aynaeth? Also, du wurdest zwar eingeladen, aber was hat dich dazu bewegt, den langen Weg auf dich zu nehmen?“
„Ich habe gehört, dass Tougou etwas unglaublich wertvolles in die Finger bekommen hat, Zuckerwürfel aus Nord-Midgard. Die sind viel süßer als die im Süden, und haben eine interessante Färbung.“
„Zuckerwürfel? Erst Kaffeebohnen, dann Zuckerwürfel? Isst du überhaupt irgendwas normales?“
„Natürlich, Kuchen, Muffins, Torten...“
„Nein, nein, ich rede von richtigem Essen, du weißt schon, zum Frühstück, oder Mittag.“ Aynaeth blinzelte ihn kurz verständnislos an. „Guuuuut... wenn du aufstehst, was isst du?“
„Käsekuchen.“
„Und wenn keiner da ist?“
„Apfelkuchen.“
„Weißt du was? Ich gebe auf.“ meinte Naruz mit einem Seufzen, woraufhin Aynaeth zufrieden nickte, und damit fortfuhr Grimm zu füttern, dieses mal mit Kaffeebohnen, die sie aus einem kleinen Beutel holte.
„Irgendwie tut er mir leid.“ murmelte Anya an Naruz gewandt, der zögernd nickte.
„Aber ich glaube es gefällt ihm, insgeheim will er auf ewig eine kleine Flugechse bleiben, damit er für immer an Aynaeths Seite sein, und von ihr verhätschelt werden kann.“ antwortete Naruz, jedoch laut genug, damit sowohl Grimm als auch Aynaeth ihn hören konnten. Grimms Gesichtsausdruck wurde sofort panisch, und er schüttelte verzweifelt den Kopf, während Aynaeth ihn vor ihr Gesicht hob und aus großen Augen anstarrte.
„Stimmt das, Grimm?“ Der Drache schluckte schnell die Bohnen runter, ehe er antwortete.
„N-nein, das stimmt nicht, ich will...“
„Du bist so niedlich, wenn du lügst.“ meinte Aynaeth, und drückte Grimm fest an sich.
„Hm, wenn ich dich richtig verstehe, Aynaeth, willst du auch, dass Grimm für immer so klein und niedlich bleibt, oder?“
„Ich bin weder klein noch niedlich!“
„Natürlich will ich das.“ antwortete Aynaeth, und ignorierte Grimm dabei vollkommen.
„Dann habe ich einen Tipp für dich, ich habe gehört, dass Flugechsen Äpfel und Birnen lieben, in freier Wildbahn fressen sie diese allerdings nicht, weil die Früchte dafür sorgen, dass sie nicht wachsen. Wenn du also Grimm mit Äpfeln und Birnen fütterst...“
„Wird er nicht wachsen! Danke für den Tipp, Naruz. Entschuldigt mich, ich muss die Früchte finden.“ mit diesen Worten eilte Aynaeth davon, mit einem protestierendem Grimm in ihren Armen.
„Das werde ich dir nie verzeihen! Niemals! Naruz, hörst du mich? Niemals!“ schrie der Drache noch, dann waren er und seine Herrin auch schon in der Menge verschwunden.
„Drachen hingegen hassen Obst und Gemüse.“ fügte Naruz mit einem Lächeln hinzu, nachdem die beiden weg waren.
„Willst du den ganzen Abend rumalbern?“ fragte Anya mit säuerlicher Miene, woraufhin Naruz kurz mit den Schultern zuckte, ehe er antwortete.
„Natürlich nicht, aber was nützt es, den ganzen Abend lang steif in einer Ecke zu stehen und missgelaunt dreinzublicken? Wir sollten zumindest so tun, als wenn wir Spaß an der ganzen Sache haben, um nicht aufzufallen, außerdem sind wir hier ja nur das Ablenkungsmanöver, oder hast du den Plan schon vergessen?“
„Nein, habe ich nicht. Wir beide sehen uns auf dem Fest um, sprechen mit den anderen Gästen, und sorgen im Notfall für Ablenkung, während Nikodemus und Victoria sich in die Gemächer des Akashi schleichen, und dort suchen. Aber...“
„Aber?“
„Warum musste ich mit dir auf dieses Fest?“
„Hm? Du hattest dich doch freiwillig gemeldet, und gesagt, dass du dich am besten mit dem Adel in der Stadt auskennst, und daher nicht auffallen würdest. Außerdem weißt du, wie man sich auf solchen Feiern verhalten soll. Victoria und Nikodemus sind einfache Soldaten, die wären hier vollkommen fehl am Platz.“
„Das meinte ich nicht, meine Frage war warum ich mit dir auf dieses Fest musste.“
„Du kennst Nikodemus... er würde wiederum zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, meinst du nicht auch?“
„Dann hätte ich mit Victoria gehen können...“
„Oh, das hätte ich nicht von dir erwartet.“
„Was denn?“
„Ah, keine Sorge, ich akzeptiere und respektiere deine Entscheidung, es ist nichts schlimmes, wenn du unbedingt mit Victoria zusammen sein willst, werde ich euch nicht verurteilen.“ Bei diesen Worten lief Anya hochrot an, schloss die Augen und drehte sich zu ihm um.
„B-b-b-baka!“ schrie sie, ehe sie wütend davon stürmte. Naruz sah ihr lächelnd hinterher. Es war so leicht, Anya zu ärgern, oder sie verlegen zu machen, fast schon zu leicht, sie bat förmlich darum, geärgert zu werden. Nach einer Weile begann auch Naruz, sich unter die Leute zu mischen, wenn auch mit schwerem Herzen. Er bezweifelte, dass sie überhaupt etwas finden würden. Falls dieser Tougou Akashi wirklich mit den Alfar kollaborierte, würde er sicherlich nicht irgendwo in seiner Villa Beweise dafür rumliegen haben. Naruz vermutete eher, dass dieser ganze Auftrag dazu da war, ihn und sein Team zu testen. Vielleicht gab es diese Gerüchte ja auch gar nicht, und Tougou war sich bewusst, weshalb Naruz wirklich hier war, war das alles vielleicht wirklich nur eine Art Abschlussprüfung für ihn? Falls ja könnte dies auch Aynaeths Anwesenheit erklären, immerhin war sie gewissermaßen seine Lehrerin. Naruz seufzte, letztendlich hatte es keinen Zweck, sich darüber Gedanken zu machen. Also streifte er durch den Saal, unterhielt sich hier und da mit anderen Gästen, interessierte sich letztendlich aber nicht sonderlich für das, was sie sagten, letztendlich war es eh nichts wichtiges. Am einfachsten für ihn wäre es, sich diesen Tougou zu schnappen, und ihm ein paar Fragen zu stellen, aber der Gastgeber dieses Fests hatte sich noch immer nicht blicken lassen. Nach einer Weile merkte er, dass Anya plötzlich wieder neben ihm stand, und auf den Boden starrte.
„Oh, Anya. Hast du etwas rausgefunden? Eben gerade bist du doch noch in die andere Richtung davon gestürmt.“
„Ich mag keine Feste.“ murmelte sie leise. „Außerdem kenne ich hier niemanden.“ fügte sie hinzu, und hob endlich ihren Blick. „Also... ähm...“ meinte sie, während sie erneut ein wenig rot anlief. „Weißt du, wenn es dich wirklich so sehr gestört hat, wäre ich bereit zu sagen, dass es mir leid tut, dass ich dich Baka genannt habe, und wenn du nett darum bittest, wäre ich bereit dazu, den Rest des Abends hier mit dir Nachforschungen anzustellen, immerhin kennst du hier niemanden, und wärst vollkommen hilflos ohne mich. Und ich kann ja nicht zulassen, dass du irgendwas anstellst, oder irgendwie Verdacht auf uns lenkst, das wäre auch für Victoria und Nikodemus ganz schlecht, sie haben zwar Serif dabei, aber man kann nie wissen, außerdem wäre es leichter Informationen zu sammeln, wenn ich dabei bin.“ plapperte sie drauf los, und ein selbstsicheres Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht.
„Ah, keine Sorge, ich habe das mit dem Baka eh nicht ganz ernst genommen, und ich finde mich schon alleine zurecht, es wäre besser, wenn wir uns aufteilen und so viel wie möglich von diesem Fest abdecken, meinst du nicht auch?“
„W-was? A-aber...“
„Gut, dann gehst du dort hin...“ meinte Naruz, und deutete in die entgegengesetzte Richtung des Raums. „... und ich stelle hier in der Nähe meine Nachforschungen an. Das dürfte für dich ja kein Problem sein, immerhin bist du eine Bladelli und weißt, wie du dich verhalten musst. Da du bestimmt schon öfters auf solchen Festen warst, wirst du auch einige Leute hier kennen, mit denen du dich unterhalten kannst. Also, was sagst du dazu?“
„Ja... ja, natürlich.“ Anya versuchte zu lächeln, während sie das sagte, es gelang ihr allerdings nicht ganz. Vielleicht hatte sie ein klein wenig übertrieben, als sie davon erzählt hatte, wie perfekt sie für diesen Auftrag geeignet ist. Sie hatte sich nämlich immer von größeren Feiern und Festen ferngehalten, und kannte kaum andere Adlige, außer denjenigen, denen sie während ihres Dienstes als Templerin begegnet war. Lächelnd und winkend sah Naruz ihr hinterher, während sie sich auf den Weg zum anderen Ende des Saals machte. Nachdem sie weg war, fuhr Naruz damit fort, sich durch das Fest zu schlängeln, und dabei so vielen Menschen wie möglich auszuweichen. Seitdem er seinen Rang als Inquisitor hatte, wurde er praktisch überall von Adligen belagert, die sich mit ihm anfreunden wollten, anscheinend funktionierte das System der Inquisition so. Es handelte sich nämlich nicht um eine Feste Organisation, sondern eher um eine Ansammlung von Teams, wie das von Naruz, die von zwei Großmeistern überwacht und koordiniert wurde. Eigentlich bestand so ein Team lediglich aus einem Inquisitor, und drei Templern, welche ihn, oder sie, während ihrer Aufträge helfen sollten, allerdings war dies lediglich in der Theorie so. In Wirklichkeit gab es keine festen Regeln für diese Teams, ein Inquisitor benutzte die Ressourcen, die er, oder sie, kriegen konnte. Zu eben jenen 'Ressourcen' gehörten zum Beispiel die Adligen Naveas, welche einen Inquisitor mit Geld und Ausrüstung versorgen können, und sich im Gegenzug die Freundschaft eines der mächtigsten Dienern der Kirche erhofften. Naruz hatte noch einmal Glück gehabt, da sich Anyas Großvater dazu bereit erklärt hatte, Team Mantikor finanziell zu unterstützen, weshalb es nicht nötig war, sich allzu sehr mit den anderen Adligen Naveas abzugeben, welche nach Naruz' Meinung, eher ein Haufen Schlangen und Aasfresser waren, die sich auf jede Möglichkeit stürzten, ihre Macht zu mehren.

Bild


Zehn Minuten später war es ihm gerade gelungen, einen weiteren Adligen abzuwimmeln, der unbedingt ein Gespräch mit ihm anfangen wollte, als ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Er spürte Gefahr! Schnell schloss er die Augen, und wirkte den einzigen Zauber, den Aynaeth ihm beibringen konnte, und bei dessen Gebrauch er nicht vollkommen versagte. Es war ein Zauber, um magische Energie aufzuspüren, und tatsächlich, direkt hinter ihm befand sich jemand, dessen Magie ihm nur allzu bekannt vorkam. Schnell brach Naruz den Zauber ab, und setzte sich in Bewegung, aber es war schon zu spät.
„Hallo Naruz! Wie schön dich hier zu sehen, ich habe dich schon vermisst, Kumpel!“ Naruz erstarrte, als er die fröhliche Stimme hörte, und ihm jemand an der Schulter packte. Langsam, und mit einem nervösen Lächeln im Gesicht, drehte Naruz sich um, und stand Angesicht zu Angesicht mit einem jungen Mann. Er hatte kurze, blonde Haare, grüne Augen, und trug eine Robe, die der von Naruz ähnelte, der einzige Unterschied bestand darin, dass Naruz' nicht von diversen Kreuzen aus Silber geschmückt war.
„Hallo, Salvatore... was für eine nette Überraschung. Was machst du hier?“
„Das selbe wie du, mein alter Freund! Ich arbeite am selben Auftrag!“ meinte Salvatore freundlich, und klopfte Naruz auf den Rücken, woraufhin dieser das Gesicht verzog. „Ah, Verzeihung, tut es immer noch weh? Ich weiß ja, die Wunden brauchen manchmal eine Weile um zu verheilen.“ Bei diesem zweiten Inquisitor handelte es sich um niemand geringeren als Salvatore Doni, Erbe der Doni Familie, und Naruz' größter Rivale innerhalb der Inquisition... zumindest war er das, mittlerweile waren sie Freunde, zumindest wenn es nach Salvatore ging.
„Ja, es tut noch weh! Es ist schon ein ganzer Monat vergangen, und die Wunde ist gerade erst verheilt! Du hattest versucht mich umzubringen!“
„Ach was, du siehst das viel zu ernst, es war ein freundschaftliches, kleines Duell, zwischen zwei Kollegen, die dadurch Freunde geworden sind, mehr steckte nicht dahinter.“
„Dann hättest du zumindest darauf verzichten können, eine heilige Waffe zu benutzen.“ murmelte Naruz, und strich sich abwesend über den Rücken. Salvatore war Träger einer der dreizehn heiligen Waffen, die Analisa hergestellt hatte, er war der Träger des heiligen Speers, Gungnir, eine äußerst furchterregende Waffe, wie Naruz am eigenen Leib erfahren durfte.
„Gut, vielleicht nicht ganz freundschaftlich, immerhin musste ich diesem jungen, arroganten Inquisitor zeigen, was Sache ist, bevor er sich noch für etwas besseres hält, nur weil er in jungem Alter schon in unsere Reihen aufgenommen wurde.“
„Du bist keine fünf Jahre älter als ich! Außerdem bin ich nicht arrogant, das trifft eher auf dich zu!“
„Wie auch immer, nachdem ich unser kleines Duell gewonnen habe...“
„Moment, DU hast gewonnen? Wenn ich mich richtig erinnere, endete das Duell damit, dass du dir die Rippen gebrochen hattest.“
„Details, unwichtige Details, wie auch immer, nach diesem kleinen Duell bin ich zu dem Schluss gekommen, dass du doch ganz in Ordnung bist, und eine Bereicherung für die Inquisition sein wirst! Deshalb sind wir ja auch seither miteinander befreundet.“ Innerlich stöhnte Naruz auf, und musste sich beherrschen, um Salvatore nicht sofort an die Kehle zu gehen, der Doni hatte die unglaubliche Eigenschaft jeden innerhalb von wenigen Sekunden zur Weißglut zu treiben, es war ein Wunder, dass sich noch niemand an die Kinder der Gaia oder Silberblatt persönlich gewandt hatte, um ihn zu beseitigen, und sei es mit noch so haarsträubenden Anschuldigungen. Andererseits hatte er auch etwas an sich, etwas dass Naruz ein wenig an Willie erinnerte, seinen alten Freund in Skandia, wahrscheinlich war dies auch der Grund dafür, dass er sich noch immer mit Salvatore herumschlug. „Ach ja, wo ist eigentlich Aleyandra? Ich habe sie schon eine Weile nicht mehr gesehen. Das letzte mal, als ich sie gesehen habe, hat sie mich und meine Einladung zum Abendessen vollkommen ignoriert.“ meinte Salvatore mit einem Seufzen.
„Warum interessierst du dich eigentlich für Aleyandra? Sie ist doch überhaupt nicht dein Typ.“
„Was meinst du damit, 'Nicht dein Typ'? Hast du sie dir einmal angeguckt?“
„Na ja, sie besteht nicht aus Holz, und lebt, ich dachte, für einen Puppenfetischisten wie dich, wäre das eher unpassend.“ Salvatore zuckte bei diesen Worten zusammen, und lächelte schwach, als er antwortete.
„Ahaha, Naruz, deine Scherze immer! Man könnte wirklich denken, du meinst das, was du gerade gesagt hast ernst, und hältst mich wirklich für...“
„Stimmt das denn nicht? Du nimmst diese Puppen praktisch überall mit hin, du hast sie sogar in deine Einheit aufgenommen.“
„Es sind keine Puppen! Es sind Marionetten, und sie sind ein wichtiger Teil meines Kampfstils!“
„Gehört zu diesem Kampfstil, dass die Marionetten aussehen wie Frauen?“
„Nun... nicht unbedingt...“
„Ich verstehe.“ meinte Naruz, nickte wissend, und legte seine Hand auf Salvatores Schulter. „Du bist wirklich kein Puppenfetischist.“
„Danke, ich wusste, dass du...“
„Sondern ein Marionettenfetischist.“
„Wo ist da der Unterschied!“ fragte Salvatore aufgebracht, während er Naruz' Hand zur Seite fegte. „Ich habe es dir schon tausendmal erklärt, sie sind wichtig für meine Art zu kämpfen! Du hast es sogar selbst erlebt, während unseres Duells!“
„Also sind sie nur Waffen für dich?“
„N-jaaaaa.... ja, sind sie!“
„Du hast ihnen Namen gegeben.“
„Gute Waffen brauchen einen Namen.“
„Du hast geweint, als ich sie während unseres Duells zerstört habe.“
„Das waren Freudentränen... weil... weil mein erster, richtiger Rivale es geschafft hat, mich zu besiegen.“
„Wo sind sie eigentlich gerade? Ich sehe sie nirgendwo, und sonst nimmst du diese Dinger doch überall mit hin.“
„Sie sind keine Dinger! Du kannst nur ihre Perfektion nicht erkennen! Sie sind wunderschön, sie sind großartige Kämpfer, sie sind...“ Salvatore brach ab, als er merkte, wie Naruz ihn angrinste.
„'Großartige Kämpfer'? Du steuerst sie!“
„Bitte, lass uns das Thema wechseln.“ meinte Salvatore niedergeschlagen und sah so aus, als wenn er gleich anfangen würde zu weinen.
„Von mir aus, dann sag mir doch bitte, wo deine Marionetten sind, ich will nur ungern plötzlich von ihnen überfallen werden.
„Sie mussten draußen warten, die Wachen haben sie als Waffen eingestuft, ich kann mir gar nicht vorstellen, warum.“
„Wahrscheinlich wegen den ganzen... na ja, Waffen, die in sie eingebaut sind?“
„Ich weiß nicht, wovon du redest.“
„Pistole, anstelle einer Zunge im Mund der größten Marionette, versteckte Klingen, die aus den Handgelenken der kleinsten gefahren werden können, Giftnadeln, die...“
„Schon gut, schon gut! Vielleicht haben sie ein paar Waffen dabei, aber das ist noch lange kein Grund, sie wie Gegenstände zu behandeln!“
„Hast du nicht eben noch gesagt, dass sie nur Waffen sind?“
„Naruz, warum bist du so gemein zu mir?“ fragte Salvatore, mit gespielter, verletzter Miene. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen du magst mich nicht, aber das wäre ja Schwachsinn, nicht wahr?“ fügte er hinzu, und fing an zu lachen, woraufhin Naruz einstimmte.
„Ja, natürlich. Wie könnte ich so einen nervigen, aufdringlichen Kerl wie dich nur jemals hassen? Es will mir einfach nicht einfallen.“
„Ach Naruz, deine Scherze sind schon etwas besonderes.“
„Ja, nicht wahr?“ beinahe gleichzeitig bekamen die beiden einen ernsten Gesichtsausdruck, und hörten auf zu lachen. „Dir ist es auch aufgefallen, oder?“
„Selbstverständlich, irgendetwas stimmt hier nicht. Ich habe einen großen Teil der Villa durchsucht, bevor ich mich zum Fest begeben habe, aber ich konnte Tougou nirgendwo finden, außerdem...“ Salvatore warf einen Blick zu einem etwas älteren, glatzköpfigen Mann in einer Ecke des Saals, der sich mit einer jungen, blonden Frau unterhielt. Naruz nickte zustimmend.
„Die beiden sind Templer, Team Gorgone, wenn ich mich nicht irre. Außerdem habe ich auch Mitglieder von Skylla, Cerberus und Chimäre gesehen, zusammen mit meinem Team Mantikor, und deiner Gruppe Hydra sind also ganze sechs Teams der Inquisition hier. Viel zu viele, für einen so einfachen Auftrag.“
„Genau, irgendetwas geht hier vor sich, uns wurde etwas verschwiegen, dessen bin ich mir sicher. Mir gefällt es außerdem nicht, dass sie uns zu beobachten scheinen, ich glaube, sie haben einen anderen Auftrag als wir.“
„Vielleicht hast du mal wieder irgendwas angestellt, ich erinnere mich an den Zwischenfall, von vor drei Wochen.“
„Aber... das war nicht meine Schuld!“ meinte Salvatore, starrte Naruz aus großen Augen an, und wirkte so, als wenn er jeden Augenblick anfangen könnte zu weinen. „Man hätte mir sagen müssen, dass sich in der Zelle ein Dämon befindet, und nicht einfach nur 'Öffne unter keinen Umständen diese Zelle, bewache sie, und töte den Gefangenen, sollte er es schaffen sich zu befreien'. Natürlich wurde ich neugierig.“
„Und Hochgeneral Andre durfte hinter dir aufräumen, ich habe gehört, er war nicht sonderlich begeistert, was war nochmal deine Strafe?“
„Ich durfte eine ganze Woche lang Diplomat spielen... und mich mit Goblins auseinandersetzen. Mit Goblins! Andre muss mich wirklich hassen.“
„Ich kann es nachvollziehen, es ist ein Wunder, dass du überhaupt noch bei der Inquisition bist.“
„Ich habe über einhundert erfolgreiche Aufträge! Wegen einem kleinen Aussetzer, wird man mich schon nicht rausschmeißen.“
„Kleiner Aussetzer? Ein Dämon hat es geschafft, bis in die Tempelbibliothek zu kommen, und hat im Laufe des Kampfes, der dort stattgefunden hat über zweihundert Bücher vernichtet... wo wir gerade dabei sind, Aynaeth ist auf dem Fest, du solltest dich von ihr fernhalten. Ich habe sie noch nie so wütend gesehen, wie in dem Augenblick, in dem ihr gesagt wurde, dass eines ihrer Lieblingsbücher unter den Opfern des Dämons war.“
„Aber... sie weißt doch bestimmt nicht, dass es meine Schuld war, oder?“
„Machst du Witze? Die ganze Kirche weiß es, also natürlich auch sie.“
„Ich bin sowas von tot.“
„Keine Sorge, Aynaeth wird dich schon nicht umbringen.“
„Aber es gehen Gerüchte um die sagen, dass der Anführer der Kinder Gaias... na ja, in sie verschossen ist. Der würde mich ohne zu zögern aus dem Weg räumen, um ihr zu gefallen.“
„Silberblatt? Mach dir da keine Sorgen.“
„Warum?“
„Selbst ohne Aynaeth ist es nur eine Frage der Zeit, bis er dich aus dem Weg räumt.“ meinte Naruz, mit einem aufmunternden Lächeln.
„Danke Naruz, du weißt wirklich, wie man jemandem Mut macht.“
„Keine Ursache, mache ich doch immer gerne. Ach ja, hast du schon die neuesten Gerüchte aus dem Candeo Sumpf gehört? In den Dörfern, am Rande des Sumpfes, erzählt man sich, dass ein Vampir dort sein Unwesen treibt.“
„Ein Vampir? Dörfler hatten schon immer eine blühende Fantasie, besonders diejenigen, die so nahe an diesem unheimlichen Sumpf leben. Seit über vierhundert Jahren hat man schon keinen Vampir mehr in Süd-Midgard gesehen, sie gelten inzwischen als ausgestorben.“
„Mag sein, aber die Dörfer verlangen immer lauter nach einer Untersuchung durch die Kirche, vielleicht wirst du bald dorthin geschickt, um dir die Sache mal genauer anzusehen.“
„Ich hoffe nicht, ich hasse sumpfige Gegenden.“
„Was, wenn es dort wirklich einen Vampir gibt?“
„In diesem unwahrscheinlichen Fall werden wir ihn jagen müssen, Vampire sind gefährliche Biester, die Tod und Verderben überall dorthin bringen, wo sie auftauchen, manche sagen sogar, sie sind die Boten einer bevorstehenden Invasion der Dämonen Pandämoniums.“
„Hm... momentan herrschen zwei Eidolons über das Reich der Dämonen, nicht wahr? Die Königin der Schatten, Hel, und der Herzog der Finsternis, Eligos. Sollten sie Terra angreifen, werden die Eidolons im Reich des Himmels sicherlich nicht tatenlos zusehen.“
„Weiß ich doch, ich sage ja nur, wofür Vampire bekannt sind, und was man sich über sie erzählt.“
„Da bist du ja, Naruz!“ Ehe sie ihr Gespräch fortführen konnten, erschien Anya neben ihnen, mit äußerst ernster Miene.
„Ah, schönen Abend wünsche ich dir, Anya.“ meinte Salvatore freundlich, und deutete eine Verbeugung an.
„Ja, ja, hallo Salvatore.“ kanzelte Anya ihn ab, ehe sie sich an Naruz wandte. „Naruz, ich habe mit einigen der Dienern und Wachen gesprochen, und sie sagen, dass sie Tougou schon seit über drei Tagen nicht mehr gesehen haben, er scheint sich in seinem Zimmer eingeschlossen zu haben, nur sein vertrautester Diener durfte hin und wieder das Zimmer betreten, um seinem Herren etwas zu Essen und Trinken zu bringen, deshalb kam dieses Fest ziemlich überraschend für die Dienerschaft, es wurde angeblich vollkommen spontan veranstaltet.“
„Das gefällt mir ganz und gar nicht.“ meinte Naruz, und fuhr herum, als eine Tür in seiner Nähe aufgestoßen wurde. Der junge Inquisitor riss die Augen auf, als er sah, wer da in den Saal gestürmt kam. Die erste Person war eine junge Frau, in der Rüstung der Templer, sie hatte kurze, blaue Haare und trug eine Brille, in ihren Händen hielt sie ein Langschwert, und sah sich nervös um. Die zweite Person war ein Mann, vielleicht zwei Jahre älter als Naruz, ebenfalls in eine Templerrüstung gekleidet, mit kurzen, dunkelblonden Haaren und grauen Augen, er hielt einen mächtigen Zweihänder, und deckte den Rücken der Frau, während diese den Raum mit ihrem Blick absuchte.
„Naruz!“ entfuhr es der Frau, und sie eilte zu ihm hinüber, dicht gefolgt vom Mann, und Serif, der in eben jenem Moment in der Luft erschienen war. Inzwischen waren alle Gespräche in ihrer Nähe verstummt, und die Blicke richteten sich auf die Neuankömmlinge, während nervöses Gemurmel losbrach.
„Victoria, Nikodemus, was macht ihr hier?“ fragte Naruz, während er sich kurz umsah, einige Wachen des Akashi hatten ihre Schwerter gezückt, und näherten sich ihnen, während plötzlich ein ganzes Dutzend weiterer Bewaffneter in der Tür erschienen, durch welche die beiden Mitglieder von Naruz' Team gerade gekommen waren.
„Später, es gibt Probleme.“ meinte Victoria, und warf einen vorsichtigen Blick in den Gang zurück, aus dem sie eben gekommen war. „Tougou Akashi ist tot, wir haben ihn in seinem Zimmer gefunden. Ein Großteil seiner Wachen ist ebenfalls tot, irgendwer ist hier, in dieser Villa, und mordet sich munter durch alle Anwesenden."
„Was? Wer...“ Naruz verstummte, als am anderen Ende des Saals ein Schrei ertönte. Sofort drehte er sich um, um zu sehen, was dort vor sich ging, und erstarrte. Vor der Haupteingangstür zum Festsaal, lag ein halbes Dutzend Wachen auf dem Boden, aus dutzenden Wunden blutend, und zwischen ihnen stand ein Mann, mit langen, schwarzen Haaren, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, goldenen Augen, bleicher Haut und langen, spitzen Ohren.

„Môrkalfar.“ flüsterte Salvatore, als er den Fremden sah, dessen Blick suchend durch die Menge schweifte. 'Môrkalfar', vor ein paar Monaten hätte Naruz mit diesem Begriff nicht viel anfangen können, inzwischen wusste er jedoch, dass es sich bei ihnen um eine Fraktion, innerhalb der Yggdrasil Republik handelte. Bei diesen Alfar handelte es sich um die absoluten Experten in Sachen Dämonologie, und Attentaten, innerhalb der Republik. Die für Alfar ungewöhnliche Färbung ihrer Augen kam daher, dass sie viel zu lange der dunklen Magie Pandämoniums ausgesetzt waren, was letztendlich zu dieser Veränderung geführt hatte. Schließlich fiel der Blick des Alfar auf Naruz, woraufhin sich ein Lächeln auf sein Gesicht stahl. Ohne zu zögern hob er die Hand, und sprach mit lauter, kräftiger Stimme.
„Es komme die Dunkelheit, Yamion!“ sofort richteten sich die Schatten in seiner Nähe auf, formten sich zu Speeren, und durchbohrten die Gäste in der Nähe des Dunkelelfen. Die Getroffenen sanken blutend und schreiend zu Boden, während der Rest der Anwesenden in Panik verfiel. Sie alle fingen an zu schreien, und rannten zu den nächsten Türen, um dem Festsaal, un dem Alfar zu entkommen. Dieser schien jedoch mit der Situation zufrieden zu sein, und machte keine Anstalten die Flüchtlinge zu verfolgen, stattdessen ging er mit ruhigen Schritten auf Naruz und seine Begleiter zu. Diesem ging plötzlich etwas auf, und er sah sich suchend um.
„Hey, Salvatore? Wo sind die beiden Mitglieder von Gorgone, die wir gesehen haben? Und überhaupt, wo sind die anderen Inquisitoren?“ Naruz' Frage beantwortete sich von selbst, als sich eine weitere Tür öffnete, und sieben Köpfe über den Boden schlitterten, ehe sie vor Naruz' Füßen liegen blieben.
„Sind dass die Personen, nach denen Ihr gesucht habt?“ Dieses mal war es eine Frau, die gesprochen hatte, und kurze Zeit später betrat auch sie den Saal, durch die Tür, durch die eben die Köpfe der anderen Inquisitoren geschleudert wurden. Auch bei ihr handelte es sich um eine Alfar, wie sich unschwer an den Ohren erkennen ließ, auch sie hatte schwarze Haare, allerdings waren sie weit kürzer als die des Mannes. Naruz biss sich auf die Lippe und starrte auf die Köpfe, die mit aufgerissenen Augen zu ihm aufsahen, Salvatore und Victoria verzogen das Gesicht, während Anya erschrocken die Hand vor ihren Mund hielt.
„Verdammte Bastarde!“ schrie Nikodemus, und rannte direkt auf die Alfar zu, die nur amüsiert lächelte, ob seiner Reaktion.
„Oh, bei Gaia, was denkt er sich dabei?“ murmelte Naruz, und rannte sofort hinter Nikodemus her. Die Alfar hob inzwischen ihre Hand, in die gleiche Stellung, wie es ihr Partner eben noch getan hatte.
„Es komme die Dunkelheit, Yamion!“ Sofort rasten schattenhafte Speere auf Nikodemus zu, und hätten ihn wohl durchbohrt, wenn Naruz ihn nicht zur Seite gestoßen hätte. Allerdings sah Naruz sich nun den Speeren aus dunkler Energie gegenüber, zu seiner Überraschung verschwanden sie jedoch, kurz bevor sie ihn trafen.
„Ist alles in Ordnung, Nikodemus?“
„Ja, danke Naruz. Tut mir leid, ich habe einfach nicht nachgedacht, als...“
„Schon gut, ich kann es verstehen. Salvatore?“
„Natürlich, ich bin dir schon weit voraus.“ meinte der Doni grinsend, und im nächsten Augenblick krachte etwas durch ein nahes Fenster. Salvatore fing es auf, und wandte sich sofort zur weiblichen Alfar um. In seiner Hand ruhte ein langer Speer, dessen Spitze silbern glänzte. Kurz darauf sprangen drei Gestalten durch das Fenster, und landeten neben Salvatore, sie alle sahen aus wie Mädchen mit blonden Haaren, nur wenn man ganz genau hinsah fiel einem auf, dass es sich eigentlich nur um leblose Marionetten handelte, welche vom Doni gesteuert wurden. „Mylady, ich werde Euer Gegner sein.“ meinte Salvatore, und verbeugte sich kurz vor der Alfar. „Ich bin Salvatore Doni, Erbe von Haus Doni und Träger des Gungnir.“
„Wie kannst du es wagen, mich einfach so anzusprechen, du kleiner...“ begann die Alfar aufgebracht, verstummte jedoch, als der Mann ihr einen kurzen Blick zuwarf und freundlich lächelte.
„Aber meine liebe Schwester, wo bleiben denn deine Manieren? Dieser edle, junge Inquisitor hat sich dir vorgestellt, du solltest es ihm gleichtun. Es ist unhöflich, einem Gegner nicht zu sagen, wer ihn umbringen wird.“ meinte er, und warf einen kalten Blick auf Salvatore.
„Natürlich Bruder, ich verstehe.“ Die Alfar verbeugte sich erst vor ihrem Bruder, dann neigte sie kurz das Haupt in Salvatores Richtung. „Mein Name ist Morrigan val Alvion, Erbin von val Alvion. Es wird mir eine Freude sein, dich zu töten, Salvatore Doni.“
„Ah, nicht so voreilig, Morrigan. Wir sind schließlich nicht hier, um zu kämpfen.“
„Was?“ entfuhr es Naruz, und er deutete anklagend auf den Alfar. „Ihr seid hierher gekommen, habt einen Haufen Unschuldige getötet, und sagt jetzt, dass Ihr nicht hier seid, um zu kämpfen?“
„Ganz genau, diese Verluste waren... ein kleiner Unfall, es tut mir leid, aber es ließ sich nicht ändern. Ach ja, ich vergaß mich vorzustellen, mein Name ist Rhael val Alvion, Oberhaupt von val Alvion, Herzog von Muspelheim und Saboteur im Diensten des Blutenden Turms.“
„Es gibt bei den Alfar keine Herzöge mehr, schon seit mehreren Jahrhunderten nicht.“
„Das stimmt, trotzdem ist das der Titel, der mir rechtmäßig zusteht. Und mit Eurer Hilfe, werde ich ihn schon bald wieder tragen. Wie ich bereits sagte, wir sind nicht hier um zu kämpfen, sondern um Euch abzuholen, Inquisitor Naruz.“
„Serif! Sigrun!“ rief Naruz, und sofort erschienen seine Eidolons an seiner Seite. „Anya, halte dich im Hintergrund und heile meine Verletzungen aus der Distanz, Victoria, beschütze Anya, Nikodemus, du hilfst Salvatore bei seinem Kampf.“ Die drei nickten, und nahmen ihre Positionen ein, woraufhin Rhael seufzte.
„Also wird es doch zum Kampf kommen? Ich wollte es eigentlich vermeiden, und hatte gehofft, dass Ihr freiwillig mitkommt.“
„Ich habe noch eine Frage, was ist dieser Blutende Turm, von dem Ihr geredet habt?“
„Wenn Ihr mit mir kommt, werde ich Euch diese Frage gerne beantworten, aber wenn...“ Naruz ließ dem Alfar keine Zeit auszureden, sondern hielt direkt auf ihn zu. Naruz zuckte kurz zusammen, als er merkte wie Sigrun einen Zauber auf ihn wirkte, hatte sich jedoch sofort wieder unter Kontrolle, während sich plötzlich in jeder seiner Hände ein Schwert aus Eis befand. Zwar waren diese Waffen nicht so gut wie die, die Analisa ihm hergestellt hatte, aber es war besser als nichts. „Oh, Ihr seid schneller geworden, seit wir uns im Lager der Piraten begegnet sind.“ meinte der Alfar lächelnd, und zeichnete schnell zwei Kreise in die Luft, welche dort grün leuchtend erschienen. „Aber noch immer nicht schnell genug, um mich zu erwischen. Ich löse den Vertrag auf, der mich an die Bestien der Atmosphäre bindet, Surgeal!“ Ein grünes Leuchten erschien unter den Füßen des Alfar, der sich plötzlich hinter Naruz befand. „Wir kennen Eure Schwächen, gegen Magier habt Ihr keine Chance.“ meinte er, ehe er Naruz einen Tritt verpasste, der diesen durch den Saal schleuderte. „Und sehr zu Eurem Pech, war ich einst ein Saboteur. Wir sind die absolute Elite der Môrkalfar, es gibt niemanden, der Magie und Nahkampf dermaßen meisterlich vereint, wie wir." Während er noch sprach war plötzlich Serif hinter ihm, und schlug mit einem Schwert aus purer, weißer Energie, nach dem Kopf des Alfar, dieser wich jedoch blitzschnell aus, ehe er neben Sigrun stand, und auch ihr einen Tritt verpasste, den die Valkyre geradeso mit ihrem Schild blockieren konnte. Erneut ging Naruz zum Angriff über, aber weder er, noch eines seiner Eidolons war in der Lage, Rhael zu treffen, so dass sich das ganze zu einer äußerst einseitigen Sache entwickelte. Auch Salvatore und Nikodemus schienen Probleme mit ihrem Gegner zu haben. Morrigan schien ihren Angriffen mühelos auszuweichen, und befand sich plötzlich im Rücken von Salvatore. Mit einem siegessicheren Grinsen im Gesicht, schlug sie nach dem Kopf des Inquisitors, riss dann jedoch die Augen auf, und fuhr herum, um einem Stich seines Speers auszuweichen, den dieser blind nach hinten ausgeführt hatte. Mit einem Sprung brachte sie Distanz zwischen sich und ihre Gegner, ehe sie sich an Rhael wandte.
„Bruder, irgendetwas stimmt hier nicht, er hätte mich nicht sehen dürfen.“ meinte sie ruhig, während sie einem Wurfmesser auswich, das aus dem Brustkorb von einer Marionette des Doni geschossen kam.
„Hm...“ machte Rhael, und beobachtete Salvatore und dessen Marionetten gedankenverloren, während er weiterhin mit Leichtigkeit den Angriffen von Naruz, Serif und Sigrun auswich. „Ah, ich verstehe. Die Marionetten sind durch Magie mit dem Inquisitor verbunden, er kann alles sehen, was sie sehen.“
„Oh, ich verstehe. Es komme die Dunkelheit, Yamion!“ Sofort erhoben sich die Schatten, und schossen auf ihre Gegner zu, dieses mal ignorierten sie jedoch den Inquisitor und Nikodemus, und suchten sich stattdessen die Marionetten als Ziel aus, welche jedoch im letzten Moment ausweichen konnten.
„Du hast deine Gegner unterschätzt, Morrigan.“ kommentierte Rhael, während er erneut einem Lanzenstoß von Sigrun auswich.
„Naruz, so wird das nichts. Ich sage es nicht gerne, aber wir können nichts gegen ihn ausrichten, solange er diesen Zauber auf sich hat, der ihn schneller macht.“ meinte die Valkyre an ihren Botschafter gewandt.
„Wie auch immer, es ist Zeit, es zu beenden. Es komme die Dunkelheit, Yamion!“ rief Rhael, woraufhin die Schatten sich erneut aufrichteten, und direkt auf Anya zurasten. „Binde den Feind an die Atmosphäre, Druugis!“ fügte er hinzu, woraufhin sich die Schatten zu Victorias Füßen erhoben, und ihre Beine festhielten, so dass sie Anya nicht zur Hilfe kommen konnte.
„Nein!“ schrien Naruz und Victoria gleichzeitig, während Anya einfach nur schockiert auf die dunklen Speere starrte, die direkt auf sie zuhielten. Bevor sie jedoch ihr Ziel erreichen konnten, erschien ein goldener Schild in der Luft vor ihr, und die Speere zerplatzten wie Seifenblasen, gleichzeitig lösten sich Victorias Fesseln auf.
„Was? Wer hat sich eingemischt?“ fragte Rhael überrascht, und sah sich um.
„Kaum lasse ich euch mal kurz aus den Augen, schafft ihr es allen möglichen Ärger anzuziehen. Eigentlich wollte ich hier nur in Ruhe schlafen, aber bei dem Krach den ihr macht, ist das ja vollkommen unmöglich.“ Alle Köpfe wandten sich zur Haupteingangstür, wo gerade Aynaeth mit ruhigen Schritten den Saal betrat.

Bild
Ja, mir sind die Bilder ausgegangen, aber egal.


„Aynaeth!“ entfuhr es Anya, während die Hexe immer näher kam. „Du hast mich gerettet?“
„Mhm, du warst immer nett zu mir, du hast mir sogar die Bibliothek überlassen. Da kann ich dir ruhig mal helfen.“ Während Aynaeth sprach wichen Naruz, seine Eidolons, Salvatore und Nikodemus von den Alfar zurück, und versammelten sich um Anya und Victoria.
„Ist alles in Ordnung, Anya?“ fragte Naruz, woraufhin die Templerin nickte. Die Alfar ignorierten Naruz und die anderen inzwischen, und hatten sich vollkommen Aynaeth gewidmet. „Gut, das ist unsere Chance, wir...“
„Ihr haltet euch raus.“ Naruz zuckte zusammen, als Aynaeths Stimme plötzlich hinter ihm erklang, und auch die Alfar schienen überrascht zu sein, da Aynaeth nicht länger vor ihnen stand, sondern hinter ihnen, direkt neben Anya.
„Was? Aber, diese Alfar sind gefährlich, und...“
„Genau deswegen haltet ihr euch raus.“ Naruz starrte Aynaeth einfach nur an, so entschlossen hatte er sie noch nie gehört. „Das ist eine Sache zwischen mir, und den Alfar.“ fügte sie hinzu, und ein blutroter Grimoire erschien in ihrer Hand. Als er das Buch sah, fing Rhael an zu lachen.
„Ah, ich verstehe, eine kleine Hexe hat sich in Navea eingenistet, und glaubt nun, sie hätte eine Chance gegen uns. Glaube mir Mädchen, du bist noch ein paar Jahrhunderte zu jung, um dich mit wahren Experten von dämonischer Magie zu messen.“
„Hm... habt ihr das gehört? Ich könnte schwören, dass gerade eines dieser verzogenen Spitzohren etwas gesagt hat, aber das kann nicht sein, wir alle wissen ja, dass diese Amateure es geradeso schaffen die Namen ihrer Zauber auszusprechen, wenn sie jetzt auch noch normal reden könnten, wäre das wahrlich ein Wunder.“ Naruz klappte der Mund auf, als er die Worte der Hexe hörte. Anstelle ihrer üblichen, emotionslosen Stimme, sprach sie mit einem schon beinahe physisch spürbaren Hass in der Stimme.
„Oh, habt Ihr das gehört Bruder? Die kleine Hexe denkt sie sei klug, dabei sind sie, und ihre kleinen Freundinnen hilflos, wenn sie nicht gerade ein Buch zur Hand haben.“
„Ich weiß, und selbst mit Büchern können sie es niemals mit echten Magiern aufnehmen.“
„Echte Magier? Müsst ihr deshalb euer halbes Leben damit verbringen, um euch vier kleine Zauber zu merken?“
„Ähm... gibt es irgendwie böses Blut zwischen den Alfar und Vo Astur?“ fragte Naruz, an Salvatore gewandt, während die Alfar und Aynaeth damit fortfuhren Beleidigungen auszutauschen.
„Ah ja, uralte Rivalität, im Prinzip geht es darum, wer nun der bessere Dämonologist ist, vollkommen unwichtig für den Rest der Welt, ein Kriegsgrund für die Môrkalfar und Hexer.“
„Morrigan, halte dich aus diesem Kampf raus, es geht um die Ehre der val Alvion!“ zischte Rhael plötzlich, woraufhin sich Naruz' Aufmerksamkeit wieder auf ihn wandte. Anscheinend hatte Aynaeth es geschafft den Alfar schwer zu beleidigen, denn in seinen Augen brannte ein schon beinahe fanatisches Feuer.
„Natürlich, Bruder.“ meinte Morrigan, und entfernte sich von ihrem Bruder, während dieser und Aynaeth sich zur Mitte das Festsaals begaben.
„Ist es nicht fantastisch, wie unwichtig wir plötzlich geworden sind?“ fragte Serif, an Naruz gewandt.
„Ja... aber ich will mich nicht beschweren.“ meinte Naruz.
„Bist du dir sicher, dass wir ihr nicht helfen sollen?“ Anya sah nervös zu Aynaeth hinüber, die vollkommen ruhig zu sein schien.
„Sicher bin ich mir nicht, aber sie will keine Hilfe, also sollten wir vielleicht abwarten.“
„Ich bin ein Freund von fairen Duellen, kleine Hexe, selbst wenn es gegen deinesgleichen geht. Nimm dir ruhig Zeit, und beschwöre so viele Grimoire, wie du brauchst, ich werde auf dich warten.“ Rhael lächelte überheblich, während er dies sagte, Aynaeth schüttelte jedoch den Kopf, und klopfte auf den blutroten Grimoire in ihrer Hand.
„Das ist alles was ich brauche.“
„Machst du dich über mich lustig?“ fauchte Rhael, und ballte die Fäuste. „Gut, wie du willst, das Duell beginnt jetzt! Es komme die Dunkelheit...“
„Es komme die Dunkelheit, Yamion!“
„Was?“ entfuhr es Rhael, während Aynaeth ihren Arm hob, und tatsächlich erhoben sich die Schatten um sie herum, und hielten direkt auf Rhael zu. „Die Göttin beschützt und hilft, Gaiarkon!“ rief er, woraufhin eine Art schwarze Glocke um ihn herum erschien, und den magischen Angriff der Hexe abfing. „Wie ist das möglich?“ murmelte Rhael vor sich hin, während er Aynaeth entgeistert anstarrte. Sie war eine Hexe! Ihre magischen Fähigkeiten sollten praktisch nicht vorhanden sein, ohne Grimoire, und selbst mit sollte sie nur die Zauber wirken können, die in ihrem Buch enthalten waren! Trotzdem war es ihr gelungen Magie der Môrkalfar zu wirken, nicht nur das, es war auch noch ein hochrangiger Zauber, für den sogar Rhael einige Monate gebraucht hatte, um ihn zu meistern. „Ich suche den Donner, Izuchi!“ sagte er, während er eine Art Diamant in die Luft zeichnete, kurz darauf schoss ein Blitz direkt auf Aynaeth zu.
„Die Göttin beschützt und hilft, Gaiarkon!“ dieses mal bildete die schwarze Glocke sich um Aynaeth, und fing den Blitz ab.
„Es komme die Finsternis, Yamion!“ versuchte Rhael es erneut.
„Ein helles Licht, Solistic!“ Wie schon zuvor bei Anya, erschien ein goldener Schild vor Aynaeth, der die Schatten zerplatzen ließ.
„Wie? Wie kann das sein? Morrigan, siehst du, wie sie es macht?“ fragte Rhael aufgebracht, und starrte die Hexe aus großen Augen an. Wie war sie in der Lage Magie der Alfar zu wirken?
„Ich sehe nichts, aber ich vermute, dass die Lösung ihr Grimoire ist. Ich glaube, er erlaubt es ihr jeden Zauber zu kopieren, den sie einmal zuvor gesehen hat.“
„Oh?“ ein bösartiges Grinsen zeichnete sich auf Rhaels Gesicht ab. „Nun, wenn dem so ist, werde ich einfach Zauber benutzen, die ich selbst erfunden habe.“ meinte er und lachte kurz auf. „Viel Glück dabei dass abzuwehren, Hexe! Westen, Sonne...“ begann Rhael, und zeichnete Runen in die Luft, stoppte jedoch und riss die Augen auf, als er sah, dass Aynaeth die selben Runen zeichnete, und ihm sogar schon voraus war.
„Westen, Sonne, Hitze, Licht, Feuer, verbrenne ihn, Draemon!“ die Runen leuchteten kurz auf, ehe ein Dutzend kleiner Feuerbälle direkt auf Rhael zuschossen, der diesen gerade so ausweichen konnte.
„Unmöglich... unmöglich...“ murmelte er vor sich hin, während er sah, wie Aynaeth neue Runen in die Luft zeichnete.
„Bestrafe den Sünder, denn er hat den Vertrag gebrochen, zermalme ihn, zerquetsche ihn, reiß ihm das Rückgrat aus, Bukephalos!“ erneut leuchteten die Runen auf, und ein riesiges Pferd aus weißer Energie raste aus ihnen hervor, direkt in Richtung Rhael.
„Westen, Sonne, Hitze, Licht, Feuer, verbrenne sie, Draemon!“ schrie er, beinahe schon panisch, und schoss seine Feuerbälle gegen Aynaeths Pferd aus Licht, woraufhin es einen kurzen Lichtblitz gab, und beide Zauber sich auflösten. Erschöpft sank Rhael auf die Knie, ob des wiederholten Gebrauches von so mächtigen Zaubern, und sofort war seine Schwester neben ihm.
„Ist mit Euch alles in Ordnung, Bruder?“ Dieser ignorierte sie jedoch, und sah einfach nur zu Aynaeth auf, die noch immer gelangweilt zu ihm hinüber starrte.
„Wer... wer bist du?“
„Ah, ich habe ganz vergessen mich vorzustellen. Mein Name ist Aynaeth Vaas, Botschafterin der Gaia, Hüterin der 666 Unheiligen Grimoire. Nun, Vaas ist der Name meines Vaters, meine Mutter hieß Uruza Decon.“
„Uruza Decon? Uruza... Ein Portal, für die Kinder der Dunkelheit, Erebus!“ rief Rhael, und plötzlich bildete sich eine Art schwarzes Portal unter den Alfar, nur einen Augenblick später waren sowohl er, als auch seine Schwester verschwunden, woraufhin Aynaeth seufzte, und sich abwandte.
„Sie sind abgehauen.“ murmelte sie, sichtlich missgelaunt, und bemerkte zuerst nicht, wie sie alle anstarrten. „Ist etwas?“
„Das war... unglaublich.“ meinte Salvatore erstaunt, und die anderen nickten zustimmend. „Du hast einen Alfar in einem magischen Duell besiegt! Nein, nicht nur besiegt, sondern ihn vollkommen zerstört! Und du hast nur einen Grimoire benutzt!“
„Grimoire?“ fragte Aynaeth verwundert, und legte den Kopf schief. „Oh, du meinst dass hier?“ fügte sie hinzu, und klopfte auf das Buch in ihrer Hand. „Das ist kein Grimoire, sondern ein Kochbuch.“ Alle starrten sie schweigend an. „Jetzt lasst uns dem Erzbischof Bescheid sagen, und nach Hause gehen.“ sagte sie, und packte Anya am Arm. „Ich will einen Apfelkuchen backen.“
Bild

Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368

Benutzeravatar
Vanidar
Signifer
Signifer
Beiträge: 487
Registriert: 5. Dezember 2010 20:41
:
AAR-Schreiber

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 24. Juni 2014 19:37

16. Yuki Akashi – der Schlafanzugdämon (Öffnen)
16. Yuki Akashi – der Schlafanzugdämon


Bild

Drei Wochen waren inzwischen vergangen, seit sie aus Navea aufgebrochen waren und Aleyandra hasste Silberblatt dafür, dass sie nicht fliegen durfte. Magische Kräfte sparen hin oder her, ihre Füße brachten sie um. Schwerfällig setzte sie einen Fuß vor den anderen und versuchte sich nur noch darauf zu konzentrieren. Auf ihrem Rücken ruhte ein Rucksack von gewaltigen Ausmaßen. Er überragte Sora um ein gutes Stück und kein normaler Mensch hätte so viel auf Dauer mit sich herumtragen können. Das schwere Gepäck war nur einer der Gründe warum sie nicht mehr konnte. Vor allem das Wetter machte ihr zu schaffen seit sie den Wald betreten hatten. Es war heiß und drückend unter dem dichten Blätterdach des Cactaraka Dschungels. Gleichzeitig sorgten die weit verbreitenden Tümpel, Sumpfgebiete und kleineren Seen dafür, dass die Luft schwer und feucht wurde. Jeder Atemzug fiel ihr schwer und es fühlte sich an, als wäre sie nicht mitten in einem Wald, sondern unter Wasser. Anfangs hatte ihr immerhin noch das einzigartige Dämmerlicht des Waldes gefallen, aber inzwischen sehnte sich nach einem winzigen Sonnenstrahl. Während sie sich mit dem Rucksack auf eine kleine Lichtung schleppte, schwebte ihr Eidolon vergnügt neben ihr her und zeigte keinerlei Anzeichen von Erschöpfung.
Dann passierte etwas, was Alessa in den letzten Tagen schon viel zu oft erlebt hatte. Aleyandra stolperte über einen herumliegenden Ast und landete in hohem Bogen im Gras. Aber diesmal stand sie nicht wieder auf, sondern blieb auf dem Bauch liegen und streifte mühsam den übergroßen Rucksack ab. Er landete irgendwo neben ihr und ein Schwall aus Waffen ergoss sich über die Lichtung. Gewehre, Pistolen, Streitkolben, Kriegshämmer, verschiedene Rüstungen und zu guter Letzt sogar eine tragbare Kanone, tragbar allerdings nur für Aleyandra, die immer mehr die Vorteile spürte ein Botschafter Gaias zu sein. Sie war inzwischen deutlich stärker als Naruz und die meisten männlichen Soldaten und zumindest auch schneller als gewöhnliche Menschen. Im Moment hatte sie noch Probleme ihre Kraft wirklich zu kontrollieren, vor allem da die Wandlung zur Auserwählten der Göttin noch lange nicht beendet war. Müde und verschwitzt hob Aleyandra leicht den Kopf an, um Alessa wehmütig anzustarren. Mit übertrieben theatralischer Stimme, begann sie abgehackt zu flüstern. „Bitte...sag...Naruz dass...ich...ihn...lie...“ Damit verstummte sie und ließ ihren Kopf erschöpft ins Gras sinken, um zu schlafen. Inzwischen vermisste sie sogar schon das Essen aus Navea. Ihre Vorräte gingen zur Neige und erstaunlicherweise gab es mitten im Dschungel kaum Gasthäuser oder vernünftige Restaurants. Seit fast einer Woche irrte sie jetzt hier umher, länger als erwartet. In dem Zwergendorf am Rand des Waldes hatte sie sich nur mit dem Nötigsten eingedeckt und war schnell weitergezogen. Die kleinen Baumschmuser waren ihr unheimlich.
„Wie lange willst du jetzt dort liegen bleiben?“ fragte Alessa nach einer Weile neugierig nach, während sie einen Blick über das kleine Chaos werfen ließ, das aus Aleyandras Rucksack entsprungen war und sich langsam großflächig über die kleine Wiese verteilte.
„Bis der Dschungel weggeht und nicht mehr versucht mich umzubringen...“ flüsterte Aleyandra müde und erschlug mit der Handfläche eine Mücke, die sich auf ihrem Hals niedergelassen hatte. Was für ein furchtbarer Ort. Sie hätte niemals gedacht, dass sie jemals einen Ort mehr hassen würde als Helonia. Kein Wunder das die Zwerge ihren ganzen Körper mit diesen albernen Rüstungen bedeckten. Die Hitze musste damit zwar noch schlimmer sein, aber wenigstens blieb man von diesen Mistviechern verschont.
„Du übertreibst, Aleyandra. So schlimm ist es hier gar nicht. Die Monate in Navea haben dich weich werden lassen. Abgesehen von den Mücken, den vielen giftigen Tieren, den Feen die dich fressen wollen, den Krokodilen und dem Wetter, ist es hier doch ganz gemütlich und nichts davon stört mich wirklich. Keine Ahnung warum du hier so ein Theater machen musst.“
„Natürlich stört es dich nicht.“ murmelte Aleyandra und richtete sich langsam auf. Mit verschränkten Beinen blieb sie lustlos zwischen ihrer Ausrüstung im Gras sitzen und wartete darauf, dass entweder die Mücken sie auffraßen oder eine Schlange angeschlängelt kam um sie umzubringen. „Die Mücken mögen anscheinend kein Eidolonblut, du bist immun gegen die ganzen Gifte, die Monster finden mich schmackhafter und das Wetter ist dir vollkommen egal, weil du dich mit Magie abkühlst. Denkst du etwa ich habe das nicht bemerkt? Du hinterhältiges, verlogenes...“
„Weiß nicht wovon du redest. Ich kann keine Magie wirken.“ unterbrach sie Alessa hastig und zuckte im selben Moment kurz schuldbewusst zusammen, als nur für sie eine kühle Brise wehte, während Aleyandra die schwüle Wärme den Verstand raubte. Das Einhorn würde liebend gerne etwas von ihrer Magie mit ihrer Herrin teilen, aber sie hatte nie gelernt diesen Zauber auch auf andere anzuwenden und wollte es jetzt auch nicht ausprobieren. Im Umgang mit Magie war sie manchmal etwas ungeschickt und brauchte lange um einen neuen Zauber vernünftig zu beherrschen. Es bestand die Möglichkeit, dass sie ausversehen Aleyandra in eine Eisskulptur verwandelte, also lenkte sie lieber schnell vom Thema ab. „Warum schleppst du den ganzen Kram eigentlich mit dir herum? Wir brauchen nichts davon und werden es auch niemals brauchen.“
„Wie kannst du so etwas sagen? Das ist gar nicht wahr!“ wehrte Aleyandra sofort alles ab, auch wenn sie genau wusste, dass ihr Eidolon mit jedem einzelnen Wort richtig lag. Sie wollte sich nicht eingestehen das ihr ganzes Gepäck vollkommen sinnlos war. Am liebsten hätte sie den Müll hier liegen lassen, aber dann müsste sie ihn der Kirche bezahlen und es war schwer etwas zu bezahlen, wenn man für seine Arbeit nicht entlohnt wurde. Selbst das Gold, dass sie von Silberblatt bekommen hatte, rührte sie kaum an. Noch niemals war sie so reich gewesen und liebte das Gefühl, also konnte sie es nicht einfach ausgeben! Ob sie ihm zurückgeben musste was übrig blieb? Vermutlich. Die Kinder Gaias durften keinen weltlichen Besitz haben und brauchten ihn angeblich auch nicht. Sie sollten nur ihre Waffen und Ausrüstung besitzen, mehr nicht. Eine der Regeln an die sie sich niemals gewöhnen würde. Aber hier im tiefsten Urwald, gab es auch nicht gerade viele Gelegenheit ihr Geld zu verprassen. „Das sind alles sehr wichtige Dinge, die ich im Kampf gegen Fenris und seine dämonische Herrin brauchen werde. Ohne sie können wir unmöglich gewinnen.“
„Ach? Und wann brauchen wir eine Kanone? Hast du vor eine Festung anzugreifen?“ zerriss Alessa sofort ihre gewagten Behauptungen in der Luft.
„Vielleicht versteckt sie sich ja in einer Zwergenfestung. Man kann nie wissen, was einen erwartet. Wir sollten vorbereitet sein, nur für den Fall.“
„Zwerge bauen keine Festungen! Höchstens Baumhäuser, das weiß doch jeder!“ wieherte Alessa und wirkte zum ersten mal etwas angenervt von den ganzen Ausflüchten. Sie liebte ihre Herrin, aber manchmal kam Aleyandra auf die seltsamsten Gedanken. Zwerge und Festungen! So ein Unsinn, der Dschungel musste ihr langsam aber sicher den Geist vernebeln. „Als nächstes behauptest du noch sie wühlen gerne in der Erde, haben gewaltige Äxte und lieben Gold. Wo hast du so einen Schwachsinn überhaupt gehört?“
„Möglich wäre es trotzdem...“ murmelte Aleyandra beleidigt und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ohne ihr neues Kleid wäre sie noch ärmer dran gewesen, aber die seidigen, blauen Federn legten sich kühlend auf ihre Haut und schienen sich nicht groß um die Hitze zu kümmern. Sie war Silberblatt von Tag zu Tag dankbarer für sein Geschenk, denn ohne, hätte sie schon vor einiger Zeit aufgegeben. Selbst Schmutz und Schweiß perlte einfach von den Federn ab und so sah sie wenigstens noch halbwegs vorzeigbar aus, auch wenn die eingelassenen Ziersteine ihren Glanz nach dem ersten Tag im Dschungel verloren hatten.
„Und wozu sind die ganzen verschiedenen Streitkolben und Kriegshämmer da? Ich meine, einer hätte doch auch gereicht, oder nicht?“
„Falls ich in einen Hinterhalt gerate und in den Nahkampf muss, brauche ich sie halt. Oder soll ich die Angreifer mit meinen Pistolen bewusstlos knüppeln? Du weißt, dass ich keine Schwerter, Äxte oder Dolche mag, also müssen es eben stumpfe Waffen sein.“
„Ja, aber warum denn gleich so viele?“
„Ich...also ich...ähm.“ Aleyandra brach stockend ab und fuhr nach einer Weile etwas kleinlauter unter Alessas ungeduldigem Starren fort. „Ich brauche halt immer die Waffe, die im jeweiligen Moment am besten aussieht. Silberblatt hat mir einmal gesagt dass es wichtig ist mit Stil zu kämpfen, also habe ich für jede Situation einen anderen Streitkolben. Ich habe sogar geübt mit Zweien gleichzeitig zu kämpfen, aber da komme ich immer mit meinen Armen durcheinander und schlage mich am Ende selbst bewusstlos...“
„Nur damit ich das richtig verstehe.“ begann Alessa langsam und verwirrt, während sie sich im Gras zwischen den Waffen niederließ. „Wenn wir überraschend angegriffen werden und sich ein Dutzend Banditen oder Monster aus dem Hinterhalt heraus auf dich stürzt, setzt du dich erst einmal in Ruhe hin, kramst in deinem Rucksack herum, suchst eine halbe Ewigkeit unter dem ganzen Schrott nach einem Streitkolben den du hübsch genug findest und kannst dann erst gegen die Angreifer kämpfen?“
„Das ist der Plan. Ich hoffe darauf, dass die Angreifer höflich genug sind auf mich zu warten. Stimmt etwas damit nicht?“
„...“ Alessa schüttelte sprachlos den Kopf. Aleyandra ließ sich einfach zu leicht ablenken. Sie konnte ernst und gefasst sein, aber manchmal lebte sie mit ihrem Kopf irgendwo in den Wolken und bekam nicht viel von dem mit was um sie herum passierte. Vermutlich war sie auch jetzt gerade in Gedanken weit weit weg in Navea und bei Naruz. In einer der kleineren Taschen des Rucksacks war noch immer die weiße Plüschkatze sicher verstaut und Alessa war langsam neidisch auf die leblose Katze. Aleyandra nahm sie beim Schlafen immer in den Arm und für das Einhorn war kein Platz mehr. Mit einem resignierten Seufzer gab sie es vorerst auf. Sollte Aleyandra doch eine ganze Waffenkammer mit sich herum tragen wenn sie es unbedingt wollte. „Nein, alles ist bestens. Hoffentlich werden wir nie angegriffen und jetzt steh auf, wir müssen weiter.“
„Wie hältst du das nur aus? Es ist als ob die Luft versucht mich zu erwürgen.“
„Das bildest du dir nur ein und jetzt hör endlich auf zu jammern. Je schneller wir unseren Auftrag erledigen, desto schneller können wir wieder von hier verschwinden. Lange kann es nicht mehr dauern, bis wir am Ziel sind und dann kannst du endlich wieder zurück zu Naruz. Ich bin sicher er wartet schon sehnsüchtig auf deine Rückkehr und du willst ihn doch nicht warten lassen oder?“
„Du hast vollkommen recht! Jede Sekunde die ich hier verschwende verbringt er alleine und in Gesellschaft von viel zu vielen hübschen Frauen!“ Aleyandra sprang auf und begann die Waffen zusammenzusuchen. Auf die Sache mit den hübschen Frauen hatte Alessa zwar nicht anspielen wollen, aber sie würde sich auch nicht beklagen. Immerhin funktionierte es, irgendwie. „Worauf wartest du? Na los, hilf mir! Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren!“
„Ich verstehe sowieso nicht, wieso wir sie noch nicht gefunden haben. Deine Fähigkeit wurde doch immer besser und genauer. Du konntest Naruz am anderen Ende der Stadt spüren und jetzt laufen wir seit Tagen hier herum, ohne dass du auch nur ein leichtes Kribbeln spürst.“ Nach diesen Worten, sah das Einhorn ihr noch eine Weile zu, bevor es sich langsam in Bewegung setzte und ebenfalls zu den Waffen trottete. Lustlos stieß Alessa schwach mit ihrem Horn gegen den schweren Stiel eines Kriegshammers. Er rührte sich nicht von der Stelle. Es war unmöglich, sie sollte aufgeben. Sie war ein Einhorn aus dem Himmelsreich! Ein weises und zumindest ein bisschen mächtiges Eidolon und kein Esel, der für die Menschen arbeitete und jeden ihrer Befehle genau ausführte. Es machte ihr nichts aus für Aleyandra zu kämpfen, aber um ihr Gepäck sollte das Mädchen sich ruhig selber kümmern, immerhin wollte sie ja den ganzen Mist mit sich rumschleppen. Plötzlich fiel Alessa auf, dass ihre Herrin wie erstarrt wirkte und Misstrauen regte sich in dem Einhorn. Hatte sie mit ihren harmlos gemeinten Worten etwa mehr aufgespürt als geplant? So ertappt wie Aleyandra im Moment wirkte...nein, das konnte nicht sein. Misstrauisch schwebte Alessa auf das Mädchen zu und starrte ihr in die betreten ausweichenden, roten Augen. „Langsam glaube ich du verzögerst unsere Suche absichtlich. Du weißt wo sie sind und zwar schon seit einer ganzen Weile. Nicht wahr?“
„Ähm...also...ich...“ Aleyandra traute sich noch immer nicht ihr Eidolon anzusehen, sondern fand einen nahen Baum recht interessant. „Möglicherweise weiß ich bereits wo sie ist allerdings noch nicht sehr lange, sondern erst seit...ähm, naja, seit wir den Wald betreten haben?“
„Ich wusste es! Auf deinen Spürsinn ist Verlass und ich hatte schon Angst wir müssten bis ans Ende unserer Tage hier herumirren.“ Alessa schwebte sofort wieder neben ihr und sah ein Licht am Ende ihrer Reise. Auch wenn sie es merkwürdig fand, dass ihre Botschafterin sich so zurückhaltend verhielt. Aleyandra schien mit ihrem Auftrag nicht glücklich zu sein und das war Alessa auch nicht. Aber letztendlich war es nicht ihre Aufgabe die Taten ihrer Herrin zu beurteilen, sondern sie zu unterstützten und ihr beizustehen, egal wie sie sich letztendlich entschied. „Wo ist sie?“
„Sie und ihr Eidolon verfolgen uns. Ich glaube sie wissen bereits, dass ich wegen ihnen hier bin. Am Anfang haben sie uns nur aus dem Dickicht heraus beobachtet und hielten uns vermutlich für gewöhnliche Reisende, aber etwas hat sie aufgeschreckt und seitdem verfolgen sie jeden unserer Schritte. Vermutlich war es leicht für sie unsere Gespräche zu belauschen. Mich überrascht nur, dass sie uns nicht mitten in der Nacht überfallen haben.“
„Sollen wir sie angreifen?“ tuschelte Alessa mit geheimnistuerischer Stimme, die ihre Verfolger sicher erst recht misstrauisch werden ließ. Aleyandra hatte ihrem Eidolon aus gutem Grund nichts davon berichtet. Das Einhorn verhielt sich zu auffällig und gab keine gute Schauspielerin oder Lügnerin ab.
„Sie werden früh genug zu uns kommen.“ Aleyandra ließ die Waffen wieder fallen und seufzte schicksalsergeben. Damit war ihr kleines Spielchen wohl leider vorbei. Die letzten Tage hatte sie versucht mithilfe ihres magischen Spürsinns mehr über diese Yuki Akashi herauszufinden. Hatte versucht die Dunkelheit und Bosheit zu spüren, von der Silberblatt ihr berichtet hatte, aber bisher ohne Erfolg. Das Mädchen schien gut darin zu sein ihr wahres Ich zu verbergen. Aber es half nichts diesen Gedanken weiter nachzuhängen, bald würden sie sich sowieso gegenüberstehen. Vermutlich lauschten sie auch in diesem Moment und wussten, dass sie aufgeflogen waren. Wenn sie flohen, würde Aleyandra sie verfolgen, aber mit etwas Glück gaben sie das Versteckspiel jetzt endlich auf. „Erinnerst du dich an diesen furchtbaren Inquisitor, der mich in Navea belästigen wollte? Ich glaube sein Name war Salvatore Doni. Dieser Verrückte wollte mich tatsächlich zu einem Abendessen mit ihm und seinen unheimlichen Puppen einladen. Durchgeknallt.“
„Ist das jetzt wichtig?“
„Ja, ich habe keine Lust mir darüber Gedanken zu machen wie sie uns angreifen. Sollen sie machen was sie wollen, ich brauche eine Pause.“ In Wahrheit war sie angespannt und jederzeit bereit sich gegen einen überraschenden Angriff zu wehren. Vielleicht konnte sie ihre Verfolger unvorsichtig werden lassen, wenn sie so tat als wäre sie selber abgelenkt. Wirklich Lust sich in die Büsche zu schlagen und dort nach dem Mädchen zu suchen hatte sie nicht, also wartete sie lieber. „Was Naruz wohl die ganze Zeit macht? Ich hoffe der Erzbischof hat ihm einen leichten Auftrag zugeteilt. Er war noch immer etwas schwach und hatte sich gerade erst von seinem Duell gegen den Puppenspinner erholt. Glaubst du eigentlich er hat meinetwegen gegen Salvatore gekämpft? Ein Duell um mein Herz, wie romantisch.“
„Ich glaube für so etwas ist Naruz nicht der Typ.“ wischte Alessa den träumerischen Ausdruck aus Aleyandras Gesicht. Sie war im Moment zu ängstlich um Rücksicht auf die Gefühle des Mädchens zu nehmen und plapperte einfach wild drauf los. „Er war wohl nur genervt von dem Typen und wollte ihm eine Lektion zu erteilen, vielleicht ging es auch darum wer der bessere Inquisitor ist. Mit den ganzen Templern und Soldaten die dich zum Essen eingeladen haben hat er sich ja auch nicht geprügelt, also...“
„Sei still.“ zischte Aleyandra plötzlich und drehte sich hektisch um.
„Hey, ich habe das Recht meine Meinung zu sagen und ich finde, dass du ruhig mal etwas netter sein könntest. Immerhin sitzen wir gemeinsam in diesem stinkenden Dschungel fest und...“
„Sie zeigen sich uns endlich.“ Aleyandra deutete in die Richtung aus der sie gekommen waren und zwischen den Bäumen tauchte ein gewaltiger, grauer Wolf auf. Er war größer als ein Pferd und alleine seine pure Masse ließ Aleyandra kurz zurückweichen. Doch sie fing sich wieder und schluckte ihre aufkeimende Angst herunter. Dann war er halt groß, immerhin gab er damit ein besseres Ziel ab und war leichter zu treffen. „Wo ist deine Herrin, Wolf? Ich bin im Auftrag unserer Göttin hier, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Es ist Gaias Wille, dass du sie an mich auslieferst.“
„Und wie kommst du darauf, dass ich sie jemandem wie dir überlasse?“ knurrte Fenris, während er immer näher kam. Seine Stimme überrollte sie wie Donner und ließ sie erstarren. Alleine die Aura des Eidolons, ließ Aleyandra langsam an ihrem Sieg zweifeln. Wie sollte sie so einen Gegner überwinden? Er war zwar nicht so stark wie Silberblatt, aber für sie würde es ohne Probleme ausreichen. „Du stinkst nach Tod, Mädchen. Nach Tod und Verderben. Seit wann schickt die Kirche Dämonen, um die Arbeit von Heiligen zu erledigen?“
„Ich...ich bin kein Dämon.“
„Was auch immer du bist, lass uns in Ruhe. Du und dein Eidolon sind nicht mächtig genug, um es mit mir aufzunehmen und es ist mir verboten euer Blut zu vergießen und euer Fleisch zu verschlingen, also verschwinde. Krieche zurück zu deinen Herren nach Navea und verlasse diesen Wald.“
„Ich brauche deine Hilfe nicht um das Mädchen zu finden. Ich weiß auch so, dass sie in der Nähe ist und werde sie aufspüren nachdem ich dich besiegt habe.“ erwiderte Aleyandra mit fester Stimme und zog mit einer fließenden Bewegung ihre beiden Pistolen. Gerade als sie abdrücken wollte um ihre geballte Magie gegen das Eidolon zu schleudern, war es verschwunden. Verwirrt drehte Aleyandra sich auf der Lichtung im Kreis, aber konnte keine Spur von dem Wolf entdecken, bis sie hinter sich ein wütendes Knurren hörte. Hastig warf sie sich zur Seite, aber sie unterschätzte die Geschwindigkeit des Wolfes und er riss sie einfach mit sich. Mit dem Kopf voran krachte er gegen ihren Brustkorb und sie wurde gegen einen Baum geschleudert. Sie konnte spüren wie ihre Knochen unter dem Druck barsten und hatte Mühe wieder auf die Beine zu kommen. Kaum war es ihr gelungen, fegte Fenris sie mit einer seiner Pranken davon. Eine Weile prügelte er sie über die ganze Lichtung, bis er endlich von ihr abließ und sich gemütlich ein Stück entfernte. Er hatte kein einziges mal seine todbringenden Fangzähne eingesetzt, oder ihr tödliche Verletzungen zugefügt. Er wusste, dass sie als Botschafterin Gaias zäher war als gewöhnliche Menschen und auch wo ihre Grenzen lagen. Aleyandra blieb im Zentrum der Lichtung liegen, jeder einzelne Knochen in ihrem Körper schmerzte. Ihr Eidolon ließ sich besorgt neben ihr nieder und berührte sie sanft mit dem scharfen Horn an der Schläfe. Das Einhorn war vielleicht nicht wirklich nützlich im Kampf, aber auf Heilmagie verstand es sich. Als Alessas wohltuende Magie sie einhüllte, begann Aleyandra wieder etwas anderes als pulsierende Schmerzen zu spüren und richtete sich langsam ein Stück auf. Fenris hockte am anderen Ende der Lichtung und knurrte sie zähnefletschend an. Man konnte ihm ansehen, dass er sie am liebsten in Stücke gerissen hätte, aber jemand hielt ihn davon ab. Ein Mädchen mit blonden Haaren und seltsamer Kleidung stand neben ihm und legte dem Wolf beruhigend ihren Kopf auf die Schulter. Sie trug eine Art Schlafanzug und Aleyandra glaubte sich daran zu erinnern, dass die Flucht vom Anwesen ihrer Familie mitten in der Nacht stattgefunden hatte.

Bild

„Ruhig, Fenris. Es ist alles gut, sie kann mir nichts mehr tun.“ sanft strich das Mädchen ihrem Eidolon durch das dichte Fell und lehnte sich an ihn, vergrub ihr Gesicht in seinem Fell. Sofort hörte er auf die Zähne zu fletschen und zu knurren. Ruhig ließ er sich neben ihr im Gras nieder und legte den Kopf auf seine Pfoten. Seine stechend gelben Augen ließen Aleyandra jedoch keinen Augenblick aus den Augen und er war noch immer bereit jederzeit aufzuspringen um seine Herrin zu verteidigen. Der kurze Kampf hatte ihm nicht viel abverlangt. „Wir lassen sie gehen. Ich will nicht, dass du jemandem etwas antust, das weißt du. Verschwinden wir einfach.“
„W-warte...bleib hier...“ erklang es leise von Aleyandra, die vergeblich versuchte sich aufzurichten.
„Es tut mir leid, dass er dich verletzt hat. Ich würde mich um deine Wunden kümmern, aber dein Eidolon scheint alles im Griff zu haben.“ Yuki nickte in Richtung Alessa, die um Aleyandra herum sprang und sie heilte. Der Wolf stand langsam wieder auf und sie kraulte ihm mit einem zufriedenen Lächeln hinter den Ohren, bevor sie sich wieder der benommenen Aleyandra zuwandte. „Bitte folg uns nicht und kehre um. Bitte. Es ist besser für dich.“ Damit schwang sich das blonde Mädchen auf den Rücken des Wolfes und sie verschwanden zurück in den Wald. Der ganze Angriff war nichts weiter gewesen als eine Warnung. Eine Warnung, die Aleyandra plante zu ignorieren. Sobald Alessa sich um ihre Verletzungen gekümmert hatte, würde sie diesmal angreifen und sich nicht überrumpeln lassen.



„Du bist zu spät. Ich habe dich schon vor zehn Minuten erwartet.“ schleuderte ihm Silberblatt unwirsch zur Begrüßung entgegen, während Naruz sich auf einem Stuhl vor dem überladenen Schreibtisch des Großmeisters niederließ. Sie befanden sich in Silberblatts Arbeitszimmer und Naruz hatte keine Ahnung warum er unbedingt hier sein musste. Wenn es nach ihm ginge, hätte er auf Silberblatts Anblick auch verzichten können.
„Tatsächlich? Was für ein furchtbares Verbrechen von mir.“ murmelte Naruz und hatte jetzt schon keine Lust mehr sich mit ihm zu unterhalten. Das Gespräch fing schon einmal gut an und steuerte bereits geradewegs auf ein Duell zu. Erst vor fünf Minuten, war ein Bote in der Villa der Bladelli eingetroffen und hatte Naruz zu dem Großmeister befohlen. In diesem Augenblick wünschte er sich kurz selbst ein Großmeister zu sein, damit er Silberblatt ignorieren konnte. Aber stattdessen hatte sich Naruz so schnell er konnte auf den Weg gemacht und zwar nur um eine einzige Frage zu stellen: „Ist etwas mit Aleyandra passiert?“
„Nein und deswegen bist du nicht hier.“ Silberblatt musterte ihn belustigt und teilweise auch prüfend, bevor er mit einem leisen Lachen fortfuhr „Du dachtest also es geht um Aleyandra? Und trotzdem kommst du zu spät, sie muss dir ja wirklich unheimlich viel bedeuten.“
„Mehr als Euch mit Sicherheit. Immerhin bilde ich sie nicht zu einer gewissenlosen Mörderin aus und bedrohe sie.“ entgegnete Naruz spitz, woraufhin der Großmeister kurz das Gesicht verzog. Wenn er gewusst hätte, dass es nicht um Aleyandra ging, sondern er nur hier war um sich mal wieder von Silberblatt beleidigen zu lassen, hätte er sich ein paar Wochen Zeit gelassen, um auf die Einladung zu reagieren. „Also geht es ihr gut. Das ist alles was ich wissen wollte. Kann ich jetzt wieder gehen?“
„Nein.“ antwortete Silberblatt trocken und kramte auf seinem Schreibtisch umher bis er ein paar Akten fand und zumindest so tat als würde er sie interessiert lesen. „Sei froh, dass ich keine öffentliche Anhörung angesetzt habe, sondern mich privat mit dir über dieses Thema unterhalte.“
„Welches Thema? Was habe ich diesmal wieder angestellt? Oder sagen wir, angeblich angestellt“ gelassen lehnte Naruz sich zurück. Er wusste schon was jetzt folgen würde. Silberblatt gab ihm für alles was in Navea passierte die Schuld. Selbst als Salvatore durch seine eigene Dummheit einen Dämon befreite, hatte der Großmeister nicht den Doni vorgeladen, sondern Naruz, der mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun gehabt hatte. Silberblatt hatte ihn sogar nach seinem Duell mit dem anderen Inquisitor am Krankenbett besucht und verhört.
„Der letzte Auftrag von dir und Team Mantikor. Ich habe die Berichte gelesen und es gibt einige Dinge die mich...beunruhigen, um es harmlos zu formulieren.“
„Mit dem Auftrag war alles in Ordnung. Der Erzbischof persönlich hat sich meinen Bericht und den von Aynaeth Vaas angehört. Es gab keine Probleme, abgesehen davon, dass die beiden Alfar entkommen konnten.“
„Vielleicht aus deiner eingeschränkten Sichtweise. Kommen wir zum ersten Punkt, Inquisitor.“ plötzlich umspielte ein Lächeln Silberblatts Lippen. Es war nicht leicht etwas gegen Team Mantikor zu finden, aber er wollte es wenigstens versuchen. Die Bladelli gehörten nicht zu seinen Lieblingsfamilien und die Beziehung zwischen Naruz und seinem Schützling missfiel ihm noch mehr als Paolo Bladelli´s seltsame Ansichten. Anya´s Großvater hätte die Kinder Gaias am liebsten sofort aufgelöst und Silberblatt seines Ranges enthoben, was es dem Großmeister nicht leichter machte Anyas Aufstieg mit anzusehen. Er hatte sie Naruz Team zugeteilt, weil er hoffte, dass der unerfahrene und unbegabte Botschafter Gaias sie beim ersten Auftrag in den Tod führen würde. Ein Plan, der leider nicht ganz aufgegangen war. Naruz stellte sich als überraschend widerstandsfähig heraus, wie eine Kakerlake, oder Ratten. „Ermordung eines hoch angesehenen und geschätzten Adeligen und Unterstützer der Kirche.“
„Was? Wen sollen wir denn ermordet haben? Ich dachte für kaltblütige Morde sind eher die Kinder Gaias zuständig.“
„Normalerweise, ja. Aber wir gehen nicht so stümperhaft vor uns noch so lange am Tatort aufzuhalten und vor aller Augen Beweise zu verwischen und zu fälschen. So dreist sind nicht einmal wir.“
„Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?“
„Worauf ich hinaus will? Ist das nicht offensichtlich, Inquisitor? Auf den Tod von Tougou Akashi. Ein hochrangiges Mitglied unserer Gesellschaft wurde in seinem eigenen Haus ermordet, während deine Leute dort herumschlichen. Sie waren sogar die ersten, die seine Leiche fanden. Bereits einige Tage tot, angeblich. Es existieren sicher Zauber um den Verwesungsprozess zu beschleunigen, man kann den Todeszeitpunkt also nicht eindeutig bestimmen. Er könnte auch erst einige Minuten tot gewesen sein. Vielleicht starb er auch während einer Befragung durch die Inquisition?“
„Das soll ein schlechter Scherz sein, oder? Es war unser Auftrag in die Villa des Akashi einzudringen und genau das haben wir getan. Nicht mehr und nicht weniger.“
„Nein, von Einbruch in sein Anwesen und Folterung des Verdächtigen, war niemals die Rede. Es war nur euer Auftrag herauszufinden, ob Tougou Akashi Kontakte zu Alfarspionen unterhält und mit der Yggdrasil Republik in Verbindung steht oder nicht.“
„Und genau das haben wir getan! Wir haben den Akashi nicht angerührt, keiner aus meinem Team hat das. Sind die Alfar die in seiner Villa herumschlichen nicht Beweis genug für seine Schuld? Die Spitzohren waren überall.“
„Die Alfar, die ihn umgebracht haben. Warum sollten sie einen ihrer eigenen Leute ermorden? Ergibt das Sinn für dich, Inquisitor?“
„Seine Tarnung war dabei aufzufliegen. Hätten wir ihn vor den Alfar in die Finger bekommen, hätte er ihre Pläne verraten können und das Risiko wollten sie nicht eingehen. Sie haben nur Ballast beseitigt und ihn aus dem Weg geräumt als er zu einer Gefahr wurde.“
„Falls er ein Spion der Alfar war und falls er Verrat an der Kirche beging.“ Silberblatts Augen durchbohrten ihn und den meisten, die er verhörte, konnte er alleine mit seinem eiskalten Blick schon Angst einjagen, aber Naruz ließ sich davon nicht weiter beeindrucken. Er würde sich nicht irgendetwas anhängen lassen was er niemals getan hatte. „Ich kannte Tougou Akashi seit Jahren und weiß, dass er die Alfar gehasst hat. Niemals würde er gemeinsame Sache mit diesem Abschaum machen. Aber die Wahrheit stört Team Mantikor nicht weiter, Hauptsache ihr könnt euch damit brüsten einen angeblichen Verräter entlarvt zu haben, damit man euch einen glänzenden Orden an die Brust hängt.“
„Er war nicht nur ein angeblicher Verräter, sondern ganz einfach ein Verräter.“ erwiderte Naruz sofort, fest überzeugt von seinen Worten. Wie lange musste er diese Farce eigentlich über sich ergehen lassen, bis der Großmeister zufrieden war und ihn gehen ließ? „Wir haben später bei einer gründlichen Durchsuchung der Villa Hinweise darauf gefunden, dass Tougou Akashi Kontakte zu Alfar in der Yggdrasil Republik unterhielt. Er hat ihnen geholfen ihre Angriffe auf unsere Vorposten und Handelsflotten zu koordinieren und geheime Informationen an sie weitergeleitet. Selbst der Erzbischof ist von diesen Beweisen überzeugt.“
„Beweise, die erst nach seiner Ermordung gefunden wurden, nachdem dein Team bereits in der Villa war und natürlich ist es rein zufällig auch dein Team, dass diese Beweise dann findet. Ich nehme an, es ist leicht Dinge zu finden, wenn man sie selbst versteckt hat.“
„Das ist lächerlich!“ Naruz war aufgesprungen, als es ihm zu viel wurde. Was wollte der Großmeister ihm denn noch alles anhängen? „Mein Team hat seinen Auftrag gewissenhaft und ohne Tricks erledigt. Wir haben nichts falsches getan. Die Beweise waren schon immer da und ich lasse nicht zu, dass Ihr Team Mantikor beschuldigt.“
„Und was willst du tun, wenn ich mit meinen Anschuldigungen fortfahre? Willst du dich gegen einen Großmeister stellen?“ langsam schlich sich ein bedrohlicher Unterton in Silberblatts Stimme und Naruz konnte spüren, wie sein Gegenüber sich anspannte. Der Großmeister war eindeutig auf Ärger aus und er hatte keine Ahnung warum. War es simple Abneigung gegenüber den Bladelli und Team Mantikor? „Ich weiß, die Bladelli und der Erzbischof halten viel von dir, aber ein Angriff auf einen Großmeister der Kirche, könnten selbst sie dich nicht beschützen. Also setz dich wieder hin, wir sind noch nicht fertig.“
„Was ist eigentlich mit Salvatore Doni und den Inquisitoren der anderen Teams, die Leute dort im Einsatz hatten?“ murmelte Naruz genervt als er sich wieder gesetzt hatte „Werden sie auch befragt?“
„Inquisitor Doni und die anderen Teamleiter, sind ehrbare und angesehene Bürger Naveas. Sie entstammen alten und ehrenhaften Familien, die seit Jahrhunderten treu der Kirche dienen. Und auf der anderen Seite haben wir dich. Einen dahergelaufenen Botschafter Gaias von unbekannter Herkunft, der behauptet der Kirche dienen zu wollen, obwohl er letztendlich zufälligerweise mehr Schaden als Nutzen anrichtet.“
„Oh gut, jetzt bin ich nicht nur ein Mörder sondern auch noch ein Verräter. Gibt es dafür zufällig irgendwelche Beweise?“
„Es ist schwer Verräter zu entlarven, aber wenn angeblich selbst Tougou Akashi ein Verräter sein kann, warum dann nicht auch unbekannte Emporkömmlinge mit zweifelhafter Vergangenheit?“
„Muss ich mir das noch sehr viel länger anhören, oder kann ich endlich gehen?“
„Nein, kannst du nicht. Weiterhin, wird dir und den Mitgliedern deines Teams vorgeworfen die Wachen der Akashi innerhalb der Villa abgelenkt zu haben, wodurch die Alfar unbemerkt eindringen und dutzende von ihnen töten konnten.“
„Victoria und Nikodemus wurden nicht entdeckt und der Rest von uns hat sich bedeckt gehalten. Das einzige was die Wachen ablenkte, war die viel zu auffällige Anwesenheit von so vielen Mitgliedern der anderen Inquisitorenteams. Wieso wurde nicht besser abgesprochen wer diesen Auftrag übernehmen sollte?“
„Der einzige, der sich von den anderen hat ablenken lassen, warst anscheinend du. Mir liegen keine Berichte von den überlebenden Wachen vor, dass die anderen Teams ein Problem darstellten.“ um ehrlich zu sein, lagen ihm auch keine Berichte über eine Ablenkung seitens Team Mantikor vor, aber das ignorierte Silberblatt geflissentlich „Was glaubst du, warum die Alfar die Mitglieder aus den anderen Teams umgebracht haben und dich und deine Leute nicht?“
„Nun, Ihr werdet vermutlich behauptet, dass wir ihre Komplizen waren und sie uns deshalb verschonten. Aber vielleicht waren wir auch einfach nur besser als die anderen Teams?“
„Vielleicht, aber vielleicht waren die anderen auch im Gegensatz zu euch immerhin gut genug die Alfar zu entdecken und versuchten sie aufzuhalten. Immerhin starben sie im Kampf gegen die Feinde Gaias, anstatt sich von einer Hexe aus Vo Astur retten zu lassen, während sie sich feige hinter ihrem Rücken versteckten und sich mit dem Buffet befassten.“
„Niemand hat sich versteckt. Wir haben unser bestes getan, um gegen die Alfar zu kämpfen, aber sie waren mächtige Magier und ohne Aynaeth´s Hilfe, hätten wir nicht gewinnen können. Was ist falsch daran sich von ihr helfen zu lassen? Ihr selbst verbringt sehr viel Zeit mit ihr und das obwohl sie doch nur eine Hexe ist, richtig Großmeister?“
„Das tue ich. Es ist schwer in dieser Stadt jemanden zu finden, der einem ebenbürtig ist und mit dem man sich unterhalten kann. Vielleicht langweilt es mich auch nur, die meiste Zeit von untalentierten Versagern umgeben zu sein.“ Silberblatts Augen verengten sich zu Schlitzen „Aber ich würde sie niemals meine Schlachten schlagen lassen, die Schlachten der Kirche. Greift Team Mantikor häufiger auf die Unterstützung von Ketzern zurück?“
„Es reicht. Diese ganze Unterhaltung ist lächerlich.“ begehrte Naruz auf, als es ihm endgültig zu bunt wurde. Team Mantikor bestand also Silberblatts Meinung nach aus Mördern, Verrätern, Ketzern und Vollidioten. Allerdings besaß er für nichts davon den geringsten Beweis...was hauptsächlich daran lag, dass keine Beweise existierten. „Warum führen wir dieses Gespräch überhaupt? Mein Team hat sich nichts zu Schulden kommen lassen und ich auch nicht. Also warum bin ich hier?“
„Das hat einen ganz einfachen Grund. Aleyandra. Ich will dass du meine Schülerin ab sofort in Ruhe lässt. Du lenkst sie von ihrer Ausbildung und ihrem vorgeschriebenen Pfad im Dienste der Kirche ab. Halte dich von ihr fern und belästige sie nicht weiter. Sie wird niemals ein wahres Kind Gaias, solange sie sich in deiner Nähe aufhält und von dir und deinen Bladellifreunden hört, wie schlecht der Einfluss meiner Einheit angeblich ist.“
„Das ist auch gut so nach allem was ich bisher über die Kinder Gaias weiß.“ entgegnete Naruz zischend. Es fiel ihm immer schwerer sich zurückzuhalten und nicht seine Schwerter zu ziehen. Silberblatt wollte vermutlich genau das erreichen, denn in einem Punkt hatte dieser aufgeblasene Idiot leider recht, ein Angriff auf einen Großmeister würde man als Verrat ansehen und Naruz würde es nicht überleben. Aber selbst wenn Silberblatt ihren kleinen Kampf für sich behielt, wusste Naruz nicht, ob er diesen Raum lebend verlassen könnte. Es fiel ihm schwer einzuschätzen wie stark sein Gegenüber wirklich war. Stimmte es, dass Silberblatt so mächtig war wie Aynaeth, oder wollte er nur angeben? „Ich habe nicht vor Aleyandra zu verlassen, nur weil mir ansonsten ein gelangweilter Großmeister im Nacken sitzt, der mit seiner Zeit nichts besseres anzufangen weiß. Ich liebe sie.“
„Ja, natürlich tust du das. Zumindest bis sie dich wieder langweilt und du eine andere gefunden hast schätze ich. Aleyandra weiß nur zu gut, dass Treue nicht deine größte Stärke ist. Sie wird früh genug erkennen, dass sie ohne dich besser aufgehoben ist. Spätestens wenn sie dich erneut mit irgendeiner Frau im Bett findet, was nicht allzu lange dauern kann.“
„Was...?“ zum ersten Mal seit Beginn dieser nervtötenden Unterhaltung wusste Naruz nicht wirklich was er antworten sollte. Wovon redete der Großmeister jetzt schon wieder? Er hatte Aleyandra nie betrogen seit sie zusammen waren. Es sei denn wir sind ihrer Meinung nach schon seit Helonia ein Paar, schoss es ihm kurz durch den Kopf, bevor der Großmeister weitersprach.
„Bis dahin, werden wir uns ab jetzt nach jedem deiner Aufträge hier treffen und uns ein wenig darüber unterhalten, was alles schief gegangen ist und schief gehen wird einiges, da bin ich mir sicher.“ Silberblatt lächelte den verdutzten Naruz an. Aleyandra hatte ihm von der Sache mit Alesia erzählt, es dauerte zwar immer etwas, aber letztendlich vertraute sie ihm alles an, naja, fast alles „Wenn du auch nur einen einzigen Fehler machst, werde ich zur Stelle sein. Ein falscher Schritt und...“
„Mir ist langweilig.“ unterbrach ihn plötzlich eine leise, weibliche Stimme, als die Tür aufging und Aynaeth langsam in einer roten Robe eintrat. Naruz war nicht nur überrascht sie hier zu sehen, sondern auch, dass es ihr gelungen war den Weg zu finden. Vielleicht war sie doch nicht ganz so hilflos wie sie gerne tat, man musste ihr nur den richtigen Anreiz bieten und schon konnte ihr Orientierungssinn erstaunlich gut sein.
„A-aynaeth.“ Silberblatts überhebliches Gehabe verschwand auf der Stelle und er blinzelte verwirrt. Die Hexe hatte ihn völlig aus dem Konzept gebracht, wie Naruz lächelnd bemerkte. „Was machst du hier?“
„Teregion, was soll das? Ich warte auf dich. Du wolltest mit mir in diese neue Konditorei gehen. Das hast du versprochen. Grimm ist auch schon ganz aufgeregt.“ Aynaeth packte eine klauenbewehrte Pranke von Grimm und winkte ihnen damit zu, als wäre der Drache nichts weiter als ein niedlicher Welpe. Ein niedlicher und vor allem ziemlich genervter Welpe. „Und ich habe Hunger...“
„Ich bin hier gleich fertig, dann machen wir uns auf den Weg.“
„Ich warte...aber nicht mehr lange.“ sie drückte Grimm fester an sich, zur Bekämpfung ihrer Ungeduld und ging zurück zur Tür, um einen völlig aufgelösten Silberblatt zurückzulassen. „Oh, und hör bitte auf Naruz zu ärgern, er hat mir eine Bibliothek geschenkt.“ Kaum war sie verschwunden, fuhr Silberblatt in seinem üblichen überheblichen Tonfall fort, auch wenn er jetzt etwas gehetzter wirkte und schneller sprach.
„Das wäre fürs erste alles, Inquisitor. Ich werde einen Bericht an die Großmeister schreiben, die für die Überwachung der Inqusitorenteams zuständig sind und mich mit dem Erzbischof beraten, was die Verfehlungen von Team Mantikor betrifft.“ damit ignorierte der Großmeister ihn und begann irgendwas zu schreiben. Mit einer herrischen Geste tat er so als würde er Naruz davon jagen wie eine lästige Fliege. „Du kannst gehen.“
„Tun Sie, was Sie nicht lassen können.“ murmelte Naruz und war im Moment zu erleichtert darüber endlich verschwinden zu können um noch lange zu diskutieren. Dieser Irre ging ihm langsam gewaltig auf den Geist und es gefiel ihm immer weniger, dass jemand wie er Aleyandra ausbildete.



Bild

Aleyandra ging unruhig auf und ab. Sie stand an Rand eines Sees inmitten des Dschungels und verzweifelte gerade. Sie konnte Yuki Akashi eindeutig spüren, aber der Weg dahin erwies sich als schwieriger als erwartet. Direkt vor Aleyandra, erhob sich ein Berg und in die Felswand waren hinter einem kleinen Wasserfall zwei gewaltige, schwarze Torflügel eingelassen, an denen sie sich die Zähne ausbiss. So sehr sie das Tor auch genervt anstarrte, es gab keinen Schritt breit nach und ließ sich nicht öffnen. Yuki musste sich dahinter befinden, das konnte sie spüren. Vielleicht sollte sie zurück zu Alessa und ihr Eidolon um Rat bitten. Das Einhorn befand sich bei ihrem ganzen Gepäck und ruhte sich aus. Alessa hatte all ihre Kraft verbraucht um Aleyandra wieder auf die Beine zu bringen und mit neuer Energie zu versorgen. Im kommenden Kampf wäre sie in diesem Zustand nur im Weg. Trotzdem schmerzte jeder Meter den sie sich von ihrem Eidolon entfernte. Die Seelenverbindung ließ nicht zu dass man sie trennte, doch im Moment war es nötig und insgeheim war Aleyandra froh darüber dass niemand zusehen würde wie sie das Mädchen umbrachte. Das letzte was sie gebrauchen konnte war Publikum, selbst wenn es nur Alessa war.
Eine andere Möglichkeit bestünde darin sich den Berg einmal von Oben anzusehen. Vielleicht half ihr ein anderer Blickwinkel, aber sie wollte ihre Magie nur im Notfall verschwenden. Das Tor musste zu einer Art Tempel Gaias führen, zumindest so viel hatte sie den Runen im Stein entnehmen können. Sie war noch immer nicht viel weiter gekommen, als sie hörte, wie sich hinter ihr schwere, schuppenbesetzte Leibe über das steinige Ufer schoben. Aus dem Wasser waren zwei Sarpa aufgetaucht und hielten jetzt direkt auf Aleyandra zu. Sie wirkten wie monsterhafte Versionen der Meerjungfrauen, über die die Seeleute in Helonia so gerne Märchen erzählt hatten. Wirklich Angst konnten ihr die Fischweiber aber nicht einjagen. Die Sarpa waren nicht für ihre außergewöhnliche Kampfkraft oder Schnelligkeit bekannt, vor allem nicht an Land.

Bild

„Was haben wir da, Schwester?“ begann die eine Sarpa zischend und schlängelte langsam auf die unbeeindruckte Aleyandra zu.
„Ein Menschlein und schon das Zweite in so kurzer Zeit.“ zischelte die andere aufgeregt zurück. Danach begannen die beiden sich immer mit Sprechen abzuwechseln, was Aleyandra schon nach kurzer Zeit auf die Nerven ging.
„Aber das erste war dünner.“
„Wenig Fleisch, für viel zu viel Arbeit.“
„Sie sieht auch nicht besonders schmackhaft aus.“
„Verirren sich keine schön runden und fetten Menschen mehr hierher?“
„Sie reicht kaum damit eine von uns ihren Hunger stillen kann.“
„Dann sollten wir sie vielleicht gar nicht erst teilen.“
„Doch, wir teilen sie. Jeder kriegt wenigstens einen kleinen Bissen.“
„Schön, teilen wir sie. Aber beschwere dich nicht wenn keiner von uns satt wird..“
„Ich suche eine Botschafterin Gaias und ihr Eidolon namens Fenris.“ versuchte Aleyandra Informationen aus den Schlangenköpfen rauszukriegen. Sie lebten immerhin in diesem See und es hieß Sarpa halfen ihren Opfern gerne und unterhielten sich ausgiebig mit ihnen...bevor sie die ahnungslosen Narren mitten im Gespräch fraßen.
„Fenris?“
„Der große Wolf.“
„Der Götterverschlinger.“
„Der Bruder des Tigers.“
„Der Sohn des Lichts.“
„Der Sohn der Dunkelheit.“
„Der Vertraute der Dämmerung.“
„Der König des Winters.“
„Ja ja, was auch immer. Spart euch das für ahnungslose Wanderer auf, die sich von kryptischem Gerede beeindrucken lassen, ich habe keine Zeit für so was.“ das Gerede der beiden prallte wirkungslos von ihr ab. Sobald man anfing sich auf ein längeres Gespräch mit einer Sarpa einzulassen, wurden sie aggressiver und irgendwann fuhren sie ihre Giftzähne aus. Bis dahin wollte Aleyandra wieder weg sein. „Habt ihr ihn gesehen oder nicht?“
„Wir haben ihn gesehen.“
„Und jetzt sehen wir ihn nicht mehr.“
„Sieht sie ihn?“
„Wenn ja, ist sie verrückt.“
„Durchgeknallt.“
„Wahnsinnig.“
„Hat Halluzzinazzionen das arme Ding.“
„Vielleicht sollten wir sie von ihrem Leid erlösen?“
„Ein Leben in Wahnsinn muss schrecklich sein. Sie muss darum betteln erlöst zu werden.“
„Eine wahnsinnige Bettlerin, wir hatten schon edlere Mahlzeiten, aber hier draußen darf man nicht wählerisch sein.“
„Sehr witzig...“ murmelte Aleyandra gelangweilt „Ich weiß dass er sich hinter diesen Toren versteckt. Wisst ihr wie man sie öffnet?“
„Wissen wir.“
„Wir wissen viel.“
„Viel mehr als unser Essen jemals wissen kann.“
„Aber wir wissen eines nicht
„Aber unser Essen weiß es.“
„Was will die kleine Hexe von dem mächtigen grauen Jäger?“
„Ich bin keine Hexe.“ zum ersten mal hatten die Monster es geschafft sie etwas zu überraschen. Sie sah weit und breit keine Hexe.
„Aber sie trägt die Waffen.“
„Die Waffen, gefertigt aus Silber und Tod.“
„Die Waffen einer Hexe, einer mächtigen Hexe.“
„Die Schätze von Vo Astur.“
„Mächtiger als das geheimste Grimoire.“
„Geheimer als die verheerendsten Zauber der Alfar.“
„Verheerender als die unberechenbaren Stürme des Nordens.“
„Unberechenbarer als die Gunst der Götter.“
„Meint ihr meine Pistolen? Wisst ihr woher sie stammen und wem sie gehörten?“ damit ließ Aleyandra sich ungewollt letztendlich doch noch auf die Spielchen der Sarpa ein. Die uralten Wesen kannten viele Geheimnisse und irgendwann hing jeder an ihren Lippen.
„Alte Waffen, alt wie der Tempel des Mondes.“
„Alt wie der Mond selbst und tödlicher als ein Dämon.“
„Alt wie der Tod und genauso düster.“
„Alt wie die Dunkelheit und doch leuchtende Blitze aus gesponnenem Silber.“
„Alt wie das Licht und schneller als der Klang.“
„Alt ist auch der Klang ihrer Namen.“
„Alt und rein wie der Ton silberner Glocken.“
„Alt und mächtig wie die vergessenen Götter.“
„Alt und vergessen wie die Ruinen unter dem See.“
„Alt und verloren wie die erloschenen Sterne.“
„Könnt ihr nicht normal antworten? Ich habe euch eine einfache Frage gestellt. Woher stammen meine Pistolen?“ an Yuki Akashi verschwendete sie im Moment keinen Gedanken mehr. Sie hatte die Gelegenheit vielleicht etwas über ihre Vergangenheit zu erfahren, falls die Sarpa überhaupt etwas wussten und nicht nur Unsinn von sich gaben um sie einzuwickeln „Antwortet mir, oder ich gehe einfach.“
„Du wirst bleiben, kleine Hexe.“
„Wir lieben Hexen.“
„Das Blut von Vo Astur ist köstlich.“
„Es ist so prickelnd und rein.“
„Reiner als klares Quellwasser.“
„Klarer als die Strahlen des Mondes.“ Aleyandra wartete darauf, dass die andere Sarpa etwas sagte, aber stattdessen zuckten die langen Hälse der Monster ohne Vorwarnung vor, um nach ihr zu schnappen, doch kurz bevor die giftigen Fangzähne der Sarpa sie erreichten, hielten die Ungeheuer inne. Aleyandra blinzelte verwirrt, als sie keine Ahnung mehr hatte was vor sich ging und die beiden anfingen unter Schmerzensschreien von ihr weg zu kriechen. Die Sarpa pressten die Hände an ihre Köpfe und begannen schrill zu kreischen.
„Die Hexe verbrennt uns!“
„Die Hexe ist böse!“
„Die Hexe ist verflucht!“
„Die Hexe soll verschwinden!“
„Verlasse uns Verfluchte!“
„Verlasse unseren See Verfluchte!“
„Verlasse unseren Wald Verfluchte!“
„Verlasse unsere Welt Verfluchte!“
„Öffnet die Tore zu dem Berg für mich und ich verschwinde sofort.“ sagte Aleyandra leichthin und wusste selber nicht so genau warum, aber ihre spontane Eingebung schien richtig zu sein. Die Sarpa wussten tatsächlich wie man die Tore öffnete. Eine von ihnen schlängelte sich sofort in Richtung Tor und begann unter Schmerzen in einer eigenartigen Sprache zu zischen. Kaum war sie verstummt, schoben sich die Torflügel langsam auf und offenbarten gähnende Dunkelheit, die auf Aleyandra nicht wirklich einladend wirkte. Die Sarpa verschwanden wieder im See so schnell sie konnten, um von dem seltsamen Mädchen wegzukommen.
„Verrückte Schlangen, hoffentlich rottet die bald jemand aus.“ murmelte sie, noch immer verwirrt von der ungewöhnlichen Reaktion der Sarpa. Aber darüber konnte sie sich auch noch später Gedanken machen. Die beiden wussten nichts über ihre Pistolen, sondern hatten nur versucht sie mit Lügen abzulenken und dann zu fressen. „Also dann, gehen wir zu dem riesigen, mächtigen und blutrünstigen Wolf in die dunkle, finstere Höhle. Ich bin sicher da wird rein gar nichts schiefgehen.“

Bild
Bild

Die Höhle erwies sich letztendlich nur als kurzer Tunnel, der in ein kleines Tal führte, übersät mit den Ruinen einer zerstörten Tempelanlage. Vorsichtig folgte sie einer überwucherten und zugewachsenen Straße, bis sie zur ehemaligen Gebetshalle des Tempels kam. Eine offene, runde Fläche, umgeben von Marmorsäulen und eingestürzten Wänden. Im Zentrum der eingefallenen Halle leuchtete es noch immer in einem hellen Blau. Vor ewigen Zeiten, schwebte dort ein Imitat des Gaia Kristalls, allerdings ein kleineres, schwächeres als das in Navea. Nur wenig war von der Macht der Göttin an diesem Ort geblieben, aber es reichte, um die Monster fern zu halten. Nahe dem blauen Licht, lag Fenris und das blonde Mädchen hatte sich müde mit geschlossenen Augen an ihn gelehnt. Sobald sie Aleyandra bemerkten, sprang der gewaltige Wolf auf und zeigte ihr bedrohlich die langen Fangzähne, bis sie stehen blieb.
„Ich habe dich gebeten uns nicht zu verfolgen.“ Yuki Akashi erhob sich überrascht und war sofort an Fenris Seite, um ihm beruhigend durchs Fell zu streichen. „Ich dachte die kleine Kostprobe von Fenris Kraft hat als Warnung gereicht.“
„Es tut mir leid, aber ich werde meinen Auftrag erfüllen und die Mörderin an den Soldaten und Templern Gaias zur Strecke bringen.“ entgegnete Aleyandra mit fester, sicherer Stimme „Es ist meine Aufgabe, dich für deine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen und diesmal wird dein Eidolon mich nicht besiegen.“
„Mörderin?“ bei diesem Wort war das Mädchen kurz zusammengezuckt und blickte betreten zu Boden, während sich Tränen in ihren Augen sammelten. Dabei wollte sie gar nicht weinen. Es ging ihr gut solange sie mit Fenris alleine war, aber Aleyandra erinnerte sie wieder an alles. Zitternd sprach sie weiter. „Ich wollte nur in Frieden mit meiner Familie zusammen leben. Ich habe nie darum gebeten zu den Auserwählten Gaias zu gehören. Alles was ich wollte waren mein Zuhause, meine Freunde und meine Familie. Und dann, eines Nachts, kamen die Templer mit gezückten Schwertern in mein Zimmer. Sie wollten mich ermorden und das obwohl ich niemals jemandem etwas getan habe. Fenris hat nur versucht mich zu beschützen! Ich hatte zu viel Angst um ihn aufzuhalten, aber nicht vor ihm, sondern vor den Templern. Ich bin in der Nähe von Templern aufgewachsen. Meine Familie steht seit Ewigkeiten treu zur Kirche und ich wäre eine gute, aufrichtige Templerin geworden. Es war nicht gerecht mich wegen einem fehlerhaften Zauber hinrichten zu lassen!“
„Fehlerhaft? Die Überprüfung war eindeutig und richtig durchgeführt, sogar mehrmals und von verschiedenen Templern. Haben sie sich alle geirrt?“
„Die Überprüfung ist mir egal!“ rief Yuki und konnte es nicht vermeiden dabei kurz zu schluchzen. Sie wollte vor der Fremden nicht so schwach erscheinen, aber sie musste an ihre Familie denken und daran wie glücklich sie früher war. So war es immer wenn die Kirche ihr Mörder schickte. Sie erinnerten Yuki nur wieder an die Zeit vor ihrer Flucht, deswegen sollten sie endlich aufhören sie zu verfolgen. „Jemand muss einen Fehler gemacht haben, das ist die einzige Erklärung. Ich bin kein...ich kann kein Dämon sein. Ich würde niemals jemandem etwas antun. Selbst meine Verfolger haben Fenris und ich immer nur verjagt, du hast es selbst gesehen! Wir wollen niemanden töten, sondern nur unsere Ruhe.“
„I-im Namen der heiligen Kirche unserer Göttin, bin ich hier um deine unreine Seele zu vernichten. Weiteres Gerede ist sinnlos, du kannst mich nicht täuschen Dämon und deinem Schicksal auch nicht entgehen.“ mehr würde Aleyandra nicht zu der ganzen Sache sagen. Es war ihr Auftrag die Gefahr die von diesem Mädchen ausging zu beseitigen und nicht darüber nachzudenken oder ihre Befehle in Frage zu stellen. Trotzdem zögerte sie noch anzugreifen. Der sicherste Weg siegreich aus diesem Kampf hervorzugehen, war das Mädchen direkt zu attackieren und umzubringen, bevor der Wolf Aleyandra in Stücke riss. Sie würde aber vorerst versuchen es mit dem Eidolon aufzunehmen und im Laufe des Kampfes sehen, ob sich eine Gelegenheit ergab die Akashi lebendig einzufangen. Das war zwar nicht ihr Auftrag, aber Silberblatt würde damit zufrieden sein, mehr oder weniger. Es war immerhin besser als vollkommen zu versagen und mit Sicherheit besser als das Mädchen zu töten. Was danach aus ihr wurde sollte der Erzbischof entscheiden. Vielleicht konnte man die Überprüfung wiederholen und alles klärte sich tatsächlich noch auf. Aber darauf konnte sie sich nicht verlassen. Letztendlich war Fenris ein zu starkes Eidolon, um Yuki gegen ihren Willen bis nach Navea zu bringen.
„Wenn es keinen anderen Weg gibt, dann kämpfen wir.“ Yuki verbannte die Angst aus ihrer Stimme, während sie ein paar Schritte zurücktrat. Niemand konnte es mit ihrem Eidolon aufnehmen. Es würde sie beschützen. „Fenris wird dir Gelegenheit geben zu fliehen sobald er dich noch einmal besiegt hat und du am Boden liegst. Ich hoffe du nutzt diese Chance und hältst dich in Zukunft von uns fern.“ Kaum hatte sie ausgesprochen, als Fenris sich auch schon auf Aleyandra stürzte. Er wollte sie wieder nur davon stoßen, in dem Versuch sie nicht ernsthaft zu verletzen. Aleyandra wartete bis zum letzten Moment, katapultierte sich dann mithilfe ihrer Magie in die Luft und landete auf dem Rücken des Wolfes. Sofort richtete sie ihre Pistolen auf seinen Nacken und bündelte ihre Magie. Flammenfontänen schossen hervor und hüllten den Kopf des Wolfes ein. Die Flammen loderten immer höher, je mehr ihrer Magie sie in den Zauber lenkte und noch immer überschütteten die Pistolen das Eidolon mit magischen Feuer. Er hielt still und schien sich nicht groß darum zu kümmern. Erst als Aleyandra den Zauber abbrach und von ihm heruntersprang, kehrte wieder Leben in den Wolf zurück. Fenris schüttelte sich nur kurz und schon erlosch das magische Feuer, als hätte es niemals existiert. Er hätte ihren Zauber vermutlich auch schon vorher jederzeit abbrechen können, aber er wollte der lästigen, kleinen Angreiferin ein für alle mal beweisen wie unterlegen sie ihm war.
„Erkenne deine Grenzen, Mädchen, und verschwinde. Niemand kann es mit den Jägern von Tigerius Cäsar aufnehmen und du fängst an mich hungrig zu machen.“ der Wolf starrte sie gierig an, hielt sich aber zurück, auch wenn es ihm schwer fiel. Er war ein Raubtier. Ein freier, wilder Jäger und kein Schoßhündchen. Normalerweise würde er sich niemals von einem Menschen Befehle erteilen lassen. Im Laufe der Jahrtausende hatte er sich noch nie einen Botschafter Gaias ausgesucht. Die Eidolons von Tigerius entschieden selbst wem sie folgten. Erst als dieses freundliche, aufgeweckte und unglaublich mächtige Mädchen geboren wurde, entschloss Fenris sich ihr zu helfen. Ein anderes Eidolon, Bel Chandra, hatte mit ihrem dritten Auge den Tod von Yuki Akashi vorausgesehen und irgendetwas an ihm wollte das verhindern. Er mochte das Mädchen und genoss die Seelenverbindung zwischen ihnen. Niemals würde er zulassen, dass ihr jemand etwas antat. „Verschwinde endlich und komm wieder, wenn du in der Lage bist mit diesen einzigartigen Waffen auch umzugehen.“
„Oh, großartig. Noch ein Monster, dass mir einen Vortrag über meine Pistolen halten will.“ entgegnete Aleyandra säuerlich. Fenris stand noch immer nur ein paar Meter von ihr entfernt und betrachtete sie neugierig. Ihre Magie hatte keinen einzigen Kratzer hinterlassen, nicht einmal das Fell leicht angesengt. Erwartete er etwa, dass sie jetzt schon aufgab? Er war nicht so schnell wie sie anfangs gedacht hatte und mit etwas Glück könnte sie an ihm vorbei gelangen. Sie musste nur ein einziges mal schießen während der Wolf nicht zwischen ihr und ihrem Ziel stand, dann würde Yuki sterben und der Kampf war vorbei. Aber anstatt auf das Mädchen zu zielen, richtete sie ihre Pistolen erneut auf Fenris. Sie musste ihn besiegen, nur dann war es ihr möglich Yuki lebendig nach Navea zu bringen. Töten konnte sie ihn vermutlich nicht, aber vielleicht genug schwächen, damit er für eine Weile nicht in der Lage war feste Gestalt anzunehmen. An den Mündungen der Pistolen bündelte sich goldenes Licht. Selbst wenn er versuchte auszuweichen, diese Geschosse würden ihn verfolgen und einholen. Es war ihr mächtigster Zauber, auch wenn sie ihn noch nie an etwas anderem als einfachen Holzzielen ausprobieren konnte. Als sie abdrückte, schossen die beiden Lichtstrahlen auf den Wolf zu und fraßen sich durch ihn hindurch. Er rührte sich nicht von der Stelle. Selbst als die magischen Geschosse seinen Schädel durchbohrten und seine Augen zerfetzten.
Schwer atmend blieb Aleyandra stehen und stützte sich an der rissigen Tempelwand ab, ohne Alessa fehlte ihr viel von ihrer magischen Energie, es war keine gute Idee gewesen sie zurückzulassen. Im ersten Moment glaubte sie, dass ihr Zauber wenigstens diesmal etwas erreicht hatte. Der Kopf des Wolfes war ein blutiger, geschmolzener Klumpen, aber nicht für lange. Die Wunden des Eidolons heilten bereits und schlossen sich in wenigen Sekunden. Sein Schädel wurde wieder vollständig hergestellt und nach kurzer Zeit sah er aus wie zuvor, vollkommen unbeeindruckt von ihren Angriffen. Sie konnte kein Eidolon töten. Egal was sie versuchte, Fenris war zu stark, ein Wesen, dass nicht von einem Menschen vernichtet werden konnte. Sie bräuchte die Macht eines eigenen hochrangigen Eidolons, um ihn zumindest für eine Weile außer Gefecht zu setzen und die Macht eines Gottes, um ihn zu töten. Bevor sie sich irgendeinen anderen Zauber ausdenken konnte, mit dem sie vielleicht etwas mehr Erfolg haben könnte, beschloss Fenris ihr kleines Spielchen zu beenden und sprang wieder auf sie zu. Anfangs hatte sie sich noch halbwegs gut gehalten, aber jetzt wiederholte sich die Szene von der Lichtung fast eins zu eins. Sie spürte, dass sie ohne die Anwesenheit ihres Eidolons schwächer war, verwundbarer. Schon nach kurzer Zeit lag sie wieder zerschunden am Boden, den siegreichen Fenris neben sich.
„Du wurdest wieder geschlagen, es ist vorbei. Fenris kannst du nicht besiegen, niemand kann das.“ Yuki nickte ihrem Eidolon kurz zu und es zog sich sofort von Aleyandra zurück. Es wäre so leicht gewesen ihre Verfolgerin einfach umzubringen und damit ihre Spuren zu verwischen, aber der Tod der Templer und Soldaten während ihrer Flucht war schon zu viel gewesen. Seitdem wusste sie, wie sie Fenris kontrollieren konnte und er hatte niemandem mehr etwas getan. „Geh zurück nach Navea und berichte den Männern die mich tot sehen wollen von diesem Kampf. Sag ihnen, dass sie aufhören sollen mich zu jagen. Dass keiner ihrer Mörder es mit Fenris aufnehmen kann und auch, dass ich keine Gefahr darstelle. Ich...“ Sie würde alles dafür geben wieder in ihr altes Leben zurück zu gehen, alles, außer vielleicht ihr Eidolon. Ohne Fenris beruhigende Nähe hätte sie hier draußen den Verstand verloren. „Ich möchte nur zurück nach Hause. Zu meiner Familie. Meine Eltern machen sich sicher Sorgen um mich...aber...ich...weiß auch...dass es unmöglich ist zurückzugehen...“ Yuki wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und lächelte Fenris beruhigend zu, als er sie unsicher ansah. Er sah vielleicht furchterregend aus, aber war erstaunlich feinfühlig und erkannte immer wenn es ihr schlecht ging. Etwas sicherer fuhr sie fort. „Ich wollte ihnen niemals so viel Ärger machen. Als Fenris auftauchte, war ich überglücklich und mir ging es plötzlich so gut wie noch nie zuvor. Dafür lasse ich mich nicht ermorden. Sag denen die dich geschickt haben, dass ich weit weg gehe und sie mich niemals finden werden. Ich will nicht andauernd über die Schulter schauen, um nachzusehen, ob noch mehr Mörder hinter mir stehen. Fenris wird dir kurz deine Pistolen abnehmen und dann kümmere ich mich schnell um deine Wunden. Danach kannst du gehen.“
Aleyandra hörte kaum etwas von dem, was die Akashi ihr erzählte. In ihren Ohren erklang nur das alles übertönende Rauschen ihres Blutes. Sie sah wie die Akashi vorsichtig auf sie zuging. Dann legte sich langsam ein Schleier aus Blut vor ihre Augen und die wundervollen Gefühle vom Kampf gegen die Piraten fluteten wieder ihren Geist, als alle Dämme brachen. Langsam stand Aleyandra wieder auf und ihre Hände schlossen sich fester um die Griffe der Pistolen. Sofort war Fenris heran und sprang zwischen sie und seine Herrin, um sie zu beschützen.
„Es ist besser wenn du aufgibst und liegenbleibst. Wenn du weiterkämpfst, wird Fenris dich noch ernsthaft verletzen und dann...“ Yuki brach ab und stolperte erschrocken zurück, als Aleyandra den Kopf hob und sie aus strahlend hell leuchtenden roten Augen hasserfüllt anstarrte. Plötzlich stürmte Aleyandra mit überraschend hoher Geschwindigkeit auf sie zu. Fenris setzte sich sofort in Bewegung um sie abzufangen, aber ein beiläufig abgegebener Schuss aus den beiden Pistolen riss den Wolf spielend leicht von den Beinen und schleuderte ihn davon in eine zerbröckelnde Säule, die über ihm zusammenstürzte. Sie fühlte sich großartig. Der Schmerz ihrer Verletzungen war verschwunden und wurde von einem atemberaubendem Hochgefühl der Unbesiegbarkeit ersetzt. Im nächsten Augenblick stand sie direkt vor dem ängstlichen Mädchen und grinste sie überheblich an. Jetzt würde sie den Spieß umdrehen. Eine der schweren Waffe krachte in Yukis Gesicht und riss das Mädchen von den Beinen. Noch bevor sie auf dem Boden aufschlug, trat Aleyandra instinktiv mit aller Kraft nach ihr. Ihr Schuh bohrte sich schmerzhaft in die Seite der Akashi und die junge Auserwählte wurde herumgeschleudert. Sie flog davon, landete auf den Steinplatten und blieb letztendlich schwer atmend auf dem Rücken liegen. Benommen versuchte Yuki aufzustehen, aber Aleyandra ließ nicht von ihr ab. Kaum war es der Akashi gelungen aufzustehen, fuhren zwei Lichtstrahlen durch ihre Knie und rissen sie von den Beinen. Rauch stieg von ihren durchlöcherten Kniescheiben auf, während sie verzweifelt versuchte vorwärts zu kriechen. Ihr Eidolon hatte sich inzwischen von dem überraschend heftigen Angriff erholt und rannte auf sie zu. Aber bevor er ihr helfen konnte, kam Fenris knurrend zum Stillstand und begann sie vorsichtig zu umkreisen, um das Leben seiner Herrin nicht zu riskieren. Aleyandra stand neben der verletzten Akashi und beide Pistolen waren auf deren Kopf gerichtet.
Gelangweilt drehte sie ihr Opfer mit einem weiteren Tritt in die Seite auf den Rücken, damit die Akashi ihrem Tod ins Angesicht blicken konnte. Ohne zu wissen warum, schenkte Aleyandra dem Wolf ein übertrieben freundliches Lächeln, während sie ihren rechten Fuß auf die Brust des verletzten Mädchens stellte und deren schwachen Versuche zu entkommen im Keim erstickte. Schluchzend hob Yuki ihre Arme, um sich irgendwie doch noch zu befreien. Ihre Hand verkrallte sich in einer der leuchtend, blauen Federn. Schwach versuchte sie sich an Aleyandras Kleid hochzuziehen, bis aus einer Pistole ein gleißender Lichtstrahl schoss und sich in ihre Schulter fraß. Die Akashi stieß einen lauten Schmerzensschrei aus als der glühende Strahl ein Loch in ihre Schulter brannte. Fenris knurrte noch lauter als zuvor, war aber noch immer unschlüssig was er tun sollte um seine Herrin zu retten.
„Bitte...“ brachte Yuki schwach unter Tränen hervor, bevor sie mit einem gequälten Stöhnen abbrach, als Aleyandra den Druck verstärkte und mit einem befriedigenden Gefühl spürte, wie die Rippen begannen knackend unter ihr nachzugeben. Wimmernd wandte die Akashi den Kopf hilfesuchend zu ihrem Eidolon, dass so nahe und doch gleichzeitig unendlich weit entfernt war.
„Sei still, niemand hat dir erlaubt zu reden, Ketzerin.“ Sie verstärkte den Druck auf Yukis Brustkorb weiter, legte all ihre neugewonnene Kraft als Auserwählte Gaias hinein, um der Dämonin Schmerzen zuzufügen. Langsam drehte sie sich dem lauernden Wolf zu, der sie und ihre Pistolen keine Sekunde aus den Augen ließ. Ein boshaftes Grinsen stahl sich auf Aleyandras Lippen, als sie sah, wie er bei jedem schmerzhaften, kurzen Aufschrei der Akashi zusammenzuckte. Das Biest litt also mit seiner Monsterherrin. „Du willst sie retten, nicht wahr? Ich weiß, dass du schnell bist, aber bist du auch schneller als meine Kugel? Kannst du mir die Kehle zerfetzen, bevor meine Magie deine Herrin vernichtet?“ beide Pistolen zeigten jetzt auf das Herz der schluchzenden Akashi. Aleyandras Finger legten sich an den Abzug und Fenris wusste, dass er keine andere Wahl mehr hatte als zu handeln. „Finden wir es heraus, du dämlicher Köter.“
Der Wolf stürmte auf sie zu, doch Aleyandra hatte keinen einzigen Blick für ihn übrig. Stattdessen sah sie nach unten, zu Yuki, deren Augen vor lauter Hoffnung kurz aufleuchteten. Sie glaubte wirklich daran dass, dieses Biest sie retten würde. „Wie rührend.“ flüsterte Aleyandra mit einer Gehässigkeit in der Stimme, vor der sie sich normalerweise selbst erschrocken hätte. Das Eidolon setzte zum Sprung an, bereit sie zu zerreißen. Kurz bevor die Bestie sie erreichte, drückte Aleyandra ab. Noch einmal bohrten sich die Strahlen aus Licht in Yukis Körper. Fenris heulte auf vor Schmerzen, krümmte sich zusammen und krachte unkontrolliert in Aleyandra. Sie wurde gegen die Wand geschleudert. Der Aufprall raubte ihr den Atem. Panisch sah sie sich nach dem gewaltigen Wolf um und wieder stahl sich dieses Grinsen auf ihr Gesicht, als sie ihn nicht weit entfernt liegen sah. Seine Beine begannen bereits sich aufzulösen und er konnte nur noch hilflos versuchen nach ihr zu schnappen.
„Ich reiße dich in Stücke! Ich werde mich an deinem Fleisch laben und dein Blut trinken! Mörderin!“ Mehr brachte er nicht mehr hervor, bevor die Seelenverbindung zu der toten Akashi endgültig riss und er restlos verschwand. Nichts deutete mehr auf die Existenz des gewaltigen Wolfes hin. Er war zu Tigerius Cäsar zurückgekehrt und dort würde er erst einmal eine Weile bleiben. Allmählich legte sich der Schleier aus zähem Blut vor ihren Augen wieder. Löste sich genauso in Nichts auf wie das Eidolon und offenbarte den Blick auf die Leiche der Akashi. Benommen schüttelte Aleyandra den Kopf, bis das ohrenbetäubende Dröhnen langsam nachließ. Mörderin? Aleyandra blieb an die Wand gelehnt sitzen und musste plötzlich anfangen leise zu Lachen. Sie hatte es geschafft! Sie hatte gewonnen, Fenris besiegt und ihren Auftrag erfüllt. Dann fiel ihr Blick auf die unbewegliche Leiche von Yuki Akashi. An der Stelle, an der sich ihr Herz befinden sollte, klaffte ein großes, rauchendes Loch und sie starrte aus toten, blauen Augen zur Decke der Tempelruine. Langsam verwandelte sich Aleyandras verhaltenes Gelächter in lautes Schluchzen und Tränen rannen ihr in Strömen über die Wangen. Der Blutrausch legte sich wieder, zog sich zurück in die dunkelsten, verborgensten Ecken ihres Verstandes und ließ sie ausgebrannt und leer zurück. Sie hatte die Akashi nicht nur getötet, sie hatte sie gequält und sich an ihrem Leid und dem von Fenris erfreut. Wenn Naruz sie jetzt so sehen würde, würde er sie auf Ewig hassen.
„E-es tut mir leid...ich...ich hatte keine andere Wahl.“ versuchte sie den Kampf stammelnd vor sich selbst zu rechtfertigen. Aleyandra wandte den Blick ab und ließ erschöpft ihre Pistolen fallen. Sie hatte um ihr Leben kämpfen müssen. Der Wolf und die Akashi wollten sie töten. Hätte sie das Mädchen nicht erschossen, dann hätte Fenris sie sicher gefressen. Yuki war auf sie zugekommen, um es zu beenden. Die beiden waren Monster gewesen. Immer weiter redete sich innerlich diesen Unsinn ein, obwohl sie ganz genau wusste, dass sie sich niemals wirklich in Gefahr befunden hatte. Langsam aber sicher gelang es ihr mit diesen Worten die Schuld von sich auf die junge Akashi zu schieben. Sie war eine Bedrohung gewesen, ein Monster, gegen dass Aleyandra sich nur verteidigt hatte. Es war nicht ihre Schuld...ein Gedanke, der sich in ihrem Kopf immer weiter wiederholte, bis sie sich etwas beruhigt hatte. Sie war nicht verantwortlich für das, was sie im Blutrausch tat. Das war nicht ihre Schuld, sondern die der Göttin. Gaia hatte sie auserwählt und ihr nicht nur ihr Eidolon verliehen, sondern auch den Blutdurst, den sie gleichzeitig so sehr liebte und fürchtete. Die Göttin selbst musste sich in ihren Kampf eingemischt haben um ihr zu helfen die Dämonin zu töten.
„Ja, so ist es gewesen, sie war ein Dämon.“ flüsterte sie leise zu sich selbst und erhob sich langsam. Ihre Hände tasteten über den feinen Marmor, während sie versuchte sich hochzuziehen und schwankend zum Stehen kam. Der Erzbischof und Silberblatt hatten das auch gesagt. Nur ein Dämon, redete sie sich weiter ein, solange, bis sie sich selbst glaubte, zumindest für den Moment. Es gab keinen Grund sich aufzuregen oder noch einen Gedanken daran zu verschwenden. Sie hatte einen Dämon getötet, nichts weiter, nur einen blutrünstigen Dämon. Das war die einzige Wahrheit und alles andere, würde diese Ruinen niemals verlassen. Noch immer benommen schüttelte Aleyandra den Kopf, um wieder etwas klarer zu werden, aber sie stand noch immer neben sich. Nach ihrem Ausraster am Strand von Helonia, hatte sie sich nicht so schlecht gefühlt. Lag es daran, dass sie damals Piraten umgebracht hatte? Das kann nicht sein, dachte sie und wischte den Gedanken beiseite. Yuki Akashi war ein Dämon gewesen, es war also gerecht. Der wahre Unterschied zu damals, war das Fehlen von Naruz. Seine Anwesenheit hatte ihr damals einfach geholfen den Blutdurst schnell wieder abzuschütteln und genau das brauchte sie so schnell wie möglich wieder. Ein Grund mehr für sie sich zu beeilen. Naruz würde ihr helfen das Mädchen zu vergessen, so wie er ihr auch schon geholfen hatte ihr Blutbad am Strand zu vergessen. Naruz half ihr immer zu vergessen, egal ob es um die schrecklichen Träume ging, um einen ihrer Aussetzer oder um ihre Arbeit für Silberblatt. Sobald sie bei ihm war, würde es ihr besser gehen.
Aleyandra sammelte ihre Pistolen auf und steckte sie wieder weg. Alessa wartete sicherlich schon ungeduldig und machte sich Sorgen. Es war Zeit ihren Auftrag zu beenden. Vorsichtig ging sie auf die tote Akashi zu, die Augen starr auf die gegenüberliegende Wand gerichtet, um sie nicht anzusehen. Ihre Arme schoben sich unter die Auserwählte und hoben sie sacht an. Hoffentlich belästigten die Sarpa sie nicht wieder auf dem Rückweg, noch mehr Ärger konnte sie im Moment nicht gebrauchen. Wenn sie erst einmal den letzten Rest ihres Auftrags erledigt hätte, würde der ganze Kampf verblassen und zu nichts weiter als einem unwirklichen Traum werden, er würde sich zu ihren anderen Träumen gesellen und niemals passiert sein. Langsam ging sie zurück die Straße entlang. Auf ihrem Weg hierher hatte sie genug Krokodile gesehen, die würden sich um die Leiche der Akashi kümmern, sie musste sie nur an einer Stelle ablegen, an der es genug von den Biestern gab und dann konnte sie den Cactaraka Dschungel endlich hinter sich lassen.
Zuletzt geändert von Vanidar am 27. Juni 2014 18:12, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Mimir
Praefectus Fabrum
Praefectus Fabrum
Beiträge: 4549
Registriert: 21. August 2011 14:37
Wohnort: Berlin
:
AAR-Schreiber Teilnahme an einem Contest

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 27. Juni 2014 16:40

17. Die Augen Pandämoniums (Öffnen)
Kapitel 17 – Die Augen Pandämoniums:


„Was, im Namen von Gaia...“ begann Naruz, als er die Tür zur Küche öffnete, verstummte jedoch, mit einem überraschten Ausdruck im Gesicht, welcher auch auf Anyas Gesicht zu sehen war. Die Templerin stand neben Naruz, denn sie waren gemeinsam zur Küche gehastet, als sie von den Dienern hörten, dass Aynaeth sich auf dem Weg dorthin befunden hatte. Zu ihrer Überraschung, gab es jedoch keinerlei Chaos in der Küche, im Gegenteil. Auf den Herdplatten standen Töpfe, die munter vor sich hin köchelten, oder Pfannen, in denen Fleisch brutzelte. Inmitten des Raums stand ein Mädchen mit weißen Haaren, violetten Augen und einem seltsamen, blauen Hut auf dem Kopf. Sie erinnerte ziemlich an Aynaeth, wenn sie nicht um einiges kleiner gewesen wäre, als die Hexe. „Aynaeth... ist geschrumpft?“ meinte Naruz schließlich zögernd, während er die Küche betrat.
„Ich glaube nicht, dass das möglich ist.“ kommentierte Anya trocken, musterte das Mädchen jedoch auch mit neugierigen Blicken. Als sie die Blicke des Inquisitors und der Templerin bemerkte, zuckte sie zusammen, lief rot an, und rannte in eine Ecke des Raumes, wo sie sich hinter dem Rücken einer Person versteckte, die Naruz nur allzu bekannt vorkam.
„Ah, da bist du, Aynaeth.“ begrüßte er die Hexe, welcher in ihre rote Robe gekleidet war, in einer Ecke stand und in einem Buch las. Als sie Naruz hörte, und merkte, wie das Mädchen sich an ihre Robe klammerte, sah sie kurz verwirrt auf, klappte dann jedoch das Buch zu, und winkte Naruz und Anya zu.
„Hallo Naruz, hallo Anya. Was macht ihr in der Küche?“
„Würdest du uns vielleicht erstmal sagen, wer sich da hinter deinem Rücken versteckt?“
„Oh, das ist Naleya, Naleya Vaas, meine kleine Schwester.“ es folgten einige Sekunden, in denen Anya und Naruz die Hexe einfach nur ungläubig anstarrten. „Ist etwas?“ fragte Aynaeth schließlich, und legte den Kopf schief. „Ah, natürlich. Komm schon Naleya, stell dich vor.“ meinte sie, packte das Mädchen sanft an den Schultern und schob sie vor sich, allerdings schien diese noch immer viel zu nervös zu sein, und trat nur unruhig von einem Bein aufs andere. „Grimm.“ Kaum hatte Aynaeth das Wort ausgesprochen, erschien der Drache auch schon vor ihr.
„Wie kann ich dir helfen? Ich hoffe, du hast mich nicht einfach nur gerufen, um mich wieder zu är...“ Bevor er aussprechen konnte, hatte die Hexe Grimm auch schon gepackt, und drückte ihn Naleya in die Arme, die den Drachen eng an sich drückte, und fröhlich lächelte.
„Grimm!“ rief sie glücklich, und drückte ihr Gesicht gegen den Kopf des Drachen.
„Ja... ich bin auch froh dich zu sehen, Naleya.“ murmelte Grimm, und warf einen hilfesuchenden Blick in Richtung Naruz, welcher den Drachen jedoch ignorierte. Als Aynaeth ihre kleine Schwester schließlich kurz anstupste, drehte diese sich zu Naruz und Anya um, und verbeugte sich kurz, während sie den Drachen weiterhin an sich presste.
„Mein Name ist Naleya Vaas, Rang achtundzwanzig, im zwölften Ring der Akademie von Vo Astur. Es freut mich, euch kennenzulernen, und ich möchte euch dafür danken, dass ihr so gut auf meine Schwester aufpasst.“ meinte sie schließlich, gab Grimm frei, und klammerte sich stattdessen an Aynaeths Arm.
„Es freut mich auch, dich kennenzulernen. Ich bin Inquisitor Naruz, Anführer von Team Mantikor.“
„Und ich bin Anya Bladelli, Erbin der Bladelli Familie, und rechte Hand von Inquisitor Naruz.“ während Anya sprach, ging Naleya wieder in die Mitte der Küche, und rührte in den Töpfen herum, ehe sie sich auf einen nahen Hocker setzte, und Naruz interessiert beobachtete. „Wenn ich mir die Frage erlauben darf... was machst du hier, Naleya?“
„Ich bin nach Navea gekommen, um Aynaeth zu besuchen, und um dafür zu sorgen, dass sie auch mal etwas vernünftiges isst. Ich kenne sie ja, wenn ich nicht aufpasse, stopft sie den ganzen Tag irgendwelche Kuchen in sich rein.“
„Du bist den ganzen Weg von Vo Astur hierher gekommen, ganz alleine?“ fragte Anya, leicht schockiert, jedoch schüttelte Naleya den Kopf.
„Für mich wurde eine Ausnahme gemacht, ich durfte durch ein magisches Portal hierhin reisen, unsere Familie ist recht einflussreich, müsst ihr wissen.“
„Ich hätte auch noch eine Frage.“ meldete Naruz sich zu Wort. „Was meintest du damit, dass du Rang achtundzwanzig bist? Und was ist bitte dieser zwölfte Ring, von dem du sprichst?“
„Du hast wirklich keine Ahnung von irgendwas, oder?“ meinte Anya stichelnd.
„Entschuldige vielmals, warum erklärst du mir dann nicht, wovon sie redet?“
„Ich, ähm... könnte es natürlich tun, aber ich denke es wäre am besten, wenn Naleya es dir erklärt, immerhin kennt sie sich am besten aus.“ meinte Anya, lächelte nervös, und wandte den Blick ab, woraufhin Naruz einfach nur seufzte.
„Die Ringe in der Akademie von Vo Astur, entsprechen Klassen, in gewöhnlichen Schulen, es gibt dreizehn von ihnen, allerdings richtet es sich nicht nach Alter, sondern nach Talent. Sämtliche Schüler in den Ringen werden einem Rang zugeteilt, der sich ändern kann, je nachdem wie sie in ihren Prüfungen abschließen, am Ende jedes halben Jahres, werden die ersten zehn Ränge eines jeden Rings, in den nächsten aufgenommen, während die letzten zehn Ränge nach hinten gestuft werden. Die besten Studenten der Akademie, befinden sich im dreizehnten Ring, jeder Student, der es schafft drei Jahre lang hintereinander unter den besten fünf des dreizehnten Ringes zu sein, kriegt einen offiziellen Abschluss, an der Akademie von Vo Astur, und darf sich offiziell als Hexe oder Hexer bezeichnen.“ kam auch schon die Erklärung von Naleya.
„Ich verstehe... also gehörst du mit zu den besten Studenten der Akademie?“ Naleya nickte. „Wie alt bist du eigentlich?“
„Ich bin dieses Jahr zwölf geworden.“
„Zwölf? Mit zwölf gehörst du zu den besten Studenten an einer Akademie voller angehender Hexen und Hexer?“
„Aynaeth hat mir immer viel geholfen, ohne sie würde ich wahrscheinlich noch immer im vierten Ring sitzen.“
„Wann hat sie eigentlich ihren Abschluss an der Akademie gemacht?“ fragte Naruz, und warf einen Blick zu Aynaeth hinüber, die gerade damit beschäftigt war, Grimm von den Töpfen fernzuhalten.
„Vor fünf Jahren, Aynaeth ist die jüngste Hexe, mit einem Abschluss an der Akademie, die es jemals gab, und auch die einzige, die ihren Abschluss durch eine Sonderregel erhalten hat. Denn es steht jedem Studenten frei, die zehn besten Schüler der Akademie zu einem magischen Duell herauszufordern, sollte man gegen alle zehn gewinnen, und ein Examen bestehen, welches das Wissen in Sachen theoretischer Magie testen soll, kann man den Abschluss kriegen, ohne sich durch die verschiedenen Ringe zu quälen. Unsere Mutter war damals allerdings ziemlich wütend, weil Aynaeth es geschafft hatte, einen Weg zu finden, um das Schulsystem zu umgehen. Sie meinte, es gehört sich nicht, für eine...“
„Oh, nein! Katastrophe!“ meinte Aynaeth mit tonloser Stimme, und plötzlich brannte eine der Küchenbänke. „Grimm hat sich mal wieder für einen Drachen gehalten, und wollte mit Feuer spielen, da kommt immer so etwas bei raus.“
„Ich habe ganz bestimmt nicht...“
„Anya, Naruz, löscht das bitte, ich muss kurz mit Naleya reden.“ mit diesen Worten packte Aynaeth Naleya an den Schultern, und schob sie vor sich hin, in Richtung Bibliothek. Als sie schon durch die Küchentür war, hielt sie kurz an, und steckte den Kopf kurz wieder ins Zimmer. „Ach ja, wenn ihr fertig seid, bringt alles in mein Zimmer, ich lade euch zum Essen ein, ihr könnt auch den Rest von eurem Team mitbringen.“

Bild


Eine Stunde später saßen sie gemeinsam an einem riesigen Tisch, inmitten der Bibliothek, und waren gerade mit dem Essen fertig geworden. Naleya saß zwischen Aynaeth und Anya, und drückte Grimm fest an sich, als wäre der Drache ein Kuscheltier, oder ein Kissen. Dieser sah zwar nicht besonders glücklich aus, protestierte jedoch nicht, da sich so für ihn die Gelegenheit ergab, hin und wieder ein Stück Fleisch vom Tisch verschwinden zu lassen, was Aynaeth sonst niemals zugelassen hätte. Erst gestern hatte Naruz sich wieder Grimms Beschwerden anhören dürfen, weil seine Herrin ihm einen strengen, vegetarischen Speiseplan aufgestellt hatte. Mittlerweile hatte sogar Naruz Mitleid mit ihm, und ließ dem Drachen ab und zu ein Stück Fleisch, oder eine Wurst zukommen, wenn Aynaeth mal nicht aufpasste, was sie genau genommen nie tat. Naruz saß gegenüber der Hexe, neben Victoria und Nikodemus, die noch immer ziemlich niedergeschlagen waren, ob des Zwischenfalls in der Villa der Akashi. Naruz dachte auch noch immer an die Begegnung mit den Alfar, eigentlich dachte er an nichts anderes mehr, die Spitzohren hatten es sogar geschafft, Aleyandra aus seinen Gedanken zu vertreiben, nun, zumindest fast. Aber zum ersten mal, seit ihres Aufbruchs, war Naruz froh, dass sie nicht hier war. Wenn sie in den Kampf gegen die Alfar verwickelt gewesen wäre, wäre das gewiss nicht gut für sie gewesen. Zwar war sie nun auf dem Weg um gegen einen Dämon zu kämpfen, aber dort würde sie sich immerhin nur auf sich selbst konzentrieren müssen, und hätte sich besser unter Kontrolle, hier in Navea, wäre sie eventuell von Naruz, oder einem seiner Teammitglieder abgelenkt worden, und hätte die Kontrolle über sich verloren. Trotzdem vermisste er sie, aber er musste einen Weg finden, um gegen die Alfar, oder andere Magier zu bestehen, sollte er ihnen erneut begegnen. Denn so lächerlich Silberblatts Beschuldigungen, im Treffen nach der Mission auch waren, in einem Punkt hatte er recht, ohne Aynaeths Hilfe wären Naruz und sein Team ohne Zweifel gestorben, und sehr zu seinem eigenen Missfallen, musste er sich eingestehen, dass er noch immer auf die Hilfe Anderer angewiesen wäre, sollten die Alfar erneut zuschlagen. Dermaßen in Gedanken versunken, bemerkte Naruz auch nicht, wie Aynaeth ihn die ganze Zeit über anstarrte, und immer wieder auf ihrem Stuhl vor und zurück rutschte. Lediglich Naleya fiel das Verhalten ihrer Schwester auf, und sie warf ihr immer wieder fragende Blicke zu, die Aynaeth jedoch ignorierte. Dieses Verhalten ihrer älteren Schwester, war wirklich ungewöhnlich, normalerweise war sie nie so unruhig, das einzige, was es schaffte sie in eine Art euphorischen Zustand zu versetzen, war eines ihrer vielen Experimente. Ob sie wohl eines geplant hatte? Schließlich machte Aynaeth alle Anwesenden auf sich aufmerksam, und erhob sich aus ihrem Stuhl.
„Ist etwas?“ fragte Naruz, als er endlich bemerkte, wie Aynaeth ihn anstarrte. Die Hexe nickte leicht, und zog unter dem Tisch einen kleinen Rucksack hervor, welcher die Form einer Eule hatte. „Ich fürchte, ich kann dir nicht ganz folgen.“ meinte Naruz, während Aynaeth ihn weiterhin anstarrte. Endlich schüttelte die Hexe kurz den Kopf, und wandte sich an Naleya.
„Hier, dein Rucksack. Ich habe dir das wichtigste für einen Schultag eingepackt, ein paar Bücher, ein Kissen, und Schokolade.“
„Was? Aber ich muss doch nicht zur Schule.“ Naleya wirkte ein wenig verschreckt, und drückte Grimm fester an sich.
„Du musst Hausaufgaben machen.“
„Die Lehrer haben mir keine gegeben.“
„Ich weiß, ich gebe sie dir. Ich muss etwas wichtiges mit Naruz und seinem Team besprechen, da darfst du leider nicht dabei sein.“
„Du musst etwas mit mir besprechen? Was denn?“ fragte Naruz verwirrt. Anstatt zu antworten, fischte Aynaeth einen kleinen, unscheinbaren Kristall aus einem Beutel, der an ihrer Robe befestigt war, und warf ihn Naruz zu, welcher ihn auffing. „Das ist doch der Kristall, aus der Sternentruhe.“ meinte er, überrascht, und warf Aynaeth einen fragenden Blick zu.
„Ja, ist es. Und dieser Kristall ist es, über den ich mit dir sprechen will, allerdings darf Naleya da nicht dabei sein, es ist nichts für sie. Wann immer sie von einem neuen, magischen Experiment hört, will sie sich selbst daran versuchen, aber was ich plane, ist zu gefährlich für sie.“
„Aber Aynaeth...“ begann Naleya, wurde jedoch von ihrer Schwester unterbrochen, die kurz den Kopf schüttelte, sich vorbeugte, und Naleya sanft an die Schultern fasste. Zum ersten mal, seit er Aynaeth vor einem halben Jahr getroffen hatte, sah Naruz die Hexe lächeln, ein freundliches, sanftes Lächeln.
„Eines Tages werde ich dir davon erzählen, und dann kannst du es selber versuchen, aber bis es soweit ist, musst du dich gedulden, in Ordnung?“ Naleya nickte.
„Ich werde mich in mein Gästezimmer setzen, die Hausaufgaben machen, und...“
„... und dich in die Bibliothek schleichen, um dem Experiment beizuwohnen?“ fragte Aynaeth, und Naleya nickte zustimmend.
„Und mich in die Bibliothek... ähm, ich meine...“
„Kommt nicht in Frage, du wirst nicht in diesem Haus sein, während das Experiment läuft.“ Bei diesen Worten verzog Naleya schmollend das Gesicht, und drückte Grimm noch ein wenig fester an sich.
„Was soll ich sonst machen? Ich kenne hier in Navea doch sonst niemanden.“
„Das macht nichts, ich kenne jemanden, der dafür geeignet ist, auf dich aufzupassen. Komm, ich bringe dich sofort zu ihm... Grimm, du zeigst uns den Weg.“
„Es wird mir ein Vergnügen sein.“ murmelte Grimm, mit wenig euphorischer Miene.
„Bilde ich es mir nur ein... oder ist Aynaeth gerade ziemlich verantwortungsbewusst?“ fragte Naruz flüsternd, und beobachtete die Hexe misstrauisch.
„Du hast recht, so habe ich sie noch nie gesehen.“ stimmte Nikodemus ihm zu.
„Du hast sie doch auch praktisch noch nie gesehen.“
„Ich darf doch wohl trotzdem mal meine Meinung sagen, oder?“ fragte der Soldat, mit leicht beleidigter Miene.
„Aber natürlich, ich will dich da gar nicht dran hindern... was flüstert ihr zwei eigentlich die ganze Zeit?“ meinte Naruz, und sah zu Victoria hinüber, die sich neben Anya gestellt hatte, und irgendwas mit ihr zu besprechen schien. Victoria und Anya kannten sich bereits bevor sie in Naruz' Einheit gelandet waren, und waren gute Freundinnen, was Naruz ziemlich überrascht hatte, denn Victoria war eher kalt gegenüber allen anderen Menschen, die sie traf, was auch Naruz und Nikodemus mit einbezog. Als sie Naruz Blick bemerkte, flüsterte Victoria Anya etwas zu, woraufhin diese hochrot anlief.
„D-d-d-das geht dich gar nichts an, Baka!“ rief sie, stand auf, und stapfte zu einem nahen Bücherregal, während Victoria sich an die Stirn fasste und seufzte.
„Muss ich das verstehen?“ fragte Naruz, an Nikodemus gewandt, der nur mit den Schultern zuckte.
„Ich bringe Naleya jetzt weg, ich bin in vierzig Minuten wieder hier... plus minus zwei Stunden.“ meinte Aynaeth, die zusammen mit ihrer kleinen Schwester, welche noch immer den Drachen in den Armen hielt, an der Bibliothekstür stand. „Räumt schon einmal ab, wenn ich wieder da bin, werden wir einen freien Tisch brauchen.“ mit diesen Worten schloss sie auch schon die Tür hinter sich, und schritt in die Eingangshalle der Bladelli.
„Wo gehen wir jetzt eigentlich hin, Aynaeth?“ fragte Naleya, während sie gehorsam hinter ihrer Schwester herlief.
„Wir gehen zu einem guten Freund von mir, der auf dich aufpassen wird, solange ich hier beschäftigt bin.“ meinte Aynaeth, und bog links ab.
„Ja... nur leider gibt es da ein Problem.“ fuhr Grimm dazwischen, ehe Naleya eine weitere Frage stellen konnte.
„Ach ja? Und was?“
„Du bist gerade auf dem Weg zu Naruz' Büro.“
„...“ Aynaeth sagte nichts, sondern blieb stehen, drehte sich um, und ging in die entgegengesetzt Richtung, was Naleya ein Seufzen entlockte.
„Dein Orientierungssinn ist so schrecklich wie eh und je. Ich glaube, es gab noch nie zuvor eine Alfar, die sich so schlecht zurechtgefunden hat wie du.“
„Ich bin ja auch keine Alfar.“
„Genau wegen dieser Einstellung, kommt Mama auch nicht so gut mit dir zurecht. Aber gut, belassen wir es dabei.“ meinte Naleya, während sie endlich die Villa verließen. Kaum hatten sie die Straßen Naveas betreten, flatterte eine kleine Eule heran, und ließ sich auf Naleyas Schulter nieder, was Aynaeth mit einem erneuten Lächeln beobachtete.
„Das ist also dein Familiar?“ Naleya nickte und erwiderte das Lächeln. Bei Familiaren handelte es sich um Tiere, welche mit Hilfe eines Zaubers an eine Hexe oder einen Hexer gebunden wurden. Sie befanden sich immer in der Nähe ihrer Herrin, oder ihres Herren, und waren meistens nicht mehr als Haustiere, aber viele Hexer und Hexen brachten ihren Familiaren nützliche Tricks bei, mit denen sie ihre Herren unterstützen konnten.
„Du hast deine Katze zuhause gelassen.“ sagte Naleya, mit einem leicht anklagenden Unterton in der Stimme. „Warum hast du sie nicht mitgenommen?“
„Du weißt doch, sie versteht sich nicht gut mit Grimm, sie versuchte doch ständig, ihn zu fangen, und ich musste ihn vor ihr beschützen.“
„Musstest du gar nicht! Mit diesem dämlichen Pelzvorleger, werde ich spielend fertig!“ protestierte Grimm, in Naleyas Armen, welche den Drachen daraufhin den Kopf tätschelte.
„Natürlich, Grimm. Du hättest ihr gezeigt, wer der stärkere ist. Aber ich kann es verstehen, wenn Aynaeth nicht die Gesundheit eines ihrer Lieblingskuscheltiere gefährden will.“
„Ich bin kein Kuscheltier! Ich bin ein großer, mächtiger... hier rechts abbiegen... ja, gut so, wo war ich? Ach ja. Ich bin ein großer, mächtiger Drache! Und ich verdiene es, als solcher betitelt zu werden!“
„Natürlich Grimm, natürlich.“ murmelte Aynaeth abwesend, und folgte seiner Wegbeschreibung.
„Du hörst mir überhaupt nicht... die nächste Ecke noch einmal rechts, dann immer geradeaus, dann sind wir da... ja, genau hier. Du hörst mir überhaupt nicht zu, wenn es nicht gerade um die Richtungsangaben geht!“
„Doch, doch... ah, wir sind hier, Naleya!“ meinte Aynaeth, und hielt vor dem unscheinbaren Gebäude an, welches den Kindern der Gaia als Hauptquartier diente. Ohne zu zögern betrat Aynaeth das Gebäude, und ging zielstrebig durch die Gänge, ehe sie vor einer Tür anhielt, und sie aufstieß. Wie üblich saß Silberblatt hinter seinem Schreibtisch, und blickte auf, als die Tür plötzlich aufgestoßen wurde. Er wollte schon eine wütende Bemerkung machen, schluckte diese jedoch hinunter, als er Aynaeth erkannte. Stattdessen hustete er kurz, ehe er sich an die Hexe wandte.
„Oh, hallo Aynaeth... was... wie kann ich dir helfen? Ist irgendwas passiert? Sonst verlässt du die Bibliothek doch nie.“ Aynaeth hatte einen ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt, und nickte kurz.
„Ich brauche deine Hilfe, Teregion, es ist äußerst wichtig. Wirst du mir einen kleinen Gefallen tun?“
„Ähm... also, ich... natürlich, ich werde versuchen, dir zu helfen.“
„Vielen Dank.“ meinte Aynaeth fröhlich, taumelte nach vorn, umarmte den sitzenden Silberblatt und wandte sich anschließend in Richtung Tür. „Ihr könnt reinkommen.“ Kaum hatte sie das gesagt, betrat auch schon Naleya das Zimmer, mit der Eule auf der Schulter, und Grimm in ihren Armen. Sie sah sich nervös um, und zuckte zusammen, als sie Silberblatts Blick bemerkte, verbeugte sich jedoch schnell vor ihm, und stellte sich vor.
„Ich bin Naleya Vaas, es freut mich, Euch kennenzulernen.“
„Naleya... Vaas? Dann ist das...“
„Meine kleine Schwester.“ bestätigte Aynaeth, und ging zu Naleya hinüber. „Ich werde ein wichtiges, und äußerst schwieriges, magisches Experiment durchführen, und da soll Naleya nicht in der Nähe sein, das verstehst du doch bestimmt.“
„Nun, ja, schon, aber was habe ich...“
„Ich wusste, du verstehst mich! Danke, dass du auf sie aufpassen wirst.“
„Moment, was?“
„Keine Sorge, ich habe ihr ein paar Aufgaben gegeben, mit denen sie sich beschäftigen kann, außerdem ist Grimm ja auch noch da. Pass einfach darauf auf, dass sie sich nicht rausschleicht, und dass sie ihre Aufgaben erledigt. Ach ja, und helfe ihr nicht! Wenn sie müde ist, lass sie schlafen, Schlaf ist äußerst wichtig. Und vorsichtig, die Eule beißt. Also dann, bis später, und nochmal danke für deine Hilfe.“
„Warte mal, Aynaeth... Aynaeth!“ rief Silberblatt, aber es war schon zu spät. So schnell, wie die Hexe bei ihm aufgetaucht war, war sie auch schon wieder verschwunden, und ließ einen vollkommen fassungslosen Silberblatt, mit einer nervösen Naleya, und einem genervten Drachen zurück. „Worauf habe ich mich hier nur eingelassen?“ murmelte Silberblatt vor sich hin, während er Naleya beobachtete. Schließlich seufzte er, er konnte das junge Mädchen jetzt nicht einfach wegjagen, dass würde Aynaeth bestimmt nicht gefallen, und mit etwas Glück, würde Naleya ihrer Schwester ja etwas positives über ihn sagen, wenn er seine Aufgabe gewissenhaft erledigte, einen Versuch war es immerhin wert.

Bild
Mir gehen wirklich die Bilder aus


Als Aynaeth wieder in der Villa der Bladelli war, erwarteten Naruz und sein Team sie bereits ungeduldig in der Bibliothek. Ausnahmsweise hatten sie sogar auf die Hexe gehört, und getan, worum diese sie gebeten hatte. Der große Tisch, in der Mitte des Raumes war vollkommen freigeräumt, und sogar noch abgewischt worden. Schließlich ließ Aynaeth sich am Tisch nieder, sie saß auf der entgegengesetzten Seite von Team Mantikor, und sah Naruz mit einem ungewöhnlich ernsten Gesichtsausdruck an.
„Bevor wir zum Thema Kristall kommen, was wollten die Alfar von dir?“
„Was?“
„Du hast mich gehört, was wollten die Alfar von dir?“
„Gar nichts, sie waren wegen Tougou Akashi dort, oder nicht?“
„Das bezweifle ich.“ meinte Aynaeth, mit einem Seufzen. „Tougou Akashi war drei Tage vor eurem Eintreffen in der Villa ermordet worden, die Einladung für Inquisitor Naruz, kam zwei Tage vor dem Fest, zu diesem Zeitpunkt war Tougou bereits tot. Und trotzdem kreuzten die Alfar auf, der Akashi war schon tot, also war das Fest eine Falle, aber für wen? Bestimmt nicht für mich, die Alfar waren zu überrascht, von meiner Anwesenheit, genaugenommen wussten sie nicht mal, wer ich bin. Also für einen der anderen Inquisitoren? Unwahrscheinlich, ansonsten hätten die Alfar dafür gesorgt, dass besagte Inquisitoren da wären. Salvatore Doni? Auch unwahrscheinlich, er wurde bereits eine ganze Woche vor der Feier auf den Akashi angesetzt. Von den Inquisitoren, bleibst also nur noch du übrig.“ Naruz wollte erst protestieren, dann fiel ihm jedoch wieder ein, was dieser Rhael gesagt hatte, als er Naruz gegenüber getreten war.
„Jetzt wo du es sagst... der eine Alfar meinte, sie wären dort, um mich abzuholen. Aber, warum habe ich das vergessen? Etwas so wichtiges...“ murmelte Naruz, und warf einen Blick zu Nikodemus und Victoria, die schockiert die Augen aufrissen, ebenso wie Anya.
„Es stimmt, ich habe es auch vergessen!“ entfuhr es Nikodemus, woraufhin Aynaeth wissend nickte.
„Diese Spitzohren waren klüger als ich dachte, sie haben euch verzaubert, damit ihr euch nicht an alles erinnern könnt. So langsam dürfte der Zauber jedoch nachlassen. Was fällt euch jetzt noch ein, dass euch vorher entfallen war?“
„Der eine von ihnen... Rhael, er meinte, er stehe in Diensten des Blutenden Turms.“ Naruz hatte kaum ausgesprochen, als Aynaeth plötzlich eine mörderische Miene aufsetzte, und der Stuhl zu ihrer rechten Feuer fing. Das gesamte Team zuckte zusammen, ob dieser unerwartet heftigen Reaktion von Seiten der Hexe. „Ähm, Aynaeth? Ist alles in Ordnung?“
„Ja... ja, alles in Ordnung.“ murmelte sie, und ließ die Flammen mit einer Geste verschwinden. „Der Blutende Turm... sie leben also noch immer.“
„Ihr habt von ihnen gehört?“
„Natürlich, habe ich von ihnen gehört! Wie könnte ich sie jemals vergessen? Diese verdammten Bastarde, und ihre feuerspeienden Gehilfen!“
„Was? Wovon redest du?“ Aynaeth seufzte, und fuhr sich durch ihre Haare.
„Könnt ihr ein kleines Geheimnis für euch behalten?“ Alle Anwesenden nickten. „Gut, außer euch wissen es nur Belenus, Gus, Andre und Teregion, wenn ihr es weitererzählt, werde ich euch einen Fluch auf den Hals jagen, verstanden? Gut. Meine Mutter, erinnert ihr euch daran, dass ich sie vor den Alfar erwähnt habe?“ Erneut nickten Naruz und seine Teammitglieder.
„Ihr Name ist Uruza Decon, oder?“ fragte Victoria.
„Ja... zumindest jetzt, früher hieß sie Uruza val Deconia, sie hat ihren Namen geändert, als sie nach Vo Astur kam.“
„Val Deconia? Dann ist sie... du bist...“ meinte Naruz, und riss die Augen auf.
„Eine Alfar.“ bestätigte Aynaeth. „Uruza val Deconia, die Herzogin von Vanaheim, Hauptstadt der Hôgalfar, und mächtigste Magierin, die jemals aus den Reihen der Hôgalfar hervorgegangen ist. Sie war eine der Adligen, welche damals die Rebellen unterstützte, und sich gegen ihresgleichen wandte. Dafür wurden sie und ihre Familie vor der... Säuberung verschont, welche nach dem Sturz des Adels erfolgte. Jahrhunderte nach der Gründung der Republik, verliebte sie sich in einen Menschen, einen Hexenmeister aus Vo Astur, welcher ihr zu Liebe nach Vanaheim zog, wo sie inzwischen als Lehrerin an einer Magieakademie arbeitete. Allerdings sollte der Frieden nicht ewig währen, als ich fünf Jahre alt war, schlug der Blutende Turm zu. Der Blutende Turm, ist eine Gruppe von Alfar, welche um jeden Preis die Monarchie wieder im Norden einführen wollen, und vor nichts zurückschrecken, um ihr Ziel zu erreichen. Ihr Name dient als Erinnerung, der Turm um den es geht, steht in Yggdrasil, der Hauptstadt der Republik. Früher lebten dort der König, seine Familie, und seine treuesten Berater. Während der Rebellion, drangen die Aufständischen jedoch in den Turm ein, und ermordeten jeden, den sie fanden, egal ob es sich um Kinder, Frauen, oder Alte handelte. 'Der Blutende Turm', soll die Alfar für immer an die grausame Tat erinnern, mit der die Rebellion ihren Höhepunkt fand. Wie auch immer, der Turm hasste meine Mutter, auf Grund ihrer Taten während der Rebellion. Jahrelang planten sie ihre Rache, und eines Tages schlugen sie zu. Zwei Dutzend Alfar griffen unser Haus inmitten von Vanaheim an, jedoch waren sie nicht alleine, es war ihnen gelungen, zwei Drachen für ihre Sache zu gewinnen, zusammen mit ihnen haben sie unser Haus niedergebrannt, so wie einen großen Teil der Stadt. Ein Großteil meiner Freunde und Verwandten, starb in jener Nacht, unter ihnen meine große Schwester, und meine Großeltern. Letztendlich konnten meine Eltern die Angreifer abwehren, und töten. Trotzdem trauten wir uns nicht länger, in Vanaheim zu leben, und wir zogen nach Vo Astur, wo nicht einmal der Turm wagen würde, uns anzugreifen.“ Nachdem Aynaeth geendet hatte, schwiegen sie eine Weile, bis Naruz schließlich das Wort erhob.
„Also... es tut mir leid, was dir widerfahren ist, ich wollte dich nicht daran erinnern, oder...“
„Schon gut.“ unterbrach die Hexe ihn, und strich sich wieder durch ihr Haar. „Ich dachte eigentlich, dass die Sache sich schon lange erledigt hatte, mir wurde gesagt, dass der Blutende Turm schon vor knapp zehn Jahren vernichtet wurde, kurz nach ihrem Angriff in Vanaheim, aber anscheinend haben ein paar von ihnen überlebt.“
„Das ist der Grund, weshalb du Drachen hasst, nicht wahr?“ fragte Anya vorsichtig, und sah die Hexe mitleidig an. Aynaeth nickte.
„Ja, ist es... aber das spielt jetzt keine Rolle, Naruz. Sag mir die Wahrheit, weißt du, was die Alfar von dir wollten? Hast du sie schon einmal gesehen?“
„Nein... na gut, diesen Rhael habe ich einmal nahe Helonia gesehen, im Piratenlager, dort hatte er ein Buch gestohlen, aber ich weißt nichts genaueres. Ansonsten habe ich noch nie einen Alfar gesehen.“ Aynaeth musterte ihn eine Zeit lang, wie als wenn sie nach Anzeichen suchen würde, die darauf deuteten, dass er sie anlügt.
„Gut, ich glaube dir.“ meinte sie schließlich, und richtete sich auf. „Du warst immer nett zu mir, ich glaube nicht, dass du mich anlügst. Gib mir bitte den Kristall.“ Erst jetzt fiel Naruz wieder ein, dass das eigentliche Gesprächsthema ja dieser kleine Gegenstand, aus der Sternentruhe war. Schnell legte er ihn auf den Tisch, woraufhin die Hexe ihn an sich nahm. „Du überlegt schon die ganze Zeit, wie du im Kampf gegen Magier bestehen kannst, nicht wahr?“
„Ja... ich selbst kann keine Magie wirken, also muss ich eine andere Möglichkeit finden, aber mir fällt einfach nichts ein...“
„Ich glaube dir nicht, ich habe dich beobachtet, du hast mit Serif geübt. Du hast eine Idee, nicht wahr?“ Naruz starrte Aynaeth eine Weile lang erstaunt an. Sie hatte es bemerkt? Die Hexe war aufmerksamer, als man glauben mochte. Schließlich seufzte Naruz, wenn sie in sowieso beobachtet hatte, konnte er ihr auch gleich sagen, worüber er nachdachte, auch wenn sie ihn dafür wahrscheinlich auslachen würde.
„Ich wollte ein wenig experimentieren... du hast mir in den letzten Monaten immerhin ein wenig über Magie erzählt, und ich dachte mir, dass es eventuell möglich wäre Magie zu blockieren.“
„Bitte was? Das kann doch nicht dein Ernst sein, jedes Kind weiß, dass das unmöglich ist.“ meinte Anya, mit einem höhnischen Unterton in der Stimme, woraufhin Victoria ihr einen Stoß in die Rippen versetzte. „Autsch!“
„Du irrst dich, Anya.“ sagte Aynaeth da plötzlich, sehr zu Naruz' und Anyas Überraschung.
„W-was? Willst du mir sagen, dass es tatsächlich möglich ist, Magie zu blockieren?“
„Theoretisch ist es möglich, ja. Jeder Zauber braucht zumindest ein paar Sekunden, um gewirkt zu werden, in dieser Zeit sammelt sich die magische Energie um den Magier, der den Zauber wirkt. Die Energie... schreibt praktisch eine Anweisung für den Zauber. Falls jemand in der Lage wäre, diese... Anweisung zu sehen, lesen und den dazugehörigen Zauber zu identifizieren, wäre es ein leichtes, die Formel zu verändern, und dafür zu sorgen, dass der Zauber einen anderen Effekt, oder überhaupt keine Wirkung hat.“
„Aber es ist unmöglich, diese 'Anweisungen' oder Energien zu sehen und zu lesen.“ meinte Naruz, mit einem Seufzen.
„Das hört sich an, als wenn du sagen würdest, dass du die Anweisungen tatsächlich ändern könntest, falls du die Energien sehen könntest.“ meinte Anya, und sah Naruz zweifelnd an. „Lehnst du dich nicht ein wenig weit aus dem Fenster? Du müsstest einen Zauber innerhalb von dem Bruchteil einer Sekunde identifizieren können, um das von Aynaeth beschriebene zu tun.“
„Naruz kann es schaffen.“ warf Aynaeth ein, ehe Naruz selbst antworten konnte.
„Was? Aynaeth, bei allem Respekt, Naruz ist ein blutiger, unfähiger Anfänger, wenn es um Magie geht!“
„Vielen Dank für die aufmunternden Worte, Anya.“ murmelte Naruz, wurde jedoch vollkommen ignoriert. Allerdings hatte die Templerin recht, zumindest dachte er das. Deswegen kam es umso überraschender für ihn, als Aynaeth entschieden den Kopf schüttelte.
„Du irrst dich, Anya. Naruz hat keinerlei Talent, wenn es um den praktischen Gebrauch von Magie geht. In der Theorie der Magie...“ Aynaeth zögerte, und es wirkte so, als wenn sie sich überwinden musste, dies zu sagen. „In der Theorie der Magie, ist er ein Genie.“
„Was?“ entfuhr es ganz Team Mantikor gleichzeitig.
„Ihr habt mich schon richtig verstanden, Naruz, erinnerst du dich an die Aufgaben, die ich dir während deines Trainings gegeben hatte?“
„Ja... ich erinnere mich. Diese Aufgaben, für junge Hexen und Hexer, mit denen du mich beschäftigen und abwimmeln wolltest. Danke, dass du mich daran erinnerst, ich habe drei Stunden dafür gebraucht, nur um dann von dir zu hören, dass jeder Zehnjährige, in Vo Astur...“
„Ich hatte gelogen.“ unterbrach Aynaeth ihn mit einem Seufzen.
„Was?“
„Ich hatte dich angelogen. Der Großteil des dreizehnten Rings, hat jedes Jahr aufs Neue Probleme mit diesen Aufgaben, die meisten von ihnen brauchen Monate um die Lösung zu finden, falls sie jemals die Lösung finden. Deswegen bist du so... seltsam. Du kannst kaum Magie benutzen, aber du verstehst wie sie funktioniert... du bist das genaue Gegenteil von Teregion.“
„Von Silberblatt?“ Aynaeth nickte.
„Teregion ist ein fantastischer Magier, der mächtige Zauber ohne Probleme wirken kann, aber er tut es instinktiv, er versteht nicht wirklich, wie die Magie funktioniert. Du hingegen, du hast ein großartiges Verständnis für die Theorie, es mangelt dir nur an der Ausführung, ich schätze es liegt daran, dass du nur über schwache, magische Fähigkeiten verfügst, eine Schande. Wenn du in der Lage wärst, richtige Zauber zu wirken, könntest du bestimmt ein mächtiger Magier werden.“
„Ähm... danke für das Lob... aber sind wir nicht ein wenig vom Thema abgekommen?“
„Oh, ja, natürlich. Also hör zu, es gibt eine Möglichkeit für dich, Magie zu blockieren, willst du, dass ich dir davon erzähle?“ Naruz nickte. „Gut, ich kann es dir ermöglichen, Magie zu sehen, und zwar hiermit.“ während sie das sagte, tippte Aynaeth auf den Kristall, den sie in der Hand hielt.
„Das Ding aus der Sternentruhe? Dann hast du also herausgefunden, um was es sich dabei handelt?“
„Ja, es ist tatsächlich ein Artefakt, aus dem Reich der Dämonen. Kristalle wie dieser hier, sind äußerst selten, und man nennt sie 'Die Augen von Pandämonium'. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, Magie und Zauber zu sehen.“
„Also muss ich nur dieses Ding in die Hand nehmen, und ich kann Magie sehen? Also, richtig sehen, als wenn es ein greifbarer Gegenstand wäre?“
„Nein, nicht ganz.“ meinte Aynaeth, und schüttelte den Kopf. „Die einzige Möglichkeit, um dieses Artefakt zu nutzen ist, es in dich einzupflanzen, mit Hilfe eines Rituals.“
„Einpflanzen? Irgendwie gefällt mir nicht, was du da sagst.“
„Durchaus zurecht, das Ritual ist ziemlich schmerzhaft, ich muss den Kristall in dein Auge einsetzen, nicht nur das, ich muss ihn zu einem Teil von deinem Körper machen. Es sind schon Leute bei diesen Ritualen gestorben, allerdings nur, wenn der Magier, welcher das Ritual durchführte nicht wusste was er tat.“
„Und du weißt, was du tust?“
„Ich bin mir ziemlich sicher, vertraust du mir?“ Naruz schwieg eine Weile, dann nickte er, erst zögerlich, dann jedoch ein weiteres mal, voller Überzeugung.
„Ja, ich vertraue dir.“
„Naruz! Das kann nicht dein Ernst sein! Hast du ihr nicht zugehört? Du könntest sterben!“ entfuhr es Anya, die aufsprang, und sich über Victoria beugte, um Naruz direkt ins Gesicht zu starren.
„Machst du dir etwa Sorgen um mich?“
„N-natürlich nicht! Warum sollte ich mir um dich Sorgen machen? Wenn ich es mir recht überlege, st...“ erneut versetzte ihr Victoria einen Stoß in die Rippen. „Autsch, was soll das, Vic...“ begann Anya flüsternd, verstummte jedoch, als sie den strengen Blick ihrer Freundin sah.
„Wenn du dich nicht zumindest ein wenig anstrengst, helfe ich dir nicht mehr, hast du mich verstanden?“ zischte Victoria der Templerin zu, die beschämt auf den Boden sah, und nickte. Naruz hatte davon jedoch nichts mitbekommen, denn Nikodemus war ebenfalls aufgesprungen, und wandte sich gerade an Aynaeth.
„Ich stimme Anya zu, es ist zu gefährlich, zumindest solange wir nicht wissen, ob Ihr dieses Ritual wirklich durchführen könnt, ohne Naruz umzubringen... ich melde mich freiwillig, Ihr könnt das Ritual zuerst an mir ausprobieren. Wenn ich es überlebe, könnt Ihr diesen Kristall wieder entfernen, und ihn Naruz einsetzen.“
„Das wäre auch eine Möglichkeit.“ meinte Aynaeth, und nickte verständnisvoll. „Vorausgesetzt, du hast nichts dagegen zu sterben.“
„Was meint Ihr damit?“
„Das Auge Pandämoniums wird mit deinem Körper verschmolzen, schon vergessen? Wenn ich es wieder entferne, wird es dein Gehirn brutzeln... vermutlich. Vielleicht explodiert es auch, oder verschrumpelt, oder...“
„Ähm... also...“ meinte Nikodemus zögerlich, sah dann jedoch zu Naruz hinüber, und richtete sich zu voller Größe auf. „Als Soldat, ist es meine Pflicht, meinen Inquisitor vor Schaden zu bewahren, und wenn ich dafür mein Leben geben muss...“ er verstummte, als Naruz ihn an der Schulter packte, und ihn freundlich anlächelte.
„Keine Sorge, Nikodemus. Ich vertraue Aynaeth, sie wird es schon schaffen, mich heil durch diese Operation zu bringen.“ Er drehte sich zu Anya um, und lächelte sie ebenfalls an. „Und natürlich machst du dir keine Sorgen, du weißt immerhin, dass ich mich nicht so leicht töten lasse, nicht wahr?“
„Ja... ja genau, genau das meinte ich!“ sagte Anya, und nickte hastig.
„Natürlich. Also gut, Aynaeth, lass uns anfangen.“
„Sehr gut, für den Anfang... zieh deine Robe aus, und lege dich auf den Tisch, die Zauber, die in die Robe eingewebt sind, würden nur stören.“ Naruz nickte, streifte die Robe ab, und legte sich auf den Tisch, während Aynaeth seltsame Worte vor sich hinmurmelte. Kurz darauf, erschienen über zwei Dutzend Grimoire, rund um den Tisch, sowie hunderte, verschiedene Runen, die über Naruz schwebten. „Wunderbar... dann lass uns anfangen!“

Bild


Aynaeth sah von oben auf Naruz herab, der mit freiem Oberkörper in der Mitte des Tisches lag, und ein wenig nervös wirkte. Schließlich wanderte ihr Blick zum Rest von Team Mantikor, keiner von ihnen schien wirklich zu wissen, was sie nun tun sollten.
„Können wir irgendwie helfen?“ fragte Victoria letztendlich, und Aynaeth nickte.
„Ich brauche eure Hilfe sogar, ihr müsst ihn festhalten.“
„Was?“
„Du hast mich schon richtig verstanden, Nikodemus, ihr müsst Naruz festhalten, hier, du nimmst seinen Kopf, Anya, nimm seine Beine und Victoria, du drückst seinen Oberkörper auf den Tisch.“
„Anya ist stärker als ich, sie sollte das übernehmen.“ meinte Victoria, mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck, und packte Naruz an den Beinen, während Nikodemus bereits zögerlich den Kopf seines Inquisitors auf den Tisch drückte.
„Von mir aus.“
„M-moment, was? Victoria, warum...“
„Mach es einfach.“
„Oh... na gut.“ sagte Anya, ging ebenfalls hinüber, und legte ihre Hände zögernd auf Naruz' Oberkörper.
„Ist das ganze eigentlich wirklich notwendig?“ fragte Naruz, und drehte seinen Kopf zur Hexe.
„Ja, während des Rituals werde ich keine anderen Zauber wirken können, also müssen deine Freunde dich festhalten, und glaube mir, du musst festgehalten werden, das Ritual ist sehr schmerzhaft.“
„Du und Anya, ihr zwei solltet euch mal zusammensetzen, und eure Art Leute aufzumuntern überdenken.“ murmelte Naruz, wurde jedoch ignoriert.
„Gut, haltet ihn gut fest, und egal was auch passiert, lasst ihn nicht los, verstanden? Wenn ihr ihn loslasst, und er sich zu viel bewegt, kann es sein, dass ich ihn ausversehen umbringe, und das wollen wir schließlich nicht.“ Victoria, Anya und Nikodemus nickten, und festigten ihren Griff um Naruz. „Dann noch eine Sache, Naruz, hol deine Eidolons.“
„Serif, Sigrun, kommt zu mir.“ Sofort erschienen die Eidolons neben dem Tisch, und sahen ihren Botschafter verwirrt an.
„Hm... ich hoffe, dass du mir erklären wirst, was hier los ist. Ansonsten müsste ich Aleyandra davon unterrichten, dass du seltsame Orgien feierst, wenn sie mal nicht da ist.“
„Sehr witzig, Serif. Aynaeth will mir ein Artefakt einpflanzen, damit ich nicht mehr vollkommen hilflos gegen Magier bin, anscheinend ist es notwendig, mich dafür festzuhalten.“
„Oh, wie langweilig.“
„Das Ritual könnte eventuell gefährlich für Naruz werden.“ warf Aynaeth ein, und lenkte die Aufmerksamkeit der Eidolons auf sich. „Ihr zwei müsst mir versprechen, dass ihr nichts unternehmen werdet, um Naruz zu helfen, egal was passiert. Könnt ihr das tun?“
„Niemals, wenn ich merke, dass meinem Botschafter Gefahr droht...“ begann Sigrun, brach jedoch ab, als sie Naruz' Blick bemerkte.
„Sigrun, Serif, ihr haltet euch zurück, unternehmt nichts, was das Ritual unterbrechen könnte, verstanden?“
„Aber...“
„Das ist ein Befehl, von eurem Botschafter.“
„Jawohl, Botschafter.“
„Wenn du meinst, Partner, aber ich hoffe, dass du es nicht bereust.“
„Ich auch.“
„Schön, nun, da wir das geklärt hätten... lasst uns wirklich anfangen.“ meinte Aynaeth, und ließ den Kristall los, welcher langsam durch die Luft schwebte, und über Naruz' linkem Auge stoppte. „Haltet ihn gut fest, und lasst nicht los, ich beginne das Ritual jetzt.“ sagte die Hexe, schloss die Augen, und begann in einer seltsamen Sprache zu murmeln. Kurze Zeit später schoss ein violetter Strahl aus dem Kristall, und bohrte sich direkt in Naruz' Auge, der sofort zusammenzuckte und aufschrie.
„Soll das passieren?“ fragte Nikodemus nervös, und starrte auf den Kristall, während die Hexe ihre Augen öffnete.
„Ja, alles läuft nach Plan.“ murmelte sie, und machte ein Geste in der Luft, woraufhin die Runen sich verschoben, und drei von ihnen Blitze in den Kristall schossen, kurz darauf bohrten sich ein roter und ein blauer Strahl aus dem Kristall in Naruz' Auge, woraufhin dieser erneut aufschrie, und versuchte sich aufzubäumen. „Haltet ihn fest!“ fuhr Aynaeth Nikodemus und Anya an, die ihr bestes taten, um Naruz wieder auf den Tisch zu drücken.
„Ist alles in Ordnung, Naruz?“ fragte Serif, und sah mit bedrücktem Gesicht zu seinem Partner hinunter.
„Mir... geht es...fantastisch.“ meinte Naruz keuchend, und versuchte mit den Augen zu rollen, was jedoch nur für mehr Schmerzen sorgte. „Mir ging es noch nie besser, du solltest das auch mal prob...“ er wurde mitten im Satz von einer neuerlichen Schmerzwelle abgebrochen, als sich sämtliche Strahlen aus seinem Auge zurückzogen, und ein grüner Blitz über sein Gesicht zuckte.
„Bei Gaia.“ hauchte Aynaeth, und hatte plötzlich einen äußerst besorgten Gesichtsausdruck aufgesetzt.
„Was ist los? Ich dachte, es geht alles nach Plan?“ fragte Anya, nervös, beinahe schon panisch, während sie weiterhin nichts anderes tun konnte, als Naruz' Körper auf den Tisch zu pressen.
„Lasst ihn auf gar keinen Fall los.“ murmelte die Hexe, und führte eine herrische Geste mit der Hand aus, woraufhin die Grimoire sich aufrichteten, und auf andere Seiten blätterten, was dazu führte, dass die Runen und Symbole über Naruz sich veränderten. Die grünen Blitze umspielten jetzt Naruz' gesamten Körper, und Blut lief aus seinem Mundwinkel, kurz darauf schrie er wieder, lauter als zuvor. „Anya, lass ihn los.“
„Was? Aber du hast gesagt...“
„Lass ihn los, wenn du ihn nicht umbringen willst!“ fauchte Aynaeth, woraufhin die Templerin sofort von Naruz zurückzuckte. „Gut, hier, siehst du die drei Runen, auf seinem Körper?“ fragte die Hexe, und mit einer Geste schwebten drei Symbole hinunter, und legten sich auf Naruz' Körper.
„Ja.“
„Du musst Heilmagie auf genau diese Stellen schicken, drei kurze, starke Stöße auf jeden Punkt, danach musst du ihn einschlafen lassen. Kannst du das machen?“ Die Templerin nickte schwach. „Gut, dann los, wir haben keine Zeit zu verlieren.“
„Was ist mit ihm los?“ fragte Nikodemus, während Anya sich daran machte ihre Magie zu wirken. „Ich dachte, Ihr wisst was Ihr tut.“
„Ich weiß auch, was ich mache, aber hiermit konnte ich nicht rechnen. Er wehrt sich gegen das Artefakt.“
„Was meint Ihr damit?“
„Sein Körper weigert sich, mit dem Artefakt zu verschmelzen, er versucht es wegzustoßen.“
„Dann sollten wir aufhören, und...“
„Das ist unmöglich, ein Teil des Kristalls ist bereits mit seinem Körper verbunden, ich kann nicht aufhören, ohne sein Gehirn zu verletzen, bestenfalls wird er dann einen kurzen, schmerzlosen Tod haben. Ah, gut gemacht Anya, er schläft ein... kannst du einen Zauber wirken, der dabei hilft, sein linkes Auge offen zu halten? Gut, dann mach das.“
„Warum musstet Ihr ihn einschlafen lassen?“
„Ich hoffe, dass es das leichter macht den Kristall einzusetzen, ich glaube, ich habe den Fehler gefunden, im sechsten Strang der vierundvierzigsten Formel des Zaubers...“ diese Worte waren alles, was Naruz noch mitbekam, ehe Anyas Zauber seine Wirkung entfaltete, und er einschlief.

Wieder einmal träumte Naruz, doch dieses mal, war es ein gänzlich anderer Traum, als diejenigen, die er die letzten Monate gehabt hatte. Er hatte die Kontrolle über seinen Körper, und stand inmitten einer großen Wiese, voller bunter Blumen. Die Gegend kam ihm bekannt vor, aber er wusste nicht ganz wo er sie schon einmal gesehen hatte. Er war jedoch nicht alleine, auf dieser Wiese, in einiger Entfernung saßen drei kleine Kinder, die ihn anscheinend nicht bemerkt hatten, vielleicht konnten sie ihn auch gar nicht sehen. Gerade wollte Naruz losgehen, und sich in der Nähe umsehen, als er jemanden seinen Namen rufen hörte, eines der Kinder, schien ihn zu rufen, ein Mädchen mit langen, schwarzen Haaren, und...
„Oh, wie unerwartet.“ Die Stimme ließ Naruz zusammenzucken, und das Blumenfeld löste sich auf, ebenso wie die Kinder. Als alles verschwunden war, fand Naruz sich in einem Raum wieder, der ihm nur allzu bekannt vorkam, auch wenn er ihn erst einmal zuvor gesehen hatte, während seines Kampfes mit Sonjuno. Langsam drehte Naruz sich um, und wie er schon erwartet hatte, war er dort, der geheimnisvolle Fremde, der ihm bereits gegen den Dämon geholfen hatte. Er saß noch immer auf einem Stuhl, neben dem kleinen Tisch, auf dem das Schachspiel wieder für eine neue Partie vorbereitet war, ein weiterer, leerer Stuhl lud Naruz förmlich dazu ein, sich zu setzen, was dieser auch ohne viel nachzudenken tat. „Nett von dir, mich mal wieder zu besuchen, Naruz.“
„Ja... kein Problem, schätze ich. Du kannst mir noch immer nicht sagen, wo ich hier bin?“
„Leider nicht.“
„Und was ist mit dieser Szene von eben? Was war das?“
„Das müsste ich dich fragen, ich hatte damit nichts zu tun, ich war nur ein unfreiwilliger Beobachter.“
„Also willst du mir sagen, dass das mein Traum war?“
„Tja, das muss es gewesen sein. Kann ich dir eigentlich mit irgendwas helfen?“
„Du könntest mir ein paar Fragen beantworten, die mir seit unserem letzten Treffen im Kopf rumschwirren. Wirst du sie mir beantworten?“ Der Fremde setzte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf, ehe er auf das Schachbrett deutete.
„Spielst du eine Runde mit mir?“
„Was, wenn nicht?“
„Ich würde dir trotzdem ein paar Fragen beantworten, aber ich mag Schach, und hier kommt selten jemand zu Besuch, mit dem ich spielen kann.“ meinte der Fremde mit einem Schulterzucken, woraufhin Naruz auflachte.
„Gut, von mir aus, lass uns eine Runde spielen.“ eine Weile lang schwiegen die beiden, und vertieften sich in das Spiel, eine Weile lang sah es so aus, als wenn der Fremde das Spiel vollkommen unter Kontrolle hatte, bis es Naruz gelang, mit Hilfe von zwei Figuren einen Großteil der Figuren seines Gegners auf der rechten Seite des Bretts zu binden, während er gleichzeitig auf der linken Seite vorrückte.
„Du bist besser geworden.“ kommentierte der Fremde, und zum ersten mal, seit sie das Spiel begonnen hatten, zögerte er und dachte angestrengt über seinen Spielzug nach.
„Vielen Dank, könntest du mir jetzt eine Frage beantworten?“
„Natürlich, frag mich, was immer du willst.“
„Gut... wer bist du? Du hast mir nicht deinen Namen genannt, oder was du eigentlich bist, oder woher du kommst, ich weiß gar nichts von dir.“
„Natürlich, wie unhöflich von mir. Fangen wir damit an, wer ich bin... nun, ich habe schon viele Namen und Titel getragen. Eroberer von Kraal, Wächter der achtzehn Meere, der Schlächter von Damnos, oder, mein persönlicher Favorit, der Scharlachrote Kriegsherr. Aber das sind alles nur wertlose Titel, mein Name lautet Dekellion Mianthra Resiac, meine Freunde nennen mich Demir. Nun, sie würden es tun, leider leben die meisten von ihnen nicht mehr... du darfst mich auch Demir nennen.“
„Also gut, Demir. Woher kommst du? Und was meinst du damit, dass deine Freunde tot sind?“
„Du magst es vielleicht nicht glauben, aber ich entstamme einer Rasse, die nicht von dieser Welt kommt.“
„Du bist nicht aus Terra? Dann vielleicht aus Pandämonium?“
„Nein, nein, du missverstehst mich, ich meine, ich komme nicht aus Azuria.“ Naruz ließ die Spielfigur, die er bewegen wollte fallen, und starrte Demir ungläubig an. „Ja, mit diesem Gesichtsausdruck habe ich schon gerechnet. Meine Rasse ist alt, sehr alt, um ehrlich zu sein, haben wir mittlerweile vergessen, wie wir uns einst genannt haben, wir nennen uns nur noch 'Weltenwanderer'. Wir stammen ursprünglich von einer Welt, die sich Cordius nennt, wir waren schon immer mächtige Magier, und hatten Magie praktisch für alles benutzt, um unser alltägliches Leben zu erleichtern, letztendlich konnten wir uns damit aber nicht retten. Eine Katastrophe suchte unsere Welt heim, überall verfinsterte sich der Himmel, und magische Stürme wüteten über sämtliche Kontinente, und vernichteten alles, das sich an der Oberfläche befand. Wir kamen zu dem Schluss, dass unsere Welt verloren ist, und versuchten uns zu retten, mit Hilfe eines magischen Portals. Um die zweihundert von uns, konnten sich durch das Portal flüchten, allerdings wurden wir während der Flucht getrennt und sind auf verschiedenen Welten gelandet.“
„Ich kann das nicht wirklich glauben.“ meinte Naruz zögernd, woraufhin Demir jedoch nur die Schultern zuckte.
„Ich würde es vermutlich auch nicht glauben, aber so war es.“
„Also bist du von Cordius geflohen, und hier in Azuria gelandet?“
„Nein, nein, noch lange nicht! Ich bin seit über vierhundert Jahren über die verschiedensten Welten gewandert, und habe schon viel gesehen, immer auf der Suche, nach einer neuen Heimat für meine Rasse. Aber mittlerweile vermute ich eh, dass ich der letzte Weltenwanderer bin, der noch lebt, schon zu lange habe ich keinen anderen mehr gesehen, nicht einmal mehr Gerüchte über sie gehört. Ich war schon immer ein kleiner Kriegstreiber, musst du wissen, ich mag den Krieg und den Kampf, ich lebe dafür. Die letzte Welt, auf der ich war, hatte ich innerhalb von sieben Jahren erobert, und unter meiner Kontrolle vereint. Leider gab es dann dort niemanden mehr, der sich mit mir messen konnte, und mir wurde langweilig, also habe ich mein Heer durch ein weiteres Portal geführt, und bin hier in Azuria gelandet.“
„Was? Wo ist dann dein Heer?“
„Vernichtet, ich bin einem mächtigen Feind begegnet, den ich geradeso besiegen konnte, allerdings hat es mich mein gesamtes Heer gekostet. So nah stand ich noch nie vor der Niederlage, es war ein guter Kampf gewesen.“
„Wer war dieser Feind?“
„Ein gefallener König.“
„Das sagt mir leider überhaupt nichts.“
„Das muss es auch nicht... Schachmatt.“ Naruz seufzte, letztendlich hatte er doch verloren.
„Und du sagst wirklich die Wahrheit? Du bist ein Weltenwanderer?“
„Genau.“
„Was machst du dann hier?“
„Ah, tut mir leid, aber fürs erste war es das, mit Fragen beantworten von meiner Seite aus. Außerdem ist es inzwischen Zeit für dich zu gehen, du hast noch einmal Glück gehabt.“
„Was? Wovon redest du?“
„Deiner Operation, du hast überlebt, geradeso, aber du hast überlebt. Das war ziemlich riskant von dir, du hättest sterben können. Und du weißt ja, es ist mir wichtig, dass du überlebst.“
„Also werde ich gleich wieder aufwachen? Dann ist dass alles hier ein Traum?“
„Hm... ich würde es nicht wirklich einen Traum nennen, aber ja, du wachst gleich wieder auf. Oh, eines noch, bevor du mich wieder alleine lässt, die Alfar sind nicht dein größtes Problem.“
„Was meinst du damit?“ fragte Naruz, jedoch war es zwecklos, der Raum und Demir waren bereits verschwunden, und wieder einmal wurde der Botschafter von der Dunkelheit verschlungen.

Bild


Als Naruz seine Augen öffnete, blickte er direkt in die Augen von Anya, welche sich gerade über ihn beugte. Ihre Hand lag auf seiner Stirn, und sie starrte ihm direkt in die Augen. Sie blinzelte kurz verwirrt, als sie merkte, dass Naruz wach war, dann lief sie rot an, und wich schnell vom Bett zurück.
„Ahahaha... guten Morgen, Naruz, du lebst ja noch!“ meinte sie, mit einem falschen Lachen, und einem gezwungenen Lächeln im Gesicht.
„Anya? Wie lange habe ich geschlafen?“
„Du warst drei Tage lang ohnmächtig, Nikodemus dachte schon, du wachst gar nicht mehr auf.“
„Wo sind die anderen?“
„In der Bibliothek, bei Aynaeth.“
„Gut... Moment, was hast du da eigentlich an?“ Erst jetzt fiel Naruz auf, dass Anya gar nicht ihre Rüstung trug, sondern eine weiße Uniform, welche normalerweise von den Krankenschwestern getragen wurde, die den kirchlichen Heilern halfen, sich um ihre Patienten zu kümmern.
„Was? Ähm... d-das ist... also Victoria meinte, Männer... Ähhhhhhm, ich meine... das ist eine... magische Uniform, genau! Eine magische Uniform, welche die Heilzauber der Trägerin verstärkt! Du kannst froh sein, dass ich so eine auftreiben konnte, damit war es ganz leicht, sich um dich zu kümmern.“
„Ah ja, natürlich.“ meinte Naruz, und lächelte schwach. „Ist etwas passiert, während ich ohnmächtig war?“
„Hm? Oh, ja, natürlich. Salvatore war kurz hier, um nach dir zu sehen, er ist jetzt auf einem neuen Auftrag, er hat aber nicht gesagt, wo der ihn hinführt. Ach ja, und Naleya wird noch eine Weile hierbleiben, sie ist zu Aynaeth in die Bibliothek gezogen.“
„Ich verstehe.“
„Außerdem...“ Anya wurde von Sigrun unterbrochen, die plötzlich wie aus dem Nichts auftauchte, und neben Naruz' Bett kniete.
„Botschafter!“
„Was gibt es Sigrun, du scheinst ja ziemlich aufgeregt zu sein.“
„Ich habe deine Freundin gesehen, Aleyandra.“
„Du hast sie gesehen? Warte, du meinst, du hast ihren Kampf gesehen? Wie geht es ihr? Ist mit ihr alles in Ordnung? Hat sie gegen den Dämon gewonnen?“
„Es geht ihr gut... zumindest körperlich gesehen.“
„Was meinst du damit?“
„Ich habe ihren Kampf beobachtet und...“
„Sag es, was ist passiert?“
„Ich glaube nicht, dass ich es dir...“
„Sag es mir!“ Sigrun musterte Naruz eine Weile lang, doch schließlich senkte sie ihr Haupt.
„Wie du es befiehlst, aber glaube mir, es wird dir nicht gefallen.“

Zur selben Zeit, an den Ausläufern des Cactaraka Dschungels:

Bild


Aleyandra ging den Pfad entlang, der Reisende in den Cactaraka Dschungel führte, und näherte sich endlich den Ausläufern des riesigen Waldes. Von hier aus würde es nur noch ein paar Tage dauern, bis sie Navea wieder erreicht hätte, und diesen Auftrag endgültig beendet hätte. Sie schlief schlecht, sehr schlecht, zwar hatte sie in den letzten Tagen nicht mehr ihre gewöhnlichen Albträume gehabt, aber dafür tauchte immer wieder das Gesicht von Yuki Akashi in ihren Träumen auf, das ängstliche Gesicht, des kleinen Mädchens, dessen Leben Aleyandra mit ihren eigenen Händen beendet hatte. 'Nein, das stimmt nicht.' dachte sie sofort, und schüttelte den Kopf. Es war ein Dämon gewesen, ein bösartiger Dämon, der schon bald zu einer Bedrohung für ganz Midgard geworden wäre, sie hatte das richtige getan, sie war dazu gezwungen es zu tun, hätte sie es nicht gemacht, hätte Fenris sie umgebracht, dessen war sie sich sicher. Sie hatte sich nur verteidigt, sie traf keine Schuld. Sie konnte nichts dafür, dass der Dämon sich dazu entschieden hatte, sich ihr als unschuldiges, kleines Mädchen gegenüber zu stellen, das war nur ihre äußere Erscheinung gewesen. So musste es einfach sein, ansonsten wüsste Aleyandra nicht, wie sie mit der Situation zurechtkommen sollte. Mit niedergeschlagenem Gesichtsausdruck, ging sie gerade an einem Gasthaus am Wegesrand vorbei, als sie laute Schreie aus dem Inneren hörte, und kurz aufsah. 'Wahrscheinlich eine Kneipenschlägerei.' dachte sie sich, und wollte schon weitergehen, als sie etwas hörte, dass sie zusammenzucken ließ, es war eine Stimme, die helle, zitternde Stimme eines Mädchens. Sie klang zwar anders, als die junge Akashi, aber trotzdem verspürte Aleyandra einen Stich in ihrem Herzen, als sie die Stimme hörte.
„Was ist los, Aleyandra?“ fragte Alessa, als das Einhorn merkte, dass ihre Herrin angehalten hatte. „Ist dir etwas aufgefallen?“ Aleyandra antwortete nicht, sie stand einfach nur da, und starrte auf das Gasthaus, in dem die Stimmen immer lauter wurden. Die Stimme des Mädchens klang so, als wenn sie kurz davor wäre zu weinen. Aleyandra biss sich auf die Lippe, sie sollte einfach nur weitergehen, je eher sie Navea erreichte, desto besser. Sollten die da drinnen ihre Probleme doch alleine lösen. Das waren die Gedanken, die Aleyandra durch den Kopf schossen, und doch setzte sie ihren Rucksack ab, und wandte sich an Alessa.
„Pass auf meine Sachen auf, ich bin gleich wieder da.“
„Was? Wo willst du hin? Aleyandra? Aleyandra!“ doch die hörte gar nicht mehr auf ihr Eidolon, sondern ging mit entschlossenen Schritten auf das Gasthaus zu. Sie öffnete die Tür, trat ein, warf einen Blick durch den Raum, und beobachtete die Szene, die sich vor ihr abspielte. In der Mitte des Zimmers stand ein Mädchen, vielleicht ein wenig jünger als Aleyandra, mit dunkler Hautfarbe, schwarzen Haaren und grünen Augen. Sie trug eine seltsame, verzierte Rüstung, mit einer ziemlich kurzen Hose, und langen Stiefeln, die ihr bis zu den Oberschenkeln gingen. Über ihrem linken Auge trug sie ein äußerst seltsames Accessoire, das Aleyandra vage bekannt vorkam, sie hatte es schon einmal in einem Buch gesehen, während ihres Trainings. Gegenüber des Mädchens stand ein Mann, bei dem es sich wohl um den Gastwirt handeln musste, sein Gesicht war vor Wut hochrot angelaufen, und er schrie weiterhin die ganze Zeit auf das Mädchen ein, in deren Augen sich bereits die Tränen sammelten. Die anderen Gäste saßen nur schweigend an ihren Plätzen, und sahen zu, niemand schien sich einmischen zu wollen.
„I-ich habe doch gesagt, d-dass es mir leid tut.“ meinte das Mädchen schluchzend, und sah den Gastwirt aus großen Augen an, was diesem jedoch nicht zu beeindrucken schien. „Da wo ich herkomme, brauchen wir nicht dieses... wie nanntet Ihr es nochmal?“
„Geld! Geld, Geld, und nochmals Geld! Wo kommst du bitte her, dass du kein Geld brauchst, wenn du irgendwo essen willst?“
„Aus den tiefen des Cactaraka Dschungels, aus dem Dorf Armani, um genau zu sein.“ sagte Aleyandra, mit fester, selbstsicherer Stimme, und zog damit alle Blicke auf sich.
„Wer seid Ihr? Kennt Ihr dieses Mädchen etwa?“ fuhr der Gastwirt sie an, und wandte sich vom Mädchen ab. Aleyandra schüttelte den Kopf.
„Ich kenne sie nicht, aber es ist leicht, das zu erkennen. Nicht viele Menschen haben solch eine dunkle Hautfarbe, außer den Armani gibt es kaum jemanden, der so aussieht, und dieses Accessoire, dass sie trägt, viele Armani tragen solche Dinger als Schmuck. Wie Ihr sicherlich wisst, unterscheidet die Kultur der Armani sich ziemlich von der unsrigen, sie kennen kein Geld, und brauchen es nicht. Sie scheint noch sehr jung zu sein, wahrscheinlich hat sie gerade zum ersten mal ihr Dorf verlassen, Ihr solltet nicht so streng mit ihr sein.“ Bei Aleyandras Worten, schien sich der Wirt ein wenig zu beruhigen, und er strich sich kurz durchs Haar.
„Ja... ja, Ihr habt natürlich recht, es tut mir leid. Aber das ändert nichts an der Situation, sie hat hier gegessen, aber nicht bezahlt, ich kann sie nicht einfach damit davonkommen lassen.“
„Könnt Ihr ihr das nicht ein einziges mal durchgehen lassen?“
„Ich könnte es, aber... nun ja, seht selbst.“ meinte der Wirt, zog einen Zettel hervor, und überreichte ihn Aleyandra. Diese las sich kurz durch was dort stand, und riss die Augen auf.
„Bei Gaia!“ rief sie, und sah schockiert zum Mädchen hinüber. „Sie hat so viel gegessen?“
„Ja, hat sie, wenn es nur eine kleine Portion gewesen wäre, könnte ich sie sicherlich gehen lassen, aber bei so viel...“ Aleyandra seufzte, und sah erneut zum Mädchen hinüber. Sie hatte Dango im Wert von zwei Goldstücken verputzt! Davon könnte man normalerweise drei Tage lang ohne Probleme leben, und selbst dann müsste man den ganzen Tag lang nichts weiteres essen, als diese Reisklöße. Bei so vielen Dango, würde das Mädchen wohl eine ganze Weile hier im Gasthaus bleiben und arbeiten müssen. Während Aleyandra darüber nachdachte, bemerkte sie, dass das Mädchen sie aus großen, tränenden Augen anstarrte, und ihr hilfesuchende Blicke zuwarf. Aleyandra wollte den Blick abwenden, aber es gelang ihr einfach nicht, irgendwas an diesem Mädchen sorgte dafür, dass Aleyandra ihr helfen wollte. Schließlich seufzte Aleyandra, und zog ihren Geldbeutel hervor.
„Hier, ich bezahle für sie.“ meinte sie, und warf dem Wirt zwei Goldmünzen zu, der sie verdutzt auffing.
„Oh... ich danke Euch, und, ähm... es tut mir leid, dass ich so geschrien habe, aber jetzt verschwinde.“ meinte der Wirt, an das Mädchen gewandt. Dieses nickte kurz, und rannte sofort Aleyandra hinterher, die gerade das Gasthaus verlassen hatte.
„Seit wann bist du denn so großzügig?“ fragte Alessa erstaunt, als Aleyandra zu ihr kam.
„Du hast das gesehen?“
„Ich bin ein edles Eidolon, ich sehe vieles. Also, was hat dich dazu bewegt Geld herzugeben?“
„Ich hätte es eh nicht behalten können, vermutlich, also kann ich es auch gleich ausgeben, und...“
„Entschuldigung?“ Aleyandra fuhr herum, als plötzlich die Stimme des Mädchens hinter ihr ertönte.
„Was ist? Wie kann ich dir...“ begann Aleyandra, verstummte jedoch, als sie merkte, wie das Mädchen sie aus großen, strahlenden Augen und einem riesigen Lächeln im Gesicht anstarrte. „Ähm... was willst du?“
„Ich wollte dir dafür danken, dass du mir geholfen hast! Du bist wirklich nett, Onee-chan!“
„Onee-chan? Moment, ich bin nicht deine...“ erneut brach Aleyandra ab, dieses mal, weil das Mädchen sie praktisch angesprungen und umarmt hatte. „Hey, was soll das?“ fragte sie, während sie versuchte, sich des Mädchens zu erwehren, dass sich fest an sie drückte.
„Du hast mir geholfen, daher muss ich dir jetzt auch helfen, Onee-chan!“
„Was?“
„Das ist Tradition bei uns Armani! Man hilft sich gegenseitig aus, du hast mir geholfen, und ich helfe dir!“
„Einen Augenblick bitte!“ meinte Aleyandra, und schob das Mädchen ein wenig von sich, diese starrte sie jedoch noch immer aus großen, dankbaren Augen an. „Fangen wir mal ganz von vorne an, wer bist du eigentlich?“
„Ich bin Saeca! Ich komme aus dem Dorf der Armani, ich bin unterwegs, auf einer wichtigen Mission!“
„Eine wichtige Mission?“ Saeca nickte.
„Du, ein junges, hilfloses Mädchen, bist auf einer wichtigen Mission, für dein Dorf?“
„Ich bin nicht alleine, meine Freundin begleitet mich!“
„Deine Freundin? Wo ist diese Freundin?“
„Ich wurde von ihr getrennt, aber ich bin mir sicher, sie wird bald hier sein.“ Als wenn Saeca ein geheimes Signal gegeben hätte, rauschte auf einmal etwas rosafarbenes an Aleyandra vorbei, und krachte gegen das dunkelhäutige Mädchen. Es handelte sich um eine Fee, eine Fee aus dem Himmelreich, zumindest sah sie sehr danach aus.
„Saecaaaaaa! Ich dachte schon, ich finde dich nie wieder!“ meinte die Fee, und Tränen flossen aus ihren Augen.
„Meru-chan! Lass mich nie wieder alleine!“ antwortete Saeca, ebenfalls mit tränenden Augen, und drückte die Fee fest an sich.
„Was ist hier eigentlich los?“ fragte Aleyandra, mit vollkommen verwirrter Miene.

Bild


„Oh!“ entfuhr es da Alessa. „Merilee!“ Als sie die Stimme des Einhorns hörte, zuckte die Fee kurz zusammen, drehte sich dann jedoch um, und begann zu lächeln, als sie Alessa sah.
„Alessa! Ich hätte nie erwartet, dir hier zu begegnen!“
„Ja... ich freue mich auch, dich zu sehen.“ murmelte das Einhorn, mit wenig Begeisterung.
„Alessa, du kennst sie?“
„Ja, das ist Merilee, die fröhliche Sylphe. Sie ist eine Fee und ein Eidolon aus dem Himmelreich, so wie Serif.“
„Ein Eidolon? Dann bist du eine Botschafterin Gaias?“ fragte Aleyandra schockiert, und wich vor Saeca zurück. Wie konnte das sein? Wie war ihr das entgangen? Ansonsten hatte sie doch jeden Botschafter der Gaia sofort spüren können! Saeca legte jedoch nur den Kopf zur Seite, und sah Aleyandra verwundert an.
„Botschafter der Gaia? Ich? Nein, nein, auf keinen Fall.“
„Was? Aber du reist mit einem Eidolon durch die Gegend.“
„Ja, Meru-chan ist meine Kindheitsfreundin, sie ist eines der Eidolons, die in unserem Dorf leben. Sie begleitet mich auf meiner Mission.“
„Saeca, du sollst Fremden doch nichts darüber verraten!“
„Aber das ist Onee-chan, sie hat mich vor dem bösen Gastwirt gerettet.“
„Böser Gastwirt?“
„Das ist jetzt unwichtig.“ fuhr Aleyandra dazwischen, ehe Saeca antworten konnte. „Also... Saeca. Was ist diese Mission, von der du redest?“
„Ah ja, natürlich, Meru-chan?“ Die Fee seufzte kurz, klatschte dann jedoch in die Hände, woraufhin eine Art Stab in ihren Händen erschien. Nach einem Schwung mit dem Stab, erschien eine Tafel in Saecas Händen, zusammen mit etwas Kreide. Die Armani kritzelte eine Weile auf der Tafel herum, ehe sie sich räusperte, und die Tafel Aleyandra zeigte.
„Das... sagt mir überhaupt nichts.“ meinte Aleyandra, mit einem entschuldigendem Gesichtsausdruck. Auf der Tafel befanden sich krakelige Zeichnungen von Hütten, Häusern, Schwertern und Strichmännchen.
„Oh.. gut, pass auf Onee-chan.“ Saeca räusperte sich, und deutete auf die Tafel, während sie erklärte. „Also, das ist Armani, mein Heimatdorf. Wir leben tief im Dschungel, und halten uns eigentlich aus allem raus, was so in der Welt passiert, aber das weißt du ja sicher schon. Eines Tages, kamen ein paar böse Männer mit spitzen Ohren in unser Dorf, und haben etwas gestohlen.“ meinte die Armani, und deutete auf die Strichmännchen, denen dünne Striche aus dem Kopf wuchsen, die anscheinend Ohren sein sollten.
„Was haben sie gestohlen?“
„Heilige Reliquien, die unglaublich wichtig für unser Dorf sind! Und ich soll sie zurückbringen!“ erklärte Saeca stolz, und deutete auf das Schwert, und eine große Axt.
„Das sind die Reliquien? Zwei Waffen?“
„Ja.“
„Und du wurdest von deinem Dorf ausgeschickt, um sie zu finden, und zurückzubringen, zusammen mit Merilee?“
„Eigentlich wurde nur ich geschickt, es ist eine Art Prüfung für mich, Merilee ist nur mitgekommen, weil sie denkt, dass ich alleine niemals weit kommen würde.“ Aleyandra sah Saeca eine Weile lang zweifelnd an, schließlich zuckte sie jedoch nur mit den Schultern. Es war viel wahrscheinlicher, dass dieses Mädchen von zuhause abgehauen war, und die Welt erkunden wollte, zumindest Aleyandras Meinung nach, aber das war ja nicht ihr Problem.
„Nun gut, dann will ich dich auch gar nicht lange aufhalten, oder daran hindern, deine Mission zu erfüllen.“ meinte sie schließlich, und wandte sich ab, drehte sich jedoch wieder zu Saeca um, als sie merkte, dass diese sie am Arm packte.
„Warte, Onee-chan! Du hast mir geholfen, also muss ich dir jetzt auch helfen! Außerdem habe ich keine Ahnung, wo ich nach den Reliquien suchen soll! Lass mich mit dir mitkommen.“
„Was? Ich glaube nicht, dass das...“
„Bitte, bitte, bitte, bitte... bitte, Onee-chan!“ Aleyandra wollte eigentlich nein sagen, und Saeca darum bitten sie alleine zu lassen, aber die Art, wie Saeca sie anstarrte sorgte dafür, dass sie es doch nicht tat. Ein erwartungsvoller, unschuldiger Blick, voller Vorfreude, auf Grund der bevorstehenden Abenteuer. Letztendlich seufzte Aleyandra, Saeca hatte die Ausstrahlung eines niedlichen, hilflosen Kätzchens, sie konnte sie einfach nicht alleine hier zurücklassen.
„Gut, du darfst mitkommen, aber nur unter einer Bedingung, du trägst mein Gepäck.“ meinte Aleyandra, und deutete auf ihren Rucksack, welcher mit Waffen vollgestopft war.
„Hontoni? Hontoni, Onee-chan?“
„Was? Ähm... ich schätze... ja?“
„Danke, Onee-chan! Ich werde dich nicht enttäuschen!“ rief Saeca fröhlich, und schulterte den Rucksack, anscheinend ohne irgendwelche Probleme mit dem Gewicht zu haben. „Dann los, Onee-chan, zusammen werden wir viel Spaß haben, und ich bin mir sicher, wenn ich mit dir reise, werde ich früher oder später meine Reliquien finden!“ Aleyandra seufzte erneut, setzte sich dann jedoch in Bewegung, es würde schon nicht schaden, Saeca eine Weile mitzunehmen, was könnte schon dabei schief gehen?
„Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist, Aleyandra?“ fragte Alessa flüsternd, während sie zusahen, wie Saeca ihnen vorausging, mit Aleyandras Gepäck auf dem Rücken.
„Nicht ganz, aber wir können sie doch nicht einfach so zurücklassen, und so kann sie sich auch ein wenig nützlich machen, und mir helfen.“ Während Aleyandra das sagte, geriet Saeca aus dem Gleichgewicht, stolperte, und landete am Wegesrand im Gras. Mit tränenüberströmten Gesicht wandte sie sich langsam zu Aleyandra um.
„Onee-chan... ich... ich...“ schluchzte sie, während Aleyandra auf sie zuging.
„Oh, na das kann ja was werden.“ murmelte Alessa vor sich hin, während sie Aleyandra folgte. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass diese Saeca ihr weit mehr Probleme bereiten würden, als dass sie sich als nützlich erwies.

Bild


Bild
Bild

Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368

Benutzeravatar
Vanidar
Signifer
Signifer
Beiträge: 487
Registriert: 5. Dezember 2010 20:41
:
AAR-Schreiber

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 30. Juni 2014 00:35

18. Mimir ist gemein zu mir... (Öffnen)
18. Mimir ist gemein zu mir...


Nervös ging Aleyandra einen grauen, ungeschmückten Flur entlang auf eine Tür zu. Saeca wartete draußen. Ihr Volk besaß eine recht eigentümliche Art und Weise die Göttin zu verehren und sie wusste, dass viele Anhänger der Kirche die Armani für eine ketzerische Sekte hielten. Silberblatt sollte besser nichts mit ihr zu tun haben, vorerst. Vorsichtig und fast schon zaghaft klopfte sie an die Tür und atmete dabei voller Anspannung tief durch. Als sie Silberblatt irgendetwas unverständliches brummen hörte, rang Aleyandra sich ein schwaches Lächeln ab, betrachtete es als Zeichen einzutreten und schob die Tür auf. Silberblatt saß wie immer an seinem Schreibtisch und tat...naja, was er immer tat, ehrlich gesagt hatte sie noch nie gesehen, dass er viel mehr machte als sich ab und zu mit irgendwelchen Leuten zu unterhalten und an diesem Tisch zu sitzen.
„Aleyandra?“ verwundert blinzelte er sie an, rieb sich kurz müde die Augen und stand sofort auf, um auf sie zuzugehen „Endlich, ich habe schon auf deine Rückkehr gewartet, eigentlich dachte ich, dass du bereits letzte Woche zurück sein wolltest.“
„Es hat länger gedauert als erwartet die Akashi im Cactaraka Dschungel aufzuspüren, sie hatte sich sehr gut versteckt und Fenris zu überwinden, erwies sich auch als eher...schwierig.“
„Aber du hast es letztendlich geschafft nehme ich an?“
„Er ist das stärkste Eidolon das mir bisher begegnet ist, aber die Akashi konnte nicht kämpfen, also war es erstaunlich einfach, sobald ich Fenris ignorierte.“
„Gut, um ehrlich zu sein, habe ich auch nichts anderes erwartet.“ Teregion lächelte erleichtert, als er sie gesund und munter, aber vor allem erfolgreich, wieder vor sich stehen sah. Es hatte ihn damals viel Arbeit und Überzeugungskraft gekostet, um den Erzbischof davon abzubringen, Aleyandra aufgrund ihres Ergebnisses bei der magischen Überprüfung einfach hinrichten zu lassen. Er hatte sich dafür verbürgt, dass er sie zu einer wertvollen Dienerin der auszubilden vermochte und sie ein großer Gewinn für Süd-Midgard wäre. Zum Glück für sie beide, hatte Aleyandra das gleich bei ihrem ersten Auftrag unter Beweis gestellt. „Wie geht es dir? Hat sie dich im Kampf verletzt? Du bist sicher erschöpft von deiner Reise, also sollten wir unser Gespräch so kurz wie möglich machen, damit du dich ausruhen kannst.“
„Mit mir ist alles in Ordnung. Alessa hat sich um meine Verletzungen gekümmert und es ist alles sauber verheilt. Ich würde am liebsten jetzt sofort meinen ausführlichen Bericht abliefern, um meinen Auftrag endlich abzuschließen.“ und es endlich hinter mich zu bringen, fügte sie in Gedanken hinzu. Sobald sie ihren Bericht abgeliefert hatte, musste sie niemals wieder daran denken und konnte es für immer vergessen.
„Das wird nicht nötig sein, ich brauche deinen Bericht nicht, sondern weiß schon alles was ich wissen muss. Du hast einen großartigen Kampf abgeliefert und deinen ersten Auftrag mit Bravour gemeistert.“
„Aber wie...“
„Willkommen in den Reihen der Kinder Gaias.“ schnitt er ihr lächelnd das Wort ab und trat ein paar Schritte auf sie zu, um ihr kurz die Hand auf die Schulter zu legen. „Ab jetzt, giltst du als vollwertiges Mitglied meiner Einheit.“
„Danke, Großmeister.“ erklang Aleyandras eher lahme Antwort. Sie hatte sich diesen Platz mit Blut erkauft und wenn sie könnte, würde sie einfach gehen und die Kinder Gaias hinter sich lassen.
„Ich weiß. Du hast bewiesen, dass wir dir vertrauen können und ich denke du wirst jeden zukünftigen Auftrag genauso gut erledigen. Es war kein leichtes erstes Ziel und ich weiß, dass du Zweifel daran hattest, ob du das richtige tust. Aber mit dem Tod von Yuki Akashi, hast du der Kirche einen wichtigen Dienst erwiesen und niemand wird mehr an dir zweifeln, nur aufgrund einer zweifelhaften Überprüfung.“
„Ja, Großmeister.“
„Hier, das ist für dich, damit du nicht mehr in diesem schäbigen Zimmer leben musst.“ Silberblatt überreichte ihr einen kleinen Schlüsselbund und runzelte kurz verwirrt die Stirn als Aleyandra noch immer keinerlei Anzeichen von Begeisterung zeigte. Auf diesen Moment hatte sie sich eigentlich die ganze Ausbildung über gefreut. „Es sind die Schlüssel zu einer Wohnung im Westviertel der Stadt, nahe des Sees. Ich habe sie persönlich für dich ausgesucht und denke, dass sie dir gefallen wird. Die Kirche wird dich mit allem versorgen was du brauchst, solange es sich in Maßen hält.“
„Das ist kein Problem, ich brauche nicht sehr viel.“ erklärte Aleyandra wahrheitsgemäß. Solange sie Naruz hatte, brauchte sie keinen Luxus und wenn es ihr dort nicht gefiel, konnte sie jederzeit zu ihm in die Villa der Bladelli. Problematisch dürften allerdings die Unterhaltskosten für Saeca werden. Das Mädchen aus dem Norden verbrauchte Unmengen an Dangos und inzwischen konnte Aleyandra den Ärger des Wirts nachvollziehen. Saeca würde ihr die Haare vom Kopf fressen, aber vielleicht konnte sie die Kirche ja davon überzeugen, dass es nötig war täglich eine ganze Wagenladung Reisbällchen zu ihrer neuen Wohnung liefern zu lassen. „Leben eigentlich noch andere Kinder Gaias dort?“
„Nein, du bist in dem Teil der Stadt alleine. Es ist besser, wenn ihr so wenig wie möglich übereinander wisst. Es ist unwahrscheinlich, dass du den anderen über den Weg läufst, wir achten darauf sie von einander fern zu halten.“
„Verstehe.“ Also würde sie niemals andere Kinder Gaias kennenlernen. Insgeheim erleichterte sie das ein wenig, denn es bedeutete vor allem, dass sie immer alleine zu ihren Aufträgen aufbrechen würde und niemanden mit einem erneuten Aussetzer gefährden würde. „Muss ich auch weiterhin hierher kommen, um mit Euch zu üben und gehe einfach in meinen alten Tagesablauf zurück, oder kann ich mit meiner Zeit zwischen den Aufträgen anfangen was ich will?“
„Wir werden noch oft genug hier gegeneinander kämpfen müssen, bevor du wirklich bereit bist es mit den Besten aufzunehmen.“ Aleyandra versuchte ein genervtes Stöhnen zu unterdrückten, was ihr nicht wirklich gut gelang und Silberblatt zum Schmunzeln brachte, bevor er schnell fortfuhr, damit sie nicht vor lauter Verzweiflung durchdrehte „Aber wann wir das tun, kannst du ab sofort selbst bestimmten. Ich bilde dich nicht länger aus und es ist jetzt an dir dich weiterzuentwickeln, alleine, auch wenn dir meine Tür immer offen steht.“
„Danke, Meister.“ Zum ersten mal seit ihrer Rückkehr stieg Vorfreude in Aleyandra auf. Sie durfte selber entscheiden wann und wie sie trainierte? Das war die beste Nachricht seit langer Zeit! In ihrem neuen Trainingsplan würde es sehr sehr viel Freizeit geben, die sie mit Naruz verbringen konnte. Er würde sich freuen, wenn er davon hörte. Es hatte ihn schon immer etwas genervt, dass sie sich viel zu selten sehen konnten aufgrund ihrer Pflichten, aber jetzt war alles anders.
„Aber nur weil ich dich nicht mehr ständig im Blick habe und persönlich ausbilde, gibt dir das noch lange nicht das Recht dein Training zu vernachlässigen. Du hast noch immer einen langen Weg vor dir, wenn du dein volles Potential ausschöpfen willst und das wirst du brauchen für deine nächsten Aufträge. Deine Arbeit wird nicht leichter und deine Gegner nicht schwächer. Diesmal hattest du noch ein leichtes, unausgebildetes Ziel, lass dir deinen Erfolg also lieber nicht zu Kopf steigen.“
„I-ich v-verstehe. Ich werde hart an mir arbeiten, versprochen.“ stammelte Aleyandra und fragte sich für einen Moment, ob Silberblatt in der Lage war ihre Gedanken zu lesen. Andererseits war es auch nicht schwer gewesen ihr verträumtes Strahlen falsch zu deuten. „Darf ich jetzt gehen?“
„Gleich, ich will dich nicht aufhalten und weiß, dass du dich ausruhen möchtest, aber noch sind wir nicht fertig.“ mit einem freundlichen Lächeln streckte Silberblatt seine rechte Hand aus „Komm näher, Aleyandra. Wir müssen noch etwas erledigen bevor du gehen kannst.“
„Was habt Ihr vor?“ unsicher ging sie auf ihn zu, bis sie direkt vor ihrem Großmeister stand.
„Ich habe doch vor deiner Abreise einen Zauber auf dich gelegt. Erinnerst du dich daran?“ Kurz sah er sie prüfend an, um herauszufinden, ob sie es vielleicht schon alleine herausgefunden hatte, aber das schien nicht der Fall zu sein. Als Aleyandra kurz überrascht nickte, fuhr er fort, zufrieden darüber, dass sein Zauber so gut funktioniert hatte. „Dieser Zauber ist der Grund, warum ich deinen Bericht nicht zu hören brauche, obwohl du selbstverständlich trotzdem einen schreiben wirst. Der Erzbischof ist beunruhigt wegen den Akashi, sie bereiten ihm und auch vielen anderen in der Kirche schlaflose Nächte. Während du weg warst, wurde ein weiterer von ihnen des Verrats beschuldigt und es wird den Erzbischof freuen zu hören, dass wenigstens die Bedrohung, die von Yuki Akashi ausging, ein für alle mal ausgelöscht wurde.“
„Natürlich, ich werde mich damit beeilen, aber...wieso sollte Euch dieser Zauber geholfen haben? Ich dachte er wäre nur dazu, zu verhindern, dass ich Informationen über meine Aufträge preisgebe?“
„Das habe ich nur erfunden, als du bemerkt hast wie ich den Zauber wirkte.“
„Dann habt Ihr mich also angelogen?“ Aleyandra blinzelte überrascht. Eigentlich hatte sie gedacht, dass Silberblatt ihr immer die Wahrheit sagen würde, aber das war vermutlich etwas naiv gewesen. Letztendlich führte er die Kinder Gaias nicht ohne Grund an und war sicher auch nicht ganz unschuldig an deren schlechten Ruf.
„Es war besser so. Ansonsten hättest du vielleicht versucht meine Magie rückgängig zu machen oder mit einem eigenen Zauber zu überlagern und dann könnte ich deinem Bericht nicht mehr glauben schenken.“ vorsichtig legte Silberblatt seine Hand auf ihre Stirn und Aleyandra spürte wie ein sanftes Kribbeln ihren Körper durchlief, bis er wieder von ihr zurücktrat. Langsam schwebte eine Art winziger, schwarzer Kristall aus ihrem Körper heraus und ließ sich auf seiner Handfläche nieder. Kurz betrachtete Silberblatt den Kristall und dabei umspielte ein zufriedenes Lächeln seine Lippen. Aleyandra versuchte einen genaueren Blick auf ihn zu erhaschen, aber sofort löste sich der Kristall auf und zerfiel zu dunklem, feinen Staub. „Es war ein Zauber, der es mir erlaubte, durch deine Augen zu sehen. Für deine weiteren Aufträge wird er nicht mehr nötig sein, denke ich.“
„Dann habt Ihr alles gesehen was während meiner Reise passiert ist? Wirklich alles?“ Aleyandra versuchte die Panik aus ihrer Stimme zu verbannen. Würde er sie den Templern vorwerfen wenn er ihren Blutrausch gesehen hatte? Er könnte es, immerhin musste sie während des Kampfes fast wie ein Dämon gewirkt haben.
„Nein, der Zauber wurde nur aktiv, sobald du deine eigene Magie eingesetzt hast, also konnte ich nur deinen Kampf gegen die Akashi beobachten, um genauer zu sein nur die Stellen an denen du sie angegriffen hast. Es gibt keinen Grund zu Beunruhigung. Du hast gute Arbeit geleistet und einen Feind der Kirche ausgeschaltet. Wie du es getan hast, ist deine Sache und geht mich nichts an.“
„V-verstehe.“ Aleyandra atmete erleichtert auf, auch wenn es sie etwas beunruhigte, dass Silberblatt ihren Aussetzer für vollkommen in Ordnung hielt, aber daran wollte sie im Moment keine Gedanken verschwenden. Stattdessen fiel ihr wieder etwas anderes ein und sie holte einen braunen Lederbeutel hervor, in dem sich noch immer fast genauso viele Goldmünzen befanden wie zu Beginn ihrer Reise. „Ach ja, Moment! Das Gold. Ich musste leider ein bisschen davon ausgeben, aber das meiste ist noch da, abgesehen von ein paar Münzen, die ich für Vorräte ausgeben musste.“
„Behalte es, du hast dir eine Belohnung verdient für deinen ersten Auftrag.“
„Ich dachte es ist den Kindern Gaias nicht erlaubt Geld zu besitzen oder weltliche Reichtümer anzuhäufen.“
„Ist es normalerweise auch nicht, aber lass uns fürs erste so tun, als hättest du das ganze Gold während deiner Reise aufgebraucht.“ er zwinkerte ihr verschwörerisch zu, was Aleyandra nur nervös werden ließ. Er schien sich wirklich zu freuen sie wiederzusehen. Seine Begrüßung war zwar nicht überschwänglich, aber von seinem üblichen Ernst war nicht viel zu sehen und das war ungewohnt für sie. Sie mochte keine Veränderungen. Alles sollte so bleiben wie es vor ihrer Abreise war. „Es war sicher nicht leicht für dich die Akashi umzubringen und ich weiß, dass es dir zu schaffen macht, also behalte es.“
„Danke.“ murmelte Aleyandra bedrückt und fühlte sich trotz des Goldes kein bisschen besser. Blutgeld. Das sollte ihre Laune wieder heben? Am besten sie schenkte es Saeca oder warf es weg.
„Du kannst jetzt gehen und dir dein neues Zuhause ansehen. Ich lasse nach dir schicken, sobald es einen neuen Auftrag zu erledigen gibt.“ damit war sie entlassen und sobald sie Silberblatts Haus verlassen hatte, konnte sie endlich wieder frei atmen. Die Last ihres Auftrags war von Aleyandra abgefallen und bis Silberblatt sie wieder zu sich rief, konnte sie vergessen, dass sie zu den Kindern Gaias gehörte. Vor dem Haus wartete bereits eine aufgeregte Saeca, die sofort auf sie zusprang und Aleyandra zum lächeln brachte. Sie wusste nicht genau, warum sie es der Armani erlaubte sie zu begleiten, aber irgendwie gefiel es ihr nicht alleine zu sein. Alessa redete nur darüber wie toll sie selbst war, wenn sie überhaupt redete und ohne Saeca, wäre die Rückreise furchtbar gewesen. Aber der Armani gelang es irgendwie die bedrückende Stille zu vertreiben und Aleyandra auf andere Gedanken zu bringen. Schon deswegen hatte sie sich nach einer Weile dazu entscheiden das Mädchen eine Weile zu behalten. Saeca wusste sowieso nicht wohin und war sofort damit einverstanden. Als Kind Gaias, würde Aleyandra schon bald ganz Midgard durchqueren und Saeca konnte nebenbei ihre gestohlenen Artefakte suchen, während sie Aleyandra aufmunterte und daran hinderte den Verstand zu verlieren.

Bild
Ähm...ohne neue Gebiete oder neue Outfits weiß ich nicht wirklich wie ich Bilder einbauen soll also...seht mal da! Ein Pinguin!

„Wohin gehen wir als nächstes Onee-chan?“ fragte sie sofort, gespannt darauf was sie als nächstes von diesem wundervollen Ort sehen durfte. Navea gefiel ihr anscheinend, zumindest auf den ersten Blick. „Ich möchte unbedingt mit einem dieser schwebenden Boote fliegen! Und zu dem weißen Turm, der bis über die Wolken ragt! Kann man dort hoch? Ob man von dort aus mein Dorf sehen kann?“
„Wie wärs wenn ich dir als erstes den Ort zeige, an dem wir leben werden?“
„Hontoni? Ich darf bei dir wohnen, Onee-chan?“ Saeca riss erstaunt die Augen auf und sah sie einen Moment lang sprachlos an, bevor sie fast in Tränen ausbrach. Sie hätte es niemals für möglich gehalten, dass die Menschen außerhalb des Waldes tatsächlich so nett sein konnten. „Aber ich könnte auch in einem Gasthaus bleiben und dort schlafen, damit ich dir nicht zur Last falle.“
„Das macht mir nichts aus und du hast kein Geld, um dir ein Zimmer zu besorgen, also bleibst du vorerst bei mir. Falls du nichts dagegen hast.“
„Danke, Onee-chan!“ Saeca fiel ihr um den Hals, woran sich Aleyandra mittlerweile gewöhnt hatte. Nur noch selten riss eine Schmuseüberraschungsattacke der Armani sie von den Beinen, aber hin und wieder kam es noch immer vor. Man konnte sich bei Saeca nie wirklich sicher sein wann sie einen mal wieder überfiel. „Was gibt es bei dir zu Essen? Hast du ein ein eigenes Dangolager oder sogar gleich mehrere?“
„Dangolager...was?“
„Ein Lager für Dangos!“ erklärte Saeca und sah sie an, als wäre sie ein wenig zurückgeblieben. Das sie so etwas selbstverständliches überhaupt erklären musste! „In meiner Heimat gehört das zu einem richtigen Haus dazu. Die Anzahl und Größe der Lager, zeigt jedem sofort wie viel Einfluss diese Familie besitzt und wie weit oben sie in der Gunst Gaias steht. Ein Haus ohne Dangolager, ist wie ein Tempel ohne Altar. Es geht einfach nicht!“
„Ähm, nein, tut mir leid, aber ich habe leider kein Dangolager. Bisher habe ich mein neues Zuhause selber noch nie gesehen. Aber vielleicht findet sich ja irgendein Platz, an dem du ein oder zwei Dangos lagern kannst wenn du unbedingt willst.“
„Ja! Ich kriege meine eigenen Dangolager!“ Saecas Jubel verstummte nach einer Weile wieder, worüber Aleyandra ausnahmsweise einmal ganz froh war. Manchmal konnte ihr die Armani etwas zu aufgekratzt sein, aber genau deswegen ließ sie sich ja von Saeca begleiten. Es brachte sie selbst jetzt auf andere Gedanken. „Aber du hast meine andere Frage nicht beantwortet: Was hast du zu Essen in deinem Haus? Ohne Dangolager kannst du ja keine Dangos haben...“
„Mhm, ich schätze bisher wird es dort nichts zu Essen geben, aber wir müssen sowieso durch die halbe Stadt, also können wir auch auf dem Marktplatz halt machen und etwas einkaufen. Mein Großmeister hat mir genug Geld gegeben, um selbst dich satt zu bekommen.“
„Dann kaufen wir alle Dangos, die es in Navea gibt und veranstalten ein Festessen! Das wird toll, ich helfe dir auch beim tragen. Hoffentlich sind die Dangos hier so gut wie in meiner Heimat.“
„Ich dachte eigentlich mal an etwas anderes als immer nur Dangos.“ schmetterte Aleyandra ihren Vorschlag ab und freute sich schon darauf für Saeca und Naruz etwas zu kochen. Sie konnte halbwegs gut kochen, es war eines der wenigen Dinge, die sie recht schnell gelernt hatte. Während ihrer Ausbildung verbrachte sie gerne etwas Zeit in den Großküchen der Kasernen und kannte daher einige Gerichte aus der Gegend. Zumindest in der Theorie. Bisher hatte sie noch nie viel Gelegenheit gehabt ihre Kochkünste großartig unter Beweis zu stellen. Es sollte eine Überraschung für Naruz sein, sobald sie etwas mehr Zeit für ihn besaß und das war jetzt endlich der Fall. „Wie wäre es zum Beispiel mit Fisch in Pilzsoße?“
„Aber...“ Saeca brach mit zittriger Stimme ab und wirkte vollkommen verstört, während sie kurz davor stand vor lauter Schreck eine Herzattacke zu kriegen. Sie sah so erbärmlich aus, dass es Aleyandra sogar gelang sich für ihr nett gemeintes Angebot schuldig zu fühlen. „I-ich soll etwas anderes als Dangos essen? I-i-ist das nicht gefährlich? Ich könnte krank werden o-oder einfach umfallen und sterben...“
„Es wird dir nicht schaden auch mal hin und wieder etwas richtiges zu essen und nicht immer nur diese Reisbällchen in sich reinzustopfen. Du wirst schon sehen, es gibt viele tolle Gerichte auf der Welt und auf Dauer sind Dangos sicher langweilig. Du kannst es wenigstens einmal probieren.“
„V-vielleicht...aber ich verspreche nichts und Alessa sollte lieber ihre Heilzauber bereit halten.“ als Saeca das Eidolon erwähnte, fiel ihr erst auf, dass Merilee und Alessa schon seit einer ganzen Weile verschwunden waren, schon seit sie die Stadt betreten hatten. Es war ihr vor lauter Aufregung gar nicht aufgefallen. Sie betrat zum ersten mal eine richtige Stadt und dann gleich die größte von ganz Midgard. Letztendlich überwältigten die vielen verschiedenen Eindrücke sie, die sie verzweifelt versuchte allesamt gleichzeitig aufzunehmen. „Wo sind die beiden eigentlich? Ich bin kein Botschafter und habe keine Seelenverbindung zu Merilee, also wird es schwer sie wiederzufinden. Hoffentlich ist ihr nichts passiert. Ich habe gehört die Menschen aus dem Süden können gemein sein zu Feen, sperren sie in Käfige und zwingen sie alle möglichen verschiedenen Kleider anzuprobieren.“
„Ja...schrecklich diese kranken Leute, mir würde so etwas nicht einmal im Traum einfallen.“ versuchte Aleyandra schwach ihr zuzustimmen, auch wenn sie sich im Moment Serif in einem niedlichen Rock und einem Käfig vorstellte. Sie musste Naruz dringend darum bitten ihr Serif einmal für eine Weile auszuleihen. Es gab so viele tolle Dinge, die sie mit der kleinen Fee anstellen konnte. Kurz schüttelte sie den Kopf, um diese Gedanken wieder zu vertreiben bevor sie sich davon überwältigen lassen konnte und deutete mit einem Finger in Richtung Himmel, um die vollkommen aufgelöste Saeca zu beruhigen. „Die beiden sind da Oben.“
„Was?“ Saeca legte verwirrt den Kopf in den Nacken und tatsächlich schwebten die beiden Eidolons mit rasender Geschwindigkeit durch die Luft. Alessa wieherte dabei immer voller Panik und erhöhte das Tempo solange, bis selbst Aleyandras Augen ihr kaum noch folgen konnten. Hinter ihr schoss eine fröhlich lachende Merilee durch die Luft und verfolgte das Einhorn, egal wohin es versuchte zu fliehen. „Oh, sie versucht wohl mal wieder auf Alessa zu reiten...sollten wir deinem Eidolon nicht helfen? Wenn Merilee einmal im Sattel sitzt, ist Alessa geliefert und wird sie nie wieder los.“
„Alessa kommt schon zurecht. Machen wir uns lieber auf den Weg zu unserem neuen Zuhause und werden das verdammte Gepäck los, ich kann es nicht mehr sehen.“
„Mhm, ich weiß nicht...“ erwiderte Saeca vorsichtig und erstaunlich nachdenklich.
„Was ist denn? Ich dachte du kannst es kaum erwarten zu sehen wo wir wohnen und wie die Dangos hier in Navea schmecken? Bist du gar nicht mehr aufgeregt?“
„Doch natürlich, aber ich dachte du wolltest so schnell wie möglich zu diesem Naruz. Seit wir uns getroffen haben, hast du kaum über etwas anderes gesprochen, Onee-chan!“ rief Saeca voller Leidenschaft und rief sich alles in Erinnerung, was sie in den letzten Wochen von Aleyandra gehört hatte. Es klang danach, als hätte ihre Onee-chan bereits die wahre, große Liebe gefunden und Saeca wollte nicht, dass sie auch nur noch eine Minute warten musste. Sie wusste wie sehr Aleyandra sich danach sehnte endlich wieder ihm zu sein...außerdem blieb Saeca damit noch etwas Zeit bis zum angedrohten Abendessen. Zeit genug, um sich einen Ausweg aus dieser gefährlichen Situation zu überlegen und Dangos zu suchen. „Du solltest als erstes zu ihm gehen! Er wartet sicher auch schon sehnsüchtig auf dich, immerhin ist es über einen Monat her! Ich bin sicher er verzehrt sich vor Sehnsucht nach dir, genau wie du nach ihm.“
„Und was genau willst du so lange machen?“ fragte Aleyandra unsicher, auch wenn das Mädchen sie bereits vollkommen überzeugt hatte. Sie wollte wirklich einfach nur zu Naruz, aber hatte sich nicht getraut das Mädchen einfach alleine zu lassen. Saeca würde in der Stadt nur Probleme kriegen und wenn sie wieder etwas nahm ohne dafür zu bezahlen, landete sie am Ende noch in den Kerkern.
„Ich komme schon zurecht. In meinem Gepäck sind noch genug Dangos und ich habe Merilee. Wir werden uns hier in der Nähe etwas umsehen und bis Sonnenuntergang treffen wir alle uns wieder hier, abgemacht?“
„Abgemacht.“ Aleyandra nickte, überrascht darüber, dass Saeca plötzlich so erwachsen und selbstsicher wirkte. Mit vor Stolz geschwellter Brust machte Saeca sich auf den Weg, um auf eigene Faust Navea zu erkunden. Selbst Merilee hatte sich kurz von Alessa losreißen können und setzte eine Miene auf, als würden sie gerade in eine gewaltige Schlacht ziehen. Aleyandra schüttelte überrascht den Kopf und machte sich auf den Weg zu der Villa der Bladelli. „Erstaunlich, ich hätte nicht gedacht, dass sie so gut zurecht kommt.“
Doch kaum hatten sie sich getrennt, als hinter Aleyandra lautes, geradezu panisches Geschrei erklang. „Warte! Warte auf mich!“ Verwirrt drehte sie sich um und wurde von einer verzweifelten Saeca fast von den Beinen gerissen, die sich stürmisch in ihre Arme warf. Dicke Tränen kullerten über ihre Wangen und sie vergrub ihr Gesicht in Aleyandras Schulter. „Bitte lass mich nicht allein Onee-chan! Es ist unheimlich hier! Überall sind so viele Fremde und die starren mich und Merilee an! Es ist ein schrecklicher Ort! Bitte lass mich mitkommen!“
„Das hättest du auch gleich sagen können.“ murmelte Aleyandra belustigt und löste sich von der Armani, die sie aus großen Augen hilflos ansah.
„B-bist du jetzt böse auf mich, Nee-chan?“
„Nein, keine Sorge. Irgendwer aus Naruz Team kann dich sicher solange beschäftigen...oder ich lasse dich einfach bei Aynaeth in der Bibliothek. Sie ist eine mächtige Hexe und freut sich immer über Besuch, vor allem wenn sie der Besuch so richtig schön von ihren Studien ablenkt. Ihr werden großartig miteinander auskommen.“ Eine Vorstellung, bei der Aleyandra kurz schmunzeln musste. Hoffentlich konnte sie Saeca wirklich zu der Hexe abschieben, auch wenn es die arme Bibliothek nicht überleben würde. Gemeinsam gingen sie das kurze Stück zu der Villa im Militärdistrikt, während Alessa und Merilee wieder ihre wilde Jagd von vorne begannen.
„Das ist ja eine riesige Hütte!“ rief Saeca aufgeregt, als sie vor dem Anwesen standen, das zu den größten Gebäuden in diesem Teil der Stadt gehörte. „Sie ist so groß wie ein ganzes Dorf. Welcher Stamm lebt dort? Er muss sehr mächtig sein.“
„Das Anwesen gehört den Bladelli, einer nervigen und niederen Familie, deren einziger Zweck es ist, mich an den Rand der Verzweiflung zu bringen.“ murmelte Aleyandra genervt und sofort stieg vor ihrem inneren Auge das Bild von Anya auf, die mit Naruz dort lebte und die ihm täglich über den Weg lief, um mit ihren Brüsten vor ihm herum zu wackeln. Sie wünschte wirklich, dass Naruz sich endlich irgendwo eine andere Bleibe suchte.
„Der Bladelli-Stamm. Wie viele Menschen leben dort?“
„Weiß nicht genau, vielleicht fünf oder sechs wenn man Naruz und sein Team mitzählt, aber nur zwei Bladelli. Anya und ihr Großvater, glaube ich jedenfalls. Es hat mich nie wirklich interessiert.“
„N-nur zwei? Und die brauchen so viel Platz wie ein ganzer Stamm?“
„Es geht nicht wirklich darum, ob man den Platz braucht, sondern das man ihn einfach hat.“ meinte Aleyandra und zuckte dabei kurz mit den Schultern, während sie an die Tür klopfte. Statt eines Dieners, öffnete Anya Bladelli persönlich, was Aleyandras Laune sofort einen Tiefschlag versetze. Die Templerin sah so gut aus wie immer und trug ihre weiße, strahlende Rüstung, als müsste sie jeden Augenblick damit rechnen in eine Schlacht ziehen zu müssen.
„Aleyandra...Ihr ähm, seid wieder zurück.“ begrüßte Anya sie schwach und ihre Begeisterung über den unerwarteten Besuch hielt sich ebenfalls stark in Grenzen „Toll...“
„Ah...Anya, ich meinte...Lady Bladelli, wie schön Euch wiederzusehen. Wie geht es Euch?“
„Gut, zumindest seit Naruz wieder auf den Beinen ist. Es ist einiges passiert seit Eurer Abreise.“
„E-er war verletzt?“ keuchte Aleyandra und zwänge sich schnell an der Bladelli vorbei. Sie wusste es. Sobald sie nicht da war, geriet Naruz nur in Schwierigkeiten!
„Keine Sorge, es ist alles in Ordnung mit ihm.“ versuchte Anya sie zu beruhigen, auch wenn sie etwas von Saeca abgelenkt wurde, welche hinter Aleyandra eingetreten war und sich beeindruckt in der großen Eingangshalle umsah. Wer um alles in der Welt war dieses Mädchen? Sie wirkte nicht so, als wäre sie aus der Gegend um Navea, vielleicht hatte Aleyandra sie aus dem Dschungel mitgebracht, wer wusste schon was manchmal im Kopf dieser Verrückten vorging. „Er ist schon seit zwei Wochen wieder völlig gesund, aber es war knapp und fast hätten wir ihn verloren.“
„Oh, das ist gut. Ich werde mich trotzdem lieber persönlich davon überzeugen dass es ihm gut geht und höre die Geschichte lieber aus seinem Mund. Ist Naruz oben in seinem Zimmer?“
„Ja, aber ich glaube nicht, dass er im Moment jemanden sehen will. Seit er sich erholt hat, ist er seltsam und lässt kaum jemanden zu sich. Vielleicht ist es besser wenn du...“
„Mich wird er sehen wollen.“ Aleyandra schenkte ihr ein kurzes, strahlendes Lächeln, bevor sie die Treppe hoch stürmte, ohne die Bladelli noch eines Gedankens zu würdigen. „Pass solange auf sie auf! Danke!“
„Hey, warte! Was soll ich denn mit dem Mädchen...“ Anya brach beleidigt ab, als Aleyandra im nächsten Stockwerk verschwand und sie gar nicht weiter beachtete. Unsicher wandte Anya sich an das fremdartige Mädchen und starrte es an. Aleyandra hatte ihr nicht einmal den Namen des Mädchens gesagt! „Ähm...h-hallo?“
„Hallo.“ erwiderte Saeca fröhlich und musterte die Templerin neugierig. Anya fühlte sich unwohl, unter dem Blick der großen, freundlichen und suchenden Augen, die sie erwartungsvoll anstarrten. „Aleyandra hat gesagt du lebst hier und willst mir alles zeigen. Also dann, lassen wir die Führung durch dein Dorf beginnen, An-chan!“
„A-an-chan?“
„Als erstes will ich zum Dangolager deines Stammes um es zu...ähm...zu sehen. Nur um es zu sehen, nicht um eure Dangos zu klauen, das wäre schließlich ein Verbrechen gegen Gaia.“ versuchte Saeca möglichst harmlos zu klingen und die Gier aus ihrer Stimme zu verdrängen. In so einem großen Haus musste es massig Dangos geben und Aleyandra würde eine Weile weg sein. Genug Zeit um sich den Bauch vollzuschlagen, bevor Onee-chan sie wirklich noch zwang irgendetwas giftiges zu essen.
„Dango...was?“ damit hatte sie es endgültig geschafft Anya in heillose Verwirrung zu stürzen. Saeca dagegen seufzte nur verzweifelt. Die Leute hier waren seltsam! Wie konnte keiner von ihnen ein Dangolager besitzen? Das war doch unnatürlich!
Während Anya ihrer neugewonnen Berufung als Kindermädchen folgte, rannte Aleyandra inzwischen voller Vorfreude durch die Flure der Villa. Anya würde schon zurechtkommen, hoffentlich besaßen die Bladelli irgendwo genug Dangos um Saeca zu beschäftigen. Dann verbannte sie Saeca, Anya und die Reisbällchen endgültig aus ihren Gedanken, als sie aufgeregt vor der Tür zu Naruz Zimmer stehen blieb und sie sofort voller Enthusiasmus aufstieß.
„Naruz!“ Er saß auf seinem Bett und blickte überrascht auf, als sie einfach so in sein Zimmer stürmte. Sie ließ die Tür hinter sich zufallen und sprang fast schon auf Naruz zu, der langsam aufstand.
„Hallo, Aleyandra. Es ist... schön dich wiederzusehen. Wir müssen miteinander reden.“ begrüßte Naruz sie deutlich weniger überschwänglich und die mangelnde Begeisterung in seiner Stimme beleidigte Aleyandra kurz. Seltsamerweise lächelte er nicht, er sah sie einfach nur aus traurigen Augen an, ob hier in Navea wohl etwas vorgefallen war, als sie sich durch den Dschungel schlug?
„Endlich! Ich bin endlich wieder in der Zivilisation! Es hat eine Weile gedauert und ich musste Silberblatt erst noch Bericht erstatten, du weißt ja wie ungeduldig er manchmal sein kann, aber jetzt habe ich endlich frei und Zeit für dich, für uns.“ meinte Aleyandra, und umarmte Naruz, der sie jedoch mit seinen Armen auf Abstand hielt, er beugte sich auch nicht vor, um sie zu küssen, wie er es sonst immer tat.
„Dann hast du deinen Auftrag im Dschungel also erfolgreich abgeschlossen?“
„Natürlich.“
„Und zu Silberblatts Zufriedenheit, nehme ich an.“
„Ja, ansonsten wäre ich nicht hier, sondern würde mir eine Predigt von ihm anhören müssen, falls ich überhaupt noch am Leben wäre.“
„Du hast also gegen den gefährlichen, blutrünstigen Dämon gekämpft und ihn besiegt?“
„Ja, das habe ich. Es war nicht leicht, aber am Ende habe ich ihn erledigt.“ flüsterte Aleyandra, sie wollte jetzt nicht an Yuki Akashi denken, also lehnte sie sich vor, um Naruz zu küssen, aber er wich schnell aus und löste sich fahrig aus ihrer Umarmung „Naruz? Was ist denn los? Ist etwas passiert, während ich weg war?“
„Wusstest du eigentlich, dass Sigrun auch als 'die Valkyre' bezeichnet wird?“ fragte er, mit belegter Stimme, was Aleyandra endgültig verwirrte. Naruz starrte sie eine Weile lang aus kalten Augen an, ehe er sich von ihr abwandte, und zum Fenster ging, um möglichst viel Raum zwischen sich und Aleyandra zu bringen.
„Sigrun? Du meinst, dein zweites Eidolon? Ja, wusste ich, aber was hat das mit der ganzen Sache zu tun?“ langsam wurde sie unruhig, als er noch immer nicht lächelte. Mehr wollte sie im Moment gar nicht. Er sollte sie nur in die Arme nehmen und lächeln, damit sie ihren Auftrag endlich hinter sich lassen konnte.
„Wusstest du auch, dass sie als Valkyre, sämtliche Kämpfe überwacht, die auf Midgard stattfinden? Also, nicht etwa Schlachten, wie sie in Kriegen geschlagen werden, sondern einfache Kämpfe, zwischen nur wenigen Kontrahenten.“
„Das wusste ich nicht, aber was hat das...“ Aleyandra brach ab, als ihr aufging, woraufhin Naruz hinauswollte und schlug die Hände vor ihrem Mund zusammen. Das konnte nicht sein! Es war unmöglich, dass er alles über ihren Auftrag von diesem Eidolon wissen konnte, es musste einfach unmöglich sein.
„Sie hat mir alles erzählt von deinem Kampf gegen diesen ach so bösartigen Dämon...davon, und wie viel Spaß es dir gemacht hat, ein kleines Mädchen abzuschlachten. Sehen so deiner Meinung nach Dämonen aus? Kümmern sich Dämonen um deine Verletzungen und verschonen dich, obwohl sie dich jederzeit leicht töten könnten?“ sagte Naruz schließlich, drehte sich wieder zu ihr um, und sah ihr ins Gesicht. Aber zum ersten mal, seit sie Naruz in Helonia getroffen hatte, ließ sich nichts freundliches, oder warmherziges in seinem Blick finden, er starrte sie einfach nur mit einem kalten Blick an, in dem sich eine Mischung aus Angst und...Abscheu zu befinden schien. Aleyandra wusste nicht was davon sie mehr schmerzte. „Sigrun hat bei diesem Kampf nur einen einzigen Dämon gesehen und das warst du.“
„Nein...nein, das stimmt nicht Naruz! Was sie sagt, ist gelogen! Sie...“
„Sie lügt? Ein edles Eidolon, aus dem Himmelreich, dass seit Jahrhunderten dafür bekannt ist, besonders ehrenvoll und ehrlich zu sein, sollte einfach so anfangen zu lügen?“
„Vielleicht lügt sie nicht ganz, sondern verdreht nur ein paar Tatsachen! Ich habe wirklich gegen jemanden gekämpft, der schon bald zu einem bösartigen Dämon geworden wäre und musste es tun!“
„Sagte dir wer? Silberblatt?“
„Ja, natürlich. Es ist seine Aufgabe solche Bedrohungen aufzuspüren und auszuschalten.“
„Er ist bestimmt unglaublich stolz auf dich. Wusstest du, dass er sich Sorgen gemacht hat, als du weg warst? Nicht um dich, oder deine Sicherheit, sondern darum, dass ich dich möglicherweise daran hindern könnte, ein echtes Mitglied der Kinder Gaias zu werden. Tja, ich würde sagen, er hat sich umsonst Sorgen gemacht, denn wie es scheint, bist du wirklich dazu in der Lage, gewissenlos Unschuldige abzuschlachten, mit einem breiten Grinsen im Gesicht!“ Während Naruz sprach, wurde er immer lauter, und Aleyandra wich ein paar Schritt vor ihm zurück. Das konnte nicht sein, dass hier passierte gerade nicht wirklich, dachte Aleyandra wie gelähmt, während sie Naruz einfach nur ungläubig anstarrte. So hatte sie sich ihre Rückkehr nicht vorgestellt. Wie konnte es dieses Eidolon wagen Lügen über sie zu verbreiten? Sie hatte einen Dämon getötet! Genau wie er es schon zweimal getan hatte, ihr Kampf gegen die Akashi war nichts anderes gewesen als sein Kampf gegen Sonjuno. Naruz schwieg eine Weile, als müsste er sich erst beruhigen um weiterzusprechen, dann holte er tief Luft, und wandte sich erneut an sie. „Es ist vorbei, Aleyandra.“
„Was? Was meinst du damit?“ Wovon redete er? In Aleyandras Kopf wehrte sich alles dagegen den Sinn hinter seinen Worten zu akzeptieren, also versuchte sie so zu tun, als hätte sie keine Ahnung was er von ihr wollte.
„Genau das, was ich gesagt habe, es ist vorbei. Ich kann nicht mit einer kaltblütigen Mörderin zusammen sein, die sich nichts schöneres vorstellen kann, als möglichst brutal unschuldige Mädchen abzuschlachten. Du bist nicht die Aleyandra, in die ich mich während meiner Zeit hier in Navea verliebt habe, oder eher, die ich glaubte zu lieben.“ meinte er, mit schwacher Stimme, und wandte sich ab. Aleyandra starrte ihn einfach nur an. Hatte er gerade wirklich mit ihr Schluss gemacht? Das war etwas, vor dem sie sich gefürchtet hatte, seit sie hier in Navea mit ihm zusammengekommen war, nein, vor dem sie sich gefürchtet hatte, seit sie ihm begegnet war. Und trotzdem empfand sie keine Trauer...sondern nichts als unbändige Wut. Sie war wütend, denn sie wusste ganz genau, warum Naruz sich von ihr trennte, oder zumindest dachte sie das in diesem Moment.
„So ist es also, ich verstehe.“ meinte Aleyandra, mit vor Wut zitternder Stimme und geballten Fäusten „Wer ist es?“
„Was? Was meinst du mit 'Wer ist es'?“
„Wen hast du dieses mal gefunden, während ich nicht da war, um mich zu betrügen?“ fauchte Aleyandra, und ging zornig wieder einen Schritt auf Naruz zu. Nun war es an ihm, sie ungläubig anzustarren.
„Wie bitte? Hast du mir zugehört? Weißt du eigentlich noch, worum es in diesem Gespräch geht?“
„Oh ja, ich weiß es! Du hast jemanden gefunden, der dir besser gefällt als ich! Wer ist es, diese Bladelli? Oder die andere aus deinem Team? Vielleicht sogar beide, zuzutrauen wäre es dir! Mein Kampf gegen die Akashi, ist für dich doch nur eine willkommene Ausrede, um mit mir Schluss zu machen, gib es zu! Du willst mich einfach nur loswerden!“
„Bist du noch ganz bei Sinnen? Das hat hiermit überhaupt nichts zu tun!“
„Nein, natürlich nicht, du würdest mich nie betrügen, nicht wahr?“
„Würde ich nicht, nein, wie kommst du...“
„Und was war damals in Helonia, mit dieser Schlampe Alesia? Glaubst du etwa ich habe das nicht bemerkt? Ganz so blöd wie du denkst bin ich nicht und ich lasse mich diesmal nicht von dir reinlegen!“
„Wir waren in Helonia nicht zusammen!“ rief Naruz aufgebracht von ihrer schamlosen Behauptung und wandte sich endlich wieder zu Aleyandra um, mit wutentbranntem Gesicht „Für was für eine Art von Monster hältst du mich eigentlich, dass du mir vorwirfst, den Tod eines kleinen Mädchens zu nutzen, um eine Affäre zu überspielen?“
„Warum sollte dich sonst der Tod irgendeines fremden Mädchens dermaßen mitnehmen, dass du dich einfach so von mir trennst?“
„Vielleicht, weil mir der Gedanke nicht gefällt, dass du ein treuer Hund von diesem Silberblatt geworden bist!“ schrie Naruz, und Aleyandra schloss verwundert den Mund, mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet und glaubte ihm noch immer nicht. Das ganze konnte nicht ihre Schuld sein, sondern es war seine. Er versuchte nur es mit seiner Wut zu überspielen, da war sie sich sicher. „Du befolgst seine Befehle, wie ein dämlicher Köter, und wedelst fröhlich mit dem Schwanz, wenn er dich dafür lobt. Du hattest schon keine Probleme damit, mit einem Lächeln im Gesicht ein kleines Mädchen umzubringen, was soll da erst passieren, wenn du andere Ziele kriegst? Vielleicht jemanden aus meinem Team oder einen der Bladelli? Silberblatt hasst mich! Was, wenn ich eines Tages 'zufällig' auf einer seiner Listen lande? Ich wette, du würdest mir mit dem größten Vergnügen die Pistole an den Kopf halten, und abdrücken, weil dein Herrchen es so will, nicht wahr?“
„Hörst du dich eigentlich selbst reden und glaubst diesen Schwachsinn wirklich? Ich erledige meine Aufträge, um am Leben zu bleiben, mehr nicht und das ganze hat rein gar nichts mit uns zu tun.“
„Doch, das hat es.“ widersprach ihr Naruz, der sich inzwischen wieder etwas beruhigt hatte und ihrem Blick auswich. Er wollte sie nicht mehr sehen, wollte nicht an das erinnert werden was Sigrun ihm berichtet hatte. Seit er davon wusste, stellte er sich vor wie Aleyandra dieses arme Mädchen umbrachte, genau wie sie es schon am Strand von Helonia getan hatte und ihm wurde schlecht. Wie sollte er so jemanden lieben? Es war unmöglich. „Bitte, geh jetzt und lass mich alleine.“
„Willst du wirklich zulassen, dass irgendein Mädchen, deren Namen du nicht einmal kennst, zwischen uns steht? Sie war eine Gefahr für die Menschheit und hätte das Leben von Tausenden vernichtet, wenn ich sie nicht umgebracht hätte.“ auch Aleyandras Stimme hatte sich etwas beruhigt und sie ging wieder auf Naruz zu. Mit einem aufgesetzt wirkenden Lächeln versuchte sie sich zusammenzureißen und die Situation vielleicht doch noch zu retten, indem sie so sanft wie möglich weitersprach. „Vergessen wir diesen ganzen Unsinn, ja? Das ganze hat nichts mit uns zu tun. Ich bin müde und möchte nicht streiten, sondern einfach nur wieder bei dir sein.“
„Lass das, Aleyandra. Ich habe gesagt du sollst gehen.“ wehrte Naruz entschieden ab und als sie trotzdem noch näherkam wich er schnell weiter zurück. Er ertrug ihre Anwesenheit nicht mehr länger. Er versuchte sie so zu sehen, wie sie die ganzen Monate in Navea gewesen war. Freundlich, niedlich, aufgeweckt und mit einem strahlenden Lächeln, das einen sofort verzaubern konnte wenn sie einmal lächelte. Aber er sah nichts mehr davon, sondern nur noch die brutale Mörderin, das Monster. „Verschwinde endlich!“
Als er sie anschrie blieb Aleyandra stehen, ballte die Fäuste und machte auf dem Absatz kehrt. Das würde er bereuen, schoss es ihr wütend durch den Kopf und sie spürte, wie das Blut immer schneller durch ihre Adern pulsierte. Aleyandra riss die Tür auf und spürte, wie sie fast aus den Angeln flog. Das war nicht gut, sie regte sich zu sehr auf und vergaß ihre Kräfte als Botschafterin Gaias unter Kontrolle zu halten. Ohne noch einen Blick für die halb aus den Angeln gerissene Tür zu verschwenden, eilte sie durch die Gänge des Anwesens und blieb erst stehen, als sie Anya und Saeca fand. Die beiden standen vor einem Bild und die Bladelli hielt dem gelangweilten Mädchen aus dem Dschungel einen Vortrag über die Geschichte ihrer Familie. Als Saeca merkte das Aleyandra zurück war, lief sie schnell auf sie zu und freute sich darüber endlich von diesem Dangofreien Ort wegzukommen.
„Das ging aber schnell, ich dachte schon, dass ich mir noch den ganzen Tag langweilige Geschichten zu irgendwelchen Bildern anhören muss...“
„Keine Angst, das musst du nicht, wir sind hier fertig. Geh du schon einmal zum Ausgang, ich habe noch schnell etwas mit Lady Bladelli zu besprechen.“ wandte sie sich freundlich an Saeca, die sofort die Treppe runter sprang, um die Villa zu verlassen. Hier gab es sowieso keine Dangos, also war es langweilig. Kaum war sie verschwunden, als Anya sich lächelnd Aleyandra zuwandte.
„Sie ist wirklich...nett, denke ich, aber etwas zu sprunghaft. Es ist schwer ihr zu folgen und ich habe meistens keine Ahnung was sie überhaupt sagen will. Ich...“ erschrocken brach Anya ab, als Aleyandras Arm vorschnellte und ihre Hand sich um den Hals der Bladelli legte. Die roten Augen begannen hell zu strahlen und Aleyandras Gesicht verzerrte sich vor Hass. Anya wurde an die Wand gedrückt und einfach hochgehoben als wäre sie leicht wie eine Feder. Aleyandra begann zu lächeln, als sie die schwachen Befreiungsversuche der Bladelli bemerkte. Anya versuchte die Hände von ihrem Hals zu befreien, aber musste sich der Kraft einer Auserwählten Gaias geschlagen geben. Aleyandra spürte, wie sie mehr und mehr die Kontrolle über sich verlor. Sie wollte dieses Ungeziefer tot sehen. Sie und alle anderen, die Schuld an Naruz Entscheidung waren.
„Halt dein verlogenes Maul, du Hure.“ zischte Aleyandra und ihre andere Hand tastete suchend nach dem Griff einer ihrer Pistolen. Es wäre so leicht ihr Problem aus der Welt zu schaffen, aber sie konnte es nicht hier tun, nicht wenn Naruz da war. Trotzdem verstärkte sie ihren Griff um Anyas Hals und schnürte ihr endgültig die Luft ab. Sofort versuchte die Bladelli nach Aleyandra zu schlagen, aber ohne Erfolg. Mit der Stärke einer Botschafterin Gaias konnte die junge Templerin nicht mithalten und all ihre Versuche sich aus dem stahlharten Griff zu befreien blieben erfolglos. Aber Aleyandra gefiel es, dass Anya sich wehrte und verzweifelt zappelte. So machte es ihr mehr Spaß. Sie müsste nur noch mehr Druck ausüben und sie konnte diesen schlanken Hals einfach umknicken wie einen Strohhalm. „Ich weiß genau was du getan hast und dafür wirst du bezahlen. Du hast meine Abwesenheit ausgenutzt, um ihn zu verführen. Ich werde dich jagen, bis in alle Ewigkeit, dich zu Tode hetzten und restlos vernichten. Eines Tages, wenn du nicht damit rechnest und dich nicht hinter Naruz verstecken kannst, werde ich da sein und dich in Stücke reißen. Ich kann es kaum erwarten dich zu töten, dich lange und langsam leiden zu lassen, zuzusehen wie Stück für Stück das Leben aus dir fließt, während ich dich...
„Aleyandra! Lass sie runter!“ Naruz Stimme durchdrang ihren Schleier aus Wut und Hass. Verwirrt drehte sie den Kopf in die Richtung, aus der seine Rufe kamen. Er musste ihr gefolgt sein und stand jetzt ein Stück entfernt im Gang. In seinen Händen funkelten seine beiden neuen Schwerter und er kam langsam auf sie zu. Ein bedrohlicher Unterton hatte sich in seine Stimme gestohlen und riss Aleyandra endgültig zurück in die Wirklichkeit. „Sofort.“
„Ich...“ Panik machte sich in Aleyandra breit und sie heftete die Augen an seine Klingen. Wieso sah er sie so an und bedrohte sie? Schnell ging sie einen Schritt zurück und ließ Anya hustend zu Boden gleiten. Das Leuchten verschwand aus ihren Augen und sie zitterte am ganzen Körper, als sie bemerkte was sie gerade getan hatte, noch dazu direkt vor Naruz. Sie warf ihm einen flehenden Blick zu und hoffte, dass er ihr diesen kleinen Ausraster einfach verzieh, aber sein Gesicht war nur eine reglose, angespannte Maske. „E-es t-tut mir leid. Ich...“
„Ich will nichts mehr davon hören, Aleyandra.“ Naruz steckte die Schwerter weg und ging auf Anya zu, um ihr aufzuhelfen. Die Bladelli rang noch immer um Luft und wirkte einfach nur froh noch am Leben zu sein. Dankbar lächelte sie Naruz an, der ihr wieder auf die Beine half und sich dann mit kalter Stimme Aleyandra zuwandte. „Geh einfach, bitte.“ Diesmal zeigte es Wirkung und Aleyandra zog wesentlich kleinlauter ab. Jetzt würde Naruz ihr erst recht niemals verzeihen, jetzt da er wieder gesehen hatte wie sie sein konnte. Kaum hatte Aleyandra die Tür nach draußen durchschritten, als sie spürte, wie endgültig all ihre Wut verflog und nichts als endlosen Schmerz zurückließ.



Einige Tage später hockte Silberblatt zwischen Bergen aus Büchern und versuchte sich möglichst wenig zu bewegen, um die wertvollen Bände nicht ausversehen irgendwie zu beschädigen. Er befand sich in der Bibliothek der Bladelli, die man inzwischen zu Aynaeths Schlafzimmer und gelegentlich sogar zum Esszimmer umfunktioniert hatte. Eigentlich wusste er nicht wirklich was er davon halten sollte was sie mit der einstmals ordentlichen und gut geführten Bibliothek anrichtete, aber gleichzeitig ärgerte es Anya und die Bladelli, also gefiel es ihm ausgesprochen gut. Aynaeth saß ihm gegenüber, ebenfalls auf dem Boden, und war in mehrere Bücher gleichzeitig vertieft, die um sie herum ausgebreitet lagen. Naleya befand sich jetzt schon seit einer Weile in der Küche und bereitete das Abendessen zu. Viel mehr Leute befanden sich derzeit nicht in der Villa der Bladelli, denn Naruz Team war ausgeflogen und würde erst gegen Einbruch der Nacht zurückkommen, zum Glück. Der Inquisitor ging ihm sowieso nur auf den Geist.
„Hast du darüber nachgedacht, Aynaeth?“ durchbrach er die langweilige Stille und wandte sich an die Hexe „Dein Verständnis für die Theorie der Magie ist viel umfassender als meines und ich habe keine Ahnung was ich noch versuchen soll, um es Aleyandra zu erleichtern endlich richtige Magie zu wirken.“
„Mhm, ich bin mir nicht sicher was das Problem ist.“ gab Aynaeth zu und legte das Buch zur Seite, während sie ihn nachdenklich anstarrte. Vor ein paar Tagen schon hatte Silberblatt sie gebeten sich einmal etwas mit Aleyandras Magieblockade zu beschäftigen, immerhin war es ihr auch gelungen Naruz zu helfen, mehr oder weniger zumindest. „Eigentlich sollte sie ohne Probleme in der Lage sein selbst die mächtigsten Zauber zu meistern. Ihre magische Kraft ist mehr als ausreichend dafür und sie müsste eine fantastische Magierin abgeben.“
„Ich weiß, das ist ja gerade das seltsame daran. Es ist nicht so wie bei Naruz, dessen magischen Kräfte erbärmlich sind und der deswegen kaum auf Magie zurückgreifen kann. Irgendetwas an ihr verhindert, dass sie auf ihre Kräfte zugreifen und sie nutzen kann. Bist du sicher, dass kein Bannzauber auf ihr liegt der den Fluss der Magie stört?“
„Ziemlich sicher, das hätte ich bemerkt. Meiner Meinung nach, hat sie einfach nur Angst.“
„Angst?“
„Sie fürchtet sich unbewusst vor Magie und hasst sie. Ich weiß zwar nicht warum sie so viel Angst davor hat, aber das ist bisher meine einzige Theorie und ich finde sie recht logisch. Es gibt keinen anderen Grund, warum diese Blockade da ist.“
„Also versucht ihr Unterbewusstsein sie aus Angst mit dieser Blocke vor ihrer eigenen Magie zu schützen?“ nachdenklich sah er Aynaeth an und wusste nicht wirklich, was er von dieser Theorie halten sollte. Wenn die Hexe richtig lag, gab es nicht viel was er noch tun konnte, sondern es lag einzig an Aleyandra diese Blockade aufzuheben. „Möglich, schätze ich. Es würde erklären wieso sie diese Pistolen braucht, um ihre Zauber zu kanalisieren.“
„Die Pistolen sind, nach allem was du mir gesagt hast, ein wichtiges Stück aus ihrer Vergangenheit. Etwas an ihnen ist Aleyandra also vertraut. Sie geben ihr Sicherheit und Halt, weil sie tief in ihrem Inneren weiß, dass sie mit diesen Waffen verbunden ist. Also leitet sie all ihre Magie immer durch die Pistolen, anstatt auf gewöhnliche Art und Weise Zauber zu wirken. Sie könnte viel mächtiger sein, wenn sie sich von dieser Angewohnheit befreit, aber es dürfte schwer sein sie davon abzubringen schätze ich.“
„Sie benutzt diese Waffen als Medium für ihre Kraft, genauso wie ihr Hexen es mit den Grimoiren tun. Wenn ich ihr dabei helfe mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren, löst sich das Problem vielleicht von alleine. Kennst du zufällig Hexen die so kämpfen wie Aleyandra?“
„Vielleicht.“ murmelte Aynaeth und wandte sich wieder ihren Büchern zu „Es gibt einige Hexen und Hexer in Vo Astur, die anstatt eines Grimoire andere machtvolle Gegenstände benutzen, aber das ist ein Bereich der Magie, mit dem ich mich noch nie wirklich auseinandergesetzt habe. Leider kann ich dir nicht viel mehr darüber sagen. Vielleicht findest du ja in einem der Bücher eine Antwort. Hier, lies das.“ Aynaeth saß plötzlich direkt neben ihm, schmiegte sich an seine Schulter und hielt ihm ein kleines, dunkles Buch hin. Silberblatt griff danach, aber hatte keinen Blick mehr dafür übrig, sondern beugte sich zu ihr herüber, um die Hexe zu küssen. Aber bevor er ihre Lippen erreichte, hielt sie plötzlich den armselig dreinblickenden Grimm vor seine Nase, um ihn auf Abstand zu halten und Silberblatt zuckte erschrocken zurück, als er plötzlich in das Gesicht des Drachen starrte.
„Versuch das lieber nicht noch mal, Flugechsen mögen es nicht geküsst zu werden.“
„Tut mir leid...“ zerknirscht wandte Silberblatt sich dem neuen Buch zu und versuchte die Anwesenheit der Hexe zu ignorieren so gut es ging, auch wenn sich ihr zierlicher Körper beim lesen an ihn lehnte. Am liebsten hätte er verzweifelt geseufzt, aber er wollte Aynaeth nicht noch mehr nerven. Sie trafen sich zwar jetzt schon seit einer Weile, aber waren nicht wirklich weitergekommen. Langsam drängte sich ihm der Verdacht auf, dass Aynaeth nur wollte, dass er ihr noch mehr Geschenke machte. Erst heute hatte er einen teuren Kuchen mitgebracht, über den sie sich sofort hergemacht hatte.
„Naruz!“ zerriss plötzlich ein lauter, gellender Schrei die Stille der Bibliothek und fiel durch eines der offenen Fenster dröhnend hinein. Aynaeth blinzelte kurz verwirrt, als es tatsächlich jemand wagte sie beim lesen zu stören und Silberblatt erhob sich verwirrt. Er kannte diese Stimme, auch wenn er nicht wusste warum sie hier so einen Aufstand machen sollte. Langsam ging er zum Fenster und tatsächlich stand vor der Villa eine zornige Aleyandra, die mit gezückten Pistolen durch die Gegend taumelte. Es war mitten am Tag und im Militärdistrikt waren viele Soldaten und Templer unterwegs, die sie verwirrt anstarrten und langsam sammelte sich eine kleine Menge an Schaulustigen, die sehen wollten, was die Irre vorhatte. „Naruz! Zeig dich endlich du Feigling und hör auf dich zu verstecken! Naruz!“ Aleyandra hob ihre Pistolen und richtete sie zittrig auf das Anwesen. Zum Glück war sie anscheinend so durcheinander, dass jeder ihrer Schüsse noch vor dem Haus einschlug und kaum Kraft besaß. Also sahen die magischen Explosionen zwar beeindruckend aus, aber hinterließen letztendlich nur einen kleinen Krater in der Straße.
„Vielleicht solltest du dich lieber um sie kümmern, bevor sie noch echten Schaden anrichtet?“ meinte Aynaeth beunruhigt und rutschte erstaunlich nervös auf dem Boden hin und her, während sie ängstliche Blicke auf ihre geliebten Bücher warf „Meine Bibliothek hat auch Fenster und soweit ich weiß, kann sie Feuer verschießen...wie ein Drache.“
„Ja, das wäre wohl besser. Ich mache mich lieber auf den Weg und bewahre sie davor eine Dummheit zu tun.“
„Danke, Drachentöter Blättchen.“ Aynaeth stand kurz auf und und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange, der Silberblatt, trotz Aleyandras wütenden Schreien, lächeln ließ. Dann machte er sich auf den Weg nach draußen und kaum öffnete er die Tür, wurde er auch schon angeschrien.

Bild
Bild
Hasenohren!

„Naruz! Komm raus!“
„Aleyandra? Was tust du hier?“ verwirrt blinzelte er sie an und hätte sie beinahe nicht wiedererkannt. Sie trug einen kurzen, weißen Rock und eine blaue Bluse, auch wenn man die Farben kaum noch erkennen konnte, denn beides war verdreckt und überzogen mit Weinspritzern. Sie taumelte leicht hin und her, hinter ihr lagen die zerbrochenen Überreste einer Weinflasche und sie schien seit Tagen nichts anderes getan zu haben als zu trinken und irgendwo auf der Straße zu schlafen. Dunkle Augenringe zeichneten sich unter ihren roten Augen ab. Rot allerdings diesmal eher vom ständigen Weinen, auch wenn das bei ihr manchmal schwer zu erkennen war. „Naruz ist heute nicht hier. Er und sein Team erledigen einen Auftrag für die Kirche. Wenn du willst kannst du solange drinnen auf ihn warten, oder am besten ich bring dich nach Hause. Bist du etwa betrunken?“
„Natürlich nicht, es ist mitten am Tag du Idiot.“ fauchte Aleyandra zornig und versuchte auf ihn zuzugehen, stolperte allerdings über ihre eigenen Füße und wäre beinahe hingefallen, wenn er sie nicht aufgefangen hätte. Schlaff hing sie in seinen Armen und atmete flach.
„Aynaeth!“ rief Silberblatt zum offenen Fenster der Bibliothek hinauf, als er noch eine Weile zusah wie Aleyandra versuchte gerade zu stehen ohne umzufallen und dabei einfach umkippte. „Es tut mir leid, aber ich muss gehen und sie nach Hause bringen!“
„Viel Spaß.“ lautete die leise und abwesend klingende Antwort der Hexe. Vermutlich hatte sie nicht einmal gehört das er weg musste. Manchmal konnte es schwer sein, sie aus ihren Gedankengängen zu reißen und sie vergaß alles um sich herum. Silberblatt schüttelte genervt den Kopf und machte sich daran Aleyandra mehr oder weniger wegzuschleifen, die Anfangs kein großes Interesse daran hatte zu gehen, sich aber nach einer Weile beruhigte.
Als sie das Westviertel erreichten, suchte er Aleyandras unordentliche Kleidung nach dem Schlüssel ab und fand ihn zum Glück auch recht schnell. Die Wohnung war erstaunlich groß und geräumig. Sie lag im Dachgeschoss des kleinen Mietshauses in einem der etwas besseren Viertel Naveas und bestand aus zwei Zimmern. Einem Wohnbereich und einem Schlafzimmer, dazu Bad und sogar eine magische Küche. Normalerweise lebten die Kinder Gaias etwas einfacher und wurden sogar absichtlich in den ärmeren Stadtvierteln untergebracht, wo sie sowieso nicht auffielen. Aber für Aleyandra hatte er eine Ausnahme gemacht, weil er sie mochte. Während ihres Auftrags, hatte Silberblatt sich wirklich bemüht einen Ort zu finden, an dem sie sich wohl fühlten würde und die Lichtdurchflutete Dachwohnung erschien ihm dafür wie geschaffen. Aleyandra sollte wenigstens einen Platz haben, an dem sie sich von ihrer blutigen Arbeit erholen und sie vergessen konnte. Mit den meisten anderen Kindern Gaias hatte er deutlich weniger zu tun und sah sie nur wenn es unbedingt nötig war, doch jeder von ihnen, oder zumindest die meisten, verehrten ihn geradezu abgöttisch. Als er vor über fünf Jahren die Leitung der Einheit übernahm, war sie nicht viel mehr als ein kleiner, unbedeutender Zweig der Inquisition. Ein rudimentäres Überbleibsel aus den alten Tagen der Kirchengründung, der seinen Glanz und Zweck schon lange verloren hatte, aber es war ihm gelungen aus diesem nutzlosen Scherbenhaufen wieder die tödlichste Waffe der Kirche zu erschaffen, so wie es sein sollte.
Er legte, die inzwischen vollkommen ruhige, Aleyandra auf das breite Bett und bemerkte, wie dabei etwas auf dem Boden landete. Es war der Lederbeutel, den er ihr geben hatte. Vor ein paar Tagen, war er noch prall gefüllt gewesen und jetzt befand sich darin keine einzige Goldmünze mehr. Sie hatte es geschafft alles restlos auszugeben, was ihn nicht wirklich überraschte, so sehr wie sie nach Wein roch, hatte sie vermutlich einen ganzen Weinkeller leergetrunken. Es brauchte schon einiges, um einen Botschafter Gaias betrunken zu kriegen. Es war für ihn unverständlich wie sich so abschießen konnte. War es nur wegen der dummen Akashi? Wenn sie so auf ihre Arbeit für ihn reagierte, konnte er nicht mehr viel mit ihr anfangen. Eine Weile sah er sich in dem Zimmer um. Es war bisher noch recht spärlich eingerichtet. Ein Bett, eine Schrankwand, das wars. Viel gab es für ihn also nicht, um sich abzulenken, während Aleyandra vorsichtig die Augen aufschlug und ihn anblinzelte. Einen kurzen Moment schien sie vollkommen verwirrt zu sein und nicht zu wissen wo sie sich überhaupt befand, aber dann entschied sie, dass es sowieso egal war, wie alles andere auch.
„Was ist los mit dir, Aleyandra?“ fragte er leise, während sich auf die Seite drehte und deprimiert vor sich hin starrte, ohne seine Anwesenheit weiter zu beachten „Was ist passiert nachdem du von mir weg bist?“
„Naruz...“ flüsterte sie schwach und sofort stiegen ihr Tränen in die Augen, als er sie daran erinnerte „Er hat mich rausgeworfen.“
„Was? Warum sollte er so etwas tun?“ fragte Silberblatt voller Verwirrung. Erst vor einigen Wochen noch, hatte Naruz vor ihm behauptet Aleyandra zu lieben und sie niemals zu verlassen, egal was der Großmeister dagegen unternehmen würde. Anscheinend hatte er rein gar nichts tun müssen, um die beiden auseinander zu bringen, was ihn irgendwie freute, aber nur, bis er wieder in Aleyandras leere Augen blickte und die Verzweiflung darin sah.
„Er hasst mich. Ich weiß noch genau wie er mich angesehen hat. Voller Abscheu und Hass, als wäre ich ein widerlicher Dämon.“ sie begann haltlos zu schluchzen und Tränen rannen ihr unkontrolliert über die Wangen „Er würde mich am liebsten töten.“
„Ich...“ er hatte keine Ahnung wie er mit der Situation umgehen sollte. Weinende Frauen waren nicht unbedingt seine Stärke und Liebeskummer erst recht nicht, falls man das hier überhaupt noch so bezeichnen konnte. „Ich ähm, hole dir erstmal etwas Wasser.“ murmelte Silberblatt hastig und stand auf, um sich in die Küche zu begeben. Als er mit dem Trinken zurückkehrte, ließ er das Glas erschrocken fallen. Aleyandra saß aufrecht auf dem Bett und war gerade dabei sich an eine ihrer Pistolen seitlich an den Kopf zu halten. Ohne nachzudenken sprang er auf sie zu und schlug nach ihr. Seine Faust krachte gegen die Waffe und sie rutschte von ihrem Kopf ab. Ein gleißender Lichtstrahl erhellte den Raum, schrammte an Aleyandras Schläfe vorbei und fraß sich durch die Decke, um irgendwo im Nachthimmel spurlos zu verschwinden.
„Lass das! Gib mir die Waffe, sofort!“ kaum hatte er ihren kraftlosen Fingern die Pistole entwunden, ließ sich Aleyandra weinend zurück aufs Bett fallen. Langsam beruhigte Silberblatt sich wieder und setzte sich auf die Bettkante. Sein Herz war vor lauter Panik auf und ab gesprungen und hämmerte noch immer in seiner Brust. Er hätte sie nicht alleine lassen sollen in diesem betrunkenen und verletzlichen Zustand. „Versuch das noch ein einziges mal und ich lasse dich in die Kerker unter der Stadt werfen, hast du das verstanden?“
„Aber...es w-wäre besser, w-wenn es einfach aufhört.“ schluchzte Aleyandra und versuchte schwach nach ihrer zweiten Waffe zu greifen, allerdings ohne Erfolg. Silberblatt war schneller bei der zweiten Pistole. Er würde ihr die sicher nicht zurückgeben und sie war im Moment nicht stark genug, um sie sich mit Gewalt zu nehmen.
„Besser für wen?“
„Besser für Naruz.“ flüsterte sie und richtete sich langsam wieder auf. Ihre Augen sahen ihn flehend an „Er hat recht, ich bin gefährlich. Ich habe Anya angegriffen, obwohl sie gar nichts von Naruz will und die Akashi einfach abgeschlachtet. Es ist besser, wenn ich sterbe und niemandem mehr wehtun kann, bevor ich noch ihn oder einen seiner Freunde umbringe. Gib mir meine Waffen zurück, damit ich es beenden kann, bitte.“
„Das werde ich ganz sicher nicht tun.“ murmelte Silberblatt stur und legte ihr stattdessen kurz seine flache Hand auf die Augen. Aleyandra versuchte noch irgendwie es zu verhindern, aber seine Magie brach zu schnell über sie herein und sie war im Moment nicht wirklich in der Lage sich großartig zu wehren. „Der Zauber wird dafür sorgen, dass du schlafen kannst, wenigstens für eine Weile. Sobald du wieder nüchtern bist und dich beruhigt hast, wird es dir besser gehen. Hoffe ich.“ Aleyandra blinzelte schläfrig und ließ sich auf ihr Kissen zurück sinken, dank dem Zauber zu schwach für Widerworte. Schnell griff sich Silberblatt beide Pistolen und verschwand damit aus dem Zimmer, um sie irgendwo im Flur zu verstecken. So wie es aussah, musste er zumindest solange bei ihr bleiben, bis sie sich nicht mehr ein Loch in den Kopf schießen wollte. Zwar freute sich ein Teil von ihm darüber, dass es zwischen ihr und Naruz wohl endgültig aus war, aber wenn sie sich wegen diesem Idioten etwas antat, würde er dem wertlosen Inquisitor den genauso wertlosen Kopf abreißen. Als er zurück ins Schlafzimmer kam, hatte Aleyandra in der Zwischenzeit ihr Oberteil ausgezogen und weit von sich geworfen, bevor sie wieder auf das Bett gefallen und diesmal endlich eingeschlafen war. Silberblatt schluckte kurz nervös, als er sie so sah, zog aber schnell die Bettdecke über ihren halbnackten Körper. Seufzend setzte er sich neben sie auf die Bettkante und fragte sich, was genau er jetzt tun sollte. Er hätte nicht gedacht, dass ihr Auftrag sie so mitnehmen würde, aber der Auftrag und Naruz, der mit ihr Schluss machte, waren anscheinend einfach zu viel für sie. Sie sieht friedlich aus wenn sie schläft, schoss es ihm lächelnd durch den Kopf, während er sie beobachtete und sich von ihr in den Bann schlagen ließ. Er fand sie selbst in diesem Zustand noch immer wunderschön und je länger er sie betrachtete, desto weniger verstand er Naruz Entscheidung. Wie konnte er behaupten Aleyandra zu lieben, wenn er sie gleich bei der ersten Schwierigkeit wegwarf und sich einen Dreck um ihre Gefühle kümmerte? Dachte er etwa ihr war es leicht gefallen die Akashi zu töten? Silberblatt hätte anders gehandelt und versucht Aleyandra über ihren Auftrag hinwegzuhelfen, anstatt sie einfach fallen zu lassen. Er fand Aleyandra bereits seit ihrem ersten Treffen vor den Toren Naveas interessant, hatte sich aber zurückgehalten, sobald er merkte, wie sehr sie diesen Naruz liebte. Liebe, die dieser gar nicht verdiente, wenn er nicht bereit war seinen großspurigen Worten auch Taten folgen zu lassen. Kurz fühlte Silberblatt sich schuldig, weil er keinen einzigen Gedanken mehr an Aynaeth verschwendete sobald er sich in Aleyandras Nähe befand, andererseits, betrachtete ihn die Vaas vermutlich eh nur als gewöhnlichen Freund. Aynaeth war für ihn mehr als nur eine Notlösung um sich abzulenken, er mochte die Hexe, aber jedesmal wenn er Aleyandra sah, zweifelte er daran, ob er Aynaeth wirklich liebte, oder nur versuchte nicht an seine Schülerin zu denken. Sanft strich er über ihre Wange und konnte letztendlich der Versuchung nicht widerstehen. Vorsichtig beugte er sich über Aleyandra und küsste ihre zarten, weichen Lippen. Es war ein wundervolles Gefühl und er hätte sich am liebsten nie wieder von ihr gelöst, aber leider blieb ihm keine andere Wahl, denn eine laute, leicht panische, Mädchenstimme riss ihn aus seiner eigenartigen Starre und sofort zuckte Silberblatt erschrocken zurück. In der Tür zum Schlafzimmer stand ein Mädchen, mit einem etwas dunkleren, karamellfarbenen Teint und kurzen dunkelbraunen Haaren. „Was machst du da mit Onee-chan?“
„W-wer bist du?“ Silberblatt sprang auf und widerstand dem Drang sich unwillkürlich an die Lippen zu fassen, die genau wie der Rest seines Körper zu vibrieren schienen „Und was um alles in der Welt tust du hier?“
„Ich wohne hier, ganz im Gegensatz zu dir.“ erwiderte Saeca vorsichtig und warf immer wieder besorgte Blicke zu der bewusstlosen Aleyandra. Hatte der Fremde sie gerade geküsst? Er sah nicht aus wie dieser Naruz, den hatte Aleyandra ihr ganz anders beschrieben. „Sie hat mich eingeladen bei ihr zu wohnen, also brauche ich mich nicht zu rechtfertigen. Mein Name ist Saeca und wer bist du? Oder eine noch viel bessere Frage: Was machst du hier mit Onee-chan?“
„Mhm, darüber werde ich später noch mit ihr reden.“ meinte er nachdenklich zu sich selbst. Aleyandra konnte doch nicht einfach irgendwelche Fremden aufnehmen. Aber in ihrem derzeitigen Zustand wollte er sie sicher nicht auch noch ausschimpfen, also verdrängte er die Angelegenheit für den Moment und stellte sich lieber vor, damit die Fremde ihn nicht doch noch für einen Einbrecher hielt. „Mein Name ist Silberblatt, wenn du Aleyandra kennst, hast du sicher schon von mir gehört.“
„Ja, du hast sie ausgebildet und gibst ihr Befehle.“ murmelte Saeca misstrauisch, selbst wenn er die Wahrheit sagte, erklärte das noch lange nicht, wieso er hier war.
„Richtig. Jedenfalls, habe ich Aleyandra vorhin vor der Villa der Bladelli aufgelesen. Weißt du zufällig, was eigentlich mit ihr los ist? Wo war sie die ganzen letzten Tage? Ich wollte sie einmal hier besuchen, aber niemand hat aufgemacht und ich habe auch sonst nichts mehr von ihr gesehen, seit sie sich direkt nach ihrer Rückkehr bei mir gemeldet hat.“
„Ich weiß es nicht genau. Wir waren bei diesem Naruz und irgendetwas schlimmes muss passiert sein. Kaum hatten wir das Haus dieser Bladelli verlassen, fing sie an zu weinen und hat den ganzen Tag nicht mehr aufgehört. Und dann...“ Saeca ließ endgültig ihre gefasste Miene fallen und konnte ihr ernstes Verhalten nicht mehr aufrecht erhalten. Sie war einfach zu glücklich Aleyandra gesund vor sich zu sehen, um sich lange mit dem unheimlichen Fremden aufzuhalten. Tränen stiegen ihr in die Augen und sie begann zu schluchzen, was Silberblatt dazu brachte genervt die Augen zu verdrehen. Das nächste weinende Mädchen. Ein toller Tag. „Und dann ist sie am Abend einfach verschwunden und hat mich hier alleine gelassen. I-ich habe versucht sie zu suchen, aber dieser Ort ist so groß und verwirrend! Egal wo ich suchte, sie war nirgendwo zu finden! I-i-ich weiß nicht was ich getan hätte, wenn ihr etwas passiert wäre! Es war so schrecklich hier ohne sie, doch ich wusste nicht, was ich noch tun sollte! Also wartete ich, aber sie kam nicht zurück! Sie war drei Tage weg und kam kein einziges mal hier vorbei. Ich dachte schon Onee-chan wäre etwas schlimmes passiert!“
„Es geht ihr gut, zum Glück.“ versuchte Silberblatt vorsichtig das lauthals weinende Mädchen zu beruhigen. Sie wirkte nur etwa ein Jahr jünger als Aleyandra und benahm sich trotzdem, als wäre sie viel jünger und wirkte verglichen mit seiner Schülerin eher wie ein halbes Kind. Warum ließ Aleyandra sie bei sich wohnen? Aber immerhin schien diese Saeca sich wirklich Sorgen um Aleyandra zu machen und das musste für den Anfang reichen. Er würde Aleyandra trotzdem nicht mit einer Fremden alleine lassen, erst wenn sie ihm sagte, dass dieses Mädchen wirklich hier wohnte, würde er es auch glauben. „Lassen wir sie schlafen. Am besten wir warten einfach zusammen hier, bis sie ausgeschlafen hat.“



„Also, habe ich das richtig verstanden?“ murmelte Saeca schläfrig und schmiegte sich enger an Aleyandra. Sie beide lagen in dem Bett ihrer neuen Wohnung und trugen Nachthemden. Es waren bereits wieder einige Tage vergangen, seit Silberblatt Aleyandra gefunden und aufgelesen hatte. Seitdem war nicht mehr viel passiert. Sie hatte sich geweigert viel zu reden und hauptsächlich stumpf vor sich hingestarrt. Erst gerade eben, hatte sie Saeca endlich von ihrem Streit mit Naruz erzählt und die Armani reagierte anders als erwartet. Anstatt sich von Aleyandras Verzweiflung anstecken zu lassen, wirkte sie auf einmal voller Enthusiasmus und konnte es kaum erwarten etwas an der betrübten Stimmung ihrer Onee-chan zu ändern. Immerhin kannte sie jetzt das Problem und würde es schon irgendwie lösen, so wie sie alles löste, mit viel Dangos und noch viel mehr Kawaii! „Dieser Naruz ist wütend auf dich und du willst dich jetzt einfach weiterhin hier verkriechen, anstatt zu versuchen, die ganze Sache zu klären und aus der Welt zu schaffen?“
„Da gibt es nichts mehr zu klären.“ versuchte Aleyandra den Tatendrang der Armani sofort zu dämpfen. Es gab nichts was Saeca tun konnte. Niemand konnte ihr noch helfen. „Er verabscheut mich und hält mich für ein brutales Monster.“
„Dann ist er ein Idiot. Onee-chan würde niemals jemandem etwas antun! Das weiß ich ganz genau!“
„Danke, aber ich glaube du irrst dich damit.“ Aleyandra schloss die Augen, um nicht mehr in die von Saeca zu blicken, die sie verwirrt ansah. Von der Akashi, hatte Aleyandra nichts erwähnt. Sie konnte es einfach nicht. Wenn Saeca sie auch noch verließ, dann blieb ihr wirklich rein gar nichts mehr und es gab keinen Grund mehr zu Leben. Also log sie und hoffte, dass Saeca es niemals herausfand.
„Nein! Das tue ich nicht!“ behauptete Saeca mit felsenfester Überzeugung „Es wird alles wieder gut, daran musst du nur ganz fest glauben. Ich helfe dir, meine Ideen sind genial und werden dir gefallen. Gemeinsam bringen wir diesen Naruz locker dazu dir zu verzeihen.“ Gespannt wartete sie auf eine Erwiderung von Aleyandra, aber die sagte nichts mehr dazu, sondern ignorierte das andere Mädchen, woraufhin die ein trauriges „Gute Nacht, Onee-chan.“ von sich gab. Sie würde Onee-chan beweisen, dass sie dazu in der Lage war sich nützlich zu machen und man nannte Merilee nicht umsonst ´das Eidolon der Liebe`!
„Schlaf gut.“ murmelte Aleyandra und kaum hatte Saeca die Augen geschlossen, fügte sie, nicht besonders zuversichtlich klingend, noch etwas hinzu „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er jemals wieder mit mir sprechen wird.“ Im Moment wünschte sie sich Saecas grenzenlose Zuversicht und wollte auch daran glauben, dass alles wieder gut wurde. Vielleicht erlaubte sie Saeca deswegen bei ihr zu wohnen. Müde öffnete sie wieder ihre Augen und stellte sich auf eine weitere Horrornacht ein. Es war ihr noch immer unmöglich einzuschlafen, aber sie versuchte es immerhin. Bisher lag sie dann einfach nur mit weit geöffneten Augen neben der friedlich schlafenden Saeca und wartete darauf, dass es endlich wieder Morgen wurde und sie aufstehen konnte. Sie durfte nicht einschlafen. Damit kam sie inzwischen seit fast drei Tagen einigermaßen zurecht, aber egal wie sehr sie sich im Moment auch anstrengte, immer wieder fielen ihr die Augen zu und genau das wollte sie eigentlich auf jeden Fall vermeiden. Sobald sie die Augen schloss, sah sie Dinge vor sich, die sie verdrängen wollte. Wenn sie versuchte zu schlafen, schaltete ihr Geist endgültig ab und alles was in letzter Zeit passiert war, drang wieder schmerzhaft an die Oberfläche. Entweder sie erlebte noch grausamere und wirklichere Versionen ihrer alten Albträume, oder sie sah die Gesichter von Yuki und Naruz vor sich. Das eine tot und leer, das andere anklagend und voller Abscheu. Manchmal verfiel sie in ihren Träumen auch erneut ihrem unerklärlichen Blutrausch und sah sich plötzlich Naruz gegenüber, der mit seinen leuchtenden Schwertern auf sie zurannte. Er schlug nach ihr und sie...blieb einfach stehen. Immerhin ein Traum, den sie erstaunlicherweise nicht ganz so sehr hasste wie die anderen. Sollte es wirklich jemals zu dieser Situation kommen, würde sie genauso reagieren und sich nicht wehren, sondern es einfach geschehen lassen.
Am liebsten würde sie wieder den einfachen Weg gehen um einzuschlafen, so wie schon vor ein paar Tagen, aber das konnte sie nicht mehr, Silberblatt behielt sie sicher wieder irgendwie im Auge, außerdem war die „Belohnung“ für ihren Auftrag bereits aufgebraucht. Sie könnte sich Geld oder auch gleich Wein stehlen, es wäre kein Problem für sie den Wachen zu entkommen. Inzwischen bereute sie ihr Versprechen gegenüber Silberblatt. Nachdem er sie vor der Villa der Bladelli gefunden und aufgelesen hatte, war es ihr peinlich gewesen überhaupt noch mit ihm zu reden. Aber bereits am Tag danach, wurde sie zu ihm befohlen und er hatte ihr eine Standpauke gehalten. Wenn sie sich weiterhin so benahm, würde er sie von den Kindern Gaias ausschließen und sofort den Templern übergeben. Für einen kurzen Moment, hatte sie ernsthaft mit dem Gedanken gespielt es einfach darauf ankommen zu lassen, aber dann war das grinsende Gesicht der rothaarigen Bladelli vor ihr erschienen, die ihren Scheiterhaufen anzündete. So wollte sie nicht sterben, nicht durch die Hände der Templer. Also hatte sie ihrem Großmeister versprochen nicht mehr zu trinken, um den Schmerz in Strömen aus Wein zu ertränken.
Sie hielt es nicht mehr aus! Behutsam kroch Aleyandra aus dem Bett und ließ Saeca zurück. Sie musste endlich wieder schlafen, oder sie würde noch endgültig den Verstand verlieren und es gab nur einen einzigen Ort auf dieser Welt, an dem sie sich im Moment sicher genug fühlte um einzuschlafen. Noch immer nur mit einem dünnen Nachthemd bekleidet, trat sie auf die Straße hinaus und erhob sich mithilfe ihrer Magie in die Luft. Allerdings konnte sie nicht besonders hoch fliegen, da sie es vermeiden wollte die magische Abwehr der Stadt zu aktivieren, welche sie vermutlich auf der Stelle in ein Häufchen Asche verwandeln würden. Sobald sie die Villa der Bladelli erreichte, schwebte sie eine Weile orientierungslos vor dem Haus herum, bis sie das Fenster zu Naruz Zimmer fand. Es stand offen, um irgendwie mit der warmen, sommerlichen Nacht fertig zu werden. Nur kurz spürte sie ein leichtes Kribbeln, als sie den Zauber passierte, der das Eindringen von Mücken verhinderte. Schon im nächsten Moment schwebte sie mitten im Raum und ließ ihre nackten Füße lautlos auf den Teppich sinken. Naruz lag auf seinem Bett und schlief tief und fest. Daran sollte sich auch nichts ändern wenn es nach Aleyandra ging, denn sobald er aufwachte, würde diese Idylle sofort zerbrechen.

Bild
Hasenohren bei Nacht!
Ich mag Wolsohren oder Fuchsohren lieber, aber die gibt es leider noch nicht. Waren diese Bilder nicht alle unglaublich wichtig für die Story?

„Es tut mir leid, dass ich einfach einbreche, aber ich habe dich vermisst.“ flüsterte Aleyandra kaum hörbar und hauchte die Worte eher, als sie wirklich zu sprechen. Vorsichtig ging sie auf das Bett zu. „Die letzten Tage, waren schrecklich für mich und ich musste dich einfach sehen.“ Sie kniete sich neben das Bett und betrachtete ihn liebevoll. Mit geschlossenen Augen und diesem friedlichen, verträumten Lächeln im Gesicht, wirkte er ganz normal, als wäre alles wieder genauso wie vor ihrer Reise. „Du...du sagtest ich könnte selbst dich umbringen, wenn Silberblatt es mir befiehlt und ich war zu dem Zeitpunkt zu aufgebracht, um darauf zu antworten. Die Wahrheit ist, ich könnte dir niemals etwas tun, egal von wem der Befehl kommt oder wie sehr du mich noch verletzt. Eher würde ich sterben und meine Waffen gegen mich selbst richten, als zuzulassen, dass dir etwas passiert, Naruz.“ sie legte ihre Arme auf den Rand des Betts und stützte sich vorsichtig darauf ab „Ich habe an jedem einzelnen Tag versucht dich zu sehen, aber dein Team wollte mich nicht durchlassen. Sie...sie sagten du wolltest mich nicht sehen und früher hätte ich ihnen das niemals geglaubt, aber jetzt ist alles anders und ich weiß nicht, was ich tun soll, damit es wieder gut wird.“ schnell unterdrückte Aleyandra ihre aufsteigenden Tränen, um ihn nicht mit ihrem Weinen zu wecken „Soll ich auf Saeca hören und um dich kämpfen oder dich einfach gehen lassen? Die zweite Möglichkeit würde mich umbringen, aber immerhin wärst du dann frei von mir und könntest ein glückliches Leben führen.“ Aleyandra streckte ihre Hand aus und strich mit den Fingern sanft über seine Haare. Aber als er sich kurz regte, zog sie die Hand rasch wieder zurück und hielt für einen Moment gespannt den Atem an, bevor sie erleichtert ausatmete „Ich kann nicht aufgeben. Ich werde erst aufgeben, wenn du mir sagst, dass ich sterben soll, nur dann werde ich es tun und dich in Frieden lassen. Ich...“ sie brach ab und riss die Augen endlich von seinem Gesicht los. Stattdessen starrte sie ihre zitternden Hände an. Sie zitterte nicht nur vor lauter Aufregung, weil sie endlich wieder bei Naruz war, sondern vor allem weil sie schwach war. Sie hatte die letzten Tage nichts gegessen, selbst als Saeca sie praktisch mit Dangos bombardierte und sie schlief nicht mehr. Sie fühlte sich einfach nur noch hundeelend ohne ihn. „Ich habe wirklich geglaubt, dass du mich liebst. Habe dir jedes deiner Worte geglaubt und darauf vertraut, dass nichts diese Liebe erschüttern kann, aber ich habe mich geirrt. Du hast das nur gesagt, weil du wusstest, dass ich es hören wollte, mehr nicht. Wenn du mich nicht liebst, will ich dich nicht dazu zwingen, aber ich will wenigstens, dass du mir verzeihst, das ist alles worum ich dich bitte.“ Damit beendete sie ihren Monolog und spürte, wie die Müdigkeit sie endgültig übermannte. Erschöpft legte sie den Kopf auf ihre Arme und schloss lächelnd die Augen. Hier war alles in Ordnung. Solange sie bei ihm war, ging es ihr gut und sie konnte endlich wieder schlafen, zumindest bis Naruz aufwachte und sie raus warf.
Zuletzt geändert von Vanidar am 1. Juli 2014 13:30, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Mimir
Praefectus Fabrum
Praefectus Fabrum
Beiträge: 4549
Registriert: 21. August 2011 14:37
Wohnort: Berlin
:
AAR-Schreiber Teilnahme an einem Contest

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 1. Juli 2014 13:28

19. Aufbruch nach Demarech (Öffnen)
Kapitel 19 – Aufbruch nach Demarech:


Aleyandra war nicht die einzige Person gewesen, die sich in dieser Nacht durch die dunklen Straßen des Militärdistrikts begab. Ein Dutzend Gestalten, gekleidet in dunkle Kapuzenumhänge und mit Schwertern an ihren Hüften, schlich sich vorsichtig durch die engeren Gassen dieses Teils der Stadt, und versuchte möglichst unbemerkt zu bleiben. An der Spitze der kleinen Gruppe befand sich Rhael val Alvion. Als sie das Ende der Gasse erreichten, und vor sich einen offenen Platz fanden, hob er die Hand, um den Rest der Gruppe anhalten zu lassen. Sobald sie diesen Platz überquert, und eine Gasse auf der anderen Seite erreicht hätten, wären es nur noch ein paar hundert Meter, bis zur Villa der Bladelli, wo sowohl Naruz, als auch diese verfluchte Hexe lebten. Ein weiteres mal würde Rhael das Mädchen gewiss nicht unterschätzen, besser gesagt, er würde gar nicht erst seine Zeit mit ihr verschwenden, dafür hatte er einige der besten Magier des Blutenden Turms mitgebracht. Zwar waren die meisten von ihnen Menschen, aber sie waren durchaus fähige Magier, wahrscheinlich würden sie Aynaeth nicht umbringen können, aber das war ja auch nicht Sinn der Sache, sie mussten die Hexe nur lange genug ablenken, damit Rhael und Morrigan sich den Inquisitor holen konnten. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Platz menschenleer war, nickte Rhael kurz, und rannte los, dicht gefolgt vom Rest seiner Leute. Für einen Militärdistrikt, gab es hier des Nachts recht wenig Patrouillen, was Rhael zwar ein wenig beunruhigte, aber er dachte sich nicht allzu viel dabei. Die Menschen würden nie im Leben damit rechnen, dass er und seine Schwester sich noch immer in Navea befanden, geschweige denn, dass sie Verstärkung erhalten hatten. Allerdings wäre es am besten für ihn, wenn er nicht mehr lange hier bleiben musste, seine Herrin wurde langsam ungehalten, sie war bereits außer sich vor Wut gewesen, als der Angriff auf die Villa von Tougou Akashi nicht nach Plan lief, allerdings hatte sie sich beruhigt, als sie hörte, dass der Grund dafür das unerwartete Auftauchen der Tochter von Uruza val Deconia war. Ein weiterer Fehlschlag, würde jedoch schon weit schlimmere Folgen mit sich bringen.
„Bruder!“ zischte Morrigan ihm zu, und Rhael nickte, während er die Hand hob, um die Gruppe anzuhalten. Er hatte es auch gespürt, und ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken. Er spürte etwas seltsames, eine Aura, die so vollkommen anders war, als alles, was er je gespürt hatte.
„Oh, ihr habt mich bemerkt!“ erklang eine Stimme, und eine Gestalt trat aus einer nahen Gasse. Die Stimme war weiblich, kam Rhael aber nicht bekannt vor, sie war kalt und hatte etwas... etwas bösartiges an sich, dass sich nicht so einfach erklären ließ. „Ihr seid auf dem Weg zur Villa der Bladelli, habe ich recht?“ Rhael zögerte nicht, er schoss sofort nach vorn, mit seinem Schwert in der Hand, um die Fremde zu durchbohren, jedoch kam er nicht weit, kaum hatte er zwei Schritte getan, blieb er stehen, und begann am ganzen Körper zu zittern, die Aura, welche er zuvor gespürt hatte, war nun stärker geworden, es war etwas uraltes, etwas bösartiges, dass es schaffte sogar ihm Angst einzujagen, ihm, einem Saboteur der Môrkalfar, der seit über einhundert Jahren in Kriegen und Scharmützeln gekämpft hatte. Er hatte schon Drachen gegenüber gestanden, und sie ohne zu zögern angegriffen, aber dass hier... dass hier war etwas anderes. „Das reicht mir schon als Antwort, ich habe recht. Tut mir leid, aber ich kann euch nicht dahin lassen, ihr würdet nur für Ärger sorgen.“ meinte die Frau, und ging langsam näher auf Rhael zu. Diesem war es endlich gelungen, die Lähmung abzuschütteln, die ihm die Aura der Fremden auferlegt hatte, und er merkte, dass es dem Rest seiner Männer ebenfalls gelungen war.
„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“ zischte er die Fremde an, und sprang einen Schritt zurück.
„Das geht dich nichts an, Alfar.“
„Mir reicht es.“ meinte Rhael, und deutete mit einer Hand auf die Fremde. „Tötet sie, aber tut es schnell, und dann lasst uns weitergehen, zur Villa. Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.“

Am nächsten Morgen wachte Aleyandra auf, und rieb sich die Augen. Zu ihrer eigenen Überraschung, war sie nicht durch wütende Schreie von Naruz geweckt worden, der sie aus dem Haus werfen wollte, noch viel mehr überraschte es sie, dass sie zugedeckt in seinem Bett lag, und auf einem Stuhl neben sich einige ihrer Sachen liegen sah. Leicht verwirrt sah sie sich um, sie war noch immer in Naruz' Zimmer, so viel war klar, aber sie war alleine, Naruz selbst war nicht hier. Was war hier nur los? Langsam stand Aleyandra auf, und zog sich ihre Sachen an, ehe sie die Tür öffnete, und durch die Gänge der Villa ging, ehe sie vor der Tür zu einem der Esszimmer stehen blieb. Aus dem Zimmer kamen einige Stimmen, die ihr nur allzu bekannt vorkamen, und als sie hörte, wie Naruz laut auflachte, konnte sie sich nicht mehr halten, und öffnete die Tür. An einem kleinen Tisch, in der Mitte des Zimmers, saßen Naruz, Anya und... Saeca! In der Mitte des Tisches stand ein großer Teller, voll mit leeren Holzspießen, und vor jedem der Anwesenden stand eine Tasse mit dampfendem Tee. Als Aleyandra das Zimmer betrat, wandten sich alle Blicke zu ihr. Das Lächeln in Naruz' Gesicht verschwand zwar nicht, wurde jedoch schwächer, und er bekam einen traurigen Ausdruck in seinen Augen, als er sie eintreten sah, Anya hingegen sah die Botschafterin aus ängstlichen Augen an, und rückte unbewusst weiter von Naruz weg, lediglich Saeca strahlte Aleyandra an, und winkte ihr fröhlich zu.

Bild


„Guten Morgen, Onee-chan! Hast du gut geschlafen?“
„Ja... ja, habe ich.“ murmelte Aleyandra, noch immer vollkommen verwirrt. Gerade als Naruz den Mund öffnete, um etwas zu sagen, ging Aleyandra mit schnellen Schritten auf den Tisch zu, und blieb neben Anya stehen, die sie nun mit einem Blick ansah, in dem sich Angst und Misstrauen spiegelten. Zu ihrer Überraschung, und der von Naruz, jedoch, senkte Aleyandra das Haupt, vor der Templerin. „Es tut mir leid.“ murmelte sie, was die Bladelli ziemlich verwirrte. „Ich habe... ich habe überreagiert, ich weiß, dass du nichts mit Naruz angefangen hast... es tut mir ehrlich leid. Ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen, aber...“ Aleyandra brach ab, als ihr nicht einfiel, was sie noch dazu sagen sollte.
„Ich... also...“ stotterte Anya, und sah kurz zu Naruz hinüber, der mit den Schultern zuckte, wie um zu sagen 'Das ist eine Sache zwischen euch beiden'. „Ähm... also...“ noch immer schien die Templerin nicht zu wissen, wie sie darauf reagieren sollte. Dann bemerkte sie, wie Saeca sie auffordernd anstarrte, und seufzte kurz. „Also gut, ich akzeptiere Eure Entschuldigung. Es muss... recht stressig gewesen sein, der Auftrag, der lange Weg zurück, und so weiter.“ murmelte Anya, und rieb sich kurz den Hals. Aleyandra atmete erleichtert aus, als sie die Worte der Bladelli hörte, hob ihren Kopf, und sah zu Naruz hinüber, der kurz zu zögern schien, dann jedoch auf einen Stuhl am Tisch deutete.
„Wenn du schon einmal hier bist... setz dich doch kurz zu uns, Anya? Bringst du ihr bitte etwas Tee?“ Die Templerin nickte kurz, und stand dann auf, um sich auf den Weg zur Küche zu machen. Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, kehrte Schweigen ein, welches anhielt, bis Anya zurückgekommen war, und Aleyandra eine Tasse mit Tee überreichte, so wie einen kleinen Teller, auf dem drei Holzspieße mit Reisklößen lagen.
„Saeca meinte, wir sollten welche für Euch aufheben.“ meinte Anya, während sie sich wieder auf ihren Platz setzte.
„Danke.“ murmelte Aleyandra kurz, und aß den ersten Kloß, ohne sich zu beschweren, sie merkte erst jetzt, wie hungrig sie eigentlich war. Nachdem sie einen Schluck Tee getrunken hatte, wandte sie sich jedoch zu Naruz um, und stellte mit zitternder Stimme die Frage, die ihr im Kopf herumschwirrte, seit sie aufgewacht war. „Warum... warum hast du mich nicht rausgeschmissen? Ich dachte... ich dachte du willst mich nicht mehr sehen.“ Ihre Stimme wurde immer schwächer, während sie sprach, und sie musste sich zusammenreißen, zum einen, um nicht wieder anfangen zu weinen, zum anderen, um sich nicht zu viel Hoffnung zu machen. Naruz ließ sich Zeit mit seiner Antwort, er trank erst eine Weile lang schweigend seinen Tee, ehe er sich an Aleyandra wandte.
„Es stimmt, ich wollte dich wirklich nicht sehen, ich war... ich war wütend, wütend, und enttäuscht.“ meinte er schließlich, und setzte seine Tasse ab. „Ich bleibe dabei, ich kann einfach nicht mit einer Frau zusammen sein, die sich zu einer gewissenlosen Mörderin entwickelt.“
„Ich... ich verstehe.“ sagte Aleyandra, und versuchte, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. Gleich würde er es sagen, dass er sie nie wieder sehen wollte, und dass sie gefälligst abhauen sollte.
„Aber... aber das heißt nicht, dass ich das Recht dazu hatte, so mit dir zu reden.“ fügte Naruz schließlich hinzu, woraufhin Aleyandra ihren Blick wieder hob, und Naruz aus großen Augen anstarrte. „Ich weiß... nun, zumindest glaube ich, dass du mich geliebt hast, und es tut mir leid, dass ich gesagt habe, dass du mich umbringen würdest, wenn du den Befehl dazu kriegen würdest. Ich bin mir sicher, du würdest das nicht tun.“ 'Zumindest solange du nicht wieder in einen Blutrausch verfällst, der dir so sehr gefällt.' fügte er im Kopf hinzu, sprach es jedoch nicht laut aus. „Übrigens, du hast mir heute Morgen einen ziemlichen Schreck eingejagt.“ fügte Naruz anklagend hinzu, ehe Aleyandra etwas sagen konnte, und brachte diese damit fast zum lachen. Sie hielt sich jedoch zurück, denn auf eine Frage musste sie noch eine Antwort haben.
„Beantwortest du mir auch noch meine andere Frage? Warum hast du mich heute nicht rausgeworfen, als du aufgewacht bist?“
„Warum? Weil...“ 'Du einfach so verdammt niedlich und fröhlich ausgesehen hast, als du neben meinem Bett gehockt hast.' dachte Naruz, sprach es jedoch erneut nicht aus. Das ganze war auch für ihn nicht leicht, er versuchte sich selbst dazu zu bringen, Aleyandra nicht mehr zu lieben, und dachte eigentlich, dass es ihm in den letzten Tagen gelungen war, indem er sich immer wieder einredete, dass sie eine gewissenlose Mörderin geworden war, die sich am Blutvergießen ergötzte. Aber ausgerechnet dann, musste sie direkt neben ihm auftauchen, und so unschuldig, nett und niedlich aussehen, wie an dem Tag, an dem sie sich getroffen hatten. „Weil du ziemlich müde gewirkt hast.“ meinte er schließlich, und wandte den Blick ab, darauf hoffend, dass niemand diese schwache Ausrede bemerkte. „Außerdem... weißt du, was du anhattest?“ fügte er hinzu, und sah wieder zu Aleyandra hinüber, als ihm ein weit besserer Grund einfiel. „Ich konnte dich ja wohl schlecht auf die Straße setzen, während du nur ein Nachthemd getragen hattest. Es ist zwar noch recht früh, und nicht viele Leute sind unterwegs, aber trotzdem, wäre das schon ziemlich... bösartig gewesen.“
„Jetzt wo du es sagst... wo hast du meine Sachen her? Und was macht Saeca hier?“
„An-chan hat mich gefunden.“ warf Saeca ein, und rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. „Ich... ich hatte nach dir gesucht, Onee-chan, aber ich konnte dich nirgendwo finden, und habe mich dann auch noch verlaufen, es war schrecklich!“ meinte die Armani, immerhin schaffte sie es dieses mal nicht zu weinen, auch wenn sie kurz davor zu stehen schien.
„Ich habe sie in der Nähe des Hauptquartiers der Inquisition gefunden.“ fügte Anya hinzu. „Ich war früh dort, um einen neuen Bericht abzuholen.“
„Das Hauptquartier? Ich dachte, ihr habt keines.“ meinte Aleyandra verwundert, woraufhin Naruz die Schultern zuckte.
„Ein richtiges Hauptquartier gibt es auch nicht, nur ein Gebäude, in dem sich die drei Großmeister befinden, die uns koordinieren, Aufträge verteilen, und so weiter. Es befindet sich in der Nähe vom Palast des Erzbischofs.“
„Was? Da hast du dich rumgetrieben?“ fragte Aleyandra, und sah Saeca schockiert an, diese nickte.
„Ja, ich habe überall nach dir gesucht! An-chan hat mich da gefunden, und gesagt, dass du dich in ihrem Dorf befindest, also habe ich ein paar von deinen Sachen geholt, und hierher gebracht. Das ist doch in Ordnung gewesen... oder?“ meinte Saeca zögerlich, und war sich nicht sicher, ob sie einen Fehler gemacht hatte.
„Nein, keine Sorge, es ist alles in Ordnung... wo ist eigentlich Merilee?“
„Sie ist draußen, und unterhält sich mit Serif-chan. Sie hat mir schon viel von ihm erzählt, und ich muss sagen, sie hatte recht. Er scheint wirklich ziemlich krank zu sein, er stottert die ganze Zeit, und läuft rot an, ich glaube, er hat irgendein Eidolonfieber, Meru-chan denkt das übrigens auch.“
„Ihr zwei denkt... dass Serif krankt ist?“ fragte Naruz, und sah Saeca ungläubig an. „Und so etwas nennt man das Eidolon der Liebe.“ fügte er murmelnd hinzu, und schüttelte leicht den Kopf.
„Was meint Ihr damit, Naruz-senpai?“
„Naruz...senpai?“ fragte Aleyandra verwirrt.
„Ja, Naruz-senpai.“ bestätigte Saeca mit einem Nicken. „Er war länger bei Onee-chan als ich, also ist er mein Senpai.“
„Ich verstehe.“ meinte Aleyandra, auch wenn das eine glatte Lüge war, aber das war im Moment nicht wichtig, wichtig war nur, dass Naruz sie noch immer nicht mit lautem Geschrei aus dem Haus gejagt hatte. Eigentlich wollte sie es nicht, wollte nicht wieder enttäuscht werden, und doch machte Aleyandra sich wieder Hoffnung, dass doch nicht alles vorbei war, zwischen ihnen. Vielleicht, nur vielleicht, hatte Saeca ja doch recht gehabt, und es gab noch eine Möglichkeit, die ganze Situation zu retten. Bevor Aleyandra jedoch auch nur einen Versuch in diese Richtung starten konnte, erklangen laute Schreie von draußen, woraufhin Naruz sofort aufsprang. Kurz darauf flog die Tür auf, und Victoria trat ein, zusammen mit Nikodemus.
„Habt ihr das gehört?“ fragte Naruz sie sofort, woraufhin Victoria nickte.
„Ich war unten, als ich es gehört habe, ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, es kommt vom Platz der Freyja, der hier ganz in der Nähe ist, von der Richtung her, kann es jedenfalls stimmen... oh, hallo Aleyandra!“ meinte Nikodemus, als er die Botschafterin bemerkte, und setzte sofort ein fröhliches Lächeln auf. „Ist alles in Ordnung mit...“
„Nikodemus! Wir haben dafür keine Zeit.“ unterbrach Naruz Nikodemus, woraufhin dieser seufzte.
„Ja, ja, ich weiß, wir sollten uns mal angucken, was für so eine Panik gesorgt hat.“
„Ich komme mit!“ meinte Aleyandra, und sprang auf, während Naruz, Anya, Nikodemus und Victoria bereits bei der Tür waren.
„Dann komme ich auch mit, ich will nicht alleine hier bleiben!“ rief Saeca mit panischer Stimme. Naruz warf kurz einen zweifelnden Blick zu den beiden.
„Kannst du auf dich selbst aufpassen?“ fragte er, und musterte Saeca. „Es könnte gefährlich sein.“
„Onee-chan wird mich beschützen!“ meinte die Armani, voller Überzeugung, woraufhin Naruz nur mit den Schultern zuckte.
„Also gut, ich kann euch nichts verbieten, dann kommt eben mit.“ Ohne ein weiteres Wort, stürmte Naruz aus dem Zimmer, dicht gefolgt von seinem Team, Saeca, und Aleyandra. Die Alfar, welche Tougou Akashi getötet hatten, waren noch immer nicht gefasst worden, und könnten sich noch immer in der Stadt befinden, Naruz wurde das Gefühl nicht los, dass sie für die Panik verantwortlich waren, und damit sollte er auch recht behalten, wenn auch auf eine gänzlich andere Art, als er es sich vorgestellt hatte.

„Was bei Gaia ist hier vorgefallen?“ entfuhr es Naruz, als sie den Platz der Freyja erreichten. Anya und Victoria keuchten erschreckt auf, als sie ankamen, und Nikodemus hatte einen finsteren Gesichtsausdruck aufgesetzt. Eine Schar neugieriger Menschen hatte sich bereits versammelt, und wurde von einer Gruppe Soldaten zurückgehalten, die einen Ring um den Platz gebildet hatten, und niemanden in die Mitte ließen. Dort befand sich bereits eine Gestalt, die Naruz sehr bekannt vorkam, Paolo Bladelli, Anyas Großvater, und einige Templer. Als Paolo ihn am Rande des Platzes bemerkte, winkte er Naruz zu sich. Zum selben Zeitpunkt erreichte Aleyandra den Platz, und hielt sich vor Schreck die Hand vor den Mund.
„Onee-chan, was ist denn los? Ich kann nichts sehen!“ rief Saeca, und hüpfte auf und ab, um über die Menge zu blicken. Sofort war Aleyandra bei ihr, und hielt ihr eine Hand vor die Augen. „Onee-chan?“
„Glaube mir, das willst du gar nicht sehen.“ murmelte Aleyandra, und sah zu Naruz hinüber. „Ich bleibe hier und kümmere mich um Saeca... geh du zum Großmarschall, er sieht recht ungeduldig aus.“ Naruz nickte ihr kurz zu, und betrat dann mit seinem Team den Platz. Sieben Leichen lagen dort, und sie alle waren in einem äußerst üblem Zustand. Die schwarzen Kapuzenumhänge der Toten, waren von ihrem eigenen Blut getränkt, welches auch über dem gesamten Platz gespritzt war. Hier und da konnte man auch ein Bein, oder einen Arm herumliegen sehen, die aussehen, als wenn sie geradewegs herausgerissen worden waren, und nicht mit einer Klinge abgetrennt.
„Großmarschall Bladelli, Ihr seid bereits hier?“
„Ja, das bin ich, einer meiner Männer hat das ganze hier gesehen, und mich sofort unterrichtet, ich habe mich hier bereits eine ganze Weile lang umgesehen, und versucht Spuren zu finden, ohne viel Erfolg. Letztendlich kam es, wie es kommen musste, und das einfache Volk hat hiervon Wind bekommen, das hat natürlich für einen kleinen Panikanfall gesorgt, Ihr seht ja, in welchem Zustand die Leichen sind.“
„Was könnt Ihr mir über die Situation sagen?“ fragte Naruz sofort, und schien schlagartig vollkommen konzentriert zu sein.
„Ihr scheint Euch an das Leben eines Inquisitors zu gewöhnen, und an Eure Arbeit.“
„Danke, Großmarschall... also?“
„Ja, natürlich. Ihr seht ja, wie es ist, die Männer hier wurden vollkommen zerfetzt, sie müssen gegen eine wilde Bestie gekämpft haben, allerdings scheinen nicht alle gestorben zu sein, wie Ihr seht, führen blutige Fußabdrücke weg von hier. Übrigens, etwas ist... merkwürdig.“ meinte Paolo, und kratzte sich kurz am Kopf, während er seinen Blick über die Leichen schweifen ließ. „Den Leichen fehlen... Körperteile, oder Organe.“
„Das sehe ich bereits, sie wurden über den ganzen Platz verteilt.“
„Nein, nein, das meine ich nicht. Meine Männer haben sich schon ein wenig umgesehen, hier liegen zwar ein paar Gliedmaßen rum, aber nehmen wir diesen Mann hier als Beispiel.“ meinte Paolo, und deutete auf den toten Körper eines Mannes direkt in der Nähe, dessen Augen vor Schreck weit aufgerissen waren, und in dessen Brust ein großes Loch klaffte. „Ihm wurde sein Herz herausgerissen, und es lässt sich hier nirgendwo in der Nähe finden.“
„Ein Wolf.“ murmelte Nikodemus, und zog damit alle Blicke auf sich, woraufhin er kurz zusammenzuckte.
„Was meinst du damit?“ fragte Naruz.
„Nun ja, ich war schonmal in einem Wald stationiert, in dem riesige Wölfe rumliefen, ich sollte dort Händlerkarawanen beschützen, allerdings waren wir nicht immer zur Stelle, um Überfälle durch diese Bestien zu verhindern, diese Wunden hier erinnern mich sehr an die, welche von den Wölfen im Wald verursacht worden.“
„Also läuft ein riesiger Wolf in Navea Amok? Das bezweifle ich irgendwie.“ murmelte Naruz, ehe er sich wieder an Paolo wandte. „Was wissen wir über die Toten?“
„Ah ja, das wird Euch interessieren, es handelt sich um alte Freunde von Euch.“
„Was? Was meint Ihr damit?“
„Hier, ich zeige es Euch.“ meinte Paolo, und ging zu einer weiteren Leiche hinüber. Als Naruz sie sah, kniff er sofort die Augen zusammen. Es handelte sich um einen Alfar, dem der rechte Arm fehlte, und dessen Kehle vollkommen zerfetzt war.
„Alfar?“
„Nur dieser eine hier, aber ich kenne ihn. Seht Ihr die Tätowierung, an seiner rechten Schläfe? Er ist mir vor ein paar Jahren entwischt. Er ist Môrkalfar, der zum Blutenden Turm gehört, ist er einer der Alfar, die Euch bei Tougou Akashi angegriffen haben?“
„Nein, nein ist er nicht. Aber wenn er zum... Moment, Ihr kennt den Blutenden Turm?“ Paolo schwieg eine Weile, und sah Naruz mit einem Blick an, den dieser noch nie beim alten Bladelli gesehen hatte. Es war ein trauriger, schmerzerfüllter Blick, der jedoch kurz darauf aus seinem Gesicht verschwunden war.
„Ja, ich kenne den Turm... aber darüber will ich nicht hier sprechen. Sergeant?“
„Ja, Sir?“
„Ich überlasse Euch den Platz, untersucht ihn noch eine Weile mit Team Mantikor, während ich Inquisitor Naruz begleite.“
„Jawohl, Sir!“
„Moment, wir sollen hier bleiben?“ fragte Nikodemus verwirrt. „Haben wir etwa kein Recht darauf, zu erfahren, was Ihr mit Naruz besprechen wollt?“ Paolo sah den Soldaten eine Weile lang an, und warf dann Naruz kurz einen fragenden Blick zu, der lediglich nickte. Der Bladelli seufzte.
„Also gut, ihr dürft alle mitkommen, Inquisitor Naruz würde euch eh nichts verschweigen.“ murmelte er, und machte sich auf den Weg, in Richtung Villa der Bladelli. Eigentlich war das, was er Naruz erzählen wollte ein Geheimnis, und nichts, was einfache Soldaten oder Templer wissen sollten, aber inzwischen kannte er Naruz und wusste, dass dieser seinem Team eh alles erzählen würde, also hatte es keinen Sinn zu protestieren. Während sie Paolo folgten, kamen sie an Aleyandra vorbei, welche Saeca eng an sich drückte, damit diese nicht sehen konnte, was sich auf dem Platz abspielte.
„Naruz.“ sagte sie, um auf sich aufmerksam zu machen, woraufhin der Inquisitor auch anhielt, ebenso wie Paolo und der Rest des Teams. „Ich werde Saeca von hier weg bringen, und dafür sorgen, dass sie fürs erste nicht mehr hier her kommt, also...“ Naruz nickte kurz.
„Ich verstehe, das ist am vernünftigsten, denke ich. Wir... wir können bestimmt ein anderes mal miteinander reden.“ Bei diesen Worten strahlte Aleyandra förmlich. 'Wir können ein anderes mal reden', das hieß, dass er sie sehen wollte! Er würde sie nicht mehr davon jagen!
„Ja, natürlich!“ meinte sie, und nickte fröhlich. „Also, bis später!“ meinte sie, und ging mit Saeca davon, während Naruz, Paolo und der Rest sich wieder in Bewegung setzten. Nach einer Weile erreichten sie die Villa, anstatt jedoch zu Naruz' Büro zu gehen, oder seinem eigenen, steuerte Paolo direkt auf die Bibliothek zu.
„Die Bibliothek? Was wollen wir hier?“ fragte Naruz, erhielt jedoch keine Antwort. Paolo klopfte einfach an die Tür, und wartete. Nach einer Weile wurde die Tür von Innen geöffnet, und Naleya stand vor ihnen. Als sie Paolo sah, wich sie instinktiv einen Schritt zurück, beruhigte sich jedoch, als sie Naruz und sein Team sah, die hinter dem Bladelli standen.
„Ah, willkommen, kann ich euch irgendwie helfen?“ fragte sie leise, und trat nervös von einem Bein aufs andere.
„Ja, entschuldige mein unangekündigtes Aufkreuzen, aber ich würde gerne mit deiner Schwester reden, es ist wichtig.“
„Ähm... also Aynaeth ist gerade beschäftigt, und ich glaube nicht, dass sie gestört werden will.“
„Lass sie rein, Naleya.“ erklang die Stimme von Aynaeth, von irgendwo aus der Bibliothek, und Naleya atmete erleichtert auf, und flitzte zu ihrer Schwester, froh darüber, diesen furchteinflößenden Mann nicht daran hindern zu müssen, in die Bibliothek zu gehen. Gemeinsam betraten Paolo und Team Mantikor die Bibliothek, und kämpften sich durch hunderte Bücher, bis sie schließlich Aynaeth erreichten, die auf dem Boden saß, und schon auf sie zu warten schien, sie hatte sogar einige Bücher zur Seite geschoben, um ihnen Platz zu machen.

Bild


„Geht es nur mir so, oder ist es hier drinnen sehr viel kühler als draußen?“ fragte Victoria, und sah sich um. Auch Naruz merkte, dass es hier drinnen angenehm kühl war, während im Rest der Villa mörderische Temperaturen herrschten.
„Ah ja, mein neuestes Experiment ist geglückt.“ meinte Aynaeth, und klopfte auf den Boden neben sich, um allen zu bedeuten, sich zu setzen. Paolo verzog zwar das Gesicht, ließ sich dann aber doch auf dem Boden nieder, was Naruz äußerst merkwürdig fand, normalerweise hätte der Bladelli sich niemals dazu herabgelassen, auf dem Boden zu sitzen.
„Welches Experiment?“ fragte Anya, während sie sich neben Victoria niederließ.
„Ich habe vier Grimoire kombiniert, die Luft und Eismagie verwenden, nach ein paar... Fehlschlägen, ist es mir endlich gelungen sie dazu zu bringen, eine angenehm kühle Temperatur in diesem Zimmer aufrecht zu erhalten.“ erklärte Aynaeth, und deutete in die Ecken der Bibliothek, wo vier große, schwere Grimoire schwebten. Naruz seufzte, nicht zum ersten mal fragte er sich, wie Aynaeth zu einer der mächtigsten Hexen geworden war, die jemals gelebt hatten.
„Eine äußerst... kreative Verwendungsmöglichkeit der Grimoire, wie auch immer, ich bin froh, dass Ihr mich empfangen habt, Lady Vaas.“ meinte Paolo, und kam somit sofort zum Punkt, er mochte es nicht, ewig lange Gespräche über das Wetter zu führen, oder irgendwas in der Art. Bei ihm musste alles kurz und knapp sein. „Es geht um den Blutenden Turm... ich weiß, dass Ihr den Turm kennt, und persönliche Probleme mit ihnen habt, also fand ich, dass Ihr ein Recht habt zu erfahren, was ich auch Naruz und seinem Team erzählen werde.“ Aynaeth nickte kurz, und wandte sich dann an Naleya.
„Gehst du bitte in die Küche, und bereitest das Abendessen vor?“
„Natürlich.“ meinte Naleya, und sprang auf. Sie wusste, dass ihre Schwester ihr früher oder später alles erzählen würde, wenn sie nicht wollte, dass Naleya mithörte, würde das schon einen guten Grund haben. Nachdem die angehende Hexe weg war, wandte Aynaeth sich wieder an Paolo.
„Also? Was könnt Ihr mir über den Turm erzählen?“
„Naruz, was wisst Ihr über den Blutenden Turm?“
„Nur, was Aynaeth uns erzählt hat, dass es sich um eine Widerstandsgruppe in der Yggdrasil Republik handelte, die zu äußerst extremen Methoden gegriffen haben, um ihre Ziele zu erreichen.“ Paolo nickte kurz.
„Das stimmt, aber das ist bei weitem nicht alles. Der Turm und die Kirche haben... eine Vergangenheit miteinander.“
„Was meinst du damit, Großvater?“ fragte Anya, und zuckte zusammen, als sie den strengen Blick von Paolo bemerkte. „Ähm, ich meine, was wollt Ihr uns damit sagen, Sir?“
„Die Kirche hat den Turm unterstützt, nicht wahr?“ fragte Naruz, ehe Paolo antworten konnte.
„Richtig.“ meinte der Bladelli, mit einem Seufzen. „Jahrelang hatte die Kirche den Blutenden Turm unterstützt, und ihm bei seinen Aktionen gegen die Republik geholfen, wir waren zwar keine Verbündeten... aber wir hatten ähnliche Ziele, die Republik zu schwächen. An dieser Stelle möchte ich mich entschuldigen, Lady Vaas, ich hoffe, Ihr hasst die Kirche nicht dafür, denn ich weiß, was damals in Vanaheim passiert ist.“ Aynaeth schüttelte den Kopf.
„Ich hasse die Kirche nicht, sie hat dem Turm lediglich Geld und Waffen zur Unterstützung geschickt, ich hätte vermutlich das gleiche getan, in eurer Situation. Die Kirche war nicht am Angriff auf meine Familie beteiligt, das weiß ich.“
„Ich danke Euch dafür, Lady Vaas. Nun gut, wie auch immer, die Zusammenarbeit mit dem Turm, hörte vor knapp zwölf Jahren auf, kurz nach dem Zwischenfall in Vanaheim, denn zu diesem Zeitpunkt geschah etwas, innerhalb der Organisation, es gab einen Machtwechsel. Der frühere Anführer wurde gestürzt, und zwei Menschen haben den Blutenden Turm übernommen, zwei mächtige Magier, ein Mann und eine Frau. Sie beide hatten den Rang eines Erzmagiers innerhalb der Kirche, und das, obwohl sie noch nicht einmal dreißig Jahre alt waren! Sie waren geradezu Genies, wenn es um Magie ging. Jedoch verrieten sie die Kirche, übernahmen den Blutenden Turm, und festigten ihre Herrschaft über die Organisation, ehe sie umgewandelt wurde, in einen Kult, einen Kult voller Dämonenanbeter. Der neue Kult ging nicht länger nur gegen die Republik vor, sondern auch gegen die Kirche. Tempel und Schreine wurden überfallen, Reliquien gestohlen, und dutzende Dämonen wurden beschworen. Warum die Erzmagier dies taten, wissen wir bis heute nicht. Vor zehn Jahren dann, gelang es mir den Kult zu zerschlagen, und ihre Anführer zu töten, allerdings sind einige der wichtigeren Persönlichkeiten des Kults entkommen, und treiben bis zum heutigen Tage hier ihr Unwesen.“
„Ein Dämonenkult? Aber, was wollen die dann mit mir?“ fragte Naruz, woraufhin Paolo ihn eine Weile lang ansah, dann schüttelte der Bladelli jedoch den Kopf.
„Ich weiß es nicht, das müssten wir schon die Verantwortlichen fragen.“
„Und was genau war hieran so geheim, dass Ihr es uns nicht auf dem Platz erzählen konntet?“
„Der Fakt, dass die Kirche den Turm unterstützt hatte, und dass es einigen Mitgliedern gelungen war zu fliehen. Es wäre... unschön, falls die Öffentlichkeit davon Wind bekommen sollte.“
„Ich verstehe, und was glaubt Ihr, wer die Kultmitglieder auf dem Platz getötet hat?“
„Keine Ahnung, aber es wird kein Freund der Kirche gewesen sein, ansonsten hätte er oder sie sich sofort bei uns gemeldet, ich schätze, dass es Agenten der Republik sind, die Verräter jagen und bestrafen sollen. Wie auch immer, der Blutende Turm ist nicht der einzige Grund, warum ich mit Euch reden wollte, Inquisitor.“ meinte Paolo und sah Naruz an, während er aufstand, alle anderen erhoben sich ebenfalls, alle außer Aynaeth, die weiterhin auf dem Boden saß, und ein Buch aufschlug. „Ich habe einen neuen Auftrag für Euch, ein Auftrag, der Euch aus Navea führen wird.“
„Worum geht es?“
„Ihr werdet nach Demarech gehen, eine recht große Stadt, die in der Nähe der Wunderminen liegt. Dort sind in letzter Zeit einige hochrangige Forscher und Magier der Kirche verschwunden, wir müssen damit rechnen, dass sie entweder entführt, oder ermordet worden, oder dass sie desertiert sind. Es wird Eure Aufgabe sein herauszufinden, was genau dort passiert ist.“
„Was? Aber sollte ich nicht lieber am Fall, über den Blutenden Turm arbeiten? Immerhin bin ich direkt darin involviert, und...“
„Der Auftrag kommt vom Erzbischof persönlich, Inquisitor. Er besteht darauf, dass Ihr den Auftrag übernehmt.“ Naruz schwieg, wenn Belenus es so wollte, konnte er den Auftrag unmöglich ablehnen, aber trotzdem wäre es ihm lieber, wenn er an dieser Sache hier in Navea arbeiten könnte, immerhin betraf ihn die ganze Sache.
„Ich werde bei den Nachforschungen über den Turm helfen.“ meldete Aynaeth sich plötzlich zu Wort, und alle sahen sie erstaunt an, woraufhin sie verwirrt blinzelte. „Ist etwas?“
„Hast du dich gerade freiwillig dazu gemeldet zu arbeiten?“ fragte Anya erstaunt, woraufhin die Hexe nickte.
„Aber natürlich. Die Sache hier macht mich neugierig, vor allem, wie der Kult wieder nach Navea kommen konnte, vollkommen unerkannt, ich schätze, sie hatten Hilfe von Innen. Ich werde mal ein wenig herumschnüffeln. Und ich werde dir über alles was ich finde Bericht erstatten, Naruz, weil ich dich mag.“ mit diesen Worten war das Gespräch für die Hexe beendet, und sie vertiefte sich wieder in ihr Buch.
„Da hört Ihr es, Aynaeth kümmert sich um die Sache hier, also könnt Ihr Euch beruhigt auf den Weg nach Demarech machen.“ meinte Paolo, und lächelte, dank Aynaeth wurde die ganze Situation ein wenig leichter. Naruz seufzte.
„Also gut... gehen wir halt nach Demarech. Victoria, Anya, packt eure Sachen, wir werden Morgen aufbrechen. Nikodemus.“
„Ja?“
„Bevor du deine Sachen zusammenpackst, gehe zu Aleyandra, und sage ihr, dass wir eben einen neuen Auftrag erhalten haben, sie wird es wissen wollen, und ich will nicht, dass sie die Leute hier in der Villa stört, obwohl wir gar nicht da sind.“
„Wird gemacht, Naruz! Ich werde sofort zu ihr gehen!“ sagte Nikodemus, salutierte eifrig, und machte sich sofort auf den Weg, auch Victoria und Anya gingen aus dem Zimmer, um alles zusammenzupacken. Paolo nickte, sichtlich beeindruckt.
„Ich hätte nicht erwartet, dass Euer Team sich bereits so... professionell verhält.“
„Ich danke Euch erneut, für das Lob, Großmarschall. Gibt es noch etwas, dass ich zu diesem Auftrag wissen sollte?“
„Ja, gibt es. Wir haben viele Soldaten in Demarech, die Euch unterstützen können, solltet Ihr deren Hilfe verlangen. Es wird nicht leicht sein herauszufinden, was in Demarech passiert ist, also zögert nicht Eure Autorität als Inquisitor zu nutzen, um die Leute dazu zu bringen Euch zu helfen.“ Naruz nickte zögerlich. Damit hatte er noch immer Probleme, er war es einfach nicht gewohnt, einen so hohen Rang innezuhaben, und anderen Menschen Befehle zu erteilen, aber er würde wohl lernen müssen, damit zu leben. „Ach ja, bevor ich es vergesse, Ihr werdet nicht alleine dort sein.“ meinte Paolo, und verzog leicht das Gesicht. „Die Tempelwachen haben uns kontaktiert und davon benachrichtigt, dass sie bereits eine Agentin vor Ort haben, eine Schwerttänzerin des Sonnenordens, ich weiß jedoch nicht, um wen genau es sich handelte. Ich kann nur hoffen, dass sie Euch nicht als Hindernis sehen wird, Ihr wisst ja, dass der Sonnenorden manchmal ein wenig... seltsam sein kann.“ Erneut nickte Naruz. Beim Sonnenorden handelte es sich um eine Organisation innerhalb der Tempelwächter, ein Teil der Kirche, dessen Aufgabe es eigentlich war, die Tempel und Schreine der Gaia zu bewachen, und vor Dieben, Brandstiftern und sonstigen Gefahren zu schützen. Die Schwerttänzerinnen des Sonnenordens, gehörten zur absoluten Elite der Tempelwachen, sie gehörten zu den besten Kämpferinnen innerhalb des Ordens, und sie nahmen ausschließlich Frauen auf, ihr Gegenstück waren die Kleriker des Mondordens, welche die mächtigsten Magier waren.
„Ich werde schon auf mich aufpassen, ich hatte bereits ein paar mal mit dem Sonnenorden zu tun, und es gab nie wirkliche Probleme, ich werde schon mit ihr klarkommen.“
„Das hoffe ich, Inquisitor, denn dieser Auftrag ist von äußerster Wichtigkeit. Wir müssen herausfinden, was mit den verschwundenen Personen passiert ist, wenn sie getötet worden, müssen wir herausfinden, wer die Täter sind, und wenn sie uns verraten haben...“
„Müssen sie bestraft werden.“ meinte Naruz, und verzog leicht das Gesicht.
„Genau.“ bestätigte Paolo mit einem Nicken. „Der Erzbischof verlässt sich auf Euch, Inquisitor, ich hoffe, Ihr werdet ihn nicht enttäuschen.“


Bild


Am Abend des nächsten Tages befand Team Mantikor sich bereits auf dem Weg in Richtung Demarech. Sie waren den ganzen Tag über geritten, und hatten letztendlich am Wegesrand eine Pause eingelegt, um ein Nachtlager aufzuschlagen. Victoria und Anya kümmerten sich um die Pferde, welche in einiger Entfernung an einen Baum angebunden waren, Naruz kümmerte sich um das Essen, und Nikodemus sammelte in der Nähe weiteres Feuerholz. Ihr Aufbruch war plötzlich gewesen, der Auftrag kam viel zu unerwartet, aber daran musste man sich gewöhnen, wenn man für die Inquisition diente. Verräter und Deserteure kündigten sich schließlich nicht Wochen vorher an, und vereinbarten einen geeigneten Termin, an dem die Jagd auf sie beginnen konnte, auch wenn Naruz sich wünschte, dass dem so wäre. Zu einem weiteren Gespräch mit Aleyandra, war es aufgrund des frühen Aufbruchs von Team Mantikor nicht gekommen, worüber Naruz einerseits traurig, und andererseits ziemlich erleichtert war. Er wusste einfach nicht mehr, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte, ja, er hatte mit ihr Schluss gemacht, aber das hieß noch lange nichts. Immer wenn er das weißhaarige Mädchen sah, wollte er nichts anderes tun, als sie zu umarmen, und bei ihr zu bleiben, zumindest solange, bis er sich in Erinnerung rief, was Sigrun ihm erzählt hatte, dann wünschte er sich nichts weiter, als dass Aleyandra so weit wie möglich weg wäre, damit er nicht mehr an sie denken müsste. Andererseits, jetzt war sie gerade weit weg, und er dachte trotzdem an sie. Der Inquisitor seufzte, warum konnte nicht alles einfach... nun ja, einfach sein.
„Du siehst müde aus, Partner.“ meldete Serif sich plötzlich zu Wort, und erschien neben Naruz in der Luft, ebenso wie Sigrun, sehr zu Naruz' Überraschung, normalerweise zeigte die Valkyre sich nicht, wenn Naruz sie nicht gerade rief. „Schläfst du wieder schlecht? Hast du noch immer diese seltsamen Träume?“
„Seltsame Träume habe ich, aber keine mehr, in denen ich sterbe, das ist immerhin etwas.“
„Dann liegt deine Müdigkeit vielleicht an was anderem? Hm... hat es mit Aley...“
„Was läuft eigentlich zwischen dir und Merilee?“ würgte Naruz sein Eidolon ab, und grinste Serif an. Er hatte Serif noch nie so gesehen, wie zu dem Zeitpunkt, an dem das Eidolon mit den rosa Haaren plötzlich vor ihm aufgetaucht war.
„Z-zwischen m-mir und Merilee? N-nichts, wir sind gute Freunde, alles bestens, hey! Wusstest du, dass Merilee so beliebt ist, dass wir sie 'das Idolon' nennen? Verstehst du? Idol... Eidolon... Idolon...“
„Das funktioniert nur, wenn man es mit so einem bescheuerten Akzent ausspricht wie du, und selbst dann ist es noch immer ein grottenschlechtes Wortspiel.“
„Serif macht oft schlechte Witze, wenn er nervös ist.“ kommentierte Sigrun, und wandte ihren Kopf in Richtung der Fee, woraufhin Naruz sofort einige neue Fragen durch den Kopf schossen.
„Sigrun?“
„Ja, Botschafter?“
„Wo ich dich schon einmal hier habe, könnte ich dir ein paar Fragen stellen?“
„Aber natürlich, ich werde sie beantworten, wenn es mir möglich ist.“
„Gut, also zuallererst, wie kannst du etwas sehen? Dein komischer Helm verdeckt ja deine Augen, und ich sehe da kein Visier, oder Sehschlitze, also, wie siehst du überhaupt etwas?“ Sigrun schwieg eine Weile. „Nun? Was ist?“
„Das... das ist deine Frage?“ Naruz nickte. „Vor dir steht ein uraltes, mächtiges Eidolon, aus dem Himmelreich, eine Vertraute des Ritters der Sonne, und deine erste Frage handelt nicht von den Geheimnissen der Welt, oder vom Himmelreich, es geht noch nicht einmal um Aelius... sondern darum, wie ich etwas sehen kann?“ Erneut nickte Naruz, woraufhin Sigrun plötzlich anfing zu lachen. „Du bist ein seltsamer Botschafter, Naruz. Warum hast du mir in den letzten sechs Monaten keine richtigen Fragen gestellt, oder dich überhaupt mit mir unterhalten?“
„Ich hatte nicht viel Zeit, ich habe entweder mit Aynaeth trainiert, mich von Silberblatt nerven lassen, mit euch trainiert, mit meinem Team trainiert, mich von Silberblatt nerven lassen, Zeit mit Aleyandra verbracht, oder mich von Silberblatt nerven lassen, da blieb nicht viel Zeit, für mehr.“
„Ich verstehe.“ meinte Sigrun, und lächelte noch immer. Cyril hatte damals recht gehabt, Naruz war wirklich ein amüsanter Botschafter der Gaia. Er könnte es vielleicht sogar schaffen, seinen Namen in der Geschichte von Azuria zu verewigen, als einer der besten Botschafter der Gaia, die es jemals gegeben hat, daran glaubte sie mittlerweile tief und fest. „Also gut... ich sehe Dinge mit meinem Herzen, so ganz genau kann ich es auch nicht beschreiben, aber ich sehe alles, was um mich herum geschieht, mit Hilfe von meinem Herz.“
„Mhm... spielst du eigentlich mit Puppen?“
„W-w-was?“ Sigrun sah zu Naruz hinüber, mit einem vollkommen ungläubigen Gesichtsausdruck. „O-ob ich mit Puppen spiele? Was... wieso... warum...“ stotterte die Valkyre vor sich hin, unfähig richtig zu antworten. Mit so einer Frage hatte sie überhaupt nicht gerechnet. Plötzlich hielt Naruz seine Hand in die Luft, und Serif schlug darin ein.
„Siehst du? Ich habe dir doch gesagt, dass ich es schaffen würde Sigrun vollkommen außer Fassung zu bringen.“
„Japp, gute Arbeit, Partner.“ meinte Serif und nickte zufrieden. „Ich hätte nie gedacht, dass ich die großartige Valkyre einmal so durcheinander sehen darf.“
„Ich nehme alles positive zurück, dass ich jemals über dich gedacht habe, du bist nicht geeignet, ein Botschafter der Gaia zu sein.“ murmelte Sigrun, und wirkte leicht beleidigt, was Naruz ein Lachen entlockte, und Serif einen ungläubigen Gesichtsausdruck.
„Partner, du bist wirklich unglaublich, du hast Sigrun nicht nur durcheinander gebracht, sondern auch noch dafür gesorgt, dass sie sich wie ein beleidigtes Kleinkind verhält, dafür hast du meinen Respekt.“
„Vielen Dank, Serif... Sigrun? Ist alles in Ordnung? Ich habe nur Spaß gemacht, ein wenig Spaß muss man verstehen können, selbst als mächtiges, edles und ehrenhaftes Eidolon des Himmelreichs.“ meinte Naruz, und lächelte Sigrun an, woraufhin diese lediglich seufzte. Es kam durchaus hin und wieder vor, dass ein Eidolon und der dazugehörige Botschafter, oder Botschafterin, sich nicht wirklich miteinander verstanden, manche hassten sich sogar... aber das hier war anders. Naruz wirkte hin und wieder wie ein kindischer Trottel, ohne Verantwortungsbewusstsein, aber wenn es darauf ankam, konnte man sich auf ihn verlassen, das hatte Sigrun bereits sehen können, bevor sie ihm überhaupt begegnet war, immerhin hatte sie seine Kämpfe beobachtet. Sie konnte ihm einfach nicht lange böse sein, und damit war sie nicht die einzige. Der Valkyre war bereits aufgefallen, dass Naruz ein Talent dafür zu haben schien, Leute dazu zu bringen ihn zu mögen, und dass ohne, dass er wirklich etwas dafür tat. Man sah es an Aelius, der sich dafür eingesetzt hatte Naruz während seiner Reisen zu unterstützen, an Salvatore Doni, der Inquisitor, der Naruz gehasst hatte und nun einer seiner besten Freunde war, und auch an Paolo Bladelli, dem Großmarschall, der am Anfang sehr wenig vom Botschafter hielt, und ihn mittlerweile respektierte. „Sigrun? Ich hätte noch eine Frage.“ meinte Naruz plötzlich, und hatte einen recht ernsten Gesichtsausdruck. „Du beobachtest alle Kämpfe, und führst die Gefallenen, die sich als würdig erwiesen haben in das Himmelreich. Also hast du den Kampf auf dem Platz der Freyja beobachtet, nicht wahr?“
„Ja, habe ich, es war kein schöner Anblick, selbst für mich nicht.“
„Könntest du mir dann vielleicht sagen, wer die Kultmitglieder getötet hat? Ich...“ Sigrun schüttelte den Kopf, ehe Naruz aussprechen konnte, und unterbrach ihn damit.
„Nein, das kann ich dir nicht sagen, tut mir leid, Naruz.“
„Was? Aber du hast mir von Aleyandras Kampf erzählt! Warum also nicht hiervon?“
„Das war eine Ausnahme, ich wollte dir eigentlich nicht davon erzählen... aber du sahst so aus, als wenn du jeden Augenblick losrennen, und sie suchen würdest, wenn ich es dir nicht gesagt hätte. Aelius hatte das ganze überhaupt nicht gefallen, er war ziemlich wütend auf mich, er meinte, ich solle lernen meine Pflichten als Valkyre und als dein Begleiter voneinander zu trennen, sprich, meine Berufung als Valkyre soll keinen Einfluss auf dich und deine Entscheidungen haben.“
„Wäre auch zu schön gewesen.“ meinte Naruz, und seufzte. „Aber gut, ich will dich gar nicht dazu zwingen, wenn du es Aelius versprochen hast, kann ich nichts daran ändern.“
„Ich danke dir dafür, Naruz. Aber... selbst wenn ich es Aelius nicht versprochen hätte, würde ich dir nichts davon sagen. Es gibt nicht viele Wesen, auf dieser Welt, bei denen ich Vorsicht walten lasse, aber der Mörder der Kultmitglieder ist jemand, mit dem ich es mir nicht verscherzen will.“
„Ich verstehe, muss ein beeindruckender Kerl sein. Wie auch immer, kommen wir zu einer weiteren Frage... sind dir deine langen Haare im Kampf nicht im Weg?“ Dieses mal war es wieder an Sigrun zu seufzen, sie mochte ihren Botschafter, aber irgendwann würde er sie noch zur Verzweiflung bringen.

Bild


Während Naruz damit beschäftigt war seine Eidolons in den Wahnsinn zu treiben, führten Anya und Victoria ein gänzlich anderes Gespräch, während sie sich um die Pferde kümmerten. Victoria musterte ihre Freundin mit strengem Blick, während diese vollkommen nervös zu sein schien, und versuchte die stechenden Blicke zu ignorieren, die Victoria ihr zuwarf.
„Dein großes Mundwerk wird dich eines Tages ins Verderben bringen, ich hoffe, dessen bist du dir bewusst.“ meinte sie schließlich, und schüttelte den Kopf.
„Ich kann nichts dafür! Es ist einfach so herausgeplatzt!“ versicherte Anya ihrer Freundin, und drehte sich zu dieser um.
„Gehen wir die ganze Sache noch einmal von vorne durch.“
„Was? Nein, nein, das wird nicht...“
„Also, du bist in Naruz verliebt, richtig?“
„W-w-w-was? D-d-das, d-das hast du dir...“
„Anya!“ die Templerin seufzte.
„Schon gut. Ich... ähm... bin vielleicht ein klein wenig in ihn verliebt.“
„Und du hast mich darum gebeten, dir dabei zu helfen ihm näherzukommen, richtig?“
„Richtig.“
„Dann stelle ich mir die Frage, warum du, sobald sich die Möglichkeit ergibt, mit ihm alleine zu sein, während ihr euch um die Pferde kümmert, folgendes schreist; 'Warum sollte ich mit dir zu den Pferden gehen? Ich brauche deine Hilfe nicht, Victoria und ich schaffen das schon alleine!' Bin ich die einzige, der das ganze ziemlich kontraproduktiv vorkommt?“ Anya verzog bei diesen Worten ihrer Freundin das Gesicht.
„Ich kann nichts dafür, ehrlich! Es ist einfach so passiert, außerdem...“
„Außerdem?“
„Außerdem fühle ich mich ein wenig schuldig.“
„Schuldig? Warum? Doch nicht etwa wegen Aleyandra?“ Anya nickte. „Meine Güte, Anya! Die ist eine Verrückte, die dich jederzeit umbringen würde, nur weil du in der Nähe von Naruz bist! Wegen ihr brauchst du dich nicht schuldig zu fühlen! Außerdem hast du nichts getan, weswegen du Schuldgefühle haben müsstest.“
„Aber ich habe dich darum gebeten, mir zu helfen, weil... weil...“
„Weil du mit Naruz zusammen sein willst.“ meinte Victoria, und Anya nickte, während sie rot anlief. „Dann ist doch nichts weiter dabei, Naruz hat mit dieser Aleyandra Schluss gemacht, also kannst du dich an ihn ranmachen, ohne dich schuldig fühlen zu müssen.“
„Aber ich hatte es schon vorher probiert, während sie noch zusammen waren!“
„Ich hoffe du meinst damit nicht die misslungenen Versuche, während ihr zusammen in der Villa der Akashi wart.“
„Ähm...“
„Oder die Sache, nach der Operation? Wenn du das wirklich als Versuche interpretierst, dann ja, dann hast du dich schuldig gemacht, ich dachte aber eigentlich, dass das nur dazu da war, dich ein wenig lächerlich zu machen.“
„Du kannst ziemlich gemein sein, Victoria.“
„Ich weiß, tut mir leid.“ meinte die Soldatin mit einem Seufzen. Ihre spitze Zunge hatte dazu geführt, dass sie kaum Freunde hatte, und die meisten Leute es vermieden mit ihr zu reden, lediglich Anya kam mit ihr zurecht, wahrscheinlich weil diese ein ähnliches Problem hatte, auch wenn es in ihrem Fall nur bei Naruz auftrat.
„Also was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun? Naruz sagen, dass ich... ähm... also, du weißt schon.“
„Normalerweise würde ich sagen, ja. Aber in deinem Fall, eher nicht. Erstens, es ist noch nicht genug Zeit vergangen, er denkt wahrscheinlich noch immer an Aleyandra, gib ihm ein wenig mehr Zeit, bevor du ihm sagst, dass du ihn liebst.“
„Und in dieser Zeit mache ich... was?“
„Du sorgst natürlich dafür, dass er sich in dich verliebt.“
„Ah, natürlich... Moment, was?“
„Du hast mich schon richtig verstanden, du sorgst dafür, dass er sich in dich verliebt, und du übst.“
„Was soll ich üben?“
„Wie du ihm sagst, dass du ihn liebst?“
„Braucht man dafür wirklich Übung?“
„Normale Menschen nicht, du schon. Wir wollen schließlich nicht, dass du ihn anschreist, 'Baka' nennst, und hochrot wegrennst, so wie... na ja, so wie jedesmal, wenn ihr euch ein wenig länger miteinander unterhaltet.“
„Du bist wirklich gemein, Victoria.“
„Ja, ja, weinen bringt dich auch nicht weiter, und jetzt komm, ich glaube, das Essen ist fertig.“

Zur gleichen Zeit in Navea:
Alles war dunkel, und die Straßen vor der Villa der Bladelli waren menschenleer, was Saeca sehr willkommen war. Mit entschlossener Miene sah sich sich um, ehe sie aus ihrem Versteck, in einer Seitengasse huschte, und zur Villa eilte, dicht gefolgt von Merilee, die einen gewaltigen Sack neben sich schweben ließ, mit Hilfe ihrer Magie. Als sie am Gebäude waren, verlor Saeca keine Zeit, sondern öffnete sofort das Fenster, welches in die Küche der Villa führte, sie hatte es vorsorglich während ihres Besuches hier sabotiert, damit es sich nicht verschließen ließ. Schnell kletterte sie durch das Fenster, und arbeitete sich durch die Küche vor, bis in den Gang der Villa, wo sie kurz stehen blieb, und sich umsah.
„Mach schnell Saeca, wenn man uns bemerkt, war alles umsonst.“ flüsterte Merilee ihr drängend zu, und die Armani nickte. Dann ging sie auf ein Bild zu, und tastete die Wand ab, ehe sie fand, wonach sie gesucht hatte, ein loses Brett in der Wand, auch etwas, dass sie für diese Nacht vorbereitet hatte. Schnell nahm sie das Brett ab, und offenbarte einen recht großen Hohlraum dahinter. Ohne zu zögern packte sie den Sack, und schleuderte ihn in das Loch, ehe sie das Brett wieder davor befestigte. Kurz vergewisserte sie sich, dass alles normal aussah und nickte zufrieden, dann wandte sie sich ab, und schlich wieder in die Küche, von wo aus sie und Merilee die Villa verließen. Der erste Teil ihrer Mission war erfolgreich abgeschlossen, jetzt hieß es warten, bis es an der Zeit war, und der Inhalt des Sacks gebraucht werden würde.

Bild
Bild

Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368

Benutzeravatar
Vanidar
Signifer
Signifer
Beiträge: 487
Registriert: 5. Dezember 2010 20:41
:
AAR-Schreiber

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 3. Juli 2014 16:04

20. Lyaena Akashi (Öffnen)
20. Lyaena Akashi


Aleyandra holte mit einem ihrer beiden Streitkolben zum Schlag aus und fegte Silberblatts Schwert spielend leicht zur Seite. In jeder Hand hielt sie eine dieser schweren, fast schon übergroßen Waffen und trieb Silberblatt damit zum ersten mal seit sie sich kannten vor sich her. Ein weiterer Schlag trag die Schulterpanzerung des Großmeisters und ließ ihn benommen zur Seite taumeln. Ihre Waffen bestanden letztendlich nicht aus viel mehr, als wuchtigen, großen Stahlkugeln, die man auf Stangen gesetzt hatte und Aleyandra liebte es damit zu kämpfen. Schwerter waren nicht ihr Ding, aber gleichzeitig, wollte sie endlich nicht mehr nur auf ihre Pistolen zurückgreifen müssen, sondern auch in der Lage sein sich im richtigen Nahkampf zur Wehr zu setzen. Sie fand, dass sie Fortschritte machte. Selbst in Sachen Magie! Silberblatt hatte sie darauf hingewiesen, dass sie ihre Pistolen letztendlich im Kampf benutze wie andere Magier einen Zauberstab, also sollte sie auch in der Lage sein, jeden normalen Zauber zu benutzen, solange sie die Macht durch ihre Pistolen kanalisierte. Leider ging viel von ihrer magischen Kraft dadurch verloren und verpuffte wirkungslos, aber einige Illusionszauber hatte sie bereits gemeistert!
„Warum haltet Ihr euch noch immer zurück, Großmeister?“ unterbrach Aleyandra plötzlich ihren Kampf.
„Was meinst du damit?“
„Ich weiß, dass Ihr euch bei unseren Übungskämpfen immer zurückhaltet und am Anfang konnte ich das auch noch gut verstehen, aber es ist nicht mehr nötig mich zu schonen. In den letzten Monaten, habe ich mehr als genug gelernt, um auch gegen Euch bestehen zu können.“
„Bist du dir da ganz sicher?“ ein leicht bedrohlicher Unterton hatte sich in seine Stimme geschlichen, begleitet von einem erstaunlich zufriedenen Lächeln. Er schien die ganze Zeit nur auf diesen Moment gewartet zu haben.
„Ziemlich sicher. Ich weiß, dass ich in der Lage bin es Euch nicht so leicht zu machen wie damals vor dem Stadttor.“
„Wie du willst, dann machen wir ab jetzt ernst.“ Silberblatt murmelte etwas, streckte seine rechte Hand aus und sofort erschien eine gewaltige, rote Axt. Sie war mindestens so lang wie Aleyandra und beim Anblick dieser Waffe, wurde sie doch etwas nervös. Silberblatt dagegen strich liebevoll über den Axtkopf und die Luft um ihn herum schien zu flimmern, während er seine Kraft sammelte. Zwei Jahre hatte er Navea nicht mehr verlassen, um im Namen Gaias zu kämpfen. Es fühlte sich großartig an, endlich wieder seine geliebte Waffe in der Hand zu halten und damit kämpfen zu können. Derzeit wirkte er vielleicht nur noch wie ein genervter Beamter, aber er hatte sich seinen Titel als Großmeister verdient und mit dieser Axt mehr Dämonen getötet, als Versager wie Naruz jemals könnten. „Hoffentlich weißt du, was du tust. Ich würde nur ungern ausversehen meine Lieblingsschülerin umbringen nur weil sie sich hoffnungslos überschätzt.“

Bild
Bild

„Ich werde...“ doch weiter kam Aleyandra nicht mehr, denn Silberblatt sprang blitzschnell auf sie zu. Es gelang ihr gerade noch sich zur Seite zu werfen, als die Axt auf den Boden krachte und die Steinplatten spaltete. Bevor sie überhaupt die Gelegenheit erhielt zum Gegenangriff überzugehen, war Silberblatt wieder heran und schlug nach ihr. Jeder seiner Schläge ließ das Trainingsgelände erbeben und die Luft erzittern, während Aleyandra panisch über den Platz hechtete und versuchte irgendwie am Leben zu bleiben. Die Templer um sie herum suchten schon nach wenigen Schlägen des Großmeisters ihr Heil in der Flucht, womit sie klüger waren als Aleyandra, die sich noch immer nicht eingestehen wollte, dass sie aus diesem Kampf sicher nicht als Sieger hervorgehen würde. Die Klinge der massigen Axt raste erneut auf sie zu, diesmal zu schnell um noch ausweichen zu können. Aleyandra hob ihre neuen Streitkolben und versuchte den Angriff zu blocken, ein gewaltiger Fehler. Der Aufprall erschütterte ihren ganzen Körper, ließ jeden Knochen in ihr zittern und sie musste hilflos mit ansehen wie die breiten Stiele ihrer Waffen sich einfach durchbogen und brachen. Der massive Stahl gab unter der Wucht des Schlages nach und die Bruchstücke ihrer Streitkolben flogen ihr um die Ohren. Ein schneller Schlag mit dem Griff seiner Axt, beförderte Aleyandra endgültig zu Boden. Benommen blieb sie liegen und stöhnte vor Schmerzen. Das war irgendwie nicht ganz so gelaufen wie geplant.
„Ich dachte du wolltest kämpfen und nicht schlafen, oder hast du schon genug? Eigentlich habe ich gehofft, du lässt deinen großspurigen Worten auch Taten folgen, aber da muss ich mich geirrt haben.“ Silberblatt baute sich lächelnd, mit geschulterter Axt, vor ihr auf und streckte Aleyandra die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen „Hat Naruz dir beigebracht so schwach zu sein und so schnell aufzugeben? Der Umgang mit dieser Schande von einem Inquisitor ist nicht gut für dich. Er steckt dich an mit seiner Schwäche und Dummheit.“
„Verzeiht Meister. Versuchen wir es erneut.“ murmelte Aleyandra beschämt. Sie war kein einziges mal dazu in der Lage gewesen anzugreifen, sondern hatte nur mit Mühe und Not irgendwie überlebt.
„Teregion!“ durchdrang ein lauter Ruf die Stille zwischen den Beiden, bevor er noch etwas zu ihr sagen konnte, und brachte Silberblatt vollkommen aus dem Konzept. Er vergaß Aleyandras Anwesenheit für den Moment und drehte ruckartig den Kopf zur Seite. Einen Augenblick überlegte Aleyandra, ob sie die Gelegenheit für einen Angriff nutzen sollte, aber letztendlich siegte ihre Neugier und sie drehte sich ebenfalls zu dem Störenfried um. Am Rand des Trainingsplatzes, stand eine wunderschöne junge Frau, vielleicht Anfang Zwanzig, mit hüftlangen, hellblonden Haaren und leuchtenden blauen Augen, die sie sehr an Silberblatt erinnerten, aber vor allem an ihrem teuren und eleganten, hellblauen Kleid, blieb Aleyandras Blick eine ganze Weile hängen. So etwas hätte sie auch liebend gerne, aber es war zu teuer für sie, außerdem stand es ihr sicher nicht so gut wie der Fremden. Zum Glück ist Naruz nicht hier, schoss es ihr mit einem gequälten Lächeln durch den Kopf. Andererseits, war sie sowieso zu gefesselt von Silberblatts Anblick, um Naruz auch nur zu bemerken falls er da gewesen wäre. Die Frau strahlte übers ganze Gesicht und winkte ihrem Großmeister zu, während sie auf Zehenspitzen auf und ab hüpfte. Sie schien völlig aus dem Häuschen zu sein, während sie weiterhin um Silberblatts ungeteilte Aufmerksamkeit kämpfte. „Terrrrrrreeeeeeeeeeegionnnnnnnnnn!!!!“

Bild
Bild
Da sie auf den deutschen Servern ist, konnte ich ihr nichts passendes anziehen, aber naja, es passt schon, irgendwie

„L-lyaena?“ Silberblatt blinzelte verwirrt und wirkte kurz fast so, als hätte er einen Geist gesehen. Langsam wandte er sich wieder an Aleyandra, während er die schwere Axt vorsichtig auf den Boden legte und sich fragte, womit er das überhaupt verdient hatte. „Ruh dich aus, wir legen eine kurze Pause ein, du siehst immerhin so aus, als könntest du sie brauchen. Ich muss schnell mit jemandem, ähm...reden.“ Damit ging er langsam auf die Fremde zu, die nichts von seiner Zurückhaltung hielt und sich ihm lachend um den Hals warf.
„Ich bin so froh dich endlich wiederzusehen, Teregion! Die Zeit ohne dich war schrecklich, du hast mir gefehlt und ich kann kaum glauben dich endlich wieder vor mir zu sehen.“ glücklich versenkte sie ihr Gesicht in seiner Schulter und er wusste schon jetzt nicht mehr, wie er reagieren sollte. Ihre Stimme war erstaunlich sanft und freundlich, ganz anders als damals bei ihrer letzten Unterhaltung.
„Was tust du hier, Lyaena?“ fragte Silberblatt, noch immer vollkommen verwirrt und schien nicht viel übrig dafür zu haben sie ebenfalls rührselig zu begrüßen. Stattdessen packte er sie leicht an den Schultern und drückte sie ein Stück von sich weg, damit sie sich nicht mehr an ihn pressen konnte und er in der Lage war ihr ins überglückliche Gesicht zu blicken, was ihn letztendlich nur schuldbewusst den Blick abwenden ließ. Ihre Anwesenheit war das letzte womit er gerechnet hätte. Ausgerechnet jetzt, nachdem Aleyandra und Naruz sich getrennt hatten und sie über Yuki hinwegzukommen schien, musste sie wieder in sein Leben treten und ihm die Gelegenheit nehmen Aleyandra näherzukommen.
„Was ich hier tue?“ jetzt war es an ihr verwirrt dreinzublicken, aber schon nach kurzer Zeit fing sie sich wieder und strahlte einfach weiter. Sie war zu froh ihn wiederzusehen, um sich über solche Kleinigkeiten wie sein Verhalten zu beschweren. „Was glaubst du denn? Ich bin natürlich hier, um dich zu sehen, du Dummkopf! Ich war sehr einsam ohne dich und du hast keine Ahnung, wie oft ich schon kurz davor stand zu dir zurückzukommen. Aber ich...ich schätze ich war einfach zu stur, um dich früher zu besuchen. Vermutlich habe ich auch einfach nur darauf gehofft, dass du zu mir kommen würdest.“
„Ich...ich habe deine Briefe gelesen.“ war alles was Silberblatt erwiderte, während er zusah wie Lyaena bei ihren letzten Worten immer mehr in sich zusammenschrumpfte. Sie hatte also wirklich auf ihn gewartet, allerdings wusste er nicht wirklich, wieso ihn das überhaupt noch überraschte. Eigentlich hätte er es wissen müssen.
„Und sie ignoriert.“ erwiderte die blonde Frau anklagend und zum erstenmal, schien ihr Lächeln etwas schwächer zu werden und wirkte bemüht „Mein Vater erwartete dich auf seinem Anwesen und du weißt, dass man Kyosuke Akashi nicht warten lässt. Trotzdem bist du nicht gekommen, sondern hast meine, und vor allem seine, Einladungen alle ignoriert. Er ist sehr wütend auf dich und kann nicht verstehen, warum du uns nicht besucht hast, genauso wenig wie ich.“
„Ach? Ich weiß nicht, was es daran nicht zu verstehen gibt.“ entgegnete Silberblatt bissiger als geplant und sobald er sah wie Lyaena erschrocken zusammenzuckte, beschloss er sich wieder zu beruhigen. Ihr Auftritt hatte ihn einfach vollkommen durcheinander gebracht. Sie sollte nicht hier sein. „Du hast unsere Beziehung vor mehr als acht Monaten beendeten, nicht ich. Du hast gesagt, dass du mich niemals wiedersehen willst und bist mitsamt all deinen Sachen aus Navea abgehauen, um dich auf dem Anwesen deines Vaters zu verkriechen.“
„Kannst du mir das denn verübeln, nach allem was du mir angetan hast, Teregion?“ murmelte Lyaena und ballte die Hände kurz zu Fäusten, als müsste sie noch immer gegen ihren unterdrückten Zorn ankämpfen.
„Nein, kann ich nicht.“ antwortete er seufzend und als er sie tatsächlich zaghaft anlächelte, begann sie wieder zu Strahlen. Es war vielleicht nicht geplant gewesen, dass sie zurückkehrte, aber zumindest ein kleiner Teil von ihm freute sich auch sie zu sehen. „Aber ich dachte nicht, dass du dich wirklich über meinen Besuch gefreut hättest. Ich nahm an, dass dein Vater dich dazu zwang die Briefe zu schreiben und habe sie deswegen ignoriert.“
„Deswegen, oder weil du dich um etwas anderes kümmern musstest? Oder sollte ich lieber sagen, um jemand anderes?“ ihre Augen verengten sich zu Schlitzen und sie sah über seine Schultern hinweg. Ihr Blick blieb auf Aleyandra hängen, die versuchte möglichst unbeteiligt auszusehen und so tat, als würde sie weit genug weg stehen um nichts zu hören. In Wahrheit hatte sie aber die ganze über ihre Ohren gespitzt und dankte Gaia einmal mehr für ihre geschärften Sinne als Auserwählte. Es interessierte sie mehr über Silberblatt zu erfahren. Lyaena´s Stimme wurde etwas rauer und ungehaltener. Aleyandras Anblick schien ihrer guten Laune wieder einen gewaltigen Dämpfer zu verpassen. „Wie ich sehe hast du eine neue Schülerin. Was ist aus deiner letzten geworden? Ich dachte, ihr beide wärt auf ewig unzertrennlich und sie würde dir noch immer nachlaufen wie ein dämlicher Hund und dabei mit dem Schwanz wedeln.“
„Bist du nur hier, um wieder damit anzufangen?“ zischte Silberblatt, als er merkte, dass ihr Gespräch wieder genau da weiterging, wo es vor mehr als acht Monaten aufgehört hatte „Aleyandra ist nur eine Schülerin und ich habe kaum etwas mit ihr zu tun. Wenn du nur hier bist, um wilde Verdächtigungen auszustoßen, dann hättest du dir den Weg auch sparen können.“
„T-tut mir leid, ich war nur etwas durcheinander. Sie hat mich an...an deine letzte Schülerin erinnert und ich...ich...“
„Schon gut, ich weiß, dass ich damals nicht fair zu dir war und verstehe deinen Schmerz inzwischen besser, aber es gibt dir nicht das Recht wahllos meine Schülerinnen zu beschuldigen. Hast du das verstanden?“
„Ja, und es tut mir auch leid. Ich musste nur wieder an Sie denken und daran wie ich euch damals...“ Lyaena brach ab, als sie seinen eiskalten, bohrenden Blick sah. Er wollte nicht darüber reden, dass er sie mit einer seiner Schülerinnen betrogen hatte und sie wollte es eigentlich auch nicht. Monatelang hatte sie darüber nachgedacht, wie sie mit dieser Situation am besten umgehen sollte und jetzt, da es so weit war, wusste sie noch immer keine Antwort. Es war schwer die Wut und den Hass zu vergessen, die sie empfunden hatte, als sie Silberblatt damals mit diesem Mädchen in seinem Arbeitszimmer fand. Aber sie hatte sich geschworen ihm zu verzeihen, denn ihre Liebe war letztendlich stärker als sein Ausrutscher, und er liebte sie auch, zumindest da war sie sich sicher. „Vergessen wir das und reden lieber über die bevorstehende Hochzeit, ja? Mein Vater hat bereits alles geplant, es soll das größte Fest werden das Navea jemals gesehen hat und die Akashi werden sich zu hunderten aus dem ganzen Land versammeln, nur um uns zu sehen.“
„Hochzeit? Ich dachte du hast unsere Verlobung gelöst, als du wutentbrannt aus der Stadt abgehauen bist und gedroht hast mich umzubringen, falls ich jemals wieder mit dir spreche...“
„Das...das wollte ich auch und hätte es beinahe getan. Ich stand bereits vor Vater, um die Hochzeit abzusagen aber ich...ich...ich konnte es nicht laut aussprechen. Es ging einfach nicht, denn dann, wäre alles was wir in den letzten Jahren hatten, vorbei gewesen. Wir waren über fünf Jahre zusammen, wie sollte ich diese Zeit so leicht vergessen? Also...“ sie brach kurz ab, um tief durchzuatmen, denn es fiel ihr nicht leicht weiterzureden und sie könnte schwören, dass selbst ihr Herz in diesem Moment angespannt stehen blieb. „Also habe ich mich dazu entschlossen, dir zu verzeihen, was du getan hast.“
„Du...du hast mir verziehen?“ Teregion blinzelte verwirrt und schien endgültig den Faden verloren zu haben.
„Es war schwer für mich aber...aber letztendlich konnte ich nicht anders. Ich weiß, dass ich damals nicht immer für dich da war und es nichts ernstes war zwischen dir und dieser...Schülerin.“ schloss Lyaena ihren Satz möglichst diplomatisch ab. Ihr fielen sehr viel passendere Worte für dieses Flittchen ein, die Silberblatt damals gezielt um den Finger gewickelt hatte und sogar behauptete ihn zu lieben. Zum Glück, befand sie sich seit damals weit, weit weg auf einem lebensgefährlichen Auftrag, der ihr Ende sein würde. Von der Schülerin müsste sie nie wieder etwas hören und das beste daran war, dass sie nicht einmal etwas damit zu tun hatte. Dieses Mädchen, hatte es sich damals in den Kopf gesetzt, Silberblatt unbedingt beeindrucken zu wollen und deswegen diesen Auftrag angenommen, der sie auf einen Pfad führte, von dem aus es keinen Weg mehr zurück gab. „Der Termin für unsere Hochzeit steht endlich fest, deswegen bin ich hier. Vater hatte es satt zu warten und schöpfte langsam Verdacht, weil ich mich auf seinem Anwesen verkrochen habe. Er will deshalb persönlich bereits einen Monat vor der Hochzeit vorbeikommen und mit dir reden, immerhin bist du wie ein Sohn für ihn, seit dem Tod meines Bruders.“
„Wann ist die Hochzeit?“ fragte Silberblatt mit rauer Stimme.
„In drei Monaten. Es sei denn...es...es sei denn du hast es dir anders überlegt und bist nicht in der Lage mir zu verzeihen, dann...dann werde ich versuchen ihn...ich...“ Lyaena brach ab, als sie einfach nicht mehr in der Lage war weiterzureden. Tränen traten ihr ihr in die blauen Augen und sie richtete den Blick verzweifelt auf den Boden. Ihre Lippen zitterten vor lauter Angst und sie rechnete damit, dass er sie abweisen würde. Immerhin hatten sie sich seit vielen Monaten nicht mehr gesehen und selbst die stärkste Liebe, konnte in dieser Zeit abkühlen und verblassen.
„Das wird nicht nötig sein.“ Silberblatt legte ihr sanft eine Hand unters Kinn und hob ihren Kopf an, um ihr in die hoffnungsvollen, blauen Augen zu sehen. Dann küsste er sie und Aleyandra wandte endgültig den Blick ab, vielleicht hätte sie doch etwas weiter weggehen sollen, um die beiden alleine zu lassen. Sobald Silberblatt sich wieder von seiner Verlobten löste, sah Lyaena so aus, als würde sie gleich vor lauter Glück zusammenbrechen. „Ich liebe dich noch immer und freue mich auf unsere Hochzeit. Ich nehme an, du willst bis dahin in Navea bleiben?“
„Ja, ich habe mich in der Villa meines Vaters im Westviertel einquartiert.“ Lyaena strahlte ihn überglücklich an und endlich hörte sie sogar auf zu zittern. All ihre Angst vor Ablehnung fiel von der Akashi ab und wurde durch überwältigende Glücksgefühle ersetzt, die auf sie einstürmten und sie fast wirklich zum weinen gebracht hätten. „Willst du mitkommen? Wir sollten unsere Wiedervereinigung angemessen feiern.“
„Bald.“ erwiderte Silberblatt und versuchte sie nicht sofort wieder zu kränken. Sie war etwas instabil wenn es um ihre Beziehung ging und nach allem was er ihr angetan hatte, konnte er das auch gut verstehen. Als er sah wie sie enttäuscht einen Schritt von ihm zurücktrat, sprach er hastig weiter. „Ich beende nur noch schnell meinen Kampf mit Aleyandra und muss danach noch zu einem Gespräch mit dem Erzbischof, das ich leider nicht absagen kann. Kannst du noch zwei Stunden auf mich warten?“
„Ich habe fast ein ganzes Jahr auf dich gewartet, da werden die paar Stunden mich sicher nicht umbringen.“ Lyaena beugte sich zu ihm vor, um Silberblatt zu küssen und ihr Herz begann aufgeregt zu pochen, als er den Kuss erwiderte. Viel zu schnell für ihren Geschmack, löste er sich wieder von ihr und sie räusperte sich kurz, um ihre Stimme zurückzugewinnen. „Ich...ich gehe dann ähm mal und wir...wir sehen uns später.
Silberblatt nickte nur kurz und sah ihr noch einen Augenblick hinterher, während sie sich auf den Weg ins Westviertel machte und dabei aussah, als wollte sie andauernd vor Freude Luftsprünge machen. Noch immer verwirrt, schüttelte Teregion den Kopf und wandte sich zu Aleyandra um, die ihn übertrieben unschuldig ansah. Er hatte ihre verbesserten Sinne als Botschafterin Gaias vergessen...das Ganze wurde immer besser.

Bild

„Wie ist sie so?“ bestürmte Aleyandra ihn sofort, als er das Übungsgelände wieder betrat und seine Axt aufhob „Sie wirkte auf mich, als würde sie Euch wirklich lieben.“
„Du solltest dich lieber von ihr fern halten, Aleyandra.“ wich Silberblatt ihrer Frage aus, indem er stattdessen versuchte sie zu warnen und an dem Ton seiner Stimme, konnte sie deutlich genug erkennen, wie ernst es ihm mit seiner Warnung war.
„Warum? Weil sie glaubt, dass ich eine Bedrohung für sie darstelle und dich verführen will?“ bei dem Gedanken musste Aleyandra kurz Lächeln. Sie wollte nur einen Mann und das war Naruz. Vor ihr brauchte die Verlobte ihres Großmeisters sich nicht zu fürchten.
„Nein, aber sie ist Yuki Akashis ältere Schwester.“
„W-was? A-aber Yuki war doch Eure...“ Aleyandra versuchte sich alles in Erinnerung zu rufen, was sie über Yuki wusste, auch wenn es ihr schwer fiel sich an mehr zu erinnern als an Yukis Leiche und ihr lebloses, totes Gesicht „Ich meine...sie...war sie nicht Eure Cousine?“
„Das war sie und Lyaena ist es auch. Außerdem, ist sie das älteste, lebende Kind von Kyosuke Akashi. Außer ihr, gibt es nur noch ihre kleine Schwester, bei deren Geburt ihre Mutter damals starb. Ihr älterer Bruder ist seit vier Jahren tot und im Kampf gegen die Alfar, um einen Vorposten, gefallen. Was Yuki angeht...nun ja, du weißt sicher noch genau, was mit ihr passiert ist, denke ich.“ er sah Aleyandra an, dass sie diese Antwort nicht wirklich befriedigte und dann erkannte er auch was sie störte. Ihm selbst war es dank seiner Erziehung als Akashi nicht so schnell aufgefallen, immerhin galten solche Verbindungen innerhalb der größten und mächtigsten Familie des Reichs als vollkommen normal, oft sogar als erwünscht. „Fast alle Akashi heiraten innerhalb der Familie, natürlich nur entfernt Verwandte und davon gibt es mehr als genug. Die Akashi sind eine sehr große Familie, mit vermutlich hunderten Mitgliedern, über ganz Süd-Midgard verstreut. Die meisten heiraten nur dann außerhalb der Familie, wenn dadurch eine Möglichkeit besteht den Einfluss, Reichtum oder das Land der Akashi zu mehren. Aber ansonsten, wird Wert auf die...nun ja, auf die ´Reinheit` unserer Blutlinie gelegt. Immerhin sind wir eine sehr alte Familie, deren Wurzeln weit zurückreichen und keine Emporkömmlinge wie die Bladelli.“
„V-verstehe.“ sagte Aleyandra, auch wenn sie eigentlich gar nichts verstand. Die Akashi klangen nicht unbedingt nach der Art von Familie, in die sie gerne hineingeboren werden würde, aber alles wäre besser als eine Bladelli zu sein und sich das Blut mit diesem Biest Anya zu teilen. „Als älteste Tochter von Kyosuke Akashi, ist sie doch die Erbin der Familie oder liege ich damit falsch?“
„Nein, du hast recht. Nach dem Tod des Oberhaupts, wird sie die Führung der Akashi übernehmen, oder um genauer zu sein, ihr Ehemann wird das neue Oberhaupt. Deswegen ist Kyosuke Akashi auch so sehr darauf erpicht, dass ich endlich seine Tochter heirate. Ohne eigene Söhne, will er mich als seinen Nachfolger und als Oberhaupt der Akashi...könnte ich sogar Erzbischof werden, eines Tages.“
„Dann ist sie also eine gute Partie für Euch.“
„Nicht nur, ich...ich habe sie auch schon immer gemocht. Ihr Vater war es, der mich letztendlich dazu ermutigte ihr vor einem Jahr einen Antrag zu machen, aber wir waren schon davor zusammen und haben uns immer gut verstanden.“
„Warum habt Ihr sie dann betrogen?“ brach es aus Aleyandra hervor und sie zuckte zusammen, als ihr klar wurde, was sie gerade gesagt hatte. Schuldbewusst wich sie seinem bohrenden Blick aus, damit hatte sie endgültig verraten, dass sie alles mitangehört hatte.
„Das ist kompliziert.“ war alles was Silberblatt seufzend dazu sagte, es war kein Thema, über das er mit jemandem sprechen wollte, schon gar nicht mit ihr „Lass uns einfach nicht mehr davon reden, ja?“
„Natürlich, es geht mich sowieso nichts an, Großmeister.“ versuchte Aleyandra das ganze diplomatisch zu lösen und irgendwie ihre Ungeduld unter Kontrolle zu bekommen. Sie hätte gerne noch mehr über diese Schülerin und auch über die Verlobte erfahren, aber es wäre unhöflich ihren Meister weiter zu bedrängen. „Sie wartet sicher schon auf Euch, also geht lieber zu Eurem Gespräch mit dem Erzbischof. Unseren Kampf tragen wir ein andermal aus.“



„Und ich bleibe dabei, sie ist verrückt.“ murmelte Marius Bladelli genervt und lehnte sich gegen die graue Mauer der Kaserne. Er und ein anderer Templer, befanden sich im Militärbezirk und hielten Wache, damit sich nicht jemand mitten in der Nacht in die Waffenkammern oder Kasernen schlich. Es war bereits weit nach Mitternacht und da es hier selten Ärger gab, hielten nur er und sein Freund, Aron, Wache. Sie beide trugen die weiß-goldenen Rüstungen der Templer und Marius hatte die, für Bladelli typischen, leuchtend roten Haare. Er war der Neffe von Paolo Bladelli und etwa in Anyas Alter, allerdings im Gegensatz zu ihr noch nicht sehr lange ein Teil der Templer. Generell ging er seinen Dienst in der kirchlichen Armee etwas gemächlicher an. Wenn man sich zu sehr anstrengte Gaia zu gefallen, endete man noch so wie sein älterer Bruder, Marco Bladelli, der vor mehr als sieben Jahren bei einem Schiffsunglück ums Leben kam. Hier in Navea, war es viel sicherer und friedlicher, als bei der sowieso unterlegenen Flotte oder den Vorposten am Rande zu Nord-Midgard. Es lebte sich leichter, wenn man nicht durch zu viel Können auffiel, sondern sich etwas bedeckt hielt.
„Natürlich ist sie verrückt, hast du mir nicht zugehört?“ erwiderte Aron und schien trotzdem vollkommen begeistert zu sein, auch wenn er das Mädchen in das er verknallt war gerade als Irre bezeichnete „So ist das halt mit den schwarzen Templern. Je verrückter sie sind, desto besser sehen sie aus und selbst du kannst nicht leugnen, dass sie einfach hinreißend ist. Diese eigenartigen, leuchtenden Augen, die langen, silbernen Haare, dieser anmutige Gang und...“
„Moment, seit wann gehörst du denn auch zu diesen armen Irren, die ihr verfallen sind?“ Marius musterte seinen Freund stirnrunzelnd und sah zu, wie der sich bemühte in eine andere Richtung zu sehen. Genau wie der Bladelli es sich gedacht hatte. „Du hast doch vor kurzem mit ihr geredet, oder?“
„Ja und so eine Abfuhr habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Ich hatte Angst um mein Leben.“
„Ich weiß was du meinst. Immer wenn jemand versucht sie einzuladen oder mit ihr auszugehen, ist sie sofort explodiert.“ er musste kurz lächeln bei dem Gedanken daran, wie erschüttert die Verehrer immer waren sobald sie zurückkehrten. Er selbst hatte es nie versucht, so verrückt war er nicht. Man sollte sich generell von den schwarzen Templern um Silberblatt fernhalten, egal wie niedlich und schön sie aussahen. Schönheit verdeckte letztendlich nur ihre schwarze Seele. „Keine Ahnung wieso du dieses Risiko auf dich genommen hast. Sie würde selbst einem Drachen Angst einjagen, wenn der dumm genug ist sie um ein Date bittet.“
„Gut möglich, aber ich kann die anderen Templer sehr gut verstehen. Hast du gesehen wie sie aussieht?“ fuhr sein Freund begeistert fort und ignorierte alles, was Marius gesagt hatte, wie immer wenn es um hübsche Mädchen ging „Ich würde einen Krieg gegen das ganze Volk der Alfar führen, nur für ein Lächeln von ihr. Allerdings...naja, es lässt sich wirklich nicht abstreiten, dass sie manchmal etwas launisch wirkt. Vor einigen Tagen, soll sie im Militärdistrikt um sich geschossen und einen Krater in die Straße gesprengt haben. Der Großmeister musste sie letztendlich selbst wieder beruhigen, weil sie sonst noch die halbe Stadt angezündet hätte.“
„Ja, ich hab auch davon gehört und wenigstens in diesem einen Punkt hast du sogar mal recht. Sie ist wahnsinnig. Wie kann man sich so vergessen? Ich dachte bisher die schwarzen Templer wären gar nicht in der Lage Gefühle zu zeigen, sondern sind einfach nur kalt, ausdruckslos und herablassend.“ immerhin schien sie sich etwas von den restlichen Killern Silberblatts abzuheben und natürlich hatte auch Marius anfangs daran gedacht sie anzusprechen, aber es sich schnell wieder aus dem Kopf geschlagen. Etwas stimmte nicht mit ihr und auch wenn sie toll aussah, war es das vermutlich nicht wert.
„Es heißt sie hat diesen Aufstand vor der Villa nur verursacht, weil der Inquisitor der dort lebt, mit ihr Schluss gemacht hat. Ich verstehe nicht, wie jemand so etwas tun kann! Würdest du sie ablehnen? Das ist doch Wahnsinn!“
„Deswegen sprengt man nicht gleich eine halbe Straße in die Luft. Sie hätte Unbeteiligte verletzten können, mal abgesehen davon, dass er sie sicher nicht zurücknimmt, nur weil sie laut genug brüllt.“
„Mhm, das ist doch die Villa deiner Familie oder?“
„Ja, na und? Was hat das damit zu tun? Es würde mich auch stören wenn sie irgendwo anders durchgedreht wäre.“
„Ah, ich verstehe.“ Aron grinste ihn frech an und sofort verdrehte Marius genervt die Augen. Großartig, jetzt ging das schon wieder los. „Du hattest Angst um Anya! Die Enkelin von diesem Sturkopf Paolo, der dir dauernd Vorträge darüber hält dass du dich mehr anstrengend sollst. Vor mir brauchst du es nicht zu verbergen, ich weiß, dass du auf sie stehst.“
„I-ich weiß nicht wovon du redest.“
„Mir kannst du nichts vormachen, ich lese dich wie ein Buch, was auch nicht besonders schwer ist, immerhin läufst du knallrot an sobald ich sie erwähne.“ tatsächlich stieg Marius das Blut in den Kopf, als er dank diesem Idioten an Anya denken musste „Ja! Genau das meinte ich! Wann fragst sie endlich, ob sie einmal mit dir ausgehen möchte? Ich weiß gar nicht mehr wie oft du ihren Großvater besuchen warst, nur um einen kurzen Blick auf sie zu werfen.“
„Du liegst falsch, ich war da, um mit Paolo zu reden weil...weil wir uns so gut verstanden. Außerdem sind Anya und ich, Bladelli. Wir sind verwandt.“
„Verwandt? Sie ist was, deine Nichte 50. Grades? Jeder Stein in dieser Mauer hier ist näher mit dir verwandt. Du suchst nur nach einer Ausrede damit ich locker lasse, aber du weißt ganz genau, dass du sie liebst und ich bin sicher, sie wartet nur darauf, dass du den ersten Schritt machst. Wenn du glaubst das ich locker lasse und du mich wieder ablenken kannst, dann liegst du diesmal falsch. Du schleichst schon viel zu lange um sie herum, langsam wird es lächerlich.“
„Gut! Meinetwegen. Ich frage sie, ob sie mit mir Essen gehen möchte, sobald sie von ihrem Auftrag in Demarech zurückkehrt. Zufrieden? Aber wenn sie mich anschreit und totprügelt, dann...“ Marius brach verdutzt ab, als sich plötzlich eine dunkle Gestalt aus den nächtlichen Schatten schälte und langsam auf sie zuhielt. Sofort wanderte seine Hand zum Griff seines Schwertes und er spannte sich an. „Wer ist da?“
„Seid Ihr Marius Bladelli?“ erklang eine leise, ausdruckslose Stimme aus der Dunkelheit und langsam erkannten die beiden Templer, dass es sich wenigstens um einen Menschen handelte und nicht um irgendeinen Dämon. Es war ein Mann, aber viel mehr konnten sie nicht sagen. Er trug einen schwarzen Kapuzenumhang und hatte den Blick stumpf nach unten gerichtet, so dass sie sein Gesicht nicht erkennen konnten.
„Das bin ich.“ antwortete Marius, mit einem mulmigen Gefühl und genau wie er, spannte auch Aron sich an. Nicht viele Menschen kamen mitten in der Nacht in den Militärbezirk und schon gar keine, die sich weigerten, ihr Gesicht zu zeigen. „Kenne ich dich? Wie ist dein Name und was suchst du um diese Zeit im Militärbezirk?“
„Ich bin der Sohn der Mondgöttin.“ begann die vermummte Gestalt, noch immer mit dieser monotonen, kalten Stimme, die Marius einen Schauer über den Rücken jagte „Erster unter den wahren Menschen. Reinster unter den Geschöpfen der Götter. Erschaffen durch die Strahlen des Mondes, verflucht durch das Licht der Sonne, verstoßen von beiden. Geboren im Glanz von Serena, gestorben unter den Wurzeln Yggdrasils, wiedergeboren unter der Obhut des Leviathan, in den Tiefen des Meeres. Feind der Alfar, Feind der Menschen, Feind des Lebens und Feind des Todes. Meine Name, ist Gerechtigkeit.“
„Schön für dich und jetzt verschwinde von hier. Zivilisten ist Nachts der Zugang zum Militärdistrikt nicht gestattet, vor allem dann nicht, wenn sie betrunken oder vollkommen durchgeknallt sind.“ Marius wollte gerade sein Schwert ziehen, um den Verrückten notfalls mit Gewalt zu entfernen, als der Mann den Kopf hob und die Templer anstarrte, zumindest nahmen sie das an. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, stattdessen, starrten die beiden in nichts weiter, als eine wabernde, sich ständig bewegende, schwarze Masse, die das gesamte Gesicht des Fremden verhüllte. Es schien, als hätte er sich aus den finstersten Schatten der Nacht eine Maske erschaffen. „Was...?“
Der Fremde ließ ihnen keine Zeit noch weitere Fragen zu stellen und stürmte auf sie zu. In seiner rechten Hand erschien wie aus dem Nichts ein silbernes Schwert, in dem rot leuchtende Runen erstrahlten. Die Templer zogen ebenfalls ihre Waffen und versuchten ihn abzufangen, aber ihre Schlänge gingen ins Leere, als er sich einfach unter ihren Klingen hinweg duckte und hockend neben Aron zum Stillstand kam. Seine Schwertspitze bohrte sich von der Seite aus durch beide Beine des Templers und durchlöcherte sie. Als der Unbekannte die Klinge mit einem heftigen Ruck herauszog, kippte Aron mit einem durchdringenden Schmerzensschrei um und schlug mit dem Kopf gegen die Kasernenwand. Benommen sah er zu, wie der Bladelli sich vor ihn warf und versuchte den Verrückten abzuwehren. Aron spürte, wie das Blut aus seinen Beinen strömte, aber trotzdem versuchte er sich aufzurichten, um Marius beizustehen, aber selbst wenn es ihm gelungen wäre, kam für seinen Freund jede Hilfe zu spät. Das Schwert zuckte erneut nach vorne und ein silberner Blitz fraß sich in die Schulter des Bladelli. Ein weiterer Schlag, zu schnell, als dass ein gewöhnlicher Mensch ihn abwehren konnte, und Marius rechter Unterarm flog zusammen mit seinem Schwert in hohem Bogen davon und klatschte auf die gepflasterte Straße. Überrascht stolperte der Bladelli nach hinten, lehnte sich gegen die Wand und starrte panisch auf den blutigen Stumpf, direkt unterhalb seines Ellbogen. Doch es reichte dem fremden Angreifer nicht, den Bladelli nur kampfunfähig zu machen. Immer wieder zuckte sein Schwert nach vorne und stach oder hackte nach Marius. Aron stieß einen verzweifelten Schrei aus, als sein Freund zu Boden ging und weiterhin mit Schlägen eingedeckt wurde, bis man die blutige, zerstückelte Masse kaum noch als Marius Bladelli erkennen konnte. Arons wütende Schreie verstummten, als das blutgetränkte Schwert vor seinem Gesicht schwebte. Jetzt war er also an der Reihe. Doch der Fremde schien nicht vorzuhaben ihn ebenfalls zu zerhacken, sondern blieb nur ruhig vor ihm stehen.
„Es tut mir leid, dass ein einfacher Templer und treuer Diener der Kirche, zwischen die Fronten geraten ist. Ich bin nicht an dir interessiert, aber ich möchte, dass du den Freunden und der Familie dieses verräterischen Abschaums eine Nachricht überbringst.“ die silberne Schwertspitze zeigte auf die Überreste von Marius „Sag ihnen, die Bladelli haben vergessen wo ihr Platz ist. Es ist an den Akashi, sie wieder daran zu erinnern, dass sie nur dazu existieren, um uns zu dienen. Wir werden blutige Rache nehmen, für die Ermordung von Tougou Akashi, durch die Hand der Bladellihure und ihres Inquisitorensklaven, Naruz.“ Damit wandte der Fremde sich von ihm ab und verschwand in der Dunkelheit aus der er gekommen war.



Das Monster befand sich direkt hinter ihr. Es schlich sich immer näher heran. Griff geifernd nach ihr, um sie mit giftigen Säften vollzupumpen und danach zu fressen. Es lauerte in der Dunkelheit um sie herum, hinter den Möbel, hinter den Wänden. Vielleicht hing es sogar an der Decke und wartete nur darauf, sich auf sie herabzustürzen. Saeca sah sich beunruhigt um. Sie konnte hier nicht ewig bleiben. Irgendwann würde es sie finden und gegen das Gift des Monsters, war sie machtlos. Hinter ihr erklang ein Geräusch und ihr Herz blieb vor Angst stehen. Schritte. Nackte Füße die über das Parkett schlurften, direkt auf ihr Versteck zu. Das Giftmonster hatte sie entdeckt und würde sie jetzt töten. Panisch hechtete Saeca unter dem Tisch hervor und kroch so schnell sie konnte durch das Wohnzimmer ihres neuen Zuhauses. Gleich hatte sie es geschafft, schoss es ihr erleichtert durch den Kopf, als sie bereits auf den Flur und die rettende Tür zuhielt. Sie würde lebend hier rauskommen und sich erst einmal eine Weile irgendwo in Navea verkriechen, bis das Monster sie nicht mehr verfolgte und bedrohte. Gerade wollte das Mädchen erleichtert aufatmen, als sich etwas um ihre Knöchel schloss und sie unerbittlich zurück in den Raum zog. Es war vorbei, ihr Leben endete hier und jetzt. Ihr letzter Versuch, dem Unvermeidlichen zu entkommen, war erbärmlich gescheitert. So würde es also enden, schoss es ihr verzweifelt durch den Kopf, jetzt gab es keine Chance mehr diesen Tag zu überleben. Dabei hatte sie doch noch so viel vorgehabt. Wollte mit Onee-chan Midgard bereisen und die Liebe zwischen Nee-chan und Naruz neu erblühen lassen, aber sie hatte keine Kraft mehr übrig, um dem Monster weiterhin Widerstand zu leisten. Es war vorbei.
„Schon gut, schon gut! Ich gebe auf Onee-chan, du hast gewonnen!“ rief Saeca wehleidig und sofort ließen die schlanken Finger ihre Füße los. Aleyandra stand, mit einem breiten Grinsen im Gesicht, hinter ihr und sah erwartungsvoll zu, wie Saeca sich langsam aufrappelte und auf sie zu humpelte. Vor Aleyandra blieb die Armani stehen und hob den Kopf, Tränen sammelten sich in ihren Augen, als sie sah, was das andere Mädchen in der einen Hand hielt. Es war ein großer Löffel. Darauf schwammen einige kleinere Stückchen Fleisch und eine eigentlich köstlich duftende, hellbraune Soße. Aleyandra konnte wirklich gut kochen und die meisten anderen Menschen hätten nicht so ein Theater veranstaltet, aber Saeca wollte nichts anderes als Dangos! Es war gefährlich etwas anderes zu essen, lebensgefährlich!
„Ich brauche jemanden der es probiert und du musst auch mal etwas anderes essen als Dangos. Widerstand ist zwecklos, es ist schon schlimm genug das du versucht hast vor mir wegzulaufen. Es ist wirklich gut und wird dir schmecken!“ versuchte Aleyandra erneut ihr eine Kostprobe von dem Gift aufzudrängen und langsam fragte Saeca sich warum ihre Onee-chan sie so sehr hasste und unbedingt tot sehen wollte. „Also dann, die Stunde der Wahrheit. Sag Ahhhh.“
„Ahhhh.“ Saeca öffnete ihren Mund ein kleines Stück und versuchte ihren angeborenen Fluchtreflex zu unterdrücken. Langsam und bedrohlich schwebte der gefährliche Löffel auf sie zu. Sie begann zu schwitzen und zitterte am ganzen Körper. Dann war der Löffel heran und schob sich in ihren Mund. Sie schmeckte die würzige Soße auf ihrer Zunge, kaute das zarte Fleisch und im ersten Moment war auch noch alles in Ordnung, aber die schmatzende Idylle, sollte nicht lange anhalten. Aleyandra wollte schon triumphierend etwas sagen, als Saeca plötzlich anfing laut und schmerzvoll zu schreien.
„Meru-chan! Meru-chan! Ich brauche dich! Ich sterbe! Meru-chan!“ immer wieder rief die junge Armani verzweifelt nach dem Eidolon, während sie wild durch das Wohnzimmer sprang, als hätte sie eine Biene gestochen. Saeca griff sich übertrieben dramatisch an den Hals und begann unkontrolliert zu husten. Würgend und mit hochrotem Kopf, ließ sie sich auf die lange Couch im Zentrum des Zimmers fallen. „Hilfe! Meru-ch...!“ Mehr brachte sie nicht mehr heraus, bevor sie reglos und mit geschlossenen Augen liegen blieb. Vorsichtig und vollkommen verstört, ging Aleyandra langsam auf das anscheinend bewusstlose Mädchen zu. Sie stand gerade völlig neben sich. Hatte sie etwa gerade Saeca umgebracht? Aleyandra lauschte auf den Atem der Armani, aber da war nichts. Kein leises Atmen und auch kein Husten mehr, nur Stille. Dann tauchte Merilee wie aus dem Nichts auf, warf Aleyandra einen anklagenden Blick zu, und richtete ihren Zauberstab dann sofort auf die Scheintote Saeca. Kaum erfüllte die heilende Magie des Eidolon ihren Körper, als Saeca auch schon die Augen weit aufschlug und erleichtert durchatmete.
„Gaia sei Dank, du lebst noch. Ich dachte schon ich hätte dich umgebracht!“ Aleyandra ging neben ihr auf die Knie und wirkte vollkommen verstört. Sie hatte es doch nur gut gemeint! „A-alles in Ordnung? Geht es dir wieder gut? Bitte sag doch etwas!“
„Ja, ich lebe noch...aber ohne Meru-chan, hätte es mich sicher umgebracht, bitte versuch das niemals wieder, Onee-chan.“ flüsterte Saeca weinerlich und war unglaublich stolz auf ihre kleine Vorführung. Ab jetzt, würde Onee-chan sie sicher niemals wieder mit etwas anderem als Dangos füttern. Sie hatte gewonnen und das Giftmonster war vernichtet! „Wenn mein Körper etwas anderes zu sich nimmt als Dangos...dann wird es mich zerstören. Das weiß bei uns Armani jedes Kleinkind!“
„E-e-es tut mir so leid, Saeca. Ich dachte, dass es dir nicht schaden würde und...“
„Schon gut, ich verzeihe dir Onee-chan und es war wirklich lecker...bis zu dem Moment, in dem ich fast daran gestorben bin.“ mit einem fröhlichen Lächeln sprang Saeca auf und schien so gesund und munter wie immer zu sein. Aleyandra runzelte misstrauisch die Stirn, die Wunderheilung kam ihrer Ansicht nach etwas zu plötzlich. Als Saeca das sah, suchte sie schnell nach einem anderen Thema und hielt sich nebenbei noch den Bauch, um so zu tun, als hätte sie weiterhin furchtbare Schmerzen. „Ach ja, sollte nicht dieser Silberblatt zum Essen kommen? Ich bin mir sicher, dass du ihn eingeladen hast, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein und es war alles nur ein Traum den ich kurz vorm Tod hatte...ich habe ein Licht gesehen und wäre fast darauf zugegangen.“
„Ähm, ja, Silberblatt kommt vorbei. Er müsste jeden Moment da sein und es ist vermutlich am besten wenn du gehst und dir auf dem Marktplatz ein paar Dangos besorgst. Mit dem Essen das ich gemacht habe kannst du ja eh nicht viel anfangen.“ sie ging zu einem großen, runden Holztisch in der Mitte des Zimmers und fischte ein paar Münzen aus ihrem Geldbeutel, die sie Saeca zuwarf. Die Kirche erwies sich als erstaunlich großzügig, eigentlich hatte sie sich ihr Leben als Kind Gaias deutlich minimalistischer vorgestellt. Aber stattdessen besaß sie genug Geld, um sich und Saeca zu kaufen was immer sie wollten. Irgendwie wurde Aleyandra das Gefühl nicht los, dass der Großteil des Geldes mit Sicherheit nicht von der Kirche stammte, sondern von Silberblatt. Ihr Meister machte sich einfach viel zu viele Sorgen um sie und sie wusste nicht wirklich warum, oder besser ausgedrückt, sie wollte nicht wissen warum. Es war besser sein Verhalten zu ignorieren, immerhin mochte sie es ja auch, wie er sich um sie kümmerte. „Hier hast du ein paar Münzen, du kannst ruhig alles ausgeben.“
„Mhm, du wirfst mich raus, um mit Silberblatt alleine zu sein...“ Saeca strich sich nachdenklich über ihr Kinn und plötzlich ging ihr ein Licht auf. Aus weit aufgerissenen, erstaunten Augen sah sie Aleyandra an und hoffte, dass sie falsch lag. „Du willst mit ihm alleine sein, damit ihr euch küssen und Liebe machen könnt!“
„W-was!?“ schockiert starrte Aleyandra sie an und brauchte einen Moment, um zu verarbeiten was Saeca gesagt hatte, es war einfach zu absurd „Ich will nichts von Silberblatt und wir werden uns ganz sicher nicht...lieben, sobald du weg bist! Er ist hier, um mit mir über einen neuen Auftrag zu reden! Du weißt ganz genau, dass ich Naruz liebe und auch wenn wir gerade eine kleine Krise haben, würde ich ihn niemals betrügen! Wir sind schließlich noch immer ein Paar und Treue, ist das wichtigste in einer gesunden Beziehung!“
„T-tut mir leid, Onee-chan. I-i-ich dachte nur...naja...weil...“
„Weil du behauptest gesehen zu haben wie Silberblatt mich geküsst hat als ich schlief?“ fragte Aleyandra genervt. Jetzt ging das schon wieder los. Sie mochte Saeca, aber manchmal ging die Fantasie mit dem Mädchen durch.
„J-ja...“
„Das hast du dir nur eingebildet und es ist lächerlich! Er ist verlobt und wird bald heiraten, außerdem weiß er das ich Naruz liebe, also hör auf dir Unsinn auszudenken und geh raus spielen, beziehungsweise Dangos kaufen.“
„Ja, Onee-chan...“ sagte Saeca erstaunlich kleinlaut, schnappte sich Merilee und verschwand. Kaum war sie gegangen, schüttelte Aleyandra verärgert den Kopf. Wie konnte Saeca sich so einen Unsinn ausdenken? Silberblatt hatte ihr in dieser Nacht das Leben gerettet und hätte niemals ihre Situation so schamlos ausgenutzt. Das passte nicht zu ihm. Aleyandra beschloss Saecas Vorwürfe zu verdrängen und machte sich lieber daran den Tisch zu decken. Kaum war sie fertig, als es auch schon an der Tür klopfte.
„Willkommen, Großmeister. Ich habe Euch schon erwartet.“ begrüßte sie Silberblatt, der ein wenig nervös wirkte, als er ihre Wohnung betrat. Vermutlich saß ihm seine Verlobte im Nacken und wollte sicher nicht, dass er sich mit einer hübschen Schülerin traf, aber es ging wirklich nur um die Arbeit und um nichts anderes. Nach ein paar höflichen Floskeln und Begrüßungen,
„Wie kochst du eigentlich, wenn du dich weigerst Dinge mit scharfen Klingen anzufassen? Ist es überhaupt möglich das alles ohne ein Messer zuzubereiten?“
„Ja, natürlich ist es das. Ich schieße das Essen einfach in Stücke.“
„W-was?“ er lächelte sie an, aber als Aleyandra keinerlei Anstalten machte ebenfalls zu lächeln, schluckte er nervös und nahm sich fest vor, keine Fragen mehr über ihre Art zu kochen, zu stellen. Hauptsache es schmeckte gut, auch wenn ihn die Vorstellung etwas beunruhigte, dass sie mit Magie gekocht hatte. Aleyandra konnte in der Zwischenzeit ihre Aufregung und Ungeduld nicht mehr unterdrücken und rührte ihren Teller gar nicht erst an. Kaum hatte Silberblatt aufgegessen, nahm sie ihm den Teller weg und warf eine Akte vor ihn auf den Tisch. Endlich war es so weit, der Moment an dem sich entschied, ob ihr Plan umsetzbar war.
„Was ist das?“
„Eine Akte. Ihr sagtet, ich darf mir einige aus Eurem Büro ansehen und vielleicht selber nach einem neuen Auftrag suchen. Nun ja, das hier ist nicht direkt aus Eurem Büro, sondern ich habe sie mir von einem Templer geliehen. Es ist erstaunlich, wie hilfsbereit er war. Ich glaube er hieß Aron, oder so.“ Auch wenn es sehr unverschämt von ihm war mich einfach so zu einem Abendessen einzuladen, fügte Aleyandra in Gedanken hinzu. Er war ja recht nett und hilfsbereit gewesen, aber es zeugte von schlechten Manieren eine vergebene Frau anzumachen. Immerhin gehörte sie Naruz und sie beide waren schon so gut wie verlobt. Sie hatte sich sogar schon Namen für ihre ersten Kinder ausgedacht, da würde sie sicher nicht mit irgendeinem dahergelaufenen Templer ausgehen, nur weil er ihr ein Stück Papier schenkte. Trotzdem war sie diesem Aron dankbar, denn mit dieser Akte, war sie in der Lage gewesen einen umwerfend genialen Plan zu entwickeln, der alles verändern würde.
„Valerius Salazar.“ murmelte Silberblatt unbeeindruckt, nachdem er einen kurzen Blick auf das Bild auf der ersten Seite geworfen hatte. Es zeigte einen breit grinsenden, spindeldürren und hochgewachsenen Mann um die 40 mit einer Glatze und seltsamen gelben Augen. Die Pupillen waren merkwürdig geschlitzt, wie bei einer Schlange und er machte generell den Eindruck, als wollte er sich gleich um einen schlängeln und Giftzähne ausfahren. „Diente lange Zeit in den Reihen der Templer, vor einigen Jahren teilte man ihm ein eigenes Team zu und er wurde in den Rang eines Inquisitors erhoben. Nutzte seinen Status aus, um unbemerkt fast zwei Dutzend Frauen brutal zu ermorden. Er selbst und sein Team wurden den Mordfällen zugeteilt und sollten den Mörder fassen, was unmöglich war, da Valerius sich letztendlich selbst jagte. Also konnte er ungestört weitermorden, bis seine Teammitglieder ihm auf die Spur kamen. Jeder aus seinem Team starb bei der Festnahme oder später, weil er ein Meister für Giftzauber war, aber man konnte ihn letztendlich einfangen.“
„Ganz genau. Anfang des Jahres, ist es ihm gelungen aus den Kerkern auszubrechen und sein angeblicher Aufenthaltsort, sind die Wunderminen nahe Demarech.“ Aleyandra wollte noch voller Aufregung weitersprechen, aber verstummte, als sie sah wie Silberblatt sie zweifelnd ansah. Ob er bereits Verdacht schöpfte und ihren eigentlichen Plan kannte? „Was ist? Warum seht Ihr mich so misstrauisch an?“
„Weil ich weiß was du vor hast. Du hast gehört, das Naruz und sein Team, nach Demarech unterwegs sind, um dort etwas für die Inquisition zu erledigen und jetzt willst du ihm nach. Entweder um noch einmal mit ihm zu reden, damit ihr euch versöhnen könnt, oder weil du Angst hast dass er etwas mit den Frauen aus seinem Team oder aus Demarech anfängt. Egal was von beiden zutrifft, du willst deine Arbeit missbrauchen, um deine persönlichen Angelegenheiten zu regeln und mich für dumm verkaufen. Liege ich soweit richtig?“
„Nein, Ihr liegt falsch.“ log Aleyandra und war stolz darauf dass sie nicht rot anlief und sich sofort verriet „Es stimmt, Naruz wird auch in Demarech sein, aber das ist mir egal. Ich weiß, dass er mich niemals betrügen würde und wir haben uns bereits vor seiner Abreise wieder versöhnt. Es ist alles in Ordnung zwischen uns, also gibt es keinen Grund ihm hinterher zu schleichen. Alles was ich will, ist Valerius Salazar zur Strecke bringen. Er ist einer der gefährlichsten und brutalsten Mörder in der Geschichte des Kirchenstaates und befindet sich auf freiem Fuß, um ungestört seine Mordserie fortzusetzen. Die Templer sind überlastet, die Inquisitoren haben in letzter Zeit viele Leute verloren. Es gibt sonst niemanden der Jagd auf ihn macht. Ich will meine Arbeit für Euch erledigen, aber ich will dabei wirklich sichergehen, jemanden zu töten, der den Tod auch verdient hat.“
„Er ist ein Mörder und möglicherweise auch ein Verräter. Du hast recht, er hat den Tod verdient und er wird seine gerechte Strafe auch erhalten. Allerdings durch die Schwerter der Templer, oder eines der Inquisitorenteams, so wie es sich gehört. Wir haben damit nichts zu tun. Es ist nicht unsere Aufgabe Schwerverbrecher zu jagen, sondern wir kümmern uns um größere Bedrohungen für Süd-Midgard und die heilige Kirche Gaias. Überlasse ihn den Templern und ich suche dir einen anständigen Auftrag raus, der deinen Fähigkeiten entspricht.“
„Aber es heißt er hat bei seinem Ausbruch wertvolle Informationen über unsere Grenzfestungen gestohlen und die Templer halten es für möglich, dass er sie an die Alfar verkaufen könnte.“
„Davon habe ich gehört...“ murmelte Silberblatt nachdenklich, aber noch immer nicht überzeugt. Er wusste, dass sie nur wegen Naruz nach Demarech wollte, egal was sie sagte. Aber er war versucht ihr trotzdem nachzugeben. „Du bist wirklich fest davon entschlossen, oder?“
„Das bin ich und ich bin davon überzeugt, dass ich ihn ohne Probleme finden und besiegen kann. Er hat ewig in einer winzigen Zelle gehockt. Früher war er vielleicht einmal ein begnadeter Magier, aber jetzt ist er nur noch ein brutales Nichts, dass noch früh genug merken wird, dass ich kein leichter Gegner bin.“
„Ich weiß, dass dein erster Auftrag schwer für dich gewesen sein muss und ich schulde dir ein zweites Ziel, dass dich nicht an Yuki Akashi erinnert. Wir sind die Kinder Gaias und es ist nicht immer leicht für uns das Böse in unseren Opfern zu erkennen, denn oft versteckt es sich in denen, die ihr wahres Wesen gut hinter einer freundlichen Fassade verbergen können. Aber wenn du dich damit besser fühlst, einen verurteilten Mörder zu jagen, dann erlaube ich es dir nach Valerius Salazar zu suchen.“ Aleyandra strahlte ihn an und wollte ihn sogar umarmen, aber er wehrte ab und versuchte sofort ihren Enthusiasmus zu dämpfen „Aber wir müssen vorher noch einige Dinge klären und einige besondere...Regeln festlegen, die für diesen Auftrag gelten, zu deiner eigenen Sicherheit.“
„Natürlich, was immer nötig ist, damit ich gehen kann.“
„Ich erlaube dir, nach deiner Ankunft in Demarech, zwei Wochen nach Valerius zu suchen. Sobald die Zeit um ist, wirst du zurückkehren, ganz gleich ob du ihn gefunden hast oder nicht. Außerdem, existiert dort ein Ort, den du auf jeden Fall meiden solltest. Direkt nördlich von Demarech, nicht weit entfernt von der Stadt, liegt ein Tempel der Mondgöttin. Er erhebt sich auf einem kleinen Berg am Rand des Gebirges zu dem die eigentlichen Minen gehören. Wenn du auch nur in seine Nähe gehst, könnte es dich dein Leben kosten.“
„Ein Mondtempel? Ihr meint so wie in den Halbmondhügeln an dem See südlich von Navea?“ sie erinnerte sich noch gut an diesen Ort, an die unfassbare Macht, die von der kleinen Versammlung aus Eidolons ausging, die damals Naruz empfangen hatte. Ihr selbst erschien allerdings nur Aelius und das auch nur kurz, um ihr zu sagen, dass sie als Botschafterin Gaias keine Zukunft besaß. Nach seiner Schätzung, hätte sie schon vor über einem halben Jahr zu einem Dämon werden müssen, aber davon war sie noch immer weit entfernt. Sie würde es diesem eingebildeten Eidolon zeigen und noch sehr viel länger durchhalten, aber bei dem Gedanken daran noch einmal an so einen Ort zu gelangen und dem Ritter der Sonne gegenüberzustehen, wurde ihr etwas mulmig zumute. Er gehörte zu den drei mächtigsten Eidolons und herrschte über eine eigene Welt, er wusste sicher auch von ihrem Kampf gegen die Akashi, oder eher davon wie sie das Mädchen einfach abgeschlachtet hatte.
„Das ist nicht ganz richtig.“ begann Silberblatt zögerlich und jetzt verstand sie endgültig rein gar nichts mehr „Die Mondtempel sind Orte, an denen die Auserwählten der Göttin mit den Eidolons Kontakt aufnehmen und sie um Hilfe bitten können. Insgesamt existieren vier Stück von diesen Tempeln und jeder dient dazu andere Eidolons zu ehren und zu beschwören. Der Tempel in den Halbmondhügeln, ruft Eidolons aus dem Himmelsreich, wie Aelius, Uzuriel oder Sigrun. Der Tempel in Vanaheim, in Nord-Midgard, ruft Eidolons aus Pandämonium. Und dann gibt es noch einen Tempel, der einzig und alleine der Mondgöttin selbst geweiht wurde. Sie ist ebenfalls ein Eidolon, eines der ältesten und angeblich sogar das erste, das Gaia zu Anbeginn der Zeit schuf. Ihr Name ist Serena und niemand weiß mehr, wo genau sich ihr Tempel befindet, selbst die Eidolons haben dieses Wissen schon vor Jahrhunderten vergessen. Es heißt er liegt irgendwo in Vo Astur versteckt, denn die Hexer und Hexen behaupten von sich selbst, die Kinder der Mondgöttin zu sein.“

Bild

„Und was hat es mit dem letzten Tempel auf sich? Den vor dem Ihr mich gewarnt habt? Wenn er nicht dazu dient die Bewohner des Himmelsreiches oder die Bewohner Pandämoniums zu beschwören, dann...“ Aleyandra brach entsetzt ab, als sich ein ungutes Gefühl in ihr breit machte. Das hatte ihr gerade noch gefehlt! Alles, aber nicht das!
„Ja, deine Vermutung geht in die richtige Richtung und auch deine Furcht, ist mehr als gerechtfertigt.“ Silberblatt senkte seine Stimme, um möglichst bedrohlich weiterzusprechen. Mit etwas Glück, konnte er ihr die ganze Sache doch noch ausreden. „Der Tempel nahe Demarech, dient dazu Tigerius Cäsar persönlich und seine blutrünstigen Jäger zu beschwören. Dort ist seine Macht am größten und sein Geist am stärksten. Er wird deine Anwesenheit sofort spüren und dann...dann kommt es darauf an wie viel dein Kopf ihm Wert ist. Wenn er Rache für den Tod von Yuki Akashi nehmen will, wird er seine Jäger schicken, oder sich vielleicht sogar selbst zeigen. Möglicherweise hilft er auch dem geschwächten Fenris dabei wieder eine feste Form anzunehmen und sich persönlich um dich zu kümmern.“
„Dann werde ich mich vor ihnen verbergen und bedeckt halten. Wenn nötig fliege ich einfach davon, sie werden mich nicht kriegen.
„Weglaufen und verstecken?“ Silberblatt lachte trocken und ohne jeglichen Humor, denn zu Scherzen, war er derzeit wirklich nicht aufgelegt. Aleyandra war dabei sich in große Gefahr zu begeben, auch wenn er vielleicht etwas übertrieb, um ihr Angst einzujagen. Am wahrscheinlichsten war, dass Tigerius sich gar nicht erst rührte und die Sache auf sich beruhen ließ. Der große Jäger mischte sich selten in die persönlichen Angelegenheiten seiner Gefolgsleute ein. Er würde Fenris Niederlage als die Schuld des großen Wolfes ansehen und sich nicht weiter darum kümmern. Trotzdem wollte Silberblatt sie nicht in der Nähe dieser Minen sehen, es gab dort noch andere Dinge von denen sie sich fernhalten musste, Dinge, die sogar gefährlicher waren als Tigerius. „Wir reden hier von den gewaltigsten Kriegern und gefürchtetsten Jägern aus drei Welten. Wenn Tigerius seine Bluthunde von der Kette lässt, dann werden sie dich bis zu deinem Tod jagen und selbst noch am Ende der Welt aufspüren.“
„Wie wahrscheinlich ist es, dass Tigerius mich verfolgen lässt und angreift?“
„Nicht sehr wahrscheinlich.“ gab Silberblatt zerknirscht zu. Er hatte gehofft Aleyandra mit ein paar Horrorgeschichten von diesen wilden Bestien leicht von ihrem Plan abzubringen. Es gefiel ihm nicht, dass sie nach Demarech ging, auch wenn der Auftrag an sich durchaus vielversprechend aussah und würde es sich um irgendeine andere Stadt handeln, hätte er ihr auch schon längst seinen Segen gegeben, sie vielleicht sogar von sich aus auf diese Mission geschickt. „Das Risiko wäre...vertretbar. Aber du solltest dich trotzdem von dem Tempel fernhalten, um Tigerius oder Fenris nicht zu provozieren. Außerdem musst du mir noch etwas versprechen. Ich will auch, dass du dich von den Minen fernhältst. Du darfst in Demarech und dem Umland nach Valerius Salazar suchen und ihn ausschalten, falls du ihn aufspüren kannst. Aber es ist wichtig, dass du nicht in die Minen gehst. Du musst schwören, die Minen zu meiden, selbst wenn dein Ziel sich dort versteckt halten sollte. Kannst du mir das versprechen?“
„Ja, ich schwöre, dass ich die Minen von Demarech und den Mondtempel meiden werde, egal ob Valerius sich dort versteckt oder nicht.“
„Gut, dann hast du meinen Segen, auch wenn ich noch immer nicht vollkommen überzeugt bin, ob du Salazar gewachsen bist. Er war zu seiner Zeit sehr mächtig und gefährlich, außerdem verfügt er im Gegensatz zu deinem letzten Ziel über keine gewaltige Schwachstelle. Es war leicht Fenris zu besiegen, indem du einfach Yuki erschossen hast, aber diesmal wird der Kampf härter.“
„Ich habe keine Angst vor ihm. Ein gefallener Inquisitor ist sicher kein Gegner für mich.“
„Dann wünsche ich dir viel Glück, Aleyandra.“ Silberblatt klang trotzdem nicht überzeugt. Es hieß Valerius Salazar sollte einst ein hervorragender Magier gewesen sein und seine Gifte sind legendär. „Und hoffe, dass du lebendig zurückkehrst.“



„Ist es wirklich klug Naruz zu verfolgen und jeden seiner Schritte zu überwachen?“ fragte Saeca aufgeregt, während sie das Stadttor von Navea an Aleyandras Seite passierte. Sie hatte es sich nicht nehmen lassen ihre Onee-chan zu begleiten, auch wenn Aleyandra noch immer Zweifel hatte was das anging. Saeca wurde zwar keiner wirklichen Gefahr ausgesetzt, aber sie behinderte ihr Vorankommen. „Was tun wir, falls er uns bemerkt? Er wird sicher sehr wütend sein, immerhin weißt du, dass er sich mehr Abstand wünscht. Vielleicht wäre es am klügsten ihm diesen Abstand zu geben, während wir uns einen guten Plan ausdenken, anstatt ihm Angst einzujagen.“
„Das will ich gar nicht.“ erwiderte Aleyandra gelassen und ehrlich „Ich will nach Demarech, um einen Mörder unschädlich zu machen und nur nebenbei Naruz hin und wieder beobachten, aber ich habe nicht vor mich erwischen zu lassen und falls doch, erwähne ich einfach meinen Auftrag. Er wird mir schon glauben...denke ich. Außerdem will ich ihn ja nicht die ganze Zeit beschatten, nur hin und wieder nach ihm sehen, ob es ihm gut geht und mit wem er...zusammen ist.“
„Du denkst also wirklich, dass er dich betrügen könnte?“
„Ja und ich will es wissen, wenn er auf dieser Reise jemanden findet um...um sich auf andere Gedanken zu bringen.“ schloss sie ihren Satz so diplomatisch wie möglich, damit Saeca sie nicht fluchen hörte „Aber ich habe nicht vor irgendetwas dagegen zu unternehmen. Es ist schon ein kleines Wunder, dass er mich nicht mehr abgrundtief hasst und überhaupt mit mir redet! Wenn ich jetzt einen Ausraster bekomme und ihm oder seinem Zeitvertreib etwas antue...dann ist endgültig alles vorbei. Aber ich will es wenigstens wissen, mit wem oder ob er mich betrügt.“
„Und was hast du vor, falls er es wirklich tut? Vielleicht ist es besser nichts davon zu wissen, es würde dir nur wehtun, Onee-chan!“
„Ich werde damit zurecht kommen und dann, werde ich versuchen ruhig zu bleiben, ihn darauf ansprechen und ganz einfach versuchen gegen diese Huren die er trifft zu gewinnen.“ in Aleyandras Augen funkelte eine unerklärliche Zuversicht, von der sie selbst keine Ahnung hatte, woher sie stammte „Wenn er sich erst einmal eine Weile mit irgendwelchen abgehalfterten Gestalten herumgetrieben hat, wird er sich nichts sehnlicher wünschen, als endlich wieder bei mir zu sein. Du wirst sehen, am Ende dieser Reise, kommt er einsam und alleine zu mir gekrochen und fleht mich an ihn zurückzunehmen und dann weiß ich genau, wie ich vorgehen muss, um jede Frau die er auf seiner Reise getroffen hat, einfach in den Schatten zu stellen. Er wird sich vor Sehnsucht nach mir verzehren und alle anderen Frauen auf dieser Welt vergessen.“
„Und was ist mit deinem Ziel? Hast du auch schon einen Plan wie du diesen Mörder aufspüren willst?“ fragte Saeca nervös, hauptsächlich, um einfach über etwas anderes zu reden als den durchgeknallten Plan ihrer Onee-chan. Sie selbst war auch eifrig dabei Pläne zu schmieden, aber noch, war ´Plan – Kawaii` noch nicht ganz ausgereift, aber irgendwann würde sie damit Onee-chan und Naruz zusammenbringen! Das wusste sie genau, denn der Plan würde perfekt sein!
„Oh ja, den Auftrag für Silberblatt erledige ich natürlich trotzdem, aber nur wenn dafür Zeit bleibt. Es ist wichtiger Naruz im Auge zu behalten. Außerdem...“
„Außerdem?“
„Außerdem, naja...hält Valerius Salazar sich vermutlich sowieso nicht mehr in Denmarech auf. Die Informationen sind ein halbes Jahr alt. Er ist längst über alle Berge und vermutlich schon in Nord-Midgard. Den werden wir mit Sicherheit nicht finden, egal wie sehr wir nach ihm suchen.“
„A-aber warum...“ dann sah Saeca sie ein klein wenig zornig an. Also ging es doch nur um Naruz! Und als Aleyandra schuldbewusst zu Boden starrte, erhielt sie den endgültigen Beweis. Dieser Auftrag, existierte im Grunde gar nicht! „Hey! Du hast mich angelogen! Du willst doch nur nach Demarech um Naruz zu verfolgen und zu beschatten!“
„Natürlich, warum sollte ich sonst freiwillig dorthin? Valerius ist nur eine Ausrede, also keine Angst, wir werden sicher nicht in einen Kampf geraten, sondern es wird eine schön entspannte Reise. Ein kleiner Urlaub.“
„Wenn du meinst...“
„Wir werden sehen. Ich denke, dass es keine Probleme geben wird, es sei denn dieser Valerius ist wirklich dumm genug so lange an einem Ort zu bleiben, anstatt einfach zu fliehen. Ich habe alles genau geplant und weiß was ich tue, vertrau mir, Saeca, ich weiß was ich tue.“ versicherte Aleyandra ihr mit zuversichtlicher Stimme. Nichts konnte schiefgehen und am Ende ihres Plans, standen die endgültige Versöhnung mit Naruz, das Läuten von Hochzeitsglocken und das Geschrei von kleinen, süßen Babys mit seinen seltsamen Augen und der merkwürdigen Angewohnheit Silberblatt ständig in die Hand zu beißen. „Stellt sich nur noch die Frage, was ich mit dir anstelle. Ich habe kein Reittier und zu Fuß fallen wir schon bald hinter Naruz Team zurück.“
„Keine Sorge!“ rief Saeca, erleichtert darüber, dass Aleyandra sie nicht sofort wegschickte, sondern stattdessen ernsthaft darüber nachdachte sie mitzunehmen „Meru-chan kann mich leichter zaubern, so leicht wie eine Feder! Es wird dir gar nicht auffallen, dass ich mich beim Fliegen an dir festhalte. Ist vielleicht nicht die bequemste Art zu reisen, aber ich will unbedingt mit Onee-chan mitkommen. Bitte!“
„Also schön, du darfst mitkommen, aber wenn du mir im Weg stehst oder Naruz auf uns aufmerksam machst, bringe ich dich zurück in dein Dorf, verstanden?“ gab Aleyandra ihre nicht besonders überzeugende Gegenwehr endgültig auf und Saeca nickte artig. Letztendlich wollte sie Saeca ja auch nicht zurücklassen, sondern gewöhnte sich immer mehr an die Anwesenheit der jungen Armani. Es half ihr wirklich sehr nicht mehr alleine zu sein, vor allem seit Naruz kaum noch mit ihr redete. Aber das würde sich bald wieder ändern, denn ihr Demarechplan, würde dafür sorgen, dass alles wieder so war wie vor ihrem ersten Auftrag.
Zuletzt geändert von Vanidar am 4. Juli 2014 12:48, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Mimir
Praefectus Fabrum
Praefectus Fabrum
Beiträge: 4549
Registriert: 21. August 2011 14:37
Wohnort: Berlin
:
AAR-Schreiber Teilnahme an einem Contest

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 4. Juli 2014 12:46

21. Vendetta (Öffnen)
Kapitel 21 – Vendetta:


Lyaena Akashi ging gut gelaunt durch die Straßen Naveas, sie befand sich an den Ausläufern des größten Marktplatzes, und war auf dem Weg zum Militärbezirk um sich mit Silberblatt zu treffen. Direkt hinter ihr befanden sich ihre zwei Leibwächter, Männer die ihr Vater ihr zur Seite gestellt hatte, um für ihre Sicherheit zu sorgen. Sie trug ein teures Kleid, dass sie sich erst vor ein paar Tagen gekauft hatte und war mit ihren Gedanken schon ganz wo anders, sie achtete nicht wirklich auf den Weg vor sich und überlegte nur, was sie heute wohl alles mit Silberblatt machen würde, vielleicht in ein teures Restaurant gehen? Oder vielleicht ein Spaziergang nahe des Himmelturms? Sie war so sehr in ihren eigenen Gedanken versunken, dass sie überhaupt nicht merkte, wie sie jemand ansprach, erst als sich einer ihrer Leibwächter laut räusperte, und an ihre Seite trat, wurde sie wieder ins hier und jetzt zurückgeholt, blieb stehen und sah sich verwirrt um. In der Nähe stand ein Mann in der Rüstung der Templer, der einen Helm auf dem Kopf trug, aus dem ein großer, roter Federbusch ragte. Zusätzlich trug er einen roten Umhang und an seiner Hüfte hing ein Schwert in einer schlichten Scheide, hinter ihm stand ein halbes Dutzend Soldaten, in gewöhnlichen Rüstungen, jeder von ihnen hielt einen Speer in der Hand, und sie sahen allesamt gelangweilt aus. Der Templer, allem Anschein nach ein Hauptmann der Wache, lächelte sie freundlich an, und ging mit schnellen Schritten auf sie zu. Er blieb vor ihr stehen, und begrüßt sie mit einer kurzen Verbeugung. Er schien zwei, drei Jahre älter als sie zu sein, und hatte grüne Augen.
„Entschuldigt die Störung, Ihr seid Lady Lyaena Akashi, nicht wahr?“
„Ja, die bin ich.“ antwortete die Akashi, und erwiderte das Lächeln. „Wie kann ich Euch helfen, Hauptmann...?“ fügte sie hinzu, und bemühte sich, nicht allzu ungeduldig zu klingen. Gerade jetzt, wo sie auf dem Weg zu Teregion war, musste man sie stören!
„Verzeiht, ich bin Alessandro Bladelli, Hauptmann in der Stadtwache, meine Aufgabe ist es, über diesen Stadtteil zu wachen und für Ordnung zu sorgen.“
„Bladelli?“ fragte Lyaena, und wirkte plötzlich ziemlich nervös. Sie hatte gehört, was vor einigen Tagen im Militärbezirk geschehen war, ein Mitglied der Bladelli war von einem Fremden abgestochen worden, der behauptete im Auftrag der Akashi gehandelt zu haben. Lyaena bemerkte, wie der eine ihrer Leibwächter die Augen zusammenkniff, und über etwas nachzudenken schien, allerdings kümmerte sie sich nicht darum, die Bladelli würden ihr schon nichts tun, schon gar nicht auf offener Straße. Außerdem wusste sie, dass Paolo Bladelli nicht dumm war, er würde niemals auf einen so billigen Trick reinfallen, wie ihn der Angreifer benutzt hatte. „Ich... ich habe davon gehört, was im Militärbezirk passiert ist, es tut mir leid, was mit Eurem Verwandten geschehen ist.“ Alessandro bekam einen traurigen Gesichtsausdruck, und sein Lächeln wirkte plötzlich gequält.
„Ja... Marius war mein kleiner Cousin, müsst Ihr wissen. Er war immer ein wenig faul, aber trotzdem ein recht schlauer Mann, er hätte es weit bringen können. Wie auch immer, ich bin hier, weil ich Eure Hilfe brauche.“
„Meine Hilfe? Wofür?“
„Es ist äußerst wichtig, und nichts, was ich gerne in aller Öffentlichkeit besprechen möchte. Es hängt mit dem Angriff auf Marius zusammen.“
„Oh... ich verstehe, wird es lange dauern?“ Einerseits wollte Lyaena einfach nur weiter, um sich mit Teregion zu treffen, andererseits meinte sie, dass es falsch wäre, den Bladelli einfach so stehen zu lassen. Wenn sie wirklich helfen konnte, wäre es vielleicht am besten kurz mit Alessandro zu gehen. Lyaena war schon immer gegen die Rivalität zwischen den Akashi und Bladelli gewesen, die sich in letzter Zeit zu einer immer tieferen Feindschaft entwickelte.
„Nein, nein, höchstens ein paar Minuten. Ich werde Euch nur ein paar Fragen stellen, und Ihr werdet mir helfen müssen, jemanden zu identifizieren... keine Sorge, keine Leiche!“ fügte er hinzu, als er merkte, wie der Gesichtsausdruck der Akashi immer ängstlicher wurde. Als sie seine Worte hörte, amtete sie erleichtert aus, sie hatte schon befürchtet, dass irgendetwas vorgefallen war. „Es handelt sich lediglich um einen potenziellen Verdächtigen, und wir brauchen Eure Aussage.“
„Ein Verdächtiger? Doch nicht etwa ein Akashi?“ Alessandro wandte den Blick kurz zu Boden, ehe er der Akashi wieder ins Gesicht sah, dieses mal mit ernster Miene.
„Genau darum geht es.“ meinte er im Flüsterton. „Er selbst behauptet von sich ein Akashi zu sein, aber wir sind uns nicht sicher, deswegen brauchen wir die Aussage von jemandem, aus dem Hauptzweig der Akashi, als angehendes Oberhaupt der Familie, müsstet Ihr viele Leute kennen, und könnt uns vielleicht helfen. Wir hätten natürlich auch Großmeister Silberblatt fragen können, aber er... nun, er ist nicht gut auf unsere Familie zu sprechen, Ihr wisst ja von der Rivalität zwischen ihm und Paolo Bladelli.“ Lyaena nickte sachte.
„Also gut, wenn es Euch hilft, kann ich ein paar Minuten für Euch erübrigen, Hauptmann Alessandro.“ Der Bladelli atmete erleichtert auf, als er ihre Worte hörte.
„Vielen Dank, Lady Akashi, es wird wirklich nicht lange dauern, folgt mir bitte.“ meinte er, wandte sich um, und ging mit seinen Männern voraus, dicht gefolgt von Lyaena und ihren Leibwächtern. Nach einer Weile bog Alessandro in eine Seitengasse ab, und blieb vor einem Lagerhaus stehen, eines, dass Lyaena nur allzu bekannt vorkam, sämtliche Lagerhäuser hier in der Nähe gehörten entweder ihrer Familie, oder ihren Geschäftspartnern.
„Was machen wir hier, Hauptmann?“
„Wir haben den Verdächtigen hier in der Gasse gefasst, und sogleich in das Lagerhaus hier verfrachtet. Falls er wirklich ein Akashi ist wäre es sicherlich... nicht wünschenswert für Eure Familie, wenn er öffentlich in Ketten durch die Stadt geführt wird.“
„Oh, natürlich. Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr Euch so viele Gedanken um die Ehre meiner Familie machen würdet.“
„Lady Akashi, wenn jemand die Familienehre zu schätzen weiß, und sich bewusst ist, wie wichtig es ist sie zu schützen, dann sind es die Bladelli.“ meinte Alessandro, mit einem freundlichen Lächeln. „Kommt herein.“ fügte er hinzu, nachdem er die Tür geöffnet hatte, und hielt sie für die Akashi auf. Sie trat ein, gefolgt von ihren Leibwachen, den Soldaten, und zuletzt Hauptmann Alessandro höchstselbst. Als er eingetreten war, schloss er die Tür hinter sich, und deutete zu einigen hoch gestapelten Kisten. „Hier hin, Lady Akashi.“ meinte er, und übernahm die Führung. Als sie die Kisten umrundet hatten, zuckte Lyaena erschrocken zurück.
„Was geht hier vor sich, Hauptmann?“ fragte sie, mit leicht panischer Stimme, und wandte sich an den Bladelli, der die Szene vor sich vollkommen ausdruckslos betrachtete. Vor ihnen standen zwei Stühle, auf denen jeweils ein Mann saß, beide hatten blonde Haare und blaue Augen, der eine trug zudem noch einen Bart. Ihre Hände waren hinter dem Rücken zusammengebunden, und beide waren geknebelt, das war es jedoch nicht, was Lyaena dermaßen erschrocken hatte, es war eher das ganze Blut, welches sich auf den Sachen der beiden Männer befand, außerdem merkte sie, dass der Arm des bartlosen Mannes einen ziemlich unnatürlichen Winkel hatte, und eines seiner Augen ziemlich angeschwollen war. Neben jedem Stuhl stand jeweils ein Mann, gekleidet in schlichte, schwarze Sachen, mit einer ausdruckslosen, roten Maske im Gesicht.

Bild
Die Rüstung passt nicht ganz, habe den Charakter neu erstellt, und daher gibt es keine Templerrürstung für ihn, aber ist ja auch egal


„Was hier vor sich geht?“ fragte Alessandro, und sah die Akashi verständnislos an. „Ich sagte doch, wir brauchen Eure Hilfe, um einen Verdächtigen zu identifizieren.“
„Aber...“ begann Lyaena, kam jedoch nicht weiter, da ihre Leibwächter vor sie traten. Der eine von ihnen zog seine Klinge bereits, während der zweite die Hand auf den Griff legte.
„Wie war noch gleich Euer Name, Hauptmann?“
„Alessandro Bladelli, warum?“
„Ich kannte einmal einen Alessandro Bladelli, wir dienten gemeinsam in der Festung Nudaka, und verstanden uns recht gut. Er hatte nie erwähnt, einen Cousin namens Marius zu haben, und...“ Der Bladelli hob seine Hand, um den Leibwächter zu unterbrechen, und seufzte genervt.
„Ich habe auch wirklich ein Pech.“ murmelte er, ehe er kurz nickte. Ehe auch nur einer der Leibwächter reagieren konnte, bohrten sich jeweils zwei Speere von hinten durch ihre Brust, woraufhin sie zu Boden sackten, ohne auch nur zu versuchen, sich gegen ihre Angreifer zu wehren. Lyaena schrie laut auf, wandte sich um und versuchte so schnell wie möglich aus dem Lagerhaus zu entkommen, jedoch kam sie nicht besonders weit. Einer der Soldaten stellte sich ihr in den Weg, und packte sie an der Schulter um sie aufzuhalten, als sie seine Hand zur Seite schlug, rammte er ihr den Schaft seines Speers in den Bauch, woraufhin sie keuchend zu Boden sank, und sich den Bauch hielt. Kaum lag sie auf dem Boden, schlug der Soldat ein weiteres mal nach ihr, und der Schaft krachte gegen ihre Rippen. Gerade als der Mann zu einem dritten Schlag ausholte, trat der Hauptmann einen Schritt nach vorn, fegte den Speer zur Seite, und rammte dem Soldaten seine gepanzerte Faust ins Gesicht. Man hörte ein hässliches Knirschen, als die Nase des Mannes brach, und er blutend zurücktaumelte. Ein weiterer Schlag traf den Mann am Brustkorb, wodurch er weiter nach hinten stolperte, und zu Boden fiel. Dort blieb er liegen, und hielt sich sein Gesicht, wurde von seinen Kollegen jedoch ignoriert.
„Was soll dieser Schwachsinn, du Vollidiot?“ fuhr der Bladelli ihn an, während er sich neben Lyaena beugte, die sich vor Schmerz krümmte, mit tränenden Augen, zum einen wegen der Schläge, zum anderen, weil sie Angst hatte.
„Ich dachte, sie ist eine Akashi, also muss ich nicht...“ murmelte der Soldat benommen, verstummte jedoch, als er den vernichtenden Blick bemerkte, den sein Hauptmann ihm zuwarf.
„Bladelli morden nicht wahllos, und sie überfallen auch nicht wahllos Leute!“ zischte er dem Soldaten zu. „Ganz im Gegensatz zu den Akashi.“ fügte er trocken hinzu, und drückte auf die Rippen der Akashi, die vor Schmerz aufschrie, und seine Hand zur Seite schlug. „Beruhigt Euch, Lady Akashi.“ meinte der Hauptmann, mit sanfter Stimme. „Es tut mir leid, was mein Untergebener getan hat, das war nicht geplant, ich will Euch nur helfen.“ Er nickte einem anderen Soldaten zu, der seine Waffe zur Seite legte, sich ebenfalls hinkniete, und die Arme der Akashi packte, während die versuchte sich zu wehren. Erneut drückte der Bladelli auf die Rippen der Frau, woraufhin diese erneut aufschrie, kurz darauf verstummte sie jedoch, als sich der Schmerz legte, sowohl in der Seite, als auch im Bauch. Der Bladelli schüttelte kurz den Kopf, um die Müdigkeit loszuwerden, die ihn immer befiel, wenn er einen Heilzauber benutzte, dann richtete er sich wieder auf, ebenso wie sein Soldat, und reichte der Akashi die Hand. Lyaena sah ihn aus großen, ängstlichen Augen an, und zögerte seine Hand zu ergreifen, woraufhin der Bladelli ein gequältes Lächeln aufsetzte. „Ihr könnt mir vertrauen, ich will Euch wirklich nichts antun, mein Untergebener war nur ein wenig... übereifrig.“ Zögerlich ergriff die Akashi die Hand des Bladelli, und ließ sich von ihm aufhelfen. „Aber bitte, versucht nicht wieder abzuhauen, das macht die ganze Sache nur schwieriger. Eigentlich war es auch nicht geplant, dass Eure Leibwächter hier sind, ich dachte, dass ich Euch alleine finden könnte. Das ganze wurde dann doch blutiger, als ich dachte. Es tut mir wirklich leid.“
„Was... was wollt Ihr von mir?“ fragte Lyaena mit zitternder Stimme, schaffte es jedoch, nicht allzu ängstlich zu klingen. Sie war eine stolze Akashi, und würde ganz bestimmt nicht hier zusammenbrechen. Wenn sie nur lange genug Zeit schinden könnte, würde Teregion anfangen, nach ihr zu suchen, und wenn er kam, wäre sie gerettet, dessen war sie sich sicher.
„Das habe ich Euch bereits gesagt, ich will, dass Ihr mir ein paar Fragen beantwortet, und mir dabei helft, jemanden zu identifizieren, ich habe nicht gelogen, als ich das gesagt habe. Fangen wir am besten gleich an, je schneller wir fertig sind, desto besser. Also, als erstes eine ganz einfache Frage, kennt Ihr diese beiden Männer?“ Lyaena nickte.
„Ich kenne sie, der Mann mit dem Bart ist mein Onkel dritten...“
„Danke sehr, das reicht schon, ich muss nicht wissen, wie genau Ihr mit ihnen verwandt seid.“
„Was habt Ihr hier vor? Ist es wegen Eurem Cousin? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Großmarschall Paolo...“
„Paolo weiß nichts hiervon.“ unterbrach der Bladelli sie, mit einem traurigen Lächeln im Gesicht. „Ihr müsst wissen, er glaubt fest daran, dass Euer Vater nichts mit dem Überfall auf Marius zu tun hat, und will die ganze Sache... friedlich lösen. Allerdings habe ich Gestern einen Tipp bekommen, von jemandem, der lieber anonym bleiben möchte, er sagte mir, dass er diese beiden Herren hier in der Nähe des Tatorts gesehen hat. Zeitlich würde es passen, also haben wir die beiden hierher gebeten, und befragt. Sagen wollten sie uns allerdings nichts, beide bestanden darauf, dass sie unschuldig sind. Also haben wir einen Zeugen geholt... Ihr braucht Euch nicht umsehen, er ist bereits wieder weg. Wie auch immer, dieser Zeuge sagte uns, dass die Stimmen der beiden Männer hier sehr der des Täters ähneln. Allerdings weigern sich weiterhin alle beide die Tat zu gestehen, und da ich nur äußerst ungern einen Unschuldigen töten will, brauche ich Eure Hilfe.“ erklärte der Bladelli, vollkommen ruhig, und verschränkte die Hände hinter seinem Rücken, während der vor den Stühlen auf und ab ging.
„Was soll ich tun?“ fragte Lyaena nervös, und sah immer wieder zu den beiden gefesselten Akashi hinüber.
„Ganz einfach, Ihr seid die Erbin der Akashi. Falls Euer Vater den Angriff auf Marius befohlen hat, werdet Ihr mir sicherlich sagen können, welcher der beiden Herren hier der Mörder ist, nicht wahr?“ Der Bladelli stoppte, und sah Lyaena erwartungsvoll an, diese wusste jedoch überhaupt nicht, was sie nun tun sollte.
„Ich... also...“
„Wisst Ihr, welcher von den beiden hier der Mörder ist? Ich habe zwei Zeugen, die mir sagen konnten, dass einer der beiden hier der Täter ist, das reicht mir. Also, wisst Ihr, wer es war? Wen hat Euer Vater damit beauftragt, meinen Cousin umzubringen?“
„Diese zwei Zeugen beweisen kaum etwas!“ versuchte Lyaena Zeit zu schinden, während sie fieberhaft überlegte, was sie tun konnte, um die ganze Sache zu überleben. „Kein Gericht wir einen von ihnen verurteilen, weil zwei Männer meinten, dass es sich vielleicht um den Täter handeln könnte!“
„Deswegen brauche ich ja auch Eure Hilfe, wenn Ihr den Täter identifizieren könnt, wird es vor Gericht kein Problem geben. Also? Was ist nun?“ Lyaena schwieg eine Weile und sah zu ihren Verwandten hinüber. Diese versuchten verzweifelt sich aus ihren Fesseln zu befreien, und warfen ihr panische, hilfesuchende Blicke zu.
„Es... es tut mir leid, ich kann... ich kann Euch nicht helfen. Ich glaube nicht, dass mein Vater einen von ihnen mit dem Mord beauftragt hat. Bitte! Hauptmann Bladelli! Ihr müsst mir glauben!“ rief sie, und stellte sich vor den Bladelli, der die beiden Gefangenen mit einem kalten Blick musterte. Sein Blick wanderte nun zu ihr, und blieb an ihren Augen hängen, die ihn flehentlich ansahen.
„Ich glaube Euch.“ sagte er schließlich, woraufhin Lyaena erleichtert aufatmete.
„Vielen Dank! Ich danke Euch, Hauptmann...“
„Ich glaube Euch, dass Euer Vater keinen von den beiden damit beauftragt hat, Marius umzubringen. Um ehrlich zu sein, ich hatte schon die ganze Zeit über Zweifel daran, dass Kyosuke Akashi so tief sinken würde.“
„Ehrlich? Aber... was soll dann das ganze hier? Wenn Ihr die ganze Zeit daran geglaubt habt, dass sie unschuldig sind...“
„Was? Wer hat gesagt, dass ich das glaube?“
„Ihr habt doch eben gerade gesagt...“
„Ich sagte, ich bezweifle dass Euer Vater so tief sinken würde, an der Schuld dieser beiden Männer, oder besser gesagt, an der Schuld eines von ihnen, zweifle ich nicht, und ich bezweifle auch nicht, dass einer Eurer anderen Verwandten den Auftrag gegeben hat, hinter dem Rücken Eures Vaters, möglicherweise.“ Ehe die Akashi etwas sagen konnte nickte der Templer den maskierten Männern zu, woraufhin diese hinter die Stühle traten, die Akashi die dort saßen an den Haaren packten, und ihre Köpfe nach hinten zwangen.
„Was habt Ihr vor?“ fragte Lyaena mit schriller Stimme, in die sich Panik mischte. Der Bladelli antwortete jedoch nicht, er nickte nur erneut, woraufhin die maskierten Männer Dolche zückten, und den beiden Akashi mit einer schnellen Bewegung die Kehlen durchschnitten. „Nein!“ schrie Lyaena, und ging mit taumelnden Schritten auf die beiden Männer zu, die in ihren Stühlen unkontrolliert zuckten, während ihnen Blut aus der klaffenden Wunde am Hals spritzte. Als die Körper letztendlich zur Ruhe kamen, sank die Akashi vor der Leiche ihres Onkels auf den Boden, und sah ihm ungläubig in die leeren Augen. Plötzlich war der Templer neben ihr, mit einem Dolch in der Hand, auf dessen Griff das Wappen der Bladelli eingraviert war. Langsam streifte er sich einen seiner Handschuhe ab, und fuhr mit der Schneide des Dolches über seine Handfläche, dann nahm er die blutige Waffe, und drückte sie in das Blut der beiden toten Akashi, ehe er den Dolch wieder in seine Scheide packte, und zu Lyaena hinabsah. „Was habt Ihr nun mit mir vor?“ fragte sie, mit tonloser Stimme, sie kniete noch immer vor der Leiche ihres Onkels, und Tränen traten ihr aus den Augen.
„Nichts, Ihr habt mit der ganzen Sache nichts zu tun, zumindest hoffe ich das für Euch.“ antwortete der Bladelli lediglich, und warf den Dolch vor ihre Füße. „Gebt das Eurem Vater, und sagt ihm, dass damit die Sache für die Bladelli begraben ist, Marius' Tod wurde gerächt. Wenn Euer Vater schlau ist, lässt er die ganze Sache auf sich beruhen.“
„Ihr wollt mich gehen lassen? Ich habe Eure Gesichter gesehen.“
„Das habt Ihr, denn im Gegensatz zu den Meuchelmördern Eurer Familie, besitzt ein Bladelli genug Ehre seinen Feinden ohne Maske gegenüberzutreten. Ihr mögt mein Gesicht kennen, aber das wird Euch nicht viel helfen.“ mit diesen Worten wandte er sich von der Akashi ab, und bedeutete seinen Männern ihm zu folgen. Kurz bevor er hinter den Kisten, und somit außer Sicht war, hielt er an, und drehte sich noch einmal zur Akashi um. „Ach ja, eine Sache noch.“ meinte er, und nahm den Helm vom Kopf, woraufhin Lyaenas Augenbrauen in die Höhe wanderten. Der Mann hatte nicht, wie sie eigentlich erwartet hatte, rote Haare, wie es für Bladelli üblich war, sondern schwarze! „Solltet Ihr zum Erzbischof, oder was weiß ich zu wem, gehen, und versuchen einen gewissen Alessandro Bladelli verhaften zu lassen... nun, lasst es besser.“
„Ihr droht mir?“
„Nein, es ist nur ein gut gemeinter Rat, denn Ihr würdet nur Eure Zeit verschwenden.“
„Warum?“
„Alessandro Bladelli ist vor zwei Jahren im Kampf gegen die Varan nahe Nudaka gefallen, Ihr versteht sicher, dass es sich nicht lohnen würde, eine Leiche zu verhaften.“ mit diesen Worten setzte der Mann seinen Helm wieder auf, wandte sich endgültig ab, und verließ mit seinen Männern das Lagerhaus.

Zur gleichen Zeit in Demarech:

Bild


Nach einer zehntägigen Reise erreichten Naruz und sein Team endlich ihr Ziel, die Stadt Demarech! Die Stadt befand sich westlich der Wunderminen, welche ungefähr eine Tagesreise entfernt waren, und für die Haupteinnahmen der Stadt sorgten. Denn von dort kam das, was die Kirche 'Heiliges Erz' nannte, das Material, aus dem Analisa ihre heiligen Waffe herstellte, und aus dem die Rüstungen bestanden, welche von den Hohetemplern getragen wurden. Eine riesige Schlucht trennte die Stadt im Osten von den Ebenen, welche man durchqueren musste, um zu den Minen zu gelangen, drei große Holzbrücken führten über die Schlucht, und waren der einzige Zugangspunkt zur Stadt, vom Osten aus gesehen. Im Westen und Norden beschützte eine riesige Bergwand die Stadt, und im Süden erhob sich eine große Mauer. Auf den Türmen, nahe des Tores, befanden sich jeweils zwei Kanonen, eine der neueren Erfindungen der Waffenschmiede Naveas. Bislang gab es noch nicht allzu viele von ihnen, aber man rechnete damit, sie schon bald vermehrt herstellen zu können, und sie sogar für den Gebrauch zu See zu optimieren. Man hoffte damit endlich einen Vorteil, gegen die überlegene Flotte der Alfar zu erringen. Gerade ritten Naruz und sein Team durch das Tor, als ihnen auch schon jemand entgegen kam, ein älterer Templer, der einen Helm mit rotem Federbusch unter seinem Arm trug, was ihn als Hauptmann der Wache auswies. Hinter ihm standen einige einfach Soldaten, und warfen immer wieder verstohlene Blicke auf Naruz.
„Ich grüße Euch, Ihr müsst Inquisitor Naruz sein, nicht wahr?“
„Der bin ich, Ihr habt mich erwartet?“
„Ja, das haben wir, mein Lord. Ihr seid hier, um das Verschwinden unserer Magier und Forscher zu untersuchen?“
„Ganz genau.“
„Sehr gut, dann folgt mir bitte, mir wurde aufgetragen, Euch sofort zum Haus zu führen, welches für die Ermittler der Kirche bereitgestellt wurde.“ mit diesen Worten nickte der Hauptmann seinen Männern zu, woraufhin diese sich in Bewegung setzten, und die Führung übernahmen.
„Anya, nimm die Zügel von meinem Pferd.“ meinte Naruz, und schwang sich von seinem Reittier, um neben dem Hauptmann zu gehen. Anya nahm die Zügel entgegen, und ritt dann mit dem Rest des Teams ein wenig hinter Naruz und dem Templer.
„Mein Lord! Ihr braucht nicht zu gehen, ich kann mit Euch reden, während Ihr reitet.“ beeilte sich der Mann zu versichern, doch Naruz schüttelte lächelnd den Kopf.
„Macht Euch keine Sorgen, ich bin lange genug geritten, es tut gut, zur Abwechslung mal wieder zu laufen.“
„Natürlich mein Lord... entschuldigt mich, doch ich habe eine Frage an Euch. Stimmt es, dass Ihr ein Botschafter der Gaia seid?“ Naruz seufzte, dieser Mann war schon jetzt viel zu respektvoll, für Naruz' Geschmack, was würde er wohl erst anstellen, sobald er herausfand, dass Naruz ein Auserwählter der Göttin war? Allerdings wäre es zwecklos zu lügen, früher oder später würde er es ja sowieso merken.
„Ja, das stimmt. Ich bin ein Botschafter der Gaia.“
„Könnte ich... also, würde es Euch etwas ausmachen... wäre es möglich, Euer Eidolon zu sehen?“
„Natürlich, Serif, komm her.“ kaum hatte Naruz es gesagt, erschien sein Partner auch schon neben ihm in der Luft.
„Oh! Faszinierend! Es ist wirklich eine unglaubliche Ehre, einem Botschafter der Gaia zu begegnen. Wisst Ihr, hier in der Gegend heißt es, es bringt Glück einem Eidolon aus dem Himmelreich zu begegnen... und dann habe ich sogar zwei getroffen, innerhalb von nur wenigen Tagen!“
„Moment, zwei?“
„Ja, natürlich.“ antwortete der Templer, und sah Naruz verdutzt an. „Wurdet Ihr etwa nicht benachrichtigt? Die Tempelwachen haben auch jemanden geschickt, um die Geschehnisse hier zu untersuchen.“
„Ich weiß, eine Schwerttänzerin des Sonnenordens.“
„Genau, aber sie ist nicht nur das, sie ist auch eine Botschafterin der Gaia!“
„Was? Davon habe ich noch gar nichts gehört.“
„Hm... jetzt wo er es sagt, es fühlt sich wirklich so an, als ob ein Eidolon in der Nähe ist.“ meinte Serif leichthin, und schwebte kopfüber neben Naruz her.
„Ach ja? Kannst du spüren, wer es ist?“
„Hm, Augenblick mal... es ist... oh! Das ist unerwartet!“
„Was? Wer ist es?“
„Wirst du schon noch früh genug sehen.“ Naruz warf Serif einen wütenden Blick zu, sagte jedoch nichts, wenn er ihm nichts sagen wollte, half es auch nichts ihn ewig zu befragen, er würde ja doch nichts preisgeben. Stattdessen wandte Naruz sich wieder an den alten Templer.
„Was könnt Ihr mir über die verschwundenen Personen sagen?“
„Nicht besonders viel, tut mir leid. Ich weiß nur, dass es sich bei den Verschwundenen um drei Magier und vier Forscher handelt. Einer der Forscher ist Lord Miles, einer der wenigen, die ihr Leben der Erforschung des Würfels der Gaia gewidmet haben. Er weiß mehr als die meisten Menschen über dieses Objekt... was noch immer nicht besonders viel ist, aber was will man machen?“
„Ein Experte in Sachen... Würfel der Gaia? Das ist seltsam.“
„Was meint Ihr damit?“
„Nun, in Navea rechnet man damit, dass die Männer entweder entführt worden, oder die Kirche verraten habe. Aber ich sehe keinen Grund, warum man jemanden wir Lord Miles entführen sollte, das...“
„Das wird eine der Sachen sein, die wir rausfinden müssen.“ erklang eine sanfte, helle Stimme vor ihm, und Naruz hielt inne.
„Oh! Mylady!“ entfuhr es dem Templer, und er verbeugte sich, vor einer Fremden, die geradewegs auf ihn und Naruz zuhielt. Die Soldaten in ihrer Nähe wichen vor ihr zurück, und beeilten sich ihr Platz zu machen. „Das ist Inquisitor Naruz, ich habe ihn zu Euch gebracht, wie Ihr befohlen habt.“
„Gut, vielen Dank, Hauptmann, Ihr dürft gehen, und nehmt Eure Männer mit.“
„Natürlich, Mylady. Es war mir eine Ehre Euch zu begegnen, mein Lord.“ meinte der Templer, verbeugte sich vor Naruz und der Fremden, und machte sich mit seinen Männern auf den Weg zurück zum Tor. Während Naruz' Team von den Pferden stieg und zu ihm kam, musterte dieser die Fremde. Sie war ungefähr in seinem Alter, vielleicht war er ein wenig jünger als sie. Die Frau hatte blaue Augen, kurze, violette Haare und ein freundliches, hübsches Gesicht. Aus ihrem Mundwinkel ragte der Stiel eines Bonbons, wie Naruz verdutzt bemerkte, normalerweise waren diese Dinger eher etwas für kleine Kinder, nicht einmal Aynaeth aß diese Dinger, was aber vielleicht eher daran lag, dass sie sich nicht leicht genug kauen ließen. Gekleidet war sie in ein weißes Hemd, dessen Ärmel ihr bis über die Hände gingen, ihre Schultern jedoch nicht bedeckte. Dazu kamen ein kurzer Rock und lange, schwarz-violett gestreifte Strümpfe, die ihr bis zu den Oberschenkeln gingen. In ihrer linken Hand hielt sie eine Schwertscheide in glänzendem Blau, auf der in silberner Farbe eine Sonne prangte. Am Ende des Schwertgriffes, der aus der Scheide ragte, befand sich eine Art Saphir, und glänzte in der Sonne, die hoch im Himmel stand. Die Parierstange der Waffe stand gerade ab, und hatte die Form von Eiszapfen. Sie musterte Naruz eine Weile lang, ehe sie auf ihn zuging, und ihm die rechte Hand reichte.
„Hallo, nett dich kennenzulernen. Du bist Naruz, nicht wahr?“
„Ja, der bin ich. Und Ihr seid?“
„Ich bin Mizore, Schwerttänzerin des Sonnenordens.“ meinte sie, ließ jedoch nicht Naruz' Hand los. Stattdessen ging sie noch näher an ihn heran, und starrte ihm förmlich in die Augen, sie blinzelte nicht einmal! „Ach ja, und eine Botschafterin der Gaia.“ fügte sie hinzu, ließ seine Hand los, und ging um ihn herum, während sie ihn weiterhin musterte, was in Naruz das Gefühl auslöste, dass er so eine ähnliche Situation schon einmal erlebt hatte.
„Ach ja? Davon wurde mir gar nichts gesagt.“
„Nicht? Meine Mutter muss vergessen haben, es zu erwähnen.“
„Eure...“
„'Deine'.“
„Was?“
„Sei nicht so förmlich, wir sind beide Botschafter der Gaia, wir sind gleichrangig.“
„Wenn du meinst, ist mir sowieso lieber.“ meinte Naruz, und lächelte kurz. „Also, deine Mutter hat vergessen, es zu erwähnen?“
„Ja, sie ist Großmeisterin des Sonnenordens.“
„Wie bitte?“
„Du hast richtig gehört, ach ja, das ist mein Eidolon, ich glaube, ihr zwei kennt euch schon.“ meinte sie, und deutete auf etwas hinter Naruz. Ehe dieser sich jedoch umdrehen konnte, legten sich zwei Hände vor seine Augen, und eine helle Stimme erklang an seinem Ohr.
„Rate wer es ist!“
„Shirayuki.“ Sofort verschwanden die Hände von seinen Augen, und die Gestalt hinter ihm, begab sich an Mizores Seite. Es war das blauhaarige Eidolon, dass ihm während seines Besuchs im Mondtempel begegnet war, und sie sah ihn leicht enttäuscht an.
„Woher wusstest du das?“
„Es wurde plötzlich um einiges kälter, als du mich angefasst hast.“
„Oh...“
„Außerdem ist mir bei deiner Stimme eingefallen, wieso mir Mizores Verhalten so bekannt vorkam, du bist bei unserem ersten Treffen genauso um mich herumgegangen, wie sie.“
„Jetzt wo du es sagst, du hast recht.“
„Du warst noch ein junges Eidolon, richtig? Dann ist Mizore also deine erste Partnerin?“ Shirayuki nickte.
„Ich bin erst vor ein paar Monaten zur Botschafterin der Gaia erwacht, ich bin eine Art Spätzünder gewesen. Hat aber durchaus auch Vorteile, ich war ja schon eine Weile bei den Tempelwachen, und daher hatte ich schon einiges an Erfahrung, als ich zur Botschafterin wurde. Shirayuki hat mich ausgewählt, weil sie mich interessant fand, behauptet sie zumindest.“ erklärte Mizore.
„Oh? Wie lange bist du schon bei den Tempelwachen?“ fragte Naruz interessiert, und war schon bald in ein tiefes Gespräch mit der anderen Botschafterin verwickelt. Außer Aleyandra und Aynaeth war ihm noch nie ein anderer Botschafter begegnet, und Aynaeth war nicht sonderlich gesprächig, daher hatte Naruz zumindest ein wenig Interesse an der Schwerttänzerin, und wollte ein wenig mehr über sie erfahren, aber vor allem um rauszufinden, ob sie genauso... seltsam war, wie Aynaeth. Falls ja, würde es noch zu einigen Problemen während dieses Auftrags kommen

Bild


Während Naruz sich mit Shirayuki und Mizore unterhielt, beobachtete Anya die drei missmutig. Sie stand beim Rest des Teams, und wusste nicht ganz, was sie nun tun sollte.
„Hm, schätze es wird vorerst nichts damit, dich an Naruz ranzumachen.“ meinte Victoria, und zuckte mit den Schultern. „Wäre auch zu schön gewesen.“
„W-wovon redest du?“
„Das wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, ich und Nikodemus bringen die Sachen ins Haus, während du und Naruz die Stadt ein wenig erkunden. Du warst ja schonmal hier, du könntest ihn rumführen, und ihm ein paar Sachen zeigen.“
„Und was würde das bringen? Anya würde ihn nach einer Weile anschreien, und wütend weglaufen, während Naruz verwirrt, und vor allem alleine, zurückbleibt.“ meinte Nikodemus, ein wenig gelangweilt, und gesellte sich zu den beiden.
„Hm, da hast du auch wieder recht.“ sagte Victoria, und setzte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf.
„Moment... Victoria? Du hast Nikodemus davon erzählt?“ flüsterte sie Victoria zu, und lief rot an. Schlimm genug, dass ihre Freundin wusste, was sie für Naruz empfand, aber jetzt auch noch Nikodemus?
„Ja, habe ich, ich habe ihn eingeweiht, und er meinte, er würde ebenfalls versuchen, dir zu helfen.“
„W-wirklich?“ fragte Anya, und sah zu Nikodemus herüber, der nur kurz nickte. „Oh... dann, ähm, danke, schätze ich.“ murmelte Anya.
„Kein Problem, wenn ich helfen kann, sag mir was ich tun soll.“
„Hm... was meinst du, wie könnten wir Anya attraktiver für Naruz machen?“ fragte Victoria, an den Soldaten gewandt.
„Tja, wir könnten ihr vielleicht die Haare schneiden, Naruz mag ja...“
„Nein!“ fuhr Anya sofort dazwischen.
„Was?“
„Ich sagte nein, ich mag meine Haare so wie sie sind! Und ich werde ganz gewiss nichts an meinem Äußeren verändern, nur um Naruz zu gefallen.“
„Dann ist es dir also egal, wenn er dich nicht beachtet?“
„Ähm... also, so war das nicht gemeint... ich will nur nicht...“
„Schon gut, ich verstehe dich. Also müssen wir den schweren Weg gehen.“ meinte Victoria, und Nikodemus seufzte.
„Den schweren Weg? Wovon redest du?“
„Von der Art, wie du mit Naruz redest, solange du dich nicht vernünftig mit ihm unterhalten kannst, hat das alles keinen Sinn, ich hoffe, du verstehst das.“
„Was ist so schlimm, an der Art wie ich...“ Anya verstummte, als sie die Blicke ihrer Kollegen sah.
„Ich hoffe, dass diese Frage nicht ernst gemeint war.“ meinte Nikodemus, woraufhin Anya das Gesicht verzog.
„Ja, ja, schon gut... aber... aber... ich kann einfach nicht anders!“ platzte es plötzlich aus ihr heraus. „Immer wenn ich mit Naruz rede, fängt mein Herz an schneller zu schlagen, und ich kann einfach nicht klar denken! Dann sage ich halt irgendeinen Blödsinn, um von ihm wegzukommen! Was soll ich dagegen machen?“
„Das... ist eine sehr gute Frage.“ meinte Nikodemus und sah zu Victoria hinüber, die jedoch genauso ratlos aussah wie er.

Bild


„Ich habe keine Ahnung, wir...“
„Worüber redet ihr gerade?“ Victoria verstummte, als sie Naruz' Stimme hörte. Dieser hatte sein Gespräch mit Mizore und Shirayuki unterbrochen, und war zu seinem Team gegangen. Anya lief sofort hochrot an, als er näher kam.
„Oh, bitte nicht.“ murmelte Victoria, jedoch vergebens.
„Nichts, was dich angeht! Hast du nichts wichtigeres, um das du dich kümmern musst?“ fuhr Anya Naruz an, der einfach nur mit den Augen rollte und seufzte.
„Ich wünschte, ich wüsste warum du mich dermaßen hasst. Ist es, weil ich Aynaeth die Bibliothek gegeben habe?“ fragte er, auch wenn er nicht mit einer richtigen Antwort rechnete.
„W-was? H-h-hassen? I-ich...“
„Wie auch immer, ist jetzt nicht so wichtig. Mizore? Das ist der Rest von Team Mantikor, Anya Bladelli, meine Stellvertreterin, und meine zwei Leibwachen Victoria Courtis und Nikodemus Starkas.“
„Heho, schön euch zu treffen.“ meinte Mizore, und winkte ihnen zu.
„Ja... schön Euch zu treffen.“ murmelte Anya, während sie sich innerlich verfluchte. Warum konnte sie nicht einfach normal mit Naruz reden? Am Anfang war ja noch alles in Ordnung gewesen, aber je länger sie in seiner Nähe war, desto schwieriger war es für sie geworden, außerdem hatte sie immer ein seltsames Gefühl, wenn sie mit Naruz sprach. Die wenigen male, die sie sich vernünftig mit ihm unterhalten konnte, hatte sie immer so ein Gefühl, dass er sie wirklich verstand, dass sie auf eine tieferer Ebene miteinander verbunden waren. Es war zwar nicht Liebe auf den ersten Blick gewesen, aber schon bei ihrem ersten Treffen hatte Anya sich auf unerklärliche Weise zu diesem Fremden hingezogen gefühlt, damals konnte sie das Gefühl jedoch noch leicht abschütteln, inzwischen war es jedoch unmöglich.
„Was meinst du, Anya?“ Naruz' Stimme riss sie aus ihren Gedanken, und sie sah sich verwirrt um.
„I-ich, also...“
„Du bist einverstanden?“
„Ja... ja, natürlich.“ antwortete sie, und fragte sich insgeheim, zu was sie sich gerade bereit erklärt hatte, vor allem, da Naruz sie leicht verwundert ansah.
„Bist du... bist du dir da ganz sicher?“ Irgendetwas sagte ihr, dass es besser wäre, ihre Zustimmung zurückzuziehen... allerdings müsste sie dann zugeben, dass sie nicht zugehört hatte, und das passte ihr überhaupt nicht. Also tat sie das, was sie am besten konnte; Naruz anfahren.
„Natürlich bin ich mir ganz sicher! Bist du etwa taub?“
„Schon gut, ich wollte nur sicher gehen, nicht, dass du dich nachher wieder über mich beschwerst. Also gut, lass mich nur schnell meinem Team helfen, die Sachen ins Haus zu bringen, dann können wir unseren Kampf beginnen, Mizore.“
„Wunderbar, ich freue mich schon.“
„Ja, genau... Moment, was?“ entfuhr es Anya, und aus den Augenwinkeln sah sie, wie Victoria und Nikodemus synchron die Hände vors Gesicht schlugen.
„Du hast doch gerade eben gesagt, dass du nichts dagegen hast, wenn ich mich mit Mizore duelliere, hast du das schon vergessen?“ fragte Naruz verwirrt, während er sein Pferd bei den Zügeln packte, und zu einem Haus führte, das am Ende der Straße stand. Es war ein recht großes, aber schlichtes, Gebäude, welches jedoch über einen eigenen Stall für Pferde verfügte.
„Ah ja... natürlich.“ meinte Anya, mit einem falschen Lachen, während sie Victoria panische Blicke zuwarf. Als Naruz sich weite genug entfernt hatte, lehnte sie sich sofort zu ihrer Freundin hinüber. „Zu was habe ich da gerade meine Zustimmung gegeben?“ fragte sie im Flüsterton, woraufhin die blauhaarige Soldatin seufzte.
„Lady Mizore meinte, dass sie gerne Naruz' Können testen würde, ehe sie sich auf die Mission konzentrieren. Sie will wissen, wie gut er ist, und ob er überhaupt das Zeug hat, in einem echten Kampf zu bestehen, sollte die Mission es erfordern. Naruz hat zugestimmt, unter der Bedingung, dass du einverstanden bist, ich glaube, er hat ein wenig Angst vor dir.“
„W-w-was? Angst vor mir?“ rief Anya, leicht panisch, und sah Victoria aus großen Augen an, woraufhin diese anfing zu kichern.
„Keine Sorge Anya, war nur ein Spaß, er wird schon keine Angst vor dir haben. Ihm ist es nur wichtig, dass er deine Zustimmung hat, er will dir nicht zur Last werden, denke ich. Wie auch immer, lass uns schnell die Sachen ins Haus bringen, ich habe noch nie einen Kampf zwischen zwei Botschaftern gesehen.“

Eine Stunde später standen sie alle versammelt auf dem Übungsgelände, der hiesigen Garnison. Die Sachen waren im Haus untergebracht worden, wie es sich herausstellte, war dieses Haus speziell für die Inquisition erbaut worden, und diente ausschließlich deren Dienern als Unterkunft, oder den Gästen eben jener Diener. Es war nichts besonderes, hatte kaum Innenausstattung, aber das brauchte es auch nicht, wichtig war nur, dass es groß genug war, um alle unterzubringen. In der Mitte des Übungsgeländes standen Naruz und Mizore, und musterten einander mit konzentriertem Blick. Naruz' Team, die Eidolons der beiden Botschafter, und ein riesiger Auflauf von Soldaten hatte sich um sie versammelt, um den Kampf zu beobachten. Die meisten von ihnen hatten noch nie in ihrem Leben einen Botschafter der Gaia gesehen, und nun bot sich ihnen die Möglichkeit, gleich einem Übungskampf zwischen zwei Botschaftern beizuwohnen! Der Respekt vor diesen Auserwählten der Göttin hinderte die Männer und Frauen der Wache von Demarech jedoch nicht daran, Wetten auf den Ausgang des Kampfes abzuschließen. Die Wetten waren ziemlich ausgeglichen, es hatte sich herumgesprochen, dass Naruz der Inquisitor war, der Sonjuno erschlagen hatte, weshalb man ihm durchaus Chancen einräumte, Mizore jedoch war eine Schwerttänzerin der Tempelwachen, was bedeutete, dass sie zu den besten Kämpferinnen gehörte, die diesen zur Verfügung standen.
„Dann stehen die Regeln fest?“ fragte Naruz schließlich, und Mizore nickte.
„Ja, deine Teammitglieder halten sich raus, ebenso wie unsere Eidolons, außerdem ist es verboten seinen Gegner schwer zu verletzen, oder zu töten. Bist du damit einverstanden?“
„Natürlich. Sigrun.“ auf Naruz' Wort hin erschien die Valkyre in der Mitte des Platzes, zwischen den beiden Kontrahenten, woraufhin ein Raunen durch die anwesenden Soldaten ging. Zwei Botschafter der Gaia, und gleich drei Eidolons aus dem Himmelreich! Nie hätte jemand erwartet, das Glück zu haben, sie alle auf ein und dem selben Fleck zu sein, zumal es sich beim letzten Eidolon um die Valkyre handelte, welche von Soldaten ganz besonders verehrt wurde.
„Was kann ich für dich tun?“ fragte Sigrun, an Naruz gewandt, auch wenn sie bereits ahnte, worauf das ganze hinauslaufen würde.
„Würdest du mir den Gefallen tun, und über dieses Duell wachen, als Schiedsrichterin? Falls es am Ende Fragen gibt, wer denn nun eigentlich gewonnen hat.“ Sigrun sah zu Mizore hinüber.
„Seid Ihr damit einverstanden?“
„Natürlich, du bist vielleicht Naruz' Eidolon, aber ich habe von dir gehört, du wirst gerecht entscheiden.“
„Gut, dann sage ich nun; Kontrahenten, macht euch bereit!“ Sofort zog Naruz seine beiden Schwerter, und drehte sie in seinen Händen, es war ein unglaubliches Gefühl, diese Waffen in seinen Händen zu halten, es löste eine Art Glücksgefühl in ihm aus, nach allem, was Salvatore ihm gesagt hatte, traf das auf jede Waffe zu, die Analisa hergestellt hatte, es war eine Art Markenzeichen von ihren Produkten, ein kleiner Zauber, der die Träger ihrer Waffen glücklich machte. Agehu Glas und Crocea Mors unterschieden sich äußerlich überhaupt nicht, beide hatten aufwendig verzierte, rote Griffe und silberne, fast schon weiße Klingen, auf denen ein goldener Streifen verlief, in den die Zauber eingebunden waren, die diese Waffen so besonders machten. Jede heilige Waffe hatte andere Zauber in sich, was sie alle zu etwas ganz besonderem machte, dies war auch die einzige Möglichkeit für Naruz, seine Waffen auseinander zu halten, anhand der Zauber, die ihnen innewohnten. Er selbst konnte zwar kaum Magie nutzen, da seine Energie nur sehr schwach war, aber dafür war es ihm ein leichtes die Energie zu benutzen, die den Schwertern innewohnte. Zwar war er damit auf zwei Zauber beschränkt, aber es war besser als nichts. Als Mizore ihre Waffe aus der Scheide zog, verengten sich Naruz' Augen. Die Klinge des Schwerts war beinahe schon durchsichtig, und erinnerte an Eis, jedoch war es nicht das, was Naruz verwunderte, sondern die Magie, die er dank des Artefakts in seinem Auge, in der Waffe sehen konnte. Es war eindeutig, wer diese Zauber gewirkt hatte.
„Ich bin überrascht, ich hätte nicht gedacht, dass du auch eine heilige Waffe trägst, irgendwie laufen mir in letzter Zeit immer mehr Leute über den Weg die eine haben, ich denke schon fast, dass Analisa die Dinger jedem hinterherwirft, der sie besucht.“ meinte Naruz scherzend, und mit einem Lächeln im Gesicht, ein Lächeln, dass Mizore erwiderte, während sie die Klinge vor sich hielt, und sie betrachtete.
„Ich hingegen habe schon gehört, dass du über eine solche Waffe verfügst. Erlaube mir erneut, mich vorzustellen, Mizore, Schwerttänzerin des Sonnenordens, Botschafterin der Gaia und Trägerin des heiligen Schwerts Durendal, dem der Fluch der Skadi innewohnt.“ meinte Mizore, mit einer kleinen Verbeugung in Naruz' Richtung, woraufhin auch dieser sich verbeugte.
„Inquisitor Naruz, Botschafter der Gaia und Träger der Zwillingsklingen Agehu Glas und Crocea Mors, denen der Fluch des Tricksers innewohnt.“
„Sind die Kontrahenten bereit?“ fragte Sigrun schließlich, und die beiden nickten zur Bestätigung. „Dann lasst das Duell beginnen!“ Keiner von ihnen zögerte, als Sigrun das Signal gab, stürmten sie aufeinander zu, so schnell, dass alle Anwesenden Probleme hatten, ihnen mit dem Blick zu folgen, abgesehen von den Eidolons. Naruz schlug mit Crocea Mors, welches sich in seiner linken Hand befand, nach Mizores Schulter, diese parierte den Schlag mit Durendal, und sehr zu Naruz' Überraschung, fing sie auch den Schlag ab, den er mit seinem zweiten Schwert geführt hatte, und zwar mit der Scheide ihrer Waffe. Als Naruz' Blick auf die Schwertscheide fiel, ging ihm auf, dass er einen gewaltigen Fehler gemacht hatte. Sofort sprang er zurück, und gerade noch rechtzeitig. Aus der leeren Scheide schoss eine Klinge, die vollkommen aus Eis bestand und durchbohrte die Luft dort, wo gerade noch seine Schulter gewesen war. Er hatte Mizore falsch eingeschätzt, sie und ihre Waffe. Sie kämpfte nicht mit einem Schwert, sondern mit zwei Klingen, so wie er selbst. Sein neues Auge zeigte ihm, dass dieses magische Eis nicht so leicht zerbrechen würde, man könnte damit problemlos eine Plattenrüstung durchbohren. Allerdings würde das nicht mehr funktionieren, jetzt, wo er den Zauber einmal gesehen hatte und wusste, was dieser machte, wäre es ein leichtes für ihn, das Schwert unbrauchbar zu machen. Mit einer kurzen Geste veränderte er die Formel im Zauber, der auf Durendal lag, und lächelte zufrieden, nun würde Mizore sich ganz auf ihr Talent als Schwertkämpferin verlassen müssen... zumindest dachte er das. Als er sah, was da gerade mit dem Schwert geschah, seufzte er, woraufhin Mizore ihn fragend ansah.
„Analisa hat sich mit deiner Waffe selbst übertroffen.“ meinte Naruz, und sah missmutig zu ihrer Klinge hinüber, woraufhin Mizore ihn nur weiterhin fragend ansah.
„Wovon redest du?“
„Nicht so wichtig.“ murmelte Naruz, und ging erneut zum Angriff über. Natürlich, Mizore konnte es nicht sehen, aber für ihn war es ein leichtes zu erkennen, was Analisa vollbracht hatte. Es war ihr irgendwie gelungen Durendal eine Art eigenes Leben einzuhauchen, das Schwert reagierte auf Naruz' Veränderung der Zauberformel, und passte sich dem an! Es passte sich an die neue Formel an, nahm den Teil, der neu war in sich auf, und kreierte eine ganz andere Formel, in welcher der neue Teil kein Fremdkörper war, sondern ein wichtiger Teil des Zaubers! Den Zauber auf der Klinge würde er also nicht brechen können, er musste sich wohl damit begnügen zu wissen, dass er zumindest alle anderen Zauber der Schwerttänzerin verhindern konnte. Wieder parierte Mizore seine Schläge, und ging zum Gegenangriff über, dieses mal schoss eine Lanze aus Eis hinter Naruz aus dem Boden, und hätte ihn wohl durchbohrt, wenn er sie nicht rechtzeitig bemerkt hätte. Kaum trat das Eis aus dem Boden, veränderte er auch schon die Struktur des magischen Eises, woraufhin dieses sofort in tausend kleine Splitter zerfiel, ohne auch nur in seine Nähe zu kommen. Das beruhigte Naruz, anscheinend war wirklich nur das Schwert selbst immun gegen seine Veränderungen, das Eis, welches vom Schwert kreiert wurde, hingegen, konnte er trotzdem noch spielend leicht vernichten. Mizore schien sich davon jedoch nicht beunruhigen zu lassen, sondern ließ nun einen wahren Hagel von Schlägen auf Naruz niedergehen, und dieser musste sich ziemlich bemühen, diese Angriffe abzuwehren. Plötzlich duckte er sich unter einem Schlag hindurch, anstatt zu parieren, und trat nach Mizores Beinen, woraufhin diese nach hinten sprang um auszuweichen. Aber Naruz hatte sein Ziel bereits erreicht, er hatte Abstand zwischen sich und die Tempelwächterin gebracht. Während Mizore ihn vorsichtig beobachtete, und darauf wartete, dass er wieder angreifen würde, ging Naruz in die Knie, und rammte Crocea Mors in den Boden, ehe er wieder aufstand und einen Schritt zurücktrat.
„Was soll das?“ fragte Mizore verwirrt. Die Frage beantwortete sich jedoch schon von selbst, plötzlich traten fünf dunkle Linien aus dem goldenen Teil des Schwerts hervor, und begannen sich zu manifestieren, kurze Zeit später standen fünf Schatten vor Mizore, die aussahen wie Naruz, wenn man davon absah, dass sie vollkommen dunkel waren, und kein Gesicht hatten, jeder der Schatten hielt lediglich ein Schwert in der Hand. Sofort rannten die Schatten los, und verteilten sich um sie herum, während Naruz weiter hinten blieb, und nur zusah, zumindest schien es so, aber Mizore erahnte, dass er in Wirklichkeit vollkommen damit beschäftigt war, diese Schatten zu steuern. Plötzlich stürmten drei der Schatten vor, während die anderen beiden sich über den Platz verteilten. Mizore hob ihr Schwert, um den Schlag des ersten Schattens zu parieren, zu ihrer Überraschung fuhr die Waffe jedoch durch ihre Klinge hindurch, und nicht nur das, sie fuhr auch durch Mizore selbst, ohne den geringsten Schaden zu verursachen! Das selbe geschah mit den Waffen der anderen Schatten, nicht einer von ihnen ließ sich parieren, und nicht einer von ihnen richtete Schaden bei ihr an.
„Was soll das werden?“ fragte sie, leicht ungehalten, an Naruz gewandt, und ignorierte die Schatten, welche erneut angriffen, und durch sie hindurchgingen, ohne dass sie überhaupt etwas davon merkte. „Wenn du glaubst, dass du mich solange langweilen kannst, dass ich aufgebe, hast du dich geirrt. Ich habe gehört, dass du ein Unentschieden gegen Salvatore Doni erzielt hast, und er gilt als ein guter Kämpfer, aber falls dass hier alles ist, was du...“ Mizore brach ab, als Naruz plötzlich lächelte, mit seinem Schwert ausholte, und einen Schlag von oben nach unten ausführte. Nun war sie erst recht verwirrt, er war viel zu weit entfernt, um sie zu treffen. Während sie noch darüber nachdachte, war Naruz plötzlich verschwunden, an seiner Stelle stand einer seiner Schatten, und Mizore riss die Augen auf, als sie verstand, was gerade geschah, und als ihr aufging, was die Zauber in Naruz' Zwillingsklingen waren. Sofort sprang sie nach vorn, und das gerade rechtzeitig, denn Naruz stand plötzlich direkt hinter ihr, und verfehlte sie um Haaresbreite mit seinem Schlag, er stand dort, wo sich eben gerade noch einer seiner Schatten befunden hatte! Kaum hatte Mizore sich aufgerichtet, war Naruz auch wieder verschwunden, und ein weiterer Schatten stand an seiner Stelle. Instinktiv wirbelte Mizore herum, und hob ihr Schwert, wodurch sie geradeso einen Schlag von Naruz parierte, der erneut hinter ihr aufgetaucht war. „Das ist eine äußerst nervige Technik.“ murmelte sie, während drei Schatten aus verschiedenen Richtungen auf sie zu rannten. Sie richtete die Scheide ihrer Waffe auf Naruz, und erneut schoss eine Klinge aus Eis aus ihr hervor, jedoch durchbohrte sie lediglich einen seiner Schatten. Damit hatte sie allerdings gerechnet, und schlug mit ihrem Schwert nach rechts, wo Naruz plötzlich erschienen war. Er riss erstaunt die Augen auf, als er sah wie die Klinge auf seinen Kopf zuraste. Bevor er jedoch getroffen wurde, befand er sich plötzlich auf Mizores linker Seite, und sie musste sich nach hinten beugen, um seinem Stich auszuweichen. Ohne zu zögern wirbelte sie zur Seite, und trat nach Naruz, dieser war jedoch wieder verschwunden, dieses mal stand er in einiger Entfernung zu ihr, dort, wo einer der beiden Schatten gewesen war, die sich aus dem Kampf rausgehalten hatten. Mizore ließ ein frustriertes Knurren hören, allem Anschein nach, gab es keine Beschränkung für Naruz, wenn es darum ging seinen Platz mit einem der Schatten zu tauschen, und es geschah sofort, wie sollte sie dagegen kämpfen? Plötzlich hatte sie eine Idee, ihr Blick wanderte dorthin, wo Naruz das Crocea Mors in den Boden gerammt hatte, allerdings war das Schwert nicht mehr da, woraufhin Mizore aufseufzte. Eine solche Schwachstelle wäre auch zu schön gewesen. Während sie noch überlegte war Naruz plötzlich wieder direkt vor ihr, und stach nach ihrer Schulter. Mizore konnte geradeso mit einer Drehung nach links ausweichen, und brachte ein wenig Abstand zwischen sich, Naruz und sämtliche Schatten, um ein wenig mehr Zeit zum überlegen zu haben. Langsam nahm sie den Stiel des Bonbons in ihrem Mund, und zog ihn heraus, der Bonbon selbst war bereits weg, und es handelte sich nur noch um den Stiel. Mizore schnippte ihn zur Seite, und plötzlich sah sie vollkommen konzentriert aus. Ihr Blick wanderte zu den verschiedenen Schatten, wie, um sich zu merken wo jeder von ihnen stand. Dann steckte sie Durendal in seine Scheide, und schloss die Augen, während sie ihre Hände vor sich ausbreitete, um einen Zauber zu wirken. Naruz lächelte siegessicher, als er das sah, und stürmte nach vorn, um den Kampf zu beenden, Zauber wirkten nicht bei ihm, also könnte er... plötzlich stoppte Naruz, und er starrte Mizore einfach nur an, mit aufgerissenem Mund, und einem leicht verträumten Ausdruck im Gesicht. Ehe er etwas tun konnte, riss Mizore die Augen auf, und plötzlich schossen dutzende Eisspeere aus dem Boden vor Naruz, und einem jeden seiner Schatten. Die Speere stoppten unmittelbar vor seiner Kehle, und glitzerten bedrohlich in der Sonne. Stille kehrte auf dem Platz ein, dann meldete sich Sigrun zu Wort.
„Die Siegerin ist Mizore, aus dem Sonnenorden!“ verkündete sie, woraufhin Jubel unter den Soldaten aufbrandete, und sie applaudierten. Die Eisspeere verschwanden, und Mizore ging zu Naruz hinüber. Die Schatten lösten sich ebenfalls auf, und Crocea Mors erschien wieder dort, wo Naruz es in den Boden gerammt hatte. Mit einem Seufzen zog er die Klinge aus der Erde, und steckte sie weg, zusammen mit seiner zweiten Waffe.
„Danke für den Kampf, Naruz.“ meinte Mizore, als sie ihn erreicht hatte, und hielt ihm wieder ihre Hand hin, in die Naruz einschlug.
„Ich danke dir auch, das war ein... interessanter Kampf.“ sagte er, und schüttelte kurz den Kopf.
„Mach dir keine Sorgen, dass du gegen mich verloren hast, du warst nah dran zu gewinnen.“ Mizore tätschelte Naruz den Kopf, während sie das sagte, und sah äußerst zufrieden mit sich aus. „Deine Schwerter sind wirklich eine Klasse für sich, ich meine, ich kann auch ohne Durendal Eismagie wirken, nicht so mächtige, aber trotzdem. Aber das was deine Klingen da machen... davon habe ich noch nichtmal gehört.“
„Ja, es ist ein alter Zauber, den Analisa in den Alabaster Ruinen gefunden hat, anscheinend ist das Wissen über ihn im Laufe der Zeit verloren gegangen. Nun, bis Analisas Expedition in den Ruinen ihn wieder entdeckt hat.“
„Oh, das erklärt einiges. Wie auch immer, du scheinst gut auf dich selbst aufpassen zu können, das ist gut, werde ich immerhin nicht gezwungen sein, auf dich aufzupassen, falls es während des Auftrags zu kämpfen kommt. Bei euch Inquisitoren weiß man ja nie, ob ihr kämpfen könnt oder nicht. Aber gut, lass uns zum Hauptquartier gehen, dann werde ich euch sagen, was ich bisher rausgefunden habe, komm, Shirayuki!“ mit diesen Worten wandte Mizore sich ab, und verließ das Übungsgelände, unter dem tosenden Applaus der Soldaten. Naruz stand noch eine Weile in der Mitte des Platzes, bis er plötzlich bemerkte, wie sein Team und seine Eidolons zu ihm kamen.

Bild
Das ist Demarech im Spiel... ziemlich klein, zu klein für meinen Geschmack, also ist es in der Geschichte ein wenig größer


„Was ist passiert? Wieso hast du verloren?“ fragte Anya, und stellte damit die Frage, die ihnen allen ins Gesicht geschrieben stand.
„Also...ähm...“ meinte Naruz, lief rot an, und wandte den Blick ab, was Anya verwunderte, so hatte sie Naruz noch nie gesehen.
„Nun? Was ist passiert? Ich dachte, du kannst Magie sehen und zunichte machen, und das problemlos. Beim Eisspeer davor hatte es doch auch funktioniert, und auch in den Übungskämpfen, die wir nach deiner... Operation hatten, gab es keine Probleme.“
„Nun ja... ich hätte ihren letzten Zauber sicherlich ohne Probleme verhindern können.“
„Aber?“
„Aber... ach, vergessen wir es, kommt, lasst uns Mizore folgen.“ meinte Naruz, lächelte, und setzte sich in Bewegung, kam jedoch nicht weit. Nikodemus stellte sich ihm in den Weg, zusammen mit Serif und Sigrun, sogar die Valkyre schien an seiner Antwort interessiert zu sein. Während Naruz noch verzweifelt seufzte, stellten sich auch Anya und Victoria in seinen Weg.
„Glaube nicht, dass du um eine Antwort herumkommst!“ fuhr Anya ihn an. „Also, was ist jetzt, warum hast du den Zauber nicht verhindert, und das Duell absichtlich verloren?“
„Weil... weil... ach verdammt, es hat ja doch keinen Zweck euch nichts zu sagen.“ meinte Naruz, und wirkte ziemlich ungehalten. „Weil sie so wunderschön war.“ murmelte er schließlich kleinlaut, unter den bohrenden Blicken seines Teams.
„W-w-w-was? F-f-f-findest du w-w-wirklich?“ stotterte Anya, und fühlte sich gerade so, als wenn ihre ganze Welt zusammenbrechen würde.
„Ja, natürlich.“
„A-also ich finde, es gibt durchaus schönere.“ meinte Anya, lief rot an, und räusperte sich, ehe sie fortfuhr. „W-warum findest du sie so schön? S-sind es ihre Haare?“
„Wovon redest du?“
„Wie bitte?“ fragte Anya, und blinzelte verwirrt. „Wovon redest du?“
„Von der Zauberformel natürlich.“ meinte Naruz, und sah Anya verwirrt an.
„Der... Zauberformel?“ Naruz nickte.
„Die Formel, für ihren Eizauber am Ende, sie war einfach wunderschön, es war... ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll, wenn ihr Magie sehen könntet, wüsstet ihr was ich meine. Ich konnte einfach nicht anders, als dem Zauber zuzusehen, es war mir egal, ob ich verliere oder gewinne, ich wollte einfach nur der Magie zusehen.“ sagte Naruz, und bekam einen verträumten Gesichtsausdruck.
„...“
„Ist alles in Ordnung, Anya?“
„Die Zauberformel...“
„Ja, was dachtest du denn?“ Naruz war von Anyas Reaktion beeindruckt, er hätte nie erwartet, dass sie so rot werden konnte.
„B-b-b-baka!“ rief sie, und schlug ihm mit ihrer Faust auf den Kopf, ehe sie sich abwandte, und in Richtung 'Hauptquartier' davonrannte.
„Autsch!“ rief Naruz, und rieb sich den Kopf. „Was sollte das?“ fragte er murmelnd, an die anderen Anwesenden gewandt. „Was ist denn mit Anya los?“
„Weißt du, Naruz...“ begann Serif, während Nikodemus seufzte, Sigrun anfing zu kichern, und Victoria kopfschüttelnd hinter Anya herlief. „Dieses eine mal, muss ich Anya zustimmen, sie hat das perfekte Wort für dich gefunden; Baka.“
Zuletzt geändert von Mimir am 6. Juli 2014 00:55, insgesamt 1-mal geändert.
Bild

Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368

Benutzeravatar
Vanidar
Signifer
Signifer
Beiträge: 487
Registriert: 5. Dezember 2010 20:41
:
AAR-Schreiber

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 5. Juli 2014 19:01

22. Bel Chandra - Die Kaiserin der Schmerzen (Öffnen)
22. Bel Chandra – die Kaiserin der Schmerzen


Bild

Östlich von Demarech, quälte sich eine müde und vollkommen fertige Saeca einen irgendwie immer größer werdenden Berg hinauf. Vor ihr ging Aleyandra in ihrem blauen, mit Federn und Schmucksteinen verzierten, Kleid. Die Botschafterin Gaias zeigte keinerlei Anzeichen von Erschöpfung, obwohl sie schon den ganzen Tag ohne erkennbares Ziel durch diese verfluchten Berge irrten. Saeca beneidete inzwischen sogar schon Alessa und Merilee, die wenigstens nicht laufen mussten, sondern einfach über ihren Köpfen schwebten. Merilee war es in der Zwischenzeit gelungen ihren kleinen Kampf zu gewinnen und saß fröhlich auf dem Rücken des vollkommen fertigen Einhornfohlen. Der schmale Pfad führte sie immer weiter an der Flanke des Berges entlang. Aleyandra schien wirklich bis zur Spitze gehen zu wollen, was Saeca die Tränen in die Augen trieb, aber da sie nicht nerven wollte, versuchte sie es mit einem anderen Thema.
„Ich hätte nicht geglaubt, dass sie Naruz-Senpai besiegen könnte. Er wirkte so mächtig! Ich dachte wirklich, dass er sie in dem Moment genau da hatte, wo er sie haben wollte. Aber ihre Magie schien wohl letztendlich doch zu mächtig gewesen zu sein.“ nachdenklich blickte Saeca sich kurz um und sah hinter sich am Horizont Demarech, wo Naruz und sein Team vermutlich gerade gemütlich Dangos aßen und Tee tranken...die Welt war so ungerecht. Seit sie Naruz Kampf gegen die Schwerttänzerin beobachtet hatten, marschierten sie durch die Berge, anstatt wie bisher Naruz Team zu verfolgen, worin sie inzwischen übrigens erstaunlich gut waren. „Sie muss sehr beeindruckend sein, wenn sie dazu in der Lage ist jemanden wie Naruz-Senpai zu besiegen, meinst du nicht auch, Onee-chan?“
„Er hat diese Frau absichtlich gewinnen lassen, das ist alles. Wenn er Ernst macht, könnte sie nicht mit ihm mithalten. Er würde sie einfach wegfegen und überrennen.“ murmelte Aleyandra mehr zu sich selbst, als zu dem verwirrten Mädchen. Um ehrlich zu sein, hatte sie Saecas Anwesenheit bereits ausgeblendet und hörte ihr nur noch halbherzig zu. In Gedanken befand sie sich bei dieser Mizore und Naruz verträumtem Gesichtsausdruck, als er sie angestarrt hatte. Ein Ausdruck, der sie noch immer rasend machte. Wie konnte er es wagen jemanden so anzusehen! Würde er sich einfach nur irgendeine Ablenkung suchen, würde es vielleicht noch verstehen aber dieser Blick weckte sofort ihren Kampfeswillen. Eine weitere Kontrahentin war auf dem Schlachtfeld der Liebe aufgetaucht und trachtete danach das Herz von Naruz mit ihrem albernen Schwert zu durchbohren. In Gedanken arbeitete Aleyandra bereits an einer Verteidigungsstrategie, um diese Mizore abzuwehren. Die Streitmächte der ewig währenden Liebe würden sich hinter ihr versammeln und die dreiste Angreiferin vor den undurchdringlichen Mauern einer rosaroten Festung zerschmettern. Sie wusste nur noch nicht genau, wie sie das anstellen sollte. „Naruz ist in der Lage die Natur der Magie zu verändern. Er kann sogar die Struktur eines Zaubers erkennen und ihn komplett auslöschen, aber er hat es bei ihr nicht getan.“
„Wirklich? Von so etwas habe ich noch niemals gehört! Woher weißt du das alles, Onee-chan? Du hast dich doch kaum mit Naruz-Senpai unterhalten seit wir uns kennen und damals auf unserer Reise nach Navea, hast du dauernd von ihm erzählt, aber niemals von dieser tollen Fähigkeit.“
„Ich habe diesen Nikodemus ausgefragt, als er mir die Nachricht von Naruz Aufbruch gebracht hat. Er war erstaunlich redselig und ich musste nicht lange fragen, bis er es mir erzählt hat.“
„Oh, ach ja, der. Er schien nett zu sein, wie die anderen aus Naruz Team. Vielleicht sollten wir zu ihnen in die Stadt gehen, anstatt hier durch die Wildnis zu irren?“
„Bist du wahnsinnig geworden, Saeca?“
„Aber ich bin sicher Naruz versteht es! Immerhin erledigst du nur einen Auftrag hier und es wäre sicherlich leichter ihn zu überwachen, wenn du in seiner Nähe sein kannst, oder etwa nicht?“ Außerdem habe ich kaum noch etwas zu Essen dabei, fügte Saeca traurig in Gedanken hinzu. Sie hatte gehofft ihre Vorräte in Demarech aufzufüllen, aber sie waren so schnell weitergezogen, dass dafür keine Zeit mehr geblieben war und jetzt knurrte ihr Magen fürchterlich.
„Nein, er würde es sicher nicht verstehen, sondern sofort merken, dass ich den Auftrag nur erfunden habe. Wenn er bemerkt, dass ich ihm jetzt auch noch überall hin folge...dann wird er mich endgültig für verrückt halten und das Risiko kann ich nicht eingehen. Also gewöhn dich daran von jetzt an im Freien zu übernachten, denn von Demarechs Gasthäusern halten wir uns erst mal eine Weile fern.“
„Wo gehen wir überhaupt hin, Onee-chan? Wir sind schon den ganzen Tag unterwegs und ich bin müde und habe Hunger! Hier draußen gibt es nichts! Ich dachte, du wolltest nur nach Demarech, um Naruz zu beschatten, also was suchen wir dann hier?“ eine Frage, die Saeca schon ungefähr hundert Mal gestellt hatte, aber Aleyandra ignorierte das quengelnde Mädchen weiterhin und ging zielstrebig weiter bergauf „Oneeeeee-chaaaaaannnnnnn!“
„Sei bitte endlich ruhig, Saeca. Das hier ist eine ernste Angelegenheit und wenn du nicht in der Lage bist, dich zusammen zu reißen, dann lasse ich dich von Merilee zurück nach Navea bringen.“ Aleyandra klang genervter, als sie eigentlich wollte, aber sie hatte im Moment wirklich andere Probleme als Saecas kleinliche Sorgen „Benimm dich bitte für eine Weile, ja? Ansonsten kann ich dich in Zukunft nicht mehr auf meine Aufträge mitnehmen. Willst du etwa ganz alleine in Navea warten, ohne Geld um dir Dangos zu kaufen?“
„N-nein! E-e-es tut mir leid, Onee-chan! I-ich...ich...es...du...“
„Wenn du unbedingt eine Antwort willst: Ich habe keine Ahnung was ich hier gerade mache oder wo wir hingehen. Beruhigt dich das etwas?“
„Kein bisschen! Wieso sind wir dann überhaupt hier?“
„Ich habe so eine Ahnung, ein Gefühl, dass mich in diese Richtung treibt. Auf dem Berg ist etwas und ich will wissen, was es ist.“ mehr sagte Aleyandra nicht dazu, sondern ließ sich weiter von diesem eigenartigen Gefühl den Berg hinauf locken. Es war bereits spät am Nachmittag, als sie endlich die Spitze des Berges erreichten und Saeca erleichtert aufatmete. Auf dem Gipfel, befand sich etwas das wirkte wie die eingefallenen Überreste eines uralten Tempels. Zerschmetterte und verfallene Säulen aus gelblichem Marmor erhoben sich überall und Aleyandra ging auf sie zu. Das lockende, drängende Gefühl war verschwunden und führte sie nicht mehr länger, denn sie war an ihrem Ziel angelangt. Plötzlich erschien zwischen den Säulen ein heller, blauer Kristall, der vor ihr in der Luft schwebte und Aleyandra an etwas erinnerte, was sie vollkommen vergessen hatte. Der Mondtempel von Demarech! Aleyandra versuchte verzweifelt sich umzudrehen und wegzurennen, bevor die Falle zuschnappen konnte, in die sie ahnungslos gerannt war, aber zu spät. Sie war nicht mehr in der Lage sich zu bewegen, genauso wenig wie Saeca oder ihre Eidolons. Alle standen sie einfach nur noch vor dem leuchtenden Kristall und sahen mit an, wie er sich plötzlich schwarz verfärbte.
Der Kristall wurde immer dunkler, bis er das gesamte Licht in der Ruine zu verschlingen schien und zu einem Strudel aus Finsternis zerbarst. Wogen aus grenzenlosem Hass schlugen über Aleyandra zusammen und ließen sie tatsächlich voller Angst kurz aufschreien, denn sie der Hass war zu furchtbar, um ihn zu ertragen. Was immer dort lauerte, es wollt sie vernichten, restlos. Sie in die Dunkelheit zerren, von den Schatten verschlingen lassen und auf Ewig in dieser Finsternis leiden lassen. Aber es erschienen keine schattenhaften Hände oder furchtbaren Dämonen, die sie in den schwarzen Strudel zerrten, stattdessen, erschienen direkt vor ihr zwei Gestalten, die sie unschwer als Eidolons identifizierte. Der eine, war ein gewaltiger Zentaur in einer bronzenen Rüstung und mit einem Helm, an dem zwei lange Hörner befestigt waren. In seinen Händen hielt er zwei Beile, die so lang waren wie Aleyandras Arme. Die andere Gestalt, wirkte deutlich weniger bedrohlich. Es war eine schlanke, normal große, Frau mit blaugrauer Haut. Das Gesicht konnte Aleyandra nicht wirklich erkennen, denn sie trug einen übertrieben großen, roten Helm der die obere Hälfte ihres Gesichts verbarg und eine schwere, rote Rüstung bedeckte ihre Schultern und Arme.
Bild
Bild
Bild

„Du kannst ihn spüren, nicht wahr?“ fragte die Frau und eine unglaubliche Vorfreude schwang in ihrer fast schon verführerischen Stimme mit, brachte sie sogar dazu, erwartungsvoll zu Lächeln. Ihre Augen konnte Aleyandra aufgrund des Helms noch immer nicht erkennen, aber es war eindeutig, dass sie sich bereits darauf freute zu sehen, wie diese Dunkelheit sich auf Aleyandra stürzte und sie tötete. „Das, was dort lauert, ist der angekettete Geist meines geliebten Bruders, Fenris.“
„F-fenris?“ stammelte Aleyandra und sofort wusste sie, dass ihre Angst nicht unbegründet war. Fenris und seine Eidolongeschwister hatten sie in eine Falle gelockt!
„Der Götterverschlinger, der dich eines Tages in Stücke reißen wird und in deinem Blut badet, Schlächterin. Wenn unser Rudelführer ihn nicht angekettet hätte, würde Fenris sich sofort auf dich stürzen. Du hast Glück, dass mein Bruder derzeit nicht in der Lage ist dich anzugreifen, denn er würde es ohne zu zögern tun, egal ob der Rudelführer es untersagt, oder nicht und ich würde ihm dabei helfen deinen schlanken, widerlichen Hals umzudrehen.“
„Beruhige dich endlich wieder, Bel Chandra.“ murmelte der erstaunlich ruhige Zentaur. Außerhalb eines Kampfes wirkte er immer ruhig und gelassen, trotz seines furchterregenden Anblicks. Nur wenn er Blut roch, wurde er zu einem der mächtigsten Krieger der Welt und vernichtete alles was sich ihm in den Weg stellte ohne nachzudenken. „Hast du etwa vergessen was Tigerius uns gesagt hat? Sie ist eine Jägerin und damit eine von uns.“
„Ein Jäger tötet um zu überleben, Bahadur!“ keifte sie zurück und schien nicht gewillt zu sein sich zu beruhigen oder davon abzulassen über Aleyandra herzuziehen „Ein Jäger tötet, um zu Fressen, ein Krieger tötet, um dem Tod zu entgehen, aber diese...Kreatur, hat nur aus Spaß getötet. Sie ist keine Jägerin, sie ist eine Schlächterin, eine Mörderin.“
„Es war wirklich kein ehrenwerter Kampf, da hast du Recht.“ stimmte ihr der Zentaur namens Bahadur letztendlich zu und musterte Aleyandra eine Weile aufmerksam, bevor er sich direkt an sie wandte „Wie siehst du das, Kleine? Denkst du dein Kampf gegen Yuki Akashi war gerecht und ehrenvoll?“
„Nein, das denke nicht...“ flüsterte Aleyandra so leise sie konnte und versuchte zu verbergen wie sehr Fenris Hass sie einschüchterte. Wenn sie ganz genau hinhörte, glaubte sie sogar sein wütendes Knurren aus der Dunkelheit heraus zu hören und das brachte all die Erinnerungen an Yuki Akashi zurück „Aber ich habe gewonnen und alles andere zählt nicht mehr. Wenn ihr mich dafür töten wollt, dann löst wenigstens die magischen Fesseln, damit ich mich verteidigen kann.“
„Wir werden sehen, was unser Meister dazu sagt, sobald er hier eintrifft. Lass dich nicht von ihr verunsichern, sie liebt Fenris, auch wenn sie es niemals zugeben würde. Es bereitet ihr Schmerzen, ihn so zu sehen und obwohl Bel Chandra normalerweise den süßen Schmerz liebt, kann sie mit diesem nicht umgehen, denn er sitzt tief in ihrer Seele und peinigt sie von Innen heraus. Unser Anführer wird letztendlich entscheiden, was mit dir passiert und ob du Schuld an Fenris Leid trägst.“
„Er wird sie uns fressen lassen.“ verkündete die Frau voller Vorfreude und ignorierte alles was der Zentaur sagte, sie konnte es kaum erwarten bis dieses Monster, das die Seelenpartnerin ihres Bruders abgeschlachtet hatte, endlich tot war „Ich bin schon gespannt darauf wie dein Fleisch schmeckt, rotäugige Missgeburt. Noch nie habe ich das Blut der Kinder Serenas gekostet. Es heißt in euren Adern fließen die Strahlen des Mondes und die Rastlosigkeit der Sterne.“
„Ignorier sie einfach. Sie hat noch niemals jemanden gefressen und wird jetzt sicher nicht damit anfangen. Es macht ihr nur Spaß dir Angst einzujagen und dich zu verunsichern.“
„Was redest du da? Ich werde sie eigenhändig in Stücke reißen und an meinen Bruder Fenris verfüttern! Ich werde...!“ Bel Chandra verstummte, als zwischen den beiden Eidolons ein drittes erschien, der schwarze Strudel sich endlich auflöste und wieder zu einem einfachen, harmlosen Kristall wurde, was Aleyandra erleichtert aufatmen ließ, aber nicht für lange. Aus dem Kristall war ein Tiger hervorgetreten. Sein Rücken und seine Beine waren mit einem seltsamen, glänzenden Metall verschmolzen und selbst seine langen Krallen schienen daraus zu bestehen. Er überragte Aleyandra um ein gutes Stück und am liebsten wäre sie ängstlich vor ihm zurückgewichen. Zwei lange Reißzähne ragten aus seinem Maul hervor und die Augen leuchteten wie die aufgehende Sonne. Langsam schritt der massige Tiger auf sie zu und blieb direkt vor Aleyandra stehen. Sein riesiger Kopf näherte sich ihr und für einen Moment befürchtete sie schon, dass der große Tigerius Cäsar sie einfach fressen würde. Er könnte ihr mit einem einzigen, kurzen Biss den Kopf abreißen wenn er wollte, aber er tat es nicht. Stattdessen schien er nur an ihr zu riechen und betrachtete sie genauer.

Bild
Ich habe kein besseres Bild gefunden...

„Ich rieche deinen Schmerz, kleine Jägerin. Deine Verzweiflung, deinen Tod und deine Zukunft.“ Tigerius Stimme klang erstaunlich sanft und freundlich, dafür dass er das mächtigste Raubtier der Welt sein sollte. Ruhig sah er sie weiterhin an und Aleyandra war einfach nur sprachlos als sie seine gewaltige Macht spürte. Wenn er sie tot sehen wollte, könnte sie es niemals mit ihm aufnehmen, vermutlich könnte sie keine einzige Sekunde gegen so einen Gegner standhalten. „Ich rieche dein Schicksal und selbst ich, schrecke davor zurück, denn es ist voller Dunkelheit und Leid, genau wie deine Vergangenheit und deine Gegenwart. Sag mir, willst du dein Schicksal ändern?“
„Ich...“ fast hätte Aleyandra gefragt wie ihre Zukunft und ihr Schicksal überhaupt aussahen, aber etwas hielt sie davon ab. Er schien eine Antwort zu erwarten und keine Gegenfrage und sie wollte nicht das einzige Wesen verärgern, das zwischen ihr und Fenris stand „Ja, das will ich, mehr als alles andere.“
„Dann werde ich dir helfen, kleine Jägerin. Ich werde dich vom deinem Leid erlösen und dir dieses Schicksal ersparen.“ Aleyandra glaubte fast das ihr Herz stehen blieb, das klang fast so, als würde er es für das beste halten sie umzubringen! Tigerius wandte sich von ihr ab und sah die Frau mit der blaugrauen Haut an, die Aleyandra so gerne tot sehen wollte. „Chan?“
„Ja, Tigerius-sama?“ fragte die Frau voller Vorfreude. Durfte sie das nervige Mädchen jetzt endlich ihrem Bruder vorwerfen und ihn Rache nehmen lassen?
„Du wirst die kleine Jägerin von jetzt an begleiten und als ihr Eidolon dienen.“
„W-was?“ sie verlor vollkommen die Fassung und plötzlich siegte ihr Hass, gegen ihre Furcht und ihren Respekt gegenüber Tigerius. Das konnte er nicht ernst meinen! Niemals würde sie das Eidolon dieser Mörderin werden. „Sie hat Fenris Seelenpartnerin abgeschlachtet und ich soll ihre Dienerin spielen? Das werde ich ganz sicher nicht, niemals. Ich...“
„Du wirst noch heute deine Seele mit ihr verbinden und ihr treu und gut dienen. Deine spirituelle Macht, dürfte ihr helfen, sich und den Blutrausch der sie plagt besser unter Kontrolle zu behalten.“ Tigerius goldene Augen bohrten sich in Bel Chandras Seele und schon nach wenigen Augenblicken brach ihr Widerstand „Hilf ihr dabei, ihr Schicksal zu ändern, ansonsten wirst du es sein, die bald gefressen wird.“
„Ja, Tigerius-sama.“ murmelte sie und senkte den Blick, auch wenn sie noch immer vor Wut und Hass zitterte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verschwanden der Zentaur und Tigerius, mitsamt des Kristalls und der magischen Starre, die Aleyandra und ihre Begleiter befallen hatte. Nur die Frau blieb zurück und biss sich auf die Unterlippe, um es sich zu verkneifen sofort loszufluchen. Tigerius beobachtete sie vermutlich noch immer und das machte sie fertig.
„Ich freue mich dich kennenzulernen, Chan und bin sicher wir werden...“ begann Aleyandra vorsichtig und war auf die Frau zugegangen, aber kaum wollte sie ihr neues Eidolon begrüßen, als leuchtende, blaue Blitze in ihren Körper fuhren und sie zu Boden warfen. Sofort war die sprachlose Saeca neben ihr. Die Armani wusste nicht wirklich, was sie von der ganzen Situation halten sollte und entschloss sich zum Glück einmal dazu still zu sein. Langsam half sie der schockierten Aleyandra auf, die noch immer keine Ahnung hatte, was gerade passiert war. „W-was s-s-sollte das?“
„Mein Name ist Bel Chandra, Kaiserin der Schmerzen, des Leids und der Lust, und nicht Chan. Wenn du mich noch ein einziges mal so nennst, wirst du erfahren, was es wirklich bedeutet Schmerzen zu leiden. Haben wir uns verstanden, du widerliches Weißhaar?“
„S-solltest du nicht netter zu mir sein? Immerhin bist du von jetzt an mein Eidolon.“ kaum hatte Aleyandra ausgesprochen, als auch schon wieder Blitze durch ihren Körper zuckten und sie erneut zu Boden warfen.
„Noch, bist du nur ein nerviges, hässliches Mädchen. Erst wenn wir unsere Seelen miteinander verbinden, bin ich dein Eidolon und muss dir gehorchen. Aber bis dahin, kann ich doch sicher noch ein wenig Spaß mit dir haben, oder? Vielleicht sollten wir einfach noch ein paar Tage warten, bevor wir unsere Seelen verschmelzen, damit ich dich so richtig schön leiden lassen...“ Irgendwo über ihnen erklang ohrenbetäubendes Gebrüll und Bel Chandra zuckte ängstlich zusammen. Mit Tigerius wollte sie sich lieber nicht anlegen, also seufzte sie genervt und fügte sich ihrem Schicksal. Bel Chandra streckte ihre gepanzerte Hand aus, um Aleyandra aufzuhelfen und sammelte ihre magische Kraft, um gleichzeitig ihre Seelen miteinander zu verbinden. Kaum berührten Aleyandras Fingerspitzen das Eidolon, versank die Welt um die Auserwählte Gaias herum in Finsternis und sie verlor das Bewusstsein.

Yggdrasil - Hauptstadt der Alfar, mehr als sieben Jahre zuvor

Bild
Bild

„Sobald wir aus der Stadt entkommen sind, werden wir Richtung Norden reiten. Damit rechnen sie sicher nicht, außerdem werden wir einen angemessenen Vorsprung vor unseren Verfolgern haben, immerhin werden sie morgen nicht nach dir sehen, hoffe ich. Sobald wir die Hafenstadt erreichen, werden wir...“ der weißhaarige, junge Mann mit den roten Augen brach ab, als er merkte, dass seine Schwester ihn gar nicht mehr beachtete. Sie saßen an einem runden Holztisch, der im Eingangsbereich einer gewaltigen, endlos erscheinenden Bibliothek stand. Nur selten kam jemand hierher, denn die Alfar machten sich nichts aus den Büchern der Menschen, also war es der perfekte Rückzugsort für die beiden Geschwister. Die kleine Aleyandra saß auf ihrem Stuhl und war in ein Buch vertieft, das sie hochkonzentriert las. Die Anwesenheit ihres Bruders vergaß sie dabei für den Moment vollkommen. „Hörst du mir überhaupt noch zu, Aleyandra?“
„Natürlich, Onii-chan. Ich höre jedes einzelne Wort klar und deutlich.“ murmelte das Mädchen beiläufig und ohne von ihrem Buch aufzublicken.
„Ach ja? Was habe ich denn gerade gesagt?“
„Du ähm...du...du hast mich gefragt ob ich zuhöre, denke ich und dann...“ Aleyandra schrumpfte unter dem Blick seiner roten Augen zusammen und ließ schuldbewusst kurz von ihrem Buch ab „Na schön! Ich habe gelogen und keine Ahnung worüber du geredet hast, Onii-chan. Tut mir leid, aber ich war so in Gedanken und mit diesem Buch beschäftigt, dass ich alles um mich herum vergessen habe.“
„Was liest du da eigentlich? Es scheint dich ja ziemlich zu fesseln, wenn du mir nicht einmal für fünf Minuten zuhören kannst.“
„Geschichte und Kultur der wilden Stämme des Cactaraka Dschungels.“ las Aleyandra aufgeregt vor und bemerkte gar nicht, wie rasend schnell das Interesse ihres großen Bruders sich verflüchtigte. Ein langweiligeres Thema, hätte sie sich seiner Meinung nach nicht aussuchen können. Normalerweise würde er sicher gerne mehr über ihre neuste Lieblingsbeschäftigung hören, aber sie hatten wichtigeres zu besprechen, ernstere Themen, die über ihr Leben entscheiden konnten. „Es ist wirklich toll! Wusstest du, dass die Armani, der größte und mächtigste Stamm des Waldes, sich nur von etwas ernähren das sie als ´Dangos` bezeichnen?“
„Da...was?“
„Dangos! Das sind...ähm...ich weiß es selber noch nicht so genau, aber ich schätze man kann es essen und das ist doch schon toll genug, oder?“
„Daher hast du also diese seltsame Sprache, in der du die ganze Zeit vor dich hinflüsterst, oder? Ich dachte schon, du hast sie dir selbst ausgedacht...“
„Ja, genau! Ich kann bisher nur ein paar Wörter, aber die sind wirklich toll!“ Aleyandra strahlte ihren Bruder an und hob das Buch, damit sie ihm die Seite an der sie gerade las vor die Augen halten konnte „Zum Beispiel bist du Onii-chan und ich bin deine Imouto, außerdem bin ich kawaii...hoffe ich...denke ich...d-das bin ich doch, oder?“
„Was...“ sie sah ihn aus großen Augen an und wartete anscheinend darauf, dass er was dazu sagte, aber ihm fiel nicht wirklich etwas ein. Kawawas? Als Aleyandra immer unruhiger wurde und das Lächeln langsam aus ihrem Gesicht verschwand, blieb ihm keine große Wahl mehr, als zu raten und entschied sich dafür, dass Kawadings schon irgendwas gutes war. „Ja, natürlich, das bist du und jetzt leg bitte das Buch weg, wir müssen uns unterhalten. Es ist wirklich wichtig, dass du mir zuhörst.“
„Aber ich will noch weiter lesen und mehr über die Armani erfahren! Können wir den Cactaraka Wald besuchen sobald wir in Süd-Midgard sind? Ich kann dir auch auf einer Karte zeigen wo genau er liegt!“
„Vielleicht, aber nur, wenn du mir versprichst jetzt das Buch wegzulegen und mir zuzuhören, ja?“
„Mhm...aber nur, wenn du mir dafür dann eine Geschichte erzählst, Onii-chan.“
„In Ordnung, aber vorher musst du mir zuhören, es ist wichtig. Verstehst du das?“ sobald sie eifrig nickte, fuhr er mit ermahnender Stimme fort. Es durfte nichts schiefgehen, ein Fehler, und ihre einzige Hoffnung auf Freiheit wäre verspielt. Sie musste auch gar nicht so viel über ihre Flucht wissen, immerhin war sie noch ein Kind und konnte nicht an seiner Seite gegen die Gardisten kämpfen. Im Prinzip erklärte er ihr nur, dass sie sich morgen bedeckt halten sollte und egal was passierte, niemals hinter ihm zurückbleiben durfte. Sie sollte immer darauf vertrauen, dass er sie während ihrer Flucht beschützte und weiterlaufen. Selbst wenn Alfar oder sogar ein Dämon auf sie zukam, sollte sie einfach laufen. „Hast du alles verstanden?“
„Ja, ich denke schon.“ murmelte Aleyandra und wirkte inzwischen ein wenig gelangweilt. Die Zeit die sie mit ihm verbringen durfte, war die einzige Zeit, in der sie keine Schmerzen leiden musste und die wollte sie nicht mit ernstem Gerede verbringen, sondern Spaß haben. „Erzählst du mir jetzt eine Geschichte?“
„Welche willst du denn heute hören, Aleyandra?“ Der strenge Ausdruck im Gesicht ihres Bruder verschwand und er lächelte sie freundlich an, was sofort ihre aufkeimende schlechte Stimmung wieder vertrieb. Sie mochte es wenn er lächelte, nur leider tat er es viel zu selten seit sie bei den Dämonen waren. Sein Lächeln wirkte Wunder gegen ihren Schmerz und ihre Furcht, ohne, wäre sie verzweifelt.
„Die Geschichte der Mondgöttin! Bitte, erzähl mir die Geschichte von Serena und ihren Kindern!“
„Habe ich das nicht schon ungefähr Zehntausend Mal? Du müsstest die Geschichte von Serena inzwischen auswendig kennen. Vielleicht solltest du sie lieber mir erzählen?“
„Nein, das geht nicht. Ich mag es, sie von Onii-chan zu hören, nur dann ist sie toll! Bitte, du hast gesagt, ich darf mir eine Geschichte aussuchen.“
„Also schön. Es war, zu Anbeginn der Zeit, als Gaia alle Kreaturen, egal ob sterblich oder unsterblich, erschuf. Unter den Eidolons, die sie auserwählte um über ihre Welten und Geschöpfe zu wachen, fand sich eines, dass sie alle an Anmut und Schönheit übertraf. Ihr Name, war Serena, die Göttin des Mondes und der Sterne. Sie wachte in der Nacht über die Welten, während ihre Brüder und Schwester ihr diese Last tagsüber abnahmen. Die Farbe ihrer Haare änderte sich mit jedem Tag und wann immer sie es wollte. Mal golden wie das Licht der Sonne, mal Weiß wie Schnee, mal in der Farbe der Blätter oder dem leuchtenden Blau der Meere. In jeder Nacht wandelte sie ihre Gestalt, so wie der Mond selbst es tat. Doch eines blieb immer gleich, egal wie sehr sie sich veränderte, ihre Augen. Sie funkelten wie leuchtende, reine Rubine und daran, war sie immer zu erkennen, gleich welche Gestalt sie annahm.“ Aleyandra hatte es in der Zwischenzeit nicht mehr auf ihrem Stuhl ausgehalten und sich auf seinem Schoß niedergelassen. Ihren Kopf legte sie sacht auf seine Schulter und hielt sich an ihm fest, während sie lächelnd die Augen schloss. Es waren diese schönen, kurzen Momente, wegen denen sie noch am Leben und bei Verstand war. Ihr Bruder fuhr ihr mit der Hand kurz durch die langen, weißen Haare, bevor er leise mit seiner Geschichte fortfuhr. „Eines Nachts, wandelte Serena einsam und alleine über die in Dunkelheit gehüllte Welt, um die Schöpfungen Gaias zu betrachten und je länger sie dies tat, desto verzweifelter und wehmütiger wurde sie. Gaias Geschöpfe erfüllten ihr bis dahin reines Herz zum ersten mal mit Neid und Eifersucht. Sie wollte auch etwas erschaffen, es ihrer Göttin gleich tun und die Welt mit Leben füllen. Angetrieben von diesem Gedanken, begab sich Serena sofort unter die anderen Eidolons und suchte unter den göttlichen Wesen nach ihrer großen Liebe, aber ohne Erfolg. Das grelle Licht von Aelius blendete sie, der Blutdurst von Tigerius verjagte sie, der Hass von Eligos drohte sie zu vernichten und den Leviathan, traute sie sich gar nicht erst zu fragen. Es fand sich kein einziger unter ihren Eidolonbrüdern, den sie für würdig erachtete neues Leben mit ihr zu erschaffen. Sie waren alle starrsinnige und machthungrige Geschöpfe, mit denen Serena sich nur selten verbunden fühlte. Also ging die Mondgöttin dazu über, voller Neugier die anderen Geschöpfe Gaias zu betrachten. Die sterblichen Kreaturen, die über Midgard liefen und nichts von der Arroganz und Macht ihrer göttlichen Brüder besaßen. Serena richtete ihren Blick auf Midgard und suchte unter den verschiedenen Völkern nach dem was sie begehrte, aber lange blieb ihre Suche ohne Erfolg, bis sie es eines Tages aufgab. Verzweifelt und den Tränen nahe, wandelte Serena über Midgard. Sie wirkte wie in Trance und versuchte sich damit abzufinden auf Ewig einsam zu sein. In diesem Moment ihrer größten Verzweiflung, traf sie durch Zufall auf das, was sie schon seit so langer Zeit vergeblich suchte.“
„Einen Menschen! Er war ein großer Magier aus Navea, das damals noch ein winziges Dorf irgendwo in den endlosen Wäldern Midgards war. Richtig?“ unterbrach ihn Aleyandra aufgeregt und fragte sich, ob sie in Navea wohl auch so jemanden finden würde. Andererseits war sie ganz anders als die einsame Serena, denn sie hatte immerhin Onii-chan und mehr brauchte sie auch nicht, um sich glücklich zu fühlen.
„Ja, und sein Name war, Asturian. Der junge Magier bereiste ganz Midgard, um seine magischen Fähigkeiten zu verbessern und die Welt zu entdecken, aber seine Reise endete, als er eines Abend auf ein wunderschönes Mädchen traf. Sie saß weinend am Rande eines kleinen Teiches, in einer mondlosen Nacht, in der sie eigentlich als Vollmond hoch am Himmel stehen sollte. Doch Serena vernachlässigte ihre Aufgaben, um sich ihrer Trauer hinzugeben. Ohne zu wissen, woher er diesen Mut nahm, näherte sich Asturian der Göttin und es gelang ihm mit seiner simplen, aber heiteren Magie, sie aufzumuntern. Oft noch sahen sie einander Nachts an diesem Teich nahe des Dorfes Demarech, den man heute den Mondteich nennt. Irgendwann, entschied Serena sich dazu ihren Gefühlen für den Sterblichen nachzugeben und nahm ihn mit zu sich in den Himmel. Aber ihr Glück war noch immer nicht vollkommen, denn es war ihr als Göttin nicht bestimmt Kinder mit einem Sterblichen zu zeugen. Also flehte sie Gaia an, ihr zu helfen und die Göttin antwortete auf den verzweifelten Ruf des ältesten aller Eidolons. Sie veränderte etwas an den Körpern von Serena und Asturian, doch was, ist heute nicht mehr bekannt. Es heißt sie rückte Serena näher an die Sterblichen heran und Asturian näher an die Existenz eines Gottes, damit die Mondgöttin sich ihren sehnlichsten Wunsch erfüllen konnte.“ Aleyandra war inzwischen vollkommen ruhig geworden und wirkte mit den geschlossenen Augen, als würde sie bereits tief und fest schlafen, aber er wusste genau, dass sie aufmerksam zuhörte, immerhin war es ihre Lieblingsgeschichte, auch wenn er sie nicht besonders gut erzählen konnte „Ihre Kinder aber, wurden in die Welt der Menschen geschickt, um unter den Sterblichen zu leben. Der Magier, noch immer nichts weiter als ein Mensch, überdauerte weder die Jahrhunderte, noch die Jahrtausende, an Serenas Seite und schon nach wenigen Jahrzehnten ruhte sie wieder alleine am Nachthimmel. Aber diesmal, war es anders und das Gefühl der Einsamkeit, konnte sie nicht wieder schmerzhaft einhüllen, denn unter sich, konnte sie das Leben ihrer Kinder beobachten. Konnte verfolgen, wie das Leben, dass sie erschaffen hatte, die Welt Gaias bereiste und unter den Menschen das Glück fand.“
„Was wurde aus den Kindern der Mondgöttin, nachdem sie unter den Menschen lebten?“ fragte Aleyandra mit vorgespielter neugierig nach, obwohl sie auch das schon oft genug gehört hatte. Sie wollte einfach nur, dass ihr Bruder mit dieser freundlichen, sanften Stimme weitersprach. Solange er redete, konnte sie alles um sich herum vergessen und sich nur noch auf die Geschichte konzentrieren.
„Sie lebten eine Weile unter den Sterblichen, aber erkannten schon bald, dass sie anders waren und entschlossen sich dazu, einen Ort zu erschaffen, an dem sie unter dem Schutz der Mondgöttin leben konnten. Irgendwann, errichteten sie einen Schrein für die Göttin des Mondes und eines Tages zogen sie in das Land hinaus, um ihre Verehrung für Serenas Schönheit und Reinheit in die ganze Welt hinauszutragen. Entgegen ihrer ersten Erwartungen, trafen sie bei den Menschen nicht auf taube Ohren, sondern ihre Worte fanden Anklang unter den Bewohnern Midgards. Es war die Zeit, in der die Kirche Gaias sich langsam von den Idealen ihrer Göttin entfernte und anfing den Kontinent unter ihre Kontrolle zu bringen. Jeder, der sich nicht dem Erzbischof unterwerfen wollte, folgte Asturiern, wie die Menschen sie schon bald nannten, und floh vor dem Einfluss der Kirche. Immer mehr Sterbliche folgten dem verlockenden Ruf der Mondgöttin und den Verheißungen ihrer Kinder, die ihnen versprachen, ein wahres Paradies zu erschaffen, beschützt und behütet unter dem damals noch so hellen und reinen Licht des Mondes. Diejenigen, die ihren Worten glauben schenkten, ließen sich um den Schrein herum nieder. Bauten ihn weiter aus, bis er zu einer prächtigen Tempelanlage wurde und über die Jahrhunderte, entwickelte sich eine Stadt um den Tempel herum. Die Mondgöttin, betrachtete diese aufblühende Stadt und ihre Kinder so oft, dass sich das heilige Licht des Mondes in den Menschen festsetzte. Es veränderte sie nach und nach, ohne dass sie es merkten. Ließ ihre magischen Kräfte steigen und färbte ihre Haare silbern, bis sie sich von den restlichen Geschöpfen Gaias unterschieden. Die Einwohner, sonderten sich mehr und mehr von der immer stärker werdenden Kirche Gaias ab, bis sie sich letztendlich ganz von Süd-Midgard lossagten. Die Armee der Kirche versuchte die abtrünnige Stadt wieder in den Kirchenstaat einzugliedern und wären ihre Gegner gewöhnliche Menschen gewesen, wäre es ihnen vielleicht auch gelungen.“
„Aber sie haben nicht mit den Kindern Serenas gerechnet!“ rief Aleyandra begeistert und schlug ihre roten Augen wieder auf, um ihn anzustrahlen. Genau wie Serenas Nachfahren gegen die Armee der Kirche gesiegt hatten, würden sie morgen auch gewinnen und von hier entkommen, das wusste sie.
„Genau, denn sie hatten es nicht nur mit menschlichen Gegnern zu tun, sondern auch mit wahren Halbgöttern. Serenas Nachkommen entdeckten die ersten Grimoire und kämpften in der ersten Reihe gegen die Templer und Soldaten der Kirche. Unfähig die, vom Mondlicht durchwirkten, Mauern der Stadt zu durchbrechen und den Kampfeswillen der Mondkinder zu überwinden, flehten die Anhänger der Kirche ihre Göttin um Hilfe an. Doch Gaia wollte ihnen nicht dabei helfen die Kinder ihrer geliebten Schöpfung zu zerstören, im Gegenteil. Sie erschien dem damaligen Erzbischof und zwang ihn die Unabhängigkeit der Mondkinder anzuerkennen. Zu akzeptieren, dass man wahren Glauben nicht erzwingen konnte und seine Armee zurückzuziehen. Um die heldenhafte Leistung der Nachfahren von Asturian und Serena anzuerkennen, nannte man die Stadt, Vo Astur.“ plötzlich wurde die Stimme ihres Bruders rauer und etwas düsterer, als er sich an die graue Stadt erinnerte. Dort hatte ihr Leid angefangen und dort, waren sie auch auf die Dämonen gestoßen „Die Asturier lebten unter den Menschen Vo Astur´s, die sich schon bald den Ruf als machtvolle Hexen und Hexer erarbeiteten. Obwohl sie in der Lage gewesen wären wie Könige über die Stadt zu herrschen, überließen sie die Regierung schon bald einem Rat aus den mächtigsten Hexern und zogen sich zurück, um als gewöhnliche Bürger in der Stadt des Mondes zu leben. Im Laufe der Zeit gerieten die Kinder von Serena und Asturian in Vergessenheit, selbst die Nachfahren der Mondgöttin erinnerten sich irgendwann nicht mehr an ihre göttlichen Wurzeln und nur die wenigsten von ihnen kennen diese Geschichte heute noch, aber es gibt sie noch immer unter den Menschen in Vo Astur, die Kinder Serenas, mit ihren einzigartigen roten Augen und dem Blut einer Göttin. Dann...“
„Bitte, erzähl...erzähl mir mehr von unserem neuen Zuhause.“ unterbrach ihn Aleyandra plötzlich zaghaft und traute sich nicht ihn anzusehen. Sie wollte einfach nur, dass er ihr sagte, dass morgen alles gut gehen und sie schon bald Vo Astur mit eigenen Augen sehen würde. Dann konnte sie vielleicht wenigstens diese eine Nacht ruhig schlafen, ohne sich vor Angst in den Schlaf zu weinen, sobald sie daran dachte, was die Dämonen ihr als nächstes antun würden.
„Unser neues Zuhause?“ überrascht sah er sie an und wusste im ersten Moment nicht wirklich was er sagen sollte. Eigentlich hatte er geplant ihr jetzt schon zu erzählen, dass er nicht mitkommen konnte, aber er wollte ihre Laune nicht noch weiter verdüstern, also spielte er vorerst mit. Nach ihrer gelungen Flucht, gab es sicher noch genug Zeit um sie langsam an das Thema heranzuführen. Seine Schwester jetzt unnötig aufzuregen, würde ihnen nicht helfen. „Wir gehen nach Süd-Midgard. Dort gibt es keine Alfar und auch keine Dämonen, sondern nur Menschen, Zwerge, Gnome und andere friedliche Völker. Wir werden in Navea leben, der prächtigen Stadt aus weißem Gold. Ich bin dort geboren und es waren wundervolle Jahre, die wir dort verbrachten. Alleine schon die Luft in Navea ist unbeschreiblich. Reiner als auf dem Gipfel eines Berges und durchdrungen von der himmlischen Macht Gaias. Mit jedem Atemzug, kann man ihre Anwesenheit spüren, kann in jedem Winkel von Navea die göttliche Kraft erkennen, die von der riesigen Kopie des Gaia Kristalls ausgeht. Es wird dir dort gefallen, da bin ich mir sicher.“
„Das klingt schön aber ich...“ Aleyandra senkte beschämt den Kopf, sie wollte nicht unverschämt erscheinen. Navea klang, verglichen mit diesem Ort, wie ein Paradies, aber sie wollte lieber die Orte sehen, die sie aus der Geschichte der Mondgöttin kannte „Ich würde gerne einmal Vo Astur sehen. Die Graue Stadt, in der sich das Licht des Mondes verfangen hat und sie Nachts zu einer Stadt aus leuchtendem Silber werden lässt.“
„Das können wir auch, aber vorerst, wirst du in der Obhut der Kirche sicherer sein. Eines Tages, gehen wir nach Vo Astur, auch wenn wir leider nicht an ihrem Schrein beten dürfen. Er verschwand aus dem inzwischen leeren Tempel, als die Asturier vergaßen woher sie stammten. Aber wir werden zusammen den wahren Tempel der Mondgöttin suchen und unter dem Licht des Mondes unsere göttliche Ahnenherrin treffen, damit sie all diese Erinnerungen von dir nimmt. Ich bin sicher, sie wird dazu in der Lage sein, dich vergessen zu lassen.“
„D-danke, Nii-chan.“ flüsterte Aleyandra mit erstickter Stimme, als sie sich durch seine Worte wieder beruhigte und sich enger an ihn drückte, damit er sie nicht alleine lassen konnte „Ohne dich...ohne dich würde ich den Verstand verlieren. Ich weiß schon jetzt nicht mehr, was oder...wer ich bin. Es...es ist...“
„Ich weiß, aber du brauchst keine Angst mehr zu haben. Morgen um diese Zeit, sind wir schon auf dem Weg nach Navea, das verspreche ich dir.“ Er legte ihr eine Hand auf den Kopf, was sie dazu brachte zufrieden zu lächeln und sich an ihn zu schmiegen. Vielleicht konnte sie sogar ein wenig schlafen. Doch dann zuckte Aleyandra plötzlich voller Angst zusammen. Die Tür zur Bibliothek wurde aufgestoßen und sie konnte hören, wie schwere, gepanzerte Füße über den Steinboden gingen. Sie kamen immer näher und Aleyandra vergrub zitternd ihr Gesicht in Onii-chans Schulter. Sie wollte den Neuankömmling nicht sehen, alleine seine Anwesenheit, ließ sie bereits den Verstand verlieren. Einer der Dämonen! Er war hier und gekommen, um sie wieder zu holen! Alles würde wieder von vorne anfangen, ihr ganzes Leid, die Schmerzen, die fast schon greifbare Furcht, die sie in diesem schrecklichen Raum immer einhüllte und ihr Herz beinahe zum Stillstand brachte. Ihr Bruder strich ihr behutsam durch die Haare, in der Hoffnung, sie irgendwie wieder zu beruhigen. Ausgerechnet jetzt, als er sie endlich beruhigt hatte, musste dieser Idiot auftauchen und sie stören. Ungehalten wandte er sich an den Besucher und war dabei frecher als sonst, weil er einfach zu verärgert über die Störung war und sich nicht zurückhalte konnte. „Was willst du hier? Sie sollte erst wieder in zwei Tagen zu einer Untersuchung abgeholt werden. Hat sie gestern nicht schon genug gelitten, um eine Pause zu verdienen?“
„Sie müsste nicht mehr leiden, wenn sie nicht so schwach wäre.“ erklang die leise, tiefe Stimme eines Mannes und Aleyandra konnte spüren wie seine Augen sich voller Hass auf sie richteten. Es war nicht ihre Schuld, dass die Dämonen niemals das fanden was sie suchten. Sie wusste nicht einmal, was die Dämonen von ihr wollten und warum diese Monster sie festhielten. Alles was sie im Moment wusste war, dass sie diese Stimme fürchtete. Er war der schlimmste Dämon, er und die Dämonin, die zum Glück schon seit einem Jahr nicht mehr aufgetaucht war um ihm dabei zu helfen sie zu quälen. Aber auch alleine konnte er ihr noch immer genug Angst einjagen. „Wir könnten schon seit langer Zeit fertig sein, aber ihre Zerbrechlichkeit behindert unsere Bemühungen. Deine Schwester ist einfach nur wertlos. Ich dachte eigentlich, dass wir nur ein paar Monate brauchen würden und jetzt sitzen wir schon Jahre hier fest.“
„Wertlos und schwach?“ flüsterte ihr Bruder verärgert und sie konnte spüren, wie er sich anspannte und zornig die Fäuste ballte, was Aleyandra erst richtig beunruhigte. Wenn er sich aufregte, würde der Dämon ihm vielleicht etwas antun und das wäre schlimmer als alles was sie bisher durchmachen musste. „Weil sie es nicht verkraftet jahrelang, jeden verdammten Tag von dir und deinen Irren aufgeschlitzt zu werden!?“
„Du solltest lieber aufpassen, wie du mit mir redest. Sie brauche ich noch, für unsere Experimente, dich nicht. Du bist nur noch am Leben, weil du erstaunlich stark bist für den Bruder dieses Schwächlings und wir gute Kämpfer gebrauchen können.“
„Warum sollte ich noch für euch kämpfen, du dreckiger Bastard? Ihr...“
„Vergiss niemals, wo du stehst, du nutzlose Ratte.“ unterbrach ihn die Stimme, diesmal klang sie bedrohlicher, wütender. Bevor Aleyandra wusste was überhaupt passierte, wurde sie zur Seite geschleudert und landete auf dem Boden der Bibliothek. Von dort aus sah sie nur noch, wie der Stuhl, mitsamt ihrem überraschten Bruder, weggerissen wurde und in eines der schweren Bücherregale stürzte. Es brach über ihm zusammen und begrub den weißhaarigen Jungen unter sich. Vor Schmerzen stöhnend blieb er liegen, eine blutige Wunde am Kopf und niedergedrückt von der Magie des Dämons, der jetzt wieder seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Mädchen richten konnte. „Und jetzt zu dir, Aleyandra. Ich bin sehr enttäuscht von dir und dem Ergebnis unserer letzten Untersuchung, aber noch enttäuschter, bin ich darüber, dass du ein paar Tage Ruhe brauchst, bevor wir weitermachen können. Weißt du, wie viel Zeit wir durch deine Schwäche verlieren?“
„B-b-bitte...Onii-chan...er....bitte, lasst ihn in Ruhe, bitte.“ Aleyandras Stimme zitterte, während sie versuchte aufzustehen und zu ihrem Bruder zu gehen, denn er war alles, was sie noch in dieser Welt hielt, aber weit kam sie nicht. Sofort bohrte sich ein Stiefel des Dämons in ihre Rippen und schleuderte sie zur Seite. Sie hielt sich die Hände an die Seite und blieb liegen, die Augen vor lauter Furcht auf eine Ecke der Bibliothek gerichtet, weit weg von ihrem Angreifer. Sie konnte den Anblick des Dämons nicht ertragen, aber spürte, wie er immer näher auf sie zu ging.
„Wenn wir nicht bald wirkliche Fortschritte erzielen, werden wir anfangen müssen, dich mit größeren Mengen an Magie vollzupumpen. Es würde den Vorgang beträchtlich beschleunigen und vielleicht erzielen wir bessere Resultate, sobald sich dein Zustand verschlimmert hat und weiter fortgeschritten ist. Was hältst du von dieser Idee?“
„Nein, bitte. Keine Magie...bitte...“ presste Aleyandra unter stummen Tränen hervor. Er mochte es nicht, wenn sie hilflos schluchzte und laut weinte, damit würde sie ihn nur noch mehr reizen. Die paar Tritte waren gar nichts gegen das Gefühl, dass sich in ihr ausbreitete, wenn sie mit Magie in Berührung kam. Anfangs hatte es sie noch kaum gestört, aber inzwischen rief alleine der Gedanke an Magie schon Übelkeit in ihr hervor. „Die Magie, sie ist schlimmer als alles andere. Sie...“
„Sie ist wichtiger als deine kleinlichen Sorgen und auf jeden Fall wichtiger als dein Leben. Hast du das verstanden?“ als sie nicht sofort nickte, sondern weiterhin stumpf und zitternd in die Ecke starrte, hörte sie wie er wütend schnaubte und erneut nach ihr trat. Aleyandra versuchte diesmal nicht wieder aufzustehen oder sich zu wehren, es hatte keinen Sinn. Inzwischen hob sie nicht einmal mehr ihre Arme oder Hände, um sich vor den immer härter werdenden Schlägen und Tritten des Dämons zu schützen. Sie kannte das alles schon gut genug. Hatte Momente wie diesen in den letzten vier Jahren andauernd erlebt und wusste, dass die Schmerzen zwar unerträglich waren, aber sie sich nicht wirklich in Gefahr befand. Es ging sogar schneller vorbei, wenn sie sich nicht schützte und seine Angriffe sie schnell schwer verletzten. Er würde auf sie einschlagen, bis sie in Ohnmacht fiel und sich nicht mehr rührte. Manchmal machte er selbst dann noch weiter, bis sie kurz davor stand, an seiner Prügel zu sterben. Der Dämon ließ seinen ganzen Hass an ihr aus, seine Wut darüber, dass die Untersuchungen an ihr noch immer keinerlei zufriedenstellende Ergebnisse vorweisen konnten. Reglos lag Aleyandra auf dem Boden der Bibliothek und schloss die Augen, bevor der nächste Tritt sie erreichte. Der gepanzerte Stiefel traf sie mitten im Gesicht. Ihr Wangenknochen gab knirschend unter der Wucht des Metalls nach und barst, aber sie rührte sich noch immer nicht. Er würde sie später wieder heilen und vielleicht mal wieder einige andere Zauber auf sie legen, aber heute, störten sie weder die Schmerzen der Schläge, noch die furchtbar, quälende Magie, mit der er ihr Blut zum kochen bringen würde. Heute, war es das letzte mal und dann, war sie endlich befreit von den Dämonen. Onii-chan würde sie am nächsten Tag von hier wegbringen und sie konnten gemeinsam in Navea alles hinter sich lassen. Ab morgen, war sie frei.



Silberblatt stand vor der Villa der Bladelli im Militärbezirk und hielt seine gewaltige, rote Axt fest umschlossen. Sein Gesicht war vor Wut und Hass verzerrt, während er darauf wartete, dass dieser Feigling sich ihm endlich zeigte.
„Bladelli!“ rief Silberblatt zornig und stand kurz davor einfach die Wände mit seiner Axt einzureißen. Vor einer Stunde, hatte man Lyaena zu ihm gebracht. Sie war vollkommen aufgelöst gewesen und stand noch immer neben sich. Bei ihr in dem Lagerhaus, hatten sich die Leichen von vier Akashi befunden. Zwei entfernten Verwandten und ihre zwei Leibwächter, alle brutal und rücksichtslos ermordet. Der einzige Hinweis: Ein blutverschmierter Dolch mit dem Wappen der Bladelli. Natürlich war es Silberblatt in den Sinn gekommen, dass dieser Dolch nur eine Finte sein könnte, um ihn gegen diese rothaarigen Bastarde aufzubringen, aber es war einfach zu verlockend seinen verhassten Feinden die Schuld zu geben. „Paolo! Zeig dich endlich!“
„Was soll dieser Krach?“ langsam wurde die Tür aufgeschoben und der Großmarschall trat auf die Straße hinaus. Der ehemalige Templer, wirkte trotz seines Alters noch immer beeindruckend und hatte sicher über die Jahre nichts von seiner Kampfkraft verloren und trug noch immer jederzeit seine Rüstung. Aber dafür schien er im Kopf nicht mehr ganz fit zu sein, denn er schien keine Ahnung zu haben warum Silberblatt hier war, was diesen erst richtig verärgerte. „Akashi, was willst du von mir?
„Versuchst du mich für dumm zu verkaufen, Bladelli?“ schnaubte Silberblatt verächtlich und wusste nicht, was er von diesem schlechten Schauspiel halten sollte. Konnte Paolo sich nicht einfach zu dem Attentat seiner Familie bekennen, damit er anfangen konnte diesen wertlosen Großmarschall zu vernichten? „Ich bin hier, um dich für deine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, die du an meiner Familie begangen hast. Es ist mein Recht, dich zu einem Duell zu fordern und Rache zu nehmen.“
„Und was genau sollen wir schlimmes getan haben, dass den großen Clan der Akashi so sehr aufzuregen vermag?“ fragte Paolo gelangweilt und fragte sich, warum der Großmeister unbedingt seine wertvolle Zeit mit sinnlosen Anschuldigen verschwenden musste.
„Ihr habt das zukünftige Oberhaupt der Akashi entführt, angegriffen und mit ansehen lassen, wie ihr Unschuldige umbringt! Ihr habt in diesem Lagerhaus vier Akashi abgeschlachtet wie Tiere! Denkt ihr zurückgebliebenen Bladelli wirklich, dass wir uns das gefallen lassen?“ schleuderte Silberblatt dem alten Mann entgegen und musste daran denken wie fertig Lyaena nach der ganzen Sache ausgesehen hatte „Wir verteidigen die Ehre und das Blut der Akashi mit unserem Leben und werden sicher nicht zulassen, dass nutzlose Emporkömmlinge wie ihr unser Blut vergießt! Sei froh, dass mein Patriarch noch nichts davon erfahren hat, ansonsten wäre ich mit einer Armee angerückt um diese Villa zu stürmen und jeden Bladelli in der Stadt hinrichten zu lassen.“
„Eine Armee würdest du auch brauchen, um mich zu besiegen, Großmeister. Die ganze Angelegenheit trägt nicht die Handschrift der Bladelli und das würdest du auch wissen, wenn du nicht so sehr von Hass zerfressen wärst. Wir stellen unsere Feinde im offenen, ehrlichen Kampf und entführen keine unschuldigen Mädchen um vor ihren Augen Unschuldige zu ermorden. Es sind die Akashi, die unbedingt darauf bestanden, die Kinder Gaias wieder ins Leben zu rufen. Vielleicht hat einer deiner Hunde dich verraten? Auf Dauer konnte dein kleines Experiment auch nicht gutgehen. Es war richtig, die Kinder Gaias abzuschaffen und ich werde nie verstehen wieso Kyosuke Akashi so viel auf sich genommen hat, damit du dir deinen eigenen kleinen Orden basteln kannst.“
„Leugnen wird dir nichts bringen, Bladelli. Ich weiß, dass ihr dahinter steckt, als Rache, für den Tod dieses Templers.“
„Rache? Wenn die Akashi hinter Marius Tod stecken, würden wir vielleicht auf Rache aus sein, aber das glaube ich nicht und nur aus diesem Grund, bist du auch noch am Leben, obwohl du es wagst meine Familie zu bedrohen.“ Paolo ging ein paar Schritte auf den Akashi zu, ohne ein Anzeichen von Furcht zu zeigen, obwohl er unbewaffnet war „Ich habe gehört Kyosuke Akashi plant die Hauptstadt zu besuchen, um deiner Hochzeit mit seiner Tochter beizuwohnen, ist das wahr?“
„Ja, in weniger als zwei Monaten, wird mein Onkel in Navea eintreffen und er wird die Verbrechen der Bladelli genauso wenig auf sich beruhen lassen wie ich.“
„Gut, ich werde ihn erwarten. Dann gibt es hier in dieser Stadt immerhin einen Akashi, der für Vernunft zugänglich ist und noch nicht von Hass und Wahnsinn zerfressen wurde. Bis dahin, solltest du versuchen mir nicht mehr in die Quere zu kommen, Silberblatt. Wir werden einfach auf seine Ankunft warten und diesen Kampf dann austragen, falls es noch nötig ist.“
„Oh ich werde warten, alter Mann. Und wenn ich herausfinde, dass du dafür verantwortlich bist, werde ich nicht den Erzbischof oder irgendein Gericht mit Beweisen langweiligen und dich einsperren lassen. Sondern dich einfach töten. Wenn du diese Schlächter auf meine Familie losgelassen hast, dann wird es dein Ende sein, egal wie stark du vielleicht noch immer bist. Denn ich habe keine Angst vor dir, alter Mann. Weder dein Ruf, noch dein Ruhm vergangener Tage, können mich einschüchtern. Falls du und deine Horde von Versagern hinter den Morden stecken, werde ich dir persönlich den Kopf von den Schultern schlagen.“
„Du solltest dich nicht überschätzen, Junge. Vielleicht bist du so stark wie du immer behauptest, aber selbst dann, bist du zu jung und unerfahren, um es mit mir aufzunehmen. Aber falls du es versuchen willst, werde ich dich nicht davon abhalten, Teregion.“
„Nein, ich werde auf das Urteil meines Patriarchen warten.“ zischte Teregion und wusste nicht genau, ob es sein letzter Rest an Vernunft war, der ihn gerade noch davor bewahrte einen Krieg anzufangen, oder sein Respekt gegenüber Kyosuke Akashi, dem er viel verdankte.
„Wir werden sehen, was dein Onkel dazu zu sagen hat. Mit ihm kann man wenigstens wie mit einem normalen Menschen reden, ohne befürchten zu müssen, dass er gleich mit einer Axt auf mich losgeht, auch wenn es mich überrascht, dass du dich letztendlich doch noch unter Kontrolle hast und mich nicht einfach angreifst.“ Silberblatt blinzelte kurz verwirrt, aber sobald der Bladelli weitersprach, wusste er worauf dieser jetzt hinauswollte und es fachte seinen Hass nur noch mehr an „Ich weiß wer du bist, Teregion Akashi, und auch, woher du stammst. Ich kannte deinen Vater, bevor er seine Freunde ermordete, seine Göttin verriet und alles wofür er einst stand wegwarf für seinen lächerlichen Plan. Stünde er jetzt vor mir, hätte ich vielleicht sogar Angst, denn ihm war keiner von uns jemals gewachsen.“
„Das hat nichts mit den Morden zu tun. Du versuchst damit nur, von den Verbrechen deiner Familie abzulenken, Bladelli.“ flüsterte Silberblatt angespannt und zum ersten Mal seit Beginn des Gesprächs, schien seine Wut verflogen zu sein. Früher oder später musste ja jemand seine Eltern ansprechen. „Ich bin kein Mörder und Verräter, nur weil es mein Vater war.“
„Vielleicht hast du damit recht. Kyosuke scheint dir jedenfalls zu glauben und auf sein Urteil, kann man sich meistens verlassen. Aber du bist auch noch immer wütend, wegen diesem alten Vorfall, und ich kann es verstehen. Doch es wird Zeit zu vergessen, Akashi.“ der bedrohliche Unterton aus Paolos Stimme verschwand und er sah den jungen Großmeister einfach nur noch aus traurigen Augen an, weil so viel Potential einfach durch Hass und Dummheit verschwendet wurde „Rache an meiner Familie zu nehmen, wird sie dir nicht zurückbringen. Lass es endlich auf sich beruhen, damit wir in Frieden weiterleben können, bevor noch mehr von uns sterben müssen.“
„Ich...“ Silberblatt wirkte verunsichert und der Griff um seine Axt lockerte sich etwas. Warum hatte dieser nutzlose alte Mann unbedingt sie ansprechen müssen? Sein Zorn war verpufft und nichts anderem als Trauer gewichen, die er eigentlich gehofft hatte zu verschließen. „Ich werde auf meinen Onkel warten und dann, werden wir sehen ob du wirklich so unschuldig bist, wie du behauptest.“ Mehr sagte der junge Großmeister nicht mehr, sondern zog, ohne weiteren Ärger zu verursachen, ab. Sein Onkel würde die Bladelli vernichten, da war er sich sicher. Der Angriff auf sie, kam einer Kriegserklärung gleich und einen Krieg zwischen den beiden Familien, konnten die Bladelli niemals gewinnen.



Bild

Es war bereits mitten in der Nacht, als Aleyandra und Saeca ihr Lager in der Nähe eines kleinen Teiches nahe Demarech aufschlugen. Alessa und Merilee blieben zurück, um das Lager und ihre Habseligkeiten zu bewachen, während die beiden Mädchen sich zum Wasser aufmachten, um dort zu baden. Der Teich war nicht besonders groß, aber sein Wasser wirkte klar und spiegelte das Licht des vollen Mondes wieder, der über ihnen stand. Aleyandra konnte ein bisschen Erholung im Moment wirklich gebrauchen. Sie war in Ohnmacht gefallen, als sie ihre Seele mit der von Bel Chandra verband und hatte wieder geträumt. Danach war sie etwa eine Stunde lang bewusstlos gewesen und als sie aufwachte, hatte Bel Chandra sich vorerst aus dem Staub gemacht, sich allerdings vorher von der verängstigten Saeca abgemeldet. Aleyandra erinnerte sich nicht mehr an sehr viel von ihrem Traum, sobald sie die Augen aufschlug, hatte sie Saecas erleichtertes Gesicht angelächelt und die Erinnerung war nach und nach verblasst.
Die beiden Mädchen hatten inzwischen den dunklen, ruhig daliegenden Teich erreicht und blieben erstaunt stehen. Sie waren nicht die ersten, die auf die Idee kamen hier ein Bad zu nehmen. Auf einem Stein am Ufer, saß eine wunderschöne, junge Frau. Als die beiden langsam näherkamen, erkannten sie, dass es sich nicht um einen Menschen handelte, sondern um...Aleyandra würde sagen um eine Art Alfar, war sich allerdings nicht sicher. Ihre Ohren liefen sehr spitz zu und ragten ein kleines Stück aus ihren langen, schlohweißen Haaren hervor. Das Gesicht wirkte fein geschnitten und ebenmäßig, fast schon edel. Ihre Haut war von einem hellen blaugrau und vollkommen glatt und makellos. Als die nackte Elfe sie erblickte, stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen und sie stand einfach auf, ohne sich groß um ihre fehlende Kleidung oder ihren entblößten Körper zu kümmern. Normalerweise neigte Aleyandra dazu, jede Frau die sie sah, sofort als Bedrohung für Naruz einzustufen und dann an nichts anderes mehr zu denken, aber selbst sie, hatte im Moment nur einen einzigen Gedanken, der wieder und wieder in ihrem Kopf erklang: Sie sieht unglaublich hinreißend aus. Aleyandra lief sofort rot an, als die langbeinige Elfe fast vor ihnen stand und spürte, wie ihr Blut begann zu kochen und zu pulsieren, so in der Art, fühlte sie sich sonst nur wenn sie Naruz sah.
„W-w-wer bist du?“ fragte Aleyandra mit trockenem Mund und versuchte irgendwie zu verhindern, dass ihr das Blut in den Kopf stieg.
„Sag bloß du erkennst mich nicht?“ erklang die sanfte, freundliche Stimme der Elfe und ließ Aleyandra noch weiter rot anlaufen, sie klang sogar wundervoll. Aber plötzlich wurde das Lächeln der Elfe grausamer, finsterer und als sie weitersprach, klang ihre Stimme nur noch bedrohlich und nicht mehr so schön melodisch und fesselnd „Sind deine roten Augen nicht nur hässlich, sondern auch noch nutzlos, du dämliche Missgeburt?“
„D-d-du?“
„J-j-j-ja?“ äffte Bel Chandra sie nach, betrachtete Aleyandra hochnäsig und ihr Lächeln wurde immer breiter „Gefällt dir was du siehst, Weißhaar? Ich brauche den Helm und die Rüstung nur im Kampf, auch wenn sie leider schrecklich hässlich sind, fast so wie du.“
„I-ich...“ Aleyandra gab es einfach auf und verstummte. Ihr fiel nichts ein, was sie dazu sagen konnte. Das sollte ihr neues Eidolon sein? Nicht nur, dass diese Bel Chandra sie hasste, sie sah auch noch umwerfend aus und Naruz...Naruz besprang sowieso schon alles was weiblich und willig war!
„Sie ist ja wunderschön, Onee-chan!“ rief Saeca, aber klang dabei nicht begeistert oder beeindruckt, sondern einfach nur empört „A-aber wie kann das sein? Sie ist doch so...so gemein und bösartig. Das ist nicht fair! Sie sollte aussehen wie eine ekelhafte Sumpfhexe oder wie ein schreckliches Monster und nicht wie eine Elfe! Wo bleibt da die Gerechtigkeit? In einer perfekten Dangowelt, würde es so etwas nicht geben...“
„Heul doch, du nervtötendes Kleinkind.“ zischte Bel Chandra das Mädchen an, aber selbst ihre bösartige Seite, ließ ihre umwerfende Schönheit leider nicht verschwinden und Aleyandra stand noch immer vollkommen neben sich.
„W-wie kann man nur so schamlos sein?“ stammelte Aleyandra drauf los und ignorierte es, dass ihr neues Eidolon genau sehen konnte, wie rot sie im Gesicht war „Zieh dir gefälligst wieder etwas an, Bel Chandra! Du kannst hier nicht nackt rumlaufen! Das gehört sich nicht für ein ehrenhaftes, allmächtiges Eidolon!“
„Wieso denn nicht? Im Gegensatz zu dir Vogelscheuche, habe ich immerhin keinen Grund, meinen Körper zu verstecken und so schrecklich prüde zu sein.“ die Elfe lächelte und baute sich direkt vor Aleyandra auf, anstatt sich anzuziehen „Oder bist du einfach nur neidisch auf das was du siehst?“
„W-w-was?“
„Du hast mich schon verstanden, Rotauge, also tu nicht so, als wärst du schwerhörig. Aber gut, wechseln wir das Thema.“ damit war auch der letzte Rest von Freundlichkeit aus Bel Chandras Stimme verschwunden und sie klang wieder genauso wie im Mondtempel, als sie sich das erste mal getroffen hatten „Warum ist das Lager noch nicht fertig aufgebaut? Ich bin müde und will endlich schlafen gehen, deinen zerzausten Anblick die ganze Zeit ertragen zu müssen, macht mich wirklich fertig. Ich bin total erschöpft und mit geschlossenen Augen, kann ich deine Existenz immerhin für eine Weile ignorieren.“
„Warum setzt du dann nicht einfach deinen bescheuerten Helm wieder auf und lässt mich in Ruhe?“
„Weil ich dich dann nicht mehr ärgern könnte, oh große Auserwählte.“ meinte Bel Chandra lächelnd und ging betont langsam an Aleyandra vorbei, die rasch den Blick abwendete „Du kannst mir befehlen für dich zu kämpfen, aber was ich trage, geht nur mich was an. Aber lassen wir dieses sinnlose Gerede. Deine Stimme verursacht bei mir sowieso nur Kopfschmerzen und Übelkeit...aber leider, habe ich noch eine letzte Frage an dich bevor wir schlafen können und du hoffentlich niemals wieder aufwachst.“
„Warum sollte ich dir eine Frage beantworten? Du hast es nicht einmal verdient, dass ich überhaupt mit dir spreche und kannst froh sein, dass ich dich als mein Eidolon akzeptiere!“
„Warum du...was?“ verwirrt drehte sich die Elfe zu ihr herum und wusste im ersten Moment nicht was sie sagen sollte. Sie war keine Widerworte gewöhnt, zumindest nicht von Sterblichen und schon gar nicht Leuten, die sie ohne ihre Rüstung gesehen hatten. Das war ein Affront gegen ihre göttliche Schönheit und Perfektion! Diese kleine, hässliche Sterbliche wollte sich also unbedingt mir ihr anlegen? Die Elfe beschloss es mit einer anderen Strategie zu versuchen und als sie weitersprach war ihre Stimme verführerisch und voller Verheißungen „Weil ich die Antwort gerne hören würde, geliebte Aleyandra. Es sei denn, du willst diese schöne Nacht lieber auf angenehmere Art und Weise verbringen. Wir könnten deinen kleinen Schützling wegschicken und zurück zu dem Teich gehen. Ein gemeinsames Bad, würde unserer Seelenbindung sicher gut tun...aber vor allem, unserer körperlichen Bindung. Meinst du nicht auch, Geliebte?“
„W-w-w-w-w-w-w-was?“ Aleyandra lief sofort wieder hochrot an, vor allem, da Bel Chandra auf sie zu gekommen war und sich in Aleyandras Arme fallen ließ. Die nackte Elfe presste sich fest an sie und ihre entblößten Brüste drückten gegen sie. Die blaugrauen, schlanken Hände umschlossen Aleyandras Hüften und sie gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf den Hals, dann einen weiteren auf die Wange und hätte vermutlich noch weiter gemacht, wenn Aleyandra nicht panisch weiter geredet, oder eher geschrien, hätte „Lass deine Finger von mir! W-w-was soll das?“
„Schön, wenn du es dir leisten kannst so ein einmaliges Angebot abzulehnen. Deine kleine Beschützerin sieht eh so aus, als wollte sie mir gleich an die Kehle gehen, wenn ich dich noch länger festhalte.“ damit löste sich die Elfe von der vollkommen verwirrten Aleyandra und war der rot angelaufenen und wütend dreinblickenden Saeca ein strahlendes Lächeln zu. Sie hätte nichts gegen etwas Spaß gehabt, immerhin würde sie sich in nächster Zeit als Eidolon mehr als genug langweilen. Sie hasste es Seelenverbindungen mit langweiligen Leuten einzugehen. Sie wollte jemanden, mit dem sie nicht nur während einer Schlacht Blut vergießen sollte, sondern auch etwas Spaß zu anderen Gelegenheiten haben konnte. Auch wenn sie immer darauf herum ritt wie hässlich Aleyandra angeblich war, fand sie ihre Botschafterin erstaunlich hübsch, zumindest hübsch genug um sie von ihrer Langeweile abzulenken. „Wie auch immer, ich will eine Antwort auf meine Frage, oder anstatt Lust, werde ich dir unsagbare Schmerzen schenken, hast du das verstanden?“
„Dann stell halt deine dämliche Frage.“ zischte Aleyandra mit geballten Fäusten.
„Was machen wir eigentlich hier? Du arbeitest doch für diese Schlächter, die sich als Kinder Gaias bezeichnen. Also, was ist dein Ziel in Demarech? Ist es auch wieder ein unschuldiges, kleines Mädchen, das vor lauter Angst zittert und weint, bevor du es ermorden wirst?“
„Es gibt keinen Auftrag, aber wenn du mich weiter so nervst, dann wirst du vielleicht mein neues Ziel und ich zeige dir, dass ich Fenris nicht nur durch Glück besiegt habe, du schamlose...Elfe.“ erwiderte Aleyandra bissig, auch wenn ihr keine vernünftige Beleidigung einfallen wollte. Bel Chandra sah ohne ihre Rüstung einfach zu gut aus, um damit anzufangen ihr Aussehen zu beleidigen. Aleyandra hatte immerhin während ihres Gespräches mehr als genug Zeit gehabt, um den Körper ihres neuen Eidolons nach Makeln und Schwachstellen abzusuchen, aber bisher ohne Erfolg, was sie in den Wahnsinn trieb „Ich bin hier, um auf jemanden aufzupassen und ihn vor...vor Monstern zu beschützen, die ihn mir wegnehmen und ihn fressen wollen. Reicht das als Antwort, damit du endlich aufhörst zu nerven und deine Arbeit als Eidolon erledigst?“
„Mhm, man braucht also ein Monster, um andere Monster abzuwehren? Interessant. Vielleicht wird es doch nicht ganz so langweilig mit dir wie erwartet, zumindest wenn du es schaffst nicht mehr so schrecklich prüde und öde zu sein.“ Bel Chandras Zunge schnellte kurz her vor und leckte über ihre Lippen, ihre Botschafterin besaß also einen kleinen Freund, wie niedlich „Ich freue mich bereits darauf denjenigen kennenzulernen, den du beschützen willst. Er muss dir viel bedeuten, wenn du für ihn eine Pause von deiner Arbeit als kalte Mörderin einlegst. Ist es zufällig ein junger Mann, der dir sehr am Herzen liegt?“
„N-n-nein! Er ist mir vollkommen unwichtig, wir kennen uns kaum, er ist nur...nur...nur...“ Aleyandra wiederholte das Wort noch ein paar mal, wobei sie immer leise wurde und letztendlich verzweifelt abbrach.
„Ich habe recht! Wie sieht er aus? Ich suche derzeit nach einem sterblichen Sklaven, um mir die Zeit etwas zu vertreiben. Wenn er hübsch genug ist, kann ich ja vielleicht in Zukunft auf ihn aufpassen. Ich bin sicher, er und ich werden gute Freunde. Immerhin scheint er dich auch nicht besonders zu mögen.“
„W-wie kommst du auf diese Idee?“ stammelnd fuhr Aleyandra fort, um ihr neues Eidolon irgendwie davon abzubringen sich an Naruz ranzumachen, denn sie sah bereits so aus, als wollte sie sich am liebsten auf der Stelle auf ihn stürzen und ihn verschlingen „Er liebt mich, wir sind so gut wie verlobt, er...er hat mir vor meiner Abreise erst seine unsterbliche Liebe gestanden und wird mir bald einen Ring kaufen. Wir leben zusammen in einer großen Villa und arbeiten oft gemeinsam, wir sind unzertrennlich, Außerdem...“
„Außerdem musst du durch die Wildnis schleichen und ihn anscheinend heimlich verfolgen, anstatt mit ihm zusammen zu reisen und in einem weichen, bequemen Bett zu liegen, während er dich voller Leidenschaft und Hingabe liebt. Sieht mir nicht unbedingt nach einer besonders gefestigten Beziehung aus und erst recht nicht nach wahrer Liebe. Ich glaube, ich habe recht gute Chancen bei diesem mysteriösen Unbekannten, auch wenn er ziemlich widerlich sein muss, wenn er sich mit jemandem wie dir abgibt. Welches normale Wesen würde das schon tun? Wer weiß was man sich bei dir alles einfangen kann...“
„Ach? Hast du nicht eben gerade noch versucht mich zu verführen?“
„Ich bin unsterblich. Die ganzen Krankheiten die du sicher mit dir herumträgst, sind mir egal, ich könnte es verkraften, aber dieser arme, verwirrte junge Mann...er tut mir schrecklich leid. Hoffentlich findet er bald irgendwo ein hübsches, freundliches Mädchen, mit dem er durchbrennen kann. Verdient hätte er es, immerhin musste er dich sicher schon eine ganze Weile ertragen.“
„Wie kannst du nur so etwas furchtbares sagen, du alte Hexe!“ rief Saeca aufgebracht, die lange genug still gewesen war. Sie mochte das neue Eidolon überhaupt nicht und hoffte, dass es endlich wieder verschwand, damit sie mit Onee-chan alleine sein konnte. „Naruz und Onee-chan lieben einander über alles! Er würde sich niemals in eine andere verlieben und sie würde dich sicher niemals küssen, du ekelhaftes Biest! Sie ist...!“
„Lass es gut sein, Saeca. Sie ist nur wütend auf mich, weil ich Fenris besiegt habe, das ist alles. Am besten wir ignorieren ihre kleinen Sticheleien und konzentrieren uns auf das, was vor uns liegt. Plan Demarech.“ unterbrach sie Aleyandra mit einem schwachen Lächeln und versuchte ihr neues Eidolon zu ignorieren. Letztendlich musste Bel Chandra ihr gehorchen, also konnte sie gar nicht zu Naruz gehen und ihn verführen, alles war in Ordnung. „Wir gehen morgen, noch vor Sonnenaufgang, in die Stadt und suchen nach Naruz und seinem Team. Ab da werden wir sie nicht mehr aus den Augen lassen, es sei denn, wir müssen Dangos kaufen gehen. Einverstanden?“
„Hei Onee-chan!“ rief Saeca und hob zur Zustimmung den Arm und grinste voller Vorfreude. Naruz und Dangos, morgen würde ein toller Tag!
„Klingt total bescheuert, aber was anderes habe ich auch nicht von jemandem wie dir erwartet.“ erklang Bel Chandras weniger begeisterte Antwort und zerschlug die Stimmung sofort wieder. Wenn ihre neue Herrin wenigstens ihre Zeit dazu nutzen würde die Welt zu retten oder glorreiche Schlachten zu schlagen oder sich mit ihr ein hübsches, einsames Plätzchen zu suchen, aber nein, sie entschied sich lieber dazu ein allmächtiges Eidolon dazu einzusetzen um ihren Freund zu überwachen. Großartig. Sie würde Tigerius am liebsten das Fell über die Ohren ziehen. Wieso hatte er sie gezwungen eine Seelenverbindung mit diesem Mädchen einzugehen? Obwohl sich alles in ihr dagegen sträubte, seufzte die Elfe letztendlich und ergab sich ihrem Schicksal. Irgendwann würde das Mädchen sicher einfach sterben und dann konnte sie wieder gehen. Die paar Jahre überstand sie schon irgendwie, vor allem wenn dieser Naruz gut genug aussah um sie etwas abzulenken. „Ich verschwinde. Deine Anwesenheit sorgt nur dafür das ich Falten kriege. Wenn du mich brauchst, dann ruf nach mir, aber erwarte nicht das ich sofort angesprungen komme.“
„Sie ist unausstehlich!“ rief Saeca sobald die nackte Elfe sich endlich in Luft aufgelöst hatte „Wie kann sie es nur wagen so gemein zu sein! Du hast ihr doch gar nichts getan, Onee-chan und trotzdem...“
„Vergessen wir sie, soll sie ruhig schmollen und wild um sich schlagen, es ändert nichts mehr daran, dass sie dank Tigerius an mich gebunden ist und auf mich hören muss. Tigerius wird sich etwas dabei gedacht haben, also bin ich ihm dankbar. Gehen wir lieber schlafen. Wir müssen morgen wieder Naruz und seinem Team folgen. Ich traue dieser Mizore nicht, die beiden scheinen sich gut zu verstehen, zu gut.“
„Und was ist wenn wir auf Valerius Salazar treffen?“
„Wir werden die Augen offen halten, wenn du unbedingt willst. Falls wir Valerius sehen, können wir ihn meinetwegen zum Kampf stellen, aber er wird nicht hier sein.“ Aleyandra legte ihr eine Hand auf die Schulter und führte sie zurück zum Lager. Darauf baden zu gehen hatte Aleyandra dank ihrem neuen Eidolon keine Lust mehr, sie wollte nur noch schlafen. „Hör auf dir Sorgen zu machen, Saeca. Diese Reise wird ruhig und entspannt. Alles was wir tun müssen, ist in Naruz Nähe zu bleiben und irgendwie genug Dangos zu finden, um dich am Leben zu erhalten...vielleicht wird es doch schwieriger als erwartet, aber zumindest werden wir nicht in irgendwelche sinnlosen Kämpfe verwickelt.“

Nicht weit entfernt von ihnen, stand eine hochgewachsene, dürre Gestalt auf einem kleinen Hügel und gab sich nicht besonders viel Mühe seine Anwesenheit zu verbergen. Er war zu sehr damit beschäftigt die beiden zu beobachten, um sich groß Sorgen um Tarnung zu machen, außerdem schienen sie mit ihren eigenen Problemen genug beschäftigt zu sein und sahen nicht zu ihm herüber. Stechend gelbe Augen leuchteten in der Nacht aus schlangengleichen Pupillen auf und ein grausames Lächeln umspielte seine Lippen. Valerius hatte geahnt, dass die Kirche ihn verfolgen würde, aber niemals, hätte er mit so einer niedlichen Verfolgerin gerechnet. Zu seiner Zeit, sahen die Inquisitoren und Templer noch nicht so wunderschön aus, aber er würde sich darüber sicher nicht beschweren. Das elfengleiche Eidolon und dieses Mädchen aus dem Urwald interessierten ihn nicht wirklich und er hatte kaum Blicke für sie übrig. Er wollte das Mädchen mit den weißen Haaren, den Rubinaugen und der milchweißen Haut. Sie wäre perfekt für seine Sammlung und übertraf alles was er seit seiner Flucht an Opfern vor sich hatte. Valerius seufzte theatralisch und fragte sich, womit er das überhaupt verdient hatte. Die Frauen in Demarech waren langweilig. Er konnte sich kaum dazu überwinden unter ihnen nach angemessenen Opfern zu suchen und langweilte sich inzwischen zu Tode. Wenn die Kirche nicht so schrecklich prüde wäre, könnte er noch immer in Navea auf die Jagd nach hübschen Adeligen gehen, aber stattdessen musste er sich durch die Wildnis und dröge Kleinstädte schlagen.
Es war so schön gewesen in Navea. Vor seiner Verhaftung, hatte er tun und lassen können was er wollte. Diese lächerlichen Templer hätten ihn niemals erwischt, niemals. Aber irgendwann musste sein dämliches Inquisitorenteam ja unbedingt hinter seine Tarnung kommen. Sie rissen seine wohleinstudierte Fassade nach und nach herunter, bis nichts weiter übrig geblieben war, als die hässliche, brutale Wahrheit und dafür hatten sie bezahlt. Jeder einzelne von diesen Narren, war im Kampf gegen ihn oder später an den Nachwirkungen seiner Gifte gestorben. Wenigstens was das anging, hatte die Gerechtigkeit einmal gesiegt. Mehr als fünf Jahre, hatte er in den magisch versiegelten Kerkern verbracht, bis ihm jemand bei der Flucht half. Jemand, der es ihm erlauben konnte, seine Leidenschaft endlich wieder auszuleben. Seinem neuen Herren war es egal, ob er hin und wieder jemanden umbrachte, Hauptsache er erledigte seine Aufgaben, aber genau das, stellte sich derzeit als Problem heraus. Eigentlich sollte er sich noch diese Nacht in Richtung Minen aufmachen, aber das würde er nicht tun. Wie sollte er jetzt an seine Arbeit denken, wenn solche Perfektion hinter ihm her war? Er wandte kurz den Blick von Aleyandra ab, als er ein leises zischen hörte und sah zu seiner Hand. Grüne, giftige Säure tropfte langsam in einem schmalen Rinnsal seine Finger herunter. Sammelte sich an den langen, klauenartigen Fingernägeln und hin und wieder fiel ein Tropfen der tödlichen Flüssigkeit zu Boden. Der Tropfen ließ dann das Gras, mit dem er in Berührung kam, auf der Stelle verdorren, fraß sich von dort aus weiter in den Boden und ließ alles schmelzen. Nicht mehr lange, und dieses Mädchen mit den weißen Haaren, würde Bekanntschaft mit seinen Giften und Säuren machen. Er konnte es kaum erwarten ihre einzigartige Schönheit zu vernichten. Er liebte es Perfektion zu zerstören, sie nach und nach auszulöschen mit seinen Giften und Säuren.
„Ich spüre es bereits. Die Vorfreude, die durch meinen ganzen Körper pulsiert, meinen gesamten Verstand erfüllt und mir jegliche Sinne raubt. Ich kann es kaum erwarten, meine Klauen in dein warmes, weiches Fleisch zu schlagen und dich mit meinen wundervollsten Giften vollzupumpen, während wir uns in Liebe vereinen.“ flüsterte Valerius, mit vor Aufregung zitternder Stimme „Wir werden sehr viel Spaß miteinander haben, meine kleine Jägerin. Hoffentlich bietest du mir vorher wenigstens einen vernünftigen Kampf, um meine Langeweile endgültig zu vertreiben, aber du siehst leider nicht sehr stark aus, Weißhaar.“ der gesuchte Mörder hob eine seiner Hände und ließ sie über sich schweben, dann legte er den Kopf in den Nacken und öffnete seinen Mund. Von seinen Fingern fielen ein paar Tropfen des Giftes herunter und landeten auf seiner Zunge. Es zischte bedrohlich, als die säureartige Flüssigkeit auf sein Fleisch traf, aber er schluckte es einfach begierig herunter und sofort wurde sein Lächeln breiter. Es war perfekt. Seine neuste Kreation gefiel ihm. Sobald dieses Mädchen damit auch nur leicht in Berührung kam, war sie dem Tode geweiht, aber er würde es sicher nicht bei ein paar Tropfen belassen. Er würde sie damit überschütten, sie mit seinem einzigartigen, neuen Gift übergießen, um ihre Perfektion auszulöschen, so wie er es immer tat. „Egal ob du dich wehrst oder nicht, du wirst deinem Todesengel nicht entkommen, meine Schönheit. Letztendlich, wird von dir nicht mehr übrig bleiben, als ein kleiner Haufen aus geschmolzenen Knochen. Aber keine Angst, in meiner Erinnerung, wirst du immer so perfekt weiterleben, wie du vor unserer Begegnung warst, das verspreche ich dir.“
Zuletzt geändert von Vanidar am 7. Juli 2014 18:00, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Mimir
Praefectus Fabrum
Praefectus Fabrum
Beiträge: 4549
Registriert: 21. August 2011 14:37
Wohnort: Berlin
:
AAR-Schreiber Teilnahme an einem Contest

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 7. Juli 2014 17:56

23. Das Monster der Wunderminen (Öffnen)
Kapitel 23 – Das Monster der Wunderminen:


Paolo saß in seinem Büro, und schien gänzlich in ein Buch vertieft zu sein, dass vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Es war bereits spät am Abend, und sonst war niemand wach in der Villa der Bladelli, bis auf die Person, deren Ankunft er erwartete. Nach einer Weile klopfte es an der Tür, woraufhin Paolo sich aufrichtete, das Buch zuschlug, und sich kurz die Augen rieb, ehe er den Besucher hereinbat. Die Tür schwang auf, und vor ihm stand ein junger Mann, vielleicht im selben Alter wie der Großmeister der Kinder Gaias, Silberblatt. Der Mann hatte grüne Augen, und kurze, schwarze Haare. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein leicht überhebliches Lächeln ab, als er Paolo mit einem Nicken begrüßte, und die Tür hinter sich schloss. Er trug ein rotes Hemd aus Seide, und eine schwarze Hose, an seiner Hüfte hing eine Art Degen, auf dessen Griff er seine linke Hand gelegt hatte. Er versuchte zwar, möglichst lässig zu wirken, aber dennoch strich er immer wieder nervös über den Griff seiner Waffe, während er sich dem Schreibtisch näherte. Auf ein Nicken von Paolo hin, ließ er sich in einem großen Lehnstuhl gegenüber des Großmarschalls nieder. Dem Zimmer schenkte er keinerlei Beachtung, er hatte es schon oft gesehen, und würde sich blind hier drinnen zurecht finden. Paolo legte großen Wert auf Ordnung, und darauf, dass alles an seinem angestammten Platz war, wenn man sich das Zimmer einmal angeguckt hatte, konnte man sich sicher sein, dass sich noch zehn Monate später jedes noch so kleine Stück Papier am gleichen Platz befand.
„Wie kann ich dem großen Paolo Bladelli behilflich sein? Es muss äußerst wichtig sein, wenn du mich zu so später Stunde noch zu dir bestellst.“ sagte er sogleich, und warf Paolo einen fragenden Blick zu.
„Ich freue mich auch, dich zu sehen, Luca. Eine kleine, höfliche Begrüßung wäre durchaus angebracht, meinst du nicht?“
„Natürlich, entschuldige vielmals. Ich wünsche dir eine wunderschöne Nacht, wie geht es dir?“ Die Stimme des Gastes hatte einen leicht genervten Unterton, woraufhin Paolo kurz seufzte.
„Vergiss es, es hat ja doch keinen Sinn, vernünftig mit dir reden zu wollen. Ich denke du weißt sehr wohl, warum ich dich hierher bestellt habe, Luca.“
„Tut mir leid, aber ich muss dich enttäuschen. Ich wüsste nicht, was ich gemacht habe, dass ich spät Nachts ein Privatgespräch mit dir führen muss. Du könntest mich auch einfach tagsüber zu dir bestellen.“
„Es geht um den Zwischenfall von Gestern, vier Mitglieder der Akashi Familie, wurden in einem Lagerhaus der Familie ermordet aufgefunden. Spuren gab es keine, wenn man von einem Dolch, mit dem Wappen der Bladelli absieht... einem Fehdedolch.“
„Und du willst, dass ich die Untersuchung leite?“
„Denkst du, ich bin dumm, Luca?“
„Muss ich ehrlich antworten?“ Kaum hatte er es gesagt, erstarrte Luca auch schon, und sein Blick wanderte langsam nach unten, zu seiner Kehle, an der sich ein kurzes, spitzes Messer befand. Von hinten flüsterte ihm die kalte, bedrohliche Stimme einer Frau ins Ohr.
„Dir mangelt es an Respekt, Jüngling! Du sprichst mit dem Oberhaupt der Bladelli Familie!“
„Ah, die Wachhündin der Bladelli Familie, du lebst ja noch immer. Ich hatte eigentlich gedacht, dass Paolo dich schon lange eingeschläfert hat. Wo warst du eigentlich, als Marius ermordet wurde? Eine kleine Pause eingelegt?“
„Du weißt ganz genau, dass sie die Villa nicht verlassen kann, solange...“
„Ja, ja, schon gut alter Mann.“
„Wenn du ihm schon nicht auf Grund seines Ranges Respekt zollen kannst, dann tue es wenigstens, weil er...“
„Weil er was? Weil er mein Großvater ist? Ich soll ihn respektieren, weil er meine Mutter in die Welt gesetzt hat? Soll ich ihn auch noch dafür respektieren, dass er seiner eigenen Tochter...“
„Seid still! Alle beide!“ donnerte Paolos Stimme durch das Zimmer, was Luca tatsächlich den Mund schließen ließ, auch wenn er seinen Großvater wütend anstarrte. Inzwischen war das Messer von seiner Kehle verschwunden, ebenso wie die Frau, die hinter ihm gestanden hatte, ihren Schemen konnte er nun in einer dunklen Ecke des Zimmers ausmachen, wo sie in Paolos Nähe auf dem Boden kniete.
„Entschuldigung, Großvater.“ meinte Luca, mit gehässiger Stimme. „Also, wenn du nichts dagegen hast, wüsste ich gerne, warum ich hier bin, ich bin ein vielbeschäftigter Mann.“
„Daran zweifle ich auch gar nicht. Wo warst du Gestern, ungefähr gegen Mittag?“
„Das geht dich gar nichts an! Moment, glaubst du etwa, ich habe etwas mit der Sache zu tun?“ Luca gelang es meisterlich, seine Überraschung und seinen Ärger vorzuspielen. Natürlich war er es gewesen, der den Mord an den Akashi befohlen hatte, aber das brauchte Paolo ja nicht zu wissen, der würde ihm nur einen Vortrag über Ehre halten, und ihn am Ende ausliefern. Leider unterschied sich seine Auffassung von Ehre sehr von der, seines Enkels. Jeder andere Bladelli hätte Lucas Aktion in höchsten Tönen gelobt, und gesagt, dass er richtig gehandelt hatte, er hatte die Ehre der Bladelli geschützt, und dafür gesorgt, dass Marius' Tod nicht ungesühnt blieb! Und eigentlich war das auch das einzige, was ihn interessierte, die Ehre der Bladelli Familie kümmerte ihn nicht viel, es ging ihm eher darum, einen guten Freund zu rächen, und dessen Ehre wiederherzustellen.
„Es geht mich sehr wohl etwas an! Die ganze Sache könnte zu einer ausgewachsenen Fehde mit den Akashi eskalieren!“
„Dann werden wir sie zerschmettern.“ meinte Luca verächtlich. „Sie sind vielleicht mehr, aber nicht genug, um gegen uns zu bestehen, wir haben die besseren Kämpfer.“
„Glaubst du das wirklich selbst? Die Akashi haben die Kinder der Gaia, sogar du hättest keine Chance gegen ihren Großmeister.“
„Unterschätze mich nicht!“ zischte Luca, sprang von seinem Stuhl auf, und packte den Griff seines Degens, während er mühsam versuchte ruhig zu bleiben. „Nur weil meine Mutter meinte, dass ich nicht... ihre Ansprüche erfüllt habe, heißt das nicht, dass ich kein guter Magier bin! Ich mag nicht so talentiert sein wie mein Bruder, aber ich würde diesen Silberblatt leicht vernichten!“
„Du unterschätzt ihn.“ kommentierte Paolo trocken, und schüttelte kurz den Kopf. Dann wurde sein Tonfall sanfter, und schaffte es sogar Luca zu beruhigen, so dass dieser sich wieder hinsetzte, und die Hand von seiner Waffe nahm. „Ich weiß, dass du talentiert bist. Du bist klug, ein guter Duellant, ein mächtiger Magier, und du stehst treu zur Bladelli Familie, deswegen habe ich dich auch zum Erben ernannt... trotz deiner Fehler.“ Luca schnaubte verächtlich bei diesen Worten.
„Die Bladelli Familie kann zur Hölle fahren! Marius war der einzig vernünftige Mensch, den man bei euch finden konnte!“ zischte er, und wandte den Blick ab.
„Und doch dienst du der Familie, so gut du es kannst. Also, beantworte meine Frage, wo warst du gestern, zur Mittagszeit?“ Luca seufzte, und setzte einen genervten Gesichtsausdruck auf.
„Ich war mit ein paar... Freundinnen essen, und ein wenig trinken.“
„Wo? Was habt ihr gegessen, was habt ihr getrunken?“
„Südlicher Marktplatz, ich hatte einen Thunfischsalat, danach ein Steak und als Nachspeise ein Eis. Getrunken habe ich Wein. Sonst noch Fragen? Willst du wissen, wie meine Begleiterinnen hießen? Was sie anhatten? Wo wir waren, während sie nichts mehr anhatten?“ Paolo verzog das Gesicht, bei Lucas Worten, woraufhin dieser lächelte. Er hatte nicht einmal gelogen, er war wirklich mit zwei seiner Bekannten in der Stadt gewesen, zwar erst gegen Abend, aber das musste Paolo ja nicht wissen.
„Wie kann sich ein Mitglied der Bladelli Familie so schamlos verhalten und... und...“ begann die Frau in den Schatten, schien jedoch nicht zu wissen, was sie sagen sollte.
„Ja?“ fragte Luca, mit geheucheltem Interesse. „Wie kann ich einfach so...?“
„Rumhuren!“ zischte die Frau, und Luca zuckte kurz zusammen, als er die beinahe schon boshafte Aura spürte, die von ihr in seine Richtung geschickt wurde. Dann lächelte er jedoch wieder.
„Oh, es ist ganz leicht, glaube mir. Außerdem wäre ich nicht der erste Bladelli, der rumhurt, nicht wahr, Großvater?“ Paolo versteifte sich. Ihm vielen nur zwei Dinge ein, auf die Luca anspielen könnte, und egal was davon es war, es war äußerst schlecht, schlecht für Paolo.
„Wovon redest du?“ fragte er, und klang dabei vollkommen gelassen, allerdings schaffte er es nicht, Luca zu täuschen.
„Sagen wir es so... ich bin nicht so unfähig und dumm, wie du es gerne hättest. Dachtest du wirklich, ich würde nie merken, dass ich eine Tante habe? Ah... ja, ja, da staunst du, nicht wahr? Wie geht es ihr eigentlich? Der große, ehrenvolle Paolo Bladelli, falls jemals irgendwer herausfinden sollte, dass du...“
„Sei still!“ zischte die Frau ihn an, und wieder spürte er ihre boshafte Aura, dieses mal zuckte er jedoch nicht zusammen, er war es gewohnt, sie zu spüren, immerhin nervte sie ihn schon seit Jahren, und hatte sich früher einen Spaß daraus gemacht, ihm damit Angst einzujagen.
„Oh? Man könnte glatt meinen, dass du auch auf Großvater stehst.“
„Ich diene der Bladelli Familie, das hat nichts damit zu tun, ob ich auf meinen Meister... 'stehe', oder nicht.“
„Wie auch immer, wenn das dann alles war, bin ich weg, Großvater, es war schön, dich mal wieder zu sehen.“ meinte Luca, stand auf und begab sich zur Tür, Paolo machte keinerlei Anstalten ihn aufzuhalten, er war noch immer zu schockiert darüber, dass Luca sein Geheimnis aufgedeckt hatte. „Ach ja, eine Frage habe ich noch.“ meinte Luca plötzlich, drehte sich um, und starrte Paolo aus kalten Augen an, während seine Hand erneut zu seiner Waffe wanderte.
„Ja? Was denn?“
„Mein Bruder... lebt er noch?“Paolo ließ sich Zeit mit seiner Antwort, woraufhin Luca wieder einen Schritt in den Raum trat, und einen beinahe schon wahnsinnigen Gesichtsausdruck bekam. „Paolo! Mein Bruder! Lebt er noch?!“ Paolo hielt dem Blick seines Enkels stand, seufzte dann jedoch schließlich.
„Ja, er lebt noch. Es geht ihm gut, keine Sorge.“
„Wann darf ich zu ihm? Ich habe ihn seit so vielen Jahren nicht mehr gesehen!“
„Du wirst ihn sehen, sobald ich mir sicher sein kann, dass es keine... Probleme geben wird.“ Eine Weile lang starrte Luca seinen Großvater an, dann wandte er sich ab und ging wieder zur Tür.
„Sollte ich herausfinden, dass du mich anlügst, und dass er tot ist... dann wird dich nichtmal deine tollwütige Hündin retten können, Paolo!“ mit diesen Worten stürmte er aus dem Zimmer, und knallte die Tür hinter sich zu. Kaum war er weg, atmete Paolo auch schon erleichtert aus.
„Ist alles in Ordnung, Meister?“ fragte die Frau, mit besorgter Stimme. Sie wusste, dass es nicht leicht für ihn war, mit seinem Enkel zu reden. Es tat ihm in der Seele weh, zu sehen, wie sehr dieser ihn hasste, ebenso wie es ihm weh tat, dass er den Bruder als Druckmittel verwenden musste, um ihn unter Kontrolle zu halten.
„Ja, mir geht es gut. Es ist schwierig, mit ihm zu reden, ich weiß nie, was er gerade denkt.“
„Soll ich ihn verfolgen? Ich könnte ihn beschatten, ich bin mir nicht sicher, ob wir ihm trauen können.“
„Das wird nicht nötig sein, wir können ihm vertrauen.“
„Seid Ihr Euch da sicher?“
„Ja, er wird uns nicht verraten, dafür liebt er seinen kleinen Bruder zu sehr.“
„Meint Ihr nicht, dass es an der Zeit ist, ihm die Wahrheit zu sagen? Früher oder später, wird er es rausfinden, und er wird nicht gerade glücklich darüber sein, dass Ihr es ihm verschwiegen habt.“
„Da magst du Recht haben, aber wer weiß, was er anstellen wird, sobald er die Wahrheit kennt. Wie auch immer, wir müssen uns etwas einfallen lassen. Ich bezweifle nicht, dass Luca die Akashi umgebracht hat, aber ohne Beweise bringt es nichts... und ich würde ihn nur äußerst ungern vor Gericht sehen.“
„Wegen dem, was er herausgefunden hat?“ Paolo nickte. „In dem Fall... wie wäre es, wenn ich diesen Großmeister Silberblatt für Euch ausschalte? Er schreit am lautesten, gegen die Bladelli, wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt, ihn für immer verstummen zu lassen...“
„Nein... danke für das Angebot, aber nein. Ich hege noch immer die Hoffnung, dass wir die ganze Sache friedlich lösen können. Außerdem... Silberblatt ist ein talentierter Kämpfer, er könnte es sogar mit mir aufnehmen. Ich weiß nicht, ob du gewinnen könntest.“
„Ich gehorche Eurem Befehl, Meister.“ meinte die Frau, und senkte ihr Haupt. Gerade als Paolo aufstehen, und zu Bett gehen wollte, hob sie wieder den Kopf. „Ach ja, eine Sache noch Meister.“
„Was ist?“
„Mir ist während einem meiner Rundgänge etwas aufgefallen, es geht um eine lose Wanddiele, nahe der Küche. Ich habe dort etwas äußerst... seltsames gefunden, Ihr solltet es Euch ansehen.“

Der nächste Tag, nahe Demarech:

Bild


Aleyandra ging ungeduldig vor ihrem abgebauten Lager auf und ab, und sie sah alles andere als glücklich aus. Plan Demarech hatte sich um einiges verzögert, sehr zu ihrem Missfallen. Kaum waren sie aufgewacht, und hatten sich daran gemacht das Lager abzubauen, da war Saeca auch schon aufgesprungen, als hätte sie eine Biene gestochen, und hatte begonnen, wie ein Hund in der Luft herumzuschnuppern... obwohl, wie ein Hund nicht, eher wie ein Eichhörnchen, dass nach einem seiner Wintervorratslager suchte. Nach einer Weile meinte sie schließlich, dass sie etwas gespürt hatte, und dass sie es unbedingt untersuchen musste, sie hatte Aleyandra geradezu angefleht, ihr eine Stunde Zeit dafür zu geben, sich in einer nahen Höhle ein wenig umzusehen, hatte jedoch auch darauf bestanden, alleine zu gehen. Eigentlich hatte Aleyandra ablehnen wollen, aber als sie Saecas ungewöhnlich ernsten und entschlossenen Gesichtsausdruck bemerkt hatte, hatte sie doch zugestimmt, was sie mittlerweile bereute, denn die Stunde war längst rum, und von Saeca war noch immer keine Spur zu sehen, auch von Merilee nicht, dem Eidolon hatte Saeca es gestattet, sie zu begleiten. Zwar war Aleyandra hauptsächlich ungehalten und wütend, auf Grund dieser Verzögerung, machte sich jedoch auch ein wenig Sorgen um Saeca. Diese war nur ein Jahr jünger als sie selbst, wie sie letztendlich herausfinden konnte, war aber trotzdem eher noch ein Kleinkind, und konnte nicht einmal auf sich selbst aufpassen. Was, wenn ihr etwas passiert war? Das könnte Aleyandra sich nicht verzeihen, also hoffte sie, dass Saeca einfach nur irgendwo herumtrödelte, und die Zeit vergessen hatte, was allerdings nicht leicht war, denn Bel Chandra stand direkt neben Aleyandra, und machte sich eine Freude daraus, sie zum verzweifeln zu bringen.
„Es sind jetzt schon fast zwei Stunden vergangen, willst du nicht nach deiner kleinen Freundin suchen?“
„Das wird nicht nötig sein, Saeca hat mir versprochen, dass sie rechtzeitig wieder hier sein wird.“ murmelte Aleyandra, eher zu sich selbst, als zu Bel Chandra.
„Und das war sie nicht, sie ist bestimmt tot, das muss dir klar sein. Die Ebenen nahe Demarech sind nicht ungefährlich, wahrscheinlich hat sie ein Löwe angefallen, oder ein Raubvogel. Vielleicht war es ja auch eine der magischen Kreaturen, die sich noch in den Ruinen herumtreiben sollen.“
„Sei einfach still!“ zischte Aleyandra der Elfe zu. Sie wollte das alles nicht hören, sie wollte nicht einmal daran denken, dass Saeca etwas zugestoßen sein könnte. Was hatte sie bloß dazu gebracht, die junge Armani alleine losziehen zu lassen?
„Ich werde ganz bestimmt nicht... oh, schade.“ in Bel Chandras Stimme schwang Enttäuschung mit, als sie sah, wie sich jemand ihrem Lager näherte, es war Saeca, und sie hielt etwas in der Hand, dass Aleyandra als eine Schwertscheide erkennen konnte! Jetzt wo sie die Armani in Sicherheit wusste, war sie erleichtert, und konnte sich ganz darauf konzentrieren, wütend zu sein, ob der Verzögerung. Gerade als Saeca das Lager erreicht hatte, wollte Aleyandra auch schon anfangen zu schimpfen, als sie bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Vom Enthusiasmus und der Entschlossenheit der Armani, den diese vor ein paar Stunden noch zur Schau gestellt hatte, war nichts mehr zu sehen. Stattdessen wirkte sie vollkommen niedergeschlagen, und ihre Augen schienen leer zu sein. Merilee schwebte die ganze Zeit neben Saeca, und tätschelte ihren Kopf, während sie leise, und beruhigend auf sie einredete, als sie Aleyandra bemerkte, schüttelte die Fee kurz den Kopf, woraufhin Aleyandra endgültig den Mund schloss, und wartete, bis Saeca eine Erklärung liefern würde. Nach einer Weile richtete Saecas leerer Blick sich auf Aleyandra.
„Onee-chan...“ flüsterte sie mit schwacher Stimme, dann plötzlich, fing sie an zu weinen, und zwar so laut und unkontrolliert, wie Aleyandra es noch nie bei ihr erlebt hatte.
„Wunderbar, das tue ich mir nicht an, viel Spaß noch.“ meinte Bel Chandra, und war verschwunden, doch Aleyandra achtete sowieso nicht auf sie, sondern auf Saeca, die vor ihr auf den Boden gesunken war, noch immer weinte, und dabei auf die Schwertscheide in ihrer Hand starrte. Sie war schwarz, mit einer silbernen Schlange, welche in sie eingraviert war, hier und da waren seltsame Schriftzeichen zu sehen, wahrscheinlich die Sprache der Armani. Aleyandra erkannte am Griff der Waffe, und der fehlenden Parierstange, dass es sich beim Schwert um ein Katana handeln musste, die bevorzugte Waffe, der Armani.
„Saeca? Ist alles... ist das eine der Reliquien, nach denen du gesucht hast?“ fragte Aleyandra zögerlich, sie wusste nicht wirklich, wie sie in dieser Situation reagieren sollte. Die Armani nickte kurz, und schluchzte. „Das ist doch gut, oder?“ fragte Aleyandra, und hockte sich vor Saeca hin. Ehrlich gesagt hätte sie nicht erwartet, dass es diese Reliquien wirklich gab, anscheinend hatte sie sich da geirrt. Allerdings stellte sich die Frage, warum Saeca so reagierte, Aleyandra hätte eher damit gerechnet, dass sie sich freute, und überglücklich war.
„N-nein, es ist schrecklich... einfach nur furchtbar... Onee-chan, es ist... es ist... es ist kaputt!“ Saeca schaffte es geradeso das zu sagen, ehe sie erneut anfing zu weinen, und die Schwertscheide an Aleyandra weitergab. Diese fasste zögerlich den Griff an, und zog die Klinge heraus. Der Griff war ebenso schwarz wie die Schwertscheide, und endete in einem silbernen Schlangenkopf, die Klinge des Katanas hingegen, war jadegrün, besser gesagt, das was von der Klinge da war, war jadegrün, denn ungefähr die Hälfte des Katanas fehlte, man konnte deutlich sehen, wo die Klinge zerbrochen war. Während Aleyandra sich die Waffe genauer ansah, schluchzte Saeca weiterhin vor ihr, und murmelte die ganze Zeit über irgendetwas, in ihrer Sprache. „I-ich werde nie wieder nach Hause können!“ entfuhr es ihr plötzlich, und sie riss vor Angst die Augen auf. „Ich habe... ich habe versagt, ich kann mich nicht mehr in meinem Dorf blicken lassen!“ rief sie, nun mit einem panischen Unterton in der Stimme, und schlang ihre Arme fest um ihren Körper, während sie auf den Boden starrte.
„Merilee?“ fragte Aleyandra plötzlich flüsternd, so leise, dass Saeca sie nicht hören konnte, und das Eidolon schwebte zu ihr hinüber.
„Was gibt es?“ fragte die Fee sofort, und sah traurig zu ihrer Freundin hinüber, sie wusste nicht ganz, was sie tun sollte, Aleyandra hingegen, war etwas eingefallen. Noch während ihrer Zeit in Navea, hatte sie von Merilee ein kleines Buch bekommen, ein Buch, dass sie zuerst ignoriert hatte. Nach dem Zwischenfall mit dem Gulasch jedoch, hatte sie es sich einmal angeguckt, es war weniger ein Buch, eher eine Art... Anleitung, eine Anleitung für Saeca, um genau zu sein.
„Kannst du mir eine Schachtel Dango geben? Für Saeca.“
„Ich... ich weiß nicht, ob Dango in dieser Situation helfen werden, aber gut, welche Dango meinst du genau?“
„Die von Seite siebzehn, du weißt schon, diese... ähm...“
„Anko-Dango?“
„Ja, genau die!“
„Aber davon haben wir nicht so viele, die kommen aus dem Dorf, und sind eigentlich für Notfälle gedacht, wie zum Beispiel, wenn Saeca Heimweh hat.“
„Vertraue mir einfach, ich weiß schon, was ich tue.“ Die Fee zögerte noch kurz, nickte dann jedoch, und flog zu einem der Rucksäcke hinüber. Nach einer Weile kam sie zurück, mit einer kleinen, goldenen Schachtel in der Hand, und überreichte sie Aleyandra. Diese öffnete die Schachtel und sah hinein, dort lagen ein Dutzend Holzspieße, auf denen jeweils fünf kleine Reisklöße lagen, die mit einer Art roten Paste bestrichen waren. Zögerlich nahm sie einen der Spieße, und hielt ihn vorsichtig vor Saecas Nase. Diese unterdrückte ihr Schluchzen, sah kurz zu Aleyandra auf, und schnupperte vorsichtig an den Dango vor ihrer Nase. Dann nahm sie den Holzspieß, und aß einen der Klöße, der sich dort befand. Bevor Aleyandra überhaupt wusste, was geschah, saß Saeca plötzlich im Schneidersitz vor ihr, mit der Schachtel auf ihrem Schoß, und schaufelte die Dango in sich hinein. Als sie fertig war, sah sie mit großen, wässrigen Augen zu Aleyandra auf.
„Danke, Onee-chan.“ meinte sie, und rieb sich die Augen.
„Geht es dir jetzt ein wenig besser?“ fragte Aleyandra freundlich, und lächelte das Mädchen an. Saeca nickte.
„Aber... aber das Schwert...“
„Hm, warum erzählst du mir nicht ein wenig über die Waffe?“ fragte Aleyandra, und versuchte Saeca damit abzulenken, ehe sie erneut anfing zu weinen, denn Merilee hatte recht, die Anko-Dango gingen langsam zur Neige, es gab nicht mehr viele Schachteln davon.
„D-das kann ich nicht, Onee-chan.“
„Was? Warum nicht?“
„Weil du zur Kirche gehörst!“
„Das verstehe ich nicht ganz.“
„Meine Eltern haben es mir erzählt, wenn ich mit jemandem aus der Kirche, über unsere Reliquien, Gaia, oder Eidolons rede, dann...dann...“ plötzlich fing Saeca doch wieder an zu weinen, und sah Aleyandra ängstlich an. „Bitte, Onee-chan, verbrenne mich nicht!“
„Was? Wovon redest du?“
„I-ich habe davon gehört, wenn wir Armani über unseren Glauben reden, dann... dann werden wir verbrannt! Wenn ich dir von Kusanagi erzähle, wirst du mich verbrennen!“ Anstatt sofort zu antworten, beugte Aleyandra sich nach vorn, umarmte Saeca, und strich ihr sanft durch das schwarze Haar.

Bild


„Das ist Unsinn.“ sagte sie schließlich, mit sanfter, freundlicher Stimme, und lächelte Saeca an. „Ich würde dir nie etwas antun, nur weil du von deinem Glauben sprichst.“
„H-hontoni, Onee-chan?“ Aleyandra nickte, und Saeca schien sich wieder zu beruhigen.
„Also, willst du mir ein wenig von den Reliquien erzählen?“ Saeca zögerte kurz, rieb sich dann jedoch wieder die Tränen aus den Augen, und setzte sich auf das Gras, Aleyandra ließ sich neben ihr nieder.
„Als erstes musst du wissen, dass die Waffen, die wir als Reliquien verehren, nicht von Menschen geschaffen wurden.“
„Nicht? Von wem dann? Den Alfar?“ Die Armani schüttelte den Kopf.
„Es sind die zwei heiligen Waffen, Kusanagi, das Schwert des Windes, und Vajra, die Axt des Feuers. Sie wurden von Göttern erschaffen.“
„Gaia hat diese Waffen geschmiedet?“ fragte Aleyandra, und zog eine Augenbraue hoch, aber erneut schüttelte Saeca den Kopf.
„Nein, diese Waffen sind alt, sehr alt, älter als der Kirchenstaat von Süd-Midgard, sogar noch älter als die Stadt Navea. Sie stammen aus einer Zeit, in der es noch mehr Götter gab, und sie alle auf Terra wandelten.“
„Mehr Götter? Du meinst, es gab außer Gaia noch andere?“
„Genau, Gaia war zu dieser Zeit bekannt als die Göttin der Liebe und der Schönheit. Allerdings war sie schon immer leicht gelangweilt, und suchte immer nach neuen Abenteuern und Herausforderungen, so kam sie eines Tages dorthin, wo heute mein Dorf steht. Dort begegnete sie den Schmieden der Waffen, dem Gott der Weisheit und des Frühlings, Vanidar, und dem Gott der Weisheit und des Herbstes, Mimir.“
„Moment, zwei Götter der Weisheit?“ Saeca nickte.
„Die beiden waren praktisch immer in der Nähe voneinander zu finden, und sie stritten sich die ganze Zeit, über jede noch so kleine Sache. Manchmal endeten diese Streitereien in einem Duell, jedoch hatte der Sieger des Duells den Verlierer immer am Leben gelassen. Vanidar war der Schmied des Kusanagi, Mimir hat Vajra erschaffen, welche der beiden Waffen nun überlegen war, war eines der vielen Dinge, um die sie sich gestritten haben. Gaia kam also zu ihnen, und blieb dort eine Weile, in der Hoffnung, dass ihr die Götter der Weisheit etwas neues beibringen, oder sie zumindest eine Weile von ihrer Langeweile erlösen könnten. Allerdings war sie schon bald äußerst enttäuscht, vom Verhalten der beiden Götter. Sie konnte einfach nicht verstehen, wie zwei Wesenheiten, die sich so gleich sind, dermaßen hassen können, also beschloss sie, dass es besser wäre, die Streitereien der beiden ein für alle mal zu beenden. Als sich die beiden mal wieder duellierten, griff Gaia in den Kampf ein, und versuchte Vanidar dabei zu helfen, Mimir zu töten und endgültig aus dem Weg zu räumen. Zu ihrer Überraschung jedoch, lehnte der Gott ihre Hilfe ab, er wehrte gar einen Schlag ab, der tödlich für Mimir gewesen wäre, und rettete ihm so das Leben. Letztendlich führte das dazu, dass die beiden Götter sich verbündeten und gemeinsam gegen Gaia kämpften. Der Kampf dauerte ganze dreizehn Tage, bis Gaia schließlich als Siegerin inmitten des Dschungels stand, der vom Kampf der Götter gezeichnet war. Erschöpft, und dem Tode nahe lagen die beiden Götter nebeneinander auf dem Boden, vor Gaia, und führten das, was sie für ihr letztes Gespräch hielten, es war das erste mal, dass Gaia die beiden normal miteinander hatte reden hören, und erst dann ging ihr auf, dass sich die beiden Götter keinesfalls hassten, sondern dass sie viel eher gute Freunde waren, auch wenn keiner der beiden es jemals zugegeben hätte. Gaia sah nun ein, dass sie einen Fehler gemacht hatte, und aus Mitleid beschloss sie, die beiden gefallenen Götter zu retten. Sie nahm ihre Seelen, und schenkte ihnen neue Körper, besser gesagt band sie die Seelen an Vögel des Dschungels. Vanidar erhielt den Körper eines Kolibris, dessen Federn blau und silbern glänzten, während Mimir in den Körper eines dicken, schwarz-rot gefiederten Kolibris gesteckt wurde. Die beiden Götter konnten ihr Glück gar nicht fassen, noch am Leben zu sein, als sie einander jedoch bemerkten, da begannen sie sofort wieder zu streiten. Dieses mal störte Gaia sich jedoch nicht daran, denn sie wusste, dass die beiden einfach nicht anders konnten, stattdessen lächelte die Göttin, und setzte die beiden Kolibris auf ihre Schulter. Seither begleiteten Vanidar und Mimir Gaia überallhin, und standen ihr mit Ratschlägen, und ihrer Weisheit zur Seite... wenn sie sich nicht gerade stritten. Die Waffen der beiden Götter jedoch, wurden dort im Dschungel gelassen, als Denkmal für die Götter, die gestorben und wiedergeboren waren.“ Mit diesen Worten endete Saeca, und sah Aleyandra erwartungsvoll an, fast wie ein kleines Kind, dass dafür gelobt werden wollte, dass es gerade ein Gedicht auswendig gelernt und fehlerfrei aufgesagt hatte.
„Also... das war eine tolle...“ Aleyandra war sich nicht sicher, ob sie 'Geschichte' sagen sollte, eventuell wäre die Armani dann noch beleidigt, immerhin ging es um ihre Religion, aber das ganze hörte sich einfach viel zu seltsam an, als dass es wirklich sein könnte.
„Eine tolle Geschichte?“ fragte Saeca, und Aleyandra nickte zögerlich.
„Das finde ich auch, es ist eine meiner Lieblingsstellen, im Buch der Gaia.“
„Buch der Gaia?“
„Ja, jeder der alten Götter hat bei uns ein eigenes Buch, in denen ihre Geschichten, Abenteuer und Erlebnisse aufgeschrieben sind. Vanidar und Mimir teilen sich ein Buch, da sie eh die ganze Zeit zusammen waren, und ihr Buch endet damit, wie eine wunderschöne Fremde zu ihnen kommt, um von ihnen zu lernen, danach wird ihre Geschichte im Buch der Gaia fortgesetzt, denn seither waren sie immer an der Seite der Göttin zu finden, es heißt sogar, die beiden hätten sich in sie verliebt, aber da streiten sich die Gelehrten der Armani noch Heute drüber.“
„Ich verstehe.“ murmelte Aleyandra, der plötzlich eine Idee gekommen war. „Weißt du, Saeca, in Navea gibt es eine Frau namens Analisa, sie wird auch 'die heilige Schmiedin' genannt. Sie hat zum Beispiel Naruz' Schwerter hergestellt. Sobald wir hier fertig, und wieder in Navea sind, können wir sie einmal besuchen, und gucken, ob sie Kusanagi nicht reparieren kann, hört sich das gut an?“ Saeca nickte.
„Ja, ja, das hört sich sehr gut an! Danke, Onee-chan!“ rief sie, und umarmte Aleyandra stürmisch, woraufhin diese nur lächelte, und Saeca kurz den Kopf streichelte, ehe sie die Armani ein wenig von sich schob, und aufstand. „Also gut, aber zuerst müssen wir hier fertig werden, und wir haben schon viel Zeit verloren. Mach dich bereit, Saeca, wir müssen Naruz finden!“

Bild


Naruz befand sich inzwischen nicht mehr in Demarech, sondern in den Ebenen, die in Richtung Wunderminen führten. Nachdem er und sein Team am Tage zuvor ins Hauptquartier begeben hatten, hatte Mizore keine Zeit verloren, und ihnen alles gesagt, was sie über die vermissten Personen wusste. Eines hatten sie alle gemeinsam, sie alle hatten während ihrer Forschungen die Wunderminen von Demarech mindestens einmal besucht. Also hatten Naruz und Mizore beschlossen, den Minen einen Besuch abzustatten, und sie sich einmal anzusehen. Da die Schwerttänzerin jedoch kein Pferd hatte, waren sie zu Fuß unterwegs, auch wenn das Naruz nicht wirklich störte. Er ging zusammen mit Mizore an der Spitze der Truppe, und unterhielt sich die ganze Zeit mit ihr, während Serif über ihnen in der Luft schwebte, und Shirayuki um sie herumflog, und ziemlich aufgekratzt zu sein schien.
„Die Minen wurden vor ein paar Tagen fürs erste stillgelegt, weil die Arbeiter sich weigern, dorthin zu gehen, sie behaupten dort gibt es ein Monster, das Jagd auf jeden macht, der sich in die Nähe wagt.“ meinte Mizore, und streckte sich ein wenig, es war ein warmer Tag, viel zu warm, für ihren Geschmack, aber dafür hatte sie ja Shirayuki in ihrer Nähe, die glich durch ihre bloße Anwesenheit die Temperaturen ein wenig aus.
„Ein Monster? Um was genau soll es sich handeln? Einen Dämon?“
„Das weiß ich nicht, keiner der Arbeiter hat etwas gesehen, sie sagen nur, dass hin und wieder einige ihrer Kollegen spurlos verschwunden sind, wenn das stimmt, könnte es vielleicht mit den verschwundenen Forschern zusammenhängen. Meine Theorie ist, dass sie in den Minen etwas entdeckt haben, dass sie nicht hätten finden sollen, und dafür aus dem Weg geräumt worden.“ Naruz schwieg, und dachte über die Worte der Schwerttänzerin nach.
„Wenn das stimmt...“ meinte er schließlich, und sah Mizore an. „Wer hat sie verschwinden lassen? Und was sollen sie gefunden haben?“
„Ich schätze, es hat mit den Alfar zu tun, erst vor ein paar Wochen war eine Truppe von ihnen hier, ein Späher des Mondordens hat sie hierher verfolgt, sie kamen aus dem Cactaraka Dschungel. Was sie dort gemacht haben, weiß er nicht, er weiß nur, dass sie sich zuerst in einer Höhle nahe des Mondtempels herumgetrieben haben, ehe sie zu den Minen gingen, ich wette, die sind an der ganzen Sache schuld.“
„Wie kommt es eigentlich dazu, dass hier bist? Ich dachte immer, dass die Schwerttänzerinnen und Kleriker dazu da sind die Tempel zu beschützen, und das wenn, nur die gewöhnlichen Tempelwachen auf Außeneinsätze geschickt werden.“
„Das stimmt, bei mir ist es eine Ausnahme, ich bin hier, weil meine Mutter befürchtet, dass das hier weit mehr ist, als nur ein paar verschwundene Forscher. Sie hat ein sehr schlechtes Gefühl bei der Sache, weshalb sie mich geschickt hat, sie vertraut mir, und sie weiß, dass ich meine Aufträge gewissenhaft erledige... auch wenn ich zwischendurch kleine Pausen mache, um ein wenig Spaß zu haben, wenn man das Leben zu ernst nimmt, wird alles öde und langweilig, das ist zumindest meine Meinung.“
„Ach ja? Und was machst du hier draußen in Demarech, um Spaß zu haben?“
„Mich mit netten Inquisitoren duellieren, die mir über den Weg laufen.“ meinte sie, und zwinkerte ihm zu, ehe sie einen gespielt strengen Gesichtsausdruck aufsetzte. „Auch wenn ich es überhaupt nicht mag, wenn man mich gewinnen lässt, ich bin keine schlechte Verliererin, musst du wissen, ich kann mit einer Niederlage leben.“
„W-was? Wovon redest du?“
„Denkst du etwa, ich habe nichts bemerkt? Gut, um ehrlich zu sein, ich habe nichts gemerkt, aber Shirayuki hat mir hinterher gesagt, dass du meinen Zauber hättest stoppen können.“
„Ah... ich verstehe.“ Naruz warf einen Blick auf das Eidolon, das gerade neben ihm flog, und ihn einfach nur anstarrte, irgendwie wurde Shirayuki ihm ein wenig unheimlich. „Also, es tut mir leid, ich wollte dich nicht beleidigen, indem ich dich gewinnen lasse, es war nur so, dass ich... zu dem Zeitpunkt abgelenkt war.“
„Abgelenkt? Wovon?“
„Ich... ähm, musste an jemanden denken.“
„Ach ja? An wen denn? Oh, hast du etwa eine Freundin? Ist sie auch eine Botschafterin der Gaia?“
„Ich... also... ähm... ich... ich hatte mal eine Freundin, aber wir haben uns vor kurzem getrennt.“ murmelte Naruz, und wand sich unter Mizores Blick, die ihn neugierig anstarrte. Er wollte jetzt nicht an Aleyandra denken, er war zwar vor seinem Aufbruch nach Demarech wieder freundlicher zu ihr gewesen, aber er wusste noch immer nicht, wie er von nun an mit ihr umgehen sollte. Deshalb war er auch recht froh gewesen, dank seines Auftrags eine Weile von ihr fortzukommen. Zum Glück bohrte Mizore nicht weiter nach.
„Oh, ich verstehe. Ich habe vor kurzem auch mit meiner Schluss gemacht.“
„Wirklich? Was für ein... Moment, was hast du gesagt?“
„Ja, wirklich ein Zufall. Sie war auch eine Schwerttänzerin des Sonnenordens, musst du wissen. Als ich zur Botschafterin wurde, ist sie allerdings ziemlich eifersüchtig geworden, wegen Shirayuki. Nach einer Weile habe ich es einfach nicht mehr ausgehalten, und unsere Wege haben sich getrennt.“
„Ich... ich verstehe.“ meinte Naruz lediglich, und suchte in Mizores Gesicht noch immer nach einem Anzeichen dafür, dass sie sich einen Spaß erlaubt hatte, aber sie sah vollkommen ernst aus. Währenddessen lief der Rest von Naruz' Team hinter ihnen her, mit einer ziemlich ungehaltenen Victoria in ihrer Mitte. Für ihre schlechte Laune gab es natürlich auch einen Grund, oder besser gesagt, zwei Gründe. Der erste Grund hatte lange, rote Haare und lief direkt neben ihr her, während sie immer wieder nervöse Blicke zu ihr warf, der zweite Grund, war die Botschafterin mit den violetten Haaren, die sich gerade mit Naruz unterhielt. Seit der Tage begonnen hatte, war diese Mizore ihr im Weg, bei ihren Versuchen Naruz und Anya zusammenzubringen, es hatte schon beim Frühstück angefangen. Eigentlich hatte Victoria dafür sorgen wollen, dass die Templerin und Naruz nebeneinander saßen, damit sie sich ein wenig unterhalten konnten, Anya jedoch zögerte sich neben ihn zu setzen, was letztendlich dazu führte, dass eine ziemlich müde Mizore sich neben ihm niederließ, ohne überhaupt zu merken, was sie da gerade gestört hatte. Als Victoria dann endlich Anya dazu überredet hatte, sich zusammen mit Naruz um die Pferde zu kümmern, hatte die Botschafterin ihnen offenbart, dass sie keines hatte, woraufhin Naruz beschloss, zu Fuß zu den Minen zu gehen, da sie früh aufgebrochen waren, könnten sie diese noch gegen Abend erreichen.
„Man könnte meinen, du willst gar nicht mit Naruz zusammen sein.“ zischte Victoria ihrer Freundin zu, die bei diesen Worten zusammenzuckte. Denn so sehr Mizore sie auch störte, den Großteil der Schuld sah Victoria eindeutig bei der Templerin, die sich viel zu wenig anstrengte, um für ihre Liebe zu kämpfen.
„A-aber ich kann doch nichts dafür, diese Mizore...“ murmelte Anya leise, und warf wieder einen nervösen Blick zu Victoria.
„Diese Mizore ist nur zur falschen Zeit am falschen Ort.“ meinte Victoria, und kratzte sich kurz am Kopf, ehe ihr Blick zu Nikodemus wanderte, der zusammenzuckte, er ahnte schlimmes. „Nikodemus!“
„Ja?“ fragte er nervös, das konnte gar nicht gut gehen, Victoria hatte manchmal ziemlich verrückte Ideen.
„Du musst sie verführen.“
„Ich soll... was?“
„Du musst diese Mizore verführen, und ablenken, damit sie nicht dauernd im Weg steht.“
„Und wie soll ich das deiner Meinung nach schaffen? Hast du dem Gespräch gerade nicht zugehört? Lady Mizore scheint auf Frauen zu stehen, und...“
„Dann lass dir was einfallen!“ fauchte sie ihn an, und warf ihm einen vernichtenden Blick zu, woraufhin Nikodemus seufzte, es hatte keinen Sinn mit Victoria zu diskutieren, wenn die sich was in den Kopf gesetzt hatte. Verführen konnte er die Botschafterin sicherlich nicht, dafür war er, nun ja, nicht weiblich genug, aber er dürfte es schon noch schaffen sie abzulenken. Also ging er zu Mizore und Naruz hinüber, und räusperte sich, woraufhin sie sich zu ihm umdrehten.
„Verzeiht die Störung, Lady Mizore. Mein Name ist Nikodemus Starkas, wie Ihr Euch vielleicht erinnern könnt. Ich hätte da eine Frage an Euch, arbeitet Ihr öfter mit dem Mondorden zusammen?“ Mizore schien die Unterbrechung ihres Gesprächs mit Naruz nicht zu stören, und sie wandte sich jetzt endgültig Nikodemus zu, der ein wenig überrascht darüber war, wie leicht es doch war, die Botschafterin abzulenken.
„Durchaus, ich habe hin und wieder mit ihnen zu tun gehabt, warum?“
„Dann kennt Ihr vielleicht meinen Onkel? Er ist ein Kleriker des Mondordens, müsst Ihr wissen, sein Name...“ Während er sich mit der Botschafterin unterhielt, glitzerte es in Victorias Augen, als sie endlich ihre Chance gekommen sah, und mit 'ihrer Chance' meinte sie natürlich 'Anyas Chance'.
„Also gut, Anya, das ist die perfekte Möglichkeit, nutze sie, und spreche ein wenig mit Naruz, am besten, ohne auszurasten und wegzulaufen.“
„W-w-was? D-das k-kommt ein wenig plötzlich, i-ich bin mir nicht sicher, ob...“
„Ach, hör auf zu weinen, und mach, dass du mit ihm redest!“ zischte Victoria, und verpasste Anya einen heftigen Stoß, der sie in Richtung Naruz taumeln ließ. „Naruz, Vorsicht!“ rief sie, woraufhin der Inquisitor sich sofort umdrehte, und die Augen aufriss, als er die Templerin auf sich zu taumeln sah. Wie von Victoria geplant, schaffte Anya es nicht mehr zu stoppen, und stolperte kurz vor Naruz über einen Stein, der dort lag, woraufhin sie fiel, direkt in Naruz' Arme.
„Alles in Ordnung, Anya?“ fragte Naruz, mit einem freundlichen Lächeln, und sah zur Templerin hinab, die halb aufrecht stand, und sich an seine Robe klammerte, um nicht umzufallen. Anya starrte ihm eine Weile lang ins Gesicht, ehe ihre Augen anfingen, sich im Kreis zu drehen, und Naruz schwören könnte, dass er ein leises Zischen hören konnte. „Anya? Kannst du mich hören?“ Er half der Templerin dabei, sich richtig hinzustellen, und legte seine Hand auf ihre Stirn, während er sie besorgt ansah. „Hast du Fieber, oder so? Deine Stirn ist verdammt warm, vielleicht sollten wir eine kleine Pause einlegen.“
„I-i-i-ich... g-g-gut... Problem...“ stotterte Anya vor sich hin, während sie immer mehr rot anlief.
„Was? Ich weiß nicht, das hier sieht wirklich nicht gut aus, du wirst auch ziemlich rot, ich glaube wirklich, wir sollten...“
„Mir geht es gut! Kein Problem!“ rief Anya, und verpasste dem verdutzten Naruz einen Stoß, der diesen hinfallen ließ, ehe sie mit schnellen Schritten an die Spitze der Gruppe ging, dicht gefolgt von Nikodemus und Victoria.
„Alles in Ordnung, Naruz?“ fragte Mizore, mit einem Lächeln im Gesicht, und hielt ihm ihre Hand hin, um ihm aufzuhelfen.
„Ja, vielen Dank.“ meinte er, stand auf, und schüttelte kurz den Kopf. „Ich wüsste zu gerne, was ich jetzt schon wieder falsch gemacht habe.“
„Vielleicht bist du zu nett, schon einmal daran gedacht?“
„Was?“
„Unwichtig, lass uns einfach weitergehen, wir haben ein gutes Tempo, und dürften die Minen noch vor Sonnenuntergang erreichen.“ Naruz nickte zustimmend, und so folgten sie Naruz' Team, in Richtung Minen.

Bild


Tatsächlich erreichten sie die Minen noch, bevor die Sonne sich über die große Bergkette im Osten gesenkt hatte. Mehrere Tunnel waren in den großen Berg gehauen worden, damit man an das heilige Erz in seinem Inneren kommen konnte, aber das Erz war nicht das einzige, was hier abgebaut wurde. Überall befanden sich große Ansammlungen von riesigen Kristallen, welche äußerst wertvoll waren, und überall Verwendung fanden. Gleich, als die Gruppe den ersten Tunnel erreicht hatte, war es vorbei, mit der lockeren Stimmung, die noch zuvor geherrscht hatte. Vor dem Tunnel lag die blutige Leiche eines Mannes, er war ein wenig rundlich, hatte braune Haare, und vor ihm lag eine zerbrochene Brille, außerdem trug er einen blauen Mantel, mit dem Abzeichen der Forschervereinigung von Navea.
„Das ist Lord Miles, nicht wahr?“ fragte Naruz leise, während er sich neben die Leiche kniete, und die Augen des Toten schloss. Etwas hatte ihm von hinten das Herz durchbohrt, und dem Leben des berühmten Forschers damit ein Ende gesetzt.
„Ja, ist er. Ich bin ihm schon einmal zuvor begegnet, ich habe mir einen seiner Vorträge über den Würfel der Gaia angehört.“ meinte Nikodemus, und zog damit fragende Blicke auf sich. „Ist etwas?“
„Nun, ich hätte nie erwartet, dass du dich für... so etwas interessierst.“ meinte Naruz.
„Interessieren ist relativ, ich bin nur der Meinung, dass man auf so vielen Gebieten wie möglich, zumindest eine Art Grundwissen vorweisen sollte.“
„Ich verstehe, wie auch immer, irgendwer muss ihn ermordet haben, die Frage ist nur...“ bevor Naruz seinen Satz beenden konnte, war er plötzlich verschwunden, und hinter einer Ansammlung großer Kristalle in der Nähe, erklang der erschreckte Schrei einer Frau. Kurz darauf trat Naruz hinter diesen Kristallen hervor, dicht gefolgt von einem Mädchen, das vielleicht ein, oder zwei Jahre jünger als er war. Sie hatte kurze, schwarze Haare, große, braune Augen, und trug einen blauen Mantel, ebenfalls mit dem Zeichen der Forschervereinigung. Sie sah sich die ganze Zeit nervös um, während sie von Naruz zu seinem Team geführt wurde.
„Wer ist das?“ fragte Anya, und zog vorsichtshalber ihr Schwert, woraufhin das Mädchen zusammenzuckte.
„Mach dir keine Sorgen, wir sind von der Kirche, wir sind hier, um zu helfen.“ meinte Naruz, mit freundlicher Stimme, und lächelte dem Mädchen aufmunternd zu, woraufhin sie einen Schritt nach vorn trat.
„Mein Name ist Cora, ich bin... ich war, Lord Miles Assistentin. I-ich bin mit ihm nach Demarech gekommen, um Nachforschungen über den Würfel der Gaia anzustellen, wir haben uns hier mit einigen anderen Forschern getroffen, die schon zuvor mit Lord Miles zusammengearbeitet haben.“ begann sie mit schwacher Stimme zu erzählen.
„Was ist passiert, Cora?“ fragte Mizore freundlich, stellte sich vor das Mädchen, und fasste ihr aufmunternd an die Schulter.
„W-wir sind zusammen hierher gekommen, zu den Wunderminen, weil Lord Miles meinte, es gäbe hier etwas, das äußerst wichtig für seine Forschungen wäre. Auf die Gerüchte, dass sich Monster hier aufhalten sollten, gab er nichts, er hielt es für dummes Geschwätz der Minenarbeiter, und damit sollte er recht haben, wir fanden keine Monster... aber... aber wir sind in eine Falle gelaufen.“
„Eine Falle? Was meinst du damit?“
„Als wir hier angekommen waren, haben sie uns erwartet, Alfar, aus der Yggdrasil Republik! Sie haben uns überfallen, und die Soldaten getötet, die uns begleitet hatten, dann haben sie uns in diesen Tunnel hier geführt, und uns Gefangen gehalten. Die Forscher sollten den Alfar ihre gesamten Forschungsergebnisse geben, und ihnen alles sagen, was sie über den Würfel der Gaia wussten, wenn nicht... wenn sie nicht taten, was die Alfar wollten, dann... dann...“ Das Mädchen brach ab, umklammerte ihren Oberkörper und begann zu weinen, woraufhin Mizore beruhigend auf sie einredete. Nach einer Weile hörte das Mädchen wieder auf zu weinen. „E-es tut mir leid, es ist nur...“
„Keine Sorge, du musst nicht darüber reden.“ meinte Mizore freundlich. „Beantworte mir nur eine Frage, wie sind du und Lord Miles entkommen?“
„Die Alfar... sie hatten ein Experiment durchgeführt, mit den Forschungsergebnissen der Gefangenen, dabei ist etwas schief gelaufen, und hat für Verwirrung gesorgt, alle gefangenen Forscher sind geflohen... zumindest haben sie es probiert, die meisten wurden schon eingefangen, bevor sie den Tunnel verlassen konnten, nur Lord Miles und ich, konnten uns nach draußen flüchten, dann ist einer der Alfar ungeduldig geworden, und hat Lord Miles... er hat ihn getötet.“ flüsterte das Mädchen, und wandte den Blick von der Leiche ab. „Ich konnte mich gerade noch so verstecken, die Alfar hätten mich sicherlich gefunden, aber dann wurden sie zurückgerufen, ein Späher war eingetroffen, und sagte etwas von wegen, es käme ungebetener Besuch... das müsst Ihr sein, nicht wahr? Ihr seid hier, um uns alle zu retten, oder?“ Ihr Blick wanderte von Mizore zu Naruz, und beide nickten.
„Wir werden die Gefangenen befreien, und uns um die Alfar kümmern. Wie viele Alfar sind es?“
„Ich bin mir nicht sicher... es sind auf keinen Fall mehr als zwei Dutzend, aber ansonsten, kann ich Euch nicht helfen, mein Lord.“
„Lord?“
„Ja, Ihr seid ein Inquisitor, oder nicht?“
„Ah... ja, natürlich. Kannst du uns sagen, wo die Forscher gefangen gehalten werden?“
„Das kann ich... ich... ich könnte Euch den Weg aber auch zeigen, d-das wäre v-vielleicht besser. Z-zumindest wäre es einfacher, es ist leicht, sich hier zu verlaufen.“ meinte Cora, und sah ziemlich nervös aus. Naruz warf einen kurzen Blick zu Mizore, und sah, dass sie ähnlich zu denken schien, wie er. Es wäre zwar äußerst riskant, das Mädchen mitzunehmen, aber es wäre auch riskant, sie hier draußen zu lassen, wenn man sie mitnahm, würde man sie zumindest noch beschützen können.
„Also gut, pass auf, Cora. Du wirst uns begleiten, und den Weg zeigen, sei dabei aber so leise und vorsichtig wie möglich, ja? Wenn Gefahr droht, bleibe hinter Nikodemus und Victoria, die beiden werden auf dich aufpassen.“ meinte Naruz, und deutete auf die beiden Mitglieder seines Teams. Cora nickte vorsichtig. „Gut, dann lasst uns gehen, je schneller wir sie finden können, desto besser.“ Mit diesen Worten rammte Naruz Crocea Mors in den Boden, vor dem Tunnel. Kurze Zeit später, waren ein Dutzend seiner Schatten, aus der Klinge des Schwerts gekommen, und betraten noch vor dem Team den Tunnel.
„Oh? Du kannst mehr als fünf von denen beschwören?“ fragte Mizore, als die Schatten im Tunnel verschwunden waren.
„Ja, es ist anstrengender, aber ich kann mehrere von ihnen beschwören.“
„Ich verstehe, nun denn, lasst uns gehen. Cora, zeige uns den Weg.“

Nachdem sie den Tunnel betreten, und eine Weile lang gegangen waren, hob Naruz seinen Arm, um die Truppe anhalten zu lassen.
„Mizore? Kannst du sie sehen? Deine Sinne sind besser, als meine.“ flüsterte Naruz, und die Schwerttänzerin nickte.
„Sieben Alfar, ein Môrkalfar, vier Blôdalfar, und zwei Hôgalfar, so wie es scheint, sie haben uns nicht bemerkt, aber sie scheinen uns zu erwarten... deine Schatten haben sie auch nicht bemerkt.“
„Sehr gut, wartet hier auf mich.“
„Mein Lord, wollt Ihr das wirklich alleine machen?“ fragte Cora ängstlich, aber Naruz hatte sie schon gar nicht mehr gehört, an seiner Stelle befand sich einer der Schatten, Naruz stand hingegen plötzlich direkt hinter einem der Alfar, und schnitt ihm die Kehle durch. Ehe die anderen Alfar reagieren konnten, war er wieder verschwunden, und hatte den Platz eines Schattens eingenommen, der hinter zwei Alfar stand, mit zwei schnellen Stichen waren auch diese tot, und Naruz tauschte erneut seinen Platz, mit einem Schatten. Kurz darauf stand er wieder vor ihnen, und atmete kurz, erleichtert auf. Alle Alfar waren tot, und keiner hatte Alarm schlagen können.
„Lasst uns weitergehen.“ meinte er flüsternd, und setzte sich wieder in Bewegung. Als sie die Leichen der Alfar passierten, wandte Nikodemus sich flüsternd an Victoria.
„Weißt du noch, als wir bei der Armee waren, und irgendwo stationiert waren?“
„Du meinst, als wir noch... na ja, wichtig waren, und etwas anderes getan haben, als einfach nur zuzugucken?“
„Ja, genau das meine ich.“
„Gute, alte Zeiten.“
„Hört auf zu flüstern, und konzentriert euch!“ zischte Anya ihnen zu, woraufhin die beiden verstummten. Nach einer Weile erreichten sie eine Stelle, an welcher der Tunnel in eine Art große Höhle überging, die von hunderten Fackeln erleuchtet war, in der Mitte der Höhle befand sich ein halbes Dutzend Leichen, ansonsten war nichts zu sehen.
„Das sieht mir nach einer Falle aus.“ flüsterte Naruz, und Mizore nickte zustimmend.
„Irgendetwas stimmt hier nicht, das waren viel zu wenig Alfar... Moment! Die Leichen... das sind die Forscher!“ entfuhr es ihr plötzlich. „Sind die Alfar etwa schon hier fertig, und sind abgehauen?“ Ehe Naruz etwas sagen konnte, sprang Cora plötzlich auf, und rannte in die Höhle hinein, direkt zu den Leichen.
„Verdammt! Serif, Sigrun, kommt her!“
„Shirayuki!“ Die drei Eidolons erschienen neben ihren Botschaftern, und sahen sich kampfbereit um.
„Los, wir müssen Cora folgen, bereitet euch auf einen Kampf vor, wir wissen nicht, was hier passieren kann.“ meinte Naruz, ehe er der Assistentin in die Höhle folgte. Außer dem Tunnel, durch den sie eben gekommen waren, gab es keine anderen Ausgänge aus der Höhle. Als sie sich den Leichen näherten, hielten sie auf ein Signal von Naruz hin an, lediglich Cora lief weiter, und blieb direkt zwischen den Leichen stehen.
„Was gibt es, Partner?“ fragte Serif, und sah sich um.
„Hier liegen viele Zauber in der Luft, weshalb ich es zuerst nicht bemerkt habe, aber jetzt, wo ich ein wenig näher dran bin...“ Naruz' Blick richtete sich auf eine Stelle direkt neben Cora, kurz darauf erklang das Geräusch von zersplitterndem Glas, und eine Gestalt erschien neben dem Mädchen. Bei ihr handelte es sich um einen äußerst bleichen Alfar, mit blonden Haaren und roten Augen, die Naruz ein wenig an Aleyandras erinnerten. Er trug einen langen, schwarzen Mantel, und an seinen Hüften hingen zwei schwarze Pistolen, mit einem eingravierten, silbernen Baum, am Griff der Waffen.
„Oho! Äußerst beeindruckend, mein Freund! Wirklich, sehr beeindruckend, du bist der erste, der diesen Tarnzauber durchschaut hat, wirklich, ich applaudiere!“ meinte der Alfar, und klatschte in die Hände.
„Cora, geh da weg, schnell!“ rief Mizore, und bereitete einen Eiszauber vor, doch das Mädchen dachte gar nicht daran, zur Seite zu treten. Im Gegenteil, sie ging einen Schritt nach vorn, und fiel dem Alfar in die Arme, woraufhin Naruz das Gesicht verzog.
„Du arbeitest mit den Alfar zusammen?“
„Ach, das habt Ihr ja sehr früh rausgefunden, mein Lord.“ meinte das Mädchen spöttisch, und verbeugte sich vor Naruz. „Was glaubt Ihr, wie die Alfar genau wussten, wann die Forscher hier sein würden?“
„Sei nicht so frech, Cora, nur weil der junge Mann ein wenig einfältig war, musst du ihn nicht gleich beleidigen.“
„Natürlich Professor, es tut mir leid.“ Der Alfar beugte sich vor, und küsste das Mädchen, woraufhin sie einen verträumten Gesichtsausdruck bekam.
„Ah, Verzeihung mein Freund, erlaube mir, mich vorzustellen.“ meinte der Alfar plötzlich, wandte sich zu Naruz um, und verbeugte sich vor ihm. „Ich bin Professor Dârthallion Urûsec, leitender Forscher an der magischen Akademie von Vanaheim, ehemals Dârthallion val Urûsec, Graf von Alfheim, es ist mir eine Ehre, die Bekanntschaft von so großartigen Versuchskaninchen zu machen.“
„Alfheim? Das ist ehemaliges Hôgalfar Gebiet... und die haben bestimmt keine roten Augen.“ meinte Mizore misstrauisch, und behielt den Alfar die ganze Zeit im Blick.
„Ah, da hast du recht, meine Hübsche, natürlich, wir Alfar haben grüne Augen, wenn man nicht gerade ein Môrkalfar ist. Nein, diese Augen habe ich gefunden.“
„Gefunden?“
„Im Kopf eines Hexers aus Vo Astur, ja. Es hat eine Weile gedauert, und ich musste ziemlich herumexperimentieren, aber letztendlich ist es mir gelungen, mir diese hübschen Augen einzusetzen, sie funktionieren sogar noch besser als meine alten, wirklich bemerkenswert.“
„Das ist verrückt!“ entfuhr es Nikodemus, der entsetzt die Augen aufriss.
„Ach, findest du?“ fragte der Alfar gelangweilt, und würdigte den Soldaten keines Blickes. „Ich finde eher, dass es zeigt, wie fantastisch die Magie doch ist, was sie uns erlaubt, wenn wir sie nur richtig verstehen. Ich wünschte, ihr alle könntet meinen Meister treffen, er ist ein wunderbarer Mann, ein wahres Genie, in Sachen Magie! Aber leider hat er sich ein wenig verspätet, also wird daraus wohl nichts werden... ach ja, wo wir doch gerade bei Augen waren, dein linkes Auge interessiert mich, junger Mann.“ fügte der Alfar hinzu, und lächelte Naruz an. „Ich hoffe du hast nichts dagegen, wenn ich es mir hole.“
„Versuche es ruhig.“ murmelte Naruz, und lenkte vorsichtshalber seine Schatten durch die Höhle, wo sie sich überall verteilen konnten.
„Oh, keine Sorge, ich kriege es früher oder später, aber zuerst müsst ihr mir kurz helfen, ich will schließlich wissen, ob meine neueste Kreation etwas taugt.“ Der Alfar pfiff laut, woraufhin der Boden plötzlich anfing zu wackeln, und sich etwas aus dem steinernen Boden zu graben schien. Es war eine Kreatur, wie Naruz sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie war ungefähr doppelt so groß wie Naruz, war schneeweiß, und bewegte sich auf vier Beinen fort. Sie hatte keinerlei Fell, dafür aber Schuppen, lediglich die beiden Köpfe der Kreatur waren mit einer Mähne bedeckt. Die Köpfe der Kreatur erinnerten an Löwen, Löwen mit riesigen Reißzähnen, und großen, schwarzen Augen, der Schwanz der Kreatur endete in einem riesigen Stachel, der bedrohlich in die Luft ragte. „Darf ich vorstellen? Das, meine Freunde, ist eine Chimäre! Es hat mich einiges an Zeit und viele Experimente gekostet, ehe ich sie erschaffen konnte, es war recht schwierig, aber ich finde, es hat sich gelohnt!“ rief der Alfar begeistert, und Cora klatschte in die Hände, als die Kreatur brüllte, und sich sofort auf Naruz und seine Begleiter stürzte. Naruz wich dem Hieb einer gewaltigen Pranke aus, und sprang zur Seite, damit Mizore freie Bahn hatte. Sofort schossen Speere aus Eis auf die Chimäre zu, diese brüllte jedoch nur, und die Speere lösten sich vor ihr in Luft auf.
„Partner, weg da!“ Kaum hatte Serif das gesagt, war Naruz auch schon zur Seite gesprungen. Shirayuki, Sigrun und Serif hatten sich um die Chimäre herum positioniert, und wirkten gemeinsam einen Zauber, ein Wirbel aus Schnee umgab die Kreatur, um sie in Position zu halten, und gewaltige Blitze und Eisspeere schossen in den Wirbel hinein, dorthin, wo die Kreatur sich befand. Erneut brüllte die Kreatur, und der Zauber der Eidolons löste sich in Luft auf. Sofort schoss die Kreatur vor, und spuckte eine Art Säure auf Sigrun, die diese geradeso mit ihrem Schild blockieren konnte. Die Flüssigkeit hinterließ nicht einmal einen Kratzer, auf dem Schild des Eidolons, im Boden jedoch bildeten sich Löcher, dort, wo die Säure hin tropfte. Nikodemus war es inzwischen gelungen, sich an die Kreatur heranzuschleichen, und schlug seinen Zweihänder direkt in den Rücken der Chimäre, diese kümmerte sich jedoch nicht groß darum, sie brüllte lediglich auf, und beförderte den Soldaten mit einem heftigen Tritt gegen eine Nahe Felswand. Mizore hatte die Ablenkung genutzt, um einen weiteren Eiszauber gegen die Bestie zu schicken, jedoch löste sich die Magie auf, sobald die Chimäre wieder brüllte.
„Naruz! Weißt du, woran das liegt?“ fragte Mizore, und stand plötzlich an seiner Seite. Ihre Eidolons, und Naruz' Team, waren gerade damit beschäftigt die Kreatur abzulenken, während die beiden Botschafter sich berieten.
„Ich kann nur raten, aber ich schätze, dass diese Kreatur ein Artefakt aus Pandämonium in sich hat, welches es ihr erlaubt, Magie zu neutralisieren.“
„Na toll, und was machen wir jetzt?“
„Ich habe eine Idee. Die Chimäre scheint nur die Magie zu neutralisieren, die sich direkt gegen sie wendet, meine Schatten sind zum Beispiel noch da... Mizore?“
„Ja?“
„Vertraust du mir?“
„Wie bitte?“
„Vertraust du mir?“
„Deine Frage macht mich nervös, Naruz.“ meinte Mizore, als plötzlich ein Schrei ertönte, Victoria und Nikodemus wurden vom Schweif der Kreatur in eine Ecke der Höhle geschleudert, und auch die Eidolons schienen hilflos zu sein, da es ihnen nicht möglich war, Magie zu verwenden. Lediglich Sigrun gelang es, mit Hilfe ihrer Lanze die Chimäre auf Abstand zu halten, es war ihr sogar schon gelungen, ihr ein paar Stichwunden zuzufügen, jedoch nichts, was die Bestie aufgehalten hätte.
„Gut, keine Zeit mehr für Fragen, mach einfach, was ich dir sage.“
„Hältst du das wirklich für eine gute Idee?“
„Hör auf zu streiten, höre auf mich, und ich schulde dir einen Gefallen, sobald das ganze hier vorbei ist, ja?“ Mizore seufzte.
„Nun gut, was soll ich machen?“ Naruz fuhr kurz mit seiner Klinge über seine Handfläche, ehe er mit seinem Blut eine Art Rune auf Mizores Stirn zeichnete.
„Ziehe dein Schwert, und richte die Klinge nach unten.“
„So?“
„Ja, so ist es gut, auf mein Signal hin, springe in die Luft.“
„Wie bitte?“
„Jetzt!“ rief Naruz, und Mizore sprang in die Luft. Plötzlich schrie sie kurz, erschrocken auf. Sie war nicht mehr direkt neben Naruz! Sie befand sich in der Luft, direkt über der Chimäre, und raste direkt auf einen der Köpfe zu. Ehe sie, oder die Kreatur reagieren konnte, landete sie auch schon auf dem Kopf, und durchbohrte ihn, mit ihrer Klinge. Die Chimäre brüllte laut auf, und wandte den zweiten Kopf in Mizores Richtung, bevor sie jedoch etwas tun konnte, stand Naruz vor dem Monster, und durchbohrte die Kehle mit Agehu Glas. Die Kreatur brüllte noch einmal auf, ehe sie zusammensackte, und tot auf dem Boden liegen blieb. Mizore stand zitternd auf, und zog ihre Klinge aus dem Kopf der Kreatur.
„M-m-mach das nie wieder.“ stotterte sie, und ging auf Naruz zu. „Oder warne mich zumindest, bevor du das nochmal machst!“ Naruz lächelte entschuldigend.
„Natürlich, tut mir leid, aber dafür hatte ich keine...“ Naruz brach ab, und riss die Augen auf. Er packte Mizore an der Hand, und zog sie zu sich, kurz darauf schoss ein Speer aus dunkler Energie aus dem Boden, wo Mizore kurz zuvor gestanden hatte.
„Ah, Ihr seid hier, Meister!“ rief der Alfar plötzlich, und ging zusammen mit Cora direkt an Naruz und den anderen vorbei, zum Tunnel, der in die Höhle führte. Naruz erstarrte, als er sah, mit wem der Alfar dort sprach. Am Ausgang des Tunnels stand ein Mann, mit langen, silbernen Haaren und roten Augen, gekleidet war er in eine schwarze Rüstung, ein langer, schwarzer Umhang hing von seinem Rücken, und an seiner Hüfte trug er ein Langschwert. Es war der Mann, aus Naruz' Träumen!
„Dârthallion... deine Kreatur ist tot?“
„Ja, leider, Meister. Die Hunde der Kirche waren besser, als ich es erwartet hatte.“
„Ich verstehe.“ meinte der Mann lediglich, und ging auf Naruz und sein Team zu.
„Wer seid Ihr?“ fragte Mizore, und wollte auf den Fremden zugehen, stoppte jedoch, als Naruz sie am Arm packte. „Was ist, Naruz?“ fragte sie, und wurde ein wenig nervös, als sie Naruz' Gesicht sah, er war vollkommen bleich, und starrte den Fremden die ganze Zeit über an.
„Du kennst mich, Junge?“ fragte der Mann, und musterte Naruz kurz. „Nein, das bezweifle ich, dich habe ich noch nie zuvor gesehen. Aber das ist auch egal, du scheinst immerhin spüren zu können, das ich weit mächtiger bin, als du es jemals sein könntest. Dârthallion, nimm dir deine neue Freundin, wir gehen.“ meinte der Mann, wandte sich ab, und ging in Richtung Tunnel. Plötzlich hielt er an, runzelte die Stirn, und starrte Naruz an.
„Ist etwas, Meister?“ fragte der Alfar verwirrt, und sah den Fremden an. Dieser ignorierte seinen Diener jedoch, und sah Naruz weiterhin in die Augen. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf die Lippen des Mannes, während Naruz das Gesicht verzog, und schließlich auf ein Knie sank. Nach einer Weile keuchte Naruz schließlich auf, und ein schwarzes Portal, erschien in der Luft vor dem Fremden.
„Junge, wie lautet dein Name?“ fragte er, während der Alfar und Cora durch das Portal schritten.
„Ich bin... Inquisitor... Naruz...“ antwortete Naruz, schwer atmend, und senkte den Blick.
„Naruz... vielleicht merke ich mir deinen Namen sogar. Richte der Kirche aus, dass der Schattenritter zurückgekehrt ist.“ meinte der Mann, ehe er sich abwandte, und durch das Portal schritt. Als er weg war, sank Mizore sofort neben Naruz auf den Boden, ebenso wie der Rest der Anwesenden.
„Naruz! Was ist passiert? Und warum hast du mich zurückgehalten?“
„Der Schattenritter...“ murmelte Naruz leise. „Er ist... ein Monster...“
„Was? Was meinst du damit?“
„Der Alfar hatte recht, sein Meister ist wirklich ein Genie, in Sachen Magie... er hat... die Formel seines Zaubers geändert, und an... meine Veränderungen angepasst. Ich...“ ehe er noch etwas sagen konnte, sackte Naruz zusammen, seine Schatten verschwanden, und Crocea Mors erschien neben ihm.

Bild


„Naruz? Naruz, ist alles in Ordnung?“ fragte Anya, und beugte sich besorgt näher zum Inquisitor. „Was ist mit ihm los?“
„Ich weiß es nicht.“ meinte Mizore, und sah ebenfalls ein wenig besorgt aus.
„Macht euch...“ begann Serif, verstummte jedoch, als Victoria ihn packte, und seinen Mund zuhielt.
„Vielen Dank, für Eure Hilfe, Serif und Sigrun, wir werden uns um den Rest kümmern, ruht Euch ruhig aus, wir haben alles unter Kontrolle!“ Die beiden Eidolons warfen Victoria einen misstrauischen Blick zu, verschwanden dann jedoch, sie würde Naruz schon nichts tun, und sie wussten ja inzwischen, dass die blauhaarige Frau ein wenig... schwierig sein konnte.
„Was sollte das, Victoria? Serif wollte uns gerade sagen, was mit Naruz nicht stimmt.“ meinte Nikodemus. Da bemerkte er, wie es in Victorias Augen glitzerte, und er stöhnte innerlich auf, selbst diese Situation wollte Victoria nutzen, um Anya und Naruz zusammenzubringen.
„Keine Sorge, ich weiß, was mit Naruz los ist!“ meinte Victoria, und zog damit alle Blicke auf sich. „Dieser Schattenritter hat einen sehr, sehr mächtigen Fluch gewirkt. Zum Glück gibt es eine recht einfache Möglichkeit, um ihn zu brechen, und Naruz wieder zu Bewusstsein kommen zu lassen.“
„Und die wäre?“ fragte Anya, und sah Victoria misstrauisch an, sie bezweifelte, dass ihre Freundin überhaupt etwas über Flüche wusste.
„Jemand muss ihn küssen... eine Frau, ansonsten funktioniert es nicht.“
„W-w-was?“ Anya lief sofort rot an. „Das soll wohl ein Scherz sein! Soll ich dir wirklich glauben, dass ein mächtiger Fluch, mit so einer lächerlichen Schwachstelle existiert?“
„Wir können es natürlich auch sein lassen, aber dann würde er vielleicht nie wieder aufwachen, willst du das wirklich riskieren?“
„I-ich... also...“
„Denke nur daran, wenn er aufwacht, und wir ihm sagen, dass du sein Leben...“ Victoria brach ab, als sie sah, wie Mizore sich über den bewusstlosen Naruz beugte, sich ihr Haar hinters Ohr strich, den Mund des Inquisitors ein wenig öffnete, und ihn küsste.
„Sie... sie hat es wirklich geglaubt?“ murmelte Nikodemus, und sah ziemlich ungläubig aus.
„Mizore kann manchmal ein wenig naiv sein.“ meinte Shirayuki, die im Gegensatz zu Serif und Sigrun nicht verschwunden war, im Gegensatz zu den anderen, sah sie jedoch ziemlich begeistert aus, und klatschte, als Mizore sich schließlich von Naruz löste. Mizore leckte sich kurz über die Lippen, ehe sie sich zu Victoria wandte.
„Ist der Fluch jetzt gebrochen?“
„...“
„Also?“
„Ja... ja, ist er.“ murmelte Victoria, und seufzte, Anya hatte durch ihre Diskussion mal wieder ihre Chance vergeben.
„Gut.“
„D-d-d-d-du... h-h-h-hast, d-d-deine Z-zunge b-b-benutzt?“ stotterte Anya plötzlich, zur Überraschung aller Anwesender, anscheinend hatte sie dem Kuss mehr Beachtung geschenkt, als alle anderen.
„Ja, ich dachte mir, dass das vielleicht hilft.“ meinte Mizore, und nickte. „Also wird Naruz bald wieder aufwachen?“
„Ja, ja, keine Sorge.“ murmelte Victoria, während Anyas Lippen anfingen zu zittern. „Du bist selbst Schuld!“ zischte sie der Templerin zu, woraufhin diese zusammenzuckte.
„Ich weiß! Aber... hey, was soll das!“ entfuhr es Anya, als sie sah, wie Mizore sich vorbeugte, und Naruz ein zweites mal küsste. Als sie sich wieder von Naruz löste, lächelte sie Anya an.
„Eine Belohnung, dafür, dass er diesen Auftrag erfolgreich erfüllt, das Geheimnis der verschwundenen Forscher gelöst, und mir das Leben gerettet hat.“
„Ah... ich verstehe...“ meinte Anya, mit schwacher Stimme. Plötzlich beugte Mizore sich erneut zu Naruz hinunter. „Was? Ein drittes mal?!“ Anya schien kurz davor zu weinen, während Mizore den Inquisitor wieder küsste, dieses mal um einiges länger als zuvor.
„Natürlich.“ antwortete die Botschafterin, als sie sich wieder aufrichtete.
„U-und warum?“
„Das war... meine Belohnung.“ flüsterte sie, und fuhr sich mit dem Finger über die Lippen, während ihre Wangen ein wenig rot wurden.
„Wie auch immer, warten wir darauf, dass Naruz wieder wach wird, dann kehren wir nach Demarech zurück, sind damit alle einverstanden?“ fragte Victoria, und alle nickten, alle außer Anya, die noch immer mit wässrigen Augen auf Naruz blickte. Victoria schüttelte nur kurz den Kopf, am heutigen Tage mag Anya versagt und verloren haben, aber schon bald würde sie mit Naruz zusammen sein, oder beim Versuch sterben!
Zuletzt geändert von Mimir am 9. Juli 2014 19:17, insgesamt 1-mal geändert.
Bild

Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368

Benutzeravatar
Vanidar
Signifer
Signifer
Beiträge: 487
Registriert: 5. Dezember 2010 20:41
:
AAR-Schreiber

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 9. Juli 2014 19:16

24. Zwei nervige Verehrer (Öffnen)
24. Zwei nervige Verehrer


Bild

Im dunklen, unbeobachteten Ausgang zu der Höhle, wartete noch jemand, der jeden von Mizores Küssen misstrauisch betrachtete und dabei kurz davor stand in Tränen auszubrechen, oder jemanden zu ermorden, beides erschien Aleyandra im Moment sehr verlockend zu sein. Wie konnte diese eingebildete, hässliche Hexe es wagen ihn einfach so zu überfallen? Diese dämliche Spinnerin mit den bunten Haaren. Welcher normale Mensch hatte denn lilane Haare? Das alleine sollte Naruz doch schon mehr als genug abstoßen! Sie hätte Saeca nicht in ihrem Lager zurücklassen sollen, die Anwesenheit der Armani beruhigte sie. Aber Saeca war noch immer etwas deprimiert wegen Kusanagi gewesen und Aleyandra hatte sie lieber mit einigen Dangos zurückgelassen. Eine Entscheidung, die sie bereute, denn ihre Hand wanderte zitternd zum Griff einer ihrer schwarz-silbernen Pistolen. Das glatte Holz schmiegte sich erwartungsvoll an Aleyandras Hand. Sie stand kurz davor die Waffe zu ziehen und Naruz notfalls mit Gewalt vor der Verrückten retten. Dieser verfluchte Schneedämon, sollte seine dreckigen Pfoten von Naruz lassen. Warum küsste sie ihn überhaupt? Und wieso hielt sie niemand aus Naruz Team auf!? Sie standen alle nur sprachlos daneben und versuchten irgendwie diese peinliche Situation zu ignorieren.
„Nein...“ flüsterte Aleyandra schwach zu sich selbst. Wenn sie jetzt eifersüchtig wurde und ausrastete, würde Naruz ihr das niemals verzeihen, sondern sie für den Rest seines Lebens hassen. Es war sowieso alles lächerlich, was sie hier tat. Sie schlich wie eine Verrückte hinter dem Mann her, den sie eigentlich liebte und dem sie vertrauen sollte. Ihre Eifersucht würde letztendlich noch alles endgültig ruinieren, ihre Beziehung zerstören und ihn dazu bringen, sich von ihr zu trennen...was Naruz seiner Meinung nach auch schon getan hatte, aber leider stand er mit dieser Ansicht auf verlorenem Posten, denn Aleyandra wollte davon nicht viel wissen. Aber sie verschwendete hier nur ihre Zeit und erreichte letztendlich nichts mit diesem ganzen Unsinn, außer sich in Gefahr zu begeben. Wenn Silberblatt herausfand, dass sie niemals hinter Valerius her war, würde er durchdrehen und Naruz durfte es auch nicht wissen. Sie sollte einfach verschwinden und versuchen Naruz in Navea zu erwarten. Vielleicht konnte sie sich sogar in die Villa der Bladelli schleichen und in seinem Bett auf seine Ankunft warten. Es war Monate her, dass sie sich geliebt hatten und Naruz war seitdem alleine gewesen, zumindest hoffte sie das. Er würde sie sicher nicht ablehnen nach so langer Zeit alleine. Aleyandra rang sich ein schwaches Lächeln ab und wandte sich leise an ihr Eidolon. „Lass uns gehen, Alessa.“
„A-aber...sie hat ihn gerade geküsst! Wir müssen doch etwas tun um...“ Alessa sah sich verwirrt um, als ihre Botschafterin einfach an ihr vorbei ging und langsam den Tunnel entlang ging, in Gedanken bereits weit weg von diesem Ort. Das Einhorn schwebte eilig hinter ihr her, um nicht zurückzubleiben. „Hey! Warte auf mich, Aleyandra!“
„Am besten, ich gehe auf schnellstem Weg zurück zu Saeca, damit wir von hier verschwinden können.“ dachte Aleyandra und ignorierte dabei alles, was Alessa von sich gab. Stattdessen, versuchte sie sich an eine neue Aufgabe zu klammern, um ihre Gedanken an Naruz zu vertreiben. Sie musste sich irgendwie ablenken, damit sie nicht sofort zurück rannte und dieser neuen Bedrohung klarmachte, dass Naruz ihr gehörte. „Es wird Zeit das wir ihr Schwert reparieren, damit sie nicht mehr traurig ist. Am besten bevor uns die Anko-Dango ausgehen und wir nichts mehr haben. um sie zu beruhigen, wenn sie einen weiteren Anfall kriegt.“ Führte Aleyandra verzweifelt ihren Gedanken fort und es schien sogar halbwegs zu funktionieren. Kaum hatte sie den Ausgang der Minen erreicht, war sie wieder ruhig und verspürte nicht mehr den Drang ihre Pistolen zu ziehen und die widerwärtige Konkurrenz zu verjagen. Es gab sowieso nichts wovor sie sich fürchten musste, Naruz liebte sie, das hatte er ihr selbst gesagt. Sobald er aufwachte und von de Küssen erfuhr, würde er sicher schrecklich wütend werden und dieser seltsamen Frau klar machen, dass er bereits in festen Händen war.
„Alessa, hast du eben auch diesen Mann in der schwarzen Rüstung bemerkt? Er ist durch ein Portal verschwunden und wir konnten ihn nur kurz sehen, aber etwas kam mir an ihm seltsam vor.“ versuchte Aleyandra irgendwie ein Thema zu finden, dass sie endgültig von diesen dreisten Küssen ablenken konnte und dass sie diesmal sogar interessierte. Als sie in der Höhle ankam, war der Kampf bereits vorbei gewesen und es gab nicht mehr viel zu sehen. Saecas Problem mit dem zerbrochenen Schwert, hatte sie zu lange aufgehalten und verhindert, dass sie wirklich mitbekommen konnte, was hier überhaupt vor sich ging.
„Ja, er war unheimlich, findest du nicht auch? Ich meine, er hat nicht viel gemacht, aber da war etwas an ihm, was mir Angst einjagte und du weißt ja wie mutig und unerschrocken ich normalerweise bin. Nichts kann mich aus der Ruhe bringen oder fertig machen, ich bin wie ein unzerstörbarer Fels in der Brandung, wanke niemals und stehe tapfer und treu an deiner Seite, ganz gleich welche furchtbare Gefahr sich uns entgegenwirft.“
„Ja...genau so würde ich dich auch beschreiben, du bist mir wirklich eine große Hilfe, Alessa.“ murmelte Aleyandra, sichtlich unbeeindruckt von der vor Stolz geschwellten Brust des Einhorns und den angeberischen Worten. Sollte es irgendwann wieder zu einem Kampf kommen, war jetzt schon klar, dass Alessas Platz irgendwo hinter Aleyandras Rücken lag. „Er hatte weiße Haare und rote Augen...genau wie ich. Meinst du, er hatte etwas mit mir zu tun? Vielleicht kennen wir uns ja sogar! Ich wusste wir hätten schneller sein müssen, verdammt, ich habe alles verpasst! Wer war er und was hatte er mit Naruz zu tun?“
„Mhm, schwer zu sagen, ob du ihn schon einmal gesehen hast. Deine Haare und Augen sind vielleicht in diesem Teil von Midgard ungewöhnlich, aber in Vo Astur gibt es viele Menschen die so aussehen. Andererseits...“
„Andererseits?“ hakte Aleyandra wissbegierig nach, als das Einhorn unruhig verstummte und nachzudenken schien.
„Er wirkte nicht wie ein Hexer aus der Grauen Stadt. Die strahlen nicht so viel Macht aus, vor allem nicht ohne ein Medium, um ihre magische Kraft zu kanalisieren, so wie die Grimoire oder deine Pistolen. Er dagegen scheint eher ein Magier zu sein, wie sie die Kirche ausbildet, zumindest wenn man sein Aussehen außer vor lässt. Er hat das Portal immerhin ohne irgendwelche Hilfsmittel oder Grimoire geöffnet und auch ohne eine Zauberformel, wie es bei den Alfar üblich ist, sondern nur durch die Kraft seiner Gedanken. So zaubern nur die Menschen aus Süd-Midgard, die von der Kirche ausgebildet wurden.“
„Könnte er von Hexen und Hexern abstammten die Vo Astur irgendwann verlassen haben und sich im Gebiet der Kirche niederließen? So etwas gibt es doch sicher, oder?“
„Natürlich, die Asturier bleiben nicht ihr ganzes Leben in der Grauen Stadt, zumindest nicht alle von ihnen. Es ist ihnen immerhin nicht verboten die Stadt zu verlassen, sie sind frei zu gehen, wohin immer sie wollen, also kann man auch im restlichen Midgard hin und wieder auf Asturier treffen, die niemals zu Hexen und Hexern ausgebildet wurden, aber das ist selten. Meistens bleiben sie unter sich und kehren immer irgendwann nach Vo Astur zurück, weil sie sich nach dem Licht des Mondes sehnen.“
„Vielleicht ist es dann wirklich möglich, dass wir uns kennen?“ fragte Aleyandra aufgeregt. Die Möglichkeit vielleicht endlich etwas über ihre verlorene Vergangenheit zu erfahren, vertrieb für den Moment sämtliche Gedanken an Naruz und das ließ sie noch euphorischer werden. Sie musste wissen wer dieser Mann war. „Ich erinnere mich nicht an viel aus meinen Träumen, aber ich war niemals in Vo Astur, da bin ich mir sicher. Die Graue Stadt kenne ich nur aus Büchern und Erzählungen, mehr nicht. Vielleicht stamme ich auch aus einer Familie, die aus Vo Astur abgehauen ist und sich irgendwo im Kirchenstaat niederließ, genauso wie der Fremde? Vielleicht kennt dieser Mann sogar meine Eltern!“
„Das glaube ich nicht. Ich will dir deine Hoffnungen ja nicht zerschlagen aber ich...“ Alessa schnaubte unruhig und überlegte sich, wie sie weiterreden sollte, ohne das strahlende Gesicht ihrer Botschafterin wieder in sich zusammen fallen zu lassen. „Ich habe mich gestern noch etwas mit Bel Chandra unterhalten.“
„Du hast was? Wieso redet sie denn mit dir? Ich dachte, sie mag niemanden von uns.“
„Tut sie auch nicht, aber sie schien dich zu kennen, oder zumindest deine Pistolen und vielleicht sogar deine Familie. Am besten du redest auch mit ihr, sobald wir wieder im Lager sind. Es schien wichtig zu sein was sie weiß.“
„Warum hat sie mir das nicht schon gestern erzählt?“ Aleyandra verzog genervt das Gesicht. Ausgerechnet Bel Chandra sollte den Schlüssel zu ihrer Vergangenheit besitzen? Aleyandra wollte gar nicht wissen, was sie alles tun musste, damit die lüsterne Elfe überhaupt mit ihr redete. Jedes Wort, dass sie mit Bel Chandra wechselte, war das reinste Chaos und ging ihr auf den Geist. „Stattdessen, hat sie mich mit Beleidigungen zugeworfen und versucht mich zu verführen. Ich bezweifle, dass die irgendetwas von Bedeutung weiß.“
„Sie hat dir bisher nichts davon gesagt, weil sie dich nicht ausstehen kann.“ antwortete Alessa wahrheitsgemäß, was ihr einen säuerlichen Blick von Aleyandra einbrachte, den das Einhorn aber geflissentlich ignorierte „Aber es ändert nichts daran, wer sie ist. Sie war einst das Eidolon einer Hexe, die ebenfalls diese Pistolen besaß und vielleicht etwas mit dir zu tun haben könnte. Die Haare der Einwohner von Vo Astur färben sich im Laufe der Zeit immer weiß, aber nur die wenigsten unter ihnen haben rote Augen. Es heißt die weißen Haare, kommen daher, dass die Mondgöttin über sie wacht und das Licht des Mondes über Vo Astur intensiver leuchtet als im Rest Midgards, aber niemand weiß mehr, woher diese seltsamen Augen stammen. Es existiert in diesem Zusammenhang nur eine uralte Legende, die allerdings schon vor Hunderten von Jahren in Vergessenheit geriet.“
„Die Geschichte von Serena...“ murmelte Aleyandra nachdenklich und versuchte sich an irgendetwas zu erinnern. Sie kannte diese Legende, zumindest dachte sie es kurz, aber etwas schien wie immer ihr Gedächtnis zu blockieren, sobald es um ihre Zeit vor dem Leben in Helonia ging.
„Was?“ Alessa schien ernsthaft überrascht zu sein, als der Name des Mondeidolon fiel, auch wenn sie nicht genau wusste warum. Letztendlich erschien es nur logisch, dass Serena und die Stadt des Mondes, etwas verband, um das zu bemerken, musste man kein Genie sein. „Was hast du gerade gesagt? Meinst du die Mondgöttin? Das erste Eidolon, das Gaia jemals erschaffen hat?“
„Ja...aber ich weiß nicht wirklich, was es damit auf sich hat. Diese Geschichte, ist aus einem meiner Träume, das weiß ich und ich weiß auch noch, dass sie mir jemand erzählt hat, sehr sehr oft. Es war immer die selbe freundliche, sanfte Stimme, die mir wieder Kraft gab und mich am Leben erhielt. Aber ich...“ verunsichert brach Aleyandra ab und suchte noch einmal in ihrem Kopf nach Antworten, aber sobald sie versuchte an diese Geschichte und den Traum zu denken, fand sie nur noch gähnende Leere und dichten Nebel „Ich erinnere mich an so wenig aus meinen Träumen. Es verschwimmt immer alles so schnell und nachdem ich aufwache, ist es wieder verschwunden, einfach ausgelöscht. Diese Geschichte, sie ist wichtig für mich, aber ich weiß nicht mehr warum und ich...ich erinnere mich manchmal sogar an meine Familie, oder ich glaube es zumindest. Es ist schwer in diesen verschwommenen Bildern etwas zu erkennen und meistens will ich auch gar nicht mehr wissen, denn am Ende warten doch nur Schmerzen und Hass auf mich. Meinst du Bel Chandra kann mir dabei wirklich helfen? Mir helfen mich zu erinnern und meine Familie zu finden?“
„Ja, sie weiß viel über dich, denke ich, zumindest viel mehr als du selbst. Die Hexe mit den Pistolen, deren Eidolon sie war, hatte rote Augen, genauso wie du. Bel Chandra wollte mir nicht sehr viel erzählen, weil sie...naja, weil sie mich nicht ausstehen kann und sie würde dir von sich aus auch niemals davon berichten, es sei denn du gibst dich ihren lüsternen Wünschen hin, aber als ihre Botschafterin, kannst du es Chandra auch einfach befehlen. Einem direkten Befehl von dir, kann sie sich nicht verweigern, das würde Tigerius niemals zulassen. Sie wird dir die Wahrheit sagen müssen, auch wenn sie nicht glücklich darüber sein wird.“
„Selbst wenn diese Waffen irgendwann einer Hexe aus Vo Astur gehörten, heißt das noch lange nicht, dass ich etwas mit ihr zu tun haben muss. Sie könnte die Pistolen auch verkauft haben, oder sie gingen nach ihrem Tod verloren, wurden vielleicht sogar gestohlen oder ihrer Leiche abgenommen. Bel Chandra kann nicht wissen, dass ihre frühere Herrin wirklich etwas mit mir zu tun hat, nur weil sie meine Pistolen trug, oder? Genauso gut, könnten sie diesem Fremden in die Hände gefallen sein.“
„Sie sagte, dass sich die Pistolen nach dem Tod ihrer vorherigen Botschafterin, noch immer in den Händen eines Hexers und einer Hexe befanden, also wahren Einwohnern von Vo Astur und nicht jemandem wie diesem Mann, der das Portal geöffnet hat. Aber mehr habe ich leider nicht aus ihr herausbekommen, danach hat sie sich wieder verschlossen und meine Fragen ignoriert. Aber sie weiß definitiv etwas, da bin ich mir sicher!“
„Wenn du meinst, dann frage ich sie halt, aber nicht jetzt und auch ganz sicher nicht mehr diese Nacht. Ich habe für heute genug zum nachdenken bekommen und will einfach nur noch schlafen, um das alles hinter mir zu lassen. Morgen hauen wir dann von hier ab, zurück nach Navea. Diese ganze Reise war eine einzige Zeitverschwendung...“
„Was ist eigentlich aus deinem Plan geworden Naruz zu verfolgen?“ wechselte Alessa das Thema, als sie nichts mehr zu der Angelegenheit zu sagen wusste. Sie wünschte sich, dass Bel Chandra aufgeschlossener und gesprächiger gewesen wäre, damit sie ihrer Botschafterin mehr sagen konnte, aber leider hatte sich die übellaunige Elfe geweigert. Alessa hatte anfangs nicht verstanden, wie Tigerius ausgerechnet jemanden wie Bel Chandra für Aleyandra auswählen konnte, aber inzwischen machte es sogar Sinn. Neben den Informationen über die Vergangenheit ihrer Herrin, konnte Bel Chandra ihr sicher auch bei den Aussetzern helfen, die Aleyandra gelegentlich plagten. Die Elfe, verfügte über eine Art drittes Auge, mit dem sie tief in Aleyandras Seele blicken würde. Bel Chandra könnte sicher den Schaden reparieren, den Aleyandras Peiniger bei ihr hinterlassen hatten. „Ausgerechnet jetzt, da sich jemand an ihn heranmacht, dachte ich, dass du in Aktion treten wirst, um es zu verhindern und dich einmischst, oder wenigstens weiter beobachtest. Sind wir nicht deswegen überhaupt hier?“
„Sind wir, aber ich...ich...“ Aleyandra fing an zu stammeln und über ihre eigene Zunge zu stolpern. Wie sollte sie das vernünftig erklären? Sie kam sich einfach nur dumm dabei vor ihn zu verfolgen, das war alles. „Ich will das jetzt alles nicht und ich kann es auch nicht. Er war bewusstlos, also war es nicht seine Schuld, dass sie ihn einfach geküsst hat, er konnte sich nicht verteidigen.“
„Mag sein, aber er ist trotzdem weiter mit dieser Frau zusammen unterwegs, die unmissverständlich ihr Interesse an Naruz gezeigt hat. Sie wird sicher nicht locker lassen, sondern versuchen ihn um den Finger zu wickeln und das musst du verhindern!“
„Falls das passiert, werde ich einfach...“ sie brauchte einen kurzen Augenblick, um sich dazu zu überwinden, es laut auszusprechen, vor allem, da es endgültig alles ruinieren würde, wenn sie falsch lag und ihr neuer Plan nicht aufging. Generell war Plan ´Mehr Freiheit für Naruz, damit er voller Sehnsucht zu mir zurückkommt` nicht besonders vielversprechend. „Dann werde ich darauf vertrauen, dass er mich niemals hintergehen würde. Er hat mir gesagt, dass er mich liebt und ich glaube ihm. Er hat mich nicht angelogen, das weiß ich und er hasst mich auch nicht. Naruz wird seinen Weg zurück zu mir leichter finden, wenn ich nicht sofort jede Frau bedrohe die ihn ansieht. Also habe ich mich dazu entschieden, ihm dieses eine mal zu vertrauen. Geht er auf ihre Annäherungsversuche ein, weiß ich, dass er mich nie geliebt hat, sondern mich nur ausnutzte, weil gerade sonst niemand da war, der sein Bett teilen wollte, aber wenn er ihr widersteht, dann ist alles wieder in Ordnung und wir können in Navea zusammen glücklich werden.“ Aleyandra redete immer weiter, als wollte sie versuchen, sich mit ihren Worten selbst Zuversicht einzureden, obwohl sie kurz davor stand zu verzweifeln „Ich muss einfach nur auf ihn und unsere Liebe vertrauen, das hätte ich schon die ganze Zeit tun sollen. In Helonia liebte er mich noch nicht, aber das hat sich geändert, das hat Naruz selbst gesagt. Er wird mich nicht noch einmal für eine andere verraten, das weiß ich und ich hätte es schon wissen sollen, bevor ich auf diese dämliche Reise wollte.“
„Großartige Idee...Naruz ist ja dafür bekannt sehr vertrauenswürdig zu sein.“ murmelte Alessa, während sie hinter, der inzwischen wieder etwas besser gelaunten, Aleyandra schwebte. Liebend gerne würde sie Aleyandras Zuversicht teilen, aber war sich jetzt schon sicher, dass am Ende nichts so laufen würde wie geplant, das tat es irgendwie nie.



In Navea, öffnete ein erschöpfter Teregion langsam die Tür zu seinem Zimmer und stolperte in den dunklen Raum. Das Mondlicht erhellte ihn zwar etwas, aber viel konnte er trotzdem nicht sehen. Silberblatt schlug müde die Decke zurück und wollte sich einfach nur noch in sein Bett fallen lassen, als er erschrocken ein paar Schritte zurück stolperte. Lyaena lag in seinem Bett und lächelte ihn strahlend am. Sie war nur mit einem sehr dünnen, durchsichtigen Nachthemd bekleidet und es war offensichtlich, weswegen sie sich in sein Zimmer geschlichen hatte. Der Anblick der praktisch nackten, wunderschönen Akashi, hätte vermutlich jeden anderen Mann dazu gebracht sich voller Lust auf sie zu stürzen, aber Silberblatt seufzte nur genervt und wusste nicht wirklich, was er dazu sagen sollte.
„Wieso bist du hier, Lyaena?“ fragte er und bei seinem Tonfall, verblasste ihr Strahlen sofort ein wenig, was ihm im Moment aber recht egal war. Es war nicht so, dass er Lyaena nicht hübsch fand, aber er wollte einfach nur noch schlafen und zwar alleine, ohne seine anhängliche Verlobte ertragen zu müssen. Langsam sah er sich im Halbdunkel seines Zimmers um, und wusste gar nicht, wieso ihre Anwesenheit ihm erst jetzt aufgefallen war. Lyaenas Kleidung lag überall ihm Zimmer verstreut und bot einen deutlichen Hinweis auf sie. „Du solltest doch in dem Anwesen unserer Familie im Westviertel sein, dort ist es sicherer und wo sind überhaupt deine neuen Leibwächter? Bist du etwa ganz alleine mitten in der Nacht durch die halbe Stadt gegangen?“

Bild

„Ich habe doch die neuen Schutzzauber, die du auf mich gelegt hast. Sie werden mich vor allem retten, selbst vor den Bladelli, also musste ich mir keine Sorgen machen.“ sie schlug die Decke noch ein Stück zurück, damit er sie besser sehen konnte und zeigte auf die freie Stelle neben sich „Und jetzt komm endlich zu mir ins Bett, Teregion.
„Solltest du nicht lieber bis zu unserer Hochzeit in der Villa deines Vaters schlafen? Es ist sicher nicht angebracht für eine junge Lady sich in das Schlafzimmer ihres Verlobten zu schleichen. Du solltest lieber gehen.“
„W-was? Was redest du da?“ ihr Strahlen verschwand endgültig und wich Unsicherheit „Seit wann gibst du denn so einen Unsinn von dir?“
„Ich denke einfach es wäre besser wenn wir...wenn wir vor unserer Hochzeit nicht miteinander schlafen.“ versuchte Teregion erneut sie irgendwie loszuwerden. Konnte er denn nicht einfach seine Ruhe haben?
„Wir sind seit über fünf Jahren zusammen und haben in dieser Zeit oft genug im selben Bett geschlafen. Warum ist das plötzlich so ein Problem für dich? Als du noch auf dem Anwesen meines Vaters gewohnt hast, war das nie ein Problem für dich. Du hast dich sogar mitten in der Nacht durch das ganze Haus geschlichen, nur damit wir uns lieben konnten. Was ist los mit dir, Teregion? Wieso verabscheust du mich inzwischen so sehr?“ Panik machte sich langsam in ihrer Stimme breit und sie musste wieder an seine Schülerin denken. So in etwa hatte er sich damals auch verhalten, als er begann, sich immer mehr von ihr zu entfernen. „Denkst du etwa noch immer an deine ehemalige Schülerin? Vermisst du sie? Oder wünscht du dir sie wäre an meiner Stelle hier, um dich wieder einzuwickeln?“
„Nein, ich habe nicht mehr an sie gedacht, seit sie zu ihrem Auftrag aufgebrochen ist, das zwischen uns, war niemals etwas ernstes, das weißt du genau.“
„Was ist es dann? Du bist schon seit Tagen so komisch, seit ich entführt wurde.“ Hoffnung machte sich wieder in Lyaenas Stimme breit, vielleicht war seine miese Stimmung doch gar nicht so schlecht, sondern nur ein Zeichen dafür, wie viel sie ihm bedeutete? „Machst du dir noch immer Sorgen um meine Sicherheit?“
„Auch, aber wie du selbst sagtest, ich habe Vorkehrungen getroffen, damit so etwas nicht wieder passieren kann. Du bist in Sicherheit, egal was die Bladelli als nächstes unternehmen. Außerdem gehe ich nicht davon aus, dass sie dir etwas antun wollen, ansonsten hätten sie dich nicht gehen lassen. Es ist...“ Silberblatt brach kopfschüttelnd ab und setzte sich neben sie auf das Bett. Sofort richtete Lyaena sich auf und lehnte sich an seine Schulter, was ihn langsam doch dazu brachte, sie vielleicht nicht rauszuwerfen. Vielleicht war es doch gut, sich auf andere Gedanken zu bringen. „Es geht um etwas, das vor kurzem wieder an die Oberfläche meines Verstandes getreten ist und mich nicht mehr loslässt, obwohl ich dachte, es erfolgreich verdrängt zu haben.“
„Du kannst mir ruhig davon erzählen, das weißt du. Egal was es ist, ich höre dir zu.“
„Bevor dein Vater mich aufnahm und wir uns trafen...gab es ein Mädchen, das mir sehr am Herzen lag. Sie war meine erste große Liebe, könnte man sagen, und ich habe lange gebraucht, um sie zu vergessen.“ sie spürte, wie er etwas lockerer wurde und atmete erleichtert auf. Nur selten redete er von der Zeit bevor sie sich trafen. Er zog vor fünf Jahren für einige Zeit auf ihrem Anwesen ein, bevor er den Templern und später der Inquisition beitrat. Wenn es um seine Vergangenheit ging, war er meistens sehr verschlossen und mit etwas Glück, könnte sie diesmal etwas mehr herausfinden. „Meine Eltern dienten der Kirche damals als Templer und waren auf einem Vorposten stationiert, direkt im Land der Alfar. Damals hat die Kirche noch versucht, mit Überfallkommandos und kleineren Angriffen, die Holztransporte und manchmal sogar die Werften der Alfar zu vernichten. Ihre Flotte setzt unseren Handelsschiffen schon lange zu und anfangs hatte die Kirche noch gehofft den Krieg auf den Meeren gewinnen zu können. Die Alfar besaßen nicht genug Männer, um ihr Land abzuriegeln und und die Grenzen zur Yggdrasil Republik angemessen zu verteidigen. Dieser kleine Stützpunkt, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer kleinen Stadt. Als wir dorthin zogen...traf ich sie. Sie stammte ebenfalls aus einer der Soldatenfamilien dort und wir haben viel Zeit miteinander verbracht, während unsere Eltern gegen die Alfar kämpften.“
„Wie war sie?“
„Willst du das wirklich wissen? Wir sollten dieses Thema lieber ruhen lassen und es wieder begraben. Ihre verbrannten Überreste liegen irgendwo zwischen Ruinen in der Yggdrasil Republik. Es gibt keinen Grund mehr, über die Toten zu reden, sie können uns nicht mehr hören und es kümmert sie nicht, was wir über sie denken.“
„Ich möchte es trotzdem wissen. Sie schien dir sehr viel zu bedeuten, also muss sie ein außergewöhnlicher Mensch gewesen sein.“
„Nein, eigentlich, war sie nicht wirklich besonders.“ Silberblatt rang sich ein schwaches Lächeln ab und fragte sich, warum er ihr das überhaupt erzählte „Sie war einfach nur freundlich, niedlich und voller Lebenslust, es war erstaunlich, wie sie mitten im Feindesland leben und trotzdem fröhlich sein konnte., das verstehe ich bis heute nicht.“
„Hast du auch an sie gedacht, als wir zusammen waren, oder als wir uns zum ersten mal trafen? Ich dachte immer, dass ich deine erste Liebe...“ Lyaena brach ab und lief rot an, auch wenn es sie wirklich etwas ärgerte, dass er vor ihr schon jemanden geliebt hatte und sie es erst jetzt erfuhr.
„Ich habe schon lange nicht mehr an sie gedacht, schon gar nicht, wenn du in der Nähe warst, aber ich wollte die Schatten meiner Vergangenheit hinter mir lassen. Es hätte nichts geändert mit dir über sie zu reden, also wozu hätte ich es tun sollen? Nur dank dir, war ich in der Lage sie zu vergessen und dafür werde ich dich immer lieben. Aber Paolo...er hat es angesprochen, als ich bei ihm war und seitdem geht mir der Vorfall nicht mehr aus dem Kopf. Ich gab damals den Bladelli die Schuld für ihren Tod, da sie diesen Vorposten bewachen sollten und den Kommandanten der Garnison stellten, aber sie haben jämmerlich versagt, so wie sie es immer tun. Die Bladelli sind nichts weiter als erbärmliche Emporkömmlinge, die durch Glück zu weit aufgestiegen sind und auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden müssen.“ seine Stimme wurde dunkler, bedrohlicher und er ballte zornig die Fäuste, als er an die nutzlosen Bladelli denken musste „Sie haben es gewagt sich an Akashi zu vergreifen und endgültig vergessen, wo ihr Platz ist. Ich wünschte Onkel würde mir endlich die Erlaubnis geben dieses Rattennest auszulöschen, bevor noch mehr von uns durch diese feigen Mörder sterben werden.“
„I-ich weiß...ich weiß, ich sollte diese Frage nicht stellen müssen...a-aber hast du...“ Lyaena brach ängstlich ab, und wusste nicht wirklich, wie sie es ansprechen sollte, aber dieser Gedanke schwirrte ihr schon die ganze Zeit im Kopf herum. Teregion verabscheute die Bladelli und zwar alle, alleine bei seinen letzten Worten, wurde es wieder mehr als deutlich. Wenn man Silberblatt die Erlaubnis gäbe, würde er eigenhändig die Bladelli ausrotten und das jagte ihr Angst ein. Sie musste diese Frage einfach stellen, auch auf die Gefahr hin, dass ihr die Antwort nicht gefiel. „Haben die Kinder Gaias etwas mit dem Mord an Marius Bladelli zu tun?“
„Was!?“ Silberblatt sah sie fassungslos an und war sprachlos. Hatte seine Verlobte ihn gerade gefragt ob er ein brutaler Mörder war?
„Bist du für die neuen Spannungen zwischen uns und den Bladelli verantwortlich?“ fragte Lyaena noch einmal, diesmal mit deutlich sicherer und festerer Stimme, sie wollte die Wahrheit wissen „Die Beziehungen zu den Bladelli, haben sich in den letzten Jahren mehr und mehr verbessert, nur wenige von uns sehen noch auf sie herab und verachten sie. Mein Vater hat Paolo und seine Familie als treue und tapfere Diener der Kirche anerkannt und würde nicht einmal im Traum daran denken einen von ihnen ermorden zu lassen. Ich kannte die Männer in dem Lagerhaus. Sie gehörten zu denen, die du davon überzeugen konntest, dass die Bladelli unsere Feinde sind und in Wahrheit versuchen uns langsam aber sicher zu vernichten, um die Vorherrschaft der Akashi zu brechen. Sie hingen schon immer an deinen Lippen und gehörten zu denjenigen, die deine Kinder Gaias immer unterstützt haben.“ Lyaena wurde wieder immer unsicherer, je länger sie sprach und seinen Blick ertragen musste. Er wirkte im ersten Moment nicht zornig, sondern verletzt und das ließ sie jetzt schon an ihrem Verdacht zweifeln. Trotzdem fuhr sie fort, denn wenn sie etwas war, dann stur. „Es gibt nur zwei von uns, die in der Lage wären andere Akashi zu einem Mord zu überreden, mein Vater und du. Vater würde so etwas niemals tun, also bleibst nur du übrig.“
„Der Mord an Marius, hat nichts mit den Akashi zu tun. Ich habe keinen meiner Leute auf ihn angesetzt und auch keinen anderen Akashi. Warum sollte ich irgendeinen unbedeutenden Trottel ermorden lassen? Wenn ich meinen Hass an jemandem auslassen will, dann wird es Paolo Bladelli sein und niemand sonst.“ wehrte Silberblatt ab und musste sich beherrschen, um ruhig zu bleiben. Sie warf ihm damit auch vor an dem Tod von vier Akashi Schuld zu sein, sie gab ihm die Schuld für einen heraufziehenden Krieg, den er zwar begrüßte, aber sicher nicht herbeigeführt hatte.
„Bitte, sag es mir einfach, Teregion. Ich werde dich auch nicht an die Bladelli oder Vater ausliefern, das weißt du.“ Lyaena versuchte es mit einem zaghaften Lächeln. Sie wusste, dass sie lieber aufhören sollte ihn weiter damit zu nerven, aber sie wollte Antworten und niemand außer ihrem Vater oder Teregion, hätten diesen Mord befehlen können „Ich liebe dich und würde dich niemals verraten, aber bitte, sei ehrlich zu mir, damit wir gemeinsam diese alberne Fehde beenden können, bevor es endgültig eskaliert und es kein Zurück mehr für dich gibt. Ich werde es weder meinem Vater, noch den Bladelli verraten.“
„Raus aus meinem Zimmer.“ presste Silberblatt zornig hervor und erhob sich von dem Bett, um in dem kleinen Raum umherzulaufen und Kleidungsstücke vom Boden aufzuheben „Geh zurück in die Villa deines Vaters und verschone mich mit deinen dämlichen Anschuldigungen. Ich will schlafen.“
„D-du wirfst mich raus?“ vollkommen verwirrt sah sie ihm zu und schon im nächsten Augenblick flogen der Akashi ihre Sachen entgegen, damit sie sich anziehen und gehen konnte, aber Lyaena rührte sich nicht von der Stelle. Das lief irgendwie nicht ganz so wie geplant, aber andererseits, wirklich geplant hatte sie dieses Gespräch sowieso nicht.
„Nein, aber ich denke es ist besser für dich, nicht Seite an Seite mit einem blutrünstigen, kaltblütigen Mörder zu schlafen. Vielleicht drehe ich ja mitten in der Nacht durch und reiße dich genauso in Stücke wie diesen Bladelli? Willst du wirklich neben einem Monster liegen?“
„Darum geht es doch gar nicht! Ich dachte nur das...“
„Verschwinde einfach, Lyaena.“ er sah sie einen Moment lang enttäuscht an, was Lyaena dazu brachte aufzustehen und zu ihm zu gehen, um ihre Arme um ihn zu legen und das ganze zu vergessen, aber er hielt sie auf Abstand, ging stattdessen zur Tür und stieß sie auf „Ich hatte eigentlich gehofft, dass du nicht auch zu denen gehörst, die mich verdächtigen, aber ich habe mich geirrt. Wenn du denkst, dass ich zu so etwas in der Lage wäre, dann brauche ich dich sicher nicht in meiner Nähe.“
„A-aber...du kannst mich doch nicht einfach rauswerfen! Ich habe keine Leibwächter dabei und muss durch die halbe Stadt, um zur Villa zu kommen! Was ist wenn mir etwas passiert? Willst du mich wirklich einfach...“
„Du hast doch meine neuen Schutzzauber, die werden dich sicher nach Hause bringen. Es gibt in ganz Navea niemanden, der meine Magie einfach so durchbrechen kann und jetzt verschwinde endlich, ich kann deinen Anblick gerade nicht mehr ertragen.“
„T-teregion...“
„Raus!“ zischte er und schob Lyaena unsanft zur Tür hinaus, die vollkommen neben sich stand und gar nicht versuchte es zu verhindern, sie war zu überrascht von seiner heftigen Reaktion „Und hör auf mich zu verfolgen, ansonsten löse ich unsere Verlobung und schicke dich zu deinem Vater zurück.“ Ihre Kleidung flog ebenfalls nach draußen, dann schlug er ihr die Tür vor der Nase zu.
„Teregion!“ Lyaena versuchte die Tür wieder zu öffnen, aber sie gab nicht nach und das dünne Holz wirkte fast schon so, als wäre es reiner Stahl. Er musste sie bereits mit einem Zauber versiegelt haben, damit sie auch wirklich verschwand. „Teregion! Mach wieder auf! Bitte!“ rief die Akashi verzweifelt, sie wollte nicht, dass er nur wegen ihrer sinnlosen Anschuldigung die Verlobung beendete. Alle war so schön gewesen, als sie wieder nach Navea kam und er tatsächlich so wirkte, als hätte er sie vermisst. Lyaena hämmerte kurz an die Tür und hoffte, dass er nachgab und sie wieder reinließ, aber Silberblatt ignorierte sie, tat so, als wäre sie niemals da gewesen und hatte sich vermutlich schon längst schlafen gelegt. Von ihren Tränen und ihrem Schluchzen, bekam er schon nichts mehr mit. „Bitte...es tut mir leid...“ Letztendlich gab Lyaena es auf und zog sich an, während sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischte. Die Verzweiflung wich langsam Wut und sie trat zum Abschied mit aller Kraft gegen die verdammte Tür. Zornig stürmte sie aus dem Hauptquartier der Kinder Gaias und ging durch die nächtlichen Straßen von Navea. Wie konnte er es wagen sie einfach auf die Straße zu setzen! Sie war die Erbin der Akashi! Sie hatte ihm alles verziehen, immer, aber er scherte sich trotzdem einen Dreck um sie. Seit sie wieder in Navea war, beachtete er sie kaum, sondern schob immer seine Arbeit vor, um sie sich vom Leib zu halten und wehrte sie mit leeren Versprechungen und Lügen ab. Sie war schon ein ganzes Stück gegangen, als eine belustigte, und viel zu vertraute, Stimme ihre trüben Gedanken durchbrach und sie erschrocken anhalten ließ.
„Es schmerzt mich, Euch so zu sehen, Lady Akashi.“ aus einer nahen schwarzen Gasse heraus, betrat ein junger Mann die Straße und bei seinem Anblick weiteten sich Lyaenas Augen voller Angst. Es war der Mörder aus dem Lagerhaus, der sie entführt hatte. „Ihr seht aus, als hättet ihr geweint, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, was jemanden wie Euch, so fertig machen könnte. Selbst der Anblick von Blut konnte das nicht schaffen.“
„D-du?“ überrascht wich sie ein Stück weiter zurück, vor allem, als er langsam begann auf sie zuzugehen „Ich warne dich, Alessandro, wenn du versuchst mich anzugreifen, dann...“
„Keine Angst, schöne Lady, wenn ich Euch töten wollte, hätte ich es bereits in dem Lagerhaus getan. Ihr könnt also ganz unbesorgt sein, von mir geht keinerlei Gefahr aus. Ich töte keine Unschuldigen, das unterscheidet mich von den meisten Akashi.“
„Was willst du dann von mir?“
„Verzeiht mir bitte diese kleine Störung, aber Eure einzigartige Schönheit hat mich zu Euch geführt, wie die Motte in tiefster Nacht zum hellsten, strahlendsten Licht. Ich konnte nicht widerstehen, Euch von nahem zu sehen und zu bewundern.“ er setzte ein hinreißendes Lächeln auf und unter anderen Umständen, hätte Lyaena vielleicht sogar gesagt, dass er gut aussah, aber so, fand sie es einfach nur unheimlich „Was führt Euch in diesen abgelegenen, finsteren Teil der Stadt, noch dazu mitten in der Nacht?“
„Sieht man das nicht? Ich mache einen kleinen Spaziergang.“ antwortete sie kühl und entschied sich dazu ihn zu ignorieren, also ging sie langsam weiter und hoffte, dass Silberblatts Schutzzauber wirklich so undurchdringlich waren wie der immer behauptete.
„Tatsächlich? So spät und so schlecht gelaunt?“ der Fremde, den sie noch immer nur als Alessandro kannte, verfolgte sie und ging neben ihr her „Noch dazu ohne eine Leibwache, ich dachte eigentlich, dass Ihr euch nach unserer letzten Begegnung mit dutzenden neuen Leibwächtern umgeben hättet. Ihr seid mutiger als ich dachte, Lady Akashi.“
„Es erfordert keinen Mut seine Angst zu verdrängen, wenn man weiß, dass man in Sicherheit ist, egal wohin man geht.“ erwiderte sie bissig und vergaß ihr gutes Benehmen endgültig. Schlimm genug, dass ihr Verlobter sie auf die Straße gesetzt hatte, jetzt musste sie auch noch mit einem Mörder nach Hause gehen. „Teregion hat Schutzzauber auf mich gelegt, die mich vor jedem Angriff beschützen, egal ob es sich um einen Dolch aus dem Hinterhalt oder einen mächtigen Zauber handelt. Also hau lieber ab, du könntest mir sowieso nichts antun und auch sonst niemand. Versuch es gar nicht erst, sondern verschwinde einfach zurück in das Loch aus dem du gekrochen bist. Mit seiner mächtigen Magie, kann jemand wie du nicht mithalten.“
„Tatsächlich? Ich bezweifle, dass so etwas überhaupt möglich. Der Energieverbrauch um diesen Zauber aufrecht zu erhalten, muss selbst auf sehr kurze Distanz unvorstellbar hoch sein. Ich weiß, jeder redet andauernd davon wie begabt dieser großmäulige Mistkerl sein soll, aber selbst er kann dich nicht von seinem Zimmer aus mit so mächtigen Zaubern beschützen.“ er lächelte sie erwartungsvoll an und betrachtete interessiert die Zauber, die auf ihr lagen. Es waren sehr viele, mehrere Schichten aus Schutzzaubern, die aber nicht sehr stark sein dürfte, alles andere, würde den Magier der sie gewirkt hatte umbringen. „Wärt Ihr bereit Euer Leben in die blutigen Hände und leeren Versprechungen Eures Geliebten zu legen?“
„Ohne zu zögern.“ entgegnete sie entschlossen und blieb stehen, genauso wie Alessandro. Sie vertraute auf Silberblatts Fähigkeiten, jeder wusste, dass er mächtig war „Ich würde für ihn sterben und habe vollstes Vertrauen in seine Fähigkeiten als Magier. Wäre Teregion jetzt hier, würde er dich in einer Minute in Stücke reißen. Er ist nicht umsonst der jüngste Großmeister in der Geschichte des Kirchenstaates, du alberner Angeber!“
„Interessant. Dann stellen wir seine Genialität doch einmal auf eine kleine Probe. Ich hoffe für Euch, dass er wirklich so mächtig ist wie er behauptet.“ ohne sich noch weiter mit sinnlosem Gerede aufzuhalten, ließ er einen Feuerball auf seiner Handfläche erscheinen und warf ihn auf die erschrockene Akashi. Im ersten Moment wollte sie reflexartig zur Seite springen, aber dann siegte ihre Liebe zu Teregion über ihren gesunden Verstand und sie blieb einfach stehen, ließ das Feuer auf sich zukommen und atmete erleichtert aus, als die magischen Flammen kurz vor ihr einfach verschwanden.
„Bist du jetzt überzeugt von der Macht eines Akashi?“ Lyaena gab sich alle Mühe um überheblich und selbstsicher zu klingen, obwohl ihr Herz noch immer vor lauter Aufregung und Angst raste
„D-das ist...“ der Fremde brach kurz ab und blinzelte verwirrt, was Lyaena zum Lächeln brachte. Sein Zauber hatte nur direkt auf den magischen Schutz gezielt, da er die Akashi nicht verletzen wollte und so trotzdem einiges an Kraft anwenden konnte. Mit mehr Zeit wäre er in der Lage Schicht für Schicht der Schutzzauber niederreißen, aber irgendwann würde Teregion es sicher bemerken und vielleicht hatte der Großmeister sogar Vorkehrungen für diesen Fall getroffen. Luca seufzte genervt, dieser Silberblatt ging ihm immer mehr auf die Nerven, aber letztendlich konnten ihm die Schutzzauber auf der Akashi auch egal sein. Er plante sowieso nicht ihr etwas zu tun, auch wenn es ihm sehr gefallen hätte ihr Vertrauen in Teregion ein wenig zu erschüttern. „Tz, so schwer ist das eigentlich gar nicht, wenn man genug Zeit und Langeweile hat, um so viele Zauber zu wirken. Jeder könnte das, selbst der niederste Magier.“
„Ich dachte es wäre angeblich unmöglich?“ jetzt war es an Lyaena ein hinreißendes Lächeln aufzusetzen und sie lachte sogar kurz, als sie seine säuerliche Miene sah, dann setzte sie sich wieder in Bewegung. Sollte der Fremde doch machen was er wollte, sie musste weiter. Leider, reichte ihm diese kleine Demonstration von Silberblatts Macht nicht aus, um ihn endgültig zu vertreiben, denn er ging noch immer neben ihr her, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. „Was willst du denn noch von mir, Mörder? Du hast gesehen, dass seine Zauber mich beschützen, also kannst du deine Versuche mich zu entführen, zu töten oder was auch immer, einstellen, es wird dir niemals gelingen und ich habe keine Lust den Anblick eines Mörders weiterhin zu ertragen.“
„Es stimmt, ich kann Euch nichts tun, aber das hatte ich sowieso nicht vor. Ich wollte nur eine hübsche Lady nach Hause begleiten, damit sie nicht überfallen und ausgeraubt wird, oder schlimmeres. Navea kann gefährlich sein um diese Zeit und es wäre mir eine Ehre, Euch sicher nach Hause zu bringen.“
„Danke, aber wie du sehen kannst, habe ich die Zauber meines Verlobten um mich zu beschützen. Mehr brauche ich nicht, schon gar nicht die Hilfe von irgendwelchem Abschaum.“
„Trotzdem sollte er Euch nicht ganz alleine durch die kalte, dunkle Nacht gehen lassen. Wieso seid Ihr überhaupt so spät noch unterwegs? Ich habe Euch aus dem Hauptquartier der Kinder Gaias kommen sehen und frage mich seitdem, was jemanden wie Euch dazu bewegen könnte durch die dunklen, nächtlichen Gassen zu streifen.“ Luca lächelte zufrieden, als sie kurz zusammenzuckte. Er hatte nicht einmal gelogen was seinen Grund anging sich ihr zu zeigen. Er liebte hübsche Frauen und die Akashi gefiel ihm, außerdem hatte sie etwas besseres verdient als diesen Silberblatt. „Oh, oder hat das glückliche Liebespaar etwa einen kleinen Streit gehabt? Sagt mir bitte nicht, dass er solche Anmut und Schönheit einfach so hinauswerfen konnte. Wie kann man nur so herzlos und gemein sein? Ich würde Euch niemals aus meinem Bett in die kalte Nacht hinaus werfen, aber im Gegensatz zu Silberblatt, weiß ich auch wie man eine edle Lady behandelt.“
„E-er hat mich nicht rausgeworfen, ich bin freiwillig gegangen, weil ich zurück in die Villa meiner Familie muss.“
„Wozu? Ihr hättet doch sicher auch bei Eurem Verlobten schlafen können.“
„Wir...wir sind noch nicht verheiratet, also gehört es sich nicht, wenn wir im selben Bett schlafen.“ versuchte Lyaena es mit derselben, lahmen Ausrede, mit der auch Silberblatt anfangs noch versucht hatte sie loszuwerden, auch wenn sie es lächerlich fand. Darüber machte Silberblatt sich fünf Jahre zu spät Sorgen.
„Überraschend, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Ich dachte nicht, dass Silberblatt so geduldig sein kann. Dann seid ihr also noch Jungfrau, Lady Akashi?“
„W-w-w-wie kommst du dazu mich so etwas zu fragen, du ungehobelter Idiot!“ rief sie empört und hätte ihm am liebsten das freche Grinsen aus dem Gesicht geschlagen.
„Verzeiht, es tut mir leid, wenn ich Euch beleidigt haben sollte, Lady Akashi.“ versuchte Luca sie mit einer geheuchelten Entschuldigung zu besänftigen, auch wenn ihm das Gespräch langsam immer mehr Spaß machte, sie war sogar wunderschön wenn sie sich aufregte und ihr die langen, blonden Haare wirr ins Gesicht fielen, es gab ihr etwas verwegenes „Ich war nur neugierig und wollte mehr über meine zukünftige Braut zu erfahren.“
„Z-zukünftige...zukünftige....B-b-braut...“ Lyaena vergaß vor lauter Verwirrtheit fast zu laufen und stolperte ein paar Schritte neben ihm her „Lass mich in Ruhe du Verrückter! Ich bin verlobt und werde bald einen Mann heiraten, der tausend mal besser ist, als du es jemals sein könntest!“
„Auch wenn er Euch mitten in der Nacht rauswirft?“
„Er...er hatte seine Gründe dafür. Wir haben uns gestritten und ich habe viele dumme Dinge gesagt, die ihn aufregten. Es ist besser, dass ich gegangen bin, damit ich nicht noch mehr Unsinn von mir geben konnte, das ist alles.“
„Also war es wirklich ein Streit. Das sieht euch Akashi gar nicht ähnlich. Ich dachte ihr passt so gerne aufeinander auf? Und Teregion ist ja ein ganzer Akashi. Was war er noch gleich, Eurer Bruder?“
„Wofür hältst du uns Akashi eigentlich?“ fuhr Lyaena ihren unliebsamen Verfolger an „Teregion ist nur mein Cousin, das ist alles und in Süd-Midgard nicht verboten, also hör auf mich zu belästigen!
„Natürlich, ich bin sowieso nicht gut darin andere zu belästigen.“
„Bezweifle ich, es scheint das einzige zu sein, worin du gut bist.“
„Immerhin, habe ich unsere Liebe noch nie betrogen, Lady Akashi. Zumindest das habe ich Teregion voraus.“ obwohl er selbst auch nicht gerade wusste was Wort Treue bedeutete, aber das musste seine neuste Eroberung ja nicht sofort wissen „Ich weiß von seiner kleinen Schülerin, die sich derzeit auf einer Selbstmordmission im Stammesgebiet der Makar befindet und Sexsklavin der Löwenmenschen spielt, nur um ihm zu gefallen. Sie ist zwar weg und wird ihn Euch nicht noch einmal streitig machen, aber sie ist leider nicht Eure einzige Konkurrenz. Ich kenne den Typ, auf den Silberblatt steht und ihr fallt zum Glück nicht in sein übliches Beuteschema.“
„Was meinst du damit? Welches Schema?“ Lyaena versuchte ihre Neugier zu verbergen so gut es ging, aber trotzdem musste Luca lachen, als er sah, wie sie ihn aufmerksam beobachtete und plötzlich an seinen Lippen hing. Endlich hatte er sie soweit, dass sie ihm freiwillig zuhörte.
„Ihr wisst genau wovon ich rede. Unser guter Großmeister und angeblicher Ketzervernichter, steht auf Hexen und die Nachkommen von Hexen. Die Schülerin mit der er Euch betrogen hat, war zierlich gebaut, hatte weiße Haare und rote Augen...genau so wie seine neuste Schülerin, diese Aleyandra. Außerdem heißt es, dass es noch andere von ihrer Sorte unter den Kindern Gaias gibt. Er hat sogar mit einer Hexe geflirtet, die in der Villa der Bladelli lebt, wusstest Ihr davon?“ als Lyaena vollkommen perplex den Kopf schüttelte , fuhr Luca lächelnd fort „Zierliche Hexen scheinen seine Schwachstelle zu sein. Was er wohl so toll an ihnen findet? Die Haare? Die Augen? Was immer es ist, Ihr besitzt nichts davon, Ihr seid nicht einmal so zierlich gebaut wie seine bevorzugten Geliebten. Vielleicht meidet er Euch deswegen?“

Bild

„D-das ist nicht wahr. Er liebt mich und hat mich damals um meine Hand gebeten. Warum sollte er das tun, wenn er mich hässlich findet? Warum...“
„Würdet Ihr mir vielleicht einen Kuss schenken, Lady Akashi?“ wechselte der Fremde plötzlich das Thema und erwischte damit Lyaena vollkommen auf dem falschen Fuß, die für einen kurzen Moment sogar all ihre Vorsicht und Anspannung vergaß.
„W-w-was?“ Lyaena lief rot an und diesmal schlug sie wirklich nach ihm, versuchte ihm eine Ohrfeige zu verpassen, aber er wich ihr geschickt aus und sprach grinsend weiter
„Ein einzelner Kuss von Euren wundervollen Lippen, würde mich sämtliche Grobheiten der Akashi vergessen lassen. Aber ihr habt natürlich recht, wir sollten erst einmal mit einem netten Date beginnen. Wie wäre es dann mit einem guten Essen und einer gepflegten Unterhaltung? Ich kenne da ein wundervolles Restaurant am südlichen Marktplatz und die haben sogar noch geöffnet.
„Gaia sei Dank, muss ich mir deinen Unsinn nicht länger anhören.“ erwiderte Lyaena ruhig, auch wenn sie innerlich vor Wut kochte, aber vor ihnen erhob sich bereits das Anwesen der Akashi und sie hielt auf die Wachen vor der Tür zu, was Luca dazu veranlasste enttäuscht stehen zu bleiben.
„Wir werden uns sicher wiedersehen, Lady Akashi!“ rief er ihr nach und sein Blick wurde tatsächlich ein bisschen wehmütig, als sie sich nicht noch einmal nach ihm umdrehte, es hätte so eine wundervolle Nacht werden können „Falls Ihr diesen Klotz Silberblatt eines Tages nicht mehr ertragen könnt, dann flüstert einfach meinen Namen und der Wind wird ihn zu mir tragen, der Wind der Liebe!“ Lyaena verschwand in dem Haus, ohne sich noch einmal umzusehen und Luca blieb, ein wenig enttäuscht, zurück. Sein Plan sich seine Langeweile ein wenig zu vertreiben war nicht ganz aufgegangen. Die Akashi war schön und für eine Akashi auch erstaunlich nett. Leider überschattete ihre erste Begegnung die mit Sicherheit bereits aufkeimende Leidenschaft zwischen ihnen. Dabei zuzusehen wie er den Befehl gab ein paar Akashi zu töten, bildete keine wirklich gute Grundlage für eine glückliche Beziehung, oder wenigstens für ein Date. Allerdings war es auch gut, dass sie ihm nicht sofort unsterblich verfiel. Eine feste Bindung kam für Luca sowieso nicht in Frage, das war ihm einfach zu langweilig, außerdem, würde er damit genau das tun, was sein Großvater erwartete. Er hätte sich einfach beherrschen sollen, anstatt Lyaena anzusprechen. Jetzt wusste sie, dass er das Hauptquartier der Kinder Gaias beobachtete und sobald sie es ihrem Verlobten erzählte, würde er dazu nicht mehr in der Lage sein. Zeit sich einen neuen Plan auszudenken, schoss es dem Bladelli durch den Kopf. Er wusste, dass Silberblatt etwas mit Marius Tod zu tun hatte und würde ihn überführen. Es war nur ein Gefühl, aber er vertraute seinen Instinkten, sie hatten ihn noch niemals in die Irre geführt.



Bild

Aleyandra befand sich auf dem Rückweg zu Saeca und ihrem Lager, in Gedanken noch immer bei dem Fremden mit den roten Augen und der küssenden Irren. Alessa schwebte gelangweilt an ihrer Seite, während sie durch eine kleine Ruine gingen, die ein wenig an einen uralten Tempel erinnerte. Vermutlich hatte sie in früheren Zeiten zum Mondtempel gehört, jetzt waren es nur noch ein paar wirr umher liegende Steine. Der Vollmond stand am Himmel und leuchtete ungewöhnlich hell, wodurch es Aleyandra leicht viel sich durch die Dunkelheit zu bewegen. Nur noch wenige Minuten trennten sie von ihrem gemütlichen Lager und erholsamen Schlaf. Was Naruz gerade tat, wollte sie gar nicht wissen, immerhin war er abgesehen von Nikodemus, alleine mit vier hübschen Frauen. Ein tolles Team...
„Welch eine wundervolle Nacht!“ durchdrang plötzlich eine schleimige Stimme die Stille und zwischen den eingestürzten Säulen und Steinbrocken, trat ein dürrer, blasser Mann hervor, den sie sofort wiedererkannte. Es war derselbe Mann, den sie auf einem Bild in Navea gesehen hatte und eigentlich niemals wirklich treffen wollte. „Bei deinem liebreizenden Anblick, geht mir das Herz auf, oh Schönstes aller Mädchen an diesem von Gaia verlassenen Ort am Rande der Zivilisation.“
„V-valerius Salazar?“ stammelte Aleyandra überrascht, fing sich aber schnell wieder und zog ihre Pistolen. Der kahlköpfige Mann grinste bei dem Anblick nur und kümmerte sich nicht darum, dass die Waffen direkt auf seinen Kopf zielten.
„Der einzig wahre, der majestätische, der unbesiegbare. Es freut mich, Euch von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, oh wundervolle Verfolgerin der Nacht.“
„Wie kann das sein? Ich dachte du wärst schon lange nicht mehr hier!“ Aleyandra wusste gar nicht, warum sie mit dem seltsamen Vogel redete, anstatt ihn einfach zu erschießen. Vermutlich saß der Schock noch immer tief, dass sie ihn tatsächlich gefunden hatte, leider. Sie war alles andere als in der richtigen Stimmung für einen Kampf.
„Wirklich? Interessant und ich dachte, du bist hier um mich zu suchen. Andererseits, scheinst du nicht mit besonders viel Eifer nach mir gesucht zu haben, immerhin, befand ich mich schon die ganze Zeit in deiner Nähe.“
„Dann ist es sehr freundlich von dir, dich endlich zu zeigen, damit ich dich vernichten kann. Im Namen Gaias und der heiligen Kirche von Süd-Midgard, werde ich dich für eine Verbrechen zur Rechenschaft ziehen.“
„Oh, jetzt kriege ich es wirklich mit der Angst zu tun. Hoffentlich dauert der Kampf nicht lange. Die Nacht ist noch jung und wir haben noch viel vor, meine Geliebte.“ Salazars Grinsen wurde immer breiter, während Aleyandra angewidert Gesicht verzog und abdrückte, um sein widerliches Grinsen auszulöschen. Strahlen aus weißem Licht brachen aus den Mündungen hervor, schossen auf Valerius zu um seinen Schädel zu durchbohren. Der Magier hatte für ihren Angriff nur ein müdes Lächeln übrig und wischte die magischen Geschosse spielend leicht zur Seite. Aleyandra biss sich auf die Zunge, um nicht zu fluchen und sich aufzuregen. Sie hatte nicht wirklich Zeit gehabt um zu trainieren oder irgendwelche neuen Zauber zu lernen. Seit ihrem Kampf gegen Fenris, lag sie eigentlich nur demotiviert herum und weinte Naruz hinterher, was sich jetzt gnadenlos rächte. Erneut versuchte sie auf ihn zu schießen, versuchte es mit allen Zaubern, die sie jemals mit ihren Pistolen gelernt hatte. Bündelte die Energie des Windes, hüllte ihn in eine Feuersbrunst ein, versuchte ihn einzufrieren und verschoss am Ende sogar Blitze, die denen von Bel Chandra ähnlich sahen, aber nichts davon, beeindruckte den Magier. Echte Magie, war letztendlich einfach etwas vollkommen anderes, als ihre kleinen Spielereien, die zwar beeindruckend aussahen, aber einem wirklichen Magier keine Angst einjagten. Nachdem sie sich eine Weile erfolglos verausgabt hatte und darüber nachdachte, was sie als nächstes versuchen konnte, verschwand Valerius plötzlich. Aleyandra blinzelte verwirrt und im nächsten Moment stand der unheimliche Mann direkt vor ihr. Seine Hände hatten sich in schuppige Klauen verwandelt, von denen tödliches Gift troff und zischend auf den Steinplatten der Ruine landete. Bevor Aleyandra etwas versuchen konnte um ihn abzuwehren, holte Valerius aus und wollte ihr die giftigen Klauen in die Schulter rammen. Alessa warf sich im letzten Moment vor sie, um den Schlag abzufangen und trudelte benommen davon, als die Klauen ihr Fell zerschnitten. Das Einhorn löste sich in Luft auf, aber Aleyandra hatte keine Zeit sich um ihr Eidolon Sorgen zu machen. Es ging Alessa sicher gut, sie war ein unsterbliches Eidolon und ruhte sich vermutlich im Himmelsreich aus, bis sie wieder stark genug war, um feste Form anzunehmen. Aleyandra tauchte unter einem weiteren Schlag hindurch und kam geduckt neben ihm zum Stillstand. Sie richtete ihre Pistolen auf sein Bein und jagte ihm weiße Lichtblitze durch die Unterschenkel, was Valerius tatsächlich dazu brachte umzufallen. Aleyandra schoss auf den liegenden Magier, aber die anscheinend stahlharten Schuppen an seinen Klauen fingen die Geschosse ab, während sich seine Wunden an den Beinen bereits wieder schlossen. Aleyandra wollte nachsetzen und ihn weiter angreifen, aber dann spürte sie etwas. Als sie seinem Schlag ausgewichen war, waren mehrere Tropfen des Gifts auf ihren Arm gelangt und fraßen sich jetzt zischend durch ihre Haut. Schnell versuchte sie das Gift mit ihrem Kleid wegzuwischen, aber erreichte damit nur, dass der Stoff sich auflöste. Valerius nutzte ihre Panik, um sich wieder aufzurichten und zufrieden zu Grinsen.
„Du hast Glück, meine Schönheit. Eigentlich sollte selbst diese kleine Menge an Gift dich auf der Stelle töten, aber ich habe es kurz vor unserem Kampf noch etwas verändert, damit es Stunden braucht, um sich durch deinen ganzen Körper zu fressen und deine wichtigen Organe zu zersetzen.“ Valerius klang so, als wäre er unglaublich stolz auf seine Leistung. Mehr als sein Gift brauchte er nicht, um diese lächerliche Botschafterin Gaias zu besiegen. Sie schien über keinerlei nennenswerte Fähigkeiten zu verfügen, außer ein bisschen mit ihren Pistolen herumzufuchteln. Lächerlich. Und so etwas schickte die Kirche um ihn zu töten? „Es wird dich langsam aber sicher töten und zwar unter unvorstellbaren Schmerzen, die dir schon bald den Verstand rauben. Wir werden in dieser Zeit noch so viel Spaß miteinander haben, es wird einfach wundervoll.“
„Dein Gift ist mir egal.“ zischte Aleyandra und merkte, wie ihr die ersten Schweißperlen auf die Stirn traten und sie spürte, dass ihr ganzer Körper sich heißer anfühlte. Er hatte nicht gelogen, sie konnte das Gift jetzt schon spüren, aber sie ignorierte es. „Dein dämliches Gift kann machen was es will, du wirst nicht mehr erleben wie es mich umbringt, denn vorher, werde ich all jene rächen die du ermordet hast. Ich werde dich so sehr leiden lassen, dass du die Geister deiner Opfer um Gnade anflehst, bevor ich dich töte.“
„Ich mag deine leeren Versprechungen, auch wenn sie langsam langweilig werden. Es wird Zeit, dass wir unseren kleinen Streit beenden und dazu übergehen uns zu versöhnen, findest du nicht auch, meine weißhaarige Göttin?“ Valerius lachte voller Vorfreude, sammelte wieder etwas von der grünen, dickflüssigen Flüssigkeit in seiner Hand und warf damit nach ihr. Mitten im Flug, verdichtete und vervielfältigte sich das Gift, bis es zu einer grünlich leuchtenden Kugel wurde. Aleyandra sprang zur Seite und hatte keinen Blick übrig, für die Zerstörung, die die Giftkugel hinterließ, als sie auf dem Boden aufschlug. Es bildete sich ein kleiner Krater im Erdboden, in dem es bedrohlich blubberte und aus dem giftige Dämpfe emporstiegen. Aleyandra war sowieso schon vergiftet, also kümmerte sie das nicht weiter.
„Bel Chandra! Ich brauche deine Hilfe!“ rief Aleyandra in die Nacht hinaus und tatsächlich folgte das widerwillige Eidolon ihrem Ruf. Die Elfe trug ihren roten Helm und die ebenfalls roten, übergroßen Schulterpanzer, die in gewaltigen Handschuhen aus Stahl endeten. Anscheinend waren das ihre Waffen, auch wenn sie etwas lächerlich wirkte mit diesen überdimensionalen Händen, die kein bisschen zu ihrem schlanken Körper passen wollten.
„Was ist? Es hat gerade so viel Spaß gemacht zuzusehen wie dieser mittelmäßige Magier dich zerlegt.“ wandte sich Bel Chandra zur Begrüßung voller Überheblichkeit an ihre Herrin und sah Valerius nicht einmal an, der sie interessiert musterte, aber sie wohl schnell langweilig fand. Er wollte die wunderschöne weißhaarige Göttin und nicht dieses Eidolon in der hässlichen Rüstung, was Chandra schon ein wenig zornig werden ließ. „Wirst du alleine nicht mal mit so einem niederen Wesen fertig? Du bist wirklich lächerlich schwach und so etwas ist meine neue Botschafterin...“
„Ich bräuchte deine Hilfe nicht. Wenn es hart auf hart kommt, werde ich sowieso wieder in meinen Blutrausch verfallen und ihn einfach fertig machen. Es gibt also keinen Grund zur Sorge, er kann gar nicht...“
„Ähm ja...das wird leider diesmal nicht funktionieren.“ unterbrach sie Bel Chandra und schaffte es tatsächlich, ein wenig schuldbewusst auszusehen, auch wenn es ihr letztendlich egal war. Das Mädchen sollte sich lieber freuen, dass ein so mächtiges und tolles Eidolon wie sie, sich überhaupt dazu herabließ, sich um die kleinen, nichtigen Probleme einer Sterblichen zu kümmern.
„W-was meinst du damit? Was hast du eigentlich die ganze Zeit getan, während du weg warst?“
„Ich habe mich mit Tigerius unterhalten und wir haben gemeinsam einen kleinen Zauber auf dich gelegt der den Blutrausch unterdrücken sollte, zumindest vorübergehend, wir arbeiten noch an einer langfristigen Wirkung. Es ist uns auch nicht möglich den Zauber sofort wieder rückgängig zu machen, also verlass dich lieber nicht auf deine Unbesiegbarkeit im Blutrausch.“
„Oh gut, da habt ihr euch ja einen großartigen Zeitpunkt ausgesucht.“ murmelte Aleyandra „Dann besiegen wir ihn halt ohne den Blutrausch, du kannst jetzt endlich einmal beweisen wie mächtig du wirklich bist, Bel Chandra.“
„Endlich, ihr seid fertig. Ich dachte schon, ihr wollt die ganze Nacht sinnlosen Scheiß von euch geben. Kann dieses hässliche Eidolon jetzt verschwinden? Ich finde sie zerstört die Atmosphäre zwischen uns, meine Schöne. Oder macht es dich an, wenn sie uns zusieht? Wenn das der Fall ist, dann darf sie natürlich bleiben und Zeuge werden, wie wir uns in Liebe und Hingabe vereinen!“
„H-hässlich...diesen verfluchten Aufschneider, zerlege ich weniger als zehn Sekunden und lasse seine Seele bis in alle Ewigkeit Höllenqualen leiden.“ behauptete Bel Chandra großspurig und wartete gar nicht erst auf Aleyandras Befehle, sondern schwebte mit erstaunlicher Geschwindigkeit auf den Magier zu. Er sollte schon bald merken, dass es ein Fehler gewesen war, eine Schönheit wie sie zu beleidigen. Seine Giftklauen schrammten über ihre blaugraue Haut, ohne wirklichen Schaden zu hinterlassen. Selbst das stärkste Gift der Welt, würde ein Eidolon vollkommen kalt lassen. Ihre übergroßen Stahlfäuste, krachten in das Gesicht des überraschten Magiers und schleuderten ihn gegen einen Stein. Sofort setzte sie nach, rammte eine der gepanzerten Fäuste gegen seine Brust und der Stein splitterte genauso wie die Rippen des Mannes. Immer weiter prügelte Bel Chandra ihn durch die Ruinen und zerlegte dabei auch noch die letzten halbwegs intakten Säulen. Valerius war vor vielen Jahren vielleicht ein guter Magier gewesen, aber seine bevorzugte Beute waren nicht umsonst wehrlose junge Frauen. Einem echten Gegner, war er nicht gewachsen und schon gar nicht einem Jägereidolon. Wieder krachte er mit dem Rücken gegen eine Säule und blieb, an den rissigen Stein gelehnt, sitzen. Auf Bel Chandras Helm, begann es in einem leuchtenden, grellen Rot zu strahlen. Eine gewaltige Kugel aus zerstörerischer, roter Energie schoss aus dem Helm hervor. Blitze umspielten die Kugel und die reine magische Macht, vernichtete alles, was sich in ihrem Weg befand. Die Steine der Ruine schmolzen, das Gras verbrannte und die Blitze zerschlugen die Steinplatten, wühlten die Erde auf. Als die Kugel sich auflöste verschwand, hatte sie eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, ein Anblick, bei dem Aleyandra nervös schlucken musste. Das war also die Macht ihres neuen Eidolons? Gut, dass Bel Chandra sie nicht töten durfte, ansonsten wäre ihr Leben schon längst vorbei. In der Zwischenzeit lag vor ihr nur noch ein rauchender Salazar seine Kleidung teilweise verbrannt, aber anscheinend noch immer nicht besiegt, denn er bewegte sich noch. Aleyandra hob ihre Pistolen, um Valerius den Rest zu geben, der sich stöhnend wieder aufrichtete. Sie hätte nicht gedacht, dass Bel Chandra so stark war, es war so leicht gewesen mit ihr. Aber bevor sie abdrücken konnte und das Leben des bösartigen Magiers endgültig auslöschen konnte, tauchte die Elfe neben ihr auf und ruinierte alles.
„Geh mir aus dem Weg, du hässliche Nervensäge und hör auf dich in meinen Kampf einzumischen!“ rief Bel Chandra und stieß Aleyandra mit einem lässigen Hüftschwung davon. Ihre Botschafterin stolperte zur Seite und landete verdutzt im Gras. Bel Chandra blickte mit einem gehässigen Grinsen auf sie hinab und streckte ihrer Botschafterin kurz die Zunge raus. Das hier war ihr Sieg und nicht der von Aleyandra.
„Was soll der Scheiß du dämliches Eidolon?“ Aleyandra sprang wutentbrannt auf und schrie die unbeteiligt dreinblickende Bel Chandra an „Bist du endgültig verrückt geworden? Du dämliches, irres Eidolon! Ich sollte Tigerius...“ Aber weiter kam Aleyandra nicht mehr mit ihrer beginnenden Schimpftirade, denn einem, war der kleine Streit zwischen Eidolon und Botschafterin vollkommen egal, Valerius. Der Magier sprang auf die abgelenkte Aleyandra zu und holte grinsend zum Schlag aus. Seine gifttriefende Klaue traf das weißhaarige Mädchen, schlitzte sie von er Schulter bis zur Hüfte auf und schrammte schräg über ihren ganzen Körper. Lange Schnittwunden zogen sich über ihren Oberkörper, aber Anfangs spürte sie kaum Schmerzen, denn die Wunden waren nicht tief, aber dann, traf es sie auf einmal wie der Schlag eines Hammers. Verwirrt taumelte Aleyandra zurück, senkte den Blick und sah voller Panik nach unten. Die oberflächlichen Wunden, waren bedeckt von seinem grünlichen Gift, dass sich wie eine Säure zischend in sie hineinfraß. Die junge Botschafterin Gaias ging in die Knie, den Mund weit geöffnet zu einem stummen Schrei, denn die Schmerzen, ließen sie keinen Ton mehr herausbringen, bis sie letztendlich in sich zusammenbrach und unbeweglich auf dem Rücken liegen blieb. Als Bel Chandra ihr zur Hilfe eilen wollte, streckte Valerius einfach eine seiner Hände aus und rammte sie durch die Kehle der Elfe, die von der Schwäche ihrer Botschafterin übermannt wurde und nicht in der Lage war ihn abzuwehren. Deswegen hasste sie es eine Seelenverbindung einzugehen, sie spürte die Verletzungen ihrer Botschafterin, als wären es ihre eigenen. Das Eidolon starrte ihn schockiert an, dann, löste es sich in Luft auf. Bel Chandra würde eine Weile brauchen, um sich wieder zu sammeln und der schlechte Zustand Aleyandras, half ihr dabei nicht.
Valerius baute sich grinsend vor der am Boden liegenden Aleyandra auf. Sie versuchte sich zu bewegen, aber das Gift raubte ihr sämtliche Kraft, ließ sie schwach und hilflos werden. Das konnte nicht sein, sie durfte nicht gegen jemanden wie diese Bestie verlieren. Normalerweise, würde sie jetzt sofort in einen Blutrausch verfallen und diesen kranken Idioten in der Luft zerreißen, aber es passierte nichts. Der Schleier aus Blut und Hass legte sich nicht über sie, half ihr nicht dabei, die Schmerzen auszublenden und ihn zu vernichten. Sie war Valerius hilflos ausgeliefert. Unter anderen Umständen, wäre sie dem mächtigen Eidolon, Tigerius, dafür dankbar, dass der Blutrausch nicht einsetzte, aber es war kein guter Zeitpunkt für solche dämlichen Experimente. Ihr ganzer Körper fühlte sich taub und tot an, doch nicht lange, denn das Taubheitsgefühl wurde plötzlich durch hin und her wogende Schmerzen ersetzt, die Aleyandra trotz aller Verbissenheit gequält aufschrien ließen. Ihr ganzer Körper schien von Innen heraus zu verbrennen. Hätte Valerius sie mit Öl übergossen und angezündet, hätte er nicht noch mehr Schmerzen verursachen können als mit seinem Gift. Die Schmerze raubten ihr schon nach wenigen Sekunden den Verstand und sie dachte nicht einmal mehr daran zu kämpfen.
„Jetzt kann der Spaß erst richtig beginnen, wunderschöne Verfolgerin. Diese Nacht, wirst du niemals mehr vergessen, selbst im Totenreich wird sie dich verfolgen und immer an mich erinnern.“ Valerius betrachtete sie von Oben herab und seine Stimme zitterte leicht vor lauter Vorfreude. Er wusste nicht wie lange es dauern würde, bis das Eidolon sich von der Verletzung erholt hatte und wieder in der Lage war feste Gestalt anzunehmen, aber es war ihm letztendlich auch egal. Sollten die Eidolons ihn stören, würde er sie einfach noch einmal besiegen. Lästige kleine Biester, aber nicht weiter gefährlich, zumindest nicht solange ihre Herrin so schwach war. Nichts würde ihn jetzt noch von dieser wundervollen Nacht ablenken. Wie im Rausch, stand er noch immer nur unbeweglich über Aleyandra und betrachtete verträumt ihre perfekte und so leicht zu zerstörende Schönheit.
„Se...re...na...“ hauchte Aleyandra schwach und abgehackt, auch wenn sie nicht wusste, warum sie ihre letzten Kräfte dafür verschwendete diesen Namen zu hauchen. Es war kaum mehr als ein Wispern, so verschwindend leise, dass Valerius sie nicht verstand und nur sehen konnte, wie sich ihre Lippen bewegten.
„Oh, du kannst noch immer reden? Beeindruckend. Was willst du mir sagen, meine Kleine? Willst du mir deine unendliche Liebe gestehen? Das würde dich zumindest noch ein oder zwei Nächte lang am Leben erhalten.“ meinte Valerius belustigt und sah zu, wie sie immer weiter den Mund bewegte und langsam etwas lauter wurde. Trotzdem konnte er nicht viel mit den wenigen Buchstaben die er hörte anfangen und es war ihm auch egal. Vermutlich betete sie in ihren letzten klaren Augenblicken zu Gaia, denn schon bald, würden Schmerzen und Lust sie überwinden. Ihren Geist brechen und sie zu seiner willenlosen Dienerin machen, bis das Gift sie endlich erlöste, zumindest sah so sein Plan aus.
„Serena...hil...fe.“ schwach hob Aleyandra ihren Arm an und hielt die Hand, in das sanfte, silberne Licht des Mondes. Immerhin, war es eine schöne Nacht, schoss es ihr durch den Kopf und so albern dieser Gedanke auch war, sie blendete damit Valerius Anwesenheit aus und betrachtete den klaren Himmel. Das Mondlicht umspielte ihre Finger, fast, als wollte es sie trösten. Trotz ihrer ganzen Schmerzen, musste Aleyandra anfangen zu lächeln. Es half ihr, auch wenn sie nicht verstand wie. Das Licht ließ ihre Hand wärmer werden, als wären es die Strahlen der Sonne und ein wohliges, angenehmes Gefühl breitete sich in ihrem ganzen Körper aus, überlagerte sogar die Schmerzen des Giftes. „Se...“ Doch noch einmal konnte sie den Mond nicht um Hilfe bitten, denn Valerius ging ihr sinnloses Gestammel endgültig auf den Geist. Vor allem ihr verträumtes Lächeln reizte ihn. Wie konnte sie so lächeln, während sein Gift durch ihren Körper gepumpt wurde? Das betrachtete Valerius als persönlichen Angriff auf seine Fähigkeiten und sah sich dazu gezwungen, sie noch einmal von seiner Macht kosten zu lassen, bevor sie zum interessantesten Teil seines kleinen Plans übergingen und eins werden konnten. Der Magier beugte sich zu ihr herunter und versperrte ihr mit seinem Körper den Blick auf den rettenden Mond. Das wohltuende, Trost spendende Mondlicht fiel nicht mehr auf Aleyandra herab und sofort kehrte der Schmerz zurück, noch stärker und überwältigender als zuvor. Valerius legte ihr eine seiner klauenartigen Hände auf die rechte Wange. Sie bedecktet fast die ganze rechte Gesichtshälfte der Botschafterin und im ersten Moment dachte sie, er würde versuchen sie zu streicheln, so absurd es auch klang. Aber dann hörte sie ein bedrohliches Zischen, gefolgt von leisem, höhnischem Gekicher und Panik stieg in ihr auf. Er ließ wieder eine Art Säure aus seiner Hand fließen, die sich zischend über ihre Haut ausbreitete. Ihr halbes Gesicht schmolz unter seinen Fingern einfach weg, zerfloss zu einer unförmigen Masse und seine Klauen fraßen sich immer tiefer in sie hinein. Aleyandra schrie gepeinigt auf, versuchte mit letzter Kraft irgendwie den Magier von sich runter zu stoßen, aber er ignorierte ihre schwächlichen Abwehrsuche einfach und verstärkte den Druck seiner Hand sogar noch. Irgendwann hörte Aleyandra auf sich zu wehren, blieb einfach nur noch ruhig liegen und zuckte hin und wieder, wenn die Schmerzen zu stark wurden. Zufrieden zog Valerius die Hand zurück und betrachtete sein neustes Meisterwerk lächelnd. Das würde für den Augenblick reichen um jeglichen Widerstand und Trotz zu brechen.
Der Magier strich sanft über die Stellen, an denen ihr Kleid bereits zerrissen war und begann damit ihr auch noch den restlichen Stoff vom Körper reißen, aber weit kam er damit nicht mehr, denn er spürte, wie sich hinter ihm etwas regte. Vorsichtig drehte Valerius sich um und stand dabei angespannt auf. Es war heller geworden. Er hatte es nicht bemerkt, weil er zu gefesselt von Aleyandra gewesen war, aber jetzt fiel es ihm auf, die Ruinen waren hell erleuchtet. Das Licht des Mondes, strahlte inzwischen mit einer Intensität, die ihm die Tränen in die Augen treten ließ. Bevor er wusste was vor sich ging, wurde es schlagartig Dunkel. Durchbrochen wurde die Finsternis nur noch von einigen Dutzend hauchdünnen Strahlen aus silbernem Licht, die rasend schnell auf ihn zuschossen. Valerius schrie entsetzt auf, als der erste seine Haut berührte und begann, sich durch seine Haut zu brennen. Er wollte wegrennen oder sich irgendwie mithilfe seiner Magie verteidigen, aber er war nicht in der Lage sich zu rühren. Immer mehr dünne Lichtstrahlen bohrten sich wie Nadelstiche durch den Körper des Magiers. Zerrissen sein Fleisch, durchbrachen seine Knochen und zerrissen ihn von Innen heraus. Rauch stieg aus seinem Mund auf, als die Strahlen sein Innerstes verbrannten. Ein letzter, größerer, Strahl aus Mondlicht traf Salazar und riss ihn von den Beinen, schleuderte ihn durch die ganze Ruine, während die kleineren Strahlen ihn weiterhin auseinandernahmen. Valerius zerfetzte Überreste blieben letztendlich irgendwo am Rand der Ruinen liegen, aber das gespenstische Licht blieb.
Blinzelnd und unter Tränen, sah Aleyandra noch, wie das todbringende Licht sich jetzt auf sie zu bewegte, aber das interessierte sie schon nicht mehr. Gift und Verletzungen waren einfach zu viel für die Botschafterin und letztendlich, überwanden die Schmerzen ihre schwachen Versuche wach zu bleiben und sie versank in wohltuender Dunkelheit, die sie vermutlich niemals wieder loslassen würde. Die Strahlen des Mondes umschlangen einander in der Zwischenzeit, verbanden sich zu einem größeren Ganzen und erschufen nach und nach die Gestalt einer jungen Frau, mit hellen, braunen Haaren und leuchtend roten Augen, die traurig die bewusstlose Aleyandra anfunkelten. Eigentlich hatte Serena nicht geplant sich einzumischen, aber es war letztendlich zu viel gewesen. Zu oft blieb die Mondgöttin untätig, während ihr eigenes Blut vergossen und ihre Nachfahren abgeschlachtet wurden und jedes mal schmerzte es sie aufs Neue, aber ausgerechnet dieses Mädchen, sollte leben. Sie hatte die Kleine nicht umsonst vor mehr als sieben Jahren aus dem tosenden Ozean gezogen, sie unter gewaltigen Anstrengungen dem Griff des Leviathan entwunden und aus den Tiefen des Meeres heraus sicher nach Süd-Midgard gebracht. Es schmerzte sie, dass diesem Mädchen noch immer kein ruhiges, normales Leben vergönnt war, ein Leben voller Glück, Liebe und Geborgenheit.
„Ich ertrage es nicht, meine wundervollen Kinder leiden zu sehen und doch, muss ich es viel zu oft betrachten, wie ihr vergeht und ausgelöscht werdet.“ flüsterte Serena mit trauriger, aber vor allem melodisch klingender Stimme. Wer sie einmal vernommen hatte, verglich die Stimme der Mondgöttin oft mit dem wundervollen, hellen Klang einer einzigartigen Harfe, aber auch der schönste Klang dieser Welt, hätte nicht gereicht, um den Schaden zu beheben, den Valerius bei dem Mädchen angerichtet hatte. „Vernichtet und besiegt von Wahnsinn und Hass. Obwohl wir uns in so einer Situation wiedersehen, freue ich mich trotzdem, dich noch einmal zu treffen, Kind des Mondes und der Liebe.“ Sie beugte sich über Aleyandra und küsste sie sanft auf die schweißbedeckte Stirn. Strich ihr die weißen Haare aus dem Gesicht und fuhr ihr kurz mit den Fingerspitzen über die blasse Haut, von der zumindest auf einer Hälfte des Gesichts nicht mehr viel geblieben war. Serena wünschte, dass sie diesem Mädchen, das von ihrem eigenen Blut war, noch weiter helfen konnte, aber sie hatte sich schon genug eingemischt. Gaias mochte es nicht, wenn die niederen Götter sich in die Angelegenheiten der Menschen einmischen, selbst wenn es darum ging kranke und abscheuliche Kreaturen wie Valerius Salazar auszurotten. „Ich schenkte dir einst Vergessen, seliges, reinigendes Vergessen, dass deine arme, leidgeprüfte Seele von der Last der Vergangenheit befreite, genau wie du es dir gewünscht hast. Ich weiß nicht, ob du in der Lage bist gegen sein Gift anzukämpfen, es ist sehr stark, vielleicht sogar stärker als das göttliche Blut in deinen Adern. Aber wenn du es überlebst, dann hör auf nach Antworten zu suchen, du wirst keine finden, die dich besser schlafen lassen. Im Gegenteil, je mehr du suchst, je mehr du findest, je mehr du nach deiner Vergangenheit forschst, umso schlimmer wird es, solange, bis der Fluch deines Bluts dich wieder einholt und zurück in den Wahnsinn zerrt. Lebe ein glückliches Leben, bevor der Fluch dich zugrunde richtet und denke nicht weiter an deine Träume, deine verlorenen Erinnerungen. Hör auf nach dem zu suchen, was auf ewig verborgen bleiben sollte, es hat ohnehin keinerlei Wert mehr für dich, keinerlei Bedeutung.“ sie warf einen kurzen Blick auf die Überreste des toten Magiers und seufzte, Gaia würde bald davon erfahren, es wurde Zeit zu verschwinden und einfach darauf zu hoffen, dass irgendjemand dem Mädchen helfen würde „Mehr kann ich nicht für dich tun, Aleyandra Moraevion. Das Gift, musst du mit deiner eigenen Kraft bekämpfen und lernen, deine eigenen Schlachten zu schlagen. Der Mond wacht nicht immer über dich.“ Serena war ihr ein letztes, trauriges Lächeln zu und löste sich in Luft auf, verschmolz wieder mit dem gewöhnlichen Mondlicht und wurde erneut ein Teil des Himmels. Die bewusstlose Aleyandra blieb inmitten der dunklen Ruinen zurück, verfolgt, von schattenhaften Erinnerungen und den Schmerzen des Giftes.



Nicht viel Zeit war vergangen, als eine aufgeregte Saeca in die Ruinen rannte, gefolgt von Alessa und Merilee. Das Einhorn, war kurz nach dem Verschwinden der Mondgöttin wieder erwacht und hatte seine Herrin in furchtbarem Zustand vorgefunden. Alessa hatte nicht gewusst, was sie tun sollte, also war sie zu Saeca geflogen. Der Weg zum Lager war nicht mehr sehr weit gewesen. Saeca blieb kurz stehen, als sie Aleyandras leblosen Körper inmitten der Ruinen liegen sah, dann rannte sie weiter. Aleyandras Augen waren weit geöffnet, aber sie wirkten stumpf und tot. Es schien keinerlei Leben mehr in dem weißhaarigen Mädchen zu sein. Saeca beschleunigte, rannte inzwischen so schnell sie konnte und ließ sich voller Panik neben Aleyandra auf die Knie fallen. Aber weiter, wusste sie nicht, was sie tun sollte und fühlte sich vollkommen nutzlos. Am liebsten, hätte sie sofort irgendwie versucht die Verletzungen zu verbinden aber...aber sie bezweifelte, dass sie damit etwas ausrichten könnte. Sie wirkte wie weggetreten, als ihre Augen langsam über den Körper ihrer geliebten Onee-chan wanderten. Lange, klaffende Wunden zogen sich über Aleyandras gesamten Körper. Hatten das Kleid und ihre Haut zerfetzt, verliefen von ihrer linken Schulter bis hinunter zu ihrer rechten Hüfte und sie wirkte, als hätte Valerius sie einfach aufgeschlitzt. Die Schnittwunden seiner Klauen an sich, waren aber nicht das schlimme an ihren Verletzungen, dazu waren sie nicht tief genug. In den Wunden floss eine grüne, ätzende Flüssigkeit, die selbst das austretende Blut verbrannte und zischend verdampfen ließ. Das säureartige Gift breitete sich immer weiter aus und fraß sich langsam vorwärts. Es schien aber bisher nur an der Oberfläche Schaden angerichtet zu haben. Die Säure wirkte eher so, als sollte sie das Opfer möglichst lange leiden lassen und erst nach Stunden in einem vollständig zerstörten Körper sterben lassen. Dann sah sie Aleyandras Gesicht genauer und Saeca wandte sofort ängstlich den Blick ab. Die Haut war verbrannt, das Fleisch darunter geschmolzen und an einigen Stellen, schimmerte weiß der blanke Knochen hervor. Ihre gesamte rechte Gesichtshälfte war zerstört und nur ihr rotes Auge leuchtete noch aus der undefinierbaren Masse hervor, gebrochen und leer.
„Merilee! Alessa! Ihr müsst sie heilen, na los! Worauf wartet ihr denn noch!“ schrie Saeca die beiden orientierungslosen Eidolons an. Beide beherrschten mächtige Heilmagie. Warum unternahmen sie nichts um Aleyandra zu helfen? Stattdessen schwebten sie nur neben Saeca in der Luft und sahen traurig zu Boden, Alessa schien bereits den Tränen Nahe zu sein. „Ihr müsst ihr helfen! Seht ihr denn nicht, dass sie verletzt ist!“
„Saeca...“ begann Merilee behutsam und wich dem Blick ihrer Freundin beschämt aus. Sie hatte sich auf dem Weg hierher mit Alessa unterhalten und teilte die Meinung des Einhorns, jetzt, da sie Aleyandra vor sich liegen sah. Selbst ihre gemeinsame Macht, war nicht dazu in der Lage, Aleyandra zu heilen. Die Säure breitete sich vielleicht noch nicht im Innersten von Aleyandra aus, aber das Gift schon. Es wurde immer weiter durch ihr Blut gepumpt und verbreitete sich in jedem Winkel ihres Körpers, ohne dass sie es aufhalten konnten. „Wir können nichts mehr für sie tun. Unsere ganze Magie ist wirkungslos gegen das Gift in ihrem Körper. Es hat keinen Sinn, wir...“
„Nein!“ schrie Saeca sie an. Bisher hatte sie sich immer auf Merilee´s Heilmagie verlassen können! Sie gehörte was diese Art der Magie anging zu den mächtigsten unter den Eidolons und sollte in der Lage sein jede Verletzung zu heilen. „Nee-chan darf nicht sterben! Sie wollte mit mir Kusanagi gesund machen und...und was wird aus ihr und Naruz? Sie darf nicht so sterben! Nicht ohne ihn an ihrer Seite...“
„Das Gift besteht aus meiner Mischung aus Chemikalien, Kräutern und Magie und vor allem dieser letzte Bestandteil verhindert, dass wir ihr helfen können. Valerius muss sehr mächtige Zauber in sein Gift gewirkt haben und wir sind nicht in der Lage ihre zerstörerische Wirkung zu brechen. Wir...“
„Lass es, Alessa. Saeca braucht im Moment ganz sicher keine langen Erklärungen.“ unterbrach Merilee das andere Eidolon, das versuchte, seine Trauer hinter langwierigen Reden, aber das konnte es jetzt nicht mehr. Das Einhorn war am Ende und sank zitternd neben seiner Herrin zu Boden. Schmiegte sich an Aleyandra und versuchte immer wieder, ihre Botschafterin aufmunternd mit dem Kopf anzustoßen, was keinerlei Wirkung zeigte. Die Fee schwebte in der Zwischenzeit ganz nahe an die verzweifelte Saeca heran und drückte sich beruhigend an sie. „Es tut mir leid, Saeca. Ich wünschte, wir könnten ihr helfen, aber...“
„Nee-chan...bitte, bleib bei mir, bitte.“ flüsterte Saeca und versuchte selber ihre eigene Magie zu nutzen, aber ihre Heilzauber, waren noch schwächer als die der beiden Eidolons und verpufften wirkungslos im Nichts „Du darfst nicht einfach sterben, das würde Naruz dir nie verzeihen!“ rief sie plötzlich verzweifelt und begann zu weinen, bei ihr nichts ungewöhnliches, aber so fertig hatte sie nicht einmal gewirkt, nachdem sie Kusanagi fand. Der rasselnde, schwache Atem Aleyandras wurde immer unregelmäßiger und setzte inzwischen immer wieder ganz aus. Saeca versuchte irgendeinen Weg zu finden, um ihr zu helfen, aber da gab es nichts, was sie tun konnte und Saeca Schluchzen wurde immer lauter und panischer, während sie hilflos neben ihrer sterbenden Onee-chan saß. Die Eidolons hatten recht, sie konnten Aleyandra nicht mehr helfen.
Zuletzt geändert von Vanidar am 10. Juli 2014 16:07, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Mimir
Praefectus Fabrum
Praefectus Fabrum
Beiträge: 4549
Registriert: 21. August 2011 14:37
Wohnort: Berlin
:
AAR-Schreiber Teilnahme an einem Contest

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 10. Juli 2014 16:00

25. Der Untergang von Cordius (Öffnen)
Kapitel 25 – Der Untergang von Cordius:


Naruz seufzte, als er die Augen öffnete und bemerkte, wo er sich gerade befand. Ohne ein Wort ging er zum Tisch hinüber, und setzte sich auf den leeren Stuhl, der für ihn bereitstand, direkt gegenüber von Demir, der ihm lächelnd mit seinem Blick folgte. Nachdem er sich hingesetzt hatte, wollte Naruz eigentlich auch schon so gleich die übliche Partie Schach beginnen, hielt jedoch verdutzt inne, als er sah, dass das Brett nicht auf dem Tisch stand. Also warf er Demir einen fragenden Blick zu, ehe er den Weltenwanderer begrüßte.
„Hallo... Demir, schön dich zu sehen. Bin ich mal wieder... na ja, halbtot?“
„Du wirst es kaum glauben, aber nein, du hast dich einfach nur ein wenig überanstrengt, und bist ohnmächtig geworden, ich habe dich Heute aus einem anderen Grund hergeholt.“
„Ich würde gerne endlich mal wissen, wo 'hier' ist... ja, ja, ich weiß, du kannst mir nicht antworten, oder willst es nicht. Aber... wenn ich dieses mal nicht in Lebensgefahr bin, warum hast du mich geholt? Weißt du, ich habe schonmal versucht, selber Kontakt zu dir aufzunehmen, aber es hat nicht funktioniert, ich weiß ja nichtmal, wie ich es überhaupt machen könnte.“
„Schon mal versucht, vom Himmelsturm zu springen?“
„Würde ich dann nicht sofort tot sein?“
„Kommt drauf an, von wo du springst.“
„Du erinnerst mich an Serif.“
„Ah ja, Serif, netter Kerl, ich würde mich gerne mal mit ihm unterhalten.“ schlagartig wurde das Gesicht von Demir ernst, und er pochte nervös mit einem Finger auf dem Tisch. „Wie auch immer, ich bin hier, um dir etwas zu zeigen.“
„Was willst du mir denn zeigen? Und warum?“
„Ich will dir zeigen, was damals auf meiner Heimatwelt geschehen ist, als sie unterging. Und warum? Weil... weil ich hoffe, dass du mir helfen wirst, sobald du gesehen hast, was auf Cordius geschah. Außerdem muss ich mich entschuldigen... ich habe dir das letzte mal nicht ganz die Wahrheit gesagt.“
„Was meinst du damit?“
„Ich habe über den Untergang von Cordius gelogen... zumindest teilweise, die ganze Sache lief ein wenig... anders ab.“ Demir seufzte kurz, und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, bevor er sich wieder an Naruz wandte. „Deine Göttin heißt Gaia, nicht wahr?“
„Was? Also... ja, sie ist die Göttin, die unsere Welt erschaffen hat.“
„Sie muss äußerst klug sein, und weise, sie hat eine wundervolle Welt geschaffen... und sie hat dabei keine großen Fehler gemacht, soweit ich es beurteilen kann. Bei so vielen Rassen, die auf Azuria leben, ist das schon ein kleines Wunder. Die Götter von Cordius waren nicht so klug... sie waren ein wenig naiv, eine Eigenschaft, die ihnen letztendlich zum Verhängnis werden sollte.“ Naruz hing förmlich an Demirs Lippen, als der Weltenwanderer sprach. Naruz war sich noch nicht sicher, ob er der Geschichte dieses Mannes wirklich glaubte, es schien einfach so unglaublich zu sein, dass er aus einer anderen Welt kam, andererseits, unterschied er sich von allen anderen Wesen, die in Azuria lebten. Wie auch immer, egal ob erfunden, oder nicht, Demirs Geschichte interessierte Naruz. „Wir Weltenwanderer waren die jüngsten Kinder, der Götter von Cordius, ihre ultimative Schöpfung, kreiert in ihrem Ebenbild. Wir glichen ihnen nicht nur vom Aussehen her, unsere Macht, unser Verständnis von Magie, kam dem ihren gleich. Einhundert Jahre, nachdem unsere Rasse auf Cordius erschienen war, hatten wir uns ein eigenes Reich aufgebaut, fünfzig Jahre später, kontrollierten wir einen Kontinent, zweihundert weitere Jahre vergingen, ehe wir ganz Cordius beherrschten. Und weiter zehn Jahre später... hatten wir uns gegen unsere Schöpfer erhoben, unsere Götter getötet, und uns selbst in ihren Rang erhoben.“ Demir bekam einen verträumten Gesichtsausdruck, als er das sagte, was in Naruz einen Verdacht weckte.
„Demir? Wie lange ist das her?“
„Die Rebellion, gegen unsere Götter? Es ist schwer zu sagen, nicht in jeder Welt vergeht die Zeit gleich, musst du wissen, aber ich denke, es dürften nun schon fast eintausend Jahre vergangen sein, seit unsere Götter fielen.“
„Und wie... wie alt bist du?“ Demir lächelte aufgrund von Naruz' Frage, denn er wusste, woraufhin der junge Inquisitor hinauswollte.
„In meiner Heimatwelt war ich bekannt, als 'der Blutrote Teufel', ich war der erste, der die Stadt der Götter betrat, als unser Angriff begann. Ich stand an der Spitze der IV. Legion, ich war derjenige, der die Kriegsgöttin Benezeth zum Zweikampf herausforderte, und ich war derjenige, der ihren Kopf auf den Zinnen ihrer eigenen Festung aufgespießt hatte. Und letztendlich war ich einer der sieben Auserwählten, die dem König der Götter gegenübertraten, und ihn erschlugen.“ Naruz starrte den Weltenwanderer einfach nur mit offenem Mund an, seine Geschichte wurde immer unglaublicher. Nach einer Weile fand Naruz endlich seine Sprache wieder, und konnte eine weitere Frage stellen.
„Was ist passiert, nachdem ihr eure Götter getötet habt?“ Demirs glücklicher Gesichtsausdruck, den er während der Geschichte aufgesetzt hatte, verschwand.
„Wir haben eines der größten Geheimnisse der Götter entdeckt, eine Bibliothek, in der Metis, die Göttin der Weisheit, ihre riesige Sammlung an Büchern und Schriften aufbewahrte, gefüllt mit dem Wissen der Götter, über alles mögliche. Viele der führenden Magier unserer Gesellschaft meinten, dass wir dieses Wissen nutzen sollten, um uns endgültig zu Göttern zu machen. Ich war einer derjenigen, die der Meinung waren, dass dieses Wissen verboten und vernichtet werden sollte, weil es einfach zu gefährlich war. Es war uns gelungen, unsere Götter zu bezwingen, aber das hieß noch lange nicht, dass wir mit ihrer Magie zurechtkommen würden, immerhin waren sie nicht umsonst Götter. Ihre Schwäche war es, dass sie immer das beste in meiner Rasse gesehen hatten, und nie auch nur im Traum daran dachten, dass wir gegen sie ins Feld ziehen könnten. Als es jedoch zu unserer Rebellion kam, da zeigten sie uns ihre gesamte Macht, es gab einst vierundzwanzig Götter, auf unserer Welt. Ihr Heer wurde in einer gewaltigen Schlacht, vor den Mauern ihrer Stadt vernichtet, zehn der Götter fielen. Vierzehn Götter hielten die Stadt, gegen zwanzig unserer Legionen, zwanzigtausend Weltenwanderer, stürmten die Mauern der heiligen Stadt, du kannst dir nicht vorstellen, wie es damals aussah, Naruz!“
„Nun, ihr habt ja anscheinend gewonnen... wie hoch waren eure Verluste?“
„Siebzehn Legionen wurden vollkommen ausgelöscht, meine eigene Legion wurde auf vier Soldaten reduziert, die letzten Beiden verloren jeweils ungefähr die Hälfte ihrer Männer.“ Naruz schüttelte nur kurz den Kopf, er konnte sich die ganze Sache wirklich nicht vorstellen.
„Was habt ihr nun mit der Bibliothek angestellt?“
„Wir haben einen Orden ins Leben gerufen, der aus den besten Kriegern unserer Rasse bestand, die Aufgabe dieses Ordens war es, über die Bibliothek zu wachen, und dafür zu sorgen, dass niemand das Wissen der Götter nutzte, solange unsere Könige sich nicht darüber geeinigt hatten, was wir damit anstellen sollten. Ich war Mitglied in diesem Orden. Eine Weile lang schien alles gut zu gehen, dann jedoch wurden wir verraten, besser gesagt, ich wurde verraten. Mein Orden machte gemeinsame Sache mit einem der Könige, sie lockten mich und einige wenige Männer, die treu zu mir standen, aus der Stadt und fielen über uns her. Ich konnte als einziger entkommen, als ich zur Stadt zurückkehrte, war sie jedoch schon in der Hand meiner ehemaligen Kameraden, und des Königs, mit dem sie sich verbündet hatten. Ich tat, was ich tun musste, ich rief die anderen Herrscher zur Hilfe, um die Verräter zu bestrafen. Was nun folgte, war die letzte Schlacht von Cordius, die zweite Belagerung der heiligen Stadt. Und genau das, wollte ich dir zeigen, siehe nun selbst, die letzten Augenblicke meiner Heimatwelt, wohne ihm bei, dem Untergang von Cordius...“

Nach Demirs Worten wurde kurz alles dunkel, dann plötzlich konnte Naruz wieder sehen, und er zuckte zusammen, als ein großer Ball aus Feuer direkt über seinem Kopf hinweg zischte, und in seiner Nähe auf eine gepflasterte Straße krachte. Direkt neben ihm stand ein Weltenwanderer, bei dem es sich wohl um Demir handelte, er sah zumindest so aus, wenn man davon absah, dass er eine scharlachrote Plattenrüstung trug, anstatt seiner seidenen Kleidung. In seinen Händen hielt er zwei leicht gekrümmte Schwerter, die bereits mit Blut getränkt waren. Neben Demir stand eine Frau, sie hatte lange, schwarze Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, ihre Hörner waren kleiner als die von Demir, und wuchsen ihr direkt aus der Schläfe, und ihre Flügel ragten aus ihren Schulterblättern, während die von Demir weiter unten ihre Ansätze hatten. Sie trug eine violette Robe, auf der silberne Schlangen aufgestickt waren. Hinter den beiden standen ein weiteres Dutzend Weltenwanderer, sie alle trugen schwarze Plattenrüstungen, und schienen auf einen Befehl von Demir zu warten. Die Straße, auf der sie standen, schien aus Silber zu bestehen, und führte von einer gigantischen, schwarzen Mauer, bis zu einem Turm, der selbst noch den Himmelsturm um einiges überragte. Auf diesen Turm hatten sich auch die Blicke der Weltenwanderer gerichtet, über der Spitze des Gebäudes hatten sich schwarze Wolken versammelt, und der gesamte Himmel schien mit jeder Sekunde dunkler zu werden. Plötzlich zuckte ein violetter Blitz aus dem Himmel, und traf einen der Türme, die in Abschnitten auf der gewaltigen Mauer aufragten. Es gab ein lautes Krachen, und dann... dann war der Turm einfach weg, nur noch eine rauchende Ruine prangte dort, wo sich eben noch die Verteidigungsanlage befunden hatte.
„Giliath! Was war das?“ fragte Demir plötzlich, und Naruz wandte seinen Blick wieder zu den Weltenwanderern in der Nähe. Die Frau bekam einen besorgten Gesichtsausdruck, und drehte sich zu Demir um, woraus Naruz schloss, dass ihr Name Giliath war.
„Das war äußerst mächtige Magie, sie stammt wahrscheinlich aus der verbotenen Bibliothek. Diese verfluchten Narren!“ zischte die Frau, und ballte hilflos die Fäuste. „Noch können sie den Zauber kontrollieren, aber ich sehe bereits, dass das nicht mehr lange gut geht, bald wird der Zauber außer Kontrolle geraten, und dann werden sie wohl die ganze Stadt damit vernichten.“
„Dann sollten wir sie aufhalten, bevor es dazu kommt, wir haben viele Männer und Frauen geopfert, um hierherzukommen, wir dürfen sie nicht enttäuschen.“ meinte Demir, und die Frau nickte. „Also dann, auf geht es! Wir gehen zum Turm, schnell!“ Mit diesen Worten setzte Demir sich in Bewegung, und Naruz musste sein bestes geben, um mit dem Tempo der Weltenwanderer mitzuhalten, die geradezu die Straße hinunter rasten, in Richtung Mittelpunkt, des magischen Sturms, der sich über der Stadt zusammenbraute. Als sie den Fuße des Turms erreichten, stellten sich ihnen ein gutes Dutzend Männer in den Weg, die smaragdgrüne Rüstungen trugen. „Kümmert euch um die Verräter, dann folgt uns!“ rief Demir seinen Männern zu, ehe er kurz mit seinen Flügeln schlug, und in den Himmel schoss, dicht gefolgt von Giliath. Naruz zögerte kurz, das ganze hier war ein Traum, also dürfte es schon nicht schaden, wenn er versuchte zu fliegen, im Traum wird man sich schon nicht mit Magie verausgaben können, zumindest hoffte er das. Als er Demir wieder eingeholt hatte, sah er gerade wie eine Art grüner Blitz direkt auf den Weltenwanderer zuraste, dieser wirbelte schnell zur Seite, und flog dann einfach weiter, als Naruz nach unten sah, erkannte er, dass es sich bei dem Blitz um einen feindlichen Soldaten gehandelt hatte, Demir hatte ihm noch beim ausweichen die Flügel abgetrennt, weshalb der Mann schreiend in den Tod stürzte. Nach einer Weile hielten Demir und Giliath an, und die Weltenwanderin richtete ihre Hand auf die Wand des Turms, kurz darauf gab es einen Knall, und ein großes Loch klaffte in der Wand. Die beiden flogen durch das Loch, und fanden sich in einem großen Saal wieder, in dem es von Spiegeln und Kristallen nur so wimmelte. Einst waren dies die Privatgemächer von Metis gewesen, nun dienten sie als Mittelpunkt für das magische Ritual.
„Was geht hier vor sich?“ fragte Giliath plötzlich, und ihr Blick war auf die Mitte des Raums gerichtet. Dort lagen ein Dutzend Weltenwanderer, gekleidet in rote Roben, blutend auf dem Boden. Vor ihnen stand eine Weltenwanderin, gekleidet in eine weiße Robe, sie hatte lange, rote Haare, und wandte sich bei Giliaths Worten zu den Neuankömmlingen um.
„Demir und Giliath, es ist mir eine Ehre, euch beiden zu begegnen.“ meinte die Frau, und verbeugte sich vor ihnen. „Die Geschwister des Todes sind also gekommen, um mich aufzuhalten, aber es tut mir leid. So viel Respekt ich auch vor euch, und euren Taten habe, ich kann es euch nicht erlauben, dieses Ritual zu stören.“
„Wer bist du?“ fragte Demir, und richtete sein Schwert auf die Frau.
„Mein Name ist Lilith, ich bin die Tochter von König Vamas, ich war diejenige, die beim Sturm auf diese Stadt an der Spitze der II. Legion stand, und ich war die erste, die in der Bibliothek der Metis war.“
„Wo ist dein Vater?“
„Er leitet die Verteidigung unserer Truppen von den Mauern der Stadt, ich muss gestehen, ich hätte nicht gedacht, dass du so früh reagieren würdest, nachdem du von unserem Verrat erfährst, ich hätte auch nicht gedacht, dass du so früh schon hier sein würdest.“ Mit diesen Worten richtete die Frau ihre Hand auf Demir, und ein roter Blitz schoss auf ihn zu. Der Weltenwanderer bewegte sich nicht einmal, Giliath trat einfach in den Weg, und hob ebenfalls ihre Hand, woraufhin der Blitz an den beiden vorbei flog, und ein neues Loch in die Wand schlug. „W-w-was...“ stotterte Lilith, und bekam einen panischen Gesichtsausdruck, anscheinend hatte sie mit einer anderen Wirkung gerechnet, als sie ihren Zauber gewirkt hatte. Wieder schoss sie einen Blitz in Richtung Demir und Giliath, dieses mal hob letztere jedoch nicht einmal die Hand, der Blitz traf einfach direkt vor ihr auf eine unsichtbare Wand, und zerplatzte. „Unmöglich! Ich habe die letzten einhundert Jahre die Magie dieser Welt studiert! Wie könnt ihr einfach so...“ begann Lilith panisch zu kreischen, verstummte jedoch, als Giliath ihre Hand hob, woraufhin die rothaarige Weltenwanderin von den Beinen gerissen wurde, und gegen eine nahe Wand klatschte.
„Du magst die letzten Jahrhunderte Magie studiert haben, aber wir waren die letzten drei Jahrhunderte auf den Schlachtfeldern dieser Welt unterwegs, glaubst du wirklich, jemand der gerade einmal eine Schlacht hinter sich hat, kann es mit uns aufnehmen?“ fragte Demir, und in seiner Stimme schwang ehrliches Mitgefühl für Lilith mit. Diese rappelte sich gerade wieder auf, und warf Demir einen vernichtenden Blick zu. Dieser sah sich gerade seelenruhig im Zimmer um, ehe er auf die Tür zuging. „Giliath, ich gehe auf die Spitze des Turmes, ich muss näher am Sturm sein, wenn ich ihn auflösen will.“ Giliath nickte, und gesellte sich an die Seite ihres Bruders. Kurz bevor die beiden die Tür erreichten, hörten sie ein Zischen hinter sich. Naruz sah auch sofort, was es war, Lilith hatte ihre Kraft gesammelt, und einen weiteren, magischen Angriff auf die beiden Weltenwanderer abgeschossen, dieses mal war es ein schwarzer Blitz, der sich jedoch wirkungslos in der Luft vor Demir und Giliath auflöste. „Ich gehe vor, kümmere du dich um Lilith.“ meinte Demir noch, ehe er das Zimmer verließ, und die Tür hinter sich schloss. Naruz zögerte kurz, er wusste nicht ganz, was er jetzt tun sollte. Einerseits wollte er Demir folgen, andererseits interessierte es ihn, was jetzt wohl hier geschehen würde, also entschied er sich letztendlich dafür, hier zu bleiben, und dem Kampf der beiden Weltenwanderinnen beizuwohnen.
„Du hast wirklich Pech, Lilith.“ meinte Giliath, während sie langsam auf die rothaarige Frau zuging. „Hättest du versucht, mich umzubringen, würde ich dir jetzt einen schnellen Tod schenken. Aber stattdessen hast du es gewagt, meinen Bruder anzugreifen, das kann ich dir nicht durchgehen lassen.“ fügte sie mit kalter Stimme hinzu, und als Lilith den gnadenlosen Blick sah, den Giliath ihr zuwarf, schrie sie auf, und versuchte sich zum Loch zu flüchten, dass in der Wand klaffte, jedoch kam sie nicht weit. Kaum hatte sie sich bewegt, wurde sie auch schon von einem Zauber erwischt, und erneut gegen eine Wand geklatscht, dieses mal wurde sie dort jedoch in Position gehalten, während Giliath langsam immer näher kam. „Was war eigentlich dein Plan? Dachtest du wirklich, du könntest auch nur gegen einen von uns gewinnen?“ fragte Giliath, und führte eine herrische Bewegung mit der Hand aus. Es gab ein hässliches Geräusch, bei dem Naruz sich am liebsten übergeben hätte, und Lilith fing an zu schreien, während Tränen aus ihren Augen liefen. Blut spritzte aus ihrem Rücken, als einer ihrer Flügel von einer unsichtbaren Hand ausgerissen, und durch das Zimmer geschleudert wurde. Nach einer weiteren Geste von Giliath begannen die Arme der anderen Weltenwanderin, sich im Uhrzeigersinn zu drehen, bis man es knacken hörte, woraufhin Lilith noch lauter schrie als zuvor. Plötzlich fing sie jedoch an zu lachen, ein Lachen, das schon beinahe etwas wahnsinniges an sich hatte. „Was ist so lustig?“
„Dein Bruder ist in unsere Falle gelaufen! Er hat eben gerade versucht, den magischen Sturm aufzulösen.“
„Und?“
„Er lässt sich nicht auflösen.“ meinte Lilith, und kicherte. „Dein Bruder ist mit Abstand der mächtigste Magier, den unsere Rasse jemals hervorgebracht hat, wir brauchten seine Macht, um den Sturm endgültig freizusetzen. Genießt eure letzten Augenblicke, auf Cordius.“
„Was meinst du damit?“ fragte Giliath, und drückte ihre Hand in der Luft zusammen, woraufhin die Rippen ihres Gegenübers knackten. Lilith schrie wieder auf, und das Grinsen verschwand aus ihrem Gesicht.
„Dieser Sturm... wird sich nicht aufhalten lassen... er wird... die gesamte Welt verschlingen.“
„Das ist verrückt, warum solltet ihr so etwas tun?“
„Aus Rache, Rache für Benezeth. Meine Familie stand schon immer treu zu der Kriegsgöttin, leider konnten wir ihren Tod nicht verhindern. Dein Bruder hat sie ermordet, und es gewagt, ihre Seele in sich aufzunehmen! Alleine dafür habt ihr alle den Tod verdient! Dein Bruder dürfte bereits seinen Fehler bemerkt haben, und auch, dass es sich nicht rückgängig machen lässt, ich schätze, euch bleibt noch ungefähr eine Stunde, bevor der Sturm diesen ganzen Kontinent hier ausgelöscht hat... Moment, was machst du da?“ fragte Lilith, und wieder mischte sich Panik in ihre Stimme, als Giliath sie mit Magie zu Boden gleiten ließ, und sie mit einem Fuß auf den Bauch drehte. Plötzlich wuchsen Fesseln aus Stein aus dem Boden, und klammerten sich um Arme und Beine von Lilith.
„Wenn du die Wahrheit sagst, und wir wirklich nur noch eine Stunde haben, habe ich keine Zeit zu verlieren.“ meinte Giliath, mit fast schon freundlicher Stimme, die Lilith jedoch nur noch nervöser werden ließ. „Das könnte jetzt ein klein wenig wehtun, aber bleibe bitte bei Bewusstsein, ja?“ mit diesen Worten packte Giliath den verbliebenen Flügel von Lilith, und begann daran herumzureißen, woraufhin die rothaarige Weltenwanderin wieder vor Schmerzen schrie. Giliath kannte jedoch keine Gnade, und hörte nicht auf, ehe sie den Flügel vollständig aus dem Rücken ihrer Kontrahentin gerissen hatte. Blut spritzte in ihr Gesicht, jedoch störte sie sich nicht großartig daran. Sie packte Lilith an den Haaren, und schleifte sie zum Loch, welches noch immer in der Wand klaffte. „Du wolltest vorhin doch durch dieses Loch abhauen, oder? Mal sehen, ob du es ohne Flügel schaffst.“ mit diesen Worten schleuderte Giliath Lilith aus dem Loch, die Schreie der anderen Weltenwanderin waren noch eine ganze Weile zu hören, ehe Giliath ein leises Klatschen hörte, dass den Tod der Verräterin verkündete. Kaum hatte sie sich vom Loch abgewandt, sah sie auch schon ihren Bruder, der das Zimmer betrat, mit ernster, trauriger Miene.
„Giliath... ich...“
„Ich weiß, Bruder.“ meinte Giliath, ging auf Demir zu, und umarmte ihren Bruder. „Lilith hat mir alles erzählt, es ist nicht deine Schuld.“ Sie sah lächelnd zu ihrem Bruder auf, der das Lächeln schwach erwiderte, und Giliath das Blut aus dem Gesicht strich. Gemeinsam sahen sie durch das Loch in der Wand, in der Ferne schlug ein Blitz ein, und hinterließ einen riesigen Krater dort, wo einst ein Berg gewesen war.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich mal für den Untergang unserer Welt verantwortlich sein würde.“ meinte Demir. Plötzlich schlang Giliath ihre Arme um seinen Hals, und zog ihn zu sich hinab, um Demir zu küssen. Gerade als die beiden sich wieder voneinander lösten, und Giliath den Mund öffnete um etwas zu sagen, verschwamm die Szene vor Naruz' Augen, und alles wurde wieder dunkel, ehe er sich erneut in einem Zimmer mit Demir wiederfand.

Eine Weile lang herrschte Schweigen, Naruz musste erst verarbeiten, was er da gerade gesehen hatte, und Demir schien nicht erpicht darauf zu sein, so schnell wie möglich darüber zu reden. Schließlich erhob Naruz das Wort.
„Also... als du letzte mal sagtest, ein magischer Sturm habe deine Welt vernichtet...“
„Ja, ich war verantwortlich dafür, zumindest teilweise. Durch meine Dummheit, habe ich meine eigene Welt vernichtet. Unglaublich, wie sehr es einem zu Kopf steigen kann, wenn man dauernd als talentiertester Magier bezeichnet wird, den es jemals gab. Ich dachte, ich könnte alles ohne Hilfe lösen, ich war zu arrogant, und habe dadurch meine Rasse zum Untergang verdammt...“
„Was ist passiert nachdem du deine... Moment! Das war doch deine Schwester, oder?“
„Ja... ja, das war sie. Und ich weiß was du denkst, viele andere Weltenwanderer dachten auch so über uns, aber wir waren so etwas wie Helden, niemand hatte es gewagt, etwas gegen unsere... Beziehung zu sagen.“
„Ich... ähm... verstehe...“ murmelte Naruz, und hielt es für das beste, die ganze Sache zu vergessen. „Also gut, was ist nach dem passiert, was du mir gezeigt hast?“
„Giliath und ich haben uns mit einigen Kriegern getroffen, denen es gelungen war, in die Stadt einzudringen, zusammen drangen wir in die Festung von Benezeth vor. Sie hat uns dorthin geleitet.“
„Was? Hattest du nicht gesagt, dass du sie getötet hast?“
„Doch, aber ich habe ihre Seele... oh, natürlich. Tut mir leid, ich habe ganz vergessen, dass ihr Menschen so etwas ja gar nicht könnt. Wir Weltenwanderer haben die Fähigkeit, die Seelen und Magie von unseren besiegten Gegnern in uns aufzunehmen. Der Verstand der Toten lebt in unseren Köpfen weiter, und wir werden durch die absorbierte Magie stärker. Anstatt Benezeth endgültig zu töten, hatte ich ihre Seele in mich aufgenommen, wofür sie mir übrigens ziemlich dankbar war. Wie auch immer, sie führte uns zu ihrer Festung, und zu einem Artefakt, dass die Götter einst geschaffen hatten, um von Cordius aus andere Welten bereisen zu können. Den Rest der Geschichte kennst du, wir haben das Portal aktiviert, und haben unserer Welt den Rücken gekehrt, ehe sie vernichtet wurde. Es war nicht sonderlich ehrenvoll, es war eine heillose Flucht, keiner von uns dachte auch nur im Traum daran, jemand anderen zu retten, oder die anderen Weltenwanderer zu warnen, jeder dachte nur an sein eigenes Überleben. Und ich war nicht besser, solange Giliath bei mir war, kümmerte alles andere mich nicht.“
„Was ist eigentlich mir ihr passiert?“ Zum ersten mal, seit Naruz Demir begegnet war, stand dieser von seinem Stuhl auf, und wandte sich von seinem Gast ab.
„Das... das weiß ich nicht.“ flüsterte Demir, mit brüchiger Stimme, und ging auf eine der dunklen Wände des Zimmers zu, wo plötzlich ein Bild von Giliath erschien. „Wir... wir wurden im Portal voneinander getrennt, und auf verschiedenen Welten ausgespuckt. Das ist nun schon fast eintausend Jahre her, und seitdem wandere ich über die Welten, mache mir einen Namen auf jeder einzelnen von ihr, und ziehe weiter zur nächsten, immer auf der Suche nach Giliath.“
„Aber warum eroberst du dann erst die Welten? Wenn du sie nicht findest, wäre es nicht besser sofort zur nächsten Welt weiterzuziehen?“
„Vielleicht... aber es gibt viele Welten, Naruz. Also habe ich es mir zum Ziel gemacht, auf jeder Welt eine deutlich sichtbare Spur zu hinterlassen, damit Giliath weiß, dass ich noch lebe, sollte sie eines Tages auf einer dieser Welten landen.“
„Willst du... willst du etwa auch Azuria erobern?“ Demir warf einen kurzen Blick zu Naruz, schüttelte dann jedoch den Kopf.
„Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird. Diese Welt ist anders, als alle anderen auf der ich war. Ich habe die Hoffnung, hier das zu finden, was ich schon so lange gesucht habe. Und du, du Naruz, wirst mir dabei helfen.“
„Was? Und wie?“
„Das werde ich dir schon noch sagen, keine Sorge. Bis es soweit ist, musst du nur am Leben bleiben, um alles andere werde ich mich kümmern... ach ja, du musst jetzt gehen.“
„Warum? Was, wenn ich noch Fragen habe?“
„Du kannst natürlich noch bleiben, und deine Fragen würde ich auch beantworten, aber dann würdest du riskieren, dass jemand stirbt, der dir Nahe steht.“
„Was meinst du damit?“ Demir antwortete nicht mehr, stattdessen verschwand das Zimmer, und Naruz wachte endlich auf.

Bild


Kaum hatte er die Augen geöffnet, da wünschte Naruz sich auch schon, dass er sie wieder schließen, und einfach wieder einschlafen könnte. Er lag in einem kleinen Zelt, welches sein Team anscheinend nahe der Wunderminen für ihn aufgebaut hatte, und direkt vor eben jenem Zelt, herrschte ein gewaltiger Tumult.
„Es tut mir wirklich leid, aber du kannst jetzt hier nicht rein, Naruz muss sich ausruhen. Vertraue Anya einfach, sie wird sich schon um...“
„Nein, wird sie nicht! Wenn es so einfach wäre, hätte Meru-chan es schon längst gemacht!“ Naruz erhob sich, als er die Stimmen erkannten, die dort vor seinem Zelt diskutierten, bei der einen handelte es sich um Nikodemus, also nichts unerwartetes, die zweite Stimme jedoch, war die von Saeca, der jungen Armani, die wie eine Klette an Aleyandra hing, und ihr überall hin folgte. Die Stimme des Mädchens klang nicht wie sonst fröhlich, glücklich, oder aufgeregt, sondern verzweifelt, und beinahe schon hysterisch. „Wenn du mir nicht sofort aus dem Weg gehst, werde ich...“ was genau Saeca anstellen wollte, wenn Nikodemus sich ihr weiterhin in den Weg stellte, würden sie wohl nie erfahren, denn in eben jenem Moment trat Naruz aus dem Zelt hervor.
„Was geht hier vor sich? Warum seid ihr zwei so laut... bessere Frage, was machst du überhaupt hier, Saeca?“
„Naruz-senpai!“ Saeca sprang nach vorn, stieß Nikodemus zur Seite, und packte Naruz an den Händen, ehe sie ihn mit sich zog, in Richtung eines kleinen Lagerfeuers, direkt in der Nähe. Dort saßen Anya, Victoria, Mizore und Shirayuki, vor einem Futon, auf dem eine Gestalt lag, die Naruz durch die Schatten nicht direkt erkennen konnte, er konnte nur die Unmengen an Zaubern sehen, die auf ihr lagen.
„Saeca, würdest du mir bitte sagen...“ Naruz verstummte, als sie nahe genug am Feuer waren, dass er die Gestalt erkennen konnte, die dort vor ihm lag. „Aleyandra!“ er beugte sich sofort neben die Matte, auf der Aleyandra lag, und starrte sie einfach nur schockiert an. Ihre rechte Gesichtshälfte war vollkommen entstellt, Naruz konnte an manchen Stellen sogar den Gesichtsknochen erkennen. Der Rest ihres Körpers sah allerdings nicht wirklich besser aus, Schnitte gingen von ihrer linken Schulter, bis hinab zu ihrer rechten Hüfte, aber momentan waren es gar nicht die Wunden, die Naruz am meisten beunruhigten. „Saeca, was ist mit Aleyandra passiert?“ fragte Naruz, und wandte sich an die Armani, die hilflos neben ihm auf den Boden gesunken war.
„I-ich weiß es nicht genau, wir waren hier, auf einem Auftrag, u-und sie wurde während eines Kampfes vergiftet. Meru-chan meinte, man kann Onee-chan nicht mehr helfen, aber... aber... du kannst das doch, oder Naruz-senpai? D-du kannst Onee-chan retten, oder?“
„Ich verstehe mich leider nicht auf Heilzauber, Saeca.“ flüsterte Naruz, und starrte Aleyandra an.
„Heilzauber sind nicht das Problem.“ meinte Merilee, die plötzlich neben ihm auftauchte. „Die Wunden sind auch nicht wirklich lebensgefährlich, das größte Problem, ist das Gift, dass ihr Gegner in sie hineingepumpt hat. Es ist magischer Natur, und mir will einfach nicht einfallen, wie...“
„Magischer Natur?“ fragte Naruz, und richtete seinen Blick wieder auf Aleyandra, auch wenn es ihm schwerfiel, in ihr entstelltes Gesicht zu schauen. Mithilfe des Artefakts in seinem Auge, konnte Naruz tatsächlich die feinen Zauber erkennen, die sich in Aleyandras Körper ausgebreitet hatten. Er begann mit seinem Zeigefinger dort durch die Luft zu fahren, wo sich das Gift durch Aleyandra schlängelte, und hatte einen konzentrierten Gesichtsausdruck aufgesetzt.
„Naruz-senpai? Was machst du da?“ fragte Saeca, die vom merkwürdigen Verhalten des Inquisitors verwirrt war. Dieser antwortete ihr nicht, oder konnte ihre Frage vielleicht auch gar nicht hören, er war noch immer damit beschäftigt Aleyandra anzustarren, und mit seinem Finger durch die Luft zu fahren. Plötzlich blinzelte er verwirrt.
„Das... ist alles?“ murmelte er, und ein misstrauischer Unterton schlich sich in seine Stimme. „Merilee? Wer hat Aleyandra vergiftet?“
„Ich glaube sein Name war Valerius Salazar.“
„Salazar?“ entfuhr es Mizore, und sie sah ziemlich entsetzt aus. „Naruz! Dieser Salazar, er ist ein Experte für Giftmagie! Wir sollten dieses Mädchen so schnell wie möglich...“
„Bist du dir sicher, dass es der richtige Valerius war?“ fragte Naruz Merilee, und unterbrach Mizore. Die Fee warf Saeca einen kurzen Blick zu, die daraufhin nur nickte.
„Ja, wir sind uns sehr sicher. Warum fragst du?“
„Weil ich auch schon von Valerius gehört habe, aber das hier... diese Magie, sie ist... stümperhaft, vollkommen unausgereift, es ist ein Wunder, dass der Zauber noch nicht von selbst in sich zusammenfällt, um ehrlich zu sein.“ Naruz stellte seine Bewegungen ein, und wandte sich dann an Anya. „Anya, jetzt bist du dran, kümmere dich um Aleyandras Wunden, lass dir von Merilee und Alessa dabei helfen... wo ist Alessa eigentlich?“
„I-ich bin hier.“ erklang die zitternde Stimme des Einhorns, und Alessa trat hinter Victoria hervor, und kam auf Naruz zu. „I-ich weiß aber nicht, was ich tun kann, das Gift...“
„Das Gift ist bereits neutralisiert.“
„W-was?“ entfuhr es Anya, und sie beugte sich über Aleyandra, um sie genauer zu begutachten, tatsächlich schien sich in ihrem Körper nicht einmal mehr eine Spur vom Gift zu befinden. „A-aber wie...“
„Anya, kümmere dich um Aleyandras Wunden, bitte.“ meinte Naruz, stand kurz auf, um Platz für Merilee und Alessa zu machen, und ließ sich dann neben Aleyandras Kopf nieder. Zögerlich streckte er eine Hand nach ihr aus, und strich ihr kurz durch das Haar, ehe er zurückzuckte, und seine Hand wieder zu sich nahm. Ja, er hatte mit Aleyandra Schluss gemacht, weil er nicht mit einer Mörderin zusammen sein wollte, aber das hieß noch lange nicht, dass er sie tot sehen wollte! Während Anya, Alessa und Merilee ihre Heilzauber wirkten, starrte Naruz einfach nur auf Aleyandras Gesicht, bis er plötzlich bemerkte, wie Saeca sich neben ihn gesetzt hatte.
„N-naruz... Naruz-senpai... i-i-ich... wird mit Onee-chan j-jetzt alles wieder gut sein?“
„Ja, mach dir keine Sorgen, Saeca.“ meinte Naruz, und lächelte schwach. „Jetzt, wo das Gift weg ist, wird es den dreien schon gelingen, Aleyandra wieder auf in Ordnung zu bringen, du wirst schon sehen, bald ist sie wieder auf den Beinen.“ Saeca starrte ihn eine Weile lang an, und ihre Lippen zitterten, ehe sie anfing zu weinen, und Naruz umarmte.
„Naruz-senpaaaaaaiiiiiii, Arigatō, hontoni Arigatō!“ schluchzte sie, während sie ihr Gesicht in Naruz' Robe vergrub, der nicht ganz wusste wie er nun reagieren sollte, und ihr einfach nur den Kopf tätschelte, während Saeca weiterhin dieses 'Arigatō' vor sich hin schluchzte. Naruz zuckte zusammen, als ihm plötzlich jemand an seinem Arm packte, Mizores Hand schien sich geradezu in seine Schulter zu krallen, und sie starrte ihn aus großen Augen an.
„Naruz! Wie hast du das gemacht?“
„Was meinst du?“
„Wie hast du das Gift neutralisiert? Es sollte unmöglich sein! Seit Valerius eingesperrt wurde, haben Magier, Priester, Kleriker, und was weiß ich wer, seine Gifte untersucht, um ein Gegenmittel zu finden, falls man es erneut mit dieser Art von Magie zu tun kriegt. Aber es ist niemandem gelungen, also, wie hast du das geschafft?“
„Wie bitte? Niemand hat das geschafft? Aber... aber die Lösung war doch so einfach, und offensichtlich! Hier, ich zeige es dir.“ Mit diesen Worten fuhr Naruz mit seinem Zeigefinger durch die Luft, und hinterließ mit Hilfe von magischem Licht, eine Reihe von Runen, die in der Luft flimmerten. Solch eine visuelle Darstellung benötigte kaum Magie, weshalb es selbst Naruz gelang, so einen Zauber zu wirken. „Hier, diese Runen, symbolisieren die Zauberformel, für das Gift, dass dieser Valerius... dass er... dass er in ihren Körper gepumpt hat.“ erklärte Naruz, und unterdrückte seinen aufschwellenden Zorn, er hoffte für diesen Valerius, dass er entweder tot, oder weit weg war, ansonsten würde nichts ihn vor der Rache des Inquisitors retten können. Er holte einmal tief Luft, um sich wieder konzentrieren zu können, es würde nicht helfen, sich jetzt aufzuregen, am besten wäre es, wenn er nun ruhig blieb, für den Fall, dass er vielleicht doch einen Fehler gemacht hatte, und sich das Gift doch nicht gänzlich verflüchtigt hatte, sollte das passieren, musste er einen kühlen Kopf bewahren. Er deutete auf eine der Runen, die ganz in der Mitte der seltsamen Formation war. „Siehst du das?“
„Ja, was ist damit?“
„Diese Rune bildet in Kombination mit denen hier...“ meinte Naruz, woraufhin ein Dutzend anderer Runen rot aufleuchteten. „... einen Zauber, der sich sämtlichen Giften anpassen kann, und sie verstärkt, oder ihnen besondere Wirkungen verleiht. Das Gift selbst war also nicht magisch, sondern nur durch Magie verändert und verbessert worden. Und genau deswegen, habe ich den Zauber auch als stümperhaft bezeichnet, denn wenn man die mittlere Rune, mit dieser hier kombiniert...“ erneut leuchteten die Runen in Frage auf. „...dann ergibt das einen äußerst starken, reinigenden Zauber, der so gut wie jedes Gift restlos beseitigen kann. Ich weiß nicht, wie man als... Experte in Sachen Giftmagie, so einen Fehler machen kann. Meine Vermutung ist... was ist, Mizore?“ Naruz unterbrach seine Erklärung, als er bemerkte, wie Mizore ihn einfach nur aus großen Augen, und mit offenem Mund anstarrte. Ihr Bonbon war ihr bereits aus dem Mundwinkel gefallen, und lag vor ihr auf dem Boden.
„Weißt du... weißt du eigentlich, was du da gerade sagst? Oder besser gesagt, was du gemacht hast?“
„Ähm... ja, so ungefähr, warum?“
„Weil... weil... wie soll ich das erklären? Selbst die besten Magier der Kirche bräuchten Tage, um eine Zauberformel zu analysieren, geschweige denn, um solche Fehler zu erkennen! Und da gehe ich schon davon aus, dass sie wie du in der Lage sind, die Formeln überhaupt zu sehen, und nicht erst herumexperimentieren müssen! Bist du dir sicher, dass du ein Mensch bist, und kein... na ja, Eidolon? Oder ein Alfar? Oder ein Gott?“
„Ganz sicher, wenn ich etwas anderes als ein Mensch wäre, wäre ich sicherlich nicht so ein nutzloser Magier.“
„Hörst du dir überhaupt zu?“ fragte Mizore, und rückte näher an Naruz heran, ihre Augen glänzten förmlich, und sie schob ihr Gesicht direkt vor seines. „Du bezeichnest dich als nutzlosen Magier, obwohl du gerade eben innerhalb von nur wenigen Minuten einen komplizierten Zauber analysiert, und zunichte gemacht hast! Nur weil du selber kaum Zauber benutzen kannst, heißt es nicht, dass du schlecht bist, ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass du...“ Mizore verstummte, als sich plötzlich Saecas Gesicht vor ihres schob, und die junge Armani begann, sie anzuknurren. „Ähm... habe ich dir irgendetwas getan?“ fragte Mizore, und schien leicht nervös zu sein. Sie rückte ein wenig von Saeca weg, fischte aus einer Tasche an ihrem Gürtel einen weiteren Bonbon, und steckte ihn in ihren Mund.
„Nein, nichts... aber ich werde dich im Auge behalten.“ murmelte Saeca, ehe sie sich wieder zurückzog, und besorgt zu Aleyandra sah. In diesem Moment hob auch Anya ihren Blick, und sah Naruz direkt in die Augen.
„Naruz? Es gibt... Schwierigkeiten.“
„Was? Was für Schwierigkeiten?“ fragte der Inquisitor, und war sofort wieder besorgt.
„Nun, unsere Heilzauber wollen nicht ganz funktionieren, ihre Wunden verheilen langsamer, als sie sollten, um nicht zu sagen, dass sie überhaupt nicht verheilen. Die ganze Sache könnte etwas länger dauern, als ich dachte, vielleicht sogar viel länger. Ihr solltet euch schlafen legen, während wir uns weiterhin um Aleyandra kümmern, Nikodemus kann Wache halten, ich werde dich schon wecken, falls etwas passiert.“
„Etwas stimmt mit Onee-chan nicht?“ fragte Saeca, und war sofort wieder nervös. Anya lächelte ihr jedoch beruhigend zu.
„Nein, nein, es ist alles in Ordnung, es wird nur etwas länger dauern, ihre Wunden verheilen zu lassen, wir werden uns die Nacht um sie kümmern, und schon Morgen werden wir nach Demarech reisen, wo sich richtige Heiler um sie kümmern können. Aber sie ist nicht in Lebensgefahr, keine Sorge.“ Die Armani atmete erleichtert aus, ehe sie sich dort, wo sie saß zusammenrollte, mit dem Blick auf Aleyandra gerichtet.
„Saeca? Was soll das?“ fragte Naruz verwirrt, während er aufstand, um zu seinem Zelt zu gehen.
„Ich werde hier bleiben, bei Onee-chan, falls sie aufwacht.“
„Du hast heute schon genug hinter dir, du solltest dich ausruhen.“ meinte Naruz, und lächelte Saeca an. „Weißt du was? Geh du in mein Zelt und schlafe, ich werde hier bei Aleyandra bleiben, bis es hell wird, ja? Sollte sie aufwachen, werde ich dir gleich Bescheid sagen, einverstanden?“ Saeca zögerte eine Weile lang, eigentlich wollte sie Aleyandra nicht alleine lassen, und auch Naruz wollte sie nicht hier zusammen mit dieser Mizore sitzen lassen... aber Onee-chan vertraute Naruz, und ihn zu sehen, sobald sie aufwachte, wäre bestimmt genau so gut, als wenn sie Saeca sehen würde. Also nickte die Armani letztendlich zögerlich, richtete sich auf, und ging in Richtung Zelt davon.
„Gute Nacht, Onee-chan.“ flüsterte sie, während sie sich auf dem Zeltboden zusammenrollte, den Kopf in Richtung Zeltausgang gerichtet. „Ich hoffe, du wachst bald wieder auf.“

Der nächste Tag, in Navea:
Es war bereits gegen Mittag, als die Schritte von gepanzerten Stiefel in den Straßen des Militärbezirks, vor dem 'Hauptquartier' der Kinder Gaias zu hören waren. An der Spitze von einem Dutzend Templer marschierte Luca Bladelli vor dem heruntergekommenen Gebäude auf, und ließ die Männer anhalten. Luca war in eine schwarze Uniform gekleidet, die verzierte Schulterstücke aufwies, auf denen das Wappen der Bladelli prangte, seine Hose und Stiefel waren ebenfalls schwarz, ebenso wie die Handschuhe, die er trug. Trotz dieser Aufmachung, und der knallenden Sonne, schien er keinerlei Probleme mit der Hitze zu haben, die schon seit Wochen in Navea herrschte. Eine Templerin trat an seine Seite, und legte einen unscheinbaren Sack neben ihm ab, woraufhin Luca ihr kurz zunickte, ehe er seinen Blick wieder auf das Gebäude richtete.
„Silberblatt, Großmeister der Kinder Gaias! Komme sofort aus dieser lächerlichen Bude, bevor ich das Gebäude über dir einstürzen lasse!“ rief er mit lauter Stimme, und wartete ab. Eine ganze Weile lang passierte nichts, und Luca wollte gerade schon dazu übergehen, seine Drohung wahr zu machen, als sich die Tür schließlich doch öffnete, und ein äußerst schlecht gelaunter Silberblatt hinaustrat, dicht gefolgt von Lyaena Akashi, was Luca das Gesicht verziehen ließ. Lyaena hingegen riss erschrocken die Augen auf, als sie Luca bemerkte.
„Was willst du hier? Ich habe doch gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen!“ rief sie, trat an Silberblatts Seite, und hielt sich an seinem Arm fest. Luca lächelte nur kurz, und deutete eine Verbeugung in ihre Richtung an.
„Es freut mich zu sehen, dass es mit Eurem Verlobten bereits wieder besser zu laufen scheint, Ihr habt Euch mit ihm versöhnt?“
„Ich wüsste nicht, was es dich angeht.“ schaltete Silberblatt sich kalt ein, und ließ seinen Blick zwischen Luca und Lyaena hin und her wandern. „Lyaena, wer ist das?“
„Das ist...“
„Entschuldigung, ich hatte mich noch gar nicht vorgestellt. Als erstes möchte ich Euch beruhigen, Lady Akashi, ich bin nicht wegen Euch hier, ich wusste nicht einmal, dass Ihr schon hier seid, ich bin wegen dem Bastard hier, mit dem Ihr verlobt seid.“ meinte Luca, und warf Silberblatt einen vernichtenden Blick zu, woraufhin dieser die Fäuste ballte. Der Tag hatte so gut für ihn angefangen, Lyaena war zu ihm gekommen, um sich bei ihm zu entschuldigen, und sich mit ihm zu versöhnen, aber dann musste ja unbedingt jemand kommen, und seine gute Laune zunichte machen.
„Du hast drei Sekunden, um dich vorzustellen, und mir zu sagen, was du hier willst.“ knurrte Silberblatt, beruhigte sich jedoch ein wenig, als er merkte, wie Lyaenas Hand ihren Weg in seine fand.
„Oh, keine Sorge, es wird nicht lange dauern. Mein Name ist Luca Bladelli, Erbe der Bladelli Familie, und ich bin hier, weil ich hoffe, dass du mir eine kleine Frage beantworten kannst.“ Lyaena war sichtlich überrascht darüber, dass es sich bei dem Mann, den sie nur als 'Alessandro' kannte, um den Erben der Bladelli handelte... wenn sie es sich recht überlegte, hatte sie noch nie von einem Erben namens Luca gehört, sie dachte immer, dass die Enkelin von Paolo, Anya Bladelli, die Erbin der Familie war. Silberblatt bemerkte die Reaktion seiner Verlobten, und nahm sich vor, sie bei nächster Gelegenheit zu fragen, was sie mit diesem Bladelli zu tun hatte, aber nicht jetzt. Im Moment musste er sich beherrschen, um nicht laut zu seufzen, oder einfach wieder in sein Zimmer zu gehen. Die Bladelli hatten ihn doch erst letzte Nacht damit genervt.
„Und was willst du von mir wissen, Bladelli?“ Luca zögerte kurz, und warf einen Blick zu Lyaena.
„Ich denke, es wäre besser, wenn Lady Akashi jetzt geht, und wir unser Gespräch ohne sie fortführen.“
„Vielen Dank, aber ich werde hierbleiben, du sagtest ja, dass es nicht lange dauern wird. Ich habe noch etwas mit meinem Verlobten zu besprechen... e-es sei denn, d-du willst nicht, dass ich hierbleibe, Teregion?“ fragte Lyaena, und war plötzlich ein wenig nervös. Silberblatt lächelte sie jedoch an, woraufhin ihre Nervosität verflog.
„Keine Sorge, du kannst ruhig hierbleiben, ich habe nichts zu verbergen. Also, Bladelli, stelle deine Frage!“
„Wenn du meinst.“ Luca zuckte nur kurz mit den Schultern, er hatte es nur gut mit der Akashi gemeint. „Ich wollte nur wissen, wen du damit beauftragt hast, Diego Bladelli und seine Familie zu ermorden.“ Bei diesen Worten versteifte Silberblatt sich, er hatte es gewusst! Es ging wirklich um den Zwischenfall von Gestern.
„Was? Wovon redet er, Teregion?“
„Gestern Abend wurde in das Haus von Diego Bladelli eingebrochen. Der Einbrecher hat Diego, seine Frau, und seine drei Kinder ermordet, es war kein schöner Anblick... sein ältestes Kind war elf!“ zischte Luca, und warf Silberblatt einen vernichtenden Blick zu. Dieser starrte nicht minder bösartig zurück.
„Ich habe es Gestern schon Paolo gesagt! Ich habe mit der Sache nichts zu tun! Und wenn du wirklich der Erbe der Bladelli bist, solltest du wissen, dass Paolo mir letztendlich geglaubt hat. Ich will nicht noch mehr, von diesen Anschuldigungen hören, glaubst du wirklich, ich würde jemanden damit beauftragen, Kinder zu töten?“
„Überraschen würde es mich nicht, und wenn es um Paolo geht... mein Großvater ist zu gutgläubig, es interessiert mich nicht, ob er dich für unschuldig hält, oder nicht. Ich bin mir sicher, dass du mit den Morden in Verbindung stehst.“ plötzlich beugte Luca sich zur Seite, griff in den Sack, und holte etwas heraus. Als Lyaena erkannte, was es war, schrie sie laut auf, und wandte den Blick ab. Es war ein abgetrennter Kopf, mit blonden Haaren, und weit aufgerissenen, blauen Augen. Mit einer lässigen Bewegung warf Luca den Kopf zu Silberblatt hinüber, der ihn reflexartig auffing. „War das der Mann, den du damit beauftragt hattest?“
„Nein!“ zischte Silberblatt, und musste sich immer mehr beherrschen, um nicht auf den Bladelli loszugehen, dachte er wirklich, er würde damit durchkommen? Er hatte eben gerade den Mord an einem Akashi gestanden!
„Ich verstehe... wie wäre es hiermit?“ fragte Luca, und zog einen weiteren Kopf hervor. Als Silberblatt nicht reagierte, zuckte Luca mit den Schultern, ließ den Kopf zurück in den Sack fallen, und griff ein drittes mal hinein. „Wie wäre es dann... mit diesem hier?“ Bei Silberblatts Reaktion, musste Luca unwillkürlich lächeln. Der Großmeister ließ den Kopf fallen, der in seiner Hand ruhte, und plötzlich erschien eine gewaltige Axt, wie aus dem Nichts, die Silberblatt sofort packte. Bei dem letzten, abgetrennten Kopf, handelte es sich um ein Mitglied der Kinder Gaias, eine junge Frau, mit langen, silbernen Haaren und grünen Augen. „Anhand deiner Reaktion schätze ich einmal, dass ich Recht habe? War sie diejenige, die Diego und seine Familie ermordet hat?“
„Du verdammter Bastard!“ zischte Silberblatt, und wollte gerade auf Luca losgehen, hielt sich jedoch zurück, als er Lyaena seinen Namen schreien hörte.
„Teregion, nicht! Wenn du ihn jetzt angreifst, machst du genau das, was er will!“ Mühsam hielt Silberblatt sich zurück, Lyaena hatte recht.
„Ich sage es erneut, ich habe niemanden damit beauftragt, den Bladelli umzubringen.“ meinte er wütend, und packte den Griff seiner Axt noch fester. „Aber ich werde mich darüber freuen, dich sterben zu sehen. Ich werde darum bitten, derjenige sein zu dürfen, der deine Hinrichtung...“
„Hinrichtung? Wovon redest du, Silberblatt?“ fragte Luca, mit einem überheblichen Grinsen im Gesicht, welches es tatsächlich schaffte, Silberblatt ein wenig von seiner Selbstsicherheit zu nehmen.
„Du hast gerade eben zwei Akashi ermordet, und ein Kind der Gaia! Glaubst du wirklich, dass du damit davonkommst?“
„Wer redet denn von Mord? Ich habe sie alle drei in ehrenhaften Duellen besiegt. Wenn du mir nicht glaubst, höre dich nur ein wenig in der Stadt um, es gibt genug Zeugen, die uns zugesehen haben. In Duellen, in denen es um die Ehre der Familie geht, oder in denen der Tod eines Familienmitglieds gerächt werden soll, ist es erlaubt, seinen Gegner zu töten, das dürftest du doch wissen, Silberblatt.“ Silberblatt stand nun endgültig davor, die Kontrolle zu verlieren. Falls dieser Bladelli die Wahrheit sagte, und es wirklich geschafft hatte, jeden der drei Toten in ein Duell zu locken, und sie im Laufe von eben jenem zu töten, würde es auch nicht helfen, dass sie Akashi waren. In Duellen, in denen es um die Ehre ging, spielte Status keine Rolle, und wenn es wirklich Zeugen gab, würde niemand daran denken, Luca für diese Morde zur Rechenschaft zu ziehen. Gerade, als Silberblatt sich so weit beruhigt hatte, dass er nicht mehr jeden Augenblick auf Luca losgehen wollte, setzte der Bladelli jedoch nach. „Wenn du weiterhin darauf bestehst, dass keiner der drei hier die Morde begannen hat... warst du es dann selber?“
„Das reicht!“ fuhr Lyaena dazwischen, ehe Silberblatt antworten konnte. „Er hat deine Fragen beantwortet, er ist unschuldig! Und jetzt lass uns in Ruhe!“
„Ah, Lady Akashi... Ihr steht noch immer an seiner Seite? Habt Ihr nicht seine Reaktion bemerkt, als er den Kopf der Silberhaarigen gesehen hat? Glaubt Ihr wirklich, er hätte ebenso reagiert, wenn es Euer Kopf gewesen wäre? Ich wage ja, das zu bezweifeln. Wahrscheinlich war das eine weitere, seiner Schülerinnen, mit denen er Euch betrogen hat.“ Noch bevor er ausgesprochen hatte, merkte Luca, dass sein Plan aufgegangen war, Silberblatt war jetzt endgültig am Ende seiner Geduld. Der Großmeister trat einen Schritt auf Luca zu.
„Luca Bladelli, du hast mich, meine Verlobte, und die Ehre aller Akashi mit dieser Anschuldigung beleidigt, ich fordere dich zu einem Duell heraus!“
„Oh? Das könnte interessant werden.“ meinte Luca, und an seinem Lächeln konnte man eindeutig erkennen, dass das hier die ganze Zeit über sein Ziel gewesen war. Er nahm den Degen von seiner Hüfte, und warf ihn der Templerin zu, die schon zuvor den Sack getragen hatte. Dann streifte er langsam seine Handschuhe ab, und warf sie ebenfalls der Frau zu. Es war das erste mal, dass Lyaena den Bladelli ohne irgendeine Art von Handschuhen gesehen hatte. Lucas Hände waren mit Tätowierungen bedeckt, die irgendwelche seltsamen Runen zeigten, und sich von seinem Handrücken, bis unter die Ärmel des Hemdes schlängelten.
„Bist du fertig?“ fragte Silberblatt, und Luca antwortete mit einem herausfordernden Lächeln.
„Warte! Teregion, nicht!“ rief Lyaena, aber es war schon zu spät, Silberblatt war bereits auf Luca zugerast, der dem Schlag des Akashi mit einem schnellen Sprung zur Seite auswich. Der Schlag traf den Boden, und hinterließ ein ordentliches Loch in der Straße. Silberblatt drehte sich sofort um, und erstarrte kurz, als er das Gesicht von Luca sah. Ein wahnsinniges Grinsen war in seinem Gesicht zu sehen, und in seinen Augen funkelte es fanatisch. Das war nicht der Blick, den ein eingebildeter, arroganter, adliger Schnösel aufsetzte, sobald er sich mit einem Gegner von Silberblatts Kaliber duellierte, das war der Gesichtsausdruck, den ein Verrückter aufsetzte, der nur für den Kampf lebte, und der schon zu lange keine richtige Herausforderung mehr hatte. Er hatte Luca falsch eingeschätzt, er hatte noch nie von ihm gehört, also dachte er, dass der Bladelli noch nie auch nur einen Fuß aus seiner Villa gesetzt hatte. Zum Glück hatte er seinen Fehler bemerkt, bevor der Bladelli ihn überraschen konnte. Nur eine Sache verunsicherte Silberblatt noch, der Bladelli hatte noch immer keine Waffe gezogen. Trotzdem zögerte Silberblatt nicht länger, und ging sofort wieder zum Angriff über. Der Bladelli wich jedem seiner Schläge aus, auch wenn es jedesmal ziemlich knapp war, letztendlich konnte er jedoch nicht dem Tritt ausweichen, den Silberblatt ihm verpasste, und der ihn ein, zwei Meter durch die Luft fliegen ließ. Silberblatt wollte gerade nachsetzen, als Luca sich aufrappelte, und seine rechte Hand ausstreckte, mit geballter Faust, lediglich der Zeigefinger, zeigte nach oben. Kurz darauf erschien ein roter Ball aus knisternder Energie in der Luft, direkt über dem Finger, und Luca lächelte Silberblatt erneut herausfordernd an. Der Ball war ungefähr so groß wie die Faust des Bladelli, der in diesem Augenblick den Zeigefinger auf Silberblatt richtete, woraufhin der Ball sofort auf diesen zuschoss. Silberblatt schnaubte nur kurz verächtlich, so ein schwacher, magischer Angriff war für ihn keine Bedrohung. Mit einer Geste seiner linken Hand, erschuf er einen magischen Schild vor sich, an dem der Ball wirkungslos zerplatzte... zumindest war das so geplant gewesen, doch der Ball zerplatzte nicht nur, er explodierte regelrecht, nicht einmal einen Meter vom Großmeister entfernt. Die Druckwelle der Explosion schleuderte Silberblatt bis vor die Wand seines Hauptquartiers, und es klingelte in seinen Ohren. Hatte er einen Fehler gemacht? Nein, das war unmöglich, er hatte einen perfekten Schild geschaffen, das war ganz gewiss keine magische 'Fehlzündung' gewesen. Silberblatt schüttelte kurz den Kopf, um das Klingeln aus seinen Ohren zu vertreiben, und beobachtete Luca. Der hatte bereits einen weiteren Ball geschaffen, dieser war um einiges größer, und schwebte über der rechten Schulter des Bladelli. Wieder deutete er auf Silberblatt, und der Ball schoss erneut davon. Bevor der Angriff jedoch mehr als die Hälfte der Strecke zurücklegen konnte, riss Luca die Augen auf, und ballte die Faust, woraufhin der Ball mit einem lauten Knall mitten in der Luft explodierte. Silberblatt wusste zwar nicht, was da los war, aber er wollte sein Chance schon nutzen, und Luca angreifen, als auch er die mächtige Aura spürte, die sich da gerade über die beiden Kontrahenten legte, und beide dazu zwang, in die Knie zu gehen. Die Blicke aller Anwesenden, richteten sich sofort auf den Neuankömmling, der so urplötzlich aufgetaucht war, und den Kampf beendet hatte. Dort, in schillernder Rüstung, und mit Excalibur in der Hand, stand Andre, der Hochgeneral der Kirche, und der beste Krieger, den die Kirche hatte. Schweigend ging er auf die beiden Duellanten zu, und musterte sie mit kaltem Blick.

Bild


„Steht auf.“ sagte er schließlich, woraufhin Luca und Silberblatt sich zögerlich aufrichteten. Während Silberblatt nicht ganz wusste, warum Andre eingegriffen hatte, musste Luca sich beherrschen, um nicht laut loszulachen, es war alles nach Plan verlaufen. „Luca Bladelli, und Teregion Akashi. Würdet ihr mir bitte erklären, was es mit der Sache hier auf sich hat? Ihr zuerst, Lord Bladelli, und ich warne Euch, sagt die Wahrheit. Ich habe keinerlei Nerven für Eure Spielchen.“
„Aber natürlich, Hochgeneral.“ meinte Luca, und verbeugte sich. „Es begann gestern Abend, mit dem Mord an Diego Bladelli und seiner Familie. Ich habe sofort, nachdem ich es erfahren habe ein paar Nachforschungen angestellt, und habe drei Hauptverdächtige gefunden. Da ich die ganze Sache jedoch persönlich regeln wollte, habe ich sie alle zu einem Duell herausgefordert, und getötet, ich versichere Euch, dafür gibt es genug Zeugen. Ich brachte die Köpfe meiner unterlegenen Gegner mit, um Großmeister Silberblatt darum zu bitten, einen von ihnen als den Mörder zu identifizieren, den er auf Diego und dessen Familie angesetzt hat. Er behauptete weiterhin unschuldig zu sein, ich habe ihn beleidigt, darauf hin verlor er die Beherrschung, und hat mich angegriffen, wie der räudige Hund ohne Selbstbeherrschung, der er ist. Ich habe mich lediglich verteidigt.“
„Du verdammter Bastard! Das ist eine Lüge!“ zischte Silberblatt, woraufhin Andre sich zu ihm wandte.
„Was genau davon war gelogen?“
„Ich habe ihn zu einem Duell herausgefordert! So wie er es auch mit den Leuten getan hat, die er ermordet hatte!“
„Ja, das stimmt.“ meinte Luca, nickte, und lächelte Silberblatt überheblich an. „Aber habe ich die Herausforderung akzeptiert?“
„Wie bitte? Du hast gesagt... du hast...“ Silberblatt verstummte, als ihm aufging, weshalb Lyaena ihn warnen wollte, als er den Bladelli angegriffen hatte. Wenn man es genau nahm, und bei Konflikten zwischen zwei der größten Familien in Navea, würde man es sehr genau nehmen, hatte Luca lediglich gesagt, dass ein Duell interessant werden könnte, und er hatte seine Handschuhe abgelegt. Offiziell akzeptiert, hatte er die Herausforderung zum Duell jedoch nicht.
„Ich fasse also zusammen, ihr habt euch gestritten, Lord Akashi hat Lord Bladelli zum Duell herausgefordert, Lord Bladelli hat nicht akzeptiert, und Lord Akashi hat ihn trotzdem angegriffen, ist das richtig?“ Luca nickte, Silberblatt ebenfalls, wenn auch widerwillig, er war direkt in die Falle des Bladelli getappt. Andre seufzte. „Wisst ihr eigentlich, für wie viel Ärger ihr zwei...“
„Entschuldigt mich vielmals, Hochgeneral.“ meldete Lyaena sich plötzlich zu Wort, und trat nach vorn.
„Wie kann ich Euch helfen, Lady Akashi?“
„Ich würde gerne dazu beitragen, die Situation ein wenig zu entschärfen. Ich möchte Lord Bladelli darum bitten, die ganze Sache auf sich ruhen zu lassen, und Teregions Angriff auf ihn zu ignorieren. Im Gegenzug wäre ich bereits zu vergessen, dass die Bladelli mich vor einigen Tagen entführt hatten. So könnten wir die Sache noch halbwegs friedlich lösen.“ Andre schien kurz nachzudenken, dann wandte er sich wieder an Luca.
„Seid Ihr mit dieser Lösung einverstanden, Lord Bladelli?“ Luca zögerte kurz, dann lächelte er jedoch, und verbeugte sich vor Lyaena.
„Natürlich, wenn Lady Akashi darum bittet, werde ich mich nicht weigern, und bin bereit, diesen peinlichen Zwischenfall hier zu ignorieren.“
„Sehr gut, dann möchte ich Euch nun darum bitten, von hier zu verschwinden, Lord Bladelli, mitsamt Euren Leuten.“ meinte Andre, und gerade, als Luca der Aufforderung nachkommen wollte, fügte er noch etwas hinzu. „Ach ja, eine Sache noch... ich hoffe, das ganze ist jetzt endgültig vorbei. Sollten die Akashi und Bladelli sich weiterhin gegenseitig umbringen, und Navea unsicher machen, werde ich nicht zögern, meine Hohetempler zu nehmen, und beide Familien zu zerschlagen, ganz gleich, wie groß und mächtig sie sein mögen.“

Demarech, zwei Tage später:
Naruz saß in seinem Zimmer, im Haus, welches der Inquisition zur Verfügung gestellt worden war, und versuchte gerade seinen Bericht, über die Zwischenfälle hier in Demarech zu schreiben, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen. Drei Tage waren sie schon wieder in Demarech. Aleyandra war am Tage zuvor zum ersten mal wieder aufgewacht, allerdings hatte Naruz nicht die Gelegenheit gehabt, mit ihr zu sprechen. Sie weigerte sich, jemand anderen als Saeca, Merilee, oder Alessa in ihr Zimmer zu lassen, was Naruz auch verstehen konnte. Die Heilmagie machte einfach keine wirklichen Fortschritte, ihre Wunden am Körper waren zwar einigermaßen verheilt, und bluteten nicht mehr, aber mehr konnte man bisher nicht für sie tun. Vor allem ihr Gesicht war ein Problem, es wollte einfach nicht gelingen, die Haut und das Fleisch dort wieder nachwachsen zu lassen, weshalb Aleyandra noch immer so entstellt aussah, wie in der Nacht, in der sie zu Naruz' Lager gebracht wurde. Seither dachte Naruz kaum noch an etwas anderes, als Aleyandra, er war heilfroh, dass sie noch am Leben war, allerdings machte er sich ziemliche Sorgen darüber, wie sie mit ihren Verletzungen zurechtkommen würde. Ehe er weiter, über Aleyandra nachdenken konnte, hörte er ein leises Klacken, und erhob den Kopf. Mizore stand in seinem Zimmer, direkt vor dem Schreibtisch, der hier aufgestellt war, und hatte die Tür hinter sich abgeschlossen. Ausnahmsweise hatte sie mal keinen Bonbon im Mund, was Naruz ein wenig verunsicherte, so hatte er sie selten gesehen.
„Hallo, Naruz.“
„Hallo, Mizore. Wie kann ich dir helfen?“
„Diese Botschafterin der Gaia, der wir geholfen haben... der du geholfen hast, sie ist eine gute Freundin von dir, oder?“
„Ja, ist sie... sie ist die Freundin, von der ich dir erzählt habe.“
„Die, mit der du Schluss gemacht hast?“
„Warum bist du hier, Mizore?“ fragte Naruz, und wandte den Blick ab, er wollte jetzt nicht darüber reden. Am liebsten würde er jetzt an Aleyandras Seite sitzen, und mit ihr sprechen, aber nicht einmal ihn wollte sie bei sich haben. Vielleicht nahm sie es ihm noch immer übel, dass er sie in Navea dermaßen angefahren hatte.
„Ganz einfach, erinnerst du dich noch, was du mir in den Minen gesagt hast?“
„Was? In den Minen? Was genau meinst du?“
„Du hast gesagt, du würdest mir einen Gefallen schulden, sobald die Sache in den Minen vorbei ist.“
„Ach ja, stimmt, das habe ich.“ Die ganze Sache hatte Naruz bereits wieder vergessen. Müde stand er von seinem Stuhl auf, und holte zwei Gläser aus einem nahen Schrank, so wie eine Flasche mit Wein. „Möchtest du auch etwas?“
„Nein, danke.“ Naruz zuckte nur kurz mit den Schultern, goss sich etwas Wein ein, und trank einen Schluck, ehe er das Glas von sich stellte.
„Gut, also, was ist dieser...“ begann Naruz und drehte sich wieder zu Mizore um und verstummte, als Mizore auf ihn zuging, und in die Arme schloss. „Ähm... Mizore? Was...“
„Du hast gesagt, du schuldest mir einen Gefallen, und den werde ich jetzt einfordern. Werde mein Freund.“
„B-bitte was?“ fragte Naruz, lief rot an, und versuchte sich von Mizore zu lösen, was jedoch nicht möglich war, im Gegensatz zu ihm, war sie immerhin mit der überlegenen Stärke der Botschafter Gaias gesegnet. „D-d-d-das ist ein Scherz, o-oder? Ich dachte... also du... Shirayuki...“
„Du dachtest, ich bin mit Shirayuki zusammen?“ Naruz nickte.
„Außerdem dachte ich, dass du... nun ja... auf Frauen stehst.“
„Normalerweise ja, aber manchmal findet Mizore auch Interesse an Männern.“
„Ah, ich verstehe...“ meinte Naruz, und erstarrte, als ihm klar wurde, dass es Shirayuki gewesen war, die gerade geantwortet hatte, und nicht Mizore. Plötzlich legten sich zwei Hände auf seine Schultern, und Shirayukis Gesicht erschien direkt neben ihm.
„Hallo, Naruz.“
„Hallo... Shirayuki... was machst du denn hier?“
„Ich bin Mizores Eidolon, und ihre Freundin, wo sollte ich sonst sein?“
„Freundin? Dann seid ihr zwei also doch zusammen?“
„Ich habe nie etwas anderes gesagt, oder?“ fragte Mizore, und starrte Naruz aus ihren blauen Augen an, woraufhin der junge Inquisitor schlucken musste. Wie war er überhaupt in dieser Situation gelandet? Mizore war keines Falls hässlich, und durch ihren ungewöhnlichen Kleidungsstil, hatte Naruz von Anfang an zumindest ein wenig Interesse an der Schwerttänzerin gehabt, aber er hätte nie erwartet, dass er sich jemals in so einer Situation wiederfinden würde. Shirayuki lächelte hinter dem Rücken des Inquisitors. Sie hatte sich gar nicht erst großartig gegen Mizores Vorschlag gewehrt, als diese ihr gesagt hatte, was sie tun wollte. Das Eidolon hatte schon Interesse an Naruz geschöpft, seit sie ihn das erste mal in den Halbmondhügeln gesehen hatte.
„Ich...“ Naruz versuchte, sich irgendwie aus der Situation herauszureden, kam jedoch nicht dazu. Mizore zog seinen Kopf zu sich, und küsste Naruz. Von hinten schlangen sich plötzlich die Arme von Shirayuki um den Inquisitor, und das Eidolon küsste ihn am Hals, woraufhin Naruz ein wenig erschauderte. Die Lippen des Eidolons waren weich, und sanft, jedoch auch kalt, es war ein seltsames Gefühl, von Shirayuki geküsst zu werden, seltsam, aber keinesfalls unangenehm. Schließlich löste Mizore ihre Lippen von denen des Inquisitors, und lächelte ihn an. „I-i-ich...“ Naruz wusste nicht ganz, was er sagen sollte, aber selbst wenn, hätte Mizore es ihm wohl nicht gestattet, zu sprechen. Sie legte einen Finger auf Naruz' Lippen, während Shirayuki um ihn herum schwebte, und sich neben Mizore stellte. Ehe Naruz etwas tun, sagen, oder auch nur denken konnte, stieß Mizore ihn nach hinten, wodurch er auf seinem Bett landete, kurz darauf folgte die Schwerttänzerin ihm, und setzte sich über ihn, während Shirayuki neben dem Bett stand, und sich an ihrem Kimono zu schaffen machte. Mizore hatte sich inzwischen bereits ihre Schuhe, den Rock und ihre Unterhose ausgezogen, somit saß sie nun auf Naruz, und trug nur noch ihr langärmliges Hemd, und die langen, gestreiften Strümpfe. Mit einem Lächeln im Gesicht, zog sie Naruz seine Robe aus, und riss ihm förmlich das Hemd vom Leib, dass er darunter trug, ehe sie sich an seiner Hose zu schaffen machte. Während Mizore noch damit beschäftigt war, den Inquisitor auszuziehen, ließ sich Shirayuki, die inzwischen vollkommen nackt war, neben Naruz im Bett nieder, und schmiegte sich an ihn. Dieser leistete schon lange keinen wirklichen Widerstand mehr, gegen die Situation, in die er hier verwickelt worden war, stattdessen drehte er seinen Kopf zum Eidolon, und küsste Shirayuki, woraufhin diese seine Hände nahm, und zu ihren Brüsten führte. Shirayuki löste ihre Lippen von Naruz, und beugte den Kopf ein wenig nach hinten, um Mizore zu küssen, die inzwischen damit fertig war, Naruz zu entkleiden. Naruz stöhnte kurz lustvoll auf, als Mizores Hand über sein Glied fuhr, woraufhin diese erneut lächelte, sich von Shirayuki löste, und kurz mit der Zunge über ihre Lippen fuhr, ehe sie aus Naruz' Blickfeld verschwand, dass in diesem Augenblick vollständig von Shirayukis Oberkörper verdeckt wurde, die sich näher zum Inquisitor gebeugt hatte. So begann die erste Nacht, seit ihrer Rückkehr von den Wunderminen, in der Naruz sich keine Gedanken um irgendetwas anderes machen musste, als um das, was im hier und jetzt geschah.

Bild
Zuletzt geändert von Mimir am 12. Juli 2014 01:39, insgesamt 1-mal geändert.
Bild

Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368

Benutzeravatar
Vanidar
Signifer
Signifer
Beiträge: 487
Registriert: 5. Dezember 2010 20:41
:
AAR-Schreiber

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 12. Juli 2014 01:02

26. Der Racheplan des rotäugigen Teufels von Vo Astur! (Öffnen)
Da Aura Kingdoms sich derzeit irgendwie nicht starten lässt halt ohne Bilder

26. Der Racheplan des rotäugigen Teufels von Vo Astur!


Saeca und Aleyandra lagen Seite in Seite in einem Bett, in dem Haus der Inquisition, in Demarech. Naruz und seine Leute, waren so freundlich gewesen, den beiden ein eigenes Zimmer zur Verfügung zu stellen, damit Saeca die ganze Zeit auf ihre Onee-chan aufpassen konnte, alles andere, hätte sie in den Wahnsinn getrieben. Saeca war ihr nur von der Seite gewichen, wenn sie sich neue Dangos besorgen musste und selbst das hatte meistens jemand anders für sie übernommen. Beide trugen Nachthemden, obwohl es erst am Nachmittag war, aber sie verspürten sowieso keine Lust heute noch aufzustehen, zumindest eine von ihnen. Aleyandra lag auf der Seite, so das ihre rechte Gesichtshälfte nicht zu sehen war. Es tat zwar weh so zu liegen, weil das Kissen auf die Wunden drückte, aber immerhin, konnte Aleyandra so die Entstellungen ignorieren und so tun, als würden sie gar nicht existieren. Was nicht gerade leicht war, denn im Moment drehte sich das Gespräch zwischen den beiden, wie eigentlich immer seit Aleyandra aufgewacht war, um ihre Verletzungen.
„Warst du früher einmal sehr sehr großen Mengen an Heilmagie ausgesetzt? Also wirklich gewaltigen Mengen an unglaublich starken Heilzaubern, nicht dieser Kleinkram, mit dem die kirchlichen Magier ein paar gebrochene Rippen und Kratzer heilen.“ fragte Saeca nachdenklich und spielte damit auf den sehr langsamen Heilungsprozess von Aleyandra an. Das Gift war neutralisiert, aber die Verätzungen und ihr geschmolzenes Fleisch, blieben. Selbst die Magier in Demarech hatten nicht viel mehr erreicht, als ihr einen Teil der Schmerzen zu nehmen. „Laut Anya und Meru-chan, wäre es die logischste Erklärung dafür, dass deine Verletzungen nicht heilen wollen, egal wie oft die Magier dich behandeln. Anscheinend bist du aus irgendeinem Grund immun gegen Heilmagie.“
„Ich weiß nicht, ich...“ Aleyandra brach nachdenklich ab, es fiel ihr sowieso schwer zu sprechen. Ihr Gesicht fühlte sich auf der verletzten Hälfte noch immer leblos und tot an, aber zumindest das besserte sich etwas und bald konnte sie wenigstens wieder reden ohne zu nuscheln. Ihr eigentliches Problem löste das aber noch lange nicht. Sie ahnte, wieso die Heilmagie der kirchlichen Zauberer nicht wirkte. In ihren Träumen, hatte man sie wieder und wieder aufgeschnitten, sie praktisch zerlegt und kurz vor dem Tod vollständig geheilt. Natürlich war sie da starken Heilzaubern ausgesetzt gewesen, Heilzauber, die fast stark genug waren um selbst den Tod auszutricksen. „Ja, ich denke das war ich. Sogar über viele Jahre hinweg, vermutlich ist das wirklich der Grund, wieso die Heilmagie nicht mehr wirken will. Mein Körper braucht stärkere Zauber um sich zu regenerieren, aber die wird er hier nicht kriegen. Selbst die besten Magier der Kirche, sind nicht in der Lage dazu mir zu helfen. Es könnte Wochen dauern, bis die Heilzauber ihre Wirkung endlich entfalten, vielleicht sogar Monate oder...oder Jahre.“
„Aber irgendwann wird alles vollständig verheilen und du siehst wieder so aus wie vorher. Es dauert halt eine Weile, na und? Wenigstens bist du noch am Leben! Und Naruz ist hier, er hat dich immerhin gerettet, obwohl ihr nicht mehr zusammen seid! Bedeutet dir das denn gar nichts? Eigentlich solltest du dich darüber freuen und ihm sofort um den Hals fallen.“
„Vielleicht sollte ich das aber...nein, ich bleibe dabei. Niemand darf in dieses Zimmer, hast du mich verstanden? Mach einfach weiterhin das, was du die letzten Tage schon gemacht hast, solange bis wir abreisen können, ja?“
„Ich...ich habe getan was du wolltest und niemanden durch diese Tür gelassen, selbst als du geschlafen hast. Allerdings denke ich, dass es die falsche Entscheidung ist sich abzuschotten. Davon wird sich deine Laune auch nicht bessern!“
„G-glaubst du wirklich, dass er mich sehen will obwohl ich...obwohl ich so aussehe?“
„Ja! Natürlich! Naruz denkt seit Tagen an nichts anderes mehr, als an dich! Er vernachlässigt sogar seine Pflichten als Inquisitor und bleibt länger als nötig in Demarech, nur um dich zu sehen!“
„Du denkst er sehnt sich nach mir? Danach bei mir zu sein? Dann sieh mich an und sag mir das noch einmal, ohne zu lügen.“ Aleyandra drehte ihren Kopf ein Stück, damit Saeca ihre rechte Gesichtshälfte sehen konnte, was die junge Armani kalt ließ. Ihr war es egal wie Onee-chan aussah, sie war trotzdem noch immer Onee-chan, aber Aleyandra machte es fertig. Sobald sie aufgewacht war, hatte sie einen Spiegel verlangt...und ihn nach wenigen Sekunden zerschlagen. Aleyandra ignorierte, dass Saeca sie gar nicht abscheulich fand und fuhr zerknirscht und deprimiert fort. „Was ist? Denkst du jetzt noch immer, dass er mich unbedingt sehen will? Er wird sich erschrecken sobald er mich sieht und den Blick abwenden. Ich werde dieses Zimmer erst verlassen, wenn Naruz und sein Team abgereist sind. Was ist wenn...wenn Anya oder diese Mizore mich so sehen? Sie werden...sie...“
„Naruz ist sicher nicht so oberflächlich! Er wird ihm egal sein wie du aussiehst, solange es dir gut geht. Ich weiß das er sich sehr freuen würde dich zu sehen, immerhin musste ich ihn schon ein dutzend Mal verjagen, aber er ist immer wiedergekommen. Er weiß wie du aussiehst und trotzdem will er dich sehen. Ich weiß von seinem Team, dass er sich keine ruhige Minute gegönnt hat, seit wir dich gefunden haben und das obwohl er selber sehr schwach war. Du solltest ihn wirklich durchlassen, bitte. Oder wir gehen zu ihm, er wartet schon die ganze Zeit darauf, dass du ihn besuchst und ich habe ihm versprochen, dass ich dich überreden werde.“
„Nein, ich bleibe hier und zwar alleine.“ entgegnete Aleyandra mit fester, abweisender Stimme und wandte sich von der traurig dreinblickenden Saeca ab. Niemand sollte sie so sehen, weder ihre Konkurrentinnen, noch Naruz. Anya und Mizore würden sie auslachen und hinter ihrem Rücken über ihr furchtbares Aussehen tuscheln. Sie würden es als Zeichen ansehen, dass Aleyandras Chancen bei Naruz endgültig tot waren und mit ihren Annäherungsversuchen mutiger werden und Naruz...Naruz würde sich dann sicher nicht mehr gegen ihre Verführungsversuche wehren, sondern darauf eingehen und sie vergessen.
„Willst du nicht noch einmal darüber nachdenken, Onee-chan? Ich bin sicher seine Reaktion wird dich überraschen und zwar auf positive Art und Weise. Er will wirklich wissen, wie es dir geht.“
„Wir werden sehen, Saeca...“ wehrte Aleyandra erneut jegliche Versuche ab, sie aus ihrem Zimmer zu locken, aber für den Moment schien Saeca sich mit einem vielleicht zufrieden zu geben, für den Moment „Wir werden sehen, wie es mir morgen geht. Vielleicht lasse ich Naruz das nächste mal zu mir, wenn er vor der Tür steht, ja?“
„Danke, Nee-chan! Ich weiß, dass er gerade nur an dich denkt und es kaum erwarten kann dich zu besuchen.“ Saeca rückte näher an sie heran und kuschelte sich an Aleyandra, bevor sie die Augen schloss und versuchte einzuschlafen, viel mehr konnte sie im Moment nicht für ihre Onee-chan tun „Du wirst sehen, es ist die richtige Entscheidung. Sein fröhliches Strahlen, wenn er sieht das es dir gut geht, wird dich für alles entschädigen und er wird deine...Verletzungen gar nicht bemerken.“
„Du solltest dir eigentlich gar keine Gedanken um so etwas machen müssen, Saeca. Meine Beziehung zu Naruz, ist mein Problem und nicht deines. Du musst dich um dein Schwert kümmern und die Axt ist auch noch verschwunden, das ist wichtiger als meine Probleme. Um Naruz, kümmere ich mich schon alleine. Aber ich bin dir trotzdem dankbar für deine Unterstützung.“ fügte sie hastig hinzu, als Saeca deprimiert den Mund verzog und kurz davor schien sich zu beschweren, aber Aleyandra legte nur ihren Arm um die Armani und schloss ebenfalls die Augen „Lass uns einfach schlafen, ja?“
Als Aleyandra wieder aufwachte, waren erst wenige Stunden vergangen und die Sonne noch immer nicht untergegangen. Saeca schlief friedlich und fest neben ihr. Aleyandra lächelte sie freundlich an und fuhr der jungen Armani kurz durch die dunklen Haare. Saeca hatte sie gerettet, Naruz war es letztendlich gewesen der das Gift auflöste, aber Saeca hatte sie zu ihm gebracht, weil sie wusste, das er ihr helfen konnte. Ohne sie, wäre Aleyandra an dem Gift gestorben. Es war eine gute Idee gewesen, Saeca doch mitzunehmen. Sie passten aufeinander auf und kurz fühlte Aleyandra sich schuldig, weil sie hier auf der faulen Haut lag, anstatt sofort mit Saeca nach Navea zu fliegen und das heilige Schwert von Saecas Stamm zu reparieren. Aleyandra ballte ihre Hände zu Fäusten und sammelte all ihren Mut. Saeca hatte recht mit dem was sie sagte, es war dämlich sich zu verkriechen. Dadurch würden ihre Verletzungen auch nicht schneller verheilen und Naruz sie nicht plötzlich mehr lieben.
Aleyandra erhob sich vorsichtig aus dem Bett, darauf bedacht, Saeca nicht zu wecken und aus ihrem verdienten Schlaf zu reißen. Sie war noch immer schwach und strauchelte kurz, bevor es ihr gelang, sich zu fangen und trotz Schwindelgefühlen stehenzubleiben. Auf Zehenspitzen ging sie durch das Zimmer. Auf einem kleinen Tisch in dem Zimmer, fand sie etwas Verbandszeug, das Saeca mitgebracht hatte, um Aleyandras einfache Schnittwunden zu verbinden. Schnell nahm Aleyandra sich einen Verband und wickelte ihn schräg um ihren Kopf, so das er die rechte Hälfte ihres Gesichts komplett verdeckte. Der Verband würde die grässlichen Entstellungen zumindest vor seinem Blick verbergen. Zwar keine perfekte Lösung, aber für den Moment würde es reichen. Dadurch konnte Naruz sich ganz auf ihre intakte Gesichtshälfte konzentrieren. Die Wunden an ihrem Körper waren sowieso noch immer verbunden, weil sie teilweise weiterhin bluteten, außerdem hatte sie nicht wirklich vor sich sofort voller Leidenschaft auf ihn zu stürzen und sich die Kleider vom Leib zu reißen. Alles was sie wollte, war ihn zu sehen und vielleicht den ein oder anderen trostspendenden Kuss, um die zweifelnden, furchtsamen Stimmen in ihrem Kopf endlich zum Schweigen zu bringen. Mit nackten Füßen schlich sie durch das Haus und stürzte sich dabei ein paar mal schnell in leere Zimmer, als sie Schritte hörte. Sie wollte nur zu Naruz, mit seinem Team wollte sie ganz sicher nicht reden. Ihr Spürsinn für Botschafter Gaias führte sie direkt vor einer Tür im zweiten Stock des kleinen Gebäudes. Aleyandra zögerte kurz, denn sie spürte noch einen zweiten Botschafter in dem Zimmer. Das musste diese Mizore sein, schoss es ihr leicht panisch durch den Kopf. Aber sie erinnerte sich wieder an Saecas Worte und verdrängte ihre Angst. Dann sah Mizore sie halt, das machte keinen Unterschied. Immerhin, konnte diese Frau dann zusehen, wie Naruz sie in die Arme nahm und küsste, das hatte auch etwas Gutes an sich.
Lächelnd schob sie langsam die Tür auf und sofort verblasste das Lächeln wieder, wurde ersetzt durch eine ausdruckslose, enttäuschte Maske. Es war alles wieder genauso wie in Helonia, dachte sie verzweifelt, als sie die Szene betrachtete, die sich in dem Raum abspielte. Naruz lag auf einem Bett am anderen Ende des Zimmers und würde sicher nicht bemerken, dass sie da war, dazu war er zu beschäftigt. Mizore saß spärlich bekleidet auf Naruz und ihr weibliches Eidolon lag nackt neben ihnen auf dem Bett. Sie küssten einander, alle drei, und schienen vollkommen in ihr Liebesspiel versunken zu sein. Naruz schien sich nicht groß gegen die beiden zu wehren, im Gegenteil, seine Hände fuhren verlangend über die Körper der beiden Frauen und als Mizore begann lustvoll zu Stöhnen, schloss Aleyandra die Tür vorsichtig wieder und stolperte ein paar Schritte von dem Zimmer weg. In düstere Gedanken vertieft und beinahe schon lethargisch, machte sie sich auf den Rückweg zu Saeca. So hatte er sich also die Zeit vertrieben, während sie verätzt und furchtbar entstellt im selben Haus lag und sich unter Schmerzen wand. Wenigstens spürte sie im Moment noch keinen Hass, oder den unwiderstehlichen Wunsch Mizore in Stücke zu reißen. Was hatte sie eigentlich von Naruz erwartet? Das er sich jetzt anders benahm als in Helonia? Damals war sie wenigstens noch hübsch gewesen, aber jetzt, besaß sie nicht einmal mehr ihre Schönheit, um ihn irgendwie an sich zu binden. Es hätte ihr klar sein müssen, dass er nicht auf ihre Genesung warten würde und auch, dass Saeca gelogen hatte. Es war nur einfach zu verlockend gewesen, daran zu glauben, dass Naruz sich wirklich Sorgen um sie gemacht hatte, anstatt sich eine neue Liebschaft zu suchen. Die Bilder von Naruz, Mizore und Shirayuki kreisten in ihrem Kopf umher und sie konnte keinen einzigen klaren Gedanken fassen, egal wie sehr sie sich anstrenge. Sie war nicht gerade in der besten Verfassung, um Entscheidungen zu treffen, aber wenigstens, würde sie niemandem etwas antun weil sie wütend war, zumindest da war sie sich sicher. Letztendlich entschied sie sich dazu, die Schuld vorerst lieber bei sich selbst zu suchen. Es war einfach ein Fehler gewesen Naruz jemals zu vertrauen...



Ein paar Tage später, befand sich Naruz Team, mit einer schlecht gelaunten Saeca im Schlepptau, unterwegs zurück nach Navea. Sie ritten eine Straße durch einen Wald entlang, immer weiter nach Süden, damit sie endlich wieder nach Hause kamen. Ihre Arbeit in Demarech war getan, sie hatten zwar die Entführer der Wissenschaftler nicht fangen können, aber wenigstens das Geheimnis der seltsamen Vorfälle gelüftet. Die Verfolgung dieses Schattenritters und seiner verrückten Gefährten, musste ab jetzt die Kirche organisieren. Abgesehen von Saeca, befanden sich auch noch Mizore und Shirayuki bei ihnen...alles in allem, eine hochexplosive, gefährliche Mischung. Anya und Victoria warfen der Botschafterin und ihrem Eidolon schon oft genug böse Blicke zu, wenn sie sich mal wieder an Naruz ranmachte und noch schlimmer, wenn Naruz sie nicht davon abhielt. Zum Glück für Mizore, und vor allem für die Stimmung in der Truppe, war Aleyandra nicht mehr dabei, aber Saeca übernahm ihren Part und knurrte die Tempelwächterin böse an, sobald sie sich Naruz näherte. Der Armani ging es sowieso schon mies genug, da musste sie nicht auch noch mit ansehen, wie die Liebesbeziehung zwischen ihrer Onee-chan und Naruz endgültig den Bach runterging. Aleyandra war nämlich spurlos verschwunden. Einen Tag nachdem sie aufgewacht war, hatte sie sich einfach aus dem Staub gemacht, ohne sich bei Naruz zu verabschieden oder zu bedanken. Saeca hatte sie mit Merilee zurückgelassen, um mit dem Inquisitorenteam nach Navea zu reisen, ein Umstand, der die junge Armani noch immer aufregte.Sie ritt mürrisch neben Naruz, damit Mizore oder Anya diesen Platz nicht erhielten, und verzog angewidert das Gesicht, als sie an Mizore denken musste.
„Ist alles in Ordnung mit dir, Saeca? Du siehst fertig aus und ich weiß, dass du schlecht schläfst. Ist es wegen Aleyandra?“ Naruz wandte sich lächelnd an die traurige Armani, die wie ein lebloser Sack auf ihrem Pferd hing und drohte jeden Moment aus purer Lustlosigkeit runterzufallen. Er selbst machte sich auch Sorgen um sie, wurde aber die meiste Zeit über recht erfolgreich von Mizore und Shirayuki abgelenkt. Die Tempelwächterin und ihr aufdringliches Eidolon, hatten es nicht bei einer Nacht belassen und es schien so, als wollte Mizore ihn wirklich zu ihrem festen Freund machen. Er wusste bisher nicht, ob ihn das freuen, oder eher nerven sollte, entschied sich aber vorerst für ersteres. „Ich denke es geht ihr gut, sie kann auf sich aufpassen und ihre Eidolons sind bei ihr um sie zu beschützen. Wie hieß ihr neues Eidolon? Bel Chandra? Ich bin sicher, es gibt keinen Grund warum du dir Sorgen machen musst, Saeca.“
„Ich...ich weiß das selbst und ich komme schon klar...“ murmelte Saeca deprimiert, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Ihre Laune erreichte mit jeder Minute einen neuen Tiefpunkt und sank immer weiter und weiter. Inzwischen stand sie kurz davor Naruz und sein Team zu verlassen, um nach Aleyandra zu suchen. Onee-chan hatte sich zwar kurz bei ihr abgemeldet und gesagt, dass sie einen anderen Weg nach Navea nehmen würde, aber das beruhigte Saeca nicht. In Aleyandras Augen lag damals etwas das...das Saeca nervös machte. Es war mehr als nur Traurigkeit, eher Verzweiflung und Saeca wusste, wie leicht Aleyandra sich manchmal von ihren Gefühlen überwältigen lassen konnte. Sie war ein viel zu emotionaler Mensch, um auf Dauer in der Nähe von Naruz glücklich zu sein, vermutlich hatte er auch diesmal wieder etwas damit zu tun. „Nee-chan wollte etwas Zeit für sich und ich...ich will sie nicht belästigen, aber ich hoffe, dass sie bald zu uns zurück kommt. Ohne sie ist es langweilig und ich weiß nicht was ich tun soll. Was ist wenn sie nicht mehr zurückkommt? Wenn sie einfach wegrennt? Oder noch schlimmer, wenn ihr etwas passiert! Es gibt so viele Monster und böse Wesen dort draußen, sie könnte schon längst tot sein! Ich muss sofort los und sie suchen! Sie ist doch gerade erst gesund geworden und fast gestorben, noch einmal hat sie sicher nicht so viel Glück! Ich muss...!“
„Du musst dich vor allem erst einmal beruhigen. Wenn du dich weiterhin so fertig machst, wird das Aleyandra auch nicht helfen.“
„Ich mache mir halt Sorgen um Nee-chan! Es ging ihr wirklich schlecht, als sie einfach abgehauen ist und sie wollte mir auch nichts erklären. Ich bin einfach aufgewacht und dann stand sie angezogen und mit all ihren Sachen vor mir, fertig zur Abreise. Ich dachte wir gehen zusammen zurück nach Navea aber dann...dann...“ Tränen traten Saeca in die Augen und ihre Lippen begannen verzweifelt zu beben „Dann hat sie mich einfach bei euch gelassen und ist verschwunden. Was ist wenn das Gift doch nicht vollkommen weg ist? Oder wenn ihre Wunden wieder aufgehen, oder sich entzünden, oder wenn...“
„Ja, ich weiß was du meinst. Um ehrlich zu sein, mache ich mir auch Sorgen um sie.“ seufzte Naruz, als Saecas rumgenerve endlich auch bei ihm Wirkung zeigte und er sich dazu bereit erklärte erneut dieses Gespräch zu führen. Saeca redete jeden Tag darüber, dass sie losziehen sollte um Aleyandra zu finden, aber bisher, war es ihnen erfolgreich gelungen es ihr auszureden. Saeca war ja schon verloren wenn sie fünf Minuten keine Dangos bekam, wie sollte sie sich da alleine durch die Wildnis schlagen? „Aber wenigstens hast du vor ihrer Abreise noch mit ihr gesprochen. Aleyandra hat kein einziges mal mit mir gesprochen oder sich mir gezeigt, seit ich das Gift neutralisieren konnte. Sie ignoriert mich einfach und jetzt sieht es so aus, als wäre sie vor mir geflohen. Ich frage mich, wieso sie mir aus dem Weg geht? Ich dachte ich wäre ihr wichtig genug, um wenigstens kurz mit mir zu sprechen.“
„Ist das nicht offensichtlich?“
„Was soll daran offensichtlich sein?“
„Du...du hast sie doch selber gesehen, als ich sie zu dir brachte. Die Heilmagie deiner Leute war wirkungslos, genauso wie die unserer Eidolons. Sie sieht noch immer genauso schlimm aus und du bist der letzte Mensch in ganz Midgard, dem sie sich so zeigen will. Es ist für sie schon schlimm genug, dass du sie gesehen hast, als du das Gift bekämpfen musstest und du weißt auch genau warum. Schon als sie noch hübsch war hast du...du hast sie rausgeworfen, sie als Monster bezeichnet und sie gehasst, das nagt noch immer an ihr!“
„Das...das ist so nicht richtig.“ flüsterte Naruz und spürte, wie das Gerede über Aleyandra seine gute Stimmung endgültig zerschmetterte. Sie wollte nicht mit ihm reden, also war er dazu übergangen, irgendwie nicht mehr an ihr zu denken. Wenn er Nachts mit Mizore und ihrem Eidolon zusammen war, gelang ihm das sogar, aber tagsüber schaffte es Saeca andauernd die Erinnerungen an Aleyandra zurückzuholen. „Ich habe sie nie gehasst, das könnte ich nicht. Aber sie wird zu etwas, das ich nicht akzeptieren kann und daran ist nur dieser Mistkerl Silberblatt Schuld.“
„Der Kerl mit den langen, blonden Haaren der sie ausbildet und sich dauernd als ihr Häuptling aufspielt? Den mag ich auch nicht, er sieht mich immer an, als wollte er mich am liebsten auf einen Scheiterhaufen stellen und verbrennen. Er ist unheimlich.“
„Ich wünschte er wäre einfach nur unheimlich, aber er ist vor allem gefährlich.“ und damit meinte Naruz nicht einmal die Macht, die von dem Großmeister ausging, sondern dessen Einfluss auf Aleyandra, der sie letztendlich erst auseinandergebracht hatte „Er kontrolliert jeden Schritt den Aleyandra macht, seit sie in Navea lebt und bringt sie dazu Dinge zu tun...Dinge, die sie von sich aus niemals tun würde. Er erpresst sie, denn ohne ihn und seine Einheit, würde die Kirche Aleyandra vermutlich nicht mehr akzeptieren, sie vielleicht sogar jagen. Von daher, bin ich letztendlich nicht wütend auf Aleyandra, sondern auf Silberblatt, der alles dafür tut, damit sie keine andere Wahl mehr hat als ihm zu gehorchen, solange, bis sie zu seinem treuen Schoßhund geworden ist, was leider nicht mehr lange dauern kann.“
„Ja, ich kann ihn auch nicht ausstehen. Er hat mal bei uns gegessen, bevor wir aufgebrochen sind, und ich musste gehen, weil er mich nicht mag. Außerdem hat er es gewagt Onee-chan zu küssen und das werde ich ihm niemals verzeihen, diesem schleimigen Mistkerl!“ rief Saeca laut und kramte genervt in den Satteltaschen ihres Pferdes umher, bis sie einen Dango heraus fischte und zornig in sich hineinstopfte. Selbst Essen machte keinen Spaß, wenn Aleyandra nicht da war und sie an diesen Silberblatt denken musste, er war so unverschämt und dreist.
„W-was? E-e-er hat was getan?“ stammelte Naruz verwirrt drauf los und sah Saeca mit offenem Mund beim Essen zu „Silberblatt und Aleyandra haben sich geküsst?“
„Oh, es ist nicht so wie du denkst, Senpai!“ hastig hörte Saeca auf zu Essen, um weiterzusprechen. Nicht das sie Aleyandras und Naruz Beziehung noch weiter zerstörte, indem sie Unsinn von sich gab. Immerhin wollte sie Nee-chan helfen und nicht alles noch schlimmer machen! „Onee-chan war da gerade bewusstlos, sie hat tief und fest geschlafen. Das war nachdem ihr Schluss gemacht habt. Da war sie betrunken und hat versucht sich mit ihren Pistolen umzu..“ Saeca räusperte sich lautstark und versuchte endlich einmal nachzudenken, bevor sie etwas laut aussprach. Im Moment half sie Aleyandra nicht wirklich, sondern machte alles nur noch schlimmer. „Ähm, es war halt als sie etwas getrunken hatte, mehr nicht. Sie irrte ein bisschen durch Navea und der Großmeister fand sie zum Glück. Silberblatt brachte sie nach Hause und gab ihr einen Gutenachtkuss, das ist alles.“
„Ah...toll. Also war es für ihn bedeutungslos?“ fragte Naruz lahm und widerstand dem Drang angewidert das Gesicht zu verziehen. Er hatte es gewusst! Er hatte gewusst, dass Silberblatt sie nur in seine Einheit aufgenommen hatte, weil er scharf auf sie war. Es war so offensichtlich gewesen, dass eigentlich jeder es hatte kommen sehen, naja, jeder außer Aleyandra. Sie konnte manchmal etwas naiv sein und ihre Gefühle ihr oftmals im Weg, wenn sie nachdenken wollte.
„Naja...ich würde schon sagen, dass er auf sie steht. Aber sie will nichts von ihm, das weiß ich. Sie hat nur Augen für dich und liebt dich über alles! Sie...!“ Saecas Gesicht verfinsterte sich und sie warf einen kurzen Blick nach hinten, als Mizore es geschafft hatte sich vom Ende des kleinen Zugs, bis an die Spitze zu setzen und jetzt fast schon neben Naruz ritt „Sie liebt dich wirklich, im Gegensatz zu dieser bösartigen Hexe, die dir schon die ganze Zeit hinterher schleicht und versucht dir den Kopf zu verdrehen. Ich bin sicher Naruz-Senpai ist klug genug, um nicht auf ihre billigen Tricks reinzufallen. Richtig, Naruz-Senpai? Naruz?“ Saeca verschränkte gekränkt die Arme vor der Brust, als Naruz sich lachend mit Mizore unterhielt, die jetzt wirklich dreist genug war um neben ihm zu reiten und ihn abzulenken „Pff. Das wird anstrengender als erwartet...“ Saeca seufzte genervt und nahm sich vor, ihre verzweifelten Versuche Senpai für Aleyandra zu begeistern vorerst aufzugeben. Sie war im Moment zu mies gelaunt, um wirklich etwas zu erreichen und es würde ihr erst wieder gut gehen, wenn sie Onee-chan gesund und munter vor sich stehen sah. Dann konnten sie gemeinsam Kusanagi reparieren und die Hochzeit mit Naruz vorbereiten.
Plötzlich wurde die kleine Gruppe auf laute Schreie aufmerksam, die vor ihnen erschallten, und als sie um die Kurve ritten, die ihnen den Blick versperrte, sahen sie auch, was es damit auf sich hatte. Am Wegesrand stand eine schwarze Kutsche, auf der ein Wappen prangte, dass Naruz vage bekannt vorkam, er konnte sich nur nicht ganz daran erinnern, wo er es schonmal gesehen hatte. Vier Soldaten, auf deren Rüstungen man das gleiche Wappen erkennen konnte, lagen tot vor der Kutsche, zusammen mit sieben abgerissenen Gestalten, von denen gerade ein weiteres Dutzend sich auf die letzten beiden, verbliebenen Soldaten stürzte, und sie regelrecht niedermachte. Die Kutsche eines Adligen, die von Banditen überfallen wurde, um etwas anderes konnte es sich eigentlich nicht handeln.
„Kümmert euch bitte darum, ich ähm...habe da was mit dem Rücken und mein Knie tut schrecklich weh, ihr wisst schon und so...“ murmelte Naruz gelangweilt, an sein Team gewandt. Er sah keinen wirklichen Grund sich von Mizores Seite zu entfernen, nur um ein paar Halsabschneider zu bekämpfen. Außerdem, wozu hatte man ihm eigentlich diese ausgezeichneten Templer unterstellt, wenn er sie nicht einsetzt?
„Solltest du ihnen nicht helfen? Immerhin bist du ihr Anführer.“ wandte sich Mizore ein wenig besorgt an ihn, sah aber selber nur zu, wie Victoria, Nikodemus und Anya ihren Pferden die Sporen gaben und auf die Angreifer zuhielten.
„Es sind nur Banditen. Meine Leute kommen so selten zum kämpfen, dass sie sich ruhig auch einmal nützlich machen können.“ antwortete der Inquisitor, und zuckte mit den Schultern. Während er sich noch mit Mizore unterhielt, hatten seine drei Teammitglieder auch schon die Kutsche erreicht. Nikodemus schwang sich sofort von seinem Pferd, und zückte seinen Zweihänder, ein Schwert, dass er liebevoll 'Eis' nannte, was Naruz zwar ziemlich seltsam vorkam, aber er hatte den Soldaten nie darauf angesprochen. Vielleicht lag es daran, dass das Schwert so selten zum Einsatz im Kampf kam, wie ein Eiszapfen, überlegte Naruz, während Nikodemus mit einem schnellen Schlag das Bein eines Banditen abtrennte, ehe er einen weiteren enthauptete. Victoria stieg gar nicht erst von ihrem Pferd ab, sie preschte geradewegs auf die Banditen zu, die panisch ihrem Pferd auswichen. Im vorbeireiten fuhr Victorias Schwert nieder, und spaltete den Schädel eines Mannes, der einen langen Speer in der Hand hielt, jedoch zu langsam war, um die Soldatin damit aufzuhalten. Anya war ebenfalls von ihrem Pferd gestiegen, und sah sich gleich drei Banditen gegenüber, die sich ihr vorsichtig näherten. Mit anmutigen Bewegungen, die fast schon so aussahen, als würde sie tanzen, wich sie den Angriffen ihrer Gegner aus, ehe sie sich mit drei schnellen Stichen, ihrer Angreifer entledigte.
„Oh, nicht schlecht.“ kommentierte Mizore, an Naruz gewandt. „Ich glaube, sie wurde mal zur Schwerttänzerin ausgebildet, oder zumindest hat man ihr den grundlegenden Kampfstil meines Ordens beigebracht, sie bewegt sich zumindest so.“
„Ach ja? Davon hat sie mir gar nichts erzählt... aber gut, sie erzählt mir eh kaum was, ich glaube, sie hasst mich.“ Kaum hatte Naruz den Satz beendet, hörte er einen lauten Schrei, und beobachtete, wie die letzten drei Banditen davon rannten, während Nikodemus sein Schwert aus dem Leichnam eines Angreifers zog, den er regelrecht an einen Baum genagelt hatte. Anya murmelte ein kurzes Gebet an Gaia, als Dank für diesen Sieg, und Victoria ritt mit desinteressierter Miene an die Seite ihrer Freundin.
„Alle erledigt! Wir haben gesiegt!“ rief Nikodemus und stützte sich in einer stolzen Siegerpose auf seinen Zweihänder, fast so als hätte er gerade einen gewaltigen Drachen oder den Schattenritter erschlagen, anstatt nur ein paar kleine Banditen. Naruz seufzte kurz, sparte sich dann aber einen Kommentar zu der Szene, sollte der Rest seines Teams sich halt auch einmal wichtig fühlen, in den eigentlichen Kämpfen, bekamen sie immerhin wenig genug zu tun.
„Das war ja unglaublich!“ rief plötzlich eine helle Mädchenstimme und unter der Kutsche kroch ein Mädchen mit langen, blonden Haaren hervor. Sie grinste übers ganze Gesicht, ihre blauen Augen strahlten ihre Retter fröhlich an und sie rannte, oder eher sprang, auf sie zu. Ihr weißes Kleid war verdreckt vom Schlamm der Straße, aber ansonsten schien sie unversehrt zu sein. Als sie näherkam, schätzte Naruz sie auf elf oder zwölf Jahre. „Ihr habt sie alle besiegt! So etwas habe ich noch nie gesehen! Ihr müsst die stärksten Templer der Welt sein!“
„Sagen wir, sie sind manchmal ganz nützlich.“ meinte Naruz lächelnd und überging sein Team vorerst. Die waren sowieso vollkommen außer Atem und wischten lieber ihre Schwerter sauber, als sich mit dem Mädchen auseinanderzusetzen. Außerdem gab es eine ungeschriebene Regel in Team Mantikor, die immer und zu jedem Zeitpunkt galt: um hübsche Mädchen und Frauen, hatte sich gefälligst Naruz zu kümmern.
„Bist du ihr Anführer? Dann musst du ja noch viel viel mächtiger sein als sie!“ das Mädchen kam vor ihm zum Stillstand und Naruz stieg von seinem Pferd herunter, um nicht von so weit oben herab mit ihr zu sprechen. Sofort stand sie direkt vor ihm, stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte sein Gesicht genauer unter die Lupe zu nehmen. „Deine Augen sehen seltsam aus. Was bist du?“
„Ich bin Naruz aus Navea, ein Inquisitor im Dienste der Kirche und wie heißt Ihr, kleines Fräulein?“ frage Naruz höflich und ging nicht weiter darauf ein, dass sie ihn eher für ein Was als für einen Wer hielt.
„T-tut mir leid, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Ich hatte zu viel Angst und habe meine Manieren völlig vergessen, das passiert mir leider manchmal.“ das Mädchen räusperte sich kurz und schaute dann etwas betreten drein „Bitte sagt davon niemandem etwas. Wenn mein Vater das erfährt, wird er durchdrehen, aber das wird er auch, wenn er erfährt das ich mit Euch rede. Er mag es nicht, wenn ich mit niederen Soldaten und Dienern verkehre.“
„N-niederen...was?“ Naruz war vollkommen perplex, als dieses Mädchen plötzlich ein bisschen so redete wie Silberblatt es in dieser Situation getan hätte, aber das legte sich zum Glück schnell wieder, denn als sie weitersprach, blickte sie betreten zu Boden und kam sich unglaublich dumm vor, weil sie ihre Retter beleidigte.
„Oh, V-verzeihung, i-ich habe das nicht so gemeint! Eigentlich sage ich so etwas normalerweise nicht, aber...ich...tut mir leid...ich...ich wollte Euch nicht beleidigen, immerhin habt ihr mir geholfen. Ich bin es nur gewohnt so zu reden, weil das so von mir erwartet wird. Es ist nicht persönlich gemeint.“
„Schon in Ordnung, kein Problem. Wir sind nicht beleidigt. Der Angriff muss ein ziemlicher Schock für dich gewesen sein. Verrätst du uns jetzt eigentlich deinen Namen, Kleine?“
„Ja, klar!“ rief das Mädchen aufgeregt und strahlte ihn wieder an, als er ihr nicht böse zu sein schien, dann verbeugte sie sich höflich vor ihm und stellte sich mit schneller, fast schon überschlagender Stimme vor „Mein Name ist Teleya Akashi, Tochter von Kyosuke Akashi und es freut mich euch alle kennenzulernen.“
„Eine Akashi? So wie dieser Silberblatt?“
„Ihr kennt Teregion?“ Teleya blinzelte überrascht, wobei sie noch immer nicht so überrascht wirkte wie Naruz, der nicht wirklich glauben konnte eine Verwandte von diesem Ekel vor sich zu haben. Sie sah so...niedlich aus. Wie konnte das gleiche Blut durch ihre Adern fließen? „Er ist mein Cousin und hat mir und meinen Schwestern immer tolle Geschichten erzählt, als er noch auf unserem Anwesen lebte. Ich freue mich schon darauf ihn wiederzusehen! Deswegen bin ich übrigens auf dieser Reise. Meine Schwester, Lyaena, wird ihn bald in Navea heiraten und mein Vater hat mir erlaubt ganz alleine zu reisen...naja, alleine mit einem Dutzend Wachen, aber immerhin ohne Anstandsdame oder die halbe Familie im Schlepptau. Wäre Yuki noch da, müsste ich nicht einmal die Wachen mitnehmen. Sie ist auch meine Schwester und eine mächtige Botschafterin Gaias. Ihr Eidolon hätte uns auch beschützt, sie ist nämlich stärker als ihr alle zusammen!“
„Yuki Akashi ist deine Schwester? Tatsächlich?“
„Ja, aber...ich...ich habe sie seit langer Zeit nicht mehr gesehen. Sie ist weggelaufen und bereitet meinem Vater viel Kummer damit. Wir alle machen uns Sorgen um sie, ich hoffe, dass sie auch zur Hochzeit kommt. Sicher hat sie davon gehört und möchte bei Lyaenas großem Tag nicht fehlen.“ Teleya brach ab, als sie plötzlich kurz davor stand in Tränen auszubrechen. Sie war eine Akashi, sie sollte nicht vor einem Haufen Fremder anfangen zu weinen, aber die Gedanken an ihre vermisste Schwester, machten sie jedesmal wieder traurig. Zum Glück, fand sie etwas, dass sie von ihren trüben Gedanken ablenken konnte und sie starrte Naruz aus großen, weit aufgerissenen Augen hoffnungsvoll an. Er war ihr Retter und jetzt wusste er auch noch wer Yuki war? „Kennt Ihr meine Schwester etwa? Habt Ihr sie gesehen? Wisst Ihr wie es ihr geht?“
„N-nein...ich habe nur eine Freundin, die den Namen Yuki einmal erwähnt hat, das ist alles.“ antwortete Naruz ausweichend, auch wenn er dabei leichenblass wurde. Das hier war die Schwester von dem Mädchen, das Aleyandra angeblich brutal abgeschlachtet hatte. Naruz wusste nicht wirklich, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Er konnte ihr glückliches Lächeln gerade nicht mit der Wahrheit zerschmettern, also fuhr er einfach so fort, als wäre nichts gewesen, oder versuchte es zumindest. „Ich hoffe dein Wunsch geht in Erfüllung und sie kommt zur Hochzeit.“
„Das wird sie, da bin ich mir sicher. Sie würde niemals Teregions Hochzeit verpassen, auch wenn...naja, wir waren irgendwie alle ein wenig in Teregion verknallt, aber Yuki und ich waren viel zu jung, um ihn zu heiraten. Als Lyaena dann mit Teregion nach Navea ziehen durfte, waren wir ein bisschen neidisch auf sie, aber das würde Yuki trotzdem nicht davon abhalten aufzutauchen! Sie wird kommen und genau deswegen, muss ich auch so schnell wie möglich nach Navea! Vielleicht ist sie schon da und wartet auf mich. Darf ich Euch begleiten Herr Inquisitor? Biiiitttttttteeeeee.“ sie blinzelte ihn unschuldig an und setzte ein freundliches Lächeln auf, während sie große Augen machte. Naruz schüttelte lachend den Kopf, als er versuchte sich vorzustellen wie Silberblatt so gucken würde...und gruselte sich sofort vor dieser Vorstellung, es war einfach zu unheimlich.
„Natürlich, wir können Euch ja nicht einfach mitten in der Wildnis zurücklassen, Lady Akashi.“



„Lass mich alleine, Alessa.“ murmelte Aleyandra erschöpft und ließ sich ins Gras fallen, während Alessa besorgt über ihr schwebte. Mit überschlagenen Beinen, blieb sie am Ufer eines kleinen Sees sitzen. Sie befanden sich mitten in einem kleinen Wald nördlich von Navea. Inzwischen musste sie Naruz und seiner Truppe weit voraus sein, immerhin konnte sie fliegen, wenigstens etwas, das noch funktionierte, dachte sie verbittert. Noch immer trug sie den Verband um den Kopf und an ihrem Körper, aber wenigstens nicht mehr das Nachthemd. Stattdessen hatte sie sich in Mizores Zimmer geschlichen, als die mit Naruz beschäftigt war, um eine Bluse und einen kurzen Rock mitgehen zu lassen, dazu ein paar Schuhe. Wenn die Tempelwächterin ihr den Freund klaute, konnte sie ja wohl wenigstens etwas zum anziehen mitnehmen. Die Überreste ihres schönen Kleides aus blauen Federn, hatte Saeca bei sich und Silberblatt konnte es hoffentlich reparieren. Als Alessa weiterhin neben ihr schwebte und noch immer nicht verschwinden wollte, sprach sie eindringlich weiter. „Bitte, geh. Ich...ich will alleine sein, das ist wichtig für mich, bitte. Ich kann jetzt niemanden gebrauchen der mich anstarrt.“
„Na schön, aber wenn du...wenn du mich brauchst, dann sag einfach meinen Namen. Ich brauche keinen einzigen Schlag deines Herzens, um bei dir zu sein und dir beizustehen.“ Alessa wartete gespannt, ob ihre Herrin es sich doch noch anders überlegte, aber als Aleyandra nach einer ganzen Weile noch immer nichts erwiderte, schüttelte Alessa nur kurz den Kopf und löste sich in Luft auf. Wartete sie halt im Himmelsreich, bis ihre Herrin sich wieder beruhigt hatte, wie lange das auch dauern würde. Als das Eidolon endlich verschwunden war, rutschte Aleyandra ängstlich näher an das Wasser heran und beugte sich darüber. Dann lösten ihre zittrigen Finger den Verband an ihrem Kopf, wickelten ihn langsam ab und ihr verschlug es den Atem, als sie anhand ihres Spiegelbildes sah, was Valerius angerichtet hatte. Bisher konnte sie sich nur kurz in einem Spiegel betrachten und den hatte sie sofort zerschlagen, weil sie der Anblick zu sehr mitnahm, aber das Wasser konnte sie leider nicht zertrümmern. Egal wie sehr sie auf die Wasseroberfläche einschlagen würde, sie würde letztendlich noch immer die Wahrheit zeigen. Ihre rechte Gesichtshälfte, war eine braune, unförmige Masse aus verbrannter Haut, geschmolzenem Fleisch und ihrem hervorstehenden, blanken Wangenknochen. Die Magie der kirchlichen Magier war immerhin in der Lage gewesen ihr die Schmerzen zu nehmen, aber an ihren zerstörten Gesicht änderte es nichts mehr. Es sah aus, als hätte man eine Hälfte ihres Gesichts in Feuer gehalten und sie wirkte auf der Seite bereits tot. Langsam knöpfte sie ihre Bluse auf und nahm auch dort sämtliche Verbände an. Eine Spur der Verwüstung zog sich von ihrer linken Schulter bis herunter zu ihrer rechten Hüfte. Dort hatte er sie mit seinen Klauen aufgeschlitzt und ebenfalls mit diesem säureartigen Gift übergossen. Die Schnittwunden waren nicht das Problem, aber die Verätzungen wirkten genauso schlimm wie in ihrem Gesicht.
„Ich...ich sehe schrecklich aus.“ schluchzte Aleyandra und strich sich über das raue, aufgeplatzte Fleisch in ihrem Gesicht. Es war die richtige Entscheidung gewesen zu verschwinden. Naruz hatte sich ja eh schon eine neue Freundin gesucht, eine die nicht furchtbar hässlich und entstellt war. Aleyandras Schluchzen wurde immer lauter und die Tränen rannen ihr unkontrolliert übers Gesicht. Das war nicht fair. Sie hatte nur nach Valerius gesucht, um Naruz sehen zu können und bei ihm zu sein und jetzt, waren sie nur noch weiter voneinander entfernt.
„Dein Gejammer geht mir langsam auf den Geist.“ erklang eine genervte, helle Stimme direkt neben ihr. Erschrocken zuckte Aleyandra zusammen und sah zur Seite. Neben ihr im Gras, saß Bel Chandra und lächelte sie frech an. Genau wie damals in der Nacht am Teich, trug die Elfe nichts, anscheinend ihr bevorzugtes Outfit, wenn sie nicht gerade kämpfen musste. „Du warst auch schon vorher hässlich und bist es jetzt noch immer, also keine Sorge, es hat sich kaum etwas verändert. Es wird Naruz gar nicht auffallen. Also warum hältst du nicht einfach die Klappe und wir gehen zurück nach Navea? Diese Einöde langweilt mich, genau wie du, vor allem, da man dich jetzt nicht einmal mehr ansehen kann ohne Alpträume zu kriegen.“
„Danke, du bist mir wirklich eine große Hilfe, dämliche Elfe.“ zischte Aleyandra sie wütend an und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Ausgerechnet Bel Chandra musste auftauchen, dabei wollte sie nur in Ruhe und Frieden in Selbstmitleid versinken und versuchen Naruz zu hassen. „Zieh dir wenigstens etwas an, das letzte was ich jetzt gebrauchen kann, ist dich nackt zu sehen.“
„Das ist alleine dein Problem, ich jedenfalls habe keine Lust meine Rüstung außerhalb eines Kampfes zu tragen und du wirst noch merken, dass du ohne meine Hilfe verloren wärst. Ohne mich und Tigerius, hättest du diese Mizore schon längst angefallen und versucht sie zu erschießen, oder zu bedrohen. Nur dank mir, verspürt Naruz keinen unüberwindbaren Hass gegenüber dir, sondern denkt noch immer gut von dir, obwohl du ohne mich nichts weiter wärst als ein blutrünstiges Monster.“
„Welchen Unterschied macht das denn noch? Dafür sehe ich jetzt aus wie ein Monster!“ fuhr Aleyandra das Eidolon an und war froh endlich jemanden gefunden zu haben, an dem sie ihre ganze Wut auslassen konnte. Naruz wollte sie nicht sehen und Valerius war tot, also konnte sie nur Bel Chandra anschreien und genau das tat sie auch voller Leidenschaft. „Es sieht aus als wäre ich ein Zombie! Er wird zu Tode erschrecken sobald er mich sieht und eher seine Schwerter ziehen, als mich zu küssen! Er wird mit dieser Mizore zusammen kommen und ich kann nichts dagegen tun, weil ich nicht einmal mit ihm reden kann ohne Angst vor ihm zu haben! Und du wagst es noch mich zu nerven? Ich hasse dich, Bel Chandra, ich hasse dich fast so sehr wie Mizore, wie Valerius und wie Naruz! Ihr könnt mir alle gestohlen bleiben!“
„Du kannst einem wirklich auf den Geist gehen, weißt du das? Wie kann man nur so eine furchtbar negative Heulsuse sein? Meine Güte, reiß dich gefälligst etwas zusammen, du erbärmlicher Quälgeist. Das ist ja furchtbar mit anzusehen.“ plötzlich streckte die Elfe ihre zierliche Hand aus und fuhr damit erstaunlich sanft über Aleyandras rechte Gesichtshälfte. Das Mädchen spürte ein eigenartiges Kribbeln in ihrem Gesicht und blinzelte verwirrt. Endlich einmal war sie zu überrascht, um rumzuschreien oder zu weinen. „Besser? Ich finde ja, das du noch immer furchtbar aussiehst, aber naja, das ist nur meine Meinung.“
„W-w-wie hast du das getan?“ stotterte Aleyandra, als sie einen Blick auf ihr Spiegelbild im Wasser warf. Ihr Gesicht sah wieder vollkommen normal aus! Fassungslos strich sie sich über die rechte Wange und wieder traten ihr die Tränen in die Augen, als sie die weiche, glatte Haut unter ihren Fingern spürte. Es war, als hätte die Heilmagie perfekt funktioniert und alles Spuren des Kampfes beseitigt. Aleyandra rieb sich kurz mit dem Ärmel über die Augen und sah dann verwirrt zu Bel Chandra, die überheblich lächelte. „Es wirkt so echt und fühlt sich wunderbar an, als hätte die Verletzung niemals existiert! Hast du mich wirklich so leicht geheilt?“
„Nein, aber mit Magie, ist fast alles möglich.“ antwortete Chandra und zuckte kurz mit den Schultern, was sie getan hatte, war keine dauerhafte Lösung „Ich verstehe mich nicht auf Heilzauber und kann dir nicht wirklich helfen, aber ich beherrsche einige gute Illusionszauber. Sie beeinflussen alle Sinne, nicht nur die Augen und daher fühlt sich deine Haut auch wieder glatt und wunderschön an. Gefällt dir jetzt was du siehst?“
„Ja, das tut es. Ich danke dir und...“ doch bevor sie ihr Spiegelbild wirklich ausgiebig genießen konnte, löste sich die Illusion wieder auf und gab den Anblick auf ihr wahres Äußeres frei. Die gesunde Haut löste sich in Luft auf und wieder starrte sie einer Toten in die Augen. „W-warum sehe ich wieder aus wie vorher?“
„Leider, ist es schwer den Zauber für längere Zeit bei einem anderen Wesen aufrecht zu erhalten. Es wäre einfacher, wenn du es selber lernen könntest, länger als ein paar Minuten könnte ich es nicht aushalten, danach sind meine Kraftreserven verbraucht. Am besten ist, wenn ich dir den Zauber beibringe, dann kannst du deine Narben und Entstellungen jederzeit verdecken. Vielleicht nutzt du es auch, um gleich noch ein paar andere Makel auszuradieren, zum Beispiel diese verrückten Augen, die winzigen Brüste oder das hässliche Gesicht?“
„Könnte ich diesen Zauber denn lernen?“ wollte Aleyandra sofort wissen und überging die Beleidigungen am Ende. Langsam gewöhnte sie sich daran, dass Bel Chandra sie gerne und oft beleidigte, immerhin meinte sie es nie so, zumindest hoffte Aleyandra das. „Ich meine, naja...ich bin ziemlich nutzlos, sobald es um Magie geht. Abgesehen von meinen Fallen und den Pistolen, habe ich noch nie einen Zauber auf die Reihe bekommen, selbst die einfachsten sind schon zu viel.“
„Mhm, möglich. Deine magischen Kräfte scheinen zumindest ausreichend zu sein, du solltest keine Schwierigkeiten mit dem Zauber haben. Allerdings...“ Bel Chandra brach kurz ab, um nachzudenken, für einen gewöhnlichen Magier sollte dieser Zauber kein Problem darstellen, für ihre schwächliche Herrin dagegen schon. Etwas in Aleyandra sperrte sich dagegen, auf ihre magische Macht zurückzugreifen. „Allerdings weiß ich, dass etwas deinen Zugriff auf die Magie behindert und du ohne deine Pistolen als Medium nicht in der Lage bist viel mit deiner Kraft anzufangen. Du könntest versuchen den Zauber ganz normal zu wirken, aber mit deinen Pistolen als eine Art...Zauberstab, wie ihn manche Magier gerne tragen, oder du setzt ihn ein wie die Grimoire der Hexen. Du musst deine Macht nur durch die Waffen leiten und ihn dann immer aufrecht erhalten, da du ihn ohne die Pistolen nicht erneuern kannst, was höchste Konzentration erfordert. Die Wirkung des Zaubers, wäre durch den Umweg über die Pistolen allerdings stark geschwächt und du müsstest viel mehr Kraft aufwenden, als gewöhnliche Magier, um den Illusionszauber zu wirken und aufrecht zu erhalten. Aber wie gesagt, deine magischen Kräfte sind beachtlich und solange du nicht in einen Kampf gerätst, solltest du in der Lage sein, den Zauber über einen sehr langen Zeitraum aufrecht zu erhalten, denke ich.“
„Ich möchte das wir es versuchen, wenn ich mich anstrenge, kriege ich das schon irgendwie hin. So schwer können ein paar Illusionen schon nicht zu erschaffen sein, egal wie sehr es mich auslaugt. Hauptsache ich kann mich wieder vor Naruz blicken lassen, ohne das er mich für ein Monster hält und aus Versehen umbringt.“ Aleyandra zwang sich zu einem zaghaften Lächeln, immerhin machte ihr diese ganze Sache mit den Illusionszaubern wieder Hoffnung. Wenn sie die Zauber meisterte, konnte sie doch wieder zurück zu Naruz und alles würde gut. Es interessierte sie nicht wirklich, ob sie richtig geheilt war, Hauptsache sie sah gut genug aus um Naruz Aufmerksamkeit zu erregen. Langsam entspannte sie sich wieder etwas und kam zurück aus ihrer verzweifelten, hysterischen Phase, wodurch ihr etwas anderes einfiel, etwas, das sie schon völlig verdrängt hatte. „Da...da wir gerade bei meinen Pistolen sind...Alessa hat mir vor meinem Kampf gegen Valerius etwas interessantes erzählt. Ich habe seit dem nicht mehr daran gedacht, weil, naja, weil ich andere Probleme hatte wie du sicher sehen kannst. Jedenfalls, behauptete Alessa, dass du etwas über meine Vergangenheit weißt, etwas über meine Pistolen und ich will wissen, was du weißt. Wenn nötig befehle ich dir, es mir zu sagen.“
„Das ist nicht nötig. Tigerius hat mir sowieso schon aufgetragen dir alles zu erzählen, sobald du mich fragst.“ zischte Bel Chandra wütend und ihre gute Laune weil sie Aleyandra ärgern konnte, verschwand endgültig. Dabei hatte diese Gespräch so gut angefangen. Eigentlich hatte sie etwas mehr Dankbarkeit von Aleyandra erwartet, vielleicht einen Kuss, oder dass sie sich endgültig die Bluse vom Leib riss, aber da enttäuschte die Botschafterin ihr Eidolon mal wieder. „Meinetwegen, dann sage ich dir halt, woher ich deine dämlichen Waffen kenne, auch wenn ich dich noch immer hasse und du es gar nicht verdient hast, das ich mein unendliches, wertvolles Wissen mit dir teile.“ die Elfe entspannte sich etwas und versuchte ihre Wut zu kontrollieren. Tigerius hatte ihr knurrend befohlen netter zu Aleyandra zu sein, also würde sie versuchen ihre neue Arbeit ab jetzt etwas besser zu machen, auch wenn sie es nicht gerade freiwillig tat. „Ich wurde vor mehr als Fünfzig Jahren schon einmal als Eidolon erwählt. Meine Botschafterin war ein junges Mädchen aus Vo Astur, das meine Aufmerksamkeit erregte. Sie stammte aus einem uralten Hexengeschlecht, der Name ihrer Familie lautete ´Moraevion`. Es heißt ihre Blutlinie geht zurück bis zu den Gründern von Vo Astur und schon immer war mindestens ein Mitglied der Moraevion im Rat der Dreizehn vertreten. Ihre Augen, leuchteten rot wie reine Rubine und ihr Haar strahlte silbern wie der Mond. Dieses Mädchen, war eine einzigartige Schönheit und ihre Macht, überstieg alles, was man in Vo Astur bis dahin gesehen hatte. Normalerweise hatte ich es immer vermieden mich dauerhaft an Sterbliche zu binden und betrachtete sie nur als Spielzeuge, aber dieses Mädchen, ließ mich damals neugierig werden. In ihr ruhte eine unglaubliche Macht, die nur darauf wartete, gefördert und ausgebaut zu werden. Genauso wie Fenris neugierig auf Yuki war und sie nach einer Weile in sein Herz und seine Seele schloss, bis du Bestie sie in Stücke gerissen hast und in ihrem Blut baden musstest.“
„Müssen wir wieder damit anfangen? Du weißt, dass es mich innerlich auffrisst was mit Yuki passiert ist aber ich...ich will...ich versuche es zu vergessen, also bitte, hör auf darüber zu reden.“ bat Aleyandra ihr Eidolon und klang dabei fast schon als würde sie Bel Chandra anflehen.
„Ach sei einfach ruhig, bevor ich wieder Blitze durch deinen Körper jage und dich noch mehr verunstalte. Das letzte was du im Moment gebrauchen kannst, sind noch mehr Verletzungen und im Gegensatz zu Valerius, mache ich keine halben Sachen.“ zischte Bel Chandra, als würde sie jemals vergessen was dieses weißhaarige Mädchen ihrem Bruder Fenris angetan hatte, irgendwann, würde es sie wieder einholen und dann, würde jemand Yuki rächen, da war sich Bel Chandra sicher. Leider, musste sie dann Aleyandra beschützen, was sie jetzt schon fertig machte. „Jedenfalls, verband ich meine Seele mit der des Mädchens und es fühlte sich tausend mal besser an als bei dir. Sie war zu dem Zeitpunkt etwa so alt wie du und deutlich weniger prüde, denn sie lehnte mein Angebot was eine tiefere Verbindung angeht nicht ab. Wir vereinten uns nicht nur im Geiste sondern auch noch auf...anderen, eher weltlichen Ebenen und hatten viel Spaß miteinander, viel mehr, als ich jemals mit dir haben werde, da bin ich mir sicher. Da wir gerade wieder bei diesem Thema angelangt sind, willst du es dir nicht noch einmal überlegen? Sobald ich dir den Illusionszauber beigebracht habe, könnten wir hier an diesem See ein wenig Spaß haben, oder nicht? Ich bin sicher, du würdest diesen albernen Naruz sofort vergessen, wenn du in meinen Armen liegst. Ich bin immerhin nicht nur das Eidolon der Schmerzen, sondern vor allem das der Lust und könnte dir in einer einzelnen Nacht mehr beibringen als du in Hundert Jahren lernen könntest. Naruz würde dir hilflos verfallen, nachdem ich dich unterrichtet habe. Es ist hier draußen schrecklich langweilig und ich bin sicher, du würdest meinen Anforderungen genügen. Diese Hexe damals, wusste auch auch immer ganz genau was sie tat. Ich wünschte du wärst so wie sie. So voller Leidenschaft und Energie, voller Liebe und Hingabe, wundervoll. Es gab da mal eine Nacht, in der wir im Reich der Alfar unterwegs waren um nach einem Grimoire zu suchen. Wir übernachteten dort in einem Gasthaus. Sie wickelte eine der Dienerinnen und eine Attentäterin, die gekommen war um sie umzubringen, um den Finger, nur um dann mit mir drei Elfen neben sich zu haben, obwohl die Alfar natürlich viel hässlicher aussehen als ich, aber naja, manchmal muss man Opfer bringen und sie sind immerhin hübscher als viele Menschen. Es war eine großartige Nacht und am liebsten hätten wir noch viel mehr Zeit dort verbracht. Aber wir hatten auch Spaß mit Menschen, zum Beispiel war da diese niedliche Adelstochter aus Vo Astur, sie...“
„Spar dir das, ich habe kein Interesse an dir oder an deinen Geschichten. Verstanden?“ zischte Aleyandra, als sie merkte, wie sie begann rot anzulaufen. Warum konnte sie kein normales Eidolon haben? Warum musste es ausgerechnet diese lüsterne Elfe sein? Jedenfalls wischte sie mit ihrer Antwort endgültig das verträumte, entzückte Lächeln aus Bel Chandras Gesicht, die begann wieder missmutig und gelangweilt dreinzublicken. „Ich will nur mehr über diese Hexe hören, am besten, ohne mich andauernd deinen Annäherungsversuchen erwehren zu müssen. Auf Dauer, wird das einfach nur lästig und dein Liebesleben interessiert mich auch nicht.“
„Ja, ja, schon gut. Ich darf ja wohl ein wenig in Erinnerungen schwelgen, vor allem, wenn meine derzeitige Herrin so verdammt langweilig ist. Aber wie auch immer, das Mädchen, wuchs im Laufe der Zeit zu einer mächtigen und angesehenen Hexe heran. Ich könnte dir viel über unsere Abenteuer in und außerhalb des Bettes erzählen und über ihre grandiosen Leistungen...aber du hast es ja leider so schrecklich eilig. Wichtig ist nur, dass sie irgendwann eine Tochter zur Welt brachte. Sie war sogar noch hübscher als ihre Mutter und noch um ein vielfaches begabter. Sie hätte zur größten und mächtigsten Hexe aller Zeiten aufwachsen können, was sie auch vorhatte, denn sie interessierte sich lange Zeit für nichts anderes, als für ihre Studien und dafür die Aufträge des Rates detailgetreu zu erfüllen. Als sie älter wurde habe ich öfter versucht etwas mehr...Zeit mit ihr zu verbringen, aber sie war leider genauso prüde wie du und genauso langweilig. Weder Männer noch Frauen interessierten sie, nur ihre Studien und ihr Aufstieg in den Reihen der Kirche. Als sie so alt war wie du, hatte sie es bereits fast in den hohen Rat von Vo Astur geschafft, aber entschied sich dann dazu das alles wegzuwerfen. Eine Entscheidung, die ich ihr niemals zugetraut hätte.“
„Wie war eigentlich der Name der Hexe? Das hast du bisher gar nicht erwähnt.“
„Oh, ach ja, richtig. Sie hieß Aleya Moraevion und der Name ihrer Tochter war Beldaran Moraevion. Ich gehe davon aus, dass Beldaran deine Mutter sein könnte, zumindest würde es vom Alter her stimmen und du siehst ihr wirklich etwas ähnlich, denke ich, außerdem bist du genauso langweilig und genauso hoffnungslos verliebt wie sie. Irgendwann lernte sie nämlich einen hübschen Jungen kennen und verlor alles andere aus den Augen, genau wie du. Meine Erinnerungen an diese Zeit sind etwas verschwommen. Inzwischen hege ich den Verdacht, dass Aleya einige Zauber auf mich gewirkt hat, die mein Erinnerungsvermögen beeinträchtigen. Vermutlich damit ich nach meiner Zeit als ihr Eidolon nicht die Geheimnisse ihrer Familie ausplaudern konnte, falls es welche gab. Das macht es nicht gerade einfacher dir zu helfen. Jedenfalls, eines Tages, heiratete Beldaran einen jungen Hexer aus Vo Astur, für den sie schon seit langem schwärmte und was ihrer Mutter im ersten Moment nicht besonders gut gefiel. Der junge Mann sah gut aus und war abenteuerlustig, aber leider auch vollkommen unbegabt und um ein vielfaches schwächer als ihre Tochter, außerdem stammte er aus keiner sehr machtvollen Familie. Alles in allem eine Verbindung, für die Aleya nicht viel übrig hatte, denn sie respektierte nur eines: Stärke. Aber sie konnte nicht viel gegen die Entscheidung ihrer Tochter tun, also ließ sie es letztendlich auf sich beruhen und erlaubte die Hochzeit, damit nicht ewiger Hass zwischen ihr und ihrer Tochter herrschte. Aleya war sehr vernarrt in ihr einziges Kind und hätte alles für sie getan. Beldaran verschwand kurz nach der Vermählung mit ihrem neuen Mann, um mehr von Midgard zu sehen, als nur die grauen Mauern von Vo Astur. Aleya war damals sehr schockiert über diese Entscheidung und konnte sie nicht verstehen. Sie hatte den magischen und politischen Werdegang ihrer Tochter bereits bis ins kleinste Detail geplant, wollte sie sogar eines Tages zur Vorsitzenden des Rates der Dreizehn machen, der Vo Astur regiert. Ich habe sie noch nie so wütend erlebt, wie nach dem Verschwinden ihrer Tochter und sie hat, um sich abzureagieren, einen ganzen Wald eingeebnet. Außerdem nahmen die beiden Ausreißer viele Familienerbstücke mit, unter anderem diese beiden Pistolen, die angeblich von der Mondgöttin selbst erschaffen wurden.“
„Sie haben die Waffen also gestohlen?“ fragte Aleyandra schockiert. Ihre angeblichen Eltern waren Diebe? Großartig, das passte so gar nicht zu ihr und sie zweifelte immer mehr an dem Wahrheitsgehalt von Bel Chandras Geschichte.
„Nein, nein, Aleya verfolgte die beiden natürlich und holte sie auch irgendwann ein. Aber sie ließ sich von Beldaran überzeugen. Sie hielt es letztendlich sogar für das beste, die wichtigsten Erbstücke der Moraevion ihrer Tochter mitzugeben und überließ ihr alles freiwillig. Die Familienschätze, sollten schließlich bei der Familie sein, also bei ihrem einzigen, geliebten Kind und dessen neuer Familie, auch wenn Aleya es nur schwer akzeptieren konnte, dass die Zukunft der Moraevion außerhalb von Vo Astur lag.“
„Was wurde aus ihrer Tochter? Wo ist sie mit ihrem Geliebten hingegangen?“
„Das weiß ich leider nicht. Beldaran schickte ihrer Mutter hin und wieder eine Nachricht, um zu zeigen, dass es ihr gut ging. Etwa ein Jahr nach der Abreise von Beldaran, erhielten wir so eine Nachricht, in der sie davon berichteten, dass ihre kurze Reise bereits wieder zu Ende war und sie sesshaft werden wollten, sie war schon immer sehr sprunghaft gewesen. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte sie sich mit ihrem Mann in irgendeiner kleinen Stadt an der westlichen Küste niedergelassen und bereits ein Kind zur Welt gebracht. Ich weiß leider nicht mehr, um welche Stadt es sich handelte.“
„E-ein Kind? Du meinst doch nicht...war ich etwa dieses Kind? Könnte es sein, dass es in der Nachricht um mich ging?“
„Nein, denn das Kind, war ein Junge. Daran erinnere ich mich noch ganz genau, weil Aleya sehr glücklich darüber war. Sie sagte, es wäre ein gutes Zeichen, für die Kinder Serenas und wünschte ihnen noch viele Söhne, aber soweit ich weiß keine Töchter. Ich wünschte ich könnte mich daran erinnern warum, verflucht! Ich hasse Aleyas Magie! Jede andere Hexe auf dieser verdammten Welt, wäre niemals in der Lage gewesen mich so zu verwirren und auszutricksen, aber sie muss den Zauber gewirkt haben als wir...ähm, ich meinte...als ich abgelenkt war. Ich darf ja leider nicht mehr über unsere nächtlichen Abenteuer reden.“ schloss Bel Chandra beleidigt und beendete damit ihre Geschichte, mehr wusste sie nicht.
„Gab es danach noch andere Botschaften von ihrer Tochter? Vielleicht eine, die uns verraten könnte, wo sie sich heute aufhält und ob sie irgendwann eine eigene Tochter bekam? Wir ...“ Aleyandra brach verdutzt ab, als Bel Chandras Gesicht sich verdüsterte und sich so etwas wie Schmerz in ihren dunklen Augen abzeichnete „Was ist? Du siehst auf einmal so fertig aus, habe ich dich an etwas schlimmes erinnert?“
„Ja, das hast du. Denn es gab keine weiteren Nachrichten, zumindest keine, die ich noch lesen konnte. Aleya starb kurz nach der letzten Botschaft an einer schweren Krankheit, die sie schon seit vielen Jahren plagte und letztendlich zugrunde richtete. Danach löste sich meine Verbindung zu ihr und damit auch zu Vo Astur und ihrer Tochter. Ich weiß nicht was aus Beldaran und ihrem Mann wurde, oder wo sie sich jetzt aufhalten. Es tut mir leid, wenn du wirklich die Enkelin von Aleya Moraevion bist, dann hätte ich dir gerne geholfen.“ diesmal sagte Bel Chandra sogar die Wahrheit. Sie war nicht nur wegen Tigerius Drohungen Aleyandras neues Eidolon, sondern auch, weil sie Aleya vermisste. Die Zeit mit der Hexe, war die beste in ihrem ganzen unsterblichen Leben gewesen und wenn Aleyandra die Nachfahrin dieser Frau war, dann hatte sie Hilfe verdient, egal was sie bisher angestellt hatte. „Wirklich geholfen, hat es dir aber leider auch nicht. Ich kann dir nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob Beldaran wirklich deine Mutter war, aber es ist wahrscheinlich. Sie besaß die Pistolen, sie sah so aus wie du und...und mehr weiß ich leider nicht.“
„Ich danke dir Bel Chandra.“ erwiderte Aleyandra lächelnd, auch wenn es sich seltsam anfühlte mit ihrem zerstörten Gesicht zu Lächeln. Sie konnte ihr Eidolon jetzt tatsächlich etwas besser leiden. Dank Bel Chandra, kannte sie möglicherweise den Namen ihrer Mutter und würde Illusionszauber lernen, mit denen sie Naruz wieder für sich gewinnen konnte. „Es hat mir geholfen. Immerhin, kenne ich dank dir jetzt meinen Namen. Aleyandra Moraevion, aus Vo Astur. Das ist schon einmal viel Wert.“ ihr Lächeln verdüsterte sie sich wieder, als ihr eigentliches Problem sich wieder in den Vordergrund drängte sobald die Geschichte vorbei war. Mizore. Mizore und Shirayuki. „Ich...ich weiß trotzdem noch nicht, wie ich gegen Mizore und ihr Eidolon ankämpfen soll, selbst mit dem Illusionszauber. Sie sehen beide hinreißend aus und sind noch dazu zu zweit! Wie soll ich dagegen ankämpfen? Wie soll ich sie beide ausstechen? Das ist unmöglich!“
„Muss ich mir jetzt wirklich deine Beziehungsprobleme anhören? Ich dachte, ich bin dein Eidolon, um für dich zu kämpfen und dich zu beschützen und so weiter. Davon Kupplerin zu spielen hat Tigerius mir niemals etwas gesagt, also behalte deine bescheuerten Probleme für dich, du weißhaarige Nervensäge.“
„Das ist die Idee!“ Aleyandra war aufgesprungen und strahlte die verwirrte Elfe an. Plötzlich kam Bel Chandra sich etwas unwohl vor, denn Aleyandras Augen untersuchten neugierig jeden Zentimeter ihres Körpers. „Du kannst mir helfen! Du redest doch ständig davon wie unwiderstehlich du bist und wie toll du aussiehst und wie einzigartig du im Bett wärst!“
„W-was? Ich soll dir helfen? Und wie soll ich das deiner Meinung nach anstellen, kleine Nervensäge?“
„Ganz einfach, du musst nur das tun, was du sowieso schon die ganze Zeit willst: Spaß haben und zwar mit mir und Naruz, zusammen, naja, zumindest so etwas in der Art.“ Aleyandras strahlendes Grinsen fiel etwas in sich zusammen, als ihr aufging, was für einen Blödsinn sie gerade von sich gab. Sie klang fast schon so wie Bel Chandra, aber es war ein genialer Plan, so genial, das er für die meisten Leute einfach nur bescheuert wirken würde. „Du bist nicht nur das Eidolon der Schmerzen, sondern auch das der Lust, oder etwa nicht? Du hast Jahrhunderte an Erfahrung vorzuweisen, verglichen mit dir, sind Mizore und Shirayuki hässliche, langweilige Vogelscheuchen! Du kannst erreichen, dass er sie für immer vergisst, richtig? Wirst du mir helfen?“
„Das tue ich doch gerade, oder merkst du das nicht? Ich bringe die Magie bei, um wieder hübsch auszusehen und damit er sich nicht übergeben muss, sobald er dein Gesicht sieht.“
„Und dafür bin ich dir dankbar, aber ich...ich brauche noch mehr Hilfe von dir. Und zwar will ich...ich will...also...Mizore und Shirayuki, waren zu zweit, als sie Naruz verführten und ich dachte, dass wir auch...“ Aleyandra blickte betreten zu Boden, vor allem als Bel Chandra anfing lauthals zu Lachen „Ich dachte daran ihn gemeinsam zu verführen, so wie Mizore und ihr Eidolon es getan haben. Wir schleichen uns in sein Zimmer und legen uns einfach zu ihm ins Bett.“
„Oh, das kommt jetzt irgendwie ein wenig...überraschend.“ Bel Chandra grinste noch immer, hatte aber inzwischen wenigstens aufgehört zu lachen, zumindest für den Augenblick. Zum ersten Mal seit sie sich kannten, hellte sich Bel Chandras Miene auf und als sie weitersprach, zitterte ihre Stimme leicht vor Erregung. Endlich erhielt sie die Gelegenheit mit der Enkelin von Aleya zu schlafen! Ob sie genauso wunderbar war, wie die Hexe vor so vielen Jahren? Ein großartiges Experiment. „Du willst also doch mit mir schlafen? Wunderbar! Ich habe schon die ganze Zeit darauf gewartet. Es wäre mir natürlich lieber wenn du dich vor deinen Verletzungen dazu entschieden hättest, aber naja, ich werde es verkraften. Zum Glück gibt es ja Magie um dieses Problem zu lösen. Dich mit Naruz zu teilen ist natürlich auch nicht gerade perfekt, aber ich bin sicher er und ich können uns schon irgendwie einigen. Es da einige tolle...“
„W-w-w-was redest du da?“ Aleyandra wurde hochrot und stapfte zornig auf, um das Eidolon zum verstummen zu bringen. So war das ganze doch gar nicht gemeint! „Es war niemals die Rede davon, dass du mit mir oder Naruz schlafen sollst! Wie kommst du darauf, das ich so etwas jemals von dir verlangen könnte!? Das ist doch...das ist...das ist...falsch und und ähm...krank und du bist vollkommen durchgeknallt, wenn du glaubst, dass ich dich mit mir schlafen lasse! Wieso sollte ich so etwas tun? Wenn du noch einmal so einen Unsinn redest, rufe ich Tigerius und bitte ihn darum dich Perversling aufzufressen, damit du lernst, dass ich...“
„Schon gut, schon gut. Aber was um alles in der Welt meinst du dann?“
„Ich möchte, dass du mit mir zu Naruz gehst und dich zu uns legst, aber nur kurz. Nur solange, bis er Mizore und ihr Eidolon vergisst und wieder vollkommen mir gehört. Danach kannst du einfach verschwinden.“
„Ich soll...verschwinden?“ Bel Chandra klappte die Kinnlade herunter, als sie diese Frechheit hörte. Die Einladung zu einer Nacht voller Leidenschaft hätte sie toll gefunden, aber das hier, war einfach nur eine Beleidigung.
„W-wenn es nicht anders geht, kannst du auch noch ein paar Minuten bleiben, aber wie gesagt, du sollst nicht viel machen, außer kurz zeigen wie weit ich bereit wäre für ihn zu gehen und das ich kein bisschen eifersüchtig bin, immerhin würde ich ihn sogar mit dir teilen, naja, rein theoretisch, aber das muss er ja nicht wissen. Du...du darfst Naruz auch anfassen, aber nur ein bisschen und nur an seinen Schultern oder so, mehr nicht. Ich will nicht, dass du wirklich mit ihm schläfst, du sollst ihn nur davon überzeugen, dass ich es vollkommen in Ordnung finde, wenn er mit anderen Frauen schläft. Was zwar gelogen ist aber...das muss er ja auch nicht unbedingt wissen, eigentlich muss er sowieso gar nichts wissen. Hauptsache er verfällt mir und du hältst dich zurück. Am besten du machst einfach gar nichts, sondern zeigst dich ihm nur ganz kurz.“
„Ach? Hast du etwa Angst, dass er mich besser findet als dich und vergisst das du überhaupt da bist?“ als Aleyandra begann noch verlegener zu wirken und ihrem Blick auswich, musste Bel Chandra anfangen zu kichern, vielleicht war es doch ganz interessant mit ihrer neuen Herrin. „Uh, davor hast du wirklich Angst, aber das überrascht mich nicht, ich an deiner Stelle würde mich auch fürchten, wenn ich jemanden wie mich als Konkurrenz hätte, immerhin verliest du ja sogar gegen Shirayuki, die nichts weiter ist als ein lebloser Eiszapfen.“
„Vielleicht habe ich diese Angst, aber vielleicht auch nicht. Wir werden es niemals herausfinden müssen, denn du, wirst nicht mir Naruz schlafen.“
„Mhm, Naruz war der hübsche mit den seltsamen Augen und schwarzen Haaren, richtig?“ fragte Bel Chandra nachdenklich und versuchte sich das Gesicht dieses Naruz in Erinnerung zu rufen. Sie hatte ihn kurz gesehen, als sie beobachtete, wie er Aleyandra heilte. Ihre Herrin hätte ihr auch deutlich schlimmere Befehle geben können und mit etwas Glück, durfte sie vielleicht doch mehr machen als nur kurz auftauchen und wieder verschwinden. Als Aleyandra zögerlich nickte, begann Bel Chandra erwartungsvoll zu grinsen, das würde so viel Spaß bringen. Sie konnte Aleyandra den Freund ausspannen und ihre Botschafterin erlaubte es sogar noch, naja, mehr oder weniger. Wenn sie erst einmal mitmachte, würde Aleyandra sie schon nicht gleich rauswerfen, dafür würde sie sorgen. „Meinetwegen, auch wenn es mir lieber wäre, wenn ich bei dem eigentlichen Spaß dabei sein dürfte. Vielleicht könnte ich ja nur ganz kurz...“
„Nein, niemals. Ich befehle dir, Naruz nicht ohne meine Erlaubnis anzurühren und mich auch nicht. Du tust nur das, was ich dir sage und verschwindest, sobald er abgelenkt ist. Hast du das verstanden? Oder soll ich mich ein wenig mit Tigerius darüber unterhalten das ich deinetwegen fast gestorben bin? Immerhin ist es deine Schuld, dass Valerius Klauen mich erwischen konnten! Es ist nur gerecht, wenn du mir als Wiedergutmachung wenigstens einen winzigen Gefallen tust. Hast du das verstanden?“
„Spielverderberin...“ murmelte Bel Chandra enttäuscht und strich sich gelangweilt die langen, weißen Haare aus dem Gesicht, bedauerlich „Und ich hatte schon gehofft du bist endlich etwas lockerer geworden.“



Naruz lag alleine in seinem Bett und schlief. Sie übernachteten in einem kleinen Gasthaus nahe Navea und es war die erste Nacht ihrer Reise, die er alleine verbrachte. Mizore und Shirayuki brauchten etwas Zeit zu zweit und hatten ihn für einen Abend rausgeworfen, womit er aber erstaunlich gut leben konnte. Auch seine Ausdauer als Botschafter Gaias kannte Grenzen und eine Pause kam ihm gerade recht, bevor die beiden ihn noch umbrachten. Es war mitten in der Nacht, als er plötzlich spürte, wie etwas auf seine Schulter drückte. Blinzelnd öffnete er die Augen und riss sie sofort überrascht auf. „A-aleyandra? Was tust du hier? Du...“ Aber viel weiter kam er nicht, denn Aleyandras Anblick fesselte ihn zu sehr. Der Mond schien hell und tauchte das Zimmer in ein angenehmes Halbdunkel, in dem er das lächelnde Gesicht Aleyandras gut erkennen konnte. Sie war nicht mehr verletzt! Erst als er genauer hinsah, konnte er feine, silberne Linien und Runen auf ihrer rechten Gesichtshälfte erkennen. Sie überzogen die Haut des Mädchens und leuchteten im Mondlicht hell auf, auch wenn sie nur für ihn und sein besonderes Auge sichtbar waren. Der Zauber gefiel ihm. Er war nicht perfekt, aber Aleyandra hatte ihn mit sehr viel Leidenschaft und Hingabe gewirkt. Die silbernen Linien verliehen ihr etwas übernatürliches, etwas mystisches und als er an ihrem nackten Körper herunter sah, konnte er noch mehr dieser Linien entdecken. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er selber auch gar nichts an hatte und verwirrt starrte er Aleyandra an, die damit begann, näher an ihn heranzurücken und ihn aus ihren roten Augen anzustrahlen. Plötzlich spürte Naruz, wie sich etwas warmes, weiches von hinten gegen seinen Rücken drückte. Sofort drehte er sich halb um und erstarrte. Hinter ihm lag eine wunderschöne Elfe, mit langen weißen Haaren, die sogar noch heller waren als die von Aleyandra, und blaugrauer Haut. Sie lächelte ihn einfach nur an und presste sich fester an ihn. Ihre Brüste drückten gegen seinen Körper und er dachte schon, dass er jetzt endgültig den Verstand verloren hätte. Unsicher drehte er sich wieder zu der ungeduldig wartenden Aleyandra, die es gar nicht mochte, dass er sich ablenken ließ. „Ähm...wer ist das?“
„Darf ich vorstellen, Bel Chandra, die Kaiserin der Schmerzen und der Lust. Sie ist mein neues Eidolon und wird uns heute Gesellschaft leisten. Du darfst mit ihr tun, was immer du willst, denn unsere Seelen sind miteinander verbunden. Sie ist ich und ich bin sie, es gibt keinen Unterschied zwischen uns. Behandel sie einfach so, als wäre sie ich.“ flüsterte Aleyandra und versuchte dabei so verheißungsvoll zu klingen wie sie konnte. Ihre Hände strichen über seine Brust und als er den Klang ihrer Stimme hörte, ihren Duft einatmete und ihre Berührungen spürte, vergaß er die Elfe hinter sich. Im Licht des Mondes, war Aleyandra das wunderschönste Mädchen, dass er jemals getroffen hatte, es passte einfach zu ihr und ließ sie unvergleichlich wirken. Er hatte sie vermisst, auch wenn er versucht hatte es zu verbergen. Mehr als drei Monate war es inzwischen her, dass sie sich das letzte mal so begegnet waren und er konnte nicht anders, als sie zu küssen, lange und voller Verlangen, was Aleyandras Wangen sofort zum glühen brachte. „Ich weiß, was du in Demarech mit Mizore und Shirayuki getan hast. Ich habe es gesehen, als ich dir sagen wollte, dass es mir schon wieder besser geht. Ich wollte mich bei dir bedanken und mich für mein Verhalten entschuldigen. Wollte einfach nur, dass du mich kurz in den Arm nimmst und mir sagst das du mich vermisst hast, aber dann...dann fand ich dich mit ihnen und...“
„Aleyandra, es...“ er wollte etwas dazu sagen, sich vielleicht entschuldigen, oder darauf hinweisen, dass sie gar nicht mehr zusammen waren, aber Aleyandra versiegelte seine Lippen mit einem kurzen Kuss.
„Du musst nichts sagen. Ich verstehe es. Sie waren beide sehr hübsch und sicher auch aufdringlich. Ich nehme es dir nicht übel, dass du nicht widerstehen konntest, immerhin...“ sie schluckte nervös und zuckte zusammen, als er über die feinen, silbernen Linien in ihrem Gesicht strich. Sie hatte besonders viel Liebe in diesen Zauber gelegt, weil sie wusste, dass Naruz ihn sehen konnte. Den ganzen Tag hatte sie dafür gebraucht, nur, damit der Zauber ihm gefiel und es schien zu funktionieren. Seine Finger fuhren neugierig die silbernen Linien auf ihrem Körper entlang. „Immerhin war ich zu der Zeit hässlich und verletzt und du...du hast mit mir Schluss gemacht, aber niemals gesagt, dass du mich nicht mehr liebst. Ich jedenfalls...ich liebe dich noch immer und egal was du tust, egal wie sehr du mich verletzt, daran wird sich niemals etwas ändern. Selbst wenn du mit Hundert Mizore schläfst, werde ich dir jedes mal verzeihen und darauf hoffen, dass du deinen Weg zurück zu mir findest. Dämlich, nicht wahr?“ Aleyandra konnte nicht anders, als kurz ein paar Tränen zu vergießen, die er ihr zärtlich wegwischte, danach riss sie sich wieder zusammen. Wenn sie anfing zu heulen, würde er sich auch nicht in sie verlieben. „Du...du musst mich für schrecklich naiv halten, weil ich so viel Mist von mir gebe und auch noch daran glaube, aber...aber ich...naja, so bin ich leider und ich werde auch weiterhin an unsere Liebe glauben. Aber das ist im Moment alles nicht weiter wichtig. Wichtig ist nur, dass Bel Chandra und ich hier sind, um dir zu zeigen, wie sehr ich dich liebe und das ich meine Eifersucht überwunden habe. Glaubst du mir das?“ sie sah ihn erwartungsvoll und auch ein wenig ängstlich an. Naruz sagte gar nichts dazu, er hätte im Moment nicht wirklich gewusst, was er antworten sollte, also beugte er sich einfach wieder zu ihr vor und küsste sie noch einmal, diesmal länger und ohne wieder von ihr abzulassen. Aleyandras Augen weiteten sich im ersten Moment überrascht, als er sie tatsächlich nicht abwies, und dann, erwiderte sie seinen Kuss. Bel Chandra lag in der Zwischenzeit nur herum und wartete darauf, dass Aleyandra sie wegschickte, aber die war zu sehr abgelenkt. Naruz Hand wanderte langsam zwischen Aleyandras Beine und sie stöhnte zwischen den Küssen erwartungsvoll auf, es war alles wieder so wie es sein sollte und sie würden eine großartige Zeit miteinander haben. Doch plötzlich spürte sie etwas, das sie sogar von Naruz ablenkte und es schaffte, sie aus ihrer netten, kleinen Traumwelt zu reißen. Das durfte nicht passieren, schoss es ihr panisch durch den Kopf. Sie verlor langsam aber sicher die Kontrolle über den Zauber, die Magie entglitt ihren abschweifenden Gedanken. Alles an ihr konzentrierte sich auf Naruz, darauf endlich wieder bei ihm zu sein und von ihm geküsst zu werden, seine sanften Berührungen zu spüren. Neben diesem Feuerwerk aus überwältigenden Gefühlen, blieb in ihr kein Platz mehr, für den Zauber. Sie vergaß alles was Bel Chandra ihr beigebracht hatte, all ihr Wissen über Illusionsmagie löste sich in Luft auf und verpuffte einfach, bis nichts als Leere und vor allem Panik in ihr zurückblieben. Der Zauber entglitt ihren Gedanken, je länger Naruz sie berührte und ihr Herz zum rasen brachte, desto mehr verlor sie die Kontrolle über ihre Konzentration. Sie hätte daran denken sollen, dass es ihr schwer fiel, sich in Naruz Gegenwart zu konzentrieren.
„Ich brauche deine Hilfe! Lenke Naruz ab, egal wie, mach was immer du willst!“ dieser Gedanke schnellte zu ihrem Eidolon herüber und sofort begann Bel Chandra erwartungsvoll zu lächeln, von Langeweile war keine Spur mehr zu finden. Sie richtete sich ein wenig auf und ihre Hände drehten Naruz sanft in ihre Richtung. Aleyandra löste sich sofort von ihm und lächelte ihm aufmunternd zu, damit er sich ohne schlechtes Gewissen der schlanken Elfe zuwandte, die sofort begann ihn leidenschaftlich zu küssen, sie fiel fast schon über ihn her. Ohne sich groß um Aleyandra zu kümmern, saß das Eidolon auf Naruz. Eine seiner Hände strich immer wieder über ihre Brüste und die andere legte sich auf ihre Hüfte. Ehe Aleyandra etwas dagegen tun konnten, begannen die beiden ihr Liebesspiel und sie hatte zu viel Angst davor ihre Verletzungen zu zeigen, um sie aufzuhalten. Bel Chandra beugte sich über ihn, begann sich auf ihm zu bewegen und er erwiderte ihre Bewegungen. Die beiden wurden immer schneller und leidenschaftlicher, während er sie küsste und ihren Körper mit seinen Händen erkundete. Eigentlich wollte Aleyandra schon längst einschreiten, aber sie hatte andere Probleme. Von dem Illusionszauber war nicht mehr viel übrig, die ersten Wunden an ihrem Körper brachen schon wieder auf und ihr Gesicht begann damit sich zu verzerren. Als Aleyandra sich sicher war, dass die Elfe Naruz genug beschäftigte, kroch sie vorsichtig aus dem Bett, sammelte ihre Sachen ein und verschwand so schnell sie konnte aus dem Raum. Sie schloss die Tür hinter sich, um die lustvollen Geräusche, die Bel Chandra und Naruz von sich gaben nicht mehr hören zu müssen und presste ihre Kleidung ganz fest an sich. Schwer atmend lehnte sich Aleyandra an die Zimmertür. Sie stand kurz davor in Tränen auszubrechen, aber das hätte Naruz vielleicht gehört und das wollte sie nicht. Kurz fuhr sie sich mit der Hand über ihr Gesicht und letztendlich konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Immerhin gelang es ihr, ihr Schluchzen zu unterdrücken, um nicht das halbe Gasthaus aufzuwecken. Inzwischen war ihr Gesicht wieder eine einzige Ruine und ihr Körper bedeckt von den Narben und Verätzungen, genau wie vorher. Zum Glück konnte sie noch rechtzeitig entkommen, bevor er sie so sehen konnte. Aleyandras Faust krachte kurz gegen die Wand des Zimmers gegenüber und hinterließ einen kleinen Krater im Stein. Sie fragte sich, wie sie so dämlich gewesen sein konnte. Es war eine dumme Idee gewesen, von Anfang an nichts als Schwachsinn. Sie wollte doch nur versuchen, ihn von Mizore loszubekommen, indem sie mit der Tempelwächterin gleichzog. Wollte sie letztendlich sogar übertrumpfen und Naruz beweisen, dass ihre Liebe stärker war als ihre Eifersucht, das ihre Eifersucht der Vergangenheit angehörte, aber stattdessen, hatte sie alles nur noch schlimmer gemacht. Er hielt sie jetzt bestimmt für vollkommen durchgeknallt. Erst warf sie sich ihm um den Hals und versuchte ihn zu verführen, und dann verschwand sie einfach spurlos! Aleyandra zog sich langsam an, um zu verschwinden. Sie hätte sich wirklich von ihm fernhalten sollen, wenigstens das wurde ihr jetzt klar.
Zuletzt geändert von Vanidar am 12. Juli 2014 16:22, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Mimir
Praefectus Fabrum
Praefectus Fabrum
Beiträge: 4549
Registriert: 21. August 2011 14:37
Wohnort: Berlin
:
AAR-Schreiber Teilnahme an einem Contest

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 12. Juli 2014 16:14

27. Da-ahan-go, Da-ahan-go, Da-ahan-go, Daikazoku! (Öffnen)
Kapitel 27 – Da-ahan-go, Da-ahan-go, Da-ahan-go, Daikazoku!:


Aleyandra hatte sich gerade abgewandt, und wollte den Gang hinuntergehen, als sie hörte, wie hinter ihr die Tür zu Naruz' Zimmer ins Schloss fiel, und sie zuckte zusammen. Sie blieb einfach vollkommen still stehen, und traute sich nicht, sich umzudrehen.
„Wie ich sehe, hast du es dir anders überlegt.“ Aleyandra riss schockiert die Augen auf, als sie Naruz' Stimme erkannte, der ihr anscheinend aus dem Zimmer gefolgt war.
„N-naruz? W-was machst du hier?“ fragte sie nervös. Bel Chandra hatte sich doch lüstern auf ihn gestürzt! Wieso war er schon hier? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Elfe Naruz schon so früh gehen ließ, das passte nicht zu ihr.
„Du bist plötzlich verschwunden, da... da habe ich mir Sorgen gemacht.“ murmelte Naruz, während er immer näher kam.
„A-a-a-a-aber... d-d-du solltest doch...“ stotterte Aleyandra vor sich hin, und überlegte, wie sie Naruz von sich fernhalten konnte, er durfte sie keinesfalls so sehen! „W-w-warum bist du nicht bei Bel Chandra? Ihr schient euch gut zu verstehen, und ich kenne sie, ich bezweifle, dass sie dich so einfach gehen lässt.“ plapperte sie vor sich hin, während sie versuchte, einen Ausweg für sich zu finden.
„Sie war... hartnäckig.“ meinte Naruz, und lächelt schwach, die Elfe wollte ihn wirklich nicht gehen lassen, und hatte sich praktisch an ihm festgekrallt, als er versucht hatte, das Zimmer zu verlassen. „Aber ich konnte sie ablenken.“
„Ablenken? Wie denn das?“
„Sagen wir, ich schulde Serif einen Gefallen.“ In diesem Moment hörte man es im Zimmer poltern, und Serifs Stimme drang bis durch die Tür, zu ihnen hinaus.
„Ich habe es mir anders überlegt, Naruz! Ich will doch nicht! Hilfe! Rette mich, ich....aaaaaaahhhh!“
„Einen großen Gefallen.“ meinte Naruz, und überging das Geschrei einfach. Während er das sagte, kam er immer näher, und stand nun direkt hinter Aleyandra.
„Komm nicht näher!“ rief sie plötzlich panisch, und wollte davonlaufen, Naruz hinderte sie jedoch daran, indem er eine Hand auf ihre Schulter legte. „Bitte! Komme nicht näher, du... du darfst mich nicht so sehen!“ Aleyandra begann nun zu weinen, wovon Naruz sich jedoch nicht abhalten ließ, er legte auch seine zweite Hand, sanft auf Aleyandras Schulter, und drehte sie um. Aleyandra wusste nicht warum, aber sie ließ es geschehen, senkte jedoch den Blick, als sie Naruz Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.
„Aleyandra... das ist der Grund, warum du aus dem Zimmer verschwunden bist?“ fragte Naruz, mit sanfter Stimme, und Aleyandra nickte vorsichtig. Naruz führte eine Hand an ihr Kinn, und drückte vorsichtig ihren Kopf nach oben, ehe Aleyandra versuchen konnte, es zu verhindern.
„Nein! Naruz, ich...“ Aleyandra verstummte, als Naruz ihr das lange Haar vorsichtig aus dem Gesicht strich, und sie anlächelte.
„Ich hoffe, du denkst nicht, dass diese Verletzung dafür sorgt, dass ich dich anders sehe, als zuvor.“ meinte er, und strich ihr eine Träne von der linken Wange, während er sie fest in seine Arme schloss. „Dein Zauber war wunderschön.“ flüsterte er ihr ins Ohr, während sie einfach nur still dastand, und nicht wusste, was sie tun sollte. „Fast so schön wie du.“ fügte er hinzu, woraufhin Aleyandra sich verkrampfte.
„Wenn du dich über mich lustig machen willst...“ begann sie, verstummte jedoch, als Naruz sie ein wenig von sich drückte, so dass sie sein Gesicht sehen konnte. Er hatte eine vollkommen ernste Miene aufgesetzt, und sah sie entschlossen an.
„Aleyandra, du bist das schönste Mädchen, dass mir jemals begegnet ist, die Verletzungen, die irgendein Verrückter dir zugefügt hat, werden das gewiss nicht ändern.“ Sie würde ihm so gerne glauben, doch vor ihrem inneren Auge, sah sie immer wieder Naruz, wie er in Helonia mit Alesia schlief, oder in Demarech, mit Mizore und Shirayuki.
„Ach ja?“ fragte sie, und zwar weit bissiger, als sie es eigentlich geplant hatte. „Das sagst du nicht nur, um mich wieder ins Bett zu kriegen?“ fügte sie hinzu, und hätte sich am liebsten noch im selben Moment auf die Zunge gebissen. Eigentlich wollte sie ihn nicht so anfahren, immerhin hatte er ja sogar auf eine Nacht mit Bel Chandra verzichtet, um ihr zu folgen. Aber sie wollte noch immer nicht, dass er sie so sah. Naruz verzog zwar das Gesicht, bei ihren Worten, ließ sich jedoch nicht davonjagen.
„Was meinst du damit? Ich wollte nur sehen, wie es dir geht, ich habe mir wirklich Sorgen, um dich...“ Naruz brach ab, als er sah, wie sich erneut die Tränen in Aleyandras Augen sammelten. Plötzlich begann sie zu weinen, und schluchzte dabei so herzergreifend, dass Naruz überhaupt nicht wusste, was er tun sollte. So hatte er sie noch nie gesehen, und er konnte mit der Situation nicht wirklich umgehen.
„E-es ist alles meine Schuld.“ platzte es auf einmal aus Aleyandra heraus, und sie vergrub ihr Gesicht im Mantel, den Naruz sich übergeworfen hatte, bevor er sein Zimmer verlassen hatte.
„Was meinst du damit? Es ist doch nicht deine Schuld, dass...“
„Doch! Doch, ist es! I-ich habe dich verfolgt.“ gestand sie, leise flüsternd. „Als Nikodemus mir gesagt hat, dass du nach Demarech gehst, habe ich dafür gesorgt, dass mein neuer Auftrag mich ebenfalls dorthin führt.“ während sie das sagte, löste sie sich von Naruz, lehnte sich gegen die nahe Wand, und sank daran zu Boden. „Dadurch ist es erst zu meiner Verletzung gekommen. Du hast mir das Leben gerettet, und ich wollte mich dafür bedanken, also bin ich zu deinem Zimmer gegangen, aber als ich dann dich mit... mit dieser Mizore gesehen habe... da hat es... ich...“ Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, und begann noch lauter zu schluchzen. „I-ich will nicht, dass du mit Mizore schläfst.“ gestand sie schluchzend. „Ich weiß, was ich im Zimmer gesagt habe, aber die Wahrheit ist, dass es mir so sehr wehtut, dich mit anderen Frauen zu sehen! Ich dachte, ich könnte damit zurechtkommen, aber es geht einfach nicht! I-ich liebe dich, ich liebe dich einfach zu sehr, als dass ich es ertragen könnte! Die ganze Sache mit Bel Chandra war auch eine bescheuerte Idee, ich weiß nicht, wie ich überhaupt darauf gekommen bin! Ich weiß auch, was du damals in Navea gesagt hast, und ich weiß, dass du mich nicht mehr als deine Freundin siehst, aber... aber ich kann einfach nicht mitansehen, wie sie dich mir wegnimmt.“ Aleyandra verstummte, und schluchzte weiter vor sich hin. Jetzt war es vorbei, sie hatte Naruz alles gesagt, auch das, was sie eigentlich für immer für sich behalten wollte. Sie zuckte zusammen, als sich plötzlich etwas auf ihre rechte Schulter legte. Noch immer leise schluchzend, hob sie den Kopf, und sah nach links, dort saß Naruz, direkt neben ihr, und sah ihr in die Augen. Sein rechter Arm war um ihre Schulter gelegt, und er drückte sie fest an sich. Er legte seine Stirn auf ihre, und sie sah, dass echte Trauer in seinem Blick lag.
„Aleyandra... e-es tut mir leid, ich dachte, du wärst wütend auf mich, wegen der Sache in Navea, und dass du mich deswegen nicht mehr sehen willst, ich war schwach, und habe mich von Mizore verführen lassen, ich würde gerne sagen, dass ich dafür eine Ausrede habe, aber... aber das habe ich nicht.“
„Wovon redest du? Wir sind nicht mehr zusammen.“ meinte Aleyandra, und musste sich förmlich dazu zwingen, es auszusprechen.
„Ich weiß, aber... aber...“ Naruz schluckte, er wollte eigentlich nicht weiterreden. Es war ihm gerade eben so gelungen, Aleyandra aus seinen Gedanken zu vertreiben, und nun... nun war er kurz davor, einen großen Fehler zu begehen. „Ich liebe dich noch immer, Aleyandra, und das meine ich ernst. Ich will ehrlich mit dir sein, ich habe versucht, meine Gefühle für dich zu unterdrücken, aber es gelingt mir einfach nicht. Ich liebe dich, Aleyandra... aber ich weiß nicht, was ich tun soll. Ein Teil von mir wünscht sich, dass wieder alles so wird, wie es nach unserer Ankunft in Navea war, aber ein anderer Teil von mir, warnt mich davor, dass es das ganze nur noch schwerer machen würde, für uns beide.“ Naruz sah ihr noch eine Weile lang in die Augen, ehe er den Kopf abwandte, und gegen die Wand legte. „Ich habe einen großen Fehler gemacht, ich glaube, dass Mizore mittlerweile wirklich vorhat, mich zu ihrem festen Freund zu machen.“ Bei diesen Worten zuckte Aleyandra zusammen, warum musste er das jetzt sagen? „Aber... ich sehe, wie sehr es dich schmerzt. Ich... ich werde mit Mizore reden, und versuchen, sie davon zu überreden, die ganze Sache auf sich beruhen zu lassen. Und ich werde auch nicht mehr mit ihr schlafen.“
„W-w-was?“ fragte Aleyandra, und konnte kaum glauben, was sie da gerade hörte. „Du... du meinst das wirklich ernst?“ Naruz nickte.
„Ich habe doch gesagt, dass ich dich liebe, Aleyandra, ich will dich nicht leiden sehen, das war nie mein Ziel, bitte glaube mir. Wenn es dich so sehr stört, dass ich mit Mizore zusammen bin, werde ich mit ihr reden, das verspreche ich dir.“ Aleyandra legte glücklich ihren Kopf auf Naruz' Schulter, und klammerte sich an seinem Mantel fest. Eine Träne lief ihre Wange hinab, während sie den Blick auf Naruz richtete.
„Aber... ich bin vielleicht nicht mehr die Aleyandra, in die du dich verliebt hast, ich meine, du hast gesehen, wie ich... wie mein Gesicht aussieht. Was, wenn es nie mehr verheilt?“
„Es wird verheilen, keine Sorge.“ Aleyandra lächelte traurig.
„Wie kannst du dir da so sicher sein? Saeca meinte, dass es vielleicht...“
„Es wird verheilen, glaube mir, und wenn die Heiler der Kirche es nicht schaffen, werde ich eine Möglichkeit finden, dich zu heilen.“ meinte Naruz, mit erstaunlich ernster, und entschlossener Miene. Anstatt zu antworten, vergrub Aleyandra ihren Kopf in Naruz' Mantel. „Aleyandra? Was...“
„E-es ist nichts.“ flüsterte sie. „Bleib... bleib einfach eine Weile lang so sitzen, ja?“ Naruz antwortete nicht, er lächelte lediglich, und strich sanft durch Aleyandras Haar. So schliefen die beiden schließlich ein, im Gang des Gasthauses. Naruz hielt Aleyandra in seinen Armen, die mit einem fröhlichen Lächeln im Gesicht schlief, der Abend war doch noch besser gelaufen, als sie erwartet hatte.

Der gleiche Abend, Navea:

Bild


Lyaena sah sich nervös um, als sie das Restaurant betrat. Es war eines der teuersten in ganz Navea, und lag relativ nahe der Villa ihrer Familie, also würde man sie hier schon nicht überfallen, zudem hatte sie ja noch Teregions Schutzzauber, aber trotzdem war sie ein wenig unruhig. Wie konnte sie auch anders, nach dem Zwischenfall, vor Silberblatts Haus? Eben jener Zwischenfall, war auch der Grund, weshalb sie nun hier im Restaurant war, sie hatte am Morgen eine Einladung von Paolo Bladelli erhalten, der mit ihr sprechen wollte. Eigentlich hatte sie nicht wirklich Lust dazu, aber eine Einladung vom Oberhaupt der Bladelli Familie zu ignorieren, könnte womöglich dazu führen, dass die ganze Situation doch wieder eskalierte, und das wollte sie um jeden Preis verhindern. Lyaena zuckte zusammen, als vor ihr plötzlich eine Frau auftauchte, und ihre vier Leibwächter schoben sich sofort vor die Akashi, um sie zu beschützen. Die Fremde machte jedoch keinerlei Anstalten, die Akashi anzugreifen, im Gegensatz, sie kniete sich vor ihnen nieder, und senkte demütig das Haupt.
„Lady Akashi, es freut mich Euch zu sehen. Meister Paolo erwartete Euch bereits, aber ich muss darum bitten, dass Eure Leibwachen hier bleiben, bei mir. Was mein Meister mit Euch besprechen will, ist nur für Eure Ohren bestimmt.“ Lyaena musterte die Frau eine Weile, und riss überrascht die Augen auf. Die Frau hatte lange, rosafarbene Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, dazu hatte sie grüne Augen, und spitze Ohren, wie bei einer Alfar. Auf dem Kopf trug sie ein Kopfband, das irgendwelche Tierohren darstellen sollte, ansonsten trug sie nur sehr leichte Rüstung, die abgesehen von den wichtigsten Stellen kaum etwas bedeckte, und somit eine erhöhte Bewegungsfreiheit garantierte. Um ihre Schenkel waren Gürtel gewickelt, die von seltsamen, kleinen Wurfmessern gespickt waren.
„Ihr... Ihr seid ein Eidolon?“ fragte Lyaena schließlich, und die Fremde nickte. „Aber, wie ist das möglich? Die Bladelli haben keinen Botschafter der Gaia in ihren Reihen, und...“
„Verzeiht mir, Lady Akashi, ich will Euch nicht unterbrechen, aber mein Meister wartet, und ich verspreche Euch, er wird Euch die Frage beantworten. Ich möchte jedoch darum bitten, dass Ihr ihn nicht zu lange warten lasst.“ Lyaena zögerte kurz, schließlich wandte sie sich jedoch an ihre Leibwachen, und befahl ihnen, hier mit dem Eidolon auf sie zu warten. Diese sahen nicht besonders glücklich darüber aus, wagten es jedoch nicht, der Erbin des Hauses zu widersprechen. Also betrat Lyaena alleine den Speisesaal, und sah sich kurz um, ehe sie Paolo sehen konnte, der in der hintersten Ecke des Saals saß, und auf sie zu warten schien. Mit schnellen Schritten durchquerte Lyaena den Saal, und zog dabei immer wieder die Blicke der anderen Gäste auf sich. Sie trug ein teures, elegantes, schwarzes Kleid, und Ohrringe, an denen kleine, blaue Edelsteine befestigt waren, aber selbst in Wollhemd und Hose, hätte sie Blicke auf sich gezogen, immerhin war das hier ein Restaurant, in dem der Adel und die Reichen von Navea verkehrten, jeder hier wusste, wer sie war, und jeder hier wusste, wer Paolo war, weshalb die ganze Sache für die Gäste äußerst interessant war. Paolo erhob sich, mit einem Lächeln im Gesicht, als Lyaena sich näherte, und die Akashi hielt kurz, erstaunt inne. Der Bladelli trug ausnahmsweise keine Rüstung, sondern eine rote, verzierte Uniform, die Lyaena dank ihrer Ausbildung als Paradeuniform der Bladelli Familie erkannte. Dass Paolo diese, anstelle seiner Rüstung trug, zeugte schon von großem Respekt, den er ihrer Familie gegenüber zeigen wollte, soweit sie wusste, trug Paolo selbst zu Treffen mit dem Erzbischof, seine Templerrüstung. Der alte Bladelli verbeugte sich vor ihr, ehe er ihr den Stuhl sich gegenüber anbot, und ihn vorzog.
„Vielen Dank, Lord Bladelli.“ meinte Lyaena mit einem freundlichen Lächeln, und ließ sich nieder, dann wartete sie, bis Paolo sich ebenfalls gesetzt hatte, ehe sie fortfuhr. „Ich hoffe, Ihr musstet nicht zu lange auf mich warten, es hat eine Weile gedauert, bis ich meine Leibwachen davon überzeugen konnte, dass ich nicht ein Dutzend von ihnen brauche... aber letztendlich konnte ich doch nicht ohne reisen.“
„Aber nein, ich musste kaum auf Euch warten, Lady Akashi. Und macht Euch keine Sorgen, auch ich bin nicht ohne Leibwächterin hier, Ihr habt sie ja schon getroffen.“ Lyaena ging vorerst nicht darauf ein, sondern führte ein gewöhnliches Gespräch mit Paolo, über alle möglichen, belanglosen Themen, bis man ihre Bestellung aufgenommen, und ihnen das Essen gebracht hatte. Als es endlich auf dem Tisch stand, bat Paolo die Angestellten darum, sie alleine zu lassen, er würde sie rufen lassen, sollte es nötig werden. Kaum waren sie alleine, da lenkte Lyaena das Gespräch auch wieder in eine Richtung, die sie mehr interessierte.
„Ihr hattet vorhin Eure Leibwächterin erwähnt, damit meint Ihr bestimmt das Eidolon, dass mich empfangen hatte, nicht wahr?“
„Ganz genau, ihr Name ist Tsubaki, die Schweigsame Attentäterin.“
„Aber, wie kommt das? Soweit ich weiß, gibt es in Eurer Familie keine Botschafter der Gaia.“
„Das stimmt, Tsubaki ist noch mit niemandem eine Seelenverbindung eingegangen. Ich habe sie vor vielen, vielen Jahren getroffen. Damals trieb sie in Demarech ihr Unwesen, müsst Ihr wissen. Sie hat jede Nacht jemanden zum Kampf herausgefordert, und ihn oder sie getötet, immer auf der Suche nach jemandem, der sie endlich besiegen konnte. So kam es schließlich zu einem Duell zwischen uns. Es war ein harter und langer Kampf, aber am Ende habe ich gegen sie gewonnen. Bevor ich jedoch auch nur überlegen konnte, was ich jetzt machen sollte, hat sie sich schon vor mir hingekniet, und mir ewige Treue geschworen, als meine Dienerin und Leibwächterin. Wie sich herausstellte, hatte sie seit Jahrzehnten nach jemandem gesucht, den sie als ihren Meister akzeptieren konnte, bis sie letztendlich auf mich traf. Seither dient sie mir und meiner Familie als Leibwächterin.“
„Oh, ich verstehe, damit hätte ich nie gerechnet.“ meinte Lyaena erstaunt, sie wusste bisher gar nicht, dass Eidolons auch jemandem dienen konnten, ohne dass dieser Jemand ein Botschafter der Gaia war. Eine Weile lang schwiegen sie, doch schließlich legte Lyaena ihre Stäbchen zur Seite, und stellte Paolo die Frage, die ihr am wichtigsten war. „Lord Bladelli, warum habt Ihr mich eingeladen? In Eurer Einladung stand kein Grund, lediglich, dass Ihr mit mir reden wolltet. Worum geht es?“ Auch Paolo hörte nun auf zu essen, und trank kurz einen Schluck Wein, ehe er antwortete.
„Aber natürlich, verzeiht mir, dass ich Euch so lange warten ließ, Lady Akashi. Ich habe Euch eingeladen, weil ich mich bei Euch entschuldigen wollte, im Namen der Bladelli Familie. Ich wollte mich entschuldigen, und zwar für Lucas Verhalten, ich weiß, was er getan hat, und ich muss gestehen, es ist teilweise meine Schuld. Mir war bewusst, wie sehr Luca die ganze Situation zu schaffen machte, und doch habe ich ihn einfach unbeaufsichtigt gelassen, so dass er frei war, zu tun und zu lassen, was er will. Er hat Eurer Familie große Schmerzen bereitet, das weiß ich, und dafür will ich mich entschuldigen.“ Lyaena war überrascht, damit hatte sie nicht gerechnet, eigentlich hatte sie erwartet, dass Paolo mit ihr über Silberblatt reden wollte, ob sie etwas wusste, dass den Großmeister der Kinder Gaias belasten könnte, aber Paolo schien überhaupt nicht an Teregion zu denken. „Der Tod von Marius hat Luca ziemlich hart getroffen, müsst Ihr wissen, er war einer der wenigen... nein, der einzige Bladelli, dem es gelang Luca als echtes Mitglied der Familie zu sehen, ohne sich von der Vergangenheit beeinflussen zu lassen. Dazu kommt noch der Hass, den Luca gegenüber Silberblatt und der Akashi Familie verspürt, alles in allem eine hochgefährliche Mischung, die ich lange genug ignoriert habe, das ganze ist also gewissermaßen meine Schuld.“
„Ich habe bis vor kurzem noch nie von einem Luca Bladelli gehört, und ich hatte eigentlich gedacht, dass Eure Enkelin die Erbin Eurer Familie ist.“ Paolo lächelte schwach.
„Das könnte daran liegen, dass Lucas Existenz bis vor kurzem noch ein Geheimnis war, von dem nur der Erzbischof, Hochgeneral Andre, Ser Gus und ich wussten. Luca Bladelli ist der Cousin von Anya, seine Mutter... seine Mutter war Erica Bladelli, ein schwarzer Fleck, in der Geschichte unserer Familie.“
„Was meint Ihr damit? Und warum hasst dieser Luca Teregion, und meine Familie?“ Paolo zögerte kurz.
„Könnt Ihr mir versprechen, dass Ihr das, was ich Euch erzähle, niemandem verraten werdet? Selbst Eurem Verlobten nicht?“ Lyaena nickte.
„Ich werde es niemandem verraten... nicht einmal Teregion.“
„Gut... dann werde ich Euch davon erzählen. Der Grund, warum er Silberblatt hasst ist der, dass die beiden sich ziemlich ähnlich sind. Habt Ihr schon einmal vom Blutenden Turm gehört?“
„Nicht viel, ich weiß nur, dass es eine Art Dämonenkult war, den Ihr vor zehn Jahren zerschlagen habt.“
„Das stimmt teilweise. Lange Zeit war der Blutende Turm ein Verbündeter der Kirche, bis er von zwei mächtigen Magiern übernommen wurde, welche die Kirche verraten hatten, und den Turm auch gegen uns ins Feld ziehen ließen. Diese beiden Magier waren... Erica Bladelli, und ihr zweiter Ehemann. Meine eigene Tochter, hatte die Kirche verraten. Ihr zweiter Ehemann war übrigens nur Lucas Stiefvater, seinen richtigen Vater, hatte Erica ermordet, ungefähr sechs Jahre, nachdem ihr Sohn geboren wurde. Der Grund dafür war, dass Luca sie enttäuschte, abgesehen von einigen schwachen Heilzaubern, konnte Luca keine Magie wirken, obwohl er massenweise magisches Potenzial hatte. Das war übrigens noch bevor sie den Turm übernommen hatte. Kurz darauf heiratete sie erneut, und sie bekam ein zweites Kind, Lucas Halbbruder. Im Gegensatz zu Luca war schon früh klar, dass aus diesem neuen Kind schon bald ein sehr mächtiger Magier werden würde, weshalb er sofort einer harten, brutalen Ausbildung unterzogen wurde, zumindest war es so geplant gewesen. Um seinem kleinen Bruder das ganze zu ersparen, hat Luca sein bestes gegeben, und eine eigene Art der Magie erfunden... Ihr habt sie bereits aus nächster Nähe erlebt. Lucas neuer Zauber beeindruckte Erica, soweit, dass sie sich dazu bereit erklärte, seinen kleinen Bruder eine etwas... sanftere Ausbildung zu geben, allerdings nur solange Luca sich auch als nützlich erweisen konnte, sollte er sich doch noch als nutzlos entpuppen, würde man sich sofort wieder auf den Bruder konzentrieren. Bevor Luca jedoch wirklich die Chance dazu hatte, sich als nützlich zu erweisen, bekam ich einen anonymen Tipp, über die Machenschaften meiner Tochter, zu diesem Zeitpunkt hatte sie nämlich den Kult übernommen, und bereits einige hochrangige Kirchenmitglieder ermordet. Was nun kommt, wisst Ihr bereits, ich habe den Kult zerschlagen, und... und meine eigene Tochter getötet, ebenso wie ihren Ehemann. Leider war es damit für Luca nicht vorbei, er war als Sohn einer Verräterin gebrandmarkt, und man befürchtete, dass er eines Tages den Kult seiner Mutter wieder ins Leben rufen würde, um sich zu rächen. Eigentlich wollte man ihn hinrichten... aber die Kirche erkannte, dass er sich trotzdem noch als nützlich erweisen könnte, und hatte ihm ein Angebot gemacht. Wenn er der Kirche zehn Jahre lang treu diente, würde man ihn, und seinen Bruder, wieder innerhalb der Kirche akzeptieren, und sie müssten nicht länger fürchten, als Kinder von Verrätern hingerichtet zu werden. Luca akzeptierte das Angebot, und sein Bruder wurde meiner Obhut übergeben, damit ich ihn irgendwo verstecken konnte, wo er fernab von alledem aufwachsen konnte.“ Lyaena schwieg eine Weile, sie wusste nicht ganz, wie sie reagieren sollte. Eigentlich hätte sie nicht erwartet, dass dieser Luca so eine komplizierte Vergangenheit hatte, dafür hatte er einen zu... arroganten und lockeren Eindruck gemacht.
„Wann werden diese zehn Jahre vorbei sein?“ fragte sie schließlich.
„Das sind sie bereits, er ist sofort nachdem der Kult zerschlagen wurde, in den Dienst getreten.“
„Oh... und was hat er so für die Kirche gemacht?“
„Er verbrachte die letzten zehn Jahre in Nord-Midgard, und hat sich an Überfällen auf die Alfar beteiligt. Habt Ihr schon einmal vom Überfall auf die Werft nahe Muspelheim gehört?“ Lyaena nickte.
„Das war einer der größten Erfolge, die unser Reich jemals erzielt hatte, eine der größten Werften der Alfar wurde vollständig vernichtet, zusammen mit einem Dutzend Schiffen, die dort kurz vor der Fertigstellung standen.“
„Ihr habt recht, es war einer unserer größten Erfolge... und der erste, große Auftrag, den Luca im Dienst der Kirche ausgeführt hatte.“
„W-was? Aber das war vor neun Jahren! Dieser Luca ist doch bestimmt noch nicht einmal so alt wie Teregion, damals muss er...“ Lyaena verstummte, als sie den traurigen Blick in Paolos Gesicht sah.
„Und wieder habt ihr recht, Luca war damals gerade einmal vierzehn Jahre alt. Seit seinem dreizehnten Lebensjahr, hat Luca nichts anderes gemacht, als Leben auszulöschen, er ist der Meinung, dass es das einzige ist, was er kann. Nach einer Weile spürte er nichts mehr, wenn er ein Leben beendete, und es dauerte nicht mehr lange, bis Mord und Zerstörung, zu etwas alltäglichem für ihn wurden. Bei den Alfar kennt man ihn noch immer unter der Bezeichnung, 'der Blutrote Todesengel'. Gerüchten zufolge hat er innerhalb der zehn Jahre über eintausend Alfar getötet. Als seine Dienstzeit beendet war, und er endlich nach Navea kommen konnte, war er heilfroh, und glücklich, er dachte, dass er nun endlich ein ruhiges, gemütliches Leben führen könnte, fernab von Tod und Verwüstung. Das daraus nichts wurde... nun ja, das habt Ihr sicherlich selbst bemerkt.“
„Und sein Hass auf meine Familie? Und auf Teregion?“
„Wie ich bereits sagte, die beiden sind sich sehr ähnlich, und Luca hasst Menschen, die ihm ähnlich sind, und denen es besser geht als ihm. Denn im Gegensatz zu ihm, wird Teregion von der Kirche und den Akashi akzeptiert, von manchen sogar gefeiert. Er ist der Sohn eines Verräters, und doch hat er alles, was man sich nur wünschen kann, einen hohen Rang innerhalb der Kirche, eine wunderschöne Frau, die ihn liebt...“ bei diesen Worten lief Lyaena kurz rot an, aber Paolo ignorierte es, und sprach einfach weiter. „... und eine Vaterfigur, die ihn akzeptiert und respektiert. Luca verabscheut solche Menschen, er kann nicht damit leben, dass es Teregion besser ergeht als ihm, obwohl sie sich doch so ähnlich sind. Sein Hass richtet sich auch auf die Familie, die es wagt, einen solchen Verräter zu akzeptieren, und besser zu behandeln, als er es erlebt hat.“
„Moment! Wollt Ihr damit etwa sagen, dass Teregion... dass Teregions Vater, ein Verräter ist?“ fragte Lyaena entsetzt, und riss die Augen auf.
„Wie bitte? Wollt Ihr mir etwa sagen, dass Ihr davon noch nichts wusstet?“ Paolo sah ziemlich überrascht aus, er hatte eigentlich gedacht, dass Silberblatt seiner Verlobten zumindest so viel erzählt hatte.
„Nein, davon habe ich noch nie etwas gehört, und ich kann es auch nicht glauben! Teregion würde mir doch nie so etwas vorenthalten!“
„Ich kann Euch da leider nicht weiterhelfen, ich weiß nicht, warum er Euch nichts gesagt hat, er wird schon seine Gründe haben. Wenn Ihr mir nicht glaubt, fragt Silberblatt selbst, oder fragt Euren Vater, der hat ihn immerhin aufgenommen, obwohl er davon wusste. Er hat sogar Eure Verlobung mit ihm akzeptiert, er vertraut Silberblatt, trotz des Verrats, den sein Vater begangen hat.“
„Was hat sein Vater denn getan?“ Lyaena war sich noch immer nicht sicher, ob sie den Worten Paolos glauben sollte, andererseits, warum sollte er Lügen?
„Das kann ich Euch leider nicht sagen, das ist etwas, dass Silberblatt Euch selbst erzählen muss. Wie auch immer, das ist also der Grund, warum Luca Silberblatt, und die Akashi verabscheut. Außerdem gibt er Teregion nun die Schuld daran, dass er wieder töten musste.“
„Ach ja? Das schien ihn ja nicht sonderlich zu stören, im Gegenteil, er sah ziemlich froh darüber aus, endlich wieder Blut vergießen zu...“ Lyaena brach ab, als sie den kalten, strengen Blick des Bladelli sah.
„Ich kann Eure Abneigung gegenüber Luca verstehen, aber ich werde nicht zulassen, dass Ihr über ihn redet, als wäre er irgendein blutrünstiges Monster, das hat er nicht verdient.“
„Aber er ist...“
„Er ist das, was die Kirche aus ihm gemacht hat.“ meinte Paolo, und damit schien das Gespräch für ihn beendet zu sein. Langsam erhob er sich, hob jedoch die Hand, als auch Lyaena Anstalten machte, aufzustehen. „Nein, bleibt ruhig sitzen. Ich werde für uns beide bezahlen... es tut mir leid, dass ich förmlich vor Euch flüchte, nachdem ich Euch eingeladen habe, aber ich habe noch ein wichtiges Treffen mit Hochgeneral Andre vor mir.“
„Oh... ich verstehe.“ sagte Lyaena nur, vermutete aber, dass sie Paolo irgendwie verärgert hatte, und er jetzt nur eine Ausrede suchte, um sie sitzen zu lassen.
„Es tut mir wirklich leid, und ich will nicht respektlos erscheinen, aber es ist wirklich wichtig.“ Paolo verbeugte sich kurz, zögerte dann jedoch, ehe er ging, und fügte noch etwas hinzu. „Wenn Ihr... wenn Ihr noch immer denkt, dass Luca nichts weiter ist, als ein kaltblütiger Mörder, würde ich Euch empfehlen, ihn zu besuchen, Ihr würdet überrascht sein, falls er Euch überhaupt vorlassen würde.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, verließ Paolo das Restaurant, und ließ eine Lyaena zurück, die jetzt erst einmal alles, was sie gehört hatte, verarbeiten musste.

Der nächste Tag, Gasthaus nahe Navea:

Bild


Naruz wachte davon auf, dass ihn jemand sanft an den Schultern rüttelte, und als er die Augen öffnete, blickte er direkt in das Gesicht von Mizore, die ihn aus großen Augen anstarrte.
„Guten Morgen, Naruz.“ begrüßte sie ihn, mit einem freundlichen Lächeln, während ihr Blick nach rechts wanderte, dort schlief Aleyandra noch immer friedlich an seiner Schulter.
„Oh... hallo Mizore.“
„Gibt es einen Grund, warum du nicht in deinem Zimmer schläfst?“
„Ja, dort war eine... leicht verrückte Elfe, die Serif angefallen hat, und ich wollte die beiden nicht stören.“
„Was?“
„Nicht so wichtig, vergiss es... hör mal Mizore, es ist gut, dass du hier bist, ich... ich muss mit dir reden.“ Mizore hob fragend eine Augenbraue, und Naruz holte einmal tief Luft, ehe er Mizore die ganze Sache erklärte, und sich dabei alle Mühe gab, Aleyandra nicht als Stalkerin dastehen zu lassen, was sich als ein wenig schwierig entpuppte. Während seiner Erklärung hatte Mizore sich vor ihm in den Schneidersitz gesetzt, und hörte ihm geduldig zu, als er schließlich endete, sah sie ihn eine Weile lang nachdenklich an, ehe sie reagierte.
„Also, habe ich dich richtig verstanden? Du hast dich mit dieser Aleyandra hier getrennt, aus Gründen, die du mir nicht nennen willst, richtig?“
„Genau.“
„Aber sie liebt dich noch immer... und du liebst sie.“
„Mizore, es tut mir leid, ich weiß, wie es für dich aussehen muss...“
„Als wenn du mich nur dazu benutzt hast, um deine Freundin hier zu vergessen?“ Naruz biss sich auf die Lippe, und nickte. „Es sieht vielleicht wirklich so aus... aber es ist auch meine Schuld.“ Mizore seufzte, und kratzte sich am Kopf. „Ich dachte eigentlich, dass du mit ihr Schluss gemacht, und sie vergessen hattest, ich dachte, du wärst... nun ja, frei, um es so auszudrücken.“
„Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen kann, Mizore, es tut mir wirklich leid... aber ich liebe Aleyandra, und ich will sie nicht verletzen, deshalb... deshalb kann ich nicht mit dir zusammen sein. Du wirst mich jetzt wahrscheinlich hassen, aber...“
„Was? Warum sollte ich dich hassen? Du fühlst dich schuldig, wegen Aleyandra, und willst eine Weile warten, um ihr Zeit zu geben, die Situation zu verstehen, bevor wir beide zusammen sein können. Ich kann verstehen, dass du ein wenig Zeit brauchst.“
„Richtig, ich... Moment, was? Mizore, so...“
„Das trifft sich übrigens ziemlich gut, ich wollte nämlich auch mit dir reden.“
„Mizore...“
„Mich hat eben gerade eine Nachricht von meiner Mutter erreicht, ich soll so schnell wie möglich zu meinem Tempel zurückkehren, deshalb muss ich schon vor dir aufbrechen, es könnte also eine Weile dauern, ehe wir zwei uns wiedersehen können, ich denke, das dürfte ausreichen, um die Sache mit Aleyandra zu klären.“
„Hör mir doch bitte zu! Ich meine damit eigentlich, dass wir...“
„Ich muss jetzt gehen, ich wünsche dir alles gute dabei, die Sache so schnell wie möglich zu klären, damit wir endlich zusammen sein können...ich...“ Mizore schüttelte nur den Kopf, anstatt weiterzusprechen, und küsste Naruz kurz auf die Stirn. „Vergiss es, es ist nicht wichtig. Wir sehen uns bestimmt bald wieder, bis bald, Naruz!“ Mit diesen Worten sprang Mizore auf, und ging den Gang hinunter, wobei sie Naruz ignorierte, der noch immer versuchte, ihr zu erklären, dass er es eigentlich für besser hielt, wenn sie gar nicht erst zusammen wären, und dass die ganze Situation, eher auf einem Missverständnis, und Mizores falscher Interpretation des Worts 'Gefallen' beruhte, aber es war zu spät, Mizore war bereits verschwunden, und Aleyandra klammerte sich im Schlaf noch immer an Naruz fest, wodurch es ihm unmöglich war, die Schwerttänzerin zu verfolgen. Er legte den Kopf nach hinten, und seufzte. Gut, fürs erste würde das hier reichen, sobald er Mizore wiedertraf, würde er ihr die ganze Sache richtig erklären, und ihr alles klar und deutlich erklären.

Sechs Stunden später ritten Naruz, sein Team, Teleya, Saeca und Aleyandra gemeinsam durch die Tore von Navea. Aleyandra hatte inzwischen wieder ihren Illusionszauber gewirkt, weshalb Naruz es kaum lassen konnte, den Blick von ihr abzuwenden, und immer wieder die Runen und Symbole betrachtete, die sich über ihr Gesicht schlängelten. Saeca und Aleyandra teilten sich ein Pferd, während Teleya Akashi mit Anya ritt. Die beiden hatten sich in der Nacht zuvor schon ein Zimmer geteilt, und Anya schloss das niedliche, kleine Mädchen immer mehr ins Herz, zu sehr, für Victorias Geschmack. Ihre Freundin schien vollkommen zu vergessen, dass gerade ihre größte Rivalin zurückgekehrt war, und dass diese gerade dabei war, Naruz' Herz zurückzugewinnen. Je eher sie die Akashi bei ihrer Familie abliefern könnten, desto besser wäre es, dachte Victoria, während sie sich durch die Straßen Naveas manövrierten. Während Naruz Aleyandra verträumt anstarrte, ging er im Kopf noch einmal das Gespräch von gestern Nacht durch. Er hatte jedes einzelne Wort ernst gemeint, auch, dass er versuchen würde Aleyandra zu heilen, falls sich hier in Navea keine Möglichkeit dazu fand. Immerhin sah er ja deutlich, wie sehr Aleyandra unter ihrer Entstellung litt, und wenn er etwas tun konnte, damit sie sich wieder besser fühlte, würde er sein bestes geben. Aber da war auch schon das Problem, er hatte noch immer keine Fortschritte im Gebrauch von Magie gemacht, also wusste er nicht, wie er sein Versprechen einhalten sollte. Vielleicht könnte er ja Aynaeth um Hilfe bitten, immerhin war diese ja die mächtigste, lebende Hexe ihrer Zeit... wo er gerade an Aynaeth dachte, Naruz machte sich ein wenig Sorgen um sie. Immerhin war sie nun schon über einen Monat vollkommen alleine in der Villa gewesen, wenn man von den Dienern und Paolo absah, die sich dort mit ihr aufhielten. Irgendwie befürchtete Naruz, dass die Hexe sich verlaufen, und in einer Ecke des Hauses verhungert war. Dann fiel ihm jedoch ein, dass sich ja ihre Schwester noch immer in Navea aufhielt, die würde schon dafür gesorgt haben, dass Aynaeth den Monat unbeschadet überstanden hatte. Plötzlich hielt Aleyandra ihr Pferd an, woraufhin auch Naruz stoppte, und sie fragend ansah.
„Was ist los, Aleyandra?“ fragte er, und sie sah zögernd zu ihm hinüber, fasst dann jedoch einen Entschluss. Sie hatte es schon zu lange aufgeschoben, Saeca hatte ihr das Leben gerettet, es war an der Zeit, jetzt etwas für die junge Armani zu tun, und sie Analisa treffen zu lassen, vielleicht konnte diese ja das Schwert reparieren.
„Tut mir leid, dass ich schon gehen muss, aber es gibt da jemanden, den Saeca unbedingt treffen muss, und dann muss ich auch noch Silberblatt von meinem Auftrag berichten, ich hoffe, du verstehst das.“
„Oh, ja... ja, natürlich, mach dir keine Sorgen. Wir müssen die junge Lady Akashi eh noch nachhause bringen, und dann muss ich selber Bericht erstatten. Ich habe noch in Demarech einen Brief erhalten, dass ich dem Erzbischof persönlich erzählen soll, was ich gesehen habe, anscheinend ist die Sache wirklich ziemlich ernst.“
„Gut, dann... dann sehen wir uns später.“
„Ja, das werden wir... auf Wiedersehen, Aleyandra.“
„Auf Wiedersehen, Naruz.“
„Tschüss, Naruz-Senpai, und vielen Dank nochmal, für deine Hilfe!“ rief Saeca fröhlich, und winkte Naruz zum Abschied, während Aleyandra ihr Pferd in Richtung Handwerkerbezirk lenkte. Naruz seufzte kurz, während er Aleyandra nachsah, lenkte sein Pferd dann jedoch an die Seite von Anya und Teleya.
„Anya? Würde es dir etwas ausmachen, Teleya nachhause zu bringen, zusammen mit Victoria und Nikodemus? Ich werde schon einmal zum Erzbischof gehen, je eher ich da bin, desto besser.“
„W-was? Achso, ja, natürlich. Ich werde es machen, du kannst dich auf mich verlassen.“ meinte Anya, und nickte.
„Gut, vielen Dank, Anya. Wir sehen uns dann nachher in der Villa.“ meinte Naruz, mit einem Lächeln im Gesicht, und ritt davon, wodurch sein Team mit Teleya alleine zurückblieb. Teleyas Blick wanderte hoch zu Anyas Gesicht, die fröhlich lächelte, stolz darauf, sich mit Naruz unterhalten zu haben, ohne ihn anzuschreien, oder irgendetwas merkwürdiges zu sagen.
„Du magst ihn, oder?“ fragte Teleya plötzlich, und Anya lief rot an.
„W-was? Wovon redest du, i-ich weiß nicht, wovon...“
„Ja, sie mag ihn, sie hat nur Schwierigkeiten, es zuzugeben.“ meinte Victoria, und unterbrach Anyas Gestammel. Teleya nickte wissend.
„Das habe ich mir schon gedacht, ich kenne Leute wie sie, habe sowas schon ein paar mal gesehen.“
„Ach ja? Weißt du auch, wie man es... na ja, heilen könnte?“ Teleya legte bei der Frage den Kopf ein wenig schief, und schien ernsthaft darüber nachzudenken.
„Hm, ich weiß nicht ganz. Am besten sorgt man mal dafür, dass die beiden einen Abend lang alleine sind, und sich unterhalten können... ich will meinen Retter ja gar nicht beleidigen, aber er sah nicht so aus, als wenn er in diesen Sachen besonders bewandert ist, und dass es eine Weile dauern könnte, ehe er merkt, dass Tante Anya auf ihn steht.“
„T-tante Anya?“
„Wenn sie nun aber alleine sind, dann wird nach einer Weile sogar er merken, dass sie Gefühle für ihn hegt!“
„Das hatte ich mir auch schon gedacht, aber leider funktioniert es nicht, sie wird immer wütend, und läuft weg, das ist eine Art Abwehrreaktion, verstehst du?“
„Oh, ja, ich verstehe... hm, vielleicht könnte man sie in ein kleines Zimmer sperren, damit keiner von ihnen abhauen kann?“
„Das... das ist eine gute Idee!“ meinte Victoria, und schien sichtlich beeindruckt zu sein, vom Einfallsreichtum der kleinen Akashi.
„Ich weiß nicht, das erscheint mir ein wenig übertrieben.“ murmelte Nikodemus, zuckte jedoch zusammen, als er den vernichtenden Blick bemerkte, den Victoria ihm zuwarf. „Schon gut, ich sage ja schon gar nichts mehr.“
„Was meinst du, Teleya, wo sollten wir sie einsperren?“
„Hm, wie wäre es, mit einem Lagerraum? Also einem kleinen Lagerraum, oder vielleicht auch eine Sauna, das...“
„Bitte, lasst uns nicht darüber reden!“ rief Anya, und verfluchte Naruz dafür, dass er sie hier zurückgelassen hatte.

Naruz selbst hatte keine halbe Stunde später sein Ziel bereits erreicht, und stand im Thronsaal des Erzbischofs, jedoch war nicht nur Belenus anwesend. Neben ihm standen Ser Gus, Hochgeneral Andre, und Großmarschall Paolo Bladelli, so wie ein älterer, blonder Mann, den Naruz als Vater von Salvatore Doni erkannte. Der Inquisitor hatte sich gerade vor den Anwesenden verbeugt, als der Hochgeneral auch schon das Wort an ihn richtete.
„Inquisitor Naruz, wir haben Euren Bericht gelesen, er war recht eindeutig, weshalb wir keine weiteren Fragen an Euch haben.“ Naruz blinzelte verwirrt, damit hatte er nicht gerechnet.
„Was? Aber, ich dachte...“
„Ihr braucht nicht zu denken, wir übernehmen das für Euch. Die Alfar haben die Forscher entführt und getötet, und sie stehen im Dienste des Schattenritters, mehr brauchen wir nicht zu wissen, Ihr habt Euren Auftrag erfolgreich erfüllt.“
„Dann wisst Ihr also schon vom Schattenritter? Was hat es mit diesem Mann auf sich?“
„Das kann ich Euch leider nicht sagen, diese Information, ist nicht für Männer Eures Rangs gedacht, tut mir leid. Ihr braucht nur wissen, dass er ein gewissenloser Mörder ist, und dass Ihr froh sein könnt, noch am Leben zu sein.“
„Und wie steht es mit diesem anderen Typen, der da war? Diesem Dârthallion?“ Andre warf kurz einen fragenden Blick zu Belenus, der nur kurz nickte.
„Nun gut... die Informationen über Dârthallion val Urûsec, kann ich mit Euch teilen. Er ist bereits ein sehr alter Alfar, er hat während der Rebellion in Nord-Midgard gekämpft. Er war einst ein angesehener Forscher, der das Vertrauen der königlichen Familie genoss... bis sich herausstellte, dass er einige zweifelhafte Experimente durchführte, unter anderem an Mitgliedern der königlichen Familie. Dafür wurde er eingesperrt, und sollte eigentlich hingerichtet werden, die Rebellen befreiten ihn jedoch, und er kämpfte fortan für die Republik. Nachdem die Rebellion vorbei war, wurde er zum leitenden Forscher der Akademie von Vanaheim ernannt, das ist alles, was wir über ihn wissen, das, und der Fakt, dass er als ein wahres Genie, in der theoretischen Magie gilt.“
„Ich verstehe.“ murmelte Naruz, dieser Alfar wurde ihm immer unheimlicher. „Was ich aber nicht verstehe ist, warum bin ich hier, wenn Ihr gar nicht mit mir über den Auftrag in Demarech reden wollt?“
„Weil wir einen neuen Auftrag für dich haben.“ meinte Paolo, und verzog das Gesicht. „Besser gesagt, einen kleinen Botengang.“
„Ein kleiner Botengang? Worum geht es?“ fragte Naruz misstrauisch. Das ganze ging viel zu schnell, man wollte ihn nur loswerden, um sich ohne ihn, über diesen Schattenritter unterhalten zu können, da war er sich sicher! Was hatte es mit diesem Mann auf sich, dass selbst Inquisitoren nichts über ihn wissen durften? Zudem noch Inquisitoren, die ihm begegnet waren! Er sagte zwar nichts, aber Naruz würde das ganze gewiss nicht einfach so auf sich beruhen lassen, sobald er hier fertig war, würde er sich mit Aynaeth unterhalten, die würde ihm vielleicht ein wenig mehr erzählen können, immerhin wusste sie ja auch sonst immer alles.
„Du bist doch in Demarech Aleyandra, und ihrer neuen Freundin, Saeca über den Weg gelaufen, oder?“ Paolo meldete sich wieder zu Wort, und beendete Naruz' Gedankengang.
„Ja, das bin ich.“
„Sind sie mit dir zurückgekehrt?“
„Ja, das sind sie.“
„Sehr gut, dein nächster Auftrag, hat nämlich mit Saeca zu tun...“

Es war bereits Abend, als es an der Tür von Aleyandras Haus klopfte. Eigentlich hatte sie gar keine Lust aufzumachen, aber als das Klopfen einfach nicht aufhören wollte, blieb ihr keine andere Wahl. Das Treffen mit Analisa war recht gut verlaufen. Die Schmiedin meinte zwar, dass sie noch nie eine Waffe wie Kusanagi gesehen hatte, aber sie sagte auch, dass sie sich sicher war, dass sie die Waffe mit genügend Zeit, Materialien, und mit einigem herumexperimentieren, reparieren könnte. Saeca war überglücklich gewesen, so glücklich sogar, dass sie, seit die beiden wieder in Aleyandras Haus waren, nichts anderes getan hatte, als Dango zu essen, und sich dauernd bei Aleyandra zu bedanken. Als Aleyandra schließlich die Tür öffnete, wollte sie den ungebetenen Besucher bereits anfahren, und ihm sagen, dass er sie in Ruhe lassen sollte, aber sie hielt sich im letzten Augenblick zurück. Vor der Tür stand Naruz! Mit ihm hatte sie am wenigsten gerechnet, sie hatte eher Silberblatt erwartet, der ihren Bericht hören wollte, denn bislang hatte sie es vermieden, ihrem Großmeister gegenüberzutreten, sie wollte sich damit zumindest einen Tag lang Zeit lassen, um sich zu erholen, und auf das Gespräch vorzubereiten.
„Naruz! Was für eine Überraschung! Was machst du hier?“
„Ich komme im Auftrag der Kirche.“ meinte Naruz, mit einem Seufzen. „Ist Saeca hier?“
„Ja, ist sie... Moment! Im Auftrag der Kirche? Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass du... dass du...“ Aleyandra wollte gar nicht erst daran denken, hatte die Kirche etwa beschlossen, dass es an der Zeit war, die ketzerische Armani loszuwerden? Als sie jedoch Naruz' verwirrten Gesichtsausdruck sah, wusste sie, dass es sich nicht um etwas dermaßen ernstes handeln konnte.
„Wovon redest du?“
„Oh... nichts, nichts, keine Sorge.“
„Gut, wenn du meinst. Kannst du bitte Saeca rufen?“
„Nicht nötig, ich bin schon hier, hallo, Naruz-Senpai!“ rief Saeca fröhlich, und trat lächelnd an Aleyandras Seite. Ihr Lächeln verblasste jedoch, als sie sah, was Naruz mitgebracht hatte, es handelte sich um einen großen, unscheinbaren Sack, dessen Anblick allein schon reichte, um Saeca nervös schlucken zu lassen. „N-naruz-Senpai? W-wo hast du den Sack her?“
„Dieser Sack, wurde in der Villa der Bladelli gefunden.“ erklärte Naruz, an Aleyandra gewandt. „Saeca ist in die Villa eingebrochen, hat ein Loch in eine Wand gemacht, und den Sack dort versteckt.“
„Was? Das ist doch lächerlich! Warum sollte Saeca so etwas tun? Und wie kommst du überhaupt darauf, dass es Saeca war, die... oh...“ machte Aleyandra, als Naruz den Sack öffnete, und ihr den Inhalt zeigte. In seinem Inneren stapelten sich dutzende von bunten Schachteln, die allesamt mit Dango gefüllt waren! „Saeca...“ begann Aleyandra, und packte die junge Armani am Arm, die gerade versucht hatte, sich leise davonzustehlen.
„J-ja, Onee-chan?“ fragte sie, und versuchte so unschuldig wie möglich zu klingen.
„Würdest du mir bitte erklären, warum du einen Sack voller Dango bei den Bladelli versteckt hast?“
„Nicht nur bei den Bladelli.“ schaltete Naruz sich ein, und zog Aleyandras Aufmerksamkeit wieder auf sich.
„Was? Wo denn noch?“ fragte Aleyandra, und stöhnte auf, als Naruz einen Zettel aus seiner Tasche zog, und laut vorlas.
„Drei Säcke, in der Hauptvilla der Doni, ein Sack, in der Villa der Bladelli, vierzehn Säcke, vergraben in der Nähe des Himmelturms. Dreiundzwanzig Säcke, gut versteckt, auf den Marktplätzen von Navea, und ein Sack versteckt unter... versteckt unter dem Thron des Erzbischofs.“ Aleyandras Blick wanderte ungläubig zu Saeca, die schon wieder kurz davor zu sein schien, zu weinen.
„E-es tut mir leid, Onee-chan! Ich weiß, ich sollte eigentlich nicht in Fremde Hütten einbrechen, aber... aber ich musste meine Dango doch irgendwo verstecken! Da du kein Dangolager hast, musste ich halt kreativ werden, und andere Verstecke suchen!“
„Ich weiß, dass du Dango magst, und dass sie dir wichtig sind... aber hättest du sie nicht in unserem Haus verstecken können?“ Saeca schwieg beharrlich, und starrte die Decke an. Aleyandra schwante übles. „Saeca... du hast doch nicht wirklich...“ Aleyandra brach ab, als Naruz an ihr vorbeiging, sich mitten im Flur hinkniete, und eine Bodendiele anhob, die ein wenig lose zu sein schien.
„Aleyandra, das solltest du dir mal angucken.“ meinte er, woraufhin sie zu ihm kam, und sich neben ihn kniete. Unter der Bodendiele, befand sich ein riesiger Hohlraum, in dem sich mehrere Schachteln stapelten. Sie seufzte laut auf.
„Ich gebe es auf! Saeca, wo hast du die ganzen Dango überhaupt her?“
„Die habe ich gekauft!“
„Gekauft? Wovon? Und wann?“
„Du hattest mich doch vor unserem Auftrag weggeschickt, um Dango zu kaufen...“
„Ja, und?“
„Dango waren gerade im Angebot, und zusätzlich habe ich als... wie nannten sie es? 'Stammkundin', einen 'Rabatt' gekriegt.“ meinte Saeca, und sah ziemlich stolz aus. Aleyandra schlug nur die Hand vors Gesicht, und wandte sich an Naruz.
„Was will die Kirche jetzt von Saeca?“ Naruz lächelte sie beruhigend an.
„Keine Sorge, nichts ernstes, ich soll Saeca nur darum bitten, zukünftig nicht mehr in fremde Häuser einzubrechen, um ihr Essen zu verstecken. Der Erzbischof war nicht wirklich wütend, er war eher belustigt, und er kennt die Kultur der Armani, weshalb er nochmal ein Auge zudrücken will.“
„Da bin ich aber erleichtert! Hast du das verstanden, Saeca? Keine Dango mehr verstecken!“
„Ja, Onee-chan, es kommt nie wieder vor.“ meinte Saeca, und nickte ergeben, jedoch mit gekreuzten Fingern, hinter ihrem Rücken. Sie würde auf diesen Erzbischof hören, und keine Dango mehr in fremden Hütten verstecken, aber die Hütten von Onee-chan und Naruz-Senpai waren nicht fremd! Das hieß, dort durfte sie verstecken, soviel sie wollte! Und dieses mal, würde niemand ihre perfekten Dangolager finden, dafür würde sie schon sorgen!

Zur selben Zeit nahe Vanaheim, Nord-Midgard:
Dârthallion stand mit hinter dem Rücken verschränkten Händen auf einem kleinen Hügel, einige Kilometer von Vanaheim entfernt, und wartete. Hinter ihm konnte man die hohen Mauern der Stadt erkennen, vor allem zeichneten sich die fünf Türme ab, die weit über alle anderen Gebäude hinausragten. Sie wurden innerhalb von nur fünf Jahren errichtet, nachdem Vanaheim Opfer eines Überfalls des Blutenden Turms geworden war, diese Türme waren zu jeder Zeit mit mächtigen Magiern bemannt, die eventuelle Angriffe aus der Luft abwehren sollten. Vor den Füßen des Alfar lag ein Löwe, aus den Steppen der Makar, oder zumindest etwas, dass einmal ein Löwe gewesen war. Das Gesicht der Kreatur, war eine Mischung aus der Schnauze eines Löwen, und dem Gesicht eines Menschen, dass vor Entsetzen weit aufgerissen war, anstelle eines gewöhnlichen Schweifs, hatte diese Bestie einen riesigen Skorpionenschwanz, und ihr Fell war blutrot, und nur hin und wieder von schwarzen Streifen durchzogen. Außerdem schien die Mähne nicht aus Fell zu bestehen, sondern aus einer Mischung von menschlichen Haaren, und harten Borsten. Zu Dârthallions Linken, stand Cora, die junge Forscherin, die Süd-Midgard verraten hatte, um an seinen Forschungen teilhaben zu dürfen. Sie klammerte sich an seinen rechten Arm, und starrte den Alfar die ganze Zeit über verträumt an, ihr linkes Auge strahlte dabei golden, während ihr rechtes Auge violett war. Dârthallion lächelte zufrieden, er hatte gute Arbeit geleistet, und auch auf Cora war er stolz, denn diese hatte diese wunderbaren Augen immerhin ganz ohne seine Hilfe ausgesucht, und besorgt. Als er mit Cora Kontakt aufgenommen hatte, hatte er eigentlich geplant sie zu beseitigen, sobald er in Demarech fertig war, aber diesen Plan hatte er schon längst verworfen. Cora hatte äußerst hervorragende, und überzeugende Arbeit in Demarech geleistet. Es war ihre Idee gewesen, die Zauber von diesem Idioten Valerius in die Chimäre mit einzubauen, um es der Kreatur zu ermöglichen, Säure zu speien. Das war zumindest der Hauptgrund, warum sie noch am Leben war, ein anderer Grund war der, dass das Mädchen aufrichtig in ihn verliebt war, und ihre verzweifelten Versuche ihm zu gefallen, amüsant waren, wobei es auch etwas niedliches hatte. Erst gestern hatte sie ihm voller stolz ihre erste Kreation gezeigt, die sie ohne Hilfe erschaffen hatte. Es war ein Homunkulus gewesen, der sich erstaunlich schnell bewegen konnte, und sogar in der Lage war, zwei Alfar zu töten, ehe er den Geist aufgab, und selber tot umfiel. Cora war nach dem Fehlschlag ihres Homunkulus' so deprimiert gewesen, dass es selbst Dârthallions Herz berührte, er konnte sich immerhin noch gut an sein erstes, fehlgeschlagenes Experiment erinnern. Um sie aufzumuntern, hatte Dârthallion ihr angeboten, ihr neue Augen zu schenken, wonach seine neue Schülerin sofort begeistert gewesen war, und die Depression abschüttelte.
„Professor? Was ist eigentlich aus diesem Valerius geworden?“
„Valerius?“ der Alfar blinzelte kurz verwirrt, ehe ihm einfiel, von wem Cora sprach, er hatte die Existenz dieses schleimigen Verlierers sofort wieder ausgeblendet, nachdem er kurz an ihn gedacht hatte. Er war es einfach nicht wert gewesen, sich lange an ihn zu erinnern, er war einfach nur nutzlos und unzuverlässig, Dârthallion konnte nicht verstehen, warum sein Meister diese schleimige Kreatur überhaupt angeheuert hatte. Der ehemalige Inquisitor sollte eigentlich als Teil seiner Leibwache dienen, aber als es ernst wurde, und die Spürhunde der Kirche aufgetaucht waren, war Valerius nirgendwo zu finden gewesen. „Was weiß ich, wenn wir Glück haben, wurde er von einem wilden Tier gefressen, oder ist endlich an seinen eigenen Giften verreckt.“
„Ich finde es schade, dass er nicht mehr da ist.“
„Was? Das meinst du doch wohl nicht ernst, oder?“
„Doch, tue ich. Ich hätte ihn zu gerne einmal aufgeschnitten, um mir seine Organe einmal genauer anzusehen, ich meine, er hatte dauernd seine eigenen Gifte geschluckt, da...“ Weiter kam Cora nicht, da der Alfar sich zu ihr beugte, und sie küsste, was Cora ein wenig überraschte. Er hatte sie zwar auch in den Minen geküsst, als die Leute der Kirche kamen, aber ansonsten hielt er sie immer ein wenig auf Abstand, was Cora ein wenig enttäuschte. Seit sie aus Demarech zurückgekehrt waren, hatte er sie zwar richtig an seinen Forschungen beteiligt, aber dafür hatte er sonst kaum noch Zeit mit ihr verbracht, weshalb sie schon befürchtet hatte, er würde sie schon bald fallen lassen, und sich einen Assistenten suchen, den er für besser geeignet hielt. Schließlich löste sich der Alfar von ihr, und lächelte sie an.
„Es war die richtige Entscheidung von mir dich mitzunehmen.“ meinte er, woraufhin die junge Forscherin doch tatsächlich ein wenig rot anlief, und ihr Gesicht glücklich in seinem Mantel vergrub. Lächelnd legte Dârthallion seinen rechten Arm um Cora, während er ihr mit der linken Hand über den Kopf strich. „Morgen werden wir eine Pause von den Forschungen machen, und gemeinsam etwas unternehmen. Ich werde dir endlich einmal die Stadt zeigen, bisher hatten wir dazu ja keine Zeit, und ich bin mir sicher, dass Vanaheim dir gefallen wird. Vielleicht machen wir auch einen kurzen Ausflug nach Alfheim, meiner ehemalige Grafschaft, was sagst du dazu?“ Cora hob den Kopf, und sah Dârthallion ins Gesicht, während sich in ihren Augen Freudentränen sammelten.
„I-ich würde gerne mit Euch kommen, Professor. Ich dachte schon, d-dass ich Euch enttäuscht hätte, und dass Ihr lieber einen anderen Assistenten hättet.“ gestand sie, und schlang ihre Arme um seinen Rücken.
„Aber meine liebe Cora, du hast mich doch nicht enttäuscht, im Gegenteil, ich hatte noch nie eine so fleißige, und talentierte Assistentin wie dich, glaube mir, wenn du bei mir bleibst, wirst du es noch sehr weit bringen.“ Während Dârthallion beobachtete wie Cora erneut ihr Gesicht in seinem Mantel vergrub, und hin und wieder einen kleinen Freudensprung auf der Stelle machte, lächelte er, und fragte sich, wieso es nicht mehr Alfar gab, die menschliche Frauen vorzogen. Sie waren vielleicht nicht genau so hübsch, wie Alfarfrauen, aber dafür waren sie weit niedlicher, eine Hôgalfar würde sich nie im Leben so verhalten, wie Cora es gerade tat, sie waren einfach so furchtbar langweilig. Fünf Minuten später geschah endlich das, worauf Dârthallion hier schon seit über einer Stunde gewartet hatte, ein dunkles Portal öffnete sich direkt vor ihm, und eine seltsame Gestalt, betrat den Hügel. Sie hatte den Oberkörper einer Frau, der Unterkörper schien jedoch irgendeine mechanische Konstruktion zu sein, und ihre Arme waren nicht mit den Schultern verbunden, sie schwebten einfach in der Luft, neben dem Körper des Wesens. Das Gesicht der Frau verzog sich, als sie Dârthallion erkannte.

Bild


„Oh, du bist es, ich hatte eigentlich gehofft, nicht mit einem Verrückten reden zu müssen.“
„Es freut mich auch, dich zu sehen, Maja. Weißt du eigentlich, dass du schon vor einer Stunde hier auftauchen solltest? Für eine Botschafterin, bist du ziemlich oft verspätet.“ Bei Maja handelte es sich um ein dämonisches Eidolon, aus Pandämonium, sie war als Botschafterin zwischen den Welten tätig, und in Legenden hieß es, dass ihr Auftauchen, von einem nahenden Krieg und Katastrophen kündete.
„Ich bin beschäftigt, überhaupt bin ich nur gekommen, weil dein Meister ausdrücklich darum gebeten hat, also hatte ich eigentlich gedacht, dass er mit mir reden würde.“
„Er ist ebenfalls beschäftigt, aber keine Sorge, es wird nicht lange dauern, denn du kannst dir ja sicherlich schon denken, warum er dich riefen ließ.“
„Nein, also los jetzt, worum geht es?“ Cora öffnete schon den Mund, um diese respektlose Dämonin anzufahren, ließ es jedoch bleiben, als Dârthallion ihr beruhigend eine Hand auf den Kopf legte.
„Es geht natürlich um unsere Abmachung, erinnerst du dich noch? Die Königin der Schatten hat meinem Meister Hilfe versprochen, bei seinem Unternehmen.“
„Und er hat Hilfe bekommen.“ meinte Maja schnell, schien jedoch ein wenig nervös zu werden. „Ich habe bereits einen meiner Diener geschickt, um euch zu helfen, und meine Herrin hat euch drei ihrer besten Generäle geschickt.“
„Und wir sind äußerst dankbar dafür, aber meinem Meister mangelt es nicht an talentierten Kommandanten und Generälen, es mangelt uns an Truppen. Die Königin hat uns 5.000 Dämonen versprochen, kein einziger von ihnen, hat es bislang zu uns geschafft.“
„Die Truppen müssen erst ausgehoben werden, denn wir wollen Pandämonium schließlich nicht ohne Verteidigung lassen...“
„Ich bitte dich Maja, deine Herrin verfügt über zehntausende Truppen, die paar tausend Dämonen, die sie uns schicken soll, dürften kaum ins Gewicht fallen.“ Dârthallion lächelte spöttisch, das Lächeln verschwand jedoch, als er den nervösen Blick der Botschafterin bemerkte. „Maja? Was erzählst du uns nicht?“
„Nun... das Heer der Königin der Schatten ist nicht mehr so groß, wie es einmal war.“
„Was ist passiert, hat der Herzog der Finsternis angegriffen, um endlich alleiniger Herrscher Pandämoniums zu werden?“
„Nein, sein Heer wurde auch dezimiert.“
„Ich verlange eine Erklärung, das verstehst du sicherlich.“ Maja biss sich kurz auf die Unterlippe, ehe sie nickte.
„Gut, kurz nachdem wir unser Bündnis geschlossen hatten, wurde Pandämonium von Unbekannten angegriffen. Die Größe der angreifenden Armee betrug ungefähr 100.000 Mann, und sie wurde von... von einem wahren Monster angeführt.“ Maja erschauderte, als sie davon sprach, was Dârthallion sofort aufhorchen ließ. Das Eidolon schien Angst zu haben! Eine mächtige Einwohnerin der Welt der Dämonen hatte Angst!
„Was meinst du damit?“
„Er... er hat seine Truppen von vorderster Front aus angeführt, es war unmöglich ihn zu stoppen, er hat einige der größten Krieger Pandämoniums spielend leicht erschlagen. Letztendlich kam sogar der Herzog der Dunkelheit meiner Herrin zur Hilfe, da auch er die Bedrohung erkannte, die von diesem Neuankömmling ausging. Mit Hilfe seiner Verstärkungen, konnte man das Heer des Feindes reduzieren, aber der feindliche General war noch immer nicht zu stoppen, letztendlich mussten meine Herrin und Eligos einen Pakt mit dem Verbannten eingehen. Sie lösten seine Ketten, und dafür sollte er sich um die Angreifer kümmern.“
„Was? Ist deine Herrin vollkommen wahnsinnig geworden? Sie haben die Ketten eines gefallenen Königs gelöst? Wenn er einen Weg nach Terra findet...“
„Das wird nicht passieren.“ unterbrach Maja ihn, und senkte den Blick.
„Warum? Er und seine Kameraden haben bereits einmal zuvor versucht, die Kontrolle über ganz Azuria an sich zu reißen, warum sollte er es nicht noch einmal tun?“
„Weil... weil er tot ist.“
„Tot? Das soll wohl ein Scherz sein!“
„Nein, der fremde Heerführer hat ihn erschlagen, der Verbannte ist tot, und wird niemals wiederkehren.“
„Was ist mit dem Fremden geschehen?“
„Das wissen wir nicht, er stand kurz davor, die Hauptstadt zu überrennen, als er plötzlich verschwunden ist, sein verbliebenes Heer konnte letztendlich besiegt werden, aber es wird noch eine Weile dauern, bis Pandämonium sich von diesem Schlag erholen kann.“ Nach dem Bericht von Maja herrschte Schweigen auf dem Hügel, bis Dârthallion letztendlich den Kopf schüttelte, mit so etwas hatte er nicht gerechnet, wie könnte er auch? Das war einfach zu unglaublich.
„Wann werden wir also mit weiteren Verstärkungen rechnen können?“
„Es wird noch Wochen, wenn nicht sogar Monate dauern, ehe wir auch nur 1.000 Dämonen entbehren können. Richte das deinem Meister aus, und sage ihm, dass die Königin der Schatten zur Abmachung stehen wird, es wird nur etwas länger dauern als geplant. Wir wollten auch nichts verschweigen, wir hatten nur gehofft, diese Sache geheim zu halten, Pandämonium darf keine Schwäche nach Außen hin zeigen, das versteht dein Meister sicher.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, öffnete Maja erneut ein Portal, und verschwand wieder ins Reich der Dämonen.
„Professor? Was... was bedeutet das jetzt für uns?“ fragte Cora, und sah nervös zu Dârthallion auf, der lächelte sie jedoch nur an.
„Es bedeutet, dass sich die Pläne unseres Meisters ein wenig verzögern, mehr nicht.“ Der Alfar strich Cora durchs Haar, und ließ seine andere Hand kurz über ihre Brust wandern, was dafür sorgte, dass der jungen Forscherin ein wohliges Schauern durch den Körper lief. „Ansonsten heißt es nichts, wir zwei werden jetzt erstmal nach Vanaheim zurückkehren. Der Abend ist noch jung, wenn wir uns ein wenig beeilen, haben wir noch Zeit, irgendwo was essen zu gehen. Ich kenne da ein ganz wunderbares Restaurant, es wird dir gefallen.“ Der Schattenritter würde eh erst in ein paar Tagen kommen, um sich Dârthallions Bericht anzuhören, solange konnte dieser sich auch ein wenig Freizeit nehmen, und sich um seine Assistentin kümmern. „Ach ja, und Übermorgen, brauche ich deine Hilfe bei einem Experiment, ich bin mir sicher, ich habe eine Möglichkeit gefunden, um mit diesem Inquisitor aus Demarech fertig zu werden, sollte er uns noch einmal über den Weg laufen...“
Zuletzt geändert von Mimir am 18. Juli 2014 01:48, insgesamt 1-mal geändert.
Bild

Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368

Benutzeravatar
Vanidar
Signifer
Signifer
Beiträge: 487
Registriert: 5. Dezember 2010 20:41
:
AAR-Schreiber

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 18. Juli 2014 00:59

28. Der Sohn des Mondlichts (Öffnen)
28. Der Sohn des Mondlichts


Genau wie nach ihrem letzten Auftrag, hatte Aleyandra sich am nächsten Morgen sofort auf den Weg zu Silberblatt gemacht und hoffte, dass er nicht sauer auf sie war, weil sie sich verspätete. Eigentlich hätte sie schon direkt nach ihrer Rückkehr zu ihm gehen sollen, aber ihr war nicht danach gewesen sich sofort bei ihm zu melden. Der ganze letzte Tag war ihr wie ein Traum erschienen, einfach nur zu schön um wahr zu sein und sie brauchte gestern niemanden der sie daraus aufweckte. Naruz und Mizore würden nicht zusammen kommen! Die Tempelwächterin war gleich am nächsten Morgen verschwunden und würde Naruz von jetzt an in Ruhe lassen. Er hatte es tatsächlich getan, auch wenn Aleyandra es noch immer nicht glauben konnte. Naruz hatte Mizore und deren Eidolon abgewiesen, nur für sie und das obwohl sie derzeit kaum in seiner Nähe sein konnte, ohne sofort die Kontrolle über ihren Illusionszauber zu verlieren. Vielleicht würde es mit ihnen doch irgendwie funktionieren, immerhin hatte sie ihre Aussetzer inzwischen im Griff und Naruz würde sicherlich einen Weg finden ihre Entstellungen zu heilen, das hatte er versprochen.
Ein größeres Problem stellte daher im Moment Saeca dar. Die Armani begann ihr ein klein wenig auf den Geist zu gehen mit ihren ständigen Hamsteraktionen. Wenn es um Dangos ging, benahm das Mädchen sich nicht mehr wie ein Mensch, sondern eher wie eine seltsame Mischung aus Eichhörnchen und Hamster und war nicht mehr für Vernunft zugänglich. Noch gestern Abend, hatte Aleyandra damit begonnen die Verstecke in der Wohnung zu suchen und...und wusste jetzt nicht genau was sie mit den ganzen Dangos machen sollte. Saeca hatte sie sich inzwischen wieder alle geschnappt und versteckte sie vermutlich in halb Midgard. Eigentlich war es nicht so schlimm, das sie sich ein oder zwei kleinere Lager anlegte, aber musste sie es gleich so übertreiben? Die ganze Stadt versank in einer wahren Flut aus Dangos und sie hatte es sogar gewagt sich in den Thronsaal des Erzbischofs zu schleichen! Sie konnte froh sein, das man sie dafür nicht bestrafte und jeder so viel Nachsicht mit ihr zeigte, aber das half Aleyandra auch nicht. Ihr war es peinlich, das jeder in der Stadt jetzt Saeca kannte und die Leute hielten sie sicher für genauso merkwürdig wie die junge Armani, vielleicht dachten einige der Adelsfamilien jetzt sogar, dass Aleyandra mit Saeca unter einer Decke steckte und bei ihnen eingebrochen war. Dieses Dangolagerzeug musste aufhören, dringend und Aleyandra würde persönlich dafür sorgen. Es war sowieso an der Zeit, das Saeca endlich etwas richtiges aß und nicht immer nur diesen Mist in sich reinstopfte und ja, Aleyandra besaß gerade tatsächlich genug Langeweile um ihre Pläne auch in die Tat umzusetzen. Sie konnte sich Naruz immerhin kaum nähern und brauchte dann all ihre Konzentration, um ihre Narben zu verbergen, also hatte sie Zeit, viel Zeit, vielleicht sogar genug um endlich das perfekte Gericht zu finden das Saeca essen konnte ohne einen Anfall zu kriegen.
Vorsichtig betrat Aleyandra das Zimmer von Silberblatt, der wie immer hinter seinem Schreibtisch saß. Ein Bild, das ihr inzwischen viel zu vertraut vorkam und sie fragte sich, ob er als Großmeister überhaupt noch selber Aufträge übernehmen musste, oder ob er nur herum saß und nichts tat.

Bild

„Ah, da bist du ja endlich.“ begrüßte er sie erstaunlich kalt und seine Augen musterten sie abweisend. Im Gegensatz zu ihrer Rückkehr nach dem letzten Auftrag, schien er sich diesmal kaum zu freuen sie zu sehen, vor allem überraschte es ihn nicht besonders. „Ich weiß das du schon seit Gestern wieder in der Stadt bist, aber ich wollte dich nicht stören. Du hattest sicherlich deine Gründe dafür nicht sofort zu mir zu kommen und es freut mich, dass du gesund zurück bist.“
„Danke und auch danke dafür, das Ihr mich nicht sofort nach meiner Ankunft zu Euch gerufen habt. Ich...ich brauchte etwas Ruhe, der Auftrag war schwerer als erwartet.“ Das war immerhin nicht ganz gelogen, dachte Aleyandra und versuchte sich nichts von ihren leisen Schuldgefühlen anmerken zu lassen. Sie konnte ihrem Großmeister schlecht sagen das sie sich gestern noch im siebten Himmel befunden hatte und nicht in der Lage gewesen wäre vernünftig Bericht zu erstatten, nicht solange sie immer an Naruz denken musste. Inzwischen fühlte sie sich wieder etwas normaler, aber nur etwas, denn die Freude über Naruz Entscheidung und über seine Worte, ließ sie noch immer ganz unruhig werden. Sie konnte kaum eine Sekunde still stehen und Silberblatt betrachtete ihr ungelenkes Zappeln mit hochgezogener Braue.
„Dann hast du Valerius also gefunden und ihn getötet?“
„Ja, er stellt für niemanden mehr eine Gefahr dar und kann sich auch nicht mehr den Alfar anschließen. Die Reise nach Demarech verlief ereignislos und erst dachte ich, dass er bereits weitergezogen war, aber dann...“
„Du kannst mir einen Bericht darüber schreiben wenn du unbedingt willst, aber mir reicht es zu wissen, dass Valerius tot ist.“ unterbrach Silberblatt sie und seine Stimme wirkte inzwischen bereits eiskalt, während er aufstand und langsam auf sie zu ging. Er schien wirklich miese Laune zu haben und Aleyandra wollte ihn lieber nicht nerven, ansonsten gab er sofort den nächsten Auftrag. In so einer schlechten Stimmung hatte sie ihn noch nie erlebt. „Oder gibt es sonst noch etwas wichtiges, was du mir erzählen willst?“
„Nun...ja, schon irgendwie.“ gestand sie langsam und gab langsam aber sicher ihren Vorsatz auf ihm nichts von dem Schattenritter und Tigerius zu erzählen. Er war ihr Großmeister, letztendlich musste sie wenigstens zu ihm ehrlich sein, das schuldete sie ihm. Sie traute sich trotzdem kaum ihn zu fragen, denn damit würde sie ihm offenbaren, dass sie sich doch in Naruz Nähe aufgehalten hatte, obwohl sie angeblich nur wegen Valerius nach Demarech wollte. Noch einmal würde er sicher nicht zulassen das sie sich ihre Mission selbst aussuchte, nicht nachdem sie das schon einmal ausgenutzt hatte, aber das war auch nicht mehr nötig. Sie musste Naruz nicht mehr verfolgen, er würde ihr ab jetzt treu bleiben, oder zumindest so etwas in der Art. „Ihr habt sicher schon längst den Bericht von Team Mantikor erhalten. Der schriftliche Bericht wurde immerhin bereits vor der Abreise des Inquisitorenteams mit einem Boten nach Süden geschickt. Habt Ihr ihn euch durchgelesen?“
„Ja, leider. Team Mantikor hat einige beunruhigende Dinge herausgefunden und wie erwartet auf ganzer Linie versagt, wie immer wenn Naruz und sein Team einen Auftrag erfüllen müssen. Die Wissenschaftler sind tot, die Mörder und Entführer entkommen und letztendlich wissen sie nicht einmal warum das alles passiert ist, welcher Plan dahinter steckte. Ich frage mich langsam ob Naruz mit Absicht so schlechte Arbeit leistet, oder ob er wirklich so unfähig ist.“

Bild

„Wie auch immer, darum geht es mir nicht.“ Aleyandra überging seine Worte einfach, sie wusste, dass er nicht gerade zu Naruz größten Bewunderern zählte, aber entschied sich dazu, lieber nichts dazu zu sagen. Es wäre sowieso Zeitverschwendung sich vor Silberblatt für Naruz einzusetzen. Der Großmeister konnte manchmal sehr stur sein und würde seine Meinung über den Inquisitor niemals ändern, also konnte sie sich jedes Wort auch gleich sparen. Etwas anderes beschäftigte sie sowieso viel mehr, der Schattenritter. Er und Bel Chandra hatten etwas in ihr geweckt, was schon seit langer Zeit schlief und ruhte, zumindest seit sie damit beschäftigt war Naruz hinterherzulaufen. Es erinnerte sie daran, dass sie noch immer nichts über ihre Vergangenheit wusste und das wollte sie endlich ändern. Sie würde sich so gerne eine Weile frei nehmen und Navea verlassen, um ihre Vergangenheit zu erforschen. Hier gab es keine Antworten für sie, zumindest das wusste sie dank Bel Chandra inzwischen. Antworten, konnte sie nur in Vo Astur finden. Sie musste in die graue Stadt des Mondes und herausfinden wer sie war, leider dürfte das im Moment nicht so ohne weiteres möglich sein, aber vielleicht eines Tages. „Team Mantikor traf in der Nähe von Demarech auf einen unheimlichen Mann, der die Alfar anzuführen schien. Naruz sagte mir, dass dieser Mann sich als ´Schattenritter` vorstellte. Ich habe ihn gesehen, müsst Ihr wissen. Er wirkte unglaublich stark und auch irgendwie seltsam...vertraut. Vielleicht habe ich mir das letzte aber auch nur eingebildet, weil er wohl auch aus Vo Astur zu stammen scheint. Seine Haare und seine Augen, sie waren so...vertraut wäre das falsche Wort, aber sie haben mich an etwas erinnert, etwas an das ich mich eigentlich nicht erinnern will.“
„D-du hast den Schattenritter gesehen?“ Silberblatt starrte sie fassungslos an und schien kurz davor zu stehen sie wütend anzuschreien, hielt sich aber zurück, als er sah, wie durcheinander Aleyandra bei ihren eigenen Worten wirkte. Schnell rief er sich in Erinnerung was er noch von Naruz sterbenslangweiligem Bericht wusste und spürte, wie er zum ersten Mal zornig auf seine Schülerin wurde. Sie war also wirklich Naruz gefolgt und hatte absichtlich alles ignoriert wovor er sie gewarnt hatte. Es kam einem Wunder gleich, dass sie gesund und munter vor ihm stand, mit etwas weniger Glück, wäre sie jetzt für immer verloren gewesen. Letztendlich konnte Silberblatt seinen Zorn doch nicht zurückhalten und er ballte die Fäuste, das hätte mit etwas weniger Glück furchtbar ausgehen können. „M-moment...das bedeutet du warst in den...Minen. Du hast die Minen betreten, obwohl ich es dir ausdrücklich verboten habe! Hast du etwa alles vergessen was ich dir vor deiner Abreise gesagt habe? Du solltest dich von den Minen fernhalten, es war zu gefährlich für dich dorthin zu gehen und dich in die Angelegenheiten der Inquisition einzumischen! Weißt du wie gefährlich dieses Monster ist? Er hätte dich töten können!“
„J-ja, ich weiß und es tut mir leid das ich nicht auf Euch gehört habe. Ich ähm...ich dachte das Valerius sich in den Minen aufhielt, aber ich bin nur ein kurzes Stück in die Minen gegangen und sofort wieder abgehauen als Valerius nicht da war. Auf dem Rückweg bin ich über Naruz und sein Team gestolpert, in dem Moment ist der Schattenritter gerade durch ein magisches Portal verschwunden, mehr habe ich nicht gesehen.“ seine Augen funkelten sie noch immer zornig an und sie spürte zum ersten Mal seit sie sich kannten wieder, was für eine unheimliche Kraft von ihm ausgehen konnte. Es war wie damals, am Stadttor und dabei legte er es diesmal nicht einmal darauf an sie seine Macht spüren zu lassen, trotzdem schluckte Aleyandra nervös, bevor sie leise weitersprach. „Aber...erlaubt mir bitte Euch trotzdem eine Frage zu stellen: Wer war dieser Mann?“
„Das ist etwas, das dich nicht zu interessieren braucht!“ fuhr er sie aufgebracht an, aber als er sah, wie sie erschrocken vor ihm zurückwich, bemerkte er erst, das er vor lauter Wut unbewusst dabei war sie seine Macht spüren zu lassen und sofort beruhigte er sich wieder. Er wollte ihr keine Angst einjagen, aber zu hören, das Aleyandra den Schattenritter getroffen hatte, ließ ihn unruhig werden. Das war nicht gut, sie sollte nichts mit dieser Bestie zu tun haben, das wäre besser für sie. Etwas ruhiger und normaler, fuhr er letztendlich fort. „Einst diente er in den Reihen der Kirche als Großmarschall und galt als mächtigster Diener Gaias. Vermutlich wäre er eines Tages zum Erzbischof aufgestiegen, oder zum Hochgeneral, denn er war selbst stärker als Andre. Doch dazu kam es nicht mehr, denn er verschwand und flüchtete in den Norden. Die genauen Umstände seiner Flucht und seines Verrates...kann ich dir leider nicht erzählen, oder um genauer zu sein, ich darf es nicht. Ich selbst weiß es auch nur durch eine Art Zufall, könnte man zumindest so sagen.“
„Ist er wirklich so mächtig? Ich habe nicht viel von ihm gesehen, aber wenn er so stark ist, dann hätte er doch Naruz und sein Team töten können, oder nicht? Wieso hat er sie einfach gehen lassen? Sie alle waren erschöpft und sicher nicht in der Lage es mit so einem mächtigen Gegner aufzunehmen!“
„Woher soll ich wissen, was im Kopf dieses Wahnsinnigen vorgeht?“ murmelte Silberblatt und bedauerte diese seltsame Entscheidung des Schattenritters. Dieser Bastard hätte sich ruhig einmal nützlich machen und Naruz töten können, aber nicht einmal dazu war dieser Abschaum in der Lage. Es wäre am besten für alle, wenn der Schattenritter niemals wieder aufgetaucht wäre, wenn er einfach endlich sterben könnte und Süd-Midgard in Ruhe ließ, aber leider wurde der Verräter weiterhin angetrieben von seinen Wünschen nach Rache und seinem Hass. So mächtig und letztendlich doch nur eine armselige Kreatur, dachte Silberblatt verärgert. „Aber wenn du wissen willst wie stark er ist, dann solltest du am besten wissen, welche Rolle er inzwischen in Nord-Midgard spielt. Seit er den Süden verraten hat, ließ er sich in der Hauptstadt der Alfarrepublik nieder und lernte von den besten und mächtigsten Dämonenbeschwörern der Alfar, bis er sie schon nach kurzer Zeit alle übertraf. Er ist nach unseren Informationen seit einigen Jahren das inoffizielle Oberhaupt der Yggdrasil Republik und kontrolliert sämtliche Bewegungen der Alfar. Kannst du dir überhaupt vorstellen, was das für uns bedeutet?“
„Nicht wirklich.“ Aleyandra zuckte eher desinteressiert mit den Schultern, die Fähigkeiten des Schattenritters interessierten sie genauso wenig wie die Politik im Norden. Sie wollte nur wissen, ob dieser Mann vielleicht ihre Eltern gekannt hatte, mehr nicht.
„Ein Mensch, ohne einen einzigen Tropfen Alfarblut, war mächtig genug, um im Norden die Macht an sich zu reißen, obwohl die Alfar normalerweise auf uns herabblicken und uns für wertlose Schwächlinge halten, aber ihn respektieren sie, vielleicht fürchten sie ihn sogar. Er ist mächtig genug, um die Regierung der Alfar zu beeindrucken, um sie sogar dazu zu bringen seine Befehle widerstandslos zu befolgen. Die Alfar schätzen seine Macht und seine Kontrolle über die Dämonen Pandämoniums, daher ignorieren sie seine menschliche Herkunft. Er stellt die besten Magier dieser Welt in den Schatten und selbst Eidolons fürchten sich vor ihm.“ ein seltsamer, dunkler Unterton hatte sich in seine Stimme geschlichen und man konnte ihm deutlich ansehen, das es sich nicht gerade um das Lieblingsthema des Großmeisters handelte, deswegen versuchte er es auch so schnell wie möglich zu wechseln „Aber am besten wir lassen dieses Thema ruhen, du wirst sowieso nichts mit dem Schattenritter zu tun haben, also brauchst du das alles auch gar nicht zu wissen. Kommen wir lieber zu einem anderen Thema, mir ist während unseres Gespräches etwas seltsames an dir aufgefallen, ich weiß nur nicht genau was es ist und das irritiert mich ein wenig, Aleyandra. Ich kann spüren, das etwas anders ist als vor deiner Reise.“ Seine Hand legte sich plötzlich auf die entstellte Seite ihres Gesichtes und sie zuckte zusammen. Er konnte die Verletzungen weder sehen noch fühlen, aber er musste die Magie bemerkt haben. Kurz schloss er die Augen und runzelte verwirrt die Stirn, bevor er sich wieder ein paar Schritte von ihr entfernte. „Auf dir liegen mehrere Zauber, das kann ich fühlen, aber ich erkenne ihren Zweck nicht. Einige sind verworren und kompliziert...andere dagegen sehr einfach und fast schon simpel verglichen mit den restlichen Zaubern. Ich kann die Magie spüren und diese Zauber, sind teilweise sehr mächtig, zu mächtig um von dir zu stammen, es sei denn du hast endlich herausgefunden wie du deine Pistolen einzusetzen hast.“ aus irgendeinem Grund, den Aleyandra nicht kannte, fing Silberblatt an zu lächeln und schien sich zum ersten Mal seit ihrer Rückkehr wirklich zu freuen. Anscheinend freute es ihn, das sie endlich ihre Waffen gemeistert hatte, aber er wurde sofort wieder ernster, als sie fortfuhr. Die Fortschritte waren doch nicht so groß wie er erhofft hatte.
„Ähm, naja...“ noch etwas, was sie eigentlich nicht erwähnen wollte, aber sie hatte auch nicht damit gerechnet das er auf die Zauber von Tigerius achten würde. Das Geheimnis um einen Teil der Zauber würde sie lüften, aber nicht über die Zauber, die sie selbst geschaffen hatte. Er sollte nichts von ihren Verletzungen wissen, niemand sollte das. Sie fühlte sich wohler, wenn niemand sie ansah als wäre sie furchtbar entstellt. Die Illusionszauber sollten ruhig weiterhin jeden täuschen, das gefiel ihr besser als die Wahrheit zu akzeptieren. „Ich habe einen Weg gefunden Magie vernünftig einzusetzen, mehr oder weniger jedenfalls. Ich leite die Energie einfach durch meine Pistolen und hoffe, das es irgendwie funktioniert, bisher geht das ganz gut, naja, zumindest so halbwegs. Das Holz aus dem die Pistolen bestehen, scheint magischer Natur zu sein, genauso wie das Silber, also ist es ganz einfach sie in meine Zauber einzubinden, es fühlt sich sogar irgendwie richtig an.“
„Der Verbrauch an Macht muss beträchtlich sein, selbst bei kleinen Zaubern. Ein großer Teil deiner magischen Energie dürfte auf dem Weg verloren gehen und sinnlos verpuffen. Am Ende strengst du dich selbst für die einfachsten Zauber viel zu sehr an. Es ist besser wenn du größere Zauber meidest und dich auch mit kleineren zurückhältst, alles andere, würde dich zu sehr schwächen. Aber ich denke die Gefahr besteht hier nicht. Die Zauber die auf dir liegen, sind zwar teilweise sehr mächtig, aber nur der schwächste wurde von dir gewirkt, richtig? Die anderen sind...Eidolonmagie?“
„J-ja, das habt Ihr richtig erkannt, Großmeister.“ Aleyandra nickte zustimmend und versuchte es mit einem zaghaften Lächeln, um seinen bohrenden Blick irgendwie zu beenden. Er ahnte bereits, dass sie auch seine zweite Warnung missachtet hatte, leider. „Ich bin in der Nähe von Demarech auf Tigerius Cäsar getroffen, der mir seinen Schutz anbot. Er hat mir ein neues Eidolon zur Seite gestellt und außerdem mehrere Zauber auf mich gelegt, die meinen Blutrausch unterdrücken sollen und sie wirken! Ich habe es im Kampf gegen Valerius bemerkt, Tigerius hatte Erfolg. Was auch immer diese Aussetzer hervorgerufen hat, es ist Tigerius gelungen es zu versiegeln, zumindest hoffe ich das.“
„Das freut mich für dich.“ presste der Großmeister ärgerlich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Zum Glück überging Silberblatt ihre Bemerkung über den Mondtempel von Tigerius, aber sie konnte ihm ansehen, dass es ihm schwer fiel seine Wut zu beherrschen. Sie hatte all seine Befehle ignoriert. Hatte die Minen betreten und sich in den Tempel gewagt, obwohl Tigerius sie hätte töten können, ganz zu schweigen von der Gefahr sich in die Nähe des Schattenritters zu begeben. Es war gefährlich sich in die Angelegenheiten dieses Mannes einzumischen, das würden Naruz und seine Leute noch für genug lernen, aber Aleyandra sollte alles daran setzen dem Ärger aus dem Weg zu gehen, doch stattdessen suchte sie förmlich danach. „Du hast so ziemlichen jeden Befehl ignoriert den ich dir gegeben habe...“ begann er langsam und merkte wie sie ängstlich zusammen zuckte, als ihr klar wurde, dass er sie vielleicht beschützte, aber sie auch jederzeit vernichten konnte wenn ihm danach war. Doch Silberblatt seufzte nur kurz, wenigstens ging es ihr gut, das war alles was zählte. „Aber du lebst noch und es ist dir gelungen Valerius zu töten, also ist alles in Ordnung, denke ich. Es gibt etwas, das über all meinen Befehlen steht und das ist deine Sicherheit, hast du das verstanden? Egal was ich dir vor deinem Auftrag an Befehlen gebe, du kannst sie jederzeit ignorieren, wenn es dir hilft lebend zurückzukehren, das ist am wichtigsten und wird immer über meinen Befehlen stehen, aber übertreibe es nicht, ja?“ Silberblatt lächelte sie freundlich an und schien bereit zu sein alles zu vergessen, aber Aleyandra blinzelte nur verwirrt. Schon seit sie wieder in Navea war, hatte sie sich Sorgen darüber gemacht wie ihr Großmeister reagieren würde, sobald er herausfand, dass sie diesen Auftrag nur missbraucht hatte und letztendlich unternahm er...rein gar nichts. Er bestrafte sie nicht für ihren Ausflug in die Minen und auch nicht für ihr Treffen mit Tigerius. Langsam ging Silberblatt an ihr vorbei und öffnete die Tür, anscheinend wollte er wirklich keinen genaueren Bericht hören. „Es ist am besten wenn du jetzt gehst. Ich muss bald zu einer kleinen Versammlung der Kinder Gaias und lasse dir danach deinen neuen Auftrag zukommen.“
„Eine Versammlung? Aber wozu? Ich dachte es ist am besten, wenn die Mitglieder unserer Einheit sich nicht kennen und niemals treffen?“
„Während du weg warst, ist eine von uns gestorben, oder genauer gesagt, sie wurde ermordet und zwar von einem Bladelli. Er hat sie zu einem Duell herausgefordert und umgebracht.“ Aleyandra starrte ihn verwirrt an. Hatte er gerade gesagt das die Bladelli jemanden ermordet hatten? „Es würde jetzt zu lange dauern dir alles zu erklären, was in deiner Abwesenheit alles passiert ist, aber halte dich bitte von den Bladelli fern, vor allem von einem jungen Mann namens Luca. Er ist nicht gerade gut auf mich und meine Familie zu sprechen, also wird er versuchen sich an den Kindern Gaias zu vergehen. Wenn du irgendwann demnächst einmal an einem öffentlichen Ort zu einem Duell herausgefordert wirst, dann verschwinde so schnell du kannst. Lass dich nicht provozieren und ignoriere diesen sinnlosen Kleinkrieg zwischen Bladelli und Akashi. Das war alles für heute.“
„Ähm, wartet! Darf ich mitkommen zu der Versammlung? Ich...ich habe bisher noch niemanden aus unserer Einheit kennengelernt und würde gerne die anderen Kinder Gaias treffen. Außerdem hat dieser Bladelli auch jemanden aus meiner Einheit getötet, immerhin gehöre ich ebenfalls zum Orden und wäre gerne dabei.“ das stimmte allerdings nur halb, denn sie freute sich nicht wirklich darauf den Abend in einem Raum mit dutzenden Mördern zu verbringen, sie konnte sich schönere Freizeitbeschäftigungen vorstellen, aber sie war immerhin höflich genug um zu fragen.
„Nein, es tut mir leid, aber du wirst nicht mitkommen, Aleyandra. Du kanntest die Tote nicht einmal und hattest nichts mit ihr zu tun, außerdem, bist du noch nicht bereit, um den Rest unseres kleinen Ordens zu treffen. So eine Versammlung ist sehr selten, aber vielleicht kannst du mich zur nächsten begleiten, wenn du bis dahin so weit bist.“
„Wie Ihr meint, Großmeister.“ Aleyandra nickte kurz und ging dann zur Tür, wo sie beinahe mit einer weiteren Besucherin zusammenstieß. Lyaena Akashi stand vor ihr und starrte sie durchdringend an. Die Verlobte ihres Großmeisters trug eine Art weiß-goldene Uniform, die sie wohl nur trug weil sie hoffte das es Silberblatt gefiel, aber Aleyandra fand das die Akashi ohne ein richtiges Kleid etwas albern aussah. Trotz der fast schon zornigen Blicke die Lyaena ihr zuwarf, verbeugte Aleyandra sich höflich und begrüßte sie freundlich. „Guten Tag, Lady Akashi. Es freut mich endlich einmal die Gelegenheit zu erhalten mit Euch zu reden. Ich frage mich schon die ganze Zeit was für eine Art von Frau in der Lage ist jemanden wie Silberblatt für sich zu gewinnen. Vielleicht könnten wir irgendwann...“
„Auf Wiedersehen.“ unterbrach Lyaena sie schroff und drängte sich einfach an der verwirrten Aleyandra vorbei. Ehe Aleyandra wusste was los war, erhielt sie einen kurzen Schubser von hinten und wurde von Lyaena aus dem Zimmer befördert, dann fiel die Tür zu und sperrte das weißhaarige, verwirrte Mädchen aus. Als sie nur noch zu zweit waren, wandte Lyaena sich misstrauisch an Silberblatt, der kurz davor stand genervt mit den Augen zu rollen. Er hasste es wenn sie eifersüchtig wurde. „Wie heißt sie?“

Bild
Bild

„Freut mich auch dich zu sehen, Lyaena.“ begrüßte er sie erst einmal und versuchte eine Antwort auf diese dämliche Frage zu umgehen, aber die Akashi ließ nicht locker und starrte ihn weiterhin erwartungsvoll an. „Und ihr Name ist Aleyandra. Wieso interessiert dich das? Sie ist nur eine Schülerin, genauer gesagt, steht sie kurz davor ein vollwertiges Mitglied meines Ordens zu werden.“
„Toll, schön für sie und schön für dich, dass deine neue Schülerin solche rasanten Fortschritte macht. Ich nehme an, dass ihr beiden sehr oft miteinander trainiert, oder?“ Lyaena verzog das Gesicht, als sie an dieses Mädchen denken musste und fragte sich, ob sie der Grund war, warum Silberblatt sie in letzter Zeit so sehr ignorierte. Seit ihrer Rückkehr nach Navea, ging er ihr aus dem Weg und küsste sie nur selten oder nahm sie in den Arm. „Sie sieht besser aus als deine letzte Schülerin, ihre Haare glänzen mehr und ihre Augen sind heller, außerdem hat sie ein hübscheres Gesicht.“
„Bist du nur hier um dich wieder zu streiten? Ich dachte wir haben das endlich hinter uns gelassen.“
„Onii-chan!“ rief plötzlich eine ungeduldige Teleya. Sie huschte an ihrer großen Schwester vorbei und sprang direkt auf Teregion zu. Sie hatte sich hinter Lyaena versteckt, als Überraschung. Das blonde Mädchen warf sich ihm um den Hals und riss den verdutzten Großmeister fast von den Beinen. „Ich habe dich vermisst! Onii-chan deiski!“
„Lange nicht gesehen, Teleya.“ Silberblatt musste kurz lachen, als sie ihn fest drückte. Es war wie immer schwer Teleya abzuschütteln, aber am Ende gelang es ihm irgendwie und er ließ sie runter. „Seit wann kann sie denn diese Sprache?“
„Ach, ignoriere sie am besten einfach.“ meinte Lyaena und zog Teleya ein Stück von Teregion weg, damit sie ihn nicht mehr ablenken konnte. Sie hatte später genug Zeit um sich mit ihm zu unterhalten „Sie ist auf ihrem Weg hierher kurz mit einer Armani aus dem Cactaraka Dschungel gereist und seitdem redet sie nur noch so seltsam. Ich verstehe kein Wort mehr und will es ehrlich gesagt auch gar nicht.“
„Eine Armani? Wie um alles in der Welt ist sie auf ihrem Weg hierher einer dieser ketzerischen Wilden in die Arme gelaufen? Normalerweise verlassen die ihren Wald nie, außer...hieß diese Armani zufällig Saeca?“
„Ja! Saeca-chan gehörte zu den tapferen Kriegern die mich gerettet haben!“ Teleya riss sich von Lyaena los und begann durch das Zimmer zu springen und mit seltsamen Gesten den Kampf nachzuspielen, was zumindest Silberblatt zum Lächeln brachte. „Meine Kutsche wurde auf der nördlichen Straße überfallen und die Leibwachen wollten mich nicht mitkämpfen lassen, also haben sie verloren...aber dann kamen Senpai, Saeca-chan, die rothaarige Tante und all die anderen und haben mich gerettet! Sie waren unglaublich! Der Kampf hat keine Minute gedauert. Sie haben die Banditen einfach überrannt. Ich wusste gar nicht, dass die Inquisition so starke Leute hat.“
„Stark und unfassbar dämlich.“ dachte Silberblatt, behielt das aber am besten für sich, um Teleyas gute Laune nicht zu ruinieren, also sagte er laut nur lustlos: „Ich kann mir schon denken welcher Inquisitor es war...“
„Sie wurde von Team Mantikor vor Banditen gerettet, sie haben tapfer gekämpft um meine Schwester zu beschützen. Anya Bladelli ist gestern Nachmittag vor unserem Anwesen aufgetaucht und hat Teleya sicher nach Hause gebracht. Seitdem schwärmt Teleya die ganze Zeit von der seltsamen Armani und dem Inquisitorenteam, es ist schwer sie für fünf Minuten ruhig zu kriegen. Vermutlich würde sie auch jetzt noch am liebsten die ganze Zeit wild drauf los plappern, aber sie ist zu aufgeregt dich zu sehen.“ Lyaena lächelte jetzt endlich auch und fuhr mit einem scherzhaften Unterton fort „Sollte ich eifersüchtig auf sie sein und anfangen mir Sorgen zu machen?“
„Ich denke das ist unnötig.“ Teregion lachte, was Lyaena sofort dazu brachte ebenfalls zu Strahlen und Aleyandra endgültig zu vergessen. Alles war besser wenn ihr Verlobter gut gelaunt war, dann gelang es ihm immer wieder sie aufzumuntern, leider lächelte er in ihrer Nähe in letzter Zeit viel zu selten, sondern hatte immer diesen ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt. Teleya dagegen schien von Silberblatts Worten ein wenig eingeschnappt zu sein und verschränkte beleidigt die Arme, blieb aber vorerst still, damit ihre Schwester sie nicht draußen warten ließ.
„Ich dachte...naja, ich dachte daran, dass wir vielleicht in den nächsten Tagen gemeinsam mit Teleya zur Villa der Bladelli gehen und uns bedanken.“ schlug Lyaena vorsichtig vor, was Silberblatt kurz mit den Augen rollen ließ. Sie sah darin die perfekte Gelegenheit die Beziehungen zwischen den beide Familien wieder in Ordnung zu bringen, für ihn dagegen bedeutete es nur das er seine Zeit verschwendete um mit diesen schrecklichen Leuten falsche Höflichkeiten auszutauschen. Aber wenigstens könnte er mal wieder Aynaeth besuchen. Seit Lyaena in der Stadt war, hielt er sich von der Hexe fern, da sie einfach zu niedlich aussah um sich zu beherrschen.
„Oh ja! Bitte, Nii-chan! Ich will Anya besuchen und Naruz-Senpai!“ rief Teleya aufgeregt und stand plötzlich wieder neben ihm.
„Ähm, ich weiß nicht ob das im Moment so gut wäre. Die Lage zwischen unseren Familien ist ein wenig angespannt und ich denke...“ Teregion brach unsicher ab, als er bemerkte, wie Teleya ihn ansah. Sie starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen erwartungsvoll an und wirkte so, als hinge von seiner Antwort das Schicksal der ganzen Welt ab, was selbst ihn nicht kalt ließ. „Ich denke das es eine fantastische Idee wäre, wenn wir uns bei den Bladelli für deine Rettung bedanken. Das wird sicher ähm...großartig.“
„Danke.“ Lyaena lächelte ihn erleichtert an und freute sich darüber, dass sich vielleicht bald alles wieder normalisieren konnte. Die Fehde zwischen den beiden Familien brachte niemandem etwas, es schwächte den Kirchenstaat nur von Innen heraus, was sie in diesen Zeiten nicht gebrauchen konnte, außerdem wollte sie unbedingt einen wirklichen Kampf zwischen Silberblatt und Luca vermeiden. „Teleya? Warum siehst du dir nicht ein paar Bücher von Teregion an und beschäftigst dich, während wir uns unterhalten.“
„Wenn es sein muss...“ Teleya ging betont langsam durch das Zimmer zu einem der Bücherregale und warf den Beiden immer wieder auffällig unauffällige Blicke zu.
„Sie hat sich kaum verändert. Um ehrlich zu sein, ist sie vermutlich nur noch aufgeweckter und lebhafter geworden.“ meinte Silberblatt und hoffte, dass sich dieses Gespräch nicht wieder zu einem Streit entwickelte, Lyaena war in letzter Zeit leicht reizbar, vor allem da er recht gut darin geworden war Ausreden zu erfinden um keine Zeit mit ihr verbringen zu müssen. Es war nicht so das er seine Verlobte hasste, aber Navea gefiel ihm besser ohne sie. Nach der Hochzeit sollte er sie vielleicht wieder auf das Landanwesen ihres Vaters schicken, obwohl Kyosuke das sicher nicht gefallen würde. Bei dem Gedanken daran, dass sein Onkel bald nach Navea kam, lief es ihm eiskalt den Rücken runter. Ausgerechnet jetzt musste das Oberhaupt der Akashi wegen dieser dummen Hochzeit anreisen. In der Zwischenzeit hatte Lyaena irgendetwas gesagt, aber Silberblatt hörte erst jetzt wieder zu, anscheinend hatte sie sich bei ihm entschuldigt, oder war gerade noch immer dabei.
„Es...es tut mir schrecklich leid, dass ich dich verdächtigt habe etwas mit dem Mord an Marius zu tun zu haben. Vor allem nachdem die Familie dieses einen Bladelli tot aufgefunden wurde. Jetzt weiß ich auch endlich, warum dich meine Anschuldigungen so aufgeregt haben. Ich...ich habe dich als feigen Kindermörder beschimpft, ohne es zu wissen und es tut mir leid. Du würdest so etwas niemals tun, das weiß ich!“ sie ging auf ihn zu und er ließ es zu, dass sie ihn umarmte und ihren Kopf auf seine Schulter legte „Ich will nicht schon wieder streiten aber ich...ich habe eine Frage an dich und ich möchte diesmal eine ehrliche Antwort.“
„Großartig, das wird sicher gut enden...“
„Es geht um deinen Vater, ich will wissen, warum er die Kirche verraten hat.“
„W-was?“
„Ich habe vorgestern mit Paolo Bladelli gegessen und mich mit ihm über diesen Luca unterhalten. Er hat mir vieles erzählt und eine Sache...eine Sache wollte er mir nicht verraten, er hat es nur angedeutet. Paolo erwähnte, dass dein Vater ein Verräter ist, dabei dachte ich, das deine Familie tot wäre und du deshalb zu uns kamst.“
„Macht es einen Unterschied, das meine Eltern noch leben?“ fragte Silberblatt gereizt und stieß sie unsanft von sich, und damit war seine halbwegs gute Laune auch schon wieder vernichtet.
„Teregion! Du hast mir schon genug verschwiegen! Ich will wenigstens einmal die Wahrheit hören, das ist alles. Sag es mir doch einfach, ich werde es eh bald erfahren.“ sie sah ihn ungeduldig an und wusste, dass ihr Verhalten nicht gerade dabei half ihm die Wahrheit zu entlocken, aber das war ihr egal. Sie hatte gute Gründe um sauer auf ihn zu sein. Bisher hatte sie gedacht, dass seine Lügen erst begannen als sie damals nach Navea zogen, aber jetzt musste sie herausfinden, dass er sie schon belog seit sie sich kannten. Er hatte seine erste Liebe verschwiegen, den Verrat seiner Eltern und wer wusste, welche Geheimnisse er noch für sich behielt? Sie war immer ehrlich zu ihm gewesen, zumindest wenn es um Dinge ging, die sie beide betrafen und für sie beide wichtig waren. Die Geheimnisse von Paolo Bladelli und Luca, würde sie trotzdem für sich behalten, immerhin hatte sie es Paolo versprochen, außerdem war es nicht weiter wichtig für ihre Beziehung. „Mein Vater wird mir sowieso alles erzählen wenn ich ihn frage und das werde ich sobald er nach Navea kommt, das verspreche ich dir.“
„Dann frag ihn halt sobald er hier ist, das ist leichter für uns beide. Ich spare Zeit, weil ich dir nicht alles erklären muss und du kannst dir die Geschichte vom großen Kyosuke Akashi persönlich anhören. Er ist sowieso viel besser darin Geschichten zu erzählen die eh niemand hören will.“
„Ich würde es aber lieber von dir erfahren! Bisher dachte ich immer, dass deine Eltern im Kampf gegen die Alfar gefallen sind. Als du damals zu uns gekommen bist, hat Vater uns gesagt das sie beide bei einem Überfall der Alfar getötet wurden und du sonst niemanden mehr hattest, zu dem du gehen konntest. Wir sollten dich bei uns aufnehmen, bis man einen geeigneten Platz in der kirchlichen Streitmacht für dich fand und das haben wir.“ sie hatte ihn sogar in ihr Herz aufgenommen und dachte bis vor etwa einem Jahr auch, das zwischen ihnen alles in Ordnung wäre, aber es kamen immer mehr Dinge ans Licht, die sie tief in ihrem Inneren gar nicht wissen wollte. Alleine schon wenn sie daran dachte das es unter den Kindern Gaias vielleicht noch andere Frauen gab die er traf machte sie verrückt, aber das Geheimnis um seinen Vater würde sie lüften, immerhin das wollte sie wissen. „Warum hast du mir und meinen Schwestern niemals die Wahrheit erzählt? Oder wenigstens mir, immerhin sind wir verlobt! Du hast mir geschworen, dass du mich liebst und ehrlich zu mir sein willst und...“
„Nein, das ist nicht ganz richtig. Ich habe geschworen dich zu lieben, von Ehrlichkeit, habe ich niemals etwas gesagt.“ korrigierte Silberblatt sie und hatte augenscheinlich kein Interesse daran besonders nett oder sanft mit Lyaenas kleinem Wutanfall umzugehen. Sollte sie sich ruhig aufregen, das tat sie öfter, irgendwann beruhigte sie sich wieder und in ein, zwei Tagen, hatte sie die ganze Sache mit seinen Eltern wieder vergessen. „Ich muss dir gar nichts erzählen und das werde ich auch nicht, aber du darfst jetzt gehen, vor allem wenn du weiterhin so schreist.“
„Es reicht mir! Du beachtest nichts was ich sage! Hör endlich auf mich zu ignorieren, Teregion! Ich versuche doch nur, dich besser zu verstehen, damit unsere Ehe funktionieren kann. Ist dir das denn vollkommen egal?“ ihr Zorn stieg endgültig ins unermessliche, als sie merkte, wie er an ihr vorbei sah und nur darauf wartete, dass sie fertig wurde. Er wollte gar nicht mit ihr reden und auch nicht an ihrer Beziehung arbeiten, sondern nur seine Ruhe und das, ließ Lyaena vor Wut kochen. Bemerkte er denn gar nicht wie sehr er ihr mit seiner achtlosen Art wehtat? Sie wollte nichts weiter als von ihm bemerkt werden, er sollte sich nur mit ihr unterhalten und ihr alles anvertrauen, so wie es Liebende ihrer Meinung nach tun sollten. „Hörst du mir überhaupt noch zu oder bist du in Gedanken schon bei deiner Schülerin!?“
„Ja, ja, ich höre dir zu. Ich soll aufhören dich zu ignorieren und dir mehr Respekt entgegenbringen.“ murmelte Silberblatt gelangweilt, was Teleya ein breites Grinsen entlockte, auch wenn sie vorgab nicht zuzuhören und so tat, als würde sie irgendein Buch lesen. Eine Tarnung, die nicht besonders gut funktionierte, da sie es falsch herum hielt.
„Ich lasse mich nicht einfach wieder von dir vertreiben, Teregion und diesmal wirst du mich auch nicht wieder mit irgendeiner ausweichenden Antwort ablenken oder mich einwickeln. Ich will die Wahrheit über den Mann wissen den ich bald heiraten werde, mehr verlange ich doch gar nicht.
„Wie gesagt, frag deinen Vater sobald er eintrifft, er wird dir sicher alles erzählen.“
„Nein, ich werde die Wahrheit von dir erfahren, ich muss sie von dir erfahren. Alles was du bist, verdankst du nur mir, weil ich damals ´Ja` gesagt habe und dir glücklich um den Hals gefallen bin. Hätte ich mich anders entschieden und niemals in dich verliebt, würdest du heute nicht mehr sein als irgendein niederer Soldat und dich noch immer durch die untersten Ränge der Armee quälen. Nur wegen meinem Vater, hat man dich so früh zum Inquisitor ernannt und...“
„Ich weiß das alles selbst, aber was hat das mit unserer Beziehung zu tun?“ Silberblatt wurde schlagartig ernster, er wusste selber ganz genau was er ihr und ihrem Vater verdankte, aber das änderte nichts daran, dass er ihr nicht alles über sich erzählen würde „Willst du mich in Ketten vor den Altar schleifen lassen? Soll ich dich nur heiraten und lieben, weil du mir ansonsten mit deinem Vater drohst? Willst du mich dazu zwingen dich zu heiraten, weil du mir ansonsten meinen Rang nimmst?“
„Nein, das will ich nicht! S-so war das nicht gemeint. Ich...ich...“ zumindest für den Moment schien ihre Wut verraucht zu sein, aber sie lauerte noch immer direkt unter der Oberfläche, Lyaena würde sich nicht von so einem erbärmlichen Ablenkungsversuch abwimmeln lassen „Es tut mir leid, wenn es so rübergekommen ist als wollte ich dich mit unserer Verlobung erpressen, das stimmt nämlich nicht. Ich weiß, dass du mich nicht nur deswegen heiraten willst und du sicher auch ohne meinen Vater so hoch aufgestiegen wärst.“
„Gut, dann lerne damit zu leben, dass ich dir nicht alles erzählen muss, vor allem nicht Dinge, die ich mit niemandem teile, nicht einmal mit dir. Ich habe mich damals in dich verliebt und um deine Hand angehalten, das ist alles was für dich zählen sollte und nicht irgendeine uralte Familiengeschichte die dir dieser nutzlose alte Bladelli in den Kopf gesetzt hat.“
„Und genau damit, liegst du falsch, Teregion. Es ist keine unwichtige Geschichte, es ist ein Teil deiner Vergangenheit und damit auch meiner. Ich werde niemanden heiraten der nicht ehrlich zu mir sein kann, denn wenn du nicht ehrlich zu mir bist, dann respektierst und liebst du mich auch nicht.“ Lyaena ballte ihre Hände kurz zu Fäusten und sah so aus, als wollte sie noch eine ganze Weile mit dem Streit fortfahren, schüttelte dann aber nur genervt den Kopf und riss die Tür auf. Als sie die Tür hinter sich zuschlug, zuckte Teleya bei dem Knall kurz erschrocken zusammen und man konnte hören, wie sie draußen anfing zu fluchen, während sie davon rannte.
„Auf Wiedersehen.“ murmelte Silberblatt leise und wusste nicht so genau, ob er jetzt froh darüber sein sollte das der Streit vorbei war, oder ob er sich Sorgen um sie machen musste. Es wurde Zeit das Kyosuke endlich nach Navea kam und das ganze Chaos hier beendete, dann würde auch Lyaena sich wieder beruhigen, aber bis dahin, sollte er sie besser in Ruhe lassen. „Der Tag wird immer besser und besser.“
„Ist sie sehr wütend auf dich, Nii-chan?“ erst jetzt fiel ihm auf, dass Teleya nicht mit der aufgebrachten Akashi abgezogen war, sonder neben ihm stand und neugierig zu ihm herauf blickte, während sie sacht an seiner Uniform zog, um auf sich aufmerksam zu machen. Anscheinend sah sie jetzt ihre Chance gekommen ihn endlich einmal für sich alleine zu haben.
„Oh, Teleya, du bist ja noch immer hier. Solltest du nicht lieber deiner Schwester folgen bevor sie sich aus dem Staub gemacht hat?“
„Sie kommt schon klar.“ antwortete Teleya desinteressiert und verschwendete keinen Gedanken mehr an ihre ältere Schwester. Lyaena mochte es sich aufzuregen, sie konnte selbst über Kleinigkeiten wie irgendeine Geschichte Stunden jammern und sich schrecklich aufregen. Allerdings nur wenn es um ihren Verlobten ging, ansonsten war sie eine ruhige und ausgeglichene Person, aber bei Teregion fing sie immer gleich an zu schreien oder zu weinen. „Als sie damals zurück zu unserem Anwesen auf dem Land gekommen ist, hat sie sich auch dauernd so benommen und war ständig wütend oder traurig oder beides gleichzeitig. Sie hat anfangs immer nur geweint, dann wurde sie zornig und hat angefangen schlecht über dich zu reden, aber auch das hielt nicht lange an. In ein paar Stunden hat sie sich wieder beruhigt und weiß gar nicht mehr warum ihr euch gestritten habt.“
„Ich weiß, aber diesmal schien sie wirklich sauer zu sein und es nicht nur zu spielen um meine Aufmerksamkeit zu kriegen.“
„Keine Angst, wenn Nee-chan dich nicht mehr will, darfst du mich heiraten.“ Teleya lächelte ihn an und könnte ihr Glück kaum fassen ihn endlich einmal ohne Lyaena zu sehen, wenn sie nur schön älter wäre, dann könnte sie ihn wirklich heiraten „Ich würde dich niemals anschreien, das verspreche ich.“
„Gut zu wissen, ich werde es mir merken.“ er legte ihr kurz seine Hand auf den Kopf und sie schnurrte zufrieden wie eine Katze „Beschäftigst du dich eigentlich noch immer regelmäßig mit deinen magischen Übungen oder hast du damit inzwischen wieder aufgehört? Als wir uns das letzte mal gesehen haben, wolltest du eine große Magierin werden.“
„Klar, das will ich noch immer! Willst du sehen was ich gelernt habe?“ als Silberblatt aufmunternd nickte, begann Teleya aufgeregt mit ihren Fingern seltsame Zeichen zu formen. Sie bewegte ihre Finger immer schneller, bis es schwer wurde ihren Bewegungen überhaupt noch zu folgen, geschweige denn die merkwürdigen Runen und Schriftzeichen zu erkennen die sie bildeten. Interessiert betrachtete Silberblatt ihre Bemühungen auf ungewöhnliche Art einen Zauber zu weben. Er konnte die Energie spüren, die durch ihre Finger floss und sich in ihren Händen sammelte. Es war kein besonders großer Zauber, zumindest nicht für einen voll ausgebildeten und erwachsenen Magier, aber für ihr Alter, stellte es eine herausragende Leistung dar. Als sie endlich fertig war, streckte sie ihm beide Hände entgegen und zeigte ihm ihre offenen Handflächen. Darauf stand eine kleinere Version ihrer Schwester, Yuki Akashi. Sie war etwa ein Jahr älter als Teleya und die beiden sahen fast gleich aus, aber die Miniaturversion von Yuki wirkte deutlich verwegener. Ihre hellen Haare waren wirr und durcheinander, außerdem wirkten sie, als hätte Yuki versucht sie mit einem stumpfen Messer etwas zu kürzen. Sie trug eine leichte, schwarze Rüstung, in einer Hand hielt sie einen gefährlich aussehenden Speer und saß stolz auf einem riesigen, grauen Wolf, Fenris, ihr Eidolon. Teleya bemühte sich das magische Abbild ihrer Schwester so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, damit Silberblatt es sich genau ansehen konnte, aber nach einer Weile fiel es in sich zusammen, als Teleyas Konzentration nachließ. Mit einem eher fragenden und vorsichtigen Lächeln wandte sie sich an Teregion und hoffte darauf, dass sie sich nicht zu sehr vor ihm blamiert hatte weil der Zauber nicht so lange hielt. „G-gefällt es dir? Ich habe versucht Yuki so zu erschaffen, wie ich sie mir im Moment vorstelle.“
„Beeindruckend. Deine magischen Kräfte sind sehr weit fortgeschritten, vor allem für dein Alter.“ Teleya begann übers ganze Gesicht zu strahlen, als sie das hörte und er sagte es nicht nur, damit sie sich freute, sondern weil es ihr wirklich gelang ihn ein wenig zu beeindrucken. Eigentlich sollte sie noch nicht einmal zu so einer kleinen Illusion in der Lage sein, aber ihre Art zu zaubern erschien zumindest auf den ersten Blick sehr effektiv. Es gelang Teleya ihre Kräfte perfekt einzuteilen, im Gegensatz zu Aleyandra, die selbst bei schwachen Zaubern immer ihre ganze Kraft verschwendete und am Ende vollkommen entkräftet war. Vermutlich half es Teleya die Energie durch ihre Finger zu leiten. Die meisten menschlichen Magier, kontrollierten Magie alleine durch die Macht ihrer Gedanken, andere wiederum benutzten machtvolle Runen oder Schriftzeichen. Die Hexer aus Vo Astur bevorzugten es ihre Macht durch magische Katalysatoren wie besondere Waffen oder ihre Grimoire zu kanalisieren und zu verstärken. Unter den Alfar dagegen, war es üblich Magie mithilfe uralter Formeln in einer seltsamen Sprache zu wirken und die Zauber mit der Macht des Wortes zu erschaffen. Aber Teleya schien ihren eigenen Weg gefunden zu haben und das alleine war bereits beeindruckend und interessant genug. Anderseits, sah es ihr irgendwie ähnlich, dass sie auf diese ungewöhnliche Art und Weise Magie einsetzte. Teleya war meistens zu unruhig, um fein säuberlich Runen zu zeichnen, bei deinen ein winziger Fehler den Tod bedeuten konnte und Magie nur mithilfe ihres Verstandes zu wirken kam auch nicht wirklich in Frage, da sie sich viel zu leicht ablenken ließ.
„Es geht langsamer voran seit Yuki weg ist. Sie war schon immer besser als ich und hat mir immer geholfen. Ohne sie gibt es niemanden mehr mit dem ich üben kann. Lyaena ist in Sachen Magie in etwa so begabt wie ein Stein und Vater ist zu beschäftigt, um mich überhaupt zu bemerken, also habe ich bisher auch keinen richtigen Magier als Lehrer bekommen. Ich habe versucht mir selber ein bisschen was anzueignen, aber das hat nicht so gut funktioniert und letztendlich konnte ich nicht mehr als ein paar Zauber zu kopieren die du uns früher gezeigt hast.“ Teleyas fröhliches Strahlen verblasste während sie redete und am Ende wirkte sie einfach nur noch niedergeschlagen und bedrückt. Es tat ihr nicht gut an ihre vermisste Schwester zu denken, dann machte sie sich nur wieder Sorgen. Sie und Yuki waren fast wie Zwillinge gewesen und hatten sich nie voneinander getrennt, seit sie weg war, fühlte Teleya sich elend. „Weißt du...weißt du wie es Yuki geht? Ich vermisse sie
„Ich bin sicher es ist alles in Ordnung mit ihr. Die Kirche hat die Verfolgung aufgegeben, weil sie längst über alle Berge ist. Außerdem ist Fenris sehr stark, er wird sie sicher beschützen und mit seinem Leben verteidigen.“
„Ja, das glaube ich auch. Wir sind Schwestern und zusammen aufgewachsen, ich würde es wissen, wenn ihr etwas passiert ist, ich bin sicher ich könnte es spüren, aber ich fühle nicht das sie sich in Gefahr befindet, also wird alles in Ordnung sein, richtig?“ sie sah ihn an, als wartete sie darauf, dass er ihr zustimmte, aber das konnte Silberblatt nicht, also fuhr sie schnell fort, auch wenn sie kurz etwas enttäuscht klang „Ich habe eine tolle Idee. Du könntest mich doch ausbilden, Onii-chan! Immerhin bist du ein Großmeister der Kirche und du führst die Kinder Gaias an! Lyaena hat mir viel von deinen Fähigkeiten erzählt und ich weiß noch, dass du uns damals immer mit tollen Zaubern unterhalten hast! Du kannst mir sicher viel mehr beibringen als irgendein langweiliger, alter Magier! Ich könnte auch ein Kind Gaias werden und mit dir für Gaia kämpfen und...“
„Nicht so schnell, nicht so schnell.“ unterbrach Silberblatt sie lachend und würgte ihren Redeschwall ab, bevor sie noch über ihre eigene Zunge stolperte, wenn es darum ging schnell zu reden, war sie jetzt schon eine wahre Meisterin „Du bist noch viel zu jung, um überhaupt ans Kämpfen zu denken, vielleicht irgendwann wenn du älter bist und dann noch immer meinem Orden beitreten willst.“
„Oh, schade...“ Teleya senkte kurz deprimiert den Kopf, dann sah sie zur Tür, aus der vor wenigen Minuten erst ihre Schwester gestürmt war und seufzte traurig, sie wollte nicht wieder zurück in das Anwesen ihrer Familie, da war es langweilig und es gab niemandem mit dem sie sich unterhalten konnte, außer Lyaena...und die hatte nur die bevorstehende Hochzeit im Kopf „K-kann ich noch eine Weile bei dir bleiben? Lyaena braucht sowieso etwas Zeit um sich wieder zu beruhigen und naja, sie kann sehr sehr schnell rennen wenn sie wütend ist. Ich bezweifle, dass ich sie noch einholen kann vor allem wenn sie richtig in Fahrt ist.“
„Na schön, ich muss sowieso erst in einer Stunde los und bringe dich dann zurück zu unserem Anwesen. Außerdem hast du recht, es ist am besten, wenn man deiner Schwester ein bisschen Zeit lässt und ihr solange aus dem Weg geht. Sie regt sich schnell auf, aber beruhigt sich auch genauso schnell wieder, das war schon immer so.“ Silberblatt hätte sie auch gleich nach Hause bringen können, aber er wollte ihre magischen Fähigkeiten noch etwas überprüfen und ihr vielleicht das ein oder andere beibringen. Sie weckte ein wenig sein Interesse, was nur wenigen Akashi gelang, da die meisten ihn schrecklich langweilten. Immerhin war sie im Gegensatz zu Lyaena vielversprechend. Teleya könnte wirklich eines Tages zu einer mächtigen Magierin werden und nützlich sein, während Lyaena über keinerlei Talent verfügte. Sie war die Erbin der mächtigsten Familie der Welt und konnte rein gar nichts außer nett Lächeln, was er nicht unbedingt als Talent bezeichnete. Mit einem Schwert konnte sie noch ungeschickter sein als Aleyandra und ihre magische Kraft war nett ausgedrückt erbärmlich. Kein Wunder das ihr Vater so dringend auf einer schnellen Hochzeit bestand. Trotzdem erschien Silberblatt die Sorge von Kyosuke Akashi um die Erbfolge etwas übertrieben. Das Oberhaupt war erst Mitte Vierzig und machte jetzt schon so einen Aufstand als stünde er kurz vorm Tod. Es nervte Silberblatt ehrlich gesagt etwas. Es gab wichtigere Ziele für ihn als die Akashi zu beaufsichtigen und Oberhaupt zu spielen. Sein kleiner Orden wuchs und gedieh, aber war noch immer zu schwach für das, was er plante. Sie mussten ihre Anzahl schneller vergrößern, viel schneller. Noch einmal musterte er interessiert Teleya, die angestrengt nach weiteren Zaubern suchte mit denen sie ihn beeindrucken konnte. Noch ein paar Jahre und sie könnte den Kindern Gaias beitreten, je nachdem wie schnell ihre Ausbildung zur Magierin voranging. Wenn sie genauso talentiert war wie er vermutete, konnte sie vielleicht in einem Jahr schon irgendeinen kleineren Auftrag erfüllen. Bisher befanden sich kaum Akashi unter den Kindern Gaias und das war auch gut so. Silberblatt konnte niemanden gebrauchen, der die Treue zum Oberhaupt über die Treue zu ihm stellte, aber Teleya mochte ihn vielleicht genug um sich einen Platz in seinem Orden zu verdienen. „Soll ich dir ein paar kleinere Zauber beibringen? Wir sollten generell darüber nachdenken, ob du nicht vielleicht an die Magierakademie der Kirche hier in Navea gehen solltest, anstatt dich auf dem Anwesen der Akashi zu langweilen. Ich bin sicher du hast eine große Zukunft als Magierin vor dir, wir müssen dein Talent nur endlich fördern. Es wurde bereits viel Zeit verschwendet in der man deine Fähigkeiten hätte ausbauen können. Dein Vater wird sicher zustimmen. Wir Akashi haben schon immer die bedeutendsten und mächtigsten Magier von Süd-Midgard gestellt. Er wird sich nicht dagegen wehren dich zur Magierin ausbilden zu lassen wenn ich ihn darum bitte und ihm dein Potential begreiflich machen kann.“
„W-wirklich? Du würdest mit meinem Vater über meine Ausbildung zur Magierin reden?“
„Ja, natürlich, immerhin kann man deine Kräfte nicht einfach so verkümmern lassen. Aber dafür musst du mir eines versprechen: Bitte, leg bei Lyaena ein gutes Wort für mich ein, ansonsten hetzt sie mir irgendwann noch ihre Wachen auf den Hals und sagt die Hochzeit ab. Du weißt ja wie impulsiv und irrational sie manchmal sein kann. Ich will nicht, dass sie mich hasst und möchte sie wieder beruhigen. Hilfst du mir dabei?“
„Hai!“ rief Teleya glücklich, auch wenn sie das nicht gerade gerne tat. Lyaena machte sowieso nichts anderes mehr, als sich mit Teregion zu streiten und daran konnte sie nicht viel ändern, außerdem wollte sie es auch nicht wirklich. Natürlich wollte sie ihre Schwester auch nicht traurig sehen, aber konnte es nicht vermeiden ein wenig neidisch zu werden, als sie daran dachte, dass Lyaena schon bald Teregion heiraten durfte.



Einige Stunden später, stand Teregion mit ausdrucksloser Miene vor einer kleinen Gruppe von Männern und Frauen. Sie alle trugen graue Umhänge und fast jeder der zwei Dutzend Kinder Gaias, hatte weiße oder silberne Haare. Obwohl sie ihre Gesichter de ganze Zeit auf den Boden richteten, konnte man hin und wieder rote Augen leuchten sehen. Sie beteten im Stillen zu Gaia, jeder für sich alleine, denn in ihren Gebeten ging es oft auch um ihre vergangenen und zukünftigen Missionen und dieses Wissen durften sie nicht einmal mit ihren Brüdern und Schwestern teilen. Der Ort an dem sie sich trafen war nichts besonderes, irgendein leeres Kellergewölbe unter einem verlassenen Haus, das von einem Zauber hell erleuchtet wurde. Es war zwar kein sehr hübscher Versammlungsraum, aber immerhin wollten sie hier nicht einziehen, sondern nur ein kurzes Gespräch führen.
Es war ungewöhnlich, dass sich so viele Kinder Gaias an einem einzigen Ort versammelten, denn normalerweise hielt ihr Großmeister sie voneinander fern. Nicht unbedingt weil sie nicht die Identität ihrer Ordensbrüder herausfinden durften, sondern weil die meisten sich nicht gut miteinander verstanden. Sie alle waren ausgezeichnete Magier und Krieger und wenn sie sich trafen, wetteiferten sie gerne darum wer der beste war, wer die rechte Hand des Großmeisters sein durfte und das ging Silberblatt auf die nerven. Zum Glück befanden sich nicht alle aus ihrem Orden heute hier, ansonsten würden sie sich sofort an die Kehle gehen sobald er ihnen den Rücken zudrehte. Er sorgte immer dafür, dass nur die Hälfte von ihnen sich in Navea aufhielt, während die andere Hälfte unterwegs war und Missionen erfüllte, immerhin wusste er nie wann er seinen Orden brauchen konnte um sich zu verteidigen. Insgesamt gab es etwas mehr als Fünfzig Kinder Gaias und abgesehen von wenigen Ausnahmen, hatten sie alle weiße Haare. Die meisten von ihnen stammten von Einwohnern der grauen Stadt ab, das war Silberblatt sehr wichtig gewesen. Er wollte keine Akashi, Bladelli, Doni oder andere Adeligen aus dem Kirchenstaat in seinen Reihen haben, letztendlich standen die immer nur treu zu ihren Familien wenn es hart auf hart kam.
Gerade hatten sie ihr Gebet zu Gaia beendet und Silberblatt wollte sich an die wartenden Männer und Frauen wenden, als etwas passierte, was seine Laune nicht unbedingt besserte, er wurde einfach dreist unterbrochen.
„Heil Serena.“ erklang es plötzlich von einer jungen Frau mit langen, weißen Haaren und rotbraunen Augen, welche die Farbe von getrocknetem Blut hatten. Ihr Name war Lanea und normalerweise gehörte sie zu seinen eifrigsten Verehrern, aber sie war etwas schwierig, seit ihre jüngere Schwester sich auf einer Mission befand. Ihre Schwester hieß Cecilia und war Silberblatts letzte Schülerin vor Aleyandra gewesen, bis Lyaena ihn mit genau dieser Schülerin im Bett erwischte. Seitdem befand Cecilia sich auf einem Selbstmordkommando im Norden, um ihm zu beweisen, dass sie bereit war für ihn alles zu tun und um zu zeigen, wie toll sie war, aber das ließ ihn ziemlich kalt. Er wünschte sich im Moment nur, dass sie ihre Schwester mitgenommen hätte, damit er endlich seine Ruhe haben konnte. Lanea jedenfalls hob leicht den Kopf und starrte ihn herausfordernd an, während sie etwas leiser fortfuhr. „Die einzig wahre Göttin. Die Herrin des Mondes, die dazu auserkoren ist über ganz Midgard zu herrschen und die falsche Göttin und ihre ehrlosen Anhänger zu vernichten, sie auf ewig vom Antlitz der Erde zu fegen und ihre falschen Königreiche einzureißen.“
„Danke für diesen sinnlosen Kommentar, Lanea...“ erwiderte Silberblatt trocken und ignorierte seine ehemalige Partnerin auch schon wieder. Sie war in etwa genauso alt wie er und sie kannten sich jetzt seit über sechs Jahren. Nach seiner Ernennung gehörte sie zu seinem Team und war als einzige von Team Medusa noch am Leben, der Rest war bei ihren gefährlichen Aufträgen irgendwann auf der Strecke geblieben, weil sie mit Silberblatts Tempo und Kraft nicht mithalten konnten. Da sie es aber irgendwie geschafft hatte noch am Leben zu sein, war er meistens etwas nachsichtiger zu ihr, vielleicht zu nachsichtig. Immerhin hatten sie sich hier versammelt um über Norena zu sprechen, das Mädchen mit den grünen Augen und weißen Haaren, das von den Bladelli ermordet wurde. Es war ein ziemlicher Schock gewesen, als ihr Kopf plötzlich in Lucas Hand auftauchte. Er hatte sie gut gekannt, sie ausgebildet und ab und zu auch das Bett mir ihr geteilt. Leider war sie nie die mächtigste Magierin oder Kriegerin gewesen, aber wenigstens hatte er sich niemals um ihre Loyalität sorgen müssen. Sie hätte treu zu ihm gestanden, egal was in Zukunft noch alles passieren würde und genau deswegen schmerzte ihr Verlust so. „Es ist jedem selbst überlassen für die Seele von Norena zu beten, wir sollten diese Versammlung nicht unnötig in die Länge ziehen. Solange wir uns alle zusammen an einem Ort aufhalten, sind wir ein zu leichtes Ziel, also kommen wir gleich zum wichtigsten. Wir werden einige Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen, damit nicht noch mehr von euch diesem Wahnsinnigen zum Opfer fallen. Er wird sicher nicht aufhören und...“
„Norena war unfähig und hatte es letztendlich nicht anders verdient.“ unterbrach ihn Lanea und hob ihren Kopf diesmal ganz an, um ihm herausfordernd in die Augen zu blicken „Das göttliche Blut in ihren Adern floss nur noch schwach und war verschmutzt. Es war klar, dass sie keine Chance gegen diesen Luca hatte und sich leicht von ihm reizen ließ. Sie war schon immer etwas...aufbrausend wenn es um Euch ging, Großmeister. Ich habe mit Augenzeugen des Duells gesprochen. Luca hat Euch beschimpft und beleidigt, solange, bis Norena den Kampf akzeptierte und versuchte ihn für seine Worte zu bestrafen. Es war vorherzusehen, dass so eine billige Taktik bei ihr erfolgreich sein würde und auch, dass sie Luca haushoch unterlegen war.“
„Ja, du hast mit allem was du sagst recht, Lanea.“ Silberblatt tadelte sich in Gedanken selber dafür, dass er nicht mit so etwas gerechnet hatte, niemand sonst hier hätte es gewagt ihn ohne Erlaubnis anzusprechen, aber sie kannten sich schon viel zu lange „Norena war schwach und ihr Blut, nicht so rein und alt wie das von manch anderen in unseren Reihen, aber darauf kommt es nicht an. Sie war unsere Schwester! Wir waren mit ihr verbunden, durch unser Blut und den heiligen Willen Serenas! Sie war eine von uns und dazu auserkoren Gaia, der Erschafferin der Mondgöttin, zu dienen. In ihr floss das Blut der Auserwählten, den Kindern des Mondes. Egal wie schwach sie vielleicht war, am Ende gehörte sie trotzdem zu uns und ich werde es nicht dulden, das jemand schlecht über sie spricht, hast du das verstanden?“
„Und doch, wollt Ihr verhindern, dass wir unsere Schwester rächen?“ Lanea lächelte siegesgewiss, als der Großmeister genau das sagte, was sie hören wollte. Ihre Freude über seine Worte, brachte Silberblatt dazu genervt das Gesicht zu verziehen, er hatte nicht damit gerechnet das jemand seiner Leute es wagen konnte diesem Befehl zu widersprechen. Der Rest der Kinder Gaias senkte weiterhin respektvoll die Köpfe. Keiner von ihnen wagte es etwas zu sagen, aber er konnte erkennen das sie sich hin und wieder kurze Blicke zuwarfen. Sie dachten genauso wie Lanea und er konnte es ihnen nicht verübeln. Am liebsten würde er auch einfach den Mörder jagen und zur Strecke bringen, aber es gab im Moment wichtigeres als Rache, das mussten die anderen endlich begreifen. Doch Lanea sah das anscheinend anders, denn sie wagte es inzwischen sogar aufzustehen und voller Elan weiterzureden. „Sie wurde von Luca Bladelli in Stücke gerissen! Sein Zauber hat ihren gesamten Körper explodieren lassen und ihren Kopf behielt er als Trophäe, als wäre sie irgendein wildes Tier das er sich über den Kamin hängen kann nachdem er es erlegt hat! Sie war unsere Schwester und trotzdem verlangt Ihr von uns, das wir einfach zusehen wie ihr Mörder frei und unversehrt durch Navea läuft und noch mehr von uns abschlachtet? Die Bladelli haben uns mit dem Tod von Norena den Krieg erklärt, das erkennt jeder von uns! Sie wollen unseren Orden vernichten und...“
„Es reicht!“ rief Silberblatt aufgebracht und Unruhe breitete sich unter den Anwesenden aus, als eine Welle seiner Macht über sie rollte, sogar Lanea zuckte zusammen und kniete sich wieder hin, den Kopf aber weiterhin trotzig erhoben „Ich wiederhole es nicht noch einmal: Luca Bladelli und seine Familie, werden nicht angerührt. Wir halten uns aus den Streitigkeiten der Akashi und Bladelli heraus, alles andere würde nur unnötig die Aufmerksamkeit der restlichen Kirche auf uns lenken. Paolo Bladelli setzt schon jetzt seit einiger Zeit alles daran, um unseren Orden zu vernichten. Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt, oder muss ich dich daran erinnern, wo dein Platz ist, Lanea?“

Bild

„Nein, Großmeister, verzeiht mir meine übermütigen Worte. Ich mache mir nur Sorgen um...um meine Schwester. Sie ist noch immer nicht von ihrer Mission zurückgekehrt und ich befürchte, dass Luca Bladelli nur auf genau so eine Gelegenheit wartet. Er könnte versuchen unsere Brüder und Schwestern abzufangen wenn sie von ihren Missionen nach Navea zurückkehren und sich nicht auf den Schutz des ganzen Ordens verlassen können.“ die junge Frau senkte in falscher Demut den Kopf, aber er wusste, das sie nicht so schnell locker ließ, wenn Lanea sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann gab sie das auch nicht mehr so schnell auf „Selbst wenn Ihr wollt das wir uns nicht rächen, müssen wir uns trotzdem irgendwie auf weitere Angriffe der Bladelli vorbereiten. Dieser Luca ist ein Wahnsinniger und Norena wird sicher nicht sein einziges Opfer bleiben. Was werdet Ihr unternehmen, um Eure Brüder und Schwestern zu beschützen, wenn Ihr uns schon verbietet uns zu wehren?“
„Es ist dein gutes Recht aufgebracht zu sein, Lanea. Du vermisst deine Schwester und machst dir Sorgen, um die Zukunft unseres Ordens, aber keiner von Euch, darf sich von seinen Sorgen und Ängsten überwältigen lassen. Die Bladelli wollen uns vernichten, aber dazu sind sie nicht stark genug, also betteln sie beim Erzbischof um Hilfe. Ihr seid die besten Magier und Krieger, die Süd-Midgard jemals hervorgebracht hat. Es gibt nichts, wovor wir uns fürchten müssen, außer...außer vor der geballten Macht der Kirche und genau diese Macht, werden wir wecken, wenn wir gegen den Erben der Bladelli vorgehen. Es ist besser unsere Rache an ihm zu verschieben, bis unsere Situation besser ist und die Hohetempler die Fehde nicht mehr überwachen.“ Lanea wirkte, als wollte sie ihm sofort widersprechen und er wusste, dass sie mit ihren Worten nicht ganz unrecht hätte. Die Kinder Gaias könnten gegen die Hohetempler bestehen, zumindest mit etwas Glück und der Magie, die er den Mitgliedern seines Ordens beibrachte, aber selbst ein Sieg gegen den General würde sie nicht weiterbringen, im Gegenteil, es würde alles vernichten woran sie arbeiteten „Du bist auf Rache und Krieg aus, das ist mehr als verständlich, aber es wird keinen Krieg geben. Hast du mich verstanden, Lanea? Wir werden uns nicht mit den Hohetemplern messen, nicht mit den Bladelli und auch nicht mit den Akashi. Ich befehle euch allen, die Stadt noch heute zu verlassen. Für einige von euch habe ich Aufträge, die euch beschäftigen werden. Die Anweisungen befinden sich in euren Wohnungen, zusammen mit genug Geld, um einige Monate zu überleben. Der Rest, erhält ebenfalls Geld und wird sich im Umland versteckt halten. Ich will nicht riskieren, das Luca Bladelli noch mehr von euch umbringt. Ich weiß das es genug unter euch gibt, die in der Lage wären ihn auch alleine zu besiegen, aber das trifft nicht auf alle zu. Jeder Verlust wirft uns weiter zurück, verzögert alles, wofür wir seit Jahren arbeiten. Norena´s Tod hat uns bereits mehr als genug Schaden zugefügt, wenn noch mehr von euch in die Fehde zwischen Akashi und Bladelli geraten, könnte alles zerbrechen wofür wir kämpfen.“ langsam erhoben die Kinder Gaias sich und sahen ihn unsicher an, keiner von ihnen fühlte sich wohl dabei ihren Großmeister alleine in einer Stadt voller Feinde zu lassen, aber das störte Silberblatt nicht weiter „Ich lasse auch Nachrichten an alle Kinder Gaias schicken, die sich derzeit außerhalb von Navea befinden. Ihr könnt jetzt gehen und mit dem Segen Gaias, wird diese alberne Fehde bald vorbei sein...dem Segen, der einzig wahren Göttin.“ bei seinen letzten Worten, warf er Lanea einen kurzen, säuerlichen Blick zu, die ihn nur zornig anstarrte. Sie hasste Gaia, aber musste endlich lernen, es besser zu verbergen, ansonsten landete sie eines Tages noch auf dem Scheiterhaufen. Die Kinder Gaias verschwanden nach und nach, um sich zu verteilen und Navea zu verlassen, nur eine von ihnen blieb, Lanea. Vermutlich hoffte sie noch immer ihn zu einem Krieg gegen die Bladelli zu überreden.
„Warum bist du noch hier, Lanea? Du solltest mit den anderen gehen und dich beeilen. Ich habe einen Auftrag für dich gefunden, der dir gefallen wird. Am besten du machst dich sofort auf den Weg.“
„Ihr wisst genau warum ich nicht einfach gehen kann, Großmeister.“ mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sie sich und ging langsam auf ihn zu, der Zorn hatte sich aus ihrem Gesicht verzogen, aber sie wirkte noch immer angespannt, hauptsächlich aber weil sie sich Sorgen um ihn machte „ Lasst wenigstens mich bei Euch bleiben, ich war immer in Eurer Nähe und es ist Nachts sicher einsam. Außerdem, auf so eine Gelegenheit hat Paolo Bladelli doch nur gewartet! Er versucht schon seit der Neugründung unseres Ordens durch Kyosuke Akashi alles um uns als Ketzer hinzustellen! Falls er erfährt das wir alle die Stadt verlassen haben, wird er zuschlagen und versuchen Euch zu töten! Bitte, schickt uns nicht weg, nicht jetzt. Ihr braucht uns, Ihr braucht unseren Schutz, ansonsten können die Bladelli Euch jederzeit angreifen. Ihr wisst genau, das Paolo bereits seit einer Weile auf den Erzbischof einredet und versucht Euch als Ketzer festnehmen zu lassen. Er...“

Bild
die Hohetempler

„Und du erleichterst ihm seine Aufgabe auch noch und stärkst absichtlich seinen Verdacht, indem du in aller Öffentlichkeit zu Serena betest.“ lautete Silberblatts gereizte Antwort, die Lanea tatsächlich dazu brachte schuldbewusst seinen Augen auszuweichen. Sie wusste, dass sie ihm mit ihrer Verehrung für die Mondgöttin keinen Gefallen erwies, aber es gelang ihr einfach nicht Gaia anzuerkennen. „Ich weiß das es dir schwer fällt, aber du musst damit aufhören zu ihr zu beten, ansonsten bleibt mir keine andere Wahl, als dich Andre und seinen Hohetemplern auszuliefern. Wir können im Moment keinen Ärger mit den Templern gebrauchen und eine Untersuchung wegen Ketzerei wäre noch schädlicher für unsere Aufgabe als alles was Luca Bladelli anrichten könnte. Und was meine Sicherheit angeht: Ich kann ganz gut alleine auf mich aufpassen, außerdem brauche ich keine Gesellschaft. Du darfst jetzt gehen, Lanea.“
„Hat Eure abweisende Art in letzter Zeit vielleicht etwas damit zu tun, das Eure Verlobte wieder in der Stadt ist?“ plötzlich stand sie direkt vor ihm, legte die Arme um Silberblatt und drückte sich an ihn, was seine Laune nicht unbedingt verbesserte. Sie sah hübsch aus und noch vor einigen Monaten hätte er sich vielleicht von ihr überreden lassen, aber im Moment war er nicht in der richtigen Stimmung für ihre Versuche ihn zu verführen. „Ich dachte sie hätte die Verlobung gelöst, nachdem sie Euch mit meiner Schwester erwischt hat? Aber anscheinend hat sie es doch ganz gut verkraftet und Euch verziehen. Zum Glück war ich damals nicht auch dort, um Euch und meiner Schwester wie üblich Gesellschaft zu leisten, ansonsten würde sie noch immer irgendwo auf dem Land hocken und Trübsal blasen.“
„Weißt du, ich habe mich immer gefragt wie es überhaupt dazu kam, dass Lyaena ausgerechnet in diesem Moment auf die Idee kam mich zu besuchen. Hast du mir zufällig etwas zu sagen?“
„Vielleicht war es einfach nur eine göttliche Eingebung oder auch weibliche Intuition? Vielleicht hatte sie aber auch nur Pech und war zur falschen Zeit am falschen Ort, so etwas kommt manchmal vor.“
„Was immer es war, das sie an diesem Tag in mein Zimmer geführt hat, ich bin mir sicher, das du etwas damit zu tun hattest. Deine Zauber können manchmal sehr...überzeugend sein und Menschen ohne Sinn für den Fluss der Magie werden nicht einmal merken das du sie kontrollierst.“
„Möglicherweise, war ich nicht ganz unschuldig an der ganzen Angelegenheit.“ Lanea lächelte unschuldig und versuchte ihn zu küssen, aber er hielt sie auf Abstand, er wusste, dass es selbst für ihn gefährlich sein konnte sich zu lange in ihrer Nähe aufzuhalten. Sie war eine Meisterin der Illusionen und könnte seine Wahrnehmung beeinflussen, sogar ohne das er es durchschauen. Besonders gefährlich konnte es sein sie zu küssen, denn dann hauchte sie ihre Magie direkt in den Körper des anderen und konnte ihn sehen lassen was immer sie wollte. In der Vergangenheit hatte er ihre Fähigkeit sogar recht nützlich gefunden, da sie dank ihrer Magie so tun konnte als wäre sie das Mädchen aus dem Vorposten, doch letztendlich hielten Illusionen nicht ewig und im Moment hatte er keine Lust auf ihre Spielchen. „Aber was macht das schon? Ihr habt immer gesagt, dass Ihr Lyaena nur heiratet weil Ihr Vater Euch dazu zwingt! Ihr liebt sie nicht, sondern nur uns, Euren Orden. Wir leben einzig und allein um Euch zu dienen und für Euch zu kämpfen. Jeder einzelne von uns würde sich ohne zu zögern selbst den Hohetemplern in den Weg stellen um Euch zu verteidigen.“
„Das weiß ich, aber es ist nicht nötig mich zu beschützen, ich kann ganz gut auf mich selbst aufpassen.“ Silberblatt drückte sie von sich weg und ignorierte ihren enttäuschten Blick, alles was er im Moment für sie übrig hatte, war ein genervter Seufzer. Warum konnten sie ihn nicht einfach alle in Ruhe lassen? Er wollte nichts von Lyaena und auch nicht von der aufdringlichen Lanea, zumindest nicht mehr. Er brauchte sie nicht mehr, genauso wenig wie Lyaena, Cecilia oder Norena. Sie alle, hatten nur dazu gedient sich von seiner wahren Liebe abzulenken, aber das war jetzt vorbei. Er hatte jemanden gefunden, der diese Leere endlich würdig ausfüllen könnte, Aleyandra. Für sie würde er sogar die Verlobung mit Lyaena lösen, aber nur für sie und ganz sicher nicht für Lanea oder eine andere Frau aus seinem Orden.
„Es hat mit Eurer neuen Schülerin zu tun, nicht wahr?“ ein wissendes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als er sie durchdringend anstarrte, sie wusste genau warum er sie in letzter Zeit ignorierte „Ach, Ihr braucht nicht so überrascht zu tun, jeder weiß von ihr. Ich frage mich, wann Ihr uns diese Aleyandra einmal vorstellen wollt? Zu schade das ich die Stadt verlassen muss, ich bin sicher sie wäre ein würdiger Ersatz für meine Schwester gewesen, meint Ihr nicht auch? Ich frage mich nur, wenn ich diese Aleyandra davon überzeugen kann Euch zu lieben, würde dann alles wieder so werden wie früher, oder würdet Ihr uns anderen endgültig vergessen und nur noch Augen für sie haben?“
„Hoffentlich finden wir es eines Tages heraus.“ murmelte Silberblatt und ignorierte das seltsame Funkeln in ihren Augen. Statt sich weiter auf dieses sinnlose Gespräch einzulassen, ging er an ihr vorbei und verließ einfach selber das Kellergewölbe. Zum Glück sah sie ein, dass er sich nicht überreden ließ und verfolgte ihn nicht, aber trotzdem beunruhigte ihn dieses Gespräch. Ihr Neid auf Aleyandra stellte ein Problem da, ihre Ketzerei ebenfalls und ihre aufbrausende Art erst recht. Alles in allem, wurde sie langsam zu einer Last, aber er brauchte sie. Er konnte die Kräfte seines Ordens nicht noch weiter schwächen, außerdem, war Lanea am längsten dabei. Sie hatte ihm schon die Treue gehalten bevor er den Orden wieder zum Leben erweckte und er hätte nie gedacht, dass ausgerechnet sie sich einmal zu einem Problem entwickeln könnte, aber es war so weit, sie ging ihm auf die Nerven. Wenn sie so weitermachte, würde sie bald mehr Ärger versuchen als sie wert war und Ärger konnte er im Moment nicht gebrauchen. Hoffentlich gelang es ihr sich zusammen zu reißen.
Er hatte die Kinder Gaias nur zu einem einzigen Zweck erschaffen, sie existierten nur um ein einziges Ziel zu verfolgen und das hatte nichts mit den Akashi, den Bladelli, den Hohetemplern oder der ganzen verdammten Kirche zu tun. Diese kleinliche Fehde zwischen den Familien würde ihm nicht alles ruinieren, genauso wenig wie Andre und seine Schoßhunde, es gab größere Probleme als diese kleingeistigen Nervensägen. Der Schattenritter hatte sich endlich wieder in Süd-Midgard gezeigt und das warf alles über den Haufen, all seine Pläne schritten nicht mehr schnell genug voran. Wenn der Schattenritter bereits mächtig genug war, um der Kirche offen die Stirn zu bieten, veränderte sich die Welt um ihn herum schneller als erwartet. Er musste sich beeilen, oder alles was er in den letzten Jahren erreicht hatte wäre vergeblich gewesen und ausgerechnet jetzt musste man ihn dauernd belästigen. Das letzte was er jetzt gebrauchen konnte, waren nervtötende Frauen die sich aus irgendeinem Grund unsterblich in ihn verliebt hatten, andererseits war er daran teilweise nicht ganz unschuldig. Lyaena hatte abgeschottet und einsam auf einem abgelegenen Anwesen ihres Vaters gelebt. Es war leicht gewesen sie zu verführen, etwas zu leicht und vor allem, war er damit etwas zu erfolgreich gewesen. Sie liebte ihn nicht nur, sie vergötterte ihn fast schon und das störte ihn langsam, auch wenn sie ihm dadurch wenigstens alles verzieh. Konnte sie ihn nicht einfach bis zur Hochzeit in Ruhe lassen? Es war schlimm genug, dass er eine Akashi heiraten musste, da musste er nicht auch noch seine Zeit mit ihr verbringen. Er hasste die Umstände, die ihn dazu zwangen sie zu heiraten, aber ohne Kyosuke Akashis Unterstützung, würde alles in sich zusammen fallen was er plante. Blieb das Problem mit Lanea, die ihn ebenfalls am liebsten für sich alleine hätte. Vermutlich war sie sogar daran Schuld, das Cecilia sich auf einer Selbstmordmission befand. Wenn sie sich von Aleyandra bedroht fühlte, könnte sie bei seiner neusten Schülerin etwas ähnliches versuchen. Am einfachsten wäre es Lanea zu töten, aber sie gehörte zu seinen besten Magierin, außerdem hatte er eine kleine Schwäche für Mädchen mit weißen Haaren und davon gab es viel zu viele in seinem Orden, furchtbar.
Silberblatt seufzte genervt, etwas, das er in letzter Zeit viel zu oft tat, und machte sich auf den Weg zum Anwesen der Akashi. Lyaena würde dort hoffentlich bereits auf ihn warten und es war am besten, wenn er sich entschuldigte. Immerhin versuchte er wirklich sich mit der bevorstehenden Hochzeit anzufreunden, er versuchte sogar ihr treu zu bleiben, was ihm zu seiner eigenen Überraschung bisher tatsächlich irgendwie gelang. Damit war ein Problem aus der Welt geschafft, blieben nur noch gefühlte Zehntausend übrig. Als nächstes musste er irgendwie die Bladelli beruhigen, vor allem diesen schrecklichen Luca, auch wenn er diesen Aufschneider am liebsten umbringen würde. Vielleicht war Lyaenas Idee gar nicht mal so schlecht wie er anfangs gedacht hatte. Sie sollten wirklich bei den Bladelli vorbeischauen und sich für die Rettung von Teleya bedanken, dazu noch ein paar geheuchelte Entschuldigungen für die toten Bladelli und nebenbei ihre Unschuld beteuern, was nicht so schwer war, immerhin hatten die Akashi wirklich nichts mit der ganzen Sache zu tun. Wenn es ihm gelang die Bladelli wieder zu beruhigen und die aufkeimende Fehde schnell und unblutig zu beenden, konnte er der Kinder Gaias zurückrufen und seine Pläne beschleunigen. Er musste sich beeilen, wenn er den Schattenritter noch aufhalten wollte, oder alles, was ihm jemals etwas bedeutet hatte, würde vernichtet sobald der mächtigste Feind der Kirche mit seinen dämonischen Legionen nach Süden marschierte.



Aleyandra kramte schon seit einer halben Ewigkeit in irgendwelchen Schränken umher und stellte die ganze Küche ihrer Wohnung auf den Kopf, während Saeca sie gelangweilt betrachtete. Die Armani lehnte sich an den magischen Herd und betrachtete jede Bewegung von Aleyandra kritisch und aufmerksam. Es war so ein Pech, dass die meisten ihrer Verstecke gefunden wurden, aber noch hatte sie genug Dangolager um sich halbwegs sicher zu fühlen. Lange würde das allerdings nicht mehr so bleiben, vor allem wenn Aleyandra weiterhin ihren Plan verfolgte aufzuräumen...etwas, das Saeca niemals eingeplant hatte. Seit wann räumte Aleyandra auf! Das...das...das brachte alles durcheinander und verwirrte Saeca komplett, aber noch etwas anderes verwirrte sie, denn Aleyandra hatte vor kurzem ihren neuen Auftrag erhalten.
„Jetzt schon? Aber wir sind doch gerade erst zurück gekommen!“ rief Saeca aufgebracht und betrachtete den Brief des Großmeisters bösartig als wäre es eine giftige Schlange die sie gerade gebissen hatte. Das brachte alles durcheinander, Nee-chan war noch nicht so weit um wieder zu kämpfen, außerdem konnten sie nicht einfach schon wieder aufbrechen. Ihre Dangovorräte waren erschöpft und mussten vor der nächsten Reise aufgefüllt werden. „Silberblatt kann dich nicht sofort wieder wegschicken, wir müssen schließlich bei Naruz bleiben und du brauchst Ruhe. Deine Verletzungen...“
„Silberblatt weiß zum Glück nichts von meinen Verletzungen, denn ich habe es ihm verschwiegen und er wird es auch nicht erfahren, verstanden? Niemand wird meine Verletzungen sehen, es ist schlimm genug, dass Naruz sie gesehen hat.“ Aleyandra stellte sich auf die Zehenspitzen um weiter oben an die höheren Küchenschränke zu gelangen. Sie freute sich auf den Auftrag, denn es würde sie immerhin ablenken. Sie konnte nicht wirklich mit Naruz zusammen sein, bis sie den Zauber endlich besser unter Kontrolle bekam, also hatte sie viel zu viel Zeit. „Er würde es nicht gutheißen das ich meine Energie für diese Illusionszauber verschwende, anstatt sie für meine Arbeit aufzuheben und meine Kräfte zu schonen. Vermutlich würde er sogar verbieten diese Zauber anzuwenden und dann...dann könnte ich Naruz nicht mehr sehen.“
„Wäre das wirklich so schlimm? Naruz hat dir doch gesagt das er dich trotzdem hübsch findet und liebt! Er hat immerhin diese eingebildete Mizore verjagt, es ist ihm egal wie du aussiehst.“
„Ich weiß, aber das ändert nichts daran, wie schrecklich ich mich fühle sobald er mich ohne die Illusionen sieht. Es ist egal ob es ihn stört oder nicht...mich stört es und ohne die Illusionen, würde ich mich am liebsten einfach nur verkriechen. Wenn Silberblatt mir verbietet den Zauber anzuwenden dann könnte ich mich Naruz nie wieder zeigen! Also, muss mein Großmeister auch nichts davon wissen.“ Aleyandra ging ein paar Schritte zur Seite, um sich die nächsten Schränke vorzunehmen und warf achtlos zwei Küchenmesser auf eine der Arbeitsplatten. Alles was scharf war, musste verschwinden, das war ihr ungeschriebenes Küchengesetz. „Außerdem brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Meine neuen Ziele befinden sich alle hier in Navea. Wir müssen die Stadt also gar nicht verlassen, sondern ich kann von hier aus meine Mission erfüllen.“
„Achso...“ Saeca beruhigte sich sofort wieder, aber dann, passierte das, wovor sie sich schon die ganze Zeit fürchtete. Aleyandra ging zu einem weiteren Schrank und als Saeca weitersprach, schwang ein leichter Hauch von Panik in ihrer Stimme mit, sie sollte sich vielleicht lieber schleunigst aus dem Staub machen. „Was machst du da eigentlich die ganze Zeit?“
„Aufräumen.“ antwortete Aleyandra knapp und aus irgendeinem Grund auch erstaunlich stolz „Ich habe endlich mal Zeit diese Wohnung vernünftig nach meinen Vorstellungen zu gestalten, immerhin sind wir ja jetzt erst mal eine Weile hier. Damals blieb mir nicht wirklich viel Zeit dafür, da ich ja Naruz folgen musste und vorher ziemlich fertig war, aber jetzt, können wir es uns hier so richtig schön gemütlich machen. Ich habe auch daran gedacht vielleicht ein vernünftiges Bett ins Wohnzimmer stellen zu lassen. Es ist genug Platz und du brauchst ein eigenes Bett. Was hältst du von der Idee, Saeca?“
„N-nicht viel, denke ich. Ich schlafe lieber weiter bei dir, das ist viel besser. Trotzdem musst du doch nicht aufräumen, das tust du doch sonst auch nie.“
„Was soll das heißen? Findest du etwas das ich faul und unfähig bin?“ Aleyandra ließ kurz von dem Schrank ab und starrte Saeca eine Weile finster an „Willst du das damit sagen, Saeca? Willst du sagen das ich Naruz eine schlechte Hausfrau wäre und er sich lieber jemand anderes suchen sollte? Vielleicht diese Mizore, immerhin ist sie eine Tempelwächterin. Wer sein ganzes Leben damit verbringt Tempel sauber zu halten, der kann sich auch um ein Haus kümmern. Ist es das was du sagen willst?“
„N-n-nein, das meinte ich gar nicht, aber eigentlich ähm...eigentlich räumst du doch nie die oberen Küchenschränke auf, sondern ignorierst alles was da drin ist. Immerhin ist alles was du zum Kochen brauchst in den unteren Schränken und oben ist nur nutzloser Kram, den du nie benutzt.“
„Ja, ganz genau und deswegen räume ich da ja auch auf. In dieser Wohnung war so viel sinnloser Mist als wir eingezogen sind und es wird Zeit, das ich endlich alles wegwerfe was wir nicht brauchen, anstatt es dort oben zu lagern. Vor allem die ganzen Küchenmesser. Weißt du wie viele von den Dingern in dieser verfluchten Küche herumliegen? Damit könnte man die halbe kirchliche Armee ausrüsten! Am Ende verletzt sich noch jemand wenn die Messer hierbleiben.“ und dieser Jemand war ganz sicher nicht Saeca, schoss es Aleyandra unbehaglich durch den Kopf. Sie hatte einmal versucht auf normale Art und Weise zu kochen, aber kläglich versagt und sich fast die Hand abgesäbelt. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Saeca bereits dabei war in den Flur zu verschwinden. „Wo willst du eigentlich hin? Du könntest mir ruhig helfen, anstatt abzuhauen.“
„Ich...ähm, ich habe da noch ein paar Sachen zu erledigen und so. Ich habe da einen tollen Plan wie Naruz sich endgültig Hals über Kopf in dich verliebt und nie wieder gehen lässt, aber den können wir leider erst umsetzen wenn du geheilt bist. Die Vorbereitungen kann ich aber schon treffen, denn es wird genial werden!“
„Was für einen Plan?“ Aleyandra streckte sich nach oben und schob einen Haufen Töpfe und Teller zur Seite. Was sollte sie denn mit so vielen Töpfen? Welcher Idiot hatte diese Küche eingerichtet? Der Großteil von dem Zeug stand nur im Weg. „Moment, das ist gerade gar nicht wichtig. Die viel wichtigere Frage ist woher du das Geld hast um dir irgendetwas zu kaufen. Hast du bei deinen kleinen Besuchen in fremden Häusern vielleicht noch etwas mitgehen lassen?“
„Natürlich nicht. Wir Armani würden niemals etwas stehlen, außer wir haben keine Dangos mehr, das ist dann ein besonderer Notfall in dem alle Regeln und Gesetze aufgehoben sind, aber keine Sorge, ich habe es gespart. Immer wenn du mir etwas Geld für Dangos gegeben hast, war ich tatsächlich stark genug um jedes mal ein oder zwei Münzen zu behalten. Dafür hätte ich dann noch viel mehr Dangos kriegen können! Daran siehst du das ich bereit bin wirklich gewaltige Opfer für dich zu bringen, weil ich dich so sehr mag und will das du glücklich bist, Nee-chan und...äh...du solltest oft daran denken, wie viel ich für dich geopfert habe, am besten so in etwa ein oder zwei Minuten.“ Saecas Stimme zitterte leicht, während sie hastig ihre Schuhe anzog und zur Tür sprang um zu verschwinden so schnell sie konnte „Ähm, wie auch immer, ich muss los und zwar schnell, sehr schnell, bevor alles ausverkauft ist.“
„Ich werde dieses seltsame Mädchen nie verstehen, aber egal, ich sollte lieber darüber nachdenken was ich ihr heute koche. Eines Tages finde ich ein Gericht, dass sie essen wird, das schwöre ich im Namen Gaias. Ich werde ihr diesen Dangounsinn austreiben, dann wird sie sich viel besser und gesünder fühlen.“ murmelte Aleyandra, als Saeca die Tür hinter sich zufallen ließ. Vorsichtig schob sie einen weiteren Topf zur Seite, als sie dahinter etwas seltsames entdeckte. In der Rückwand des Schranks klaffte ein großes, rundes Loch und fraß sich bis in die Wand hinein. „Was ist denn das?“ sie schob einen weiteren Topf zur Seite und plötzlich, war es, als hätte sie das Tor zur Hölle geöffnet. Aus dem Loch flogen ihr dutzende, hölzerne Schachteln entgegen. Sie krachten gegen Aleyandras Kopf, landeten mitten in ihrem Gesicht und rissen sie von den Beinen. Im nächsten Augenblick saß Aleyandra mit geballten Fäusten in einem Haufen Schachteln. Einige davon waren nach dem Sturz aufgegangen und hatten massenweise Dangos auf dem Küchenboden verstreut. „Komm sofort zurück!“ rief sie dem Mädchen hinterher, aber als sie versuchen wollte aufzustehen, rutschte sie auf ein paar Dangos aus und landete am Ende wieder in dem Haufen aus Schachteln und Essen. Das würde diese Armani büßen, schwor sich Aleyandra und dachte bereits darüber nach das Mädchen auf eine strenge Dangofreie Diät zu setzen. „Saeca!“



Luca befand sich mitten in der Nacht nahe einigen Lagerhäusern und verfluchte sich noch immer für seine Unachtsamkeit. Er hatte diesen großspurigen Akashi vor einer Weile verloren und irrte inzwischen ziellos durch die Stadt. Eigentlich hoffte Luca darauf, dass Teregion ihn zum wirklichen Hauptquartier der Kinder Gaias führte, denn dieses schäbige Gebäude in dem Silberblatt lebte, war es sicher nicht. Dorthin kamen nie mehr als ein oder zwei Kinder Gaias gleichzeitig, aber sie mussten sich doch irgendwo einmal versammeln, irgendwo mussten sich diese Ratten treffen und wenn er diesen Ort fand, würde er sie ausräuchern. Es war sowieso eine Schande, dass die Kirche diesen Orden aus wahnsinnigen Mördern erlaubte, aber das sollte den Bladelli eigentlich nicht mehr überraschen. Die Kirche interessierte sich nicht dafür welche Werkzeuge sie einsetzte, Hauptsache diese Werkzeuge erfüllten ihren Zweck, selbst wenn die Werkzeuge irgendwann durchdrehten und gegen die Kirche selbst eingesetzt wurden, so wie die Kinder Gaias. Einer von Silberblatts Mördern musste Diego und dessen Familie ermordet haben. Kein normaler Mensch würde so eiskalt und brutal eine ganze, harmlose Familie abschlachten, nur weil sie den Nachnamen Bladelli trugen. Es war auf Silberblatts Befehl hin geschehen und die paar Duelle mit Akashi, reichten noch lange nicht, um Lucas Zorn zu besänftigen. Jemand hatte Diego und dessen unschuldige Kinder abgeschlachtet und er würde erst ruhen, wenn er den Mörder gefunden und getötet hatte.
Der junge Bladelli bog lustlos an der Ecke eines Lagerhauses in eine schmale Straße ein. Es war Zeit zu verschwinden, er hatte Silberblatt aus den Augen verloren und würde ihn sicher nicht wiederfinden, dafür war schon viel zu viel Zeit vergangen. Gerade wollte er sich auch den Rückweg machen, als er ein seltsames Kribbeln auf seiner Haut spürte. Schnell warf er sich zur Seite und sah aus den Augenwinkeln nur noch, wie ein silberner Blitz die Luft durchschnitt. Stolpernd kam der Bladelli wieder zum stehen und als er sah wer ihm gegenüberstand, stieg blanker Hass in ihm auf. Dort wo er eben noch gestanden hatte, wartete jetzt eine hochgewachsene Gestalt in einem dunklen Kapuzenumhang. Das Gesicht konnte Luca nicht erkennen, da es von, sich ständig bewegenden, Schatten verdeckt wurde, aber er kannte diese Gestalt aus dem Bericht von Marius Freund, es war der maskierte Mörder der Akashi. In seiner Hand hielt der Angreifer ein langes, schlankes Schwert aus Silber, in das glühende, rote Runen eingelassen waren.
„Der Mond sieht es nicht gerne, wenn Gerechtigkeit ohne Ehre erfolgt. Er verlangt, dass ich dich nicht aus dem Hinterhalt erschlage und leitete deine Bewegungen, um diesen Kampf interessanter zu gestalten und meine Ehre zu beschützen.“ erklang eine monotone, ausdruckslose Stimme aus den Schatten vor seinem Gesicht hervor. Sie ließ selbst Luca kurz zusammenzucken, denn sie wirkte nicht menschlich, sondern leer und tot, als würde er mit einem Geist reden.
„Du bist einfach nur langsam, das ist alles.“ murmelte Luca und streifte sich angespannt die Handschuhe von den Händen. Eine bessere Gelegenheit hätte er gar nicht bekommen können. Der irre Mörder kam also freiwillig zu ihm, das war die Chance Marius zu rächen, auch wenn er kurz an die Akashi in dem Lagerhaus denken musste. Das Auftauchen des Mörders bedeutete...das keiner von den Akashi dort schuldig gewesen war, aber daran durfte er jetzt nicht denken, später war noch genug Zeit dafür. „Du bist also derjenige, der meine Verwandten ermordet hat?“
„Ermordet?“ tatsächlich schwang so etwas wie Verwunderung in der Stimme mit, auch wenn sich das schwer sagen ließ, da sie noch immer eintönig und hohl klang „Ich habe niemanden ermordet. Ich habe ihre Seelen von der Finsternis befreit, genauso, wie ich dich befreien und retten werde, Sterblicher.“
„Dann bereite dich darauf vor, dass ich jetzt deine Seele befreie Mörder.“ Luca betrachtete kurz die Tätowierungen auf seinen Händen, er konnte nicht verlieren, seine Magie würde den Mörder in Stücke reißen. Ohne sich weiter mit sinnlosem Gerede aufzuhalten, streckte er eine seiner Hände in die Richtung der vermummten Gestalt und begann zu erwartungsvoll zu Grinsen. Ein kleiner roter Ball aus magischer Energie erschien auf seiner Handfläche, dann schoss die Kugel blitzschnell auf den Feind zu. „Ich reiße dir deine alberne Maske herunter, du erbärmlicher Feigling!“ schrie Luca ihm entgegen, während sein Zauber auf den Mörder zu flog, der gar nicht erst den Versuch unternahm auszuweichen, sondern ruhig stehenblieb. Der rote Ball berührte den dunklen Umhang des Mörders und zerplatzte, oder besser gesagt, er explodierte. Eine gewaltige Feuerkugel schloss den Fremden ein und die Wucht der Explosion riss ihn von den Beinen. Der Mörder wurde von der Explosion in ein nahes Lagerhaus geschleudert und dort unter brennenden Trümmern und den Flammen begraben. Luca entspannte sich wieder ein wenig und wirkte im ersten Moment etwas enttäuscht, bevor er über seinen Sieg lächelte. Das war auf keinen Fall dieser Silberblatt, der hätte ihm sicher mehr entgegengesetzt als das, aber wie auch immer, es war immerhin vorbei. Doch Lucas Lächeln verblasste sofort wieder, als langsam eine glänzende Gestalt aus den Flammen trat und vollkommen unbeeindruckt von dem Inferno wirkte. Der Umhang war verbrannt, der Schattenzauber vor dem Gesicht vergangen, aber ansonsten schien es dem Mörder gut zu gehen. Er trug am ganzen Körper eine eigenartige Rüstung aus Silber. Sie schien aus einem einzigen Stück Metall zu bestehen und wies keinerlei Fugen oder Schwachstellen auf. Genau wie bei dem Schwert, waren auch in die glatte Oberfläche der silbernen Rüstung feine rote Linien und Runen eingelassen. Er trug einen silbernen Helm, der wirkte, als wäre er nahtlos mit dem Rest der Rüstung verbunden. Abgesehen von zwei Sehschlitzen, war die Oberfläche vollkommen glatt und nur das unheimliche, rote Leuchten aus den zwei Schlitzen, zeugte überhaupt davon, dass sich irgendjemand, oder eher irgendetwas, in der Rüstung befand.
„Licht lässt sich nicht so leicht auslöschen, Verlorener, denn es verbrennt nicht.“ Noch bevor Luca irgendetwas mit diesem unfassbar dämlichen Satz anfangen konnte, sprang die silberne Gestalt auch schon auf ihn zu. Das silberne Schwert durchschnitt wieder nur die Luft, denn Luca hatte längst seine Postion gewechselt und war zur Seite gesprungen. Diesmal würde er es einfach mit einer stärkeren Explosion versuchen. Ein größerer Energieball schoss auf den Mörder zu, aber der wich ruckartig zur Seite aus und der Ball ging irgendwo am Nachthimmel hoch. Es fiel Luca schwer die Bewegungen des Fremden vorherzusehen, oder auch nur ihnen mit den Augen zu folgen und das obwohl der Vollmond so hell schien, das er selbst die Flammen des brennenden Lagerhauses zu überstrahlen schien. Wenn der Mörder sich bewegte, dann...Luca wusste nicht wirklich wie er es beschreiben sollte, aber es wirkte, als würde er sich in das silberne Licht des Mondes verwandeln. Als würde die Rüstung durchsichtig werden, ihre feste Gestalt verlieren und zu reinem Licht werden. Der Angreifer wich auf diese Art einer weiteren Kugel aus, die diesmal nicht einfach verpuffte, sondern ein Lagerhaus wegriss. Abgesehen von dem halbherzigen Schlag zu Beginn ihres Kampfes, versuchte sein Gegner aber nicht ihn anzugreifen, sondern wartete auf die nächste Attacke des Bladelli, um ihr auch wieder auszuweichen. Luca biss sich vor lauter Zorn auf die Unterlippe, er musste diesen Kampf schneller beenden. Die Flammen waren nicht zu übersehen und irgendwann würden selbst die trägen Stadtwachen und Templer auf ihn aufmerksam, vielleicht erschien sogar Andre mit seinen Hohetemplern und dann wurde es gefährlich. Vor lauter Hektik, gab der Bladelli seine Vorsicht auf und rannte auf die silberne Gestalt zu. Wenn er nah genug dran war, konnte dieser Idiot ihm auch nicht einfach ausweichen. Plötzlich blieb Luca stehen, nicht freiwillig, sondern weil er gegen eine unsichtbare Wand lief. Schnell sah er nach unten und entdeckte direkt vor sich silbern, leuchtende Runen die er nicht entziffern konnte. Er versuchte zurückzugehen, aber stieß dort ebenfalls gegen eine durchsichtige Wand aus Magie. Immer mehr dieser seltsamen Runen leuchteten um ihn herum auf, schlossen ihn ein in eine Art Käfig.
„Das heilige Licht des Mondes, wird deine verkommene Seele reinigen. Es wird dir die Dunkelheit austreiben und nichts als reine, unschuldige Asche zurücklassen, Bestie.“ der Fremde ließ sein Schwert verschwinden und blieb seelenruhig direkt vor Luca stehen, der kreidebleich wurde. Die Runen begannen in bläulichem Feuer zu brennen, das immer weiter nach oben züngelte. Die blauen Flammen ersetzten die unsichtbaren Wände und hüllten ihn in ein Gefängnis aus diesem eigenartigen Feuer ein. Der Angreifer murmelte leise vor sich hin, während die Wände aus Feuer sich langsam auf Luca zubewegten und den Käfig immer weiter verkleinerten. „Serenas Gerechtigkeit ist stärker als die Finsternis deines Herzens und der Hass in deinen Augen. Die Göttin wird dir Erlösung schenken, und Vergebung.“
Die Flammenwände hatten Luca schon fast erreicht, als er anfing zu lachen. Er wusste nicht genau warum, vermutlich, weil es endlich jemandem gelungen war ihn zumindest in Gefahr zu bringen, aber so leicht, ließ er sich nicht töten. In jeder seiner Hände entstand eine seiner explosiven Kugeln, aber anstatt sie auf irgendetwas zu werfen, hielt er sie vorsichtig in die blauen Flammen. Das Feuer leckte gierig über die Kugeln, er lag richtig, das blaue Feuer schien Magie zu lieben und verschlang die roten Energiebälle augenblicklich. Kaum waren seine Kreationen in der Flammenwand verschwunden, ließ er sie auch schon hochgehen. Grinsend sah er zu, wie die Flammen sich auflösten, wie die Runen von der Wucht seiner Magie aufgelöst und zerrissen wurden. Die Explosion riss ihn allerdings auch von den Beinen und ließ ihn gegen eine Lagerhauswand prallen. Schwer atmend kam Luca wankend wieder auf die Beine und streckte die Hände aus, zielte wieder auf die wartende Gestalt und schüttelte kurz den Kopf, um die Nachwirkungen der Explosion abzuschütteln. Er hätte sich fast selbst in die Luft gejagt, aber er beherrschte nicht so viele unterschiedliche Arten von Magie und immerhin war es ihm auch irgendwie gelungen die Runen zu vernichten. Die Gier des Feuers hatte ihm geholfen, hatte die Energiekugeln durch einen Teil der magischen Wand dringen lassen, wodurch die Kraft der Kugeln ausreichend war um diese verfluchte aufzubrechen.
„Anscheinend ist die Dunkelheit noch immer stärker als das silberne Licht der Göttin. Die Nacht mächtiger als der Mond und die Finsternis in den Herzen der verlorenen Seelen zu stark, um gereinigt zu werden.“ flüsterte die Gestalt und klang weder beeindruckt, noch enttäuscht, sondern behielt seine monotone Tonlage bei „Doch der Mond scheint jede Nacht und irgendwann, wird sein Licht dich retten, das verspreche ich dir, Verlorener.“ Dann löste er sich einfach in Luft auf, verschwand in einer Art silbernen Nebel und es wirkte so, als wäre er eins mit dem hellen Licht des Mondes geworden.
„Komm zurück du verfluchter Bastard! Ich sprenge dich in Stücke und verteile deine Eingeweide über ganz Navea!“ vor lauter Hass und Wut, schleuderte er eine weitere Explosionskugel von sich und sie krachte in ein Lagerhaus, das in einer Flammensäule explodierte. Luca schrie seine Beleidigungen weiter in die Nacht hinaus, aber für heute, hatte der Mörder anscheinend genug, vorerst.
Zuletzt geändert von Vanidar am 21. Juli 2014 23:50, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Mimir
Praefectus Fabrum
Praefectus Fabrum
Beiträge: 4549
Registriert: 21. August 2011 14:37
Wohnort: Berlin
:
AAR-Schreiber Teilnahme an einem Contest

Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 21. Juli 2014 23:33

29. Valquez' Erben (Öffnen)
Kapitel 29 – Valquez' Erben:


Lyaena stand vor einem Haus am Ende des Handwerkerbezirks, wo eben jener Bezirk, in die Wohngegenden der einfachen Leute überging. Allerdings war 'Haus' eine äußerst großzügige Bezeichnung, für das Gebäude. Es sah ziemlich heruntergekommen aus, und schien nicht groß genug zu sein, um über mehr als ein, oder zwei Zimmer zu verfügen. Die wenigen Fenster die es gab, waren mit Holzläden verschlossen, und die Akashi nahm an, dass es im Inneren ziemlich dunkel sein musste. Langsam fragte sie sich, ob man sich einen Spaß mit ihr erlaubt, und sie angelogen hatte, denn sie konnte sich nicht wirklich vorstellen, dass das hier tatsächlich das Haus von Luca Bladelli sein sollte, der Erbe der Bladelli Familie würde doch sicherlich eher in der Villa der Familie leben, und nicht irgendwo im Handwerkerbezirk. Zwei Tage waren vergangen, seit Luca Bladelli in der Nähe der Märkte von einem Unbekannten angegriffen wurde. Während des Kampfes waren einige Lagerhäuser zu Schaden gekommen, eines davon gehörte den Akashi, ein anderes den Doni. Da aber niemand verletzt worden war, ließ man die ganze Sache auf sich beruhen, zumal der Bladelli sich lediglich verteidigt hatte. Magier der Kirche hatten bestätigt, dass sich noch Spuren von mächtigen Zaubern in der näheren Umgebung befanden, weshalb man Luca letztendlich glaubte. Lyaena hatte bereits am Tage zuvor von der Sache erfahren, sich jedoch nichts weiter dabei gedacht, ehrlich gesagt hatte es sie sogar ein wenig gefreut zu hören, dass Luca dem maskierten Mörder begegnet war, immerhin war damit ja die Unschuld der Akashi bewiesen. Je mehr sie über die Sache nachgedacht hatte, desto mehr beunruhigte sie das ganze jedoch. Es war immerhin nicht gesagt, dass Luca die Akashi für unschuldig hielt, nur weil er dem Mörder begegnet war. Außerdem hatte sie einen ganzen Tag lang nichts vom Bladelli gehört, was für sie ein schlechtes Zeichen war, sonst schlug Luca sofort am nächsten Tag zu, wenn der Mörder mal wieder ein Opfer gefunden hatte. Dass der Bladelli sich jetzt zurückhielt und nicht blicken ließ, konnte nur bedeuten, dass er irgendetwas geplant hatte. Lyaena wollte unbedingt verhindern, dass Luca jetzt etwas tat, was den Konflikt zwischen den Familien wieder verschärfen könnte. Also hatte die Akashi sich bei Paolo Bladelli erkundigt, wo sie Luca finden konnte, der Großmarschall schien ein wenig überrascht zu sein, dass sie tatsächlich mit Luca reden wollte, hatte sie letztendlich aber doch zu diesem Haus hier geschickt. Lyaena atmete noch einmal tief durch, sie war ohne Leibwachen gekommen, die würden den Bladelli vielleicht nur provozieren, und sie hatte ja Silberblatts Schutzzauber, mit denen war sie vor Luca sicher, außerdem... außerdem hatte sie nicht wirklich das Gefühl, als wenn der Bladelli wirklich versuchen würde, ihr etwas anzutun. Immerhin war er bereits im Lagerhaus sehr darauf bedacht, dass ihr nichts geschah, und vor seinem Kampf mit Silberblatt wollte er sie wegschicken, warum auch immer. Schließlich trat sie vor die Tür, und klopfte vorsichtig. Sie wartete eine ganze Minute, aber es gab keine Reaktion, also klopfte sie erneut, nun schon ein wenig lauter, und dieses mal hörte sie tatsächlich wie sich Schritte der Tür näherten. Das Schloss klackte kurz, dann schwang die Tür nach Innen hin auf.
„Was willst du, Paolo?“ erklang eine monotone, leblose Stimme, die Lyaena im ersten Moment gar nicht Luca zuordnen konnte. Als die Tür endlich richtig offen war, wich die Akashi ein wenig zurück, zum einen, weil eine Art violette Rauchwolke aus dem Haus zu quellen schien, zum anderen, weil der Anblick des Bladelli sie ein wenig erschreckte. Er wirkte um einiges bleicher als das letzte mal, dass sie ihn gesehen hatte, dazu trug er eine schwarze Hose, und ein kurzärmeliges, weißes Hemd auf dessen Brust das Wappen der Bladelli gestickt war, und das überhaupt nicht zur Hose passen wollte, weshalb die Akashi vermutete, dass er es einfach auf dem Weg zur Tür irgendwo aufgehoben und übergeworfen hatte. Weiterhin hatte er keine Handschuhe an, weshalb Lyaena zum ersten mal die vollständigen Tätowierungen sehen konnte, ohne dass sie von irgendetwas verdeckt wurden. Auf jedem Finger, direkt unter dem Ansatz der Fingernägel, begann eine Reihe von seltsamen Runen, die Lyaena noch nie gesehen hatte, und sie sich über den Handrücken bis hin zum Handgelenk zogen, dort hörten die Tätowierungen zwar nicht auf, jedoch gingen die Runen in gewöhnliche Buchstaben über, und bildeten zwölf Namen, die sich bis zum Ellenbogen des Bladelli schlängelten, und sich ständig wiederholten. Luca schien die Akashi erst jetzt zu erkennen, und er sah sie aus ausdruckslosen, trüben, grünen Augen an, in ihnen war rein gar nichts zu sehen. Weder die gewohnte Arroganz, oder Überheblichkeit, noch der amüsierte Blick, den sie erkennen konnte, als er sie Nachts nach ihrem Besuch bei Silberblatt abgefangen hatte. „Oh, Lady Akashi? Falsches Gebäude, der Laden des Schmuckherstellers befindet sich weiter in Richtung Militärbezirk, einfach die Straße weiter runter gehen, bis Ihr bei den Schmieden seid, und dann einfach links abbiegen, lässt sich gar nicht verfehlen.“ mit diesen Worten wollte er der Akashi die Tür vor der Nase zuschlagen, was diese nun vollkommen aus dem Konzept brachte. Sie war zwar nicht gerade erfreut darüber, dass dieser Luca sich dermaßen an sie herangemacht hatte, aber gerade deswegen hatte sie erwartet, dass der Bladelli ihr zumindest zuhören und mit ihr reden würde, anstatt sie sofort wegzujagen. Bevor die Tür ins Schloss fallen konnte, stieß Lyaena sie wieder auf, woraufhin sich ein fragender Ausdruck auf das Gesicht des Bladelli stahl, zumindest vermutete Lyaena, dass es ein fragender Ausdruck war.
„Ich bin nicht hier, um die Schmuckhersteller oder Schmuckhändler zu besuchen!“ sagte sie sofort, und sah Luca ein wenig beleidigt an, ehe der erneut versuchen konnte, sie loszuwerden.
„Nicht? Was wollt Ihr dann hier?“
„Ich wollte mit dir reden.“
„Dann beeilt Euch, das Licht bringt mich noch um.“ murmelte Luca, und versuchte sich in der Dunkelheit seines Hauses vor dem Sonnenlicht zu verstecken, was bei Lyaena die Frage aufkommen ließ, ob der Bladelli sich tatsächlich seit zwei Tagen in vollkommener Dunkelheit eingesperrt hatte.
„Um ehrlich zu sein weiß ich nicht, wie lange das Gespräch dauern wird, also...“ Luca blinzelte kurz, und wirkte so, als wenn er sie überhaupt nicht verstanden hatte, dann trat er jedoch zur Seite, und öffnete die Tür ein wenig mehr, woraufhin Lyaena zögerlich das Haus betrat. Kaum war sie drinnen fiel die Tür hinter ihr ins Schloss, und alles wurde vollkommen dunkel. Außerdem lag ein Geruch in der Luft, der Lyaena ein wenig an Lavendel erinnerte, auch wenn da noch etwas anderes war, was sie jedoch nicht ganz zuordnen konnte. Luca schnippte kurz, und plötzlich entzündeten sich überall Kerzen, wodurch Lyaena sich ein wenig umsehen konnte. Die Eingangstür des Hauses führte nicht in einen Flur, sondern direkt in ein kleines Zimmer, mit zwei Türen an der rechten Seite, die wahrscheinlich in Bad und Küche führten. Im Zimmer selbst stand lediglich ein großer, alter Schrank, ein Nachttisch, ein kleines Bett, und einige Hocker und kleine Tischchen, auf denen Kerzen standen, und seltsame, violette Räucherstäbchen, von denen der Rauch zu kommen schien, der überall im Zimmer hing, und der für den Lavendelgeruch verantwortlich war. Auf dem Boden lagen einige Hemden verteilt, aber ansonsten war das Zimmer ordentlich und aufgeräumt, nicht ganz, was die Akashi erwartet hatte, nachdem sie Luca in diesem Zustand gesehen hatte. Der Geruch der Stäbchen ging ihr jedoch ziemlich auf die Nerven, sie mochte den Geruch nicht, auch wenn er etwas seltsam beruhigendes hatte... plötzlich riss sie die Augen auf, ging zu einem Fenster in der Nähe, und stieß es auf. Sofort wurde es deutlich heller im Zimmer, und ein wenig frische Luft kam hinein, während der Rauch nach draußen quoll.

Bild


„Was soll das?“ murmelte Luca, während er sich auf sein Bett fallen ließ, und sein Gesicht im Kissen vergrub.
„Das sollte ich dich fragen!“ meinte Lyaena, und ließ sich auf einem Hocker gegenüber des Betts nieder. Bei den Räucherstäbchen handelte es sich um eine Erfindung von Alchemisten der Alfar. Der Rauch, welcher freigesetzt wurde sobald man die Stäbchen anzündete, hatte eine beruhigende, schmerzlindernde Wirkung, wenn man es sparsam einsetzte. Zu viel davon sorgte jedoch dafür, dass man vollkommen abstumpfte, und tagelang nichts anderes tun konnte, als träge in einer Ecke zu sitzen und auf die Wand zu starren. „Die Dinger sind für Heiler, und nicht für den Gebrauch von individuellen Personen.“ fügte Lyaena hinzu. Die Stäbchen wurden mitunter im Krieg benutzt, um die Schmerzen von Verwundeten in den Lazaretten zu lindern, jedoch benutzten die Heiler nie mehr als zwei oder drei der Stäbchen, alleine auf den ersten Blick konnte Lyaena ein gutes Dutzend der Dinger im Zimmer finden.
„Ja, ich weiß. Einer der Heiler im Militärbezirk schuldete mir noch einen Gefallen, und hat sie mir geliefert.“ meinte Luca, und wandte sein Gesicht langsam in Richtung Lyaena. „Ich hätte nicht gedacht, dass eine behütete Adlige wie Ihr etwas von den Methoden der gewöhnlichen Heiler weiß.“
„Ich weiß genug, diese Dinger werden benutzt um Schmerzen zu lindern, oder um Leuten dabei zu helfen, einen Schock zu überwinden, oder ein Trauma... Moment, du bist doch wohl nicht verletzt worden, während deines Kampfes, oder?“
„Nein, nicht wirklich. Nur ein paar Prellungen, aber nichts, wofür ich Medizin bräuchte.“
„Aber warum...“ Lyaena verstummte, als Luca versuchte sich aufzurichten, dann jedoch abrutschte, und wieder zurück ins Bett fiel.
„Warum... warum was?“ fragte Luca, und sah die Akashi weiterhin aus ahnungslosen, trüben Augen an. Anscheinend hatte er noch immer nicht aufgegeben, und versuchte immer wieder sich aufzurichten, mit wenig Erfolg. Lyaena wusste nicht ganz, was sie jetzt tun sollte, sie hatte eigentlich damit gerechnet, einen aufgebrachten und wütenden Luca vorzufinden, den sie dazu überreden musste, keinen Unsinn anzustellen. Auf einen benebelten Luca, der keine Ahnung hatte was um ihn herum geschah, hatte sie sich nicht vorbereitet, und wusste auch nicht ganz, ob es sich überhaupt noch lohnte, hier zu bleiben. Allerdings hatte Paolo ihr ja auch gesagt, dass sie einmal probieren sollte, sich mit Luca zu unterhalten, und momentan war der Bladelli recht friedlich, und nicht so arrogant wie sonst, eine bessere Möglichkeit für ein normales Gespräch mit ihm, würde es so schnell wohl nicht mehr geben. Also stand sie auf, und half dem Bladelli dabei, sich auf seinem Bett aufzurichten. „Danke.“ murmelte Luca, und stolperte in Richtung Küche davon. Lyaena wollte ihm gerade folgen, blieb jedoch stehen, als sie etwas neben dem Bett des Bladelli liegen sah. Sie zögerte kurz, bückte sich dann jedoch, und hob es auf. Es handelte sich um einen kleinen Rahmen aus Silber, in dem sich eine Platte aus magischem Metall befand. Solche Konstruktionen waren sehr schwierig herzustellen, äußerst teuer, und sehr beliebt. Das Metall wurde von hochbegabten Magiern bearbeitet, und dann verkauft, der Käufer nutzte dann Magie, um ein Bild aus seinen Erinnerungen, auf der Platte erscheinen zu lassen. Auf dem Bild, dass die Akashi nun in der Hand hielt befanden sich dreizehn Personen, und besonders drei von ihnen, sprangen Lyaena ins Auge. Zum einen war da ein junger Mann, den die Akashi sofort als Luca wiedererkannte, er schien nicht viel jünger zu sein als jetzt, vielleicht zwei, oder drei Jahre. Seine Haare waren noch kürzer, als sie es heute waren, und zu einer Art stacheligen Frisur geformt, außerdem hatte er ein fröhliches Lächeln aufgesetzt, und winkte, was Lyaena vermuten ließ, dass das Bild von demjenigen erschaffen worden war, der auf diese Szene geblickt hatte, und nicht von Luca selber. Wie alle anderen auf dem Bild, trug Luca eine Art schwarzen Mantel, ohne Ärmel, der bis zu den Knien ging, zusätzlich hatte er schwarze Handschuhe an, und Lyaena sah, dass sich noch keine Tätowierungen auf seinen Armen befanden. Die zweite Person, die Lyaena aufgefallen war, war ein Mädchen, vielleicht vier Jahre jünger als die Akashi. Sie hatte kurze, blonde Haare, die ihr noch nicht einmal bis zum Hals gingen, dazu kamen grüne Augen, und lange, spitze Ohren, was bedeutete, dass es sich bei ihr um eine Alfar handeln musste, wahrscheinlich eine Hôgalfar, denn diese waren die einzigen Vertreter ihrer Rasse, die sich ihre schwarzen Haare färbten, um sich vom Rest abzuheben. Sie trug keine Handschuhe, weshalb Lyaena sehen konnte, dass die Alfar ähnliche Tätowierungen an den Händen hatte, wie Luca. Die Alfar hatte ihren linken Arm um Luca geschlungen, und hielt sich damit anscheinend fest, während sie von ihm auf dem Rücken getragen wurde, auch sie lächelte, und winkte mit ihrer rechten Hand. Links neben Luca und der Alfar, stand eine junge Frau, die ungefähr in Lyaenas Alter zu sein schien, sie hatte lange, schwarze Haare, und blaue Augen, ihre dunkle Hautfarbe ließ keinerlei Zweifel offen, dass es sich bei ihr um eine Armani handelte. Sie schien ein wenig rot im Gesicht zu sein, und ihr Blick war auf den Boden zu ihrer Linken gerichtet, ihre linke Hand war nervös um ihren rechten Arm geschlungen, während ihre rechte Hand, die Linke von Luca hielt. Die anderen Personen auf dem Bild waren Männer, allesamt jünger als Luca, die ebenfalls lächelten und winkten, die jedoch nichts besonderes an sich hatten, was Lyaenas Aufmerksamkeit auf sie zog. Noch immer mit dem Bild in der Hand, folgte sie Luca in die Küche, wo dieser gerade damit beschäftigt war, eine Kanne Tee zu kochen, zumindest vermutete Lyaena, dass es das war, was der Bladelli versuchte. Die Akashi seufzte kurz, legte das Bild auf den Tisch, und ging dann zu Luca, der gerade einen Haufen Salz in das Teewasser kippte.
„Luca?“ der Bladelli drehte sich langsam zu ihr um, und blinzelte sie an.
„Ja?“
„Ähm... es wäre vielleicht besser, wenn ich das mache, meinst du nicht auch?“ fragte sie vorsichtig, löste Lucas Hände von der Kanne, und führte ihn vorsichtig zu einem Stuhl, wo er sich auch sogleich niederließ, und mit dem Kopf auf die Tischplatte knallte. Während sie das salzige Teewasser weg kippte, wanderte ihr Blick durch die Küche, bis sie fand, wonach sie gesucht hatte. Ein Beutel mit Kräutern, die, wenn sie als Tee aufgebrüht wurden, dabei helfen sollten, die Nachwirkungen der Räucherstäbchen zu negieren. Wer auch immer der Heiler war, der so dumm war Luca die Dinger zu schicken, er war immerhin schlau genug, ihm auch die Kräuter zukommen zu lassen. Während sie also den Tee mit den Kräutern zubereitete, seufzte Lyaena und fragte sich, was sie hier eigentlich tat. Sie hatte nicht wirklich einen Grund, um Luca zu helfen, aber sie war schon immer die Art von Person gewesen, die nicht einfach weggucken und weitergehen konnte, wenn sie irgendwo ein verletztes Tier sah, selbst wenn es sich bei dem Tier um einen riesigen Bären gehandelt hätte, und die Sache hier war ungefähr so ähnlich, nur dass es kein verletztes Tier war, sondern... ein zugedröhnter, verrückter Mörder, aber damit würde sie auch schon fertig werden, immerhin hatte Luca sie bislang noch nicht angegriffen, oder es auch nur versucht. Nach einer Weile saß sie gegenüber des Bladelli am Tisch, zwischen ihnen stand die Teekanne, und jeder hatte eine dampfende Tasse vor sich zu stehen. Luca hatte gerade die dritte Tasse geleert, und so langsam schienen die Kräuter ihre Wirkung zu zeigen, und den Nebel aus dem Kopf des Bladelli zu vertreiben.
„Danke für Eure Hilfe... schätze ich.“ meinte Luca schließlich, und kratzte sich am Kopf. Er hatte zwar nicht wirklich Hilfe gebraucht, in ein oder zwei Wochen wäre er auch so wieder bei Sinnen gewesen, und hätte das alles alleine machen können, aber die Akashi hatte es gut gemeint, und darum ging es ja schließlich. „Und es tut mir leid, dass Ihr das hier mit ansehen musstet, so ein Verhalten gehört sich einfach nicht, für den Erben einer Familie wie den Bladelli... zumindest würde Paolo das jetzt sagen. Wie kann ich Euch helfen, Lady Akashi?“ Luca schien schon wieder sehr schnell zu seiner ursprünglichen Art zurückzufinden, was Lyaena ziemlich schade fand, benebelt war er zwar kaum ansprechbar, aber zumindest weit erträglicher, als im Normalzustand.
„Ich habe vor kurzem mit Großmarschall Bladelli gesprochen, und er meinte, ich solle mich einmal mit dir unterhalten.“
„Ach, wirklich?“ Luca zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Nach der Sache im Militärbezirk, hatte er mir gesagt, dass ich mich von Euch und Eurer Familie fernhalten soll, und da schickt er Euch zu mir?“ Die Stimmung des Bladelli schien sich rapide zu verschlechtern, weshalb Lyaena es für das beste hielt, das Thema zu wechseln. Also nahm sie das Bild in die Hand, und reichte es an Luca weiter.
„Was hat es mit diesem Bild auf sich?“
„Bild?“ fragte Luca verwirrt, und nahm den Rahmen entgegen, als er es betrachtete stahl sich jedoch ein Lächeln auf sein Gesicht. 'So sieht er schon weit netter und freundlicher aus als sonst.' schoss es Lyaena durch den Kopf, bislang hatte sie immer nur ein falsches Lächeln, oder ein überhebliches Grinsen im Gesicht des Bladelli gesehen, daher war das hier schonmal eine ziemliche Steigerung. „Wo habt Ihr das gefunden?“ fragte Luca, mit ungewöhnlich freundlicher, und ruhiger Stimme.
„Das lag neben deinem Bett, als ich dir geholfen habe aufzustehen, habe ich es gefunden.“
„Ich verstehe.“ Plötzlich schien es in seinen Augen aufzublitzen, und er drehte das Bild so, dass Lyaena es sehen konnte. „Mich habt Ihr sicherlich schon erkannt.“ meinte er, und deutete auf sich selbst, in der Mitte des Bildes.
„Ja, habe ich... würdest du jetzt vielleicht erklären, was es damit auf sich hat?“
„Ah, natürlich, tut mir leid. Das Bild ist mittlerweile drei Jahre alt, was Ihr da seht...“ Luca brach ab, und seine Miene verfinsterte sich, während der den Blick abwandte. „Vergesst es, es ist besser wenn Ihr nicht wisst...“
„Ist das die Einheit, mit der du in Nord-Midgard warst?“ fragte Lyaena, und Luca zuckte zusammen.
„Woher wisst Ihr, dass ich in Nord-Midgard war?“
„Dein Großvater hat mir davon erzählt.“
„Ah... und was noch?“
„Dass du angeblich tausend Alfar getötet hast, und dass deine Mutter...“
„Eine Verräterin war?“ Lyaena nickte. „Warum seid Ihr dann noch hier?“ fragte Luca, und ein trauriges Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
„Was meinst du damit?“
„Ich bin der Sohn einer Verräterin, und im Gegensatz zu anderen, mit diesem Hintergrund, habe ich nicht den Schutz einer mächtigen Familie, selbst die meisten Bladelli meiden mich. Wenn Ihr länger in der Nähe von Leuten wie mir seid, wird das nur Eurem Ruf schaden, Lady Akashi. Die meisten verschwinden, sobald sie von meiner Mutter hören, die wenigsten wollen länger als ein paar Tage mit mir zu tun haben, und niemand kommt auf die Idee, mich zu besuchen.“
„Wovon... wovon redest du eigentlich?“
„Von den sogenannten 'Freunden', die ich hier in Navea gefunden habe.“ meinte Luca, mit bitterer Miene. „Kaum hören sie, dass meine Mutter als Verräterin gilt, verschwinden sie, und lassen sich nie wieder blicken, inzwischen bin ich dazu übergegangen, mir überhaupt keine Freunde mehr zu suchen.“
„Könntest du nicht einfach verschweigen, dass du der Sohn einer Verräterin bist?“ fragte Lyaena, und zuckte unter dem vernichtenden Blick zusammen, den Luca ihr schickte.
„Ich werde ganz bestimmt nicht so tun, als wäre alles, was meine Mutter getan hat niemals passiert. Wer nicht damit leben kann, soll von mir aus fern bleiben, solche Leute brauche ich nicht. Ich...“
„Also ist das deine Einheit?“ Luca brach ab, und sah die Akashi erstaunt an. Schließlich lächelte er jedoch wieder, und nickte.
„Ja, ist es. Was Ihr da seht, sind Valquez' Erben. Ich nehme an, Ihr habt bereits von Inquisitor Valquez gehört?“ Lyaena nickte.
„Er hat vor beinahe fünfzig Jahren die Kirche verraten, und sich gegen den Erzbischof gestellt. Bevor sein Aufstand jedoch groß genug wurde, um wirklich eine Gefahr für Süd-Midgard zu sein, zeigte er Reue und bat um Vergebung, für seine Taten. Da ein Verräter jedoch nicht einfach so begnadigt werden kann, wurde er nach Nord-Midgard geschickt, und sollte dort zehn Jahre lang für die Kirche kämpfen, nach diesen zehn Jahren, durfte er nach Navea zurückkehren, und dort den Rest seines Lebens in Frieden verbringen.“
„Wie man es von der Erbin der Akashi erwarten konnte, Ihr seid gut mit der Geschichte des Reiches vertraut.“ Lyaena wurde erneut überrascht, dieses mal davon, dass sich nicht einmal eine Spur Sarkasmus, in den Worten des Bladelli finden ließ, er schien es wirklich ernst zu meinen. „Nun, wie auch immer. Die Bestrafung von Valquez hatte funktioniert, so gut sogar, dass sie noch Heute angewandt wird. Valquez' Erben, sind eine geheime Abteilung der Inquisition, die im Norden operiert, und die aus Verbrechern, Verrätern, oder deren Kindern besteht. Ich war dreizehn, als ich der Einheit beigetreten bin, oder besser gesagt, als ich gezwungen wurde, der Einheit beizutreten. Damals gab es nur vier andere Mitglieder, sechs Jahre später, war ich alleine. Drei andere waren während unserer Missionen gestorben, der letzte hatte seine zehn Jahre gedient, und wurde entlassen. Zu diesem Zeitpunkt, kamen dann wieder neue Mitglieder für die Einheit, dieses mal waren es ganze zwölf.“ erklärte Luca, und zeigte auf das Bild. „Das sind sie, die letzten vier Jahre sollte ich mit ihnen dienen, als Anführer der Einheit. Das Bild ist wie gesagt, drei Jahre alt, wir waren alle gute Freunde geworden, in der Zeit, die wir zusammengearbeitet hatten. Als wir einmal die Festung Nudaka besucht hatten, als Vorbereitung auf eine neue Mission, hat ein Magier dort sich dazu bereit erklärt, für jeden von uns ein solches Bild herzustellen, und zwar umsonst. Wie es sich herausstellte, war der Magier selbst einmal bei den Erben gewesen, weshalb er sich mit uns verbunden fühlte.“ Luca lächelte die ganze Zeit, während er sprach, und irgendwie hatte Lyaena das Gefühl, dass der Bladelli nur auf den Augenblick gewartet hatte, an dem er mit jemandem über diese Zeit reden konnte. Das würde auch erklären, weshalb Luca all seinen Bekannten von seiner Mutter erzählt hatte, er musste darauf gehofft haben, eines Tages an jemanden zu geraten, der ihm einfach nur zuhören würde. Eigentlich wollte Lyaena ja mit Luca über die angespannte Situation zwischen Akashi und Bladelli reden, aber sie brachte es einfach nicht über sich, ihn jetzt zu unterbrechen, außerdem hatte sie ja Zeit. Niemand wartete auf sie, und es gab auch keine wichtigen Treffen, also konnte sie die Zeit ruhig dazu nutzen, ein wenig mehr über den verrückten Mörder der Bladelli zu erfahren, auch wenn es gerade recht schwierig war daran zu glauben, dass Luca wirklich dazu in der Lage war, mehrere Leute ohne mit der Wimper zu zucken zu töten.
„Dieses Mädchen hier... ist sie wirklich eine Alfar?“ beteiligte Lyaena sich schließlich am Gespräch, und deutete auf das Mädchen mit den blonden Haaren.
„Ja, ihr Name war Sêanna.“ meinte Luca, und nickte, während er lächelnd die Alfar betrachtete. „Sie war das jüngste Mitglied der Gruppe, immer fröhlich und aufgedreht... allerdings eine ziemlich schwache Kämpferin. Während ihres ersten Auftrags, wäre sie fast gestorben, ich konnte sie gerade so retten. Danach habe ich ihr beigebracht, wie sie den Explosionszauber wirken kann, den ich erfunden habe, damit sie zumindest etwas tun kann, während der Kämpfe. Schon nach dem nächsten Auftrag, habe ich es bereut, und ihr verboten, jemals wieder Magie zu verwenden. Sie hätte es fast geschafft, sich selbst in die Luft zu jagen. Letztendlich hatte sie gelernt, mit einer Art Kampfstab umzugehen, sie war zwar noch immer recht nutzlos im Kampf, aber immerhin mussten wir nicht mehr dauernd auf sie aufpassen.“ Lyaena lächelte, um zu zeigen, dass sie ihm noch immer zuhörte, innerlich hatte sie sich jedoch an dem kleinen Wort 'war' aufgehangen, irgendwie sorgte das Wort dafür, dass sie ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache hatte. Luca ließ sich davon jedoch nicht beeinflussen, und redete weiter über die Mitglieder seiner Gruppe, ehe er schließlich aufhörte, und sich ein wenig im Stuhl zurücklehnte. „Es war eine recht schöne Zeit... zwar mussten wir ständig Aufträge für die Kirche erledigen, und gegen Alfar kämpfen, aber wir hatten es geschafft, immer lebend aus der Sache zu kommen. Zum Zeitpunkt des Bildes, hatten wir bereits über ein Dutzend Schiffe der Alfar vernichtet, und hunderte Transportkarawanen überfallen, dann kam jedoch ein Auftrag, der...“
„Wer ist diese Frau?“ fragte Lyaena, und deutete auf die Armani, ihr war nicht entgangen, dass Luca sie ignoriert hatte, als er von seinen Freunden erzählt hatte.
„Was? Ich hatte doch von ihr erzählt, oder?“
„Nein, du hast sie übersprungen.“
„Ah, entschuldigt mich, mein Fehler.“ meinte Luca, und versuchte zu lächeln, was ihm jedoch nicht gelang. „Ihr Name war Yozora, eine Armani aus dem Cactaraka Dschungel. Sie war nach mir die beste Kämpferin im Team, weshalb wir öfters alleine auf Aufträge gegangen sind, wenn wir der Meinung waren, dass der Rest sich dabei nur in unnötige Gefahr begeben würde. Wie auch die anderen, hatte sie nie gesagt, weshalb sie bei den Erben gelandet war, ich war der einzige, der offen darüber gesprochen hatte. Dafür hatte Yozora aber immer viel von ihrer Heimat erzählt, ein kleines Dorf, mitten im Dschungel. Anscheinend war es dort jedoch nicht so friedlich und ruhig, wie man sich vorstellen mag, Yozora sagte, dass dort ständig ein kleines Mädchen durch das Dorf gewandert war, und überall Essen vergraben hatte. Wisst Ihr, die Armani haben in ihren Hütten etwas, dass sie 'Dangolager' nennen, dort bunkern sie ihr Essen, aber das Mädchen, von dem Yozora immer sprach, war so begeistert von der Sache, dass sie es immer übertrieben hatte. Überall im Dorf waren Löcher, in denen Säcke mit Dango vergraben worden waren, allerdings war nie jemand wirklich wütend auf das Mädchen, sie schien in ihrem Dorf etwas besonderes gewesen zu sein... bei Gaia, mir will einfach ihr Name nicht mehr einfallen.“ murmelte Luca, und schien mit seinen Gedanken plötzlich ganz woanders zu sein. Lyaena hatte jedoch langsam das Gefühl, dass Luca sich absichtlich ablenken ließ, um nicht weiter über die Armani reden zu müssen, was bei Lyaena die Frage aufwarf, was wohl zwischen den beiden vorgefallen war. Anstatt weiterhin zu bohren, sah Lyaena sich das Bild noch einmal an.
„Ihr seht alle so... glücklich aus.“ murmelte sie, und warf immer wieder einen Blick auf den vollkommen bleichen Luca, der ihr gegenüber saß. Wenn sie nicht den Gesichtsausdruck gesehen hätte, den der Bladelli aufgesetzt hatte, als er von Sêanna und den anderen Erben sprach, hätte sie nie gedacht, dass Luca wirklich so fröhlich aussehen konnte. „Und alle sind so jung... das sieht nicht so aus, als wenn ihr Teil einer geheimen Abteilung der Inquisition seid.“
„Glaubt mir, Lady Akashi, die meisten Mitglieder der Erben, sind so jung. Denn je jünger sie sind, desto leichter ist es, sie zu kontrollieren, und desto weniger zweifeln sie Befehle an. Das Bild... es war das letzte mal, dass wir alle so zusammen waren, und unbeschwert lachen konnten. Der nächste Auftrag führte uns nach Drâskôg... habt Ihr schon einmal davon gehört?“
„Nein, ist das eine Stadt der Alfar?“
„Es ist... es war ein kleines Dorf, nicht allzu weit von der Grenze entfernt. Die Kirche hatte Informationen erhalten, dass ein General der Republik dort seine Familie besuchen wollte, unser Auftrag war es, den General auszuschalten... und dafür zu sorgen, dass es wie ein Zufall aussah.“
„Wie ein Zufall? Was soll das heißen?“
„Der General war kurz davor, einen unserer Spione in der Republik auffliegen zu lassen. Deswegen sollte es so aussehen, als wenn er bei einem Überfall auf sein Heimatdorf gestorben wäre. Außerdem durfte es keine Zeugen geben, damit die Kirche sämtliche Schuld von sich weisen konnte.“ meinte Luca, und verstummte. Lyaena konnte jedoch nicht ganz folgen, das hörte sich an, wie ein ganz gewöhnlicher Auftrag, für so eine Einheit, warum sollte das Lucas Team dermaßen mitgenommen haben?
„Und? Was ist passiert?“ fragte sie schließlich, als Luca nicht weitersprach.
„Wir haben unseren Auftrag erfüllt.“ lautete die Knappe Antwort.
„Und weiter?“
„Lady Akashi, vielleicht habt Ihr mich nicht verstanden. Wir haben den Auftrag bis ins kleinste Detail ausgeführt, der General wurde getötet... und es gab keine Zeugen.“ Lyaena riss schockiert die Augen auf, als ihr klar wurde, was Luca damit meinte.
„Wie... wie groß war das Dorf?“
„Ein paar hundert Alfar lebten dort, ich habe sie nicht alle gezählt. Ich sagte bereits, dass der General seine Familie besucht hatte. Er hatte eine Frau, und zwei Kinder, beide waren jünger als ihre Mörder. Sêanna hatte sie zuerst gefunden, sie zögerte zuerst, und wollte nicht angreifen. Letztendlich hatte eines der Kinder einen Panikanfall, und hat versucht zu entkommen. Sêanna hat aus Angst, dass die Mission wegen ihr fehlschlagen könnte, ganz meinen Befehl vergessen, und die Magie genutzt, die ich ihr beigebracht habe, um die Kinder zu töten. Zwei Stunden später war das Dorf nur noch eine große, rauchende Ruine, in der überall Leichen lagen. Mein gesamtes Team war nach der Mission vollkommen traumatisiert und niedergeschlagen. Wisst Ihr, bislang hatten wir zwar immer wieder gehört, wie die Alfar uns als 'Monster' bezeichnet hatten, aber das waren einfach nur Worte von Soldaten, die einem Feind gegenüber standen, den sie nicht besiegen konnten, es hatte uns einfach nicht gekümmert. Aber in Drâskôg, da ging meinem Team zum ersten mal auf, dass es nicht nur leere Worte waren. Wir waren wirklich Monster, die ohne zu zögern unschuldige Männer, Frauen und Kinder abschlachten konnten. Besonders Sêanna hatte die ganze Sache ziemlich mitgenommen, sie hat tagelang kaum etwas gegessen, und nur geweint. Yozora hatte sie letztendlich aufgemuntert, sie meinte 'Ein Monster weint nicht, und bereut seine Taten nicht. Du weinst, also kannst du kein Monster sein.' Eine ziemlich schwache Aussage, und nicht unbedingt logisch, aber es hatte gereicht, um sie aufzumuntern.“
„Hattest du geweint?“ fragte Lyaena, ohne wirklich darüber nachzudenken, und bereute es noch im selben Augenblick, als sie Lucas traurigen Gesichtsausdruck sah.
„Ein Monster weint nicht, Lady Akashi. Ich sagte nicht umsonst, dass es mein Team war, dem in Drâskôg aufging, was wir wirklich waren, ich wusste es schon vorher, schon seit meinem ersten Auftrag. Wir waren emotionslose Kampfmaschinen, die das umbrachten, worauf die Kirche gezeigt hat, mehr nicht.“
„Dann bereust du also nicht, was du getan hast?“ Luca biss sich kurz auf die Lippe, schüttelte dann jedoch den Kopf.
„Nein, wenn ich die Wahl hätte, würde ich alles genauso tun.“
„Aber warum?“ Anstatt zu antworten, ließ Luca eine durchsichtige Kugel aus Magie in der Luft erscheinen. Plötzlich bildeten sich zwei Drachen innerhalb der Kugel, einer bestand aus roter Energie, der andere aus blauer. Langsam begannen die Drachen sich zu umkreisen, und führten eine Art Tanz auf, dem Lyaena zusah. Zwar versuchte sie, eine gleichgültige Miene aufzusetzen, aber die anmutigen Bewegungen, und feinen Linien aus Energie, welche die Drachen hinterließen, waren wirklich beeindruckend. Sie konnte zwar selbst kaum zaubern, wusste jedoch, dass es einiges an Übung brauchte, um so einen Zauber zu wirken, und dafür zu sorgen, dass die Drachen sich wie vorgesehen bewegten. Schließlich krachten die Drachen zusammen, und bildeten ein kleines, violettes Feuerwerk, innerhalb der Kugel. Luca lächelte wieder, und ließ die Kugel mit einer Bewegung seiner Hand verschwinden. Lyaena merkte erstaunt, dass Luca sichtlich erschöpft war, nach diesem Zauber. Das hatte sie nicht erwartet, seine Explosionszauber, sollten eigentlich weit mehr Energie kosten, als solch kleine Tricks, selbst wenn es ein wenig Übung brauchte, viel Magie musste man dafür eigentlich nicht aufwenden.
„Wie Ihr bereits gemerkt habt, kostet es mich einiges an Energie, dieses kleine Kunststück aufzuführen.“ meinte Luca, und kratze sich mit einem verlegenen Lächeln am Hinterkopf. „Ich war nie besonders gut darin, Magie zu wirken. Außer meinen Explosionszaubern, habe ich nur ein paar Heilzauber, die ich benutzen kann... und dann noch das, was mein kleiner Bruder mir beigebracht hat.“ Erst jetzt fiel Lyaena wieder ein, dass Paolo ja erwähnt hatte, das es einen kleinen Bruder gab. Sie hatte das während Lucas Geschichte schon wieder vollkommen vergessen.
„Du hast einen kleinen Bruder?“ Luca nickte. „Und... er ist ein besserer Magier als du?“
„Oh ja, er ist nicht nur ein besserer Magier als ich, ich bezweifle, dass es innerhalb der Kirche jemanden gibt, der es mit ihm aufnehmen kann, wenn es um reine, magische Energie geht. Selbst Euer geliebter Verlobter, würde hoffnungslos untergehen, wenn er meinem Bruder begegnen würde. Der Zauber, den ich Euch gerade gezeigt habe... mein Bruder hat ihn erfunden, im Alter von sechs Jahren!“
„Du machst Witze.“ meinte Lyaena, und suchte nach Anzeichen dafür, dass Luca übertrieb, oder einen Scherz gemacht hatte, dieser schüttelte jedoch lächelnd den Kopf.
„Ich sage die Wahrheit. Er hat sich schon immer für Magie interessiert, und sämtliche Formeln, die er finden konnte, aneinander gereiht, um zu sehen, was passiert, wenn man bestimmte Formeln miteinander kombiniert. Diesen Zauber hier hat er für unsere Cousine erfunden... ich bin mir sicher, Ihr habt bereits von Anya gehört, nicht wahr?“
„Ja, habe ich.“
„Sie hat ein ähnliches Problem wie ich, sie ist nicht besonders gut darin, Zauber zu wirken. Zu dem Zeitpunkt, an dem mein Bruder den Zauber erfand, war Anya neun Jahre alt, und sie war ziemlich deprimiert, weil ihr einfach kein Zauber gelingen wollte. Also hat er für sie einen Zauber erfunden, der schön anzusehen war, um sie aufzumuntern, und den sie auch selbst wirken konnte, ohne Probleme zu haben. Sie war so glücklich, als es ihr endlich gelang, Magie zu wirken, Ihr müsst wissen, dass sie schon immer ein wenig in meinen Bruder...“ Luca verstummte, als er sah, wie Lyaena lächelte, und er lief leicht rot an. „Wie auch immer, er hat diesen Zauber erfunden.“ murmelte Luca abschließend, und wandte den Blick ab.
„Dein Bruder muss ein wunderbarer Mensch sein. Wann hast du ihn das letzte mal gesehen?“
„Das ist schon über zehn Jahre her, deswegen war ich auch ein wenig froh, Sêanna in meinem Team gehabt zu haben. Sie hat mich immer als eine Art älteren Bruder gesehen, und für mich... für mich war sie eine jüngere Schwester, praktisch ein Ersatz für meinen Bruder.“
„Was ist eigentlich mit ihr passiert? Du sagst immer 'war'. Ist sie etwa tot?“ Lucas Miene verfinsterte sich augenblicklich, und Lyaena bereute es, die Frage gestellt zu haben.
„Lady Akashi, ich bin ein wenig müde, ich denke, das ist noch die Nachwirkung des Rauchs. Würdet Ihr mich bitte ein wenig allein lassen?“ Lyaena wollte schon protestieren, dass sie so einfach rausgeworfen wurde, ließ es jedoch bleiben, als sie Luca ins Gesicht sah. Eine einzelne Träne, lief aus seinem linken Auge, und fiel auf das Bild seines Teams, dass vor ihm auf dem Tisch lag.
„Ähm... natürlich.“ meinte Lyaena, und erhob sich. Zwar hatte sie es noch immer nicht geschafft, mit Luca über das zu reden, weshalb sie eigentlich hier war, aber sie wollte sich nicht unbedingt aufdrängen, zumal Luca wirklich so aussah, als wenn er ein wenig Ruhe brauchte.
„Vielen Dank.“ sagte Luca, mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht, und führte sie zur Eingangstür. Lyaena hatte gerade das Haus verlassen, und sich abgewandt, um nachhause zu gehen, als sie hörte, wie Luca etwas hinter ihr flüsterte. „Es tut mir leid.“ war alles was sie hörte, dann fiel die Tür ins Schloss, und Lyaena stand alleine in den Straßen Naveas.

Bild
Japp, die Bilder haben nichts mit dem Kapitel zu tun... ich wollte nur mal zeigen, dass Aleyandra nicht die einzige ist, die viele Kleidungsstücke hat!


Zur selben Zeit saß Naruz in der Bibliothek der Bladelli Villa, und sah immer wieder missmutig zu Aynaeth hinüber, die seine Blicke jedoch gewissenhaft ignorierte. Naruz hatte gerade ein Gespräch mit Paolo hinter sich, in dem der Großmarschall ihn über die Geschehnisse in Navea informiert hatte, anscheinend war die Rivalität zwischen Akashi und Bladelli letztendlich zu einer richtigen Fehde eskaliert, was Naruz äußerst beunruhigend fand. Bislang hatte er immer gedacht, dass es in Navea relativ sicher war, und man sich hier vor nichts fürchten musste, aber anscheinend war das nicht der Fall. Was ihn allerdings am meisten beunruhigte war, dass nicht nur Mitglieder der beiden Familien angegriffen worden waren, sondern auch Kinder Gaias, weil diese Silberblatt dienten. Daher machte Naruz sich ziemliche Sorgen um Aleyandra, zwar war sie noch nicht lange bei den Attentätern, aber sie war trotzdem bekannt, außerdem hieß es, dass sie eine von Silberblatts Lieblingsschülerinnen war, weshalb es durchaus möglich war, dass jemand sie angreifen könnte, um Silberblatt zu treffen. Erneut verfluchte Naruz den Großmeister dafür, dass der Aleyandra in die ganze Sache mit hineingezogen hatte, ohne ihn hätte es den Mordauftrag für Yuki Akashi niemals gegeben, und Naruz und Aleyandra könnten weiterhin zusammen sein, wie sie es vor ihrer Reise in den Dschungel getan hatten. Aleyandra war auch der Grund, weshalb Naruz hier in der Bibliothek saß, er hatte eigentlich geplant, Aynaeth zu fragen, ob sie irgendwelche starken Heilzauber kannte, die Aleyandra helfen könnten, aber die Hexe ignorierte ihn bereits, seit seiner Ankunft in ihrem 'Zimmer'. Sie hatte ihr Gesicht in einem Stapel von Büchern vergraben, und durchforstete einen dicken Band, nach dem anderen, während Grimm immer wieder hin und her flog, und ihr neue Bücher brachte. Sie hatte Naruz nicht einmal begrüßt, als er die Bibliothek betreten hatte, sondern weiterhin ihr Buch gelesen. Also hatte Naruz das einzige getan, was er tun konnte, er hatte sich zu ihr an den Tisch gesetzt, und wartete nun darauf, dass die Hexe irgendwann von selbst auf ihn aufmerksam werden würde.
„Naruz?“ Er zuckte zusammen, als er plötzlich eine Stimme neben sich hörte und merkte, wie ihm jemand am Ärmel zupfte.
„Was gibt... bei Gaia! Naleya! Wie siehst du denn aus?“ fragte Naruz schockiert, als er sich umdrehte und sah, dass es Aynaeths kleine Schwester war, die ihn angesprochen hatte. Die angehende Hexe sah furchtbar aus, tiefe Ringe lagen unter ihren Augen, sie trug lediglich ein Hemd, dass ihr viel zu groß war und bis zu den Knien ging, weshalb Naruz vermutete, dass es Aynaeths war, und ihr seltsamer Hut war kurz davor, von ihrem Kopf zu rutschen. Eigentlich hätte Naleya schon vor einer Woche wieder nach Vo Astur abreisen müssen, allerdings hatte sie es geschafft, die Akademie dazu zu überreden, sie noch eine Weile in Navea bleiben zu lassen. „Ist irgendetwas passiert?“
„Aynaeth ist passiert...“ murmelte Naleya erschöpft, und ließ sich neben Naruz auf einem Stuhl nieder, während sie ein Buch, Feder, Tinte und mehrere Bögen Papier auf den Tisch legte. „Sie ist nicht gerade glücklich damit, dass sie seit über einem Monat kaum noch süßes essen konnte, also hat sie ihre Kontakte in Vo Astur dazu genutzt, um sich an mir zu rächen.“
„Um sich... an dir zu rächen? Wie denn das?“ Naleya sah Naruz aus großen, wässrigen Augen an, ehe sie auf die Blätter vor sich deutete.
„Ich soll eine Analyse über den Zauber schreiben, den man bei uns 'Fegefeuer' nennt, mit Struktur, Stärken, Schwächen und Vorschlägen, wie man die Aktivierung des Zaubers beschleunigen kann. An sich kein Problem... leider hat Aynaeth sämtliche Bücher über 'Fegefeuer' verschwinden lassen, die es in Navea gab, das Buch hier ist das einzige, dass sie mir gelassen hat, und darin findet man nicht viel.“ Während Naleya erzählte, nahm Naruz sich das Buch, und blätterte kurz durch. Naleya hatte recht, wirklich viel stand nicht drinnen, aber immerhin war die Zauberformel aufgeschrieben worden.
„Darf ich mal?“ fragte Naruz, und griff nach den beschriebenen Blättern, die vor Naleya lagen, diese nickte lediglich, und fuhr dann fort.
„Dabei ist die ganze Sache so sinnlos, ich meine, wir Hexen und Hexer können eh keine Magie wirken, ohne irgendwelche Grimoire oder ähnliche Dinge... na gut, Aynaeth und ich können es, aber das liegt ja daran, dass wir zur Hälfte Alfar sind. Aber selbst wir können 'Fegefeuer' nicht benutzen, immerhin ist der keine Alfarmagie. Was ist also der Sinn dahinter, den Zauber zu analysieren, wenn wir ihn eh nicht benutzen können? Es gibt fünf Grimoire, von über 8.000, mit deren Hilfe man den Zauber wirken kann! Fünf! Und die befinden sich allesamt im Besitz eines der Ratsmitglieder, also analysiere ich einen Zauber, den ein Hexer in ganz Midgard wirken kann! Einer! Ich will nicht mehr, das ist alles so... unfair!“ meinte Naleya, und ließ den Kopf auf den Tisch sinken. Als Naruz zwei Minuten später noch immer nicht reagiert hatte, wandte Naleya sich zu ihm um, und warf ihm einen beleidigten Blick zu. „Ignorierst du mich jetzt auch noch? Es ist schon schlimm genug, dass Grimm nicht reagiert, wenn ich mit ihm reden will.“
„Oh, keine Sorge, ich höre dir zu.“ murmelte Naruz, während er nach Feder und Tinte griff, und begann, etwas auf ein leeres Blatt Papier zu schreiben.
„Was machst du da eigentlich?“ fragte Naleya, erhielt jedoch keine Antwort, woraufhin sie einfach nur seufzte, die Augen schloss, und kurz davor stand einzuschlafen. Seit sie die Aufgabe von der Akademie bekommen hatte, konnte sie kaum eine Nacht wirklich durchschlafen. Sie war gerade eingeschlafen, als Naruz' Stimme sie aus ihren Träumen riss, und sie aufweckte.
„Naleya... Naleya!“
„W-was? Was ist los, was habe ich verpasst?“ fragte sie, und sah sich verwirrt um.
„Hier, bitte.“ meinte Naruz, und schob ihr das Buch und den Papierbogen wieder zurück.
„Ich verstehe nicht ganz...“ begann Naleya, verstummte dann jedoch, als sie sah, was Naruz geschrieben hatte. „Aber... aber wie... das kann nicht stimmen...“ murmelte sie vor sich hin, sprang auf, und verschwand in einer Ecke der Bibliothek. Naruz gähnte kurz, streckte sich, und lehnte sich im Stuhl zurück, während Naleya zurückkam, mit einem halben Dutzend Büchern in der Hand. Schnell breitete sie die Bücher auf dem Tisch aus, und blätterte sich durch die alten, staubigen Seiten. „Oh... ohhhhhhh....“
„Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?“ fragte Naruz, und lächelte Naleya freundlich an. Anstatt zu antworten, sprang die angehende Hexe ihn an, und riss ihn vom Stuhl.
„Danke! Du hast mir damit das Leben gerettet! Wenn ich das so schreibe, bin ich Morgen fertig, und kann mich die nächsten Tage wieder um Aynaeth kümmern!“
„Tch.“ kam es von Aynaeth, woraufhin Naruz den Blick zu ihr wandte, und bemerkte, dass sie ihn und seine Schwester mit ausdruckslosem Gesicht beobachtete, anstatt weiterhin in ihren Büchern zu lesen. „Du bist ein Spielverderber, Naruz.“ murmelte sie, und schnippte ein kleines, zusammengeknülltes Stück Papier, nach ihm.
„Ach ja? Warum?“ fragte Naruz, während er Naleya von sich drückte, und aufstand.
„Ich hatte mir das ganz genau überlegt, laut meinen Berechnungen, hätte Naleya knapp zwei Wochen gebraucht, um die Aufgabe zu lösen. Ich konnte ja nicht damit rechnen, dass du ihr hilfst.“
„Mal ganz davon abgesehen, dass meine Schwester bösartige Pläne geschmiedet hat... mit dieser Arbeit, kann ich mich für die nächsten Monate einfach zurücklehnen und gar nichts machen. Ich glaube bisher ist noch niemand auf die Idee gekommen, die vierte Aktivierungssequenz, mit der achten aus dem Eishöllenzauber zu ersetzen, um die Aktivierung von 'Fegefeuer' zu beschleunigen, auf den ersten Blick passen die beiden überhaupt nicht zusammen, aber wenn man es genau betrachtet...“ Während Naleya sich weiter in ihrem Monolog verlor, warf Aynaeth einen Blick auf das, was Naruz geschrieben hatte, und ließ erneut ein 'Tch' hören.
„Darauf wäre ich auch gekommen.“ murmelte sie, und Naruz merkte erstaunt, dass Aynaeth tatsächlich ein wenig eingeschnappt zu sein schien. „Wenn du mich um Hilfe gebeten hättest, hätte ich die Aufgabe genauso für dich gelöst, bestimmt noch viel besser...“
„Ähm... Aynaeth?“
„Was kann ich denn dafür, dass du zuerst zu Naruz rennst? Nur weil er ein klein wenig über die magische Theorie weiß, heißt das nicht, dass du gleich deine Schwester überspringen musst.“ Naruz' Blick wanderte einfach nur ungläubig zwischen Aynaeth und Naleya hin und her, die beide in einen Monolog verfallen waren, Naleya über magische Theorie, und Aynaeth... worüber Aynaeth sprach, wusste Naruz auch nicht so ganz, also beschloss er, sie zu ignorieren.
„Ich habs!“ rief Naleya plötzlich, und sah Naruz begeistert an.

Bild


„Was hast du?“
„Du solltest Aynaeth heiraten!“ Naruz blinzelte kurz ungläubig, und starrte Naleya an, die vollkommen begeistert aussah.
„Ich sollte... was tun?“
„Du hast mich schon verstanden! Du heiratest Aynaeth, das wäre für alle das beste! Die Vaas Familie hätte einen weiteren, talentierten Magier in ihren Reihen, und könnte endgültig ihre Position in Vo Astur festigen, und du wärst mein großer Bruder!“
„Und was hätte ich davon?“
„Du hättest eine niedliche, kleine Schwester, eine hübsche Frau, und wärst endlich mehr als nur ein namenloser, unbekannter Inquisitor.“
„Namenloser...Inquisitor?“ wiederholte Naruz, wurde jedoch von Naleya ignoriert.
„Die Fantasie geht mal wieder mit ihr durch, lass ihr den Spaß.“ meinte Aynaeth, an Naruz gewandt. „Wir beide wissen ja, dass wir niemals...“
„Und auf der Hochzeitsfeier würde es dann einen riesigen Kuchen geben!“
„Naruz?“
„Ja, Aynaeth?“
„Heirate mich.“ Naruz drehte sich lachend zu Aynaeth um, verstummte jedoch, als er sah, dass die Hexe ihn mit vollkommen ernster Miene ansah, während es in ihren Augen glitzerte.
„Moment... Aynaeth? Das war ein Scherz... oder? Oder? Aynaeth... sag bitte etwas, du machst mir Angst.“
„Naleya backt mir einen Kuchen, wenn ich heirate.“
„Das habe ich auch gehört, also kannst du dir ja jemanden in Vo Astur suchen, den du magst, und...“
„Ich mag dich, du hast mir eine Bibliothek geschenkt, und jetzt lieferst du mir auch noch Kuchen.“
„Naleya...“ meinte Naruz, und sah beinahe flehentlich zu ihr hinüber.
„Na gut.“ sagte diese, und lächelte fröhlich. „Du kannst jetzt aufhören, Aynaeth, wir haben Naruz genug Angst eingejagt.“ Naruz seufzte erleichtert auf, als er merkte, dass Naleya lediglich einen Scherz gemacht hatte, allerdings schien Aynaeth die Sache ein klein wenig anders zu sehen.
„Kuchen.“ meinte sie, und packte Naruz am Arm, während ihre Augen noch heller zu strahlen schienen.
„Was hast du hier angestellt?“ flüsterte Naruz Naleya zu, die ein wenig das Gesicht verzog.
„Tut mir leid, mein Fehler. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so darauf reagiert.“ murmelte sie zurück, und kratzte sich kurz am Kopf. „Ähm... Aynaeth? Wie wäre es damit, ich mache dir jetzt einen Kuchen, und du lässt Naruz dafür in Ruhe, ja?“
„Oh... in Ordnung.“ meinte Aynaeth, ließ jedoch Naruz' Arm noch immer nicht los.
„Gut, ich mache mich dann mal an die Arbeit, danke nochmal für deine Hilfe, Naruz.“ sagte Naleya, ehe sie fröhlich lächelnd aus der Bibliothek verschwand, in Richtung Küche.
„Und auch ich danke dir, für deine Hilfe.“ fügte Aynaeth hinzu, während sie Naruz losließ, und sich wieder ein Buch schnappte.
„Was meinst du... nein! Du hast nicht gerade wirklich geschafft, Naleyas kleinen Scherz dazu zu nutzen, dass sie dir einen Kuchen macht... oder?“
„Ich habe es doch gesagt, ich mag dich, du hast mir eine Bibliothek geschenkt, und jetzt lieferst du mir auch noch Kuchen.“ meinte Aynaeth, mit einem seltenen Lächeln im Gesicht, das normalerweise wohl niedlich ausgesehen hätte, aber Naruz konnte gerade nicht das Bild eines kleinen Teufels aus seinem Kopf verbannen, der sich hämisch grinsend die Hände rieb und sich darüber freute, dass sein Plan aufgegangen war.
„Du bist wirklich... unglaublich.“ Naruz schüttelte einfach nur den Kopf, Aynaeth war einfach ein Genie, wenn es darum ging andere dazu zu bringen zu tun, was sie wollte.
„Danke, du bist auch nicht schlecht... also bezogen auf die Sache mit dem Zauber.“ Aynaeth klappte ihr Buch zu, drehte sich zu Naruz um, und sah ihn neugierig an. „Also, was führt dich zu mir, du wolltest doch bestimmt irgendetwas von mir, oder?“
„Ah, ja, natürlich. Ich wollte dich fragen, ob du zufälligerweise ein paar mächtige Heilzauber kennst.“
„Heilzauber? Wozu brauchst du Heilzauber? Und dann auch noch mächtige? Du kannst doch kaum Magie benutzen, und...“
„Das weiß ich alles, aber... aber das hier ist trotzdem wichtig für mich. Bitte, ich habe es jemandem versprochen, also möchte ich tun was ich kann, um zumindest einen Heilzauber zu lernen. Selbst wenn es nicht funktioniert... ich möchte es zumindest versucht haben.“ Aynaeth sah ihn eine Weile lang einfach nur an, dann zuckte sie jedoch mit den Schultern.
„Gut, wenn du meinst, ich muss mich da ja nicht einmischen. Also mal sehen... Heilzauber? Da muss ich dich leider enttäuschen... mit Heilzauber hatten wir Hexen immer Probleme. Ob du es glaubst oder nicht, es gibt insgesamt nur zwei Grimoire, die für Heilmagie genutzt werden können, einer von denen ist verschollen, und der zweite befindet sich im Besitz eines eigenbrötlerischen Hexers, der irgendwo in Nord-Midgard lebt. Bei den Alfar gibt es zwar auch Heilzauber, aber meine Mutter hat sie mir nie beigebracht, und es gibt kaum Bücher die von ihnen handeln, tut mir wirklich leid, aber damit kann ich dir nicht helfen.“
„Oh... ich verstehe.“ meinte Naruz, und seufzte leicht enttäuscht. Das wäre auch zu schön gewesen... also musste er sich jetzt etwas anderes einfallen lassen, vielleicht könnte er sich ja mal bei den Heilern der Kirche umhören, die müssten ja einiges über die Sache wissen.
„Ah... aber ich glaube, ich kenne jemanden, der dir helfen könnte.“
„Was? Wirklich?“
„Ja, eine Schwerttänzerin des Sonnenordens, die sich auf Heilzauber spezialisiert hat, sie gilt weithin als eine der besten Heilerinnen, die in Süd-Midgard leben.“
„Oh? Eine Schwerttänzerin? Woher kennst du sie denn?“
„Meine Cousine hat sie mir mal vor ein paar Jahren vorgestellt, als sie in Vo Astur waren, ich glaube ihr Name war... Naira, oder so ähnlich.“
„Du hast eine Cousine?“
„Ja, habe ich dir noch nie von ihr erzählt?“
„Nein, ich höre gerade zum ersten mal von ihr.“
„Na ja, sie war schon immer ein wenig merkwürdig. Sie hat kein Alfarblut, da sie aus der Familie meines Vaters stammt, aber sie konnte sich nie wirklich damit anfreunden eine Hexe zu werden, also hat sie Vo Astur eines Tages verlassen, und ist nach Navea gegangen, wo sie sich den Tempelwachen angeschlossen hat. Ihre magische Energie war schon immer sehr stark ausgeprägt, vor allem für die Tochter einer Hexerfamilie. Sie galt sowieso immer als eine Art Problemkind, in unserer Familie. Sie hat sich dauernd die Haare gefärbt, und...“ Aynaeth brach ab, als sie bemerkte wie Naruz die Augen aufriss. „Ist etwas?“
„Deine Cousine... ist sie... ist sie eine Botschafterin der Gaia?“
„Ja, ist sie.“
„Und hat sie violette Haare?“
„Ja.“
„Und... und war diese berühmte Heilerin, diese Naira... war sie ihre Exfreundin?“
„Dreimal richtig, wirklich beeindruckend, Naruz.“ meinte Aynaeth, und klatschte in die Hände. „Ihr Name ist übrigens Mizore, Mizore Vaas, sie ist ein wenig älter als ich, und... Naruz? Naruz, ist mit dir alles in Ordnung?“ fragte Aynaeth, während Naruz rot anlief, und aufstand.
„Ähm... ja... alles in bester Ordnung. Ich... ich, ähm, muss jetzt... Papierkram machen... oder so ähnlich.“
„Du schiebst die Papierarbeit doch sonst immer auf Nikodemus ab.“
„Jaaaa... aber ich wollte mal gucken wie man sich so fühlt als, ähm, na ja, als Silberblatt, genau!“ ohne ein weiteres Wort verließ Naruz die Bibliothek, und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Zum ersten mal, nachdem man sie alleine ließ, vertiefte Aynaeth sich nicht sofort in irgendeinem Buch, sondern starrte noch eine Weile lang auf die Tür, während sie versuchte zu verstehen, was hier gerade passiert war.
„Grimm?“
„Ja?“
„Kann es sein, dass Naruz sich gerade ziemlich merkwürdig verhalten hat?“
„Merkwürdiger als sonst, meinst du?“
„Ja.“
„Mhm, kann sein.“
„Du bist doch mit Shirayuki befreundet, oder?“
„Genau, soll ich mal versuchen herauszufinden, was da passiert ist? Ich habe das Gefühl, dass er uns da irgendwas vorenthält.“
„Danke, Grimm, mach das.“ meinte Aynaeth, und verabschiedete den Drachen mit einem Winken. Es gefiel ihr nicht, wenn um sie herum Dinge geschahen von denen sie nichts wusste. Wenn Naruz ihr nichts sagen wollte, würde sie schon auf anderem Wege herausfinden, was hier los war, und wenn es das letzte war, was sie tat!

Zur gleichen Zeit, einige Meilen von Skandia entfernt:
Rhael und Morrigan standen vor der Tür einer kleinen Hütte inmitten eines großen Waldes. Der gesamte Wald war von riesigen, monströsen Spinnen bewohnt, weshalb sich kaum jemand hierhin verirrte, was mit der Grund war, weshalb noch niemand das... 'Hauptquartier' des blutenden Turms gefunden hatte. Rhael trat nervös von einem Fuß auf den anderen, und sah immer wieder zu seiner Schwester hinüber, die nicht minder nervös zu sein schien. Ihre Brust war mit einem weißen Verband bandagiert worden, es hatte Wochen gedauert, bis die Wunden verheilt waren, die sie erlitten hatte, als sie der Bestie begegnet waren, die anscheinend die Villa der Bladelli beschützte. Deshalb hatten sie sich auch noch nicht mit ihrer Herrin treffen können, zwar hatte Rhael bereits per Brief Bericht erstattet, aber ein persönliches Gespräch musste es trotzdem noch geben, und davor fürchtete Rhael sich. Beim ersten mal hatte die Herrin ihnen den Fehlschlag noch verziehen, aber ob sie auch ein zweites mal so gnädig sein würde, bezweifelte der Alfar. Schließlich klopfte er vorsichtig an, auch wenn es sinnlos war, seine Herrin wusste schon längst, dass er und Morrigan hier waren, aber trotzdem musste man die nötige Ehrerbietung zeigen. Auf das Klopfen kam keine Antwort, stattdessen schwang die Tür von alleine auf, und die Geschwister traten ein.
„Willkommen, meine treuen Diener.“ erklang eine helle, freundliche Stimme, und die Alfar hoben ihren Kopf. In der Mitte des Zimmers, aus dem die Hütte bestand, stand eine Art Thron, aus schwarzem Holz, und auf diesem Thron saß eine Alfar die vom Aussehen her noch jünger war, als Rhael und Morrigan. Die Alfar hatte kurze, blonde Haare, ein freundliches Gesicht, und strahlende, grüne Haare, gekleidet war sie in ein langes, schwarzes Kleid, die Hände waren in ihrem Schoß verschränkt, und ihre Beine übereinander geschlagen. Von den Fingernägeln bis hin zum Handgelenk schlängelten sich Runen, die in die Haut tätowiert worden waren. Rhaels Blick wanderte nach links, und er erschauderte, als er sah, was sich dort befand. Zwei leblose Körper standen dort, mit geschlossenen Augen. Bei dem einen handelte es sich um eine Armani, mit langen, schwarzen Haaren, bei der zweiten um eine Frau mit schulterlangen, roten Haaren, auch sie trugen schwarze Kleider. Rhael hatte in seinem Leben zwar schon viel erlebt, und er war nicht gerade abergläubisch, aber trotzdem fühlte er sich einfach nur unwohl, in der Nähe von Leichen, oder besser gesagt, in der Nähe von Leichen, die sich jederzeit bewegen könnten.
„Wir sind zurückgekehrt, Herrin... wie ich sehe habt Ihr Euch heute für, ähm... diesen Körper entschieden.“ murmelte Rhael, und sah wieder auf den Boden. Bevor sie antwortete, stand die Alfar auf, und ging auf Rhael zu, während sie eine kurze Drehung vollführte.
„Gefällt er dir?“
„Er ist sehr schön... wenn auch nicht so schön, wie Euer Körper, Herrin.“ meinte Rhael, und verbeugte sich tief.
„Vielen Dank, aber mit herumschleimen kommst du auch nicht weiter, Rhael. Aber mach dir keine Sorgen, ich habe nicht vergessen, dass ich dir diesen Körper verdanke, immerhin warst du so nett, ihn für mich zu besorgen... ihn und den von dieser Armani, für eine wilde Barbarin ist sie sogar recht hübsch. Wie auch immer, ich bin hier, um mir deine jämmerliche Entschuldigung anzuhören, warum habt ihr dieses mal versagt? Letzte mal war es eine Hexe... Uruzas Erbin, die euch einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Was war es dieses mal? Ihr seid nicht unfähig, das weiß ich, ansonsten hätte ich euch schon lange aus dem Weg geräumt.“
„Danke, Herrin... leider wissen wir selber nicht ganz, was uns begegnet ist wir vermuten dass es... dass es ein Eidolon war, ein weibliches Eidolon, aber wir sind uns nicht sicher. Ihre Aura glich jedenfalls der eines Eidolons, aber alles andere wirkte eher... menschlich.“ Die blonde Alfar fluchte.
„Warum kann nie etwas einfach sein? Das alles immer so kompliziert werden muss!“
„Ich danke Euch, dass Ihr mir glaubt, Herrin. Ich weiß, die Geschichte hört sich unglaublich an, aber so war es, unsere Gegnerin war sehr mächtig... vielleicht sogar mächtiger als Ihr.“ Bei diesen Worten verengten sich die Augen der Alfar, dann seufzte sie jedoch, und wandte sich ab.
„Wir haben in letzter Zeit ziemlich viel Pech, erst eine mächtige Hexe, dann ein Eidolon...“ sie verstummte, und schien eine Weile lang nachzudenken. „Gut, ich habe einen neuen Auftrag für euch zwei.“
„Aber Herrin, was wird dann aus dem Inquisitor?“
„Ich sage es nicht gerne, aber ich bin nicht mächtig genug, um persönlich nach Navea zu gehen, und ihn zu holen, dafür gibt es dort zu viele, mächtige Feinde, die mich sofort wiedererkennen würden, selbst in diesem Körper. Wenn Paolo nicht wäre... dann könnte es vielleicht funktionieren. Aber so müssen wir die Sache anders angehen. Während ihr zwei eure Wunden geleckt habt...“ meinte sie, und warf einen kurzen Blick auf Morrigans Verband, woraufhin diese zusammenzuckte. „Hat mein Familiar etwas herausgefunden, er hat ihn gefunden.“ Kaum hatte sie 'Familiar' gesagt, sprang auch schon ein großer, schwarzer Kater aus den Schatten, und landete neben der Alfar.
„Ihn? Ich kann Euch nicht ganz folgen Herrin.“ Die Herrin rollte kurz mit den Augen, manchmal konnten selbst Alfar unglaublich begriffsstutzig sein.
„Ich rede natürlich von meinem Körper, meinem richtigen Körper! Die Trottel aus der Kirche haben ihn nicht begraben, oder verbrannt, im Gegenteil, sie haben ihn in erstklassigem Zustand erhalten, weil sie meine Magie erforschen wollten, womit sie allerdings keine wirklichen Fortschritte gemacht haben, natürlich nicht. Nur jemand von meinem eigenen Fleisch und Blut, wäre jemals in der Lage die Zauber zu nutzen, die ich erfunden habe. Wie auch immer, wir wissen jetzt, wo mein Körper ist, und ihr zwei werdet ihn zu mir bringen.“
„Natürlich Herrin... wo befindet er sich?“
„In Navea.“ antwortete sie, mit einem bezaubernden Lächeln, dem wohl jeder Mann verfallen wäre... wenn er nicht wüsste, dass ihn gerade eine Leiche anlächelte. „In der Nähe des Himmelturms gibt es eine geheime... ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, eine geheime Einrichtung. Dort sind die Stümper der Kirche damit beschäftigt, meinen Körper mit Magie vollzupumpen, oder versuchen, was auch immer von meiner Magie übrig ist zu extrahieren.“
„Wir werden noch Morgen aufbrechen, Herrin.“
„Sehr gut... ach ja, Rhael?“
„Ja?“
„Keiner wird überleben, verstanden?“
„Ja, Herrin.“
„Wunderbar. Und bitte, versagt nicht noch einmal... ansonsten würde ich sogar dich bestrafen müssen.“
„Natürlich, seid unbesorgt. Alles wird zu Eurer Zufriedenheit erledigt werden, Lady Bladelli.“
Zuletzt geändert von Mimir am 27. Juli 2014 01:32, insgesamt 1-mal geändert.
Bild

Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368