[AAR] Kawaii Kingdom

Die AAR der phantastischen Art...

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Aleyandra
2
18%
Aynaeth
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Naruz
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Saeca
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Silberblatt
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Luca
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Mimir
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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 16. Dezember 2014 21:00

45 - Das verschobene Kapitel (Öffnen)
Kapitel 45 – Das verschobene Kapitel:


Knisternd öffnete sich ein dunkles Portal, inmitten einer sonst ruhigen und friedlichen Lichtung, im Wald, in der Nähe von Skandia. Als das Portal offen stand, traten drei Gestalten daraus hervor. Bei der einen handelte es sich um Cora, die junge Forscherin trug ein ärmelloses Hemd aus weißer Seide, das ihr lediglich bis zum Bauchnabel ging, und eine enganliegende, schwarze Hose aus Leder. An ihren Armen befanden sich die Armringe, welche der Professor für sie hergestellt hatte, und in einer Hand hielt sie eine Karte der Umgebung, die sie gerade musterte. Die anderen beiden Gestalten waren in weite, schwarze Kapuzenumhänge mit langen Ärmeln gehüllt, und gingen ein wenig gebückt, wodurch man kaum etwas von ihnen sehen konnte, außer dass sie trotz ihres gebückten Ganges noch immer knapp einen Kopf größer waren als Cora. Diese hatte endlich gefunden, wonach sie auf der Karte gesucht hatte und lächelte zufrieden.
„Also gut, wir sind nahe dran, kommt mit.“ sagte sie, in fröhlichem Tonfall an ihre Begleiter gewandt, und machte sich auf den Weg, um die Lichtung zu verlassen. Sie war unglaublich stolz und froh darüber, dass der Professor sie ausgewählt hatte, um mit Erica zu reden. Das Bündnis mit der Bladelli war ihm unglaublich wichtig, das wusste Cora, und dass Dârthallion ihr dermaßen vertraute, dieses Bündnis auszuhandeln, machte sie so glücklich, dass sie kurz davor stand freudig hüpfend durch den Wald zu spazieren. Abgesehen davon hatte sie sich in den letzten Wochen vermehrt mit dem Buch auseinandergesetzt, dass sie aus Candeo gestohlen hatte, und war ziemlich beeindruckt von der Bladelli. Dank ihrer Aufzeichnungen brauchte Cora mittlerweile nicht einmal mehr die Hilfe des Professors, um ihre Experimente durchzuführen, und sie hatte bereits ein halbes Dutzend Homunkuli erschaffen, die einwandfrei funktionierten, und keinerlei Probleme machten. Gut, drei von ihnen waren gestorben, als Cora sie ausgesandt hatte, um ein kleines Lager von Rebellen auslöschen zu lassen, dass sich in der Nähe von Vanaheim befunden hatte, aber dafür hatten sie ihren Wert unter Beweis gestellt. Kein einziger der Rebellen hatte überlebt, und als Belohnung durfte sie sogar an den verstorbenen Alfar forschen! Cora lächelte verträumt, wenn sie noch immer für die Kirche arbeiten würde, dann kämen solche Experimente und Forschungen überhaupt nicht in Frage. Noch nie war sie glücklicher darüber gewesen, sich Dârthallion angeschlossen zu haben, als in diesem Augenblick. Gedankenverloren strich sich die junge Forscherin durchs Haar, und überlegte, wann sie wohl hier fertig sein würde, und nach Vanaheim zurückkehren könnte. Wenn alles gut ging, und sie sich beeilte, dann könnte sie noch heute Abend wieder beim Professor sein, und vielleicht ein wenig mit ihm durch die Stadt spazieren. Vor ihrem Aufbruch hatte sie nur kurz mit Dârthallion reden können, aber sie merkte, dass der Alfar sich ernsthafte Sorgen um sie machte. Das beunruhigte Cora nicht wirklich, es machte sie eher nur noch fröhlicher und aufgedrehter. Der Professor machte sich Sorgen um sie! Und nicht nur das, er fand auch, dass ihre neuen Sachen ihr ausgezeichnet standen! Dieses mal hüpfte Cora sogar wirklich ein wenig in die Luft, während sie lächelte und es geradeso schaffte, ein Jubeln zu unterdrücken. Vielleicht sollte sie sich öfter so anziehen, überlegte Cora, und zupfte an ihrem kurzen Hemd. Nächste mal vielleicht in einer anderen Farbe... rot, oder schwarz eventuell, die Farben standen ihr... oder königsblau, der Professor mochte königsblau. Während sie noch überlegte, schoss plötzlich etwas aus dem nahen Waldrand direkt auf sie zu. Cora wandte den Blick in Richtung des Angreifers, und ließ ein verächtliches „Tz.“ hören. Es war nur eine Spinne... zugegeben, eine große Spinne, die Cora um knapp einen Kopf überragte, und mit Beißzangen so groß wie die Unterarme des Mädchens, aber trotzdem nur eine Spinne. Wie konnte diese Kreatur es wagen, ihre Gedanken zu unterbrechen? Sie war gerade dabei, wichtige Pläne für ihre gemeinsame Zeit mit dem Professor zu schmieden! Da hatte sich dieses Biest gefälligst rauszuhalten! Cora ließ ihrem Zorn freien Lauf, indem sie mit ihrer Hand auf die Spinne deutete, kurz darauf leuchteten ihre Armringe auf, und ein Netz aus schwarzer Energie bildete sich direkt vor der monströsen Spinne in der Luft. Diese prallte mit voller Wucht gegen das Netz, und wurde in dutzende, kleine Stücke geteilt, die auf der anderen Seite des Netzes zu Boden fielen. Ohne sich um die zuckenden Überreste der Spinne zu kümmern, setzte Cora ihren Weg fort. Kaum betrat sie jedoch den Wald merkte sie, dass diese Spinne nicht alleine gewesen war. Ein gutes Dutzend dieser Biester, wartete unter den dicken Bäumen auf sie, und bereitete sich darauf vor, sie anzugreifen. Cora ignorierte die Bestien jedoch, und wandte sich an ihre Begleiter. „Ich habe keine Zeit dafür, kümmert euch um die Dinger.“ sagte sie, woraufhin die Gestalten sich in Bewegung setzen. Noch immer vornüber gebeugt, rannten sie auf die Spinnen zu, jedoch weit schneller, als man es hätte erwarten können. Aus den langen Ärmeln der einen Gestalt, schossen auf einmal Arme hervor die, dort wo bei Menschen die Hände gewesen wären, in lange Schwerter übergingen. Die zweite Gestalt ließ ein wütendes Knurren hören, und ihr Umhang riss am Rücken auf, als lange Stacheln durch den Stoff brachen. „Oder vielleicht doch lieber violett? Dârthallion mag auch die Farbe, und sie würde gut zu meinem Auge passen.“ überlegte Cora, und ging mit ruhigen Schritten durch den Wald, während ihre Leibwächter und die Spinnen aufeinanderprallten. Die Gestalt mit den Schwerthänden, zerteilte gerade die erste Spinne sauber in der Mitte, und hackte einer weiteren den übergroßen Kopf ab. Der zweite Homunkulus erreichte die Kreaturen ungefähr zur gleichen Zeit. Mit einem furchterregendem Brüllen, das selbst die Spinnenmonster ein wenig zurückweichen ließ, riss er zwei der Stacheln aus seinem Rücken, und schleuderte sie wie Wurfspeere auf seine Feinde. Der erste traf eine Spinne, die sich aus Angst vor dem anstürmenden Feind aufgebäumt hatte, direkt im Unterkörper, riss sie nach hinten und nagelte sie an einem nahen Baum fest. Der zweite Stachel bohrte sich direkt in ein dickes, haariges Bein einer anderen Spinne, woraufhin die Kreatur umknickte, und beinahe zu Boden fiel. Kurz darauf war der Homunkulus auch schon heran, packte den Kopf der Spinne mit seinen großen Händen, und schlug ihn wie besessen immer wieder auf den Boden, bis die Kreatur nur mit den Beinen zuckte, und keine Anstalten mehr machte, aufzustehen und in den Kampf einzugreifen. Der Schwerthand Homunkulus war inzwischen von gleich drei Spinnen in eine Ecke gedrängt worden, und setzte sich mit wilden Hieben gegen die Bestien zu Wehr, die immer wieder nach vorn zuckten und versuchten, den Homunkulus mit ihren Zangen zu erwischen. Schließlich hatte dieser genug von dem albernen Spielchen, ließ ein lautes Kreischen hören, und verschaffte sich mit einigen wilden Hieben mehr Raum. Dann schoss ein langer, dicker Schweif unter dem Umhang hervor, und legte sich auf die Schulter, neben den Kopf des Homunkulus'. Der Schweif endete in etwas, dass wie der Kopf eines Menschen aussah und... nun ja, auch einmal der Kopf eines Menschen gewesen war. Der Kopf hatte keinerlei Haare mehr, der Mund stand weit offen, und die Augen waren nur noch leere, schwarze Höhlen. Der Kopf am Schwanz des Homunkulus ließ ein leises Zischen hören, und kurz darauf schossen schwarze Flammen aus dem Mund und den Augen des Menschenkopfes, und flogen direkt auf die Spinnen zu. Die Kreaturen begannen sofort zu brennen, ließen ein wildes Kreischen hören und rollten sich auf dem Boden, um die Flammen zu löschen, jedoch ohne Erfolg. Das schwarze Feuer ging nicht aus, sprang nicht auf den Wald über, und brannte solange weiter, bis von den Spinnen nichts weiter, als ein Haufen Asche übrig geblieben war. Die restlichen Kreaturen hatten anscheinend kein Interesse daran, das Schicksal ihrer Artgenossen zu teilen, und machten sich so schnell sie konnten aus dem Staub. Die Homunkuli machten keine Anstalten sie zu verfolgen, sondern hüllten sich wieder in ihre Umhänge, und kehrten an Coras Seite zurück. Die Stacheln am Rücken des einen zogen sich zurück unter den Umhang, und auch die Schwerthände verschwanden, so dass die beiden wieder einfach wie zwei buckelige, große Menschen aussahen, die neben Cora durch den Wald liefen.
Die Forscherin hatte von der ganzen Sache nicht viel mitbekommen, sondern war ganz in ihren eigenen Gedanken versunken. Als sie merkte, dass die Spinnen anscheinend geschlagen waren, was sie vor allem durch den Gestank von verbranntem Fleisch, und dem Blut der Spinnen merkte, lächelte sie zufrieden, und tätschelte die Schultern ihrer Homunkuli. „Gute Arbeit, ihr zwei... drei... fünf... ach egal, gute Arbeit.“ sagte sie fröhlich. „Dafür habt ihr euch ein paar Verbesserungen verdient, sobald wir wieder zuhause sind, werde ich mich darum kümmern.“ Während sie äußerlich zwar zufrieden, aber ansonsten vollkommen ruhig wirkte, platze Cora innerlich fast vor Stolz. Ihre Kreationen funktionierten! Zwar hatte sie den Beweis dafür schon beim Rebellenlager erhalten... aber das war nur ein Einsatz. Viele ihrer früheren Kreationen waren während des zweiten, richtigen Tests gestorben, auseinandergefallen, oder gar in einer Fontäne aus Blut explodiert. Dass die beiden alles überstanden hatten, machte sie unglaublich glücklich. Vor allem, dass das schwarze Feuer funktionierte, sorgte dafür dass Cora in Hochstimmung verfiel. Der Zauber war schon schwierig genug für einen richtigen Magier, ein Homunkulus der ihn benutzen konnte... so etwas hatte es noch nie gegeben. Aber sie hatte einen Weg gefunden! Sie ganz allein, ohne Hilfe von Dârthallion, oder dem Buch der Bladelli! Insgeheim fragte Cora sich, ob die anderen Forscher, die mit Homunkuli arbeiteten, wussten, wie nahe sie der Lösung für feuerspeiende Kreaturen eigentlich waren. Es war so einfach, wenn man es einmal wusste! Man brauchte nur die Luftröhre eines Drachen, oder einer Wyvern, den Kopf eines starken Magiers, und sieben Blutopfer, die das Ritual einleiteten. Wenn man dann wusste, wie man diese Materialien verbinden musste, und wie das Ritual ablaufen sollte, war es ein leichtes, Homunkuli zu erschaffen, die dazu in der Lage waren Feuer durch die Gegend zu spucken. Noch während Cora über ihre Kreationen nachdachte, erreichte sie das Ziel ihrer Reise. Sie stand vor einer alten, verfallen aussehenden Hütte. Von Außen nichts besonderes, von Innen wahrscheinlich auch nicht, aber Cora konnte deutlich die mächtige, magische Präsenz spüren, die sich in der Hütte befand. Die Forscherin atmete einmal tief ein und aus, dann betrat sie das Gebäude.
„Ah, Cora! Schön dich zu sehen!“ kaum hatte sie die Hütte betreten, wurde sie auch schon begrüßt. Auf einer Art Thron, in der Mitte des Raumes in dem sie sich befand, saß eine Frau, mit langen, schwarzen Haaren und grünen Augen. Sie trug ein teures Kleid aus roter Seide, dass ihren Körper perfekt betonte, und dazu weiße Handschuhe aus Samt. Die Frau stand von ihrem Thron auf, und ging auf Cora zu. „Ich habe alles gesehen, was passiert ist, seit du hier angekommen bist.“ sagte sie, und tätschelte den Kopf der jungen Forscherin, was diese ziemlich verwirrte. „Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nie erwartet, dass du in der Lage bist solche... wunderbaren Kreaturen zu erschaffen.“ fuhr Erica fort, und bei ihren Worten spürte Cora, wie Stolz in ihr aufstieg. Erica Bladelli hatte ihre Homunkuli gelobt. Erica Bladelli, die Expertin, wenn es um künstliche Lebensformen ging! Die Frau, die sogar vom Professor respektiert und verehrt wurde!
„Vielen Dank, Lady Bladelli. Es ist eine große Ehre, das von Euch zu hören.“
„Ach, ich bitte dich meine Liebe, nenne mich Erica.“ sagte die Bladelli und lächelte. „Wir sind doch hier unter Forschern, oder nicht?“ fragte sie und zwinkerte Cora zu.
„Ja, natürlich Lady... Erica.“
„Sehr schön, und da du hier bist, gehe ich davon aus, dass dieser Drecksack von Schattenritter sich dazu entschieden hat, mit mir zu arbeiten?“
Cora lachte kurz auf, als sie hörte wie die Bladelli über den Schattenritter sprach. Sie schien keine Angst vor ihm zu haben. „So halbwegs, ich bin hier um mir anzuhören, was Ihr... was du für ein Angebot für uns hast.“
„Ah ja, natürlich. Mein Angebot gilt nicht für den Ritter, sondern für den Professor. Ich werde meine Forschungsergebnisse mit ihm teilen, und natürlich auch mit dir. Im Gegenzug dafür will ich fünf... nein, acht tote Magierinnen. Mächtige Magierinnen, wohlgemerkt. Mir egal, ob es Menschen oder Alfar sind, sie müssen nur mächtig und tot sein. Und ihre Körper müssen sich in einem guten Zustand befinden.“
Cora runzelte die Stirn. „Das ist alles?“
„Das ist alles. Ich habe euch doch gesagt, was mein Ziel ist, oder nicht?“
„Du willst einen Gott erschaffen, oder zumindest so etwas ähnliches. Wenn ich ehrlich bin, habe ich noch immer Schwierigkeiten, daran zu glauben dass es dir überhaupt gelingen kann.“
Erica nickte verständnisvoll. „Ich weiß, es ist schwer, sich so etwas vorzustellen... und deswegen werde ich euch auch Beweise vorlegen. Sobald ich die Körper habe, dürfen du und der Professor einmal einen Blick auf meine geheimsten Forschungsergebnisse werfen. Das wird euch schon noch davon überzeugen, dass ich sowohl das Wissen, als auch die Mittel habe, um diesen Plan in die Tat umzusetzen.“ Erica wartete eine Weile, ehe sie erneut ein Lächeln aufsetzte und fortfuhr. „Außerdem... sobald ich meine Körper habe, werde ich dazu in der Lage zu sein, euch das Wesen zu zeigen, von dem ich geredet habe.“
„Was soll das heißen?“
„Oh, das ist eine Überraschung für euch! Lasst euch nur gesagt sein, dass es sich lohnen wird.“
Cora zögerte nur einen winzigen Augenblick, dann nickte sie. „Also gut, wir werden dir deine Körper besorgen.“
„Sehr gut! Ich wusste doch, dass ich mich auf dich verlassen kann... oh, Rhael, Morrigan! Kommt doch her!“ rief Erica, und winkte jemandem zu, der sich hinter Cora und ihren Homunkuli befand. Die Forscherin wandte sich um, und sah zwei Alfar, die sich ihr näherten, ein Mann und eine Frau. Die beiden verneigten sich vor Erica, dann ergriff der Mann, Rhael, das Wort.
„Herrin, Ihr habt uns gerufen?“
„In der Tat, das habe ich. Wir haben ein kleines Problem in Navea.“ sagte Erica und seufzte.
„Luca?“
„Genau, ich fürchte, es hat uns verraten und den Rücken zugekehrt... das war auch zu erwarten gewesen, jetzt wo es weiß, dass wir Naruz nicht haben.“
„Sollen wir ihn ausschalten?“
Erica lachte laut los. „Oh, Rhael! Du bist zu witzig! Du glaubst wirklich, dass du gegen es gewinnen könntest?“ fragte die Bladelli, und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Ich wusste gar nicht, dass du so einen Sinn für Humor hast. Nein! Du sollst dein Leben nicht sinnlos wegwerfen, ich habe eine andere Aufgabe für dich. Sollte Luca rausfinden, was damals nahe Muspelheim wirklich passiert ist, und sollte es, oder Naruz, den letzten Zauber entschlüsseln, der in ihnen wohnt, könnte es Probleme für uns geben. Und wir haben ein kleines, loses Ende in Navea, dass den beiden helfen könnte, das alles herauszufinden. Ich möchte, dass du es für mich beseitigst.“
Rhael grinste. „Aber natürlich, Herrin. Ich konnte den Akashi eh noch nie leiden. Wir werden sofort aufbrechen, und...“
„Du wirst sofort aufbrechen, Morrigan kriegt eine andere Aufgabe. Sie wird etwas für mich vorbereiten müssen, in einer kleinen Stadt, nicht allzu weit von hier entfernt. Glaubst du, du schaffst das, Morrigan?“
„Natürlich, Herrin.“
„Wunderbar... oh, Verzeihung Cora, ich habe dich ganz vergessen. Schenke dem ganzen hier am besten keine Beachtung, es sind nur ein paar Vorbereitungen, die ich treffen muss.“
„Ich verstehe. Also gut, dann werde ich nach Vanaheim zurückkehren, und dem Professor alles erzählen... sollen wir die Körper hierher bringen?“
„Das wäre wirklich reizend, vielen Dank.“
„Dann... bis in ein paar Tagen, schätze ich.“ murmelte Cora, verneigte sich leicht vor Erica, und kehrte dann mit ihren Homunkuli zurück zur Lichtung, um von dort das Portal zurück nach Vanaheim zu nehmen. Der Tag war wirklich gut gelaufen, und wenn sie Glück hatte, wäre Dârthallion so zufrieden mit ihr, dass er ihnen beiden Morgen frei gab, um den ganzen Tag mit ihr zu verbringen!



Naruz seufzte, und sah in den Spiegel. Er trug eine neue Paradeuniform der Bladelli, die Paolo ihm heute geschenkt hatte. Heute war sein Geburtstag, und es war bereits Abend, was bedeutete, dass die ganzen Gäste bald eintreffen würden... gut, diejenigen, die nicht sowieso im Haus wohnten. Sein Großvater hatte eigentlich darauf bestanden, alle Bladelli einzuladen, und ein großes Fest zu feiern, aber das wollte Naruz nicht. Es war ihm viel lieber, wenn so wenig Gäste wie möglich kamen, und nur diejenigen, die er zu seinen Freunden oder zur Familie zählte. Na ja, und Theresia Akashi. Naruz kam mit ihr einfach nicht zurecht, einerseits erledigte sie ihre Arbeit gut, aber andererseits... war sie einfach zu verführerisch, als dass die Sache noch lange weiter gut gehen konnte. Theresias Verführungsversuche waren äußerst direkt und offensichtlich, aber trotzdem zeigten sie Wirkung. Selbst Naruz war sich nicht sicher, wie lange er noch überzeugend 'Nein' zu ihr sagen könnte. Vielleicht sollte er sie in Zukunft woanders arbeiten lassen... stellte sich bloß die Frage wo. Vielleicht sollte er mal mit seinem Großvater darüber reden, der hatte immerhin schon einiges an Erfahrung, als hochrangiges Mitglied der Kirche, und wusste vielleicht, wie man mit den Akashi fertig wurde. Leider würde heute Abend keine Möglichkeit dazu bestehen, denn Paolo hatte ein wichtiges Treffen mit André und Belenus, weshalb er nicht beim Fest sein konnte. Es würden also nur die Schattenjäger, Aleyandra, Saeca, und Analisa zu Gast sein. Naruz hatte zwar nur hin und wieder mit der Schmiedin zu tun, aber er mochte sie. Sie war freundlich, hilfsbereit und hatte einen Sinn für Humor, weshalb er sehr gut mit ihr zurechtkam.
„Die Uniform steht dir.“ sagte eine Stimme hinter Naruz, und dieser drehte sich lächelnd um.
„Findest du wirklich?“ fragte er, an Naleya gewandt. Die angehende Hexe saß auf einem Stuhl und ließ die Beine baumeln, während sie darauf wartete, dass Naruz endlich damit fertig wurde, in den Spiegel zu starren.
„Natürlich, ich bin mir sicher, deiner Freundin wird es auch gefallen.“ Naleya trug ein schwarzes Kleid, mit roten Verzierungen, hatte jedoch nicht auf ihren seltsamen Hut verzichtet, der ein wenig schief auf ihrem Kopf saß.
„Ich hoffe es. Übrigens, ich möchte dir noch einmal für deine Hilfe danken. Ich habe noch immer ein schlechtes Gefühl dabei, dich das ganze Essen kochen zu lassen.“ sagte er, doch Naleya schüttelte mit dem Kopf.
„Das macht nichts, ich helfe gerne. Außerdem kann ich dir so etwas zurückgeben.“
„Zurückgeben?“
„Ja, du hast dich immer gut um Aynaeth gekümmert, ich habe gehört, dass du sie in Candeo extra woanders hingeschickt hast, damit sie nicht gegen den Vampir kämpfen musste. Außerdem hast du mir mit meiner Arbeit für die Akademie geholfen. Du bist nett, und es tut mir leid, dass ich bei unserer ersten Begegnung Angst vor dir hatte.“
„Ach, das braucht dir nicht leid tun... aber egal, lassen wir das. Du weißt, was du heute Abend zu tun hast?“
Naleya nickte, mit ernstem Gesichtsausdruck. „Keine Sorge Naruz, ich werde dich nicht enttäuschen. Ich verstehe mich gut mit Saeca, sobald sie ankommt, werde ich mich an ihre Fersen heften, und sie nicht mehr aus den Augen lassen. Sie wird keine Gelegenheit haben, irgendwo Dango zu verstecken, das verspreche ich dir!“ sagte sie, voller Überzeugung, was Naruz auflachen ließ.
„Danke, du ahnst gar nicht, wie viel mir das bedeutet.“
„Ach was, es ist nichts besonderes...“
„Nein, wirklich. Du ahnst nicht, wie viel es mir bedeutet.“ meinte Naruz, und sein Lächeln wirkte ein wenig gezwungen. Erst gestern hatte er den oberen Teil seines Kleiderschranks geöffnet, weil er dort seine alte Paradeuniform aufbewahrte, und wurde von einer wahren Flut aus Dango begraben. Er tat es nicht gerne, aber Naruz musste sich eingestehen, dass er kurz davor war den Krieg um die Villa zu verlieren. Saeca hatte bereits viel zu viele Stellen der Villa mit ihren Dango okkupiert, und es würde wahrscheinlich Wochen, wenn nicht sogar Monate, dauern, um alle Verstecke zu finden, und zu vernichten. Also blieb Naruz nichts anderes übrig, als Verstärkung zu rekrutieren.
„Ist alles in Ordnung, Naruz?“
„Oh, mir geht es blendend. Lass uns am besten in den Festsaal gehen, die anderen warten bestimmt schon auf uns.“ meinte er, und gemeinsam mit Naleya machte er sich auf den Weg. Bis vor kurzem hatte Naruz nicht einmal gewusst, dass die Villa einen Festsaal hatte. Er war groß genug, um knapp hundert Leuten Platz zu bieten, nichts verglichen mit dem der Akashi, oder er Doni, aber trotzdem viel zu groß, für die paar Gäste, die Naruz erwartete. Leider war das einzige andere Zimmer, dass dafür in Frage kam die Bibliothek gewesen... und die war momentan dermaßen mit Büchern, Akten und Dokumenten vollgestapelt, dass man dort kein Fest feiern konnte. Auf dem Weg zur Bibliothek hörte Naruz, wie es an der Tür klopfte und blieb stehen. „Warte, ich gehe schon!“ rief er zu einem Diener, der gerade auf dem Weg zur Tür war. Der Mann verbeugte sich, und ging dann ein paar Schritte zurück, um Naruz den Vortritt zu lassen. Als Naruz die Tür öffnete, standen drei Personen vor ihm. Zum einen war da Analisa, die ein blaues Kleid trug, und einen schlichten, braunen Sack in der Hand hielt. Ihr Anblick erstaunte Naruz, er hatte eigentlich erwartet, dass die Schmiedin in ihrer üblichen Kleidung aufkreuzen würde, anstatt sich etwas... festlicheres anzuziehen. Anscheinend stand ihm auf die Stirn geschrieben was er dachte, denn Analisa lächelte ihn an, und umarmte ihn.
„Alles gute zum Geburtstag, Naruz! Du siehst so aus, als wenn du sagen willst 'Ach, die kann auch was anderes anziehen, als ihre Schmiedesachen?'“ meinte sie, was Naruz kurz husten ließ.
„Ähm... nein, nein, es ist nicht so, als wenn ich nicht erwartet hätte, dass du... also schön, du hast recht. Es freut mich, dass du kommen konntest.“
„Kein Problem! Ich lasse mir doch nicht den Geburtstag von meinem besten Versuchska... Kunden entgehen!“
„Versuchskaninchen! Du wolltest Versuchskaninchen sagen!“
„Ach was, das bildest du dir nur ein, oh, du musst Naleya sein. Würdest du mich vielleicht zu den anderen Gästen bringen?“ fragte Analisa, an die junge Hexe gewandt. Diese nickte, und machte sich dann auf dem Weg zum Festsaal.
„Alles gute zum Geburtstag, Naruz-senpai!“ rief Saeca, und schüttelte Naruz die Hand, nachdem die Schmiedin verschwunden war. Die Armani trug den selben Kimono, den sie schon auf dem Ball der Akashi getragen hatte.
„Alles gute, Naruz.“ sagte Aleyandra lächelnd, umarmte Naruz, und küsste ihn, nachdem Saeca von ihm abgelassen hatte.
„Vielen Dank euch beiden.“ sagte Naruz, und sah Aleyandra verträumt an. Sie trug ein einfaches, schwarzes Kleid, und eine Halskette aus Silber, mit einem großen Rubin. Sie sah einfach wunderschön aus, und Naruz konnte seinen Blick fast gar nicht von ihr lösen. „Du siehst wunderschön aus, Aleyandra.“
„Wirklich? Ich meine... danke, du siehst auch gut aus.“ meinte Aleyandra, und lächelte fröhlich.
„Seid ihr Analisa auf dem Weg begegnet?“ fragte er, und bedeutete den beiden ihm in die Villa zu folgen, wo er sie dann in Richtung Festsaal führte.
„Wir haben uns vor der Tür getroffen.“ meinte Aleyandra. „Sind wir die letzten?“
„Ja, aber keine Sorge, die meisten sind gerade erst angekommen, und ein Teil von ihnen war eh schon hier.“ sagte Naruz lächelnd, und packte Saeca m Kragen ihres Kimonos. Die Armani war gerade im Begriff gewesen, sich in Richtung Bibliothek davonzustehlen, aus welchem Grund auch immer. Naruz konnte zwar keine Dango sehen, aber Saeca hatte ein Talent dafür, die Dinger aus dem Nichts heraus zu zaubern, und sie überall zu verstecken, also war es am besten, kein Risiko einzugehen. „Du dürftest eigentlich alle Gäste kennen, oder ihnen zumindest schon einmal begegnet sein. Mein Großvater wollte zwar noch einige andere Bladelli einladen... aber ich habe abgelehnt. Ein zu großes Fest wäre nichts für mich.“
„Ich verstehe...“ Aleyandra verlangsamte ihre Schritte, was auch Naruz dazu brachte anzuhalten.
„Ist etwas, Aleyandra?“
„Ja... hier.“ sagte sie, und drückte Naruz ein Geschenk in die Hand, das mit blauem Papier umwickelt war.
„Hm? Kann das nicht warte, bis wir bei den anderen sind?“
„Ich... ähm, wollte die erste sein, die dir ihr Geschenk gibt. Außerdem... außerdem wollte ich dir sagen, dass du es... na ja, vielleicht öffnen solltest, wenn du alleine bist. Nein, du musst es aufmachen, wenn du alleine bist. Kein anderer darf dabei sein, verstanden?“
„Ähm... gut, von mir aus. Ich verstehe zwar nicht warum, aber wenn es dir so wichtig ist, werde ich es später aufmachen. Ich lasse es in mein Zimmer bringen, einverstanden?“
Aleyandra nickte erleichtert. „Ja, das ist eine gute Idee.“
„Also gut... hallo? Ja, du. Könntest du das hier bitte in mein Zimmer bringen? Lege es einfach aufs Bett. Gut, danke.“ meinte Naruz, an einen Diener gewandt, dann setzten er, Aleyandra und Saeca ihren Weg fort. Kurz darauf betraten sie den Festsaal, der reichlich geschmückt war. Ein großer Kronleuchter hin an der Decke, und an den Wänden befanden sich Wandteppiche, in die das Wappen der Bladelli gestickt waren. Die vielen Tische im Saal waren überall verteilt worden, und auf ihnen standen Flaschen mit Getränken, und diverse Teller mit Essen, sowohl warmes, als auch kaltes.
„Ah, da bist du ja! Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr!“ rief Luca, als er Naruz bemerkte. Er und Retia gingen gemeinsam auf Naruz zu, die junge Magierin trug ein grünes Kleid, eine Halskette aus Jade, und zwei Ohrringe, an denen kleine Smaragde hingen. Sie lächelte zwar, aber hin und wieder warf sie Luca einen leicht beleidigten Blick zu, was Naruz lächeln ließ. Anscheinend hatte da wohl jemand nichts zum Kleid von Retia gesagt. „Und Aleyandra, Saeca! Schön euch zu sehen.“ meinte Luca, und schüttelte ihnen die Hand. Als er Saeca in ihrem Kimono sah, bekam er jedoch einen leicht traurigen Gesichtsausdruck.
„Ist alles in Ordnung, Lu-chan?“ fragte Saeca, und legte den Kopf schief.
„Lu... chan?“ fragte Luca und blinzelte verwirrt.
Saeca nickte. „Ja, du bist nicht mehr der Feind von Onee-chan, also darfst du jetzt Lu-chan heißen.“
„Ähm... danke, schätze ich.“
„Kein Problem. Ist mit dir jetzt alles in Ordnung? Du hast mich so komisch angeguckt.“
„Was? Oh, ja, alles bestens. Du... hast mich nur an jemanden erinnert.“ Luca seufzte und schüttelte den Kopf. „Aber egal, das ist jetzt nicht wichtig. Los, Naruz. Komm in die Mitte, damit wir dir unsere Geschenke geben können, gratuliert haben wir dir ja schon.“
„Ähm... also, ihr braucht mir nicht wirklich etwas zu schenken, und...“
„Naruz, es ist dein Geburtstag. Du kriegst Geschenke, ob du es willst oder nicht! Und jetzt komm... wo ist eigentlich Anya?“ fragte Luca und runzelte die Stirn, während er Naruz, Aleyandra und Saeca in die Mitte des Saals führte, wo die anderen sich versammelt hatten.
„Gute Frage, ich habe sie schon eine Weile lang nicht mehr gesehen. Sie wollte sich eigentlich nur umziehen.“ meinte Nikodemus und zuckte mit den Schultern. Das Mysterium wurde jedoch schon kurze Zeit später gelöst. Die Tür zum Festsaal flog auf, und eine wütende Anya betrat den Raum. Sie trug eine... Uniform, die normalerweise Haushälterinnen anhatten, wenn auch ein wenig freizügiger. Ein schwarzer Rock ging ihr bis zu den Knien, ebenso wie lange, weiße Strümpfe. Zusätzlich trug sie eine schwarz-weiße Bluse, mit einem tiefen Ausschnitt.
„Victoria! Wo ist mein Festkleid?“ fragte die Bladelli wütend, und stapfte auf die blauhaarige Templerin zu, die sich ein wenig hinter Nikodemus versteckt hatte, und ihre Brille zurechtrückte, ehe sie sich an Naruz wandte.
„Tada! Mein Geschenk!“ meinte sie, und deutete auf Anya. Diese hielt überrascht an, und drehte den Kopf zur Seite. Als sie Naruz bemerkte, der sie belustigt ansah, lief sie rot an, und verschwand hinter Aynaeths Rücken. Die Hexe trug ein feuerrotes Kleid, auf das mit schwarzer Seide seltsame Runen gestickt worden waren.
„Weißt du, Victoria? Du kannst wirklich ziemlich gemein sein.“ meinte Naruz, lächelte jedoch.
„Gefällt es dir nicht?“
„Oh, so kann man das nicht sagen, es steht ihr ausgezeichnet.“ sagte er, und sah, wie Anya noch ein wenig röter wurde. „Aber es wäre trotzdem nett, wenn du meine kleine Cousine nicht dauernd so ärgern würdest.“ fuhr er fort, und ging zu Anya hinüber. „Du brauchst dich nicht zu verstecken, Anya. Du siehst gut darin aus, und es ist nicht so freizügig, wie du vielleicht denkst...“ Naruz Blick wanderte zu Theresia Akashi, die ein paar Schritte entfernt stand, und ein Kleid trug, dass man großzügig als 'aufreizend' bezeichnen konnte, auch wenn es beinahe so kurz war, dass sie auch gleich in Unterwäsche hätte kommen können. „Außerdem gibt es eh jemanden, der etwas weitaus schlimmeres trägt.“ fügte er dann leise hinzu.
„K-kleine Cousine?“ murmelte Anya. „I-ich bin älter als du.“ meinte sie, trat jedoch hinter Aynaeth hervor. Da sie größer als die Hexe war, hatte es ihr eh nicht viel geholfen, sich dort zu verstecken.
„Stimmt, aber das kam einem nie so vor.“ meinte Luca. „Früher war es immer so, als wenn du die jüngste von uns gewesen wärst. Weißt du noch, wie oft Naruz dich trösten musste? Oder wie oft du versucht hast, ihn zu beeindrucken? Zum Beispiel das eine mal, als du ein paar Kekse gebacken hattest, die... Anya?“ Während Luca sprach, hatte Anya ihre Hände auf die Ohren gepresst und sich in eine Ecke gehockt. Es war schon schlimm genug für sie, dass die ganzen, peinlichen Erinnerungen aus ihrer Kindheit wieder zu ihr zurückkamen, da konnte sie es nicht auch noch gebrauchen, dass sie jemand so direkt darauf aufmerksam machte.
„Ähm... ja... am besten machen wir weiter.“ murmelte Victoria, kniete sich neben Anya und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Keine Sorge, wir alle machen Fehler und haben peinliche Erinnerungen... manche mehr als andere, aber das ist doch letztendlich egal, oder nicht?“ Naruz hatte ehrliche Zweifel daran, ob Victorias Aufmunterungsversuche, ihre Freundin wirklich... nun ja, aufmuntern würden, aber er kam nicht mehr dazu, seine Bedenken zu äußern. Denn als nächstes überreichte Luca ihm sein Geschenk.
„Hier, das ist für dich... mir ist nichts besseres eingefallen, und ich weiß, dass du zu alt dafür bist... aber na ja, früher hast du das Buch immer gemocht. Also habe ich mir gedacht, warum nicht?“ murmelte er, während Naruz das Geschenk auspackte. Als er sah, was es war, lachte er leise. Es war ein Kinderbuch, über einen heldenhaften Pinguinritter, der seine Heimat vor ein paar bösen Dämonen beschützte. Er konnte sich daran erinnern, dass er das Buch früher wirklich geliebt hatte, und Luca es ihm oft vorlesen musste.
„Danke, Luca. Es gefällt mir.“
„Wirklich? Ich war mir überhaupt nicht sicher, und...“
„Luca, ganz ruhig. Du bist viel zu aufgeregt.“ sagte Naruz lachend, und sein Bruder atmete tief ein und aus.
„Also gut, wenn es dir gefällt, dann ist ja alles... gut.“ meinte er, und trat einen Schritt zurück. Als nächstes kam Aynaeth auf Naruz zu, mit Grimm, der an ihrer Seite schwebte.
„Alles gute zum Geburtstag.“ sagte Aynaeth, stellte sich auf Zehenspitzen und streichelte Naruz den Kopf.
„Ja... danke, Aynaeth.“ sagte Naruz, sah jedoch ein wenig verwirrt drein, ehe ihm einfiel, dass er vor knapp einer Woche das gleiche bei der Hexe getan hatte. Er hatte das ganze schon komplett vergessen, Aynaeth schien es jedoch keine Ruhe zu lassen.
Als sie Naruz' verwirrten Blick bemerkte, seufzte die Hexe. „Also auch kein Geburtstagsritual?“ fragte sie, sichtlich enttäuscht.
„Ähm, was?“
„Nichts, vergiss, was sie gesagt hat.“ meinte Grimm, und stupste Aynaeth mit seiner Schnauze an. „Sie will nur, dass ich vergesse sie an ihr Geschenk zu erinnern. Los jetzt, du schaffst das schon, Aynaeth. Es ist nicht so schwer, wie du denkst.“
Die Hexe zögerte eine ganze Weile lang, dann hatte sie jedoch plötzlich einen kleinen Beutel in der Hand, und drückte ihn Naruz gegen die Brust. „Für... dich.“ murmelte sie, schluckte, und ließ den Beutel dann los, auch wenn sie sichtlich mit sich kämpfen musste.
Naruz öffnete den Beutel, und sah, dass sich mehrere Bonbons, und andere Süßigkeiten darin befanden. „Das ist für mich?“ fragte er, und konnte nicht wirklich glauben, dass Aynaeth tatsächlich etwas Süßes verschenkte.
„Ja... ist es. I-ich... b-brauche es n-nicht...“ stotterte die Hexe, wandte den Blick ab, und ging zu einem Tisch in der Nähe, auf dem sich diverse Kuchen befanden.
„Siehst du? War doch ganz leicht.“ meinte Grimm, und tätschelte Aynaeths Schulter, während diese sich über die Kuchen hermachte.
„Also gut, dann bin ich als nächstes dran!“ meinte Analisa, und trat nach vorn...

Es dauerte eine ganze Weile, bis alle Gäste ihre Geschenke verteilt hatten. Aber als sie damit fertig waren, konnte die eigentliche Feier endlich beginnen. Die Gäste verteilten sich, und unterhielten sich miteinander. Zwar arbeiteten sie schon seit über einer Woche zusammen, aber sie hatten nie wirklich Zeit gehabt, einander näher kennenzulernen. Vor allem Retia gab sich alle Mühe, sich mit den anderen Mitgliedern der Schattenjäger bekannt zu machen. Naruz und Aleyandra standen gerade in einer Ecke des Raums, und unterhielten sich miteinander, als Mizore zu ihnen kam, woraufhin Aleyandras Blick sich sofort verfinsterte. Der Abend war bereits weit vorangeschritten, und es ging auf Mitternacht zu, weshalb es ein kleines Wunder war, dass die beiden sich noch nicht früher begegnet waren.
„Hallo, Naruz. Hallo... Silberschopf.“ begrüßte die Schwerttänzerin die beiden. Aleyandra stand kurz davor, eine bissige Antwort zu geben, hielt sich jedoch zurück. Sie würde sich nicht auf einen Kleinkrieg mit Mizore einlassen, während Naruz in der Nähe war.
„Ah, hallo Mizore. Ihr zwei kennt euch ja noch nicht wirklich... das letzte mal, als du sie gesehen hast, hatte sie ja geschlafen.“ meinte Naruz, der von der Feindseligkeit, die zwischen den beiden Mädchen herrschte, nichts mitzubekommen schien. „Das ist Aleyandra, meine Freundin. Du erinnerst dich vielleicht, dass ich dir in Demarech von ihr erzählt habe.“
Mizore nickte. „Die, mit der du Schluss gemacht hast?“
„Ähm... ja... das war damals. Wir sind wieder zusammen, ich habe damals einen schrecklichen Fehler gemacht, ich hätte mich nie von ihr trennen dürfen.“ meinte Naruz, woraufhin Aleyandra ihn anstrahlte. „Und... na ja, wir haben wieder zusammengefunden. Es wird nichts mehr geben, was uns trennen kann.“ fügte er dann hinzu.
„Wir werden sehen.“ murmelte die Schwerttänzerin.
„Was?“
„Oh, nichts, nichts! Alles in Ordnung. Sag mal... ist dein Bruder eigentlich vergeben?“ fragte Mizore. Allerdings eher um das Thema zu wechseln, nicht weil sie wirklich an Luca interessiert war. Er sah zwar ein wenig aus wie Naruz... aber er wirkte weit langweiliger auf sie, er machte die ganze Zeit nichts anderes, als mit Naruz zu reden, oder zu versuchen in seiner Nähe zu sein, was es Mizore weitaus schwerer machte, genau dies selbst zu tun, in der wenigen freien Zeit, die ihnen als Schattenjäger blieb.
„Ich... glaube schon. Jedenfalls scheint Retia ihn zu mögen, und ich... ach vergessen wir das, ich würde sagen, ja. Er ist vergeben.“
„Mhm, schade.“ meinte Mizore, zuckte mit den Schultern und ging dann in Richtung Retia, die sich gerade mit Nikodemus unterhielt. „Viel Spaß noch.“ sagte die Schwerttänzerin, und winkte den beiden zu.
Naruz runzelte die Stirn. Das ganze lief viel zu gut... er hatte eigentlich befürchtet, dass es ein Drama geben würde, wenn sowohl Aleyandra, als auch Theresia und Mizore im selben Raum waren. Allerdings schien keiner von ihnen einen Streit anfangen zu wollen, worüber Naruz unheimlich froh war. „Ach ja, da fällt mir etwas ein, Aleyandra.“ sagte er plötzlich, und drehte sich wieder zu seiner Freundin.
„Was denn?“
„Ich habe mich vorhin mit Saeca unterhalten, und sie meinte... na ja, dass du gerne mit mir getanzt hättest, auf dem Ball der Akashi.“
„Oh... also, es ist nicht so, als wenn du...“ Aleyandra brach ab und seufzte. Es hatte eh keinen Sinn, ihm etwas vorzuspielen. „Saeca hat recht.“ murmelte sie. „Ich... ich hätte wirklich gerne mit dir getanzt.“
„Die Meinung wird sich vielleicht ändern, sobald du rausfindest, dass ich ein äußerst schlechter Tänzer bin.“ meinte Naruz lächelnd. Ehe Aleyandra jedoch etwas sagen konnte, fuhr er fort. „Aber gut, pass auf. Bald findet ein Konzert hier in Navea statt, und ich habe es geschafft, zwei Karten dafür zu kriegen. Es werden verschiedene Musiker auftreten, unter anderem ein kleines Orchester, bei dem man sicherlich auch tanzen kann. Wie wäre es, wenn wir beide dorthin gehen?“
Aleyandra fing förmlich an zu strahlen, als sie das hörte, und fiel Naruz um den Hals. „Natürlich! Ich würde gerne mit dir dorthin gehen! Wann ist es?“ fragte sie aufgeregt.
„Es ist... Saeca? Ist mit dir alles in Ordnung?“ fragte Naruz, als er die Armani bemerkte. Aleyandra folgte seinem Blick, und sah, wie Saeca langsam, und mit schwankenden Schritten auf sie und Naruz zu torkelte.
„Saeca? Was ist los?“ fragte Aleyandra, ein wenig besorgt. So hatte sie die Armani noch nie gesehen. Saecas Augen waren halb geschlossen, und sie trug ein breites Grinsen im Gesicht. In ihrer Hand hielt sie ein großes Glas, das halbvoll mit Apfelsaft war.
„Owne... Ohwne... Onee-chan...“ murmelte Saeca mit lallender Stimme, als sie näher kam, und viel Aleyandra um den Hals. „Waischt duuuuu, dass... daisuki, desu?“
„Ähm, was?“ fragte Aleyandra, vollkommen verwirrt.
„Ah... öhm... ich... liebe dich.“ sagte Saeca, quälend langsam, und fing dann an zu kichern.
Naruz hatte inzwischen das Glas aus Saecas Hand genommen, und roch daran.
„Das ist kein Apfelsaft, das ist...“
„Apfelkorn.“ sagte jemand, der neben ihnen stand, und Aleyandra und Naruz drehten ihre Köpfe, um zu sehen, um wen es sich wohl handelte. Es war Aynaeth, neben ihr stand Naleya und trat unruhig von einem Bein aufs andere, während die Hexe selbst einen Daumen in die Luft reckte.
„Apfelkorn... Aynaeth, du hast Saeca Alkohol gegeben?“ fragte Naruz, und die Hexe nickte.
„Ich habe gehört, dass Armani keinen Alkohol vertragen. Mission 'schaltet den Hamster aus', war ein voller Erfolg.“ meinte Aynaeth. Naruz und Aleyandra starrten sich einfach nur ungläubig an. Bevor einer von ihnen noch etwas sagen konnte, blitzte plötzlich etwas in Saecas Augen auf, und der Kopf der Armani schoss nach vorn. Saecas Lippen legten sich um Aleyandras Ohrläppchen, und mit einem glücklichen Grinsen, und geschlossenen Augen, begann sie, sanft darauf herumzukauen.
„S-saeca... w-was machst d-du da?“ fragte Aleyandra, schluckte nervös und versuchte die Armani von sich zu schieben, jedoch ohne Erfolg. Saeca drückte sich stattdessen noch fester an Aleyandra, und fuhr munter damit fort, an Aleyandras Ohr zu knabbern. Plötzlich merkte Aleyandra, wie Saecas Zunge sie berührte, und sie biss sich auf die Lippe, um nicht aufzustöhnen. Naruz und Naleya waren sichtlich rot geworden, standen jedoch weiterhin einfach nur da, und sahen dabei zu, wie Aleyandra versuchte Saeca loszuwerden. Aynaeth hingegen legte den Kopf schief, und musterte Aleyandra.
„Das sieht lustig aus.“ sagte sie schließlich, und trat einen Schritt nach vorn. „Darf ich es auch einmal versuchen?“ fragte sie, woraufhin Aleyandra hochrot anlief.
„Nein! Und jetzt helft mir endlich!“
„Onee-chan...“ Aleyandra senkte den Blick, als sie Saecas Stimme hörte. Diese hatte inzwischen von Aleyandras Ohr abgelassen, und ihren Kopf auf die Schulter ihrer Onee-chan fallen lassen. Die Armani war anscheinend eingeschlafen, und atmete ruhig und leise ein und aus, während sie hin und wieder etwas im Schlaf murmelte.
Aleyandra atmete erleichtert auf. „Endlich... warum habt ihr mir nicht geholfen?“ fragte sie, an Naruz und Naleya gewandt. Die beiden wandten den Blick ab.
„Na ja... also... ähm... ich wollte euch nicht stören, es sah so aus, als wenn ihr... einen... ähm, äußerst intimen Moment genossen habt.“ stotterte Naruz vor sich hin, und Naleya nickte zustimmend. Aleyandra wollte den beiden gerade ihre Meinung sagen, als Naruz wieder das Wort ergriff. „Wie dem auch sei, ich denke es ist besser, wenn wir Saeca in ein Bett bringen, damit sie richtig ausschlafen kann. Und weil du dafür verantwortlich bist, kannst du es auch gleich machen.“ meinte Naruz, und deutete auf Aynaeth. Diese verzog zwar das Gesicht, protestierte jedoch nicht. Sie legte sich einen Arm von Saeca über die Schulter, und ging dann in Richtung Tür davon.
„Tut mir leid, dass Aynaeth für so viel Ärger gesorgt hat.“ murmelte Naleya, und verbeugte sich entschuldigend, ehe sie ihrer Schwester hinterher rannte.
„Also wirklich...“ meinte Aleyandra seufzend, kam jedoch nicht dazu, noch mehr zu sagen. Naruz nahm sie an die Hand, und führte sie ebenfalls in Richtung Ausgang. „Was ist los, Naruz?“
„Komm mit, es gibt noch etwas, dass ich machen muss.“ meinte er lächelnd, und ging weiter. Aleyandra sah ihn zwar fragend an, erhielt jedoch keine Antwort, und so folgte sie ihm. Schon bald stellte sich heraus, dass er sie zu seinem Zimmer führte. Dort angekommen schloss Naruz die Tür hinter ihnen ab, und ging auf sein Bett zu, wo Aleyandras Geschenk lag.
„Oh... du willst... es jetzt aufmachen?“ fragte Aleyandra nervös, während Naruz sich auf sein Bett setzte.
„Natürlich, jetzt ist keiner hier, und es wird auch niemand einfach so reinplatzen, hast du ein Problem damit?“ fragte Naruz lächelnd.
„Ähm, als ich meinte, du solltest es alleine öffnen...“ begann Aleyandra, doch Naruz hörte nicht auf sie. Er war bereits dabei, das Geschenk auszupacken, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als rot zu werden, und sich neben ihm auf das Bett zu setzen. Kurz darauf, hielt Naruz einige Tafeln in der Hand, und als er sah, was für Bilder sich auf ihnen befanden, wurde auch er rot. Er blinzelte kurz, dann drehte er seinen Kopf zu Aleyandra. „Die... sind für dich, wenn du mal, na ja, alleine reist, damit du nicht an... ähm... na ja, so bin ich praktisch immer bei dir, und...“ Aleyandra machte eine hilflose Geste mit ihren Händen, und verstummte. Nervös rutschte sie auf dem Bett hin und her. Gefiel es Naruz etwa nicht? Das ließ sich schwer sagen, denn Naruz war gerade damit beschäftigt, sich alle Tafeln anzusehen, als er damit fertig war, legte er sie auf einen Nachttisch und räusperte sich.
„Das... ist ein... ähm, schönes, Geschenk, Aleyandra.“ sagte er schließlich, und lächelte. „Ungewöhnlich, und ziemlich überraschend, aber schön.“
„U-ungewöhnlich? Heißt das, dass es schlecht ist?“ fragte Aleyandra, die den letzten Teil des Satzes nicht gehört zu haben schien. „V-vielleicht hätte ich das ein wenig anders machen sollen? Etwas anderes...“ Naruz brachte sie zum schweigen, indem er sich zu ihr hinüber beugte, und sie küsste.
„Aleyandra, alles ist perfekt, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“ meinte er, und strich mit einer Hand über Aleyandras Wange, während die andere über ihr Kleid wanderte, und über ihre Brüste strich.
„D-dann ist ja alles... gut.“ sagte Aleyandra, und stöhnte leise, als Naruz sie sanft auf das Bett drückte, und sie am Hals küsste. „I-ist das wirklich eine gute Idee?“ fragte sie leise, als Naruz seine andere Hand von ihrer Wange nahm, und unter ihr Kleid fahren ließ.
„Was meinst du?“
„N-na ja, die anderen könnten uns vermissen und...“ der Rest von ihrem Satz ging in einem lauten Stöhnen unter, als Naruz' Hand ihr Ziel unter dem Kleid fand, und die andere anfing, ihre Brüste zu liebkosen.
„Oh, keine Sorge. Es ist schon spät, und die meisten werden eh bald nachhause gehen, uns wird schon keiner suchen. Außerdem, du willst doch wohl nicht etwa die betrunkene Saeca durch die halbe Stadt schleppen, oder? Aber wenn du willst, können wir natürlich auch zurück...“ Dieses mal war es Aleyandra, die Naruz unterbrach. Sie küsste ihn, und begann seine Hose aufzuknöpfen, als sie sich aus dem Kuss löste, war ihre Nervosität vollkommen verschwunden.
„Nun, ich denke, die anderen können den restlichen Abend auch ohne uns auskommen...“

Ungefähr zur gleichen Zeit, hatten sich noch zwei weitere Personen vom Fest entfernt. Salvatore Doni und Theresia Akashi, hatten gleichzeitig beschlossen, dass es bereits zu spät für sie geworden war, sich von allen verabschiedet, und auf den Weg nachhause gemacht. Die beiden gingen eine Weile lang schweigend nebeneinander, wobei Salvatore immer wieder einen Blick auf die recht freizügig gekleidete Akashi warf. Diese wiederum tat nicht einmal so, als wenn sie Salvatore nicht eingehend mustern würde. Der Doni trug heute keine Robe, sondern ein weißes Hemd aus Seide, und eine dunkelrote Hose.
Nachdem sie eine Weile gegangen waren, räusperte Salvatore sich plötzlich, und stellte sich Theresia in den Weg. „Theresia, ich... ich habe schon eine Weile lang gehofft, mich einmal mit dir privat unterhalten zu können.“ begann Salvatore, woraufhin Theresia ehrlich überrascht wirkte. Damit hatte sie eigentlich nicht gerechnet, eher hatte sie erwartet, dass der Doni ihr irgendwelchen Blödsinn erzählen würde, um das Schweigen zu brechen.
„Wirklich? Was denn?“ fragte sie, mit ihrer schüchternen Stimme, und lächelte Salvatore an.
Dieser verbeugte sich vor ihr, und richtete den Blick auf den Boden, ehe er sprach. „Du bist eine wunderschöne Frau, Theresia, ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben jemanden gesehen, der sich mit deiner Schönheit messen kann. Ich... ich wollte fragen, ob du... vielleicht Lust hättest, einmal mit mir etwas essen zu gehen.“ sagte Salvatore, mit nervöser Stimme.
„Oh...“ kam es von Theresia. „Das... ist wirklich süß von dir.“ sagte sie, noch ein wenig schüchtern. Als sie jedoch weitersprach, fiel jegliche Schüchternheit von ihr, und sie redete mit ihrer gewöhnlichen, leicht überheblichen Stimme. „Ich meine, ein wirklich süßes Schauspiel, Salvatore. Was willst du wirklich von mir?“ fragte sie, und lächelte zufrieden, als der Doni den Kopf hob, und sie angrinste.
„Ah... war es also doch so leicht zu durchschauen, ja?“ fragte er, und kratzte sich am Hinterkopf. „Das ist mir jetzt aber wirklich peinlich.“
„Natürlich habe ich dich durchschaut, ich bin immerhin die Perfektion der Schauspielkunst.“
„Trotzdem kam es unerwartet, nicht einmal Naruz merkt es, wenn ich ihm etwas vorspiele... oder zumindest nicht immer.“ Salvatore seufzte.
„Ich gehe nie unvorbereitet an einen Auftrag heran.“ meinte Theresia lächelnd. „Ich habe mich auch ein wenig über dich informiert, leider gab es nicht allzu viel interessantes zu hören.“
„Und das ist auch gut so.“ Urplötzlich wurde Salvatores Miene ernst, und er musterte Theresia mit kaltem Blick. „Aber gut, dann kann ich mir das Schauspiel auch gleich sparen. Ich brauche deine Hilfe.“
„Wirklich? Wobei?“
„Die Bibliothek der Akashi... deine Familie lässt ja keine Außenseiter ran, na diese verdammte Büchersammlung. Ich möchte dich darum bitten, sie einmal für mich nach Informationen zu etwas zu durchsuchen, dass sich 'Maou' nennt.“
Theresia dachte kurz nach, aber der Begriff kam ihr überhaupt nicht bekannt vor. „Hat es etwas mit der Jagd auf den Schattenritter zu tun?“
„Nein, überhaupt nichts. Es ist... etwas privates.“
„Und warum sollte ich dir bei deinen privaten Nachforschungen helfen?“
„Natürlich würde ich dich dafür bezahlen.“
„Danke, aber ich brauche kein Gold.“
„Habe ich gesagt, dass ich dich mit Münzen bezahlen will?“ fragte Salvatore, und als Theresia eine Augenbraue hob, lächelte er. „Nein, du würdest etwas weitaus wertvolleres von mir kriegen; Informationen über die Donifamilie. Wusstest du zum Beispiel, dass Longinus Doni einen Bruder hatte?“
„Nein... davon habe ich noch nie gehört.“ antwortete Theresia, und fragte sich, worauf Salvatore eigentlich hinaus wollte.
„Das haben die wenigsten, um genau zu sein, wissen mit dir nur vier Personen davon.“ erklärte der Doni, und seufzte. „Es wurden bereits Leute umgebracht, um allein die Existenz dieses Bruders geheimzuhalten... und ich habe herausgefunden warum, oder besser gesagt, ich habe da eine Vermutung. Wenn du mir hilfst, biete ich dir alle Informationen an, die ich über Longinus' Bruder habe, und über die heilige Reliquie meiner Familie.“
„Das Kreuz des Longinus?“
„Nein, die andere, heilige Reliquie... übrigens bist du auch hier eine von nur vier Personen, die von ihrer Existenz weiß.“ Theresia kaute ein wenig auf ihrer Unterlippe herum, während sie über Salvatores Worte nachdachte. Das Angebot klang zumindest ein wenig verlockend... aber konnte sie sich sicher sein, dass der Doni nicht einfach irgendwelchen Schwachsinn erfand, um sie dazu zu bringen ihm zu helfen? „Du musst mir nicht jetzt antworten, denke einfach eine Weile darüber nach. Wenn du mir etwas vorzeigen kannst, dann werde ich meine Informationen mit dir teilen.“ meinte Salvatore, und drehte der Akashi den Rücken zu. Als er eine Seitenstraße erreichte, die ihn zu seinem Haus führen würde, wandte er sich noch einmal um. „Ach ja, das Angebot mit dem Essen gehen steht übrigens auch noch.“ meinte er, zwinkerte Theresia zu, und verschwand dann in der Dunkelheit, woraufhin die Akashi alleine zurückblieb, und sich fragte, was eigentlich das Ziel, dieses seltsamen Doni war.

...

Es war der Abend nach Naruz' Geburtstag, und Luca ging alleine, und vollkommen erschöpft, von der Villa zu seinem Haus. Ein weiterer, anstrengender Arbeitstag war vorüber, und Luca wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich nachhause zu kommen, und sich ins Bett fallen zu lassen. Die letzten Tage waren unglaublich anstrengend für ihn gewesen, sein Körper machte ihm mehr zu schaffen, als er es Naruz und den anderen gegenüber zugeben wollte. Seitdem Naruz das Ritual vor einigen Tagen vollzogen hatte, ging es ihm zwar wieder besser, aber trotzdem merkte Luca, dass er es nicht mehr übertreiben sollte, mit seinem Gebrauch von Magie. Deswegen hatte er auch seine Besuche im Hauptquartier der Saphirgilde reduziert, nicht, dass er noch allzu häufig dorthin gehen konnte, dank seines Sklaventreibenden Bruders. Luca lächelte schwach, und fasste sich an die Brust. Naruz konnte dank des Artefakts sehen, wie die Magie von Erica seinem Körper zusetzte, allerdings konnte er nicht sehen, wie stark der Körper, und vor allem die Organe, bereits von der Magie angegriffen worden waren. Und darüber war Luca auch äußerst froh, ansonsten würde Naruz ihm wahrscheinlich verbieten, weiterhin für die Schattenjäger zu arbeiten, und ihn gar nicht erst aus dem Bett lassen. Außerdem würde er sich viel zu viele Sorgen machen, und das wollte Luca auch gar nicht. Immerhin wusste er, dass wahrscheinlich die beste Heilmagie nicht ausreichen würde, um... Lucas Gedanken wurden jäh unterbrochen, als er bemerkte wie sich in seiner unmittelbaren Nähe Magie manifestierte. Instinktiv sprang er zur Seite, und errichtete einen magischen Schild um sich herum, der kurz darauf hell aufflammte, als ein halbes Dutzend silberner Pfeile gegen ihn prallte, und wirkungslos zu Boden fielen. Silberne Pfeile... Luca ließ ein genervtes Stöhnen hören, während er sich aufrichtete und seinen Blick durch die Gegend schweifen ließ. Halb erwartete er, diesen seltsamen Ritter in silberner Rüstung zu sehen, der sich schon eine Weile lang nicht mehr hatte blicken lassen. Aber dem war nicht so, anstatt eines Ritters, stand ein einzelner, junger Mann auf der Straße vor ihm. Er hatte blonde Haare, und flüssiges Silber schien seinen Körper zu umspielen. Wahrscheinlich auf Rache aus, wie auch immer er erfahren hatte, dass Luca für den Tod einiger Akashi verantwortlich war.
„Du hast Glück, ich bin Heute müde und habe keine Lust, mich mit dir herumzuschlagen.“ sagte Luca, an den Fremden gewandt. Er würde ihn höflich dazu auffordern zu fliehen, vielleicht klappte es ja. Wenn nicht, konnte er noch immer kämpfen. „Wenn du jetzt verschwindest, dann verspreche ich dir, dass ich nicht nachtragend sein werde.“ fuhr er fort, und lächelte schwach. Ehe der Fremde jedoch antworten konnte, hörte Luca ein Knistern hinter sich. Schnell wandte er sich um, und sah einen blauen Blitz direkt auf sich zu fliegen. Schnell errichtete er seinen Schild, und legte noch einige Schichten aus Abwehrzaubern drauf, als er merkte, dass die Magie dieses Zaubers weit mächtiger zu sein schien, als der erste Angriff. Aber es half nichts. Der Blitz fraß sich direkt durch den magischen Schild, ließ ihn zersplittern, und fand dann seinen Weg ins Ziel. Die Magie traf Luca direkt in der Brust, stieß durch seinen Körper und trat auf der anderen Seite wieder aus. Der Bladelli schrie auf, und wurde nach hinten gerissen, wo er regungslos liegen blieb.
Als er nach knapp zehn Sekunden noch immer keine Anstalten machte wieder aufzustehen, ging Severina, denn natürlich war sie es gewesen, die den zweiten Angriff ausgeführt hatte, mit schnellen Schritten auf ihren Bruder zu und schloss ihn in die Arme. Hinter ihr flatterten ihre Schmetterlinge in der Luft, die noch immer von blauen Blitzen umspielt wurden.
„Wir haben es geschafft!“ rief Severin triumphierend, und küsste sie.
„Ja...“ murmelte Severina leise. Das ganze war einfach gewesen, viel zu einfach, für ihren Geschmack. Zwar hatte sie den Angriff des Inquisitors benutzt, dem sie vor knapp einer Woche begegnet waren, aber trotzdem hätte sie nie gedacht, dass sie die Verteidigung von Luca so leicht vernichten könnten.
„Was hast du? Wir haben ihn getötet, und... ist etwas?“ fragte Severin, als er sah wie seine Schwester entsetzt die Augen aufriss.
„Severin, wir verschwinden, sofort.“ sagte sie, und begann zurück zu weichen.
„Was? Warum?“ fragte ihr Bruder verwirrt, und entschied sich dann, einfach einmal ihrem Blick zu folgen. Und was er dort sah, konnte er einfach nicht glauben. Luca Bladelli erhob sich vom Boden, und klopfte sich den Staub von seiner Kleidung, so als wäre er eben nur gestolpert und hingefallen. Währenddessen umspielte bläuliche Magie seinen Körper, und die Wunde in seiner Brust begann sich zu schließen, bis lediglich eine große Narbe zurückblieb.
„Von mir aus, ich wollte nett sein.“ sagte Luca, mit trockener Stimme. „Jetzt ist es persönlich. Möge Gaia euren Seelen gnädig sein.“ während er sprach schloss Luca die Augen, und atmete tief ein und aus. Acht Siegel hatte Erica in seinem Körper angebracht, die verhindern sollten, dass seine Magie vollkommen unkontrolliert durch ihn floss, und seinen Körper vernichtete. Mit der Zeit wurden sie geschwächt, und mussten erneuert werden, je schwächer die Siegel waren, desto stärker war Luca selbst. Kurz überlegte er, auf wie viele Siegel er verzichten konnte, ohne sich selbst umzubringen, oder so sehr zu verausgaben, dass er die nächsten Tage nur noch im Bett bleiben konnte. Dann löste er drei der Siegel auf, und spürte wie augenblicklich große Mengen von Magie durch seinen Körper gepumpt wurden.
Während Severin davon nichts mitzukriegen schien, war Severina nicht entgangen, dass ihr gegenüber gerade um einiges stärker geworden war. „Severin, wir verschwinden, auf der Stelle!“ sagte sie erneut, dieses mal weit nachdrücklicher und in kommandierendem Tonfall.
„Warum? Wir haben einmal ein Loch in ihn gehauen, wir können es wieder tun. Ich habe noch nie von jemandem gehört, der unsterblich ist.“ meinte ihr Bruder und schnaubte verächtlich.
„Mag sein, aber wir sind es auch nicht, also los jetzt!“ Doch Severin hörte nicht auf sie, er setzte sich in Bewegung und rannte direkt auf Luca zu, das flüssige Silber um ihn herum formte sich zu drei Wurfspeeren, die direkt auf den Bladelli zuschossen, und während sie noch in der Luft waren, erschien sofort weiteres Silber neben Severin. Luca zuckte jedoch nicht einmal mit der Wimper, noch bevor die Speere mehr als zwei Meter an ihn herankommen konnten, prallten sie gegen eine unsichtbare Mauer und fielen zu Boden. Severina stöhnte auf, sah jedoch ein, dass sie keine andere Wahl hatte, als ihrem Bruder zu helfen. Sie teilte ihre Schmetterlinge in zwei kleinere Schwärme, die aus verschiedenen Richtungen Feuerbälle und Blitze auf Luca regnen ließen. Allerdings zeigten die Angriffe dieses mal erstaunlich wenig Wirkung. Die magischen Geschossen explodierten alle einige Meter von Luca entfernt mitten in der Luft, der letzte Blitz jedoch nicht. Dieser brach durch den magischen Schild und raste weiterhin auf Luca zu. Severina lächelte bereits zufrieden, als sie feststellen musste, dass sie sich zu früh gefreut hatte, denn der Blitz flog nur einen weiteren Meter, ehe eine zweite, magische Barriere ihn abfing. Severin versuchte derweil sein Glück im Nahkampf... oder besser gesagt, er wollte sein Glück im Nahkampf versuchen. Es gelang ihm einfach nicht, die erste, magische Barriere zu durchbrechen und näher an Luca heranzukommen. Er schickte zwar dutzende Geschosse aus Silber, und ließ mehrere Schwerter gegen den Schild krachen, jedoch gab es kein Durchkommen, auch die Lücke, die Severinas Zauber gerissen hatte, war bereits wieder verschwunden.
„Severina? Was ist das für ein Zauber?“ fragte er wütend, und wich ein wenig zurück.
„Keine Ahnung, so einen Schutzzauber habe ich noch nie gesehen!“ zischte sie nervös zurück. „Wir sollten jetzt wirklich abhauen, wir sind schon viel zu lange hier, bald wird die Stadtwache kommen, oder die Templer kreuzen auf, und dann...“
„Oh, macht euch darum keine Sorgen.“ sagte Luca, mit eiskalter Stimme, und einem Blick, bei dem Severina nicht anders konnte, als nervös zu schlucken. „Genaugenommen solltet ihr vielleicht darauf hoffen, dass die Templer kommen, sie könnten euch vielleicht retten.“ fuhr er fort, und rote Energie umspielte seinen Körper. Plötzlich leuchtete die gesamte Umgebung einmal rot auf, Severina wusste zwar nicht ganz, was der Grund dafür war, aber sie vermutete, dass es nichts gutes bedeutete. „Ich habe euch auf dem Fest der Akashi gesehen, ihr seid Geschwister, und mit Silberblatt befreundet, oder sowas in der Art. Und du...“ er deutete auf Severina. „... du bist ziemlich zielgenau, du hast mein Herz nur knapp verfehlt.“ Severina runzelte die Stirn. Was faselte er da? Sie hatte perfekt gezielt, und sein Herz direkt durchbohrt, oder besser gesagt, vernichtet. Es sei denn... es sei denn sein Herz befand sich nicht dort, wo es normalerweise bei einem Menschen war, aber das konnte nicht sein... oder doch? Während sie nachdachte kam Luca langsam näher, und Magie begann, aus seinem Rücken auszutreten, und sich zu etwas zu formen, was Severina noch nicht ganz erkennen konnte. „Ich schätze mal, es war kein Glückstreffer. Ihr zwei seid gut ausgebildet worden. Wenn ich mich nicht irre, seid ihr zwei Attentäter, Kinder Gaias, nicht wahr?“ er wartete nicht auf eine Antwort, sondern ließ seinen Blick zu Severin wandern. „Und du scheinst Silber zu benutzen. Du hast nicht zufällig etwas mit dem Verrückten zu tun, der sich durch meine Familie gemordet hat, oder?“ Inzwischen konnte Severina erkennen, dass die Energie sich zu roten Flügeln formte, die aus Lucas Rücken traten. Anstelle von Federn, befanden sich dort jedoch lange, dünne, rote Nadeln, so zahlreich, dass es tatsächlich so aussah, als wenn Luca rote Flügel hätte.
„Schätze, jetzt wissen wir warum man ihn Todesengel nennt.“ murmelte Severin an seine Schwester gewandt und lächelte ihr zu, diese erwiderte sein Lächeln nicht. Sie waren schon viel zu lange hier, und es gefiel ihr überhaupt nicht, wie dieser Luca sie ansah. Weder Zweifel noch Angst waren in seinem Blick zu sehen. Er war sich vollkommen sicher, dass er diesen Kampf gewinnen würde, und so wie es bislang lief, war Severina geneigt ihm zuzustimmen.
„Also gut Severin, wir...“ bevor sie ausreden konnte, schnippte Luca mit den Fingern, und der Boden unter den Füßen der Zwillinge leuchtete rot auf. Die beiden schafften es geradeso, aus der Gefahrenzone zu springen, ehe die Straße dort explodierte, wo die beiden eben gerade gestanden hatten. Zu Severinas Überraschung, war jedoch kein lauter Knall zu hören, und auch die Explosion an sich war... anders, als sie erwartet hatte. Ein rötlicher Energieball bildete sich an der Stelle, dann verschwand er einfach, ohne ein Geräusch zu verursachen, und hinterließ einen Krater, von knapp zwei Metern Durchmesser, und einem guten Meter Tiefe. Alles, was sich dort befunden hatte, war einfach verschwunden.
„Severina? Das sieht nicht nach einfacher Explosionsmagie aus.“ sagte Severin, und zum ersten mal klang er ein wenig nervös.
„Was du nicht sagst!“ fauchte sie ihn an. „Überhaupt nichts an diesem Typen ist einfach, oder normal! Deswegen habe ich ja gesagt, dass wir verschwinden sollen!“
„Vielleicht... hast du Recht. Lass uns abhauen.“ Kaum hatte Severin das gesagt, wandten die Geschwister sich um, und rannten in Richtung einer nahen Gasse davon. Nach gerademal einem Dutzend Schritten jedoch, leuchtete die gesamte Straße vor ihnen rot auf. Die Zwillinge sprangen zur Seite, und nur wenige Augenblicke später, war von der Straße nur noch ein großer Krater übrig.
„Denkt gar nicht erst daran, abzuhauen.“ sagte Luca, und einige der... Nadeln an seinen Flügeln, drehten sich so, dass sie auf die Zwillinge zielten. „Das gesamte Gebiet hier ist mit meiner Magie durchdrungen, ihr könnt nicht entkommen.“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, explodierte wieder der Boden, unter den Akashi. Erneut wichen diese aus, allerdings hatte Luca diesmal damit gerechnet, und einige der Nadeln auf die Stelle abgefeuert, an der die Akashi mit Sicherheit landen würden. Severina bemerkte es noch in dem Augenblick, in dem sie dort landete. Sofort flatterten ihre Schmetterlinge in den Weg, und nahmen die Magie in sich auf. Luca runzelte die Stirn. „Die Dinger absorbieren Magie? Verstehe... wie Vampire also.“ murmelte er vor sich hin, ehe er ein bösartiges Grinsen aufsetzte. Sofort richteten sich sämtliche Nadeln seiner Flügel auf die Akashi, und schossen gleichzeitig auf sie zu. Damit Severina nicht ausweichen konnte, bereitete Luca vorsichtshalber alles im Umkreis von mehreren Metern um sie herum darauf vor, zu explodieren. Severina machte sich jedoch keine Sorgen, im Gegenteil. Sie lächelte, während sie zusah, wie ihre Schmetterlinge die gesamte Magie von Lucas Angriff in sich aufnahmen, und verschwinden ließen. Der Bladelli hatte sie unterschätzt, oder besser gesagt, ihre Schmetterlinge. Er hatte recht, sie funktionierten wirklich wie Vampire, und das hieß auch, dass es kein Limit dafür gab, wie viel Magie sie in sich aufnehmen konnten.
„Severin, jetzt!“ rief sie, und aus ihren Schmetterlingen schoss ein gewaltiger Blitz, direkt auf Luca zu. Sie hatte ihn beobachtet, und war zu dem Schluss gekommen, dass er stillstehen musste, um die Magie zu benutzen, die den gesamten Boden explodieren ließ, denn seit die Umgebung das erste mal geleuchtet hatte, stand der Bladelli wie angewurzelt auf der Stelle. Außerdem hatte er gerade Unmengen an Magie in seinen Angriff gesteckt, das dürfte bedeuten, dass er nicht mehr allzu viel übrig hatte, um seinen Schild aufrechtzuerhalten. Tatsächlich brach Severinas magischer Angriff gleich durch ein halbes Dutzend Barrieren, ehe er wenige Zentimeter vor Lucas Gesicht verschwand, und die Luft hell aufblitzen ließ.
„Gut gemacht, Severina!“ rief Severin begeistert, ließ ein Schwert aus Silber in seiner Hand entstehen, und holte zum Schlag aus. Er erlebte jedoch eine böse Überraschung, denn kaum hatte er sich Luca auf zwei Meter genäherte, prallte er mit voller Wucht, gegen einen unsichtbaren, magischen Schild, der ihn ein wenig nach hinten stolpern ließ. „Was zum...“ murmelte Severin, und bemerkte, wie Luca ein zufriedenes Lächeln aufgesetzt hatte.
„Gefällt er euch? Der Zauber ist noch experimentell, aber ich stehe kurz davor, ihn fertigzustellen. Ich überlege, ob ich ihn nach einer alten Legende benenne, habt ihr schon einmal von der 'Phalanx' gehört?“ fragte der Bladelli, erhielt jedoch keine Antwort von den Akashi. Severina wusste aber trotzdem, wovon er sprach. Es gab eine uralte Legende, über eine Festung in Pandämonium, die unter der Kontrolle von Eligos stand. Die Festung war angeblich uneinnehmbar, und konnte sich sogar bewegen, weshalb sie sowohl defensiv, als auch offensiv, als ultimative Waffe galt... Severina riss entsetzt die Augen auf.
„Severin, weg da!“ rief sie, doch es war zu spät. Lucas Zauber traf Severin auf kürzeste Distanz. Der magisch Schild erwischte den Akashi mit voller Wucht, und schleuderte ihn nach hinten, bis er mit einem hässlichen Geräusch in eine nahe Hauswand knallte. Severin schrie vor Schmerz auf, und er spuckte einen Schwall Blut aus seinem Mund. Durch den Aufprall hatte er sich beinahe die Zunge abgebissen, außerdem spürte er, dass so ziemlich jeder Knochen in seinem Körper mindestens angeknackst, wenn nicht sogar gebrochen, war. Er konnte weder Arme noch Beine bewegen, und als sein Blick nach unten wanderte sah er, dass ein großer, weißer Knochen aus seinem Oberschenkel ragte. „Severin!“ Severina rannte sofort an die Seite ihres Bruders, und ihre Schmetterlinge begannen, ihren Bruder zu umflattern, und goldene Lichtstrahlen auf ihn fallenzulassen.
„Weißt du, wie man einen Vampir tötet?“ fragte Luca, an Severina gewandt, während er langsam näher kam. Diese antwortete nicht, sondern schoss ein paar Feuerbälle aus ihren Händen auf Luca. Diese waren jedoch weit schwächer, als die Zauber in ihren Schmetterlingen, und prallten wirkungslos von seinem magischen Schild ab. Als wenn nichts geschehen wäre, sprach Luca weiter. „Entweder, man trennt ihm mit einer gewöhnlichen Waffe den Kopf ab, das ist die schwierigste Methode, da Vampire starke und schnelle Kämpfer sind, oder man verletzt sie so lange mit dem Fluch des Longinus, bis sie an ihren Wunden zu Grunde gehen. Das sind die zwei Möglichkeiten, welche die Kirche kennt, aber es gibt eine weitere, einfachere Methode.“ Luca deutete auf den Boden. „Was glaubst du, wie ich die Umgebung explodieren lassen konnte, obwohl ich keine Explosionszauber darauf angewandt habe?“
Severina biss sich auf die Lippe. Ihre Falter würden noch eine Weile brauchen, um Severin zu heilen, und alleine hatte sie keine Chance gegen Luca... also sollte sie sich vielleicht auf dessen Spielchen einlassen, um Zeit zu gewinnen. „Du hast vorher Runen platziert?“ das war die einzige Möglichkeit, die Severina einfiel.
„Nein, nicht ganz. Ich habe einfach meine Magie in den Boden gepumpt.“ Die Akashi runzelte die Stirn. Er hatte... was gemacht? Normalerweise schickte man Magie als einen Zauber geformt, aus dem Körper. Reine Magie zu verschicken war eigentlich nutzlos, da man diese dann nicht mehr kontrollieren konnte. Behauptete Luca etwa, dass er dazu in der Lage war? „Deine Schmetterlinge haben die selbe Fähigkeit wie Vampire. Liege ich richtig in der Annahme, dass sie die Zauber, die sie absorbieren, in ihre ursprüngliche Magie umwandeln, um sie danach so zu formen, dass es deine wird?“ Noch bevor Luca ausgesprochen hatte, wusste Severina, worauf er hinaus wollte. Abrupt drehte sie ihren Kopf zu Severin, in genau dem Moment, in dem Luca mit den Fingern schnippte. Entsetzt musste Severina mit Ansehen, wie ihre Schmetterlinge rot leuchteten, wild mit den Flügeln zappelten... und dann regungslos zu Boden fielen.
„Nein... d-das kann nicht... so etwas darf nicht...“ stammelte Severina vor sich hin, und torkelte beinahe in Trance auf Severin und die Falter zu. Die Schmetterlinge waren mehr, als nur eine Waffe. Sie waren ihre Freunde, ihre Begleiter, und ihr magisches Lebenswerk! Sie konnten nicht einfach so getötet werden! Sie waren immun gegen Magie! Sie absorbierten sie, und bewahrten sie in ihrem Inneren auf! So etwas konnte nicht passieren! Während Severina diese Gedanken durch den Kopf schossen, stiegen ihr Tränen in die Augen. Langsam wandte sie sich zu Luca um.
„Richtig, man kann einen Vampir ganz leicht von Innen heraus vernichten, sobald er deine Magie geschluckt hat... nun, ich kann es. Einer der wenigen Vorteile, welche die Magie in meinem Körper mit sich bringt. Ach ja, keine Sorge, die Schmetterlinge sind nicht tot, ich habe sie nur geschwächt. Du scheinst klug zu sein, klüger als dein Bruder, ich vermute, das ganze hier ist seine Schuld.“ sagte Luca, und bleib stehen. Severina konnte nicht glauben, was sie da hörte. Ihre Schmetterlinge waren nicht tot? Schnell wandte die den Kopf um, und tatsächlich. Sie flatterten schwach mit den Flügeln, und konnten sich nicht erheben, aber sie lebten noch. Severina rieb sich eine Träne aus den Augen, und drehte sich wieder zu Luca um.
„Wir... wir geben auf.“ murmelte sie mit schwacher Stimme, und hob ihre Hände. „Lass... lass mich nur meinen Bruder verarzten... dann machen wir alles, was du sagst.“ sagte sie, mit flehendem Tonfall.
Luca lächelte sie an, aber es war kein freundliches, nachsichtsvolles Lächeln. Es war kalt, und wirkte schon eher bösartig. „Wie bitte? Ihr gebt auf? Wie hast du dir das vorgestellt? Ihr bringt mich fast um, und wenn es nicht funktioniert... lasse ich euch in Ruhe?“ fragte er, in spöttischem Tonfall. „Lass mich kurz überlegen. Ich denke meine Antwort lautet... nein.“ fügte er dann hinzu, und plötzlich erschienen zwei weitere Nadeln aus roter Energie in der Luft, diese jedoch kleiner, als die anderen. Bevor Severina noch etwas sagen konnte, deutete Luca auf Severin, und die Nadeln schossen auf ihn zu.
„Severin!“ rief diese entsetzt. Bevor Luca reagieren konnte, sammelte Severina ihre gesamte Magie in ihren Beinen, und stieß sich vom Boden ab, um vor den Geschossen bei Severin anzukommen. Allerdings blieb ihr keine Zeit mehr, um ihren Bruder aus dem Weg zu zerren, vermutlich hätte ihn das auch umgebracht, so angeschlagen, wie sein Körper war. Also tat Severina das einzige, was sie noch tun konnte, sie drehte sich um, und erschuf einen magischen Schild vor sich... oder zumindest war es so geplant gewesen. Leider hatte sie zu viel Magie verbraucht, um überhaupt bei Severin anzukommen, und so durchbrachen die Nadeln den Schutzschild mit Leichtigkeit. Die Geschosse fanden ihr Ziel, eine Nadel stach in Severinas rechten Arm, direkt unterhalb der Schulter, die zweite traf sie im Oberschenkel. Erst geschah nichts, dann knallte es jedoch laut, und die Nadeln explodierten in einen Schwall aus rötlicher Energie, die Severina mehrere Meter durch die Luft schleuderte, weg von ihrem Bruder. Dessen Augen wurden groß vor Entsetzen, als er mit dem Blut seiner Schwester bespritzt wurde, und sah, dass Severina nicht... vollständig zur Seite gefegt worden war. Ihr rechter Arm, und ihr Bein lagen noch immer direkt vor ihm, dort wo die Explosion Severina erwischt hatte. Sie blieben dort jedoch nicht sonderlich lange, nur wenige Augenblicke später, explodierten die Gliedmaßen von Innen heraus, und verteilten Blut und Fleischfetzen in der Gegend.
„Se.. verina?“ stammelte Severin ungläubig, mit schwacher Stimme. „Severina? Severina? Severina!“ jedes mal, wenn er den Namen aussprach, wurde seine Stimme lauter, gegen Ende schrie er so laut, dass er direkt danach vor Schmerzen zusammenzuckte. Tränen stiegen ihm in die Augen, während er versuchte, trotz seines beschädigten Körpers zu seiner Schwester zu kriechen. Er kam jedoch nicht weit, Luca stand plötzlich an seiner Seite, und trat auf seine, ohnehin schon gebrochene Hand, was Severin vor Schmerz aufschreien ließ.
„Sie lebt noch, allerdings scheint sie das Bewusstsein verloren zu haben, durch den Schock. Sie wird nicht mehr lange durchhalten, vermutlich ist sie in ein paar Minuten verblutet.“ sagte Luca, mit kalter Stimme. „Eigentlich wollte ich dich so zurichten, und dieses Gespräch hier mit ihr führen, sie scheint ein wenig rationaler zu sein, aber gut. Du hast also ein paar Minuten Zeit, um mir alle meine Fragen zu beantworten, glaubst du, dass du das schaffst?“ fragte Luca den Akashi.
„Lass mich los! Ich muss sofort zu ihr! Sie braucht mich, ich...“
„Anscheinend nicht.“ murmelte Luca und seufzte. „Vielleicht sollte ich...“
„Luca, runter von seiner Hand.“ Der Bladelli zuckte zusammen, und wirbelte herum, als er Naruz' Stimme hinter sich hörte. Sein Bruder stand direkt vor ihm, und musterte die Umgebung mit kritischem Blick. Ein wenig weiter entfernt näherten sich Hohetempler, in Begleitung von André höchstselbst.
„Luca Bladelli... warum seid Ihr immer derjenige, den ich vorfinde, wenn es Unruhe in der Stadt gibt?“ fragte der Hochgeneral, mit strenger Stimme. Bevor Luca jedoch darauf antworten konnte, ging Naruz auf Severina zu.
„Luca wurde angegriffen, von den beiden hier.“ sagte er, mit keinerlei Zweifel in der Stimme.
„Woher wollt Ihr das wissen, Paladin? Luca mag Euer Bruder sein, aber das heißt nicht, dass er frei von jeglichem Verdacht ist.“ sagte André.
„Ich weiß, und wenn man sich umsieht merkt man, dass Luca vielleicht ein wenig übertrieben hat.“ sagte Naruz, beugte sich über Severina, und ließ dann seinen Blick zu Luca wandern. Was er dort sah, ließ ihn die Stirn runzeln. „Dass er ziemlich übertrieben hat.“ korrigierte er sich, und Luca schluckte. Ihm war bewusst, dass Naruz auf die Anzahl von Siegeln anspielte, die er aufgelöst hatte. „Aber er hat den Kampf hier nicht begonnen, seht Euch seine Brust an.“ fuhr Naruz fort, während drachenartige Linien, aus weißer Magie, sich über Severinas Körper schlängelte, und langsam aber sicher die Blutungen stoppte. „Der Angriff, der die Wunde verursacht hat kam von hinten, vermutlich aus einer der Gassen dort hinten. Ich hatte bereits mit dem Mädchen hier zu tun, ihre Magie ist nicht stark genug, um Lucas Abwehr zu durchbrechen, wenn er vollkommen vorbereitet wäre. Außerdem sind wir nur wenige Straßen von Lucas Haus entfernt, die beiden Akashi haben hier überhaupt nichts zu suchen. Falls das nicht reicht, kann ich gerne noch die Valkyre Sigrun, als Zeugin rufen. Sie darf uns zwar nichts genaues über den Ablauf des Kampfes erzählen, aber sie wird uns sicherlich sagen können, wer begonnen hat.“
André zögerte einen Moment, und beobachtete Naruz. Der junge Paladin sprach mit ruhiger Stimme, und schien vollkommen von der Wahrheit seiner Worte überzeugt zu sein. Außerdem würde der Paladin sicherlich nicht seine Position missbrauchen, um seinen Bruder zu decken. Falls doch, würde das bedeuten, dass sowohl er, als auch Belenus sich in Naruz geirrt hätten... und das konnte schließlich nicht sein. „Also gut... ich glaube Euch, Paladin. Ich werde meine Männer hier lassen, damit sie Euch helfen können.“
„Vielen Dank, Hochgeneral. Eure Hilfe ist gerngesehen.“ antwortete Naruz, ohne aufzusehen. Dann schloss er die Augen, und schickte mehr Magie in die verletzte Akashi. Es sah jedoch nicht gut aus, sie war schwer verletzt, und stand kurz vor dem Tod. Lucas Zauber schien mehr Schaden angerichtet zu haben, als man von Außen erkennen konnte. Einen winzigen Moment lang zögerte Naruz... war es überhaupt den ganzen Aufwand wert, die Akashi zu retten? Immerhin war sie es, die Luca angegriffen hatte. Sofort darauf schüttelte er jedoch den Kopf. Nein, es war richtig, ihr zu helfen. Er hatte sie zwar nur einmal zuvor getroffen, aber sie war nett gewesen, und hatte versucht, einen Konflikt zu vermeiden. Naruz' Blick wanderte kurz zu Severin, der sich nicht von der Stelle bewegt hatte, und Naruz aus großen Augen anstarrte, als könne er nicht glauben, dass dieser Severina tatsächlich half. Der Paladin seufzte, es würde lange dauern, und höchster Konzentration bedürfen, wenn er die Akashi heilen wollte. Also stand er auf, und ging zu Severin hinüber. Mit einem verächtlichen Blick, ließ er goldene Drachen um den Körper des Mannes tanzen, die kurz darauf in ihn hinein fuhren, und seine Knochen stabilisierten, und richteten, wobei sie jedoch nicht sonderlich sanft waren. Naruz ignorierte die Schmerzensschreie des Akashi, und wandte sich an die Hohetempler. „Ihr drei, bringt die Schwester in die Villa der Bladelli. Aynaeth, Anya und ich werden uns dort um sie kümmern. Beeilt euch, wir dürfen keine Zeit verlieren, wenn sie überleben soll. Und ihr zwei da, schnappt euch den Bruder, und werft ihn in eine Zelle, er kann da geheilt werden, seine Verletzungen sind nicht so schwer wie ihre. Der Rest von euch soll die Umgebung absperren, oder die Stadtwache darauf ansetzen. Wie ihr seht, können hier keine Wagen mehr durchfahren, und auch laufen dürfte schwierig werden. Und du!“ meinte Naruz, und deutete auf Luca. „Du gehst nachhause und ruhst dich auf. Morgen kommst du sofort zu mir, damit ich mich um deine Siegel kümmern kann, und du wirst mir sagen, was genau hier passiert ist, jede Einzelheit, verstanden?“
„Verstanden.“ murmelte Luca, mit leiser Stimme, woraufhin Naruz zufrieden nickte. Die Templer waren bereits damit beschäftigt, Naruz' Befehlen Folge zu leisten. Luca beschloss, dass es am besten war auf seinen kleinen Bruder zu hören, und machte sich auf den Weg nachhause. Kaum betrat er sein Haus, taumelte er in die Küche, und fiel in eine Ecke. Es dauerte auch nicht lange, bis sein Körper von Krämpfen geschüttelt wurde, und er anfing Blut zu husten. Das ganze zog sich zehn Minuten lang hin, bis Luca schon dachte, es würde gar nicht mehr aufhören, und sein Ende gekommen sei. Doch dann hörten die Krämpfe schließlich auf, und er blieb erschöpft auf dem Boden liegen. Langsam und vorsichtig, kämpfte er sich auf die Beine, und ließ sich in sein Bett fallen. Es war ein Fehler gewesen, weiterzukämpfen, er hätte aufhören sollen, als die Zwillinge einsahen, dass sie keine Chance hatten, und fliehen wollten. Er musste anfangen, sich zusammenzureißen, ansonsten würde er wahrscheinlich nicht mehr das Ende, der Jagd auf den Schattenritter miterleben.
Zuletzt geändert von Mimir am 19. Dezember 2014 23:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 19. Dezember 2014 23:42

46. Die Rückkehr des Silberritters (Öffnen)
46. Die Rückkehr des Silberritters


Seit drei Tagen schon hatte Naruz dieses Zimmer kaum verlassen. Manchmal schlief er sogar neben dem Bett, weil er befürchtete das seine Magie nicht in der Lage war gegen die Verletzungen der Akashi anzukämpfen. Nachdem er die Zwillinge vor Luca gerettet hatte, brachte man Severina sofort in das Anwesen der Bladelli, wo sie ein eigenes Zimmer bekam. Leider erwiesen sich die restlichen Mitglieder der Schattenjäger nicht besonders nützlich bei den Versuchen das Mädchen zu heilen. Luca hatte viel Schaden angerichtet und es kam einem Wunder gleich dass es ihr gelungen war zu überleben bis er eintraf. Die Explosionen hatten nicht nur ihre Gliedmaßen weggerissen, sondern sich tief in ihre rechte Körperhälfte gefressen. Müde hing Naruz auf dem Stuhl neben ihrem Bett und betrachtete die schlafende Akashi. Gleich war es so weit, gleich würde sich zeigen wie viel Erfolg er mit seinen Zaubern gehabt hatte. Vor einigen Minuten erst hatte Naruz den Zauber aufgelöst, der Severina in ihrem komaartigen Zustand hielt und das wurde auch Zeit, sehr viel länger hätte er den Zauber nicht mehr aufrecht erhalten können. Ihre Wunden zu heilen und die Schmerzen zu lindern kostete ihn zu viel Kraft. Unsicher warf er einen Blick auf ihre rechte Körperhälfte, diese war unter der Decke verborgen, aber man konnte unschwer erkennen das etwas nicht stimmte. Ihren rechten Arm und ihr rechtes Bein konnte man nicht mehr retten, alles was Naruz tun konnte war die Stümpfe zu verarzten und die Blutung zu stoppen. Er fragte sich wie sie darauf reagieren würde wenn sie aufwachte...falls sie aufwachte. Gerade als dieser düstere Gedanke durch seinen Kopf zuckte, rührte Severina sich. Ihre Augenlider flatterten kurz, bevor sie blinzelnd die Augen aufschlug und ihn verwirrt ansah. „W-wer bist du?“ flüsterte sie mit rauer Stimme. Naruz´ Hand wanderte zum Nachttisch und er hielt ihr ein Glas Wasser hin, während er freundlich lächelte.
„Endlich, du bist wach! Ich dachte schon ich hätte etwas falsch gemacht oder...“ Naruz räusperte sich, als er merkte, dass er abzuschweifen drohte. Sie war gerade erst aufgewacht und wollte sicher nicht sofort vollgequatscht werden „Egal, nicht so wichtig. Mein Name ist Naruz Bladelli und du bist im Hauptquartier der Schattenjäger.“
„B-bladelli? A-aber dann...“ ängstlich sah Severina sich um, aber als keine Wachen auftauchten um sie sofort zu ihrer Hinrichtung zu bringen, beruhigte sie sich wieder etwas.
„Ja, ich bin Lucas Bruder.“ antwortete er freundlich auf ihre unausgesprochene Frage und lächelte so beruhigend wie er konnte „Es tut mir leid das mein Bruder so übertrieben hat. Wenn er einmal im Kampfrausch ist, dann gibt es für ihn kein kein Halten mehr.“
„Es gibt nichts wofür du dich entschuldigen musst. Es war unsere Schuld, Luca hat sich nur verteidigt.“ Sie stand noch immer so sehr neben sich, dass sie erst jetzt das Glas in Naruz Hand bemerkte. Vorsichtig wollte sie danach greifen, aber zuckte sofort zusammen. Panisch drehte sie den Kopf und starrte dorthin wo eigentlich ihr rechter Arm sein sollte und fand...nichts. Sie spürte keine Schmerzen, deswegen war es ihr anfangs nicht wirklich bewusst gewesen, aber langsam erinnerte sie sich wieder an Lucas letzten Angriff, daran wie er ihre Gliedmaßen weggesprengt hatte und ihr wurde schlecht. „Wie konnte ich nur so dumm sein auf Severin zu hören? Ich Idiot.“ murmelte sie zu sich selbst und musste sich beherrschen um nicht vor dem Bladelli in Tränen auszubrechen.
„Also hatte ich recht, es war seine Idee. Du hast schon bei unserer letzten Begegnung nicht wie eine wahnsinnige Mörderin auf mich gewirkt. Es war also wirklich sein Plan?“
„Wie geht es meinem Bruder?“ antwortete sie mit einer Gegenfrage. Sie würde nicht alles auf Severin schieben. Letztendlich hatte sie ein Loch in Lucas Brust gebrannt und sich auf den Plan ihres Bruders eingelassen. Es war genauso ihre Schuld wie die von Severin, versuchte sie sich einzureden. Dabei wäre alles anders gekommen wenn er nur auf sie gehört hätte und abgehauen wäre als sie noch die Möglichkeit dazu hatten.
„Besser als dir. Er sitzt im Kerker der Kirche und wurde dort von einigen Heilmagiern behandelt.“
„Das ist gut.“ nuschelte Severina unsicher und rang sich endlich dazu durch mit der linken Hand nach dem Glas zu greifen und dankbar einen Schluck zu trinken. Ihre Kehle war ausgedörrt und sie fragte sich wie lange sie wohl nichts mehr getrunken oder gegessen hatte. „Was wird jetzt...“ plötzlich riss sie panisch die Augen auf. Das Glas entglitt ihren schwachen Fingern
„W-was ist los?“ erschrocken sprang Naruz auf, schlug die Decke zurück und sah sich die Verbände an, kein Blut, die Wunden waren nicht wieder aufgegangen. Er sandte seine Magie aus, goldene Drachen umspielten ihren Körper, aber es gab nichts was sie heilen konnten. „Ich kann nichts erkennen! Du dürftest keine Schmerzen mehr haben, ich habe mich um all deine Wunden gekümmert und...“ Dann fiel ihm etwas ein. Seine Augen wanderten zu ihrem Kopf, dort hatten sich magische Runen befunden, fast unsichtbar, selbst für ihn, weil sie nicht aktiv gewesen waren. Aber jetzt leuchteten sie in einem hellen Blau und nachdem er sie kurz untersucht hatte, wusste er auch woher die Schmerzen kamen. „Die Verbindung zwischen dir und deinen Schmetterlingen! Sie wurde nicht getrennt, sondern war nur inaktiv während du geschlafen hast!“
„Ich weiß.“ flüsterte Severina schwach und ihr Atem ging immer schneller „Ich kann ihre Schmerzen spüren. Sie leiden...“
„Ich verstehe, wir müssen als nur die Verbindung kappen, dann dürften die Schmerzen sofort weggehen und alles ist in Ordnung.“ murmelte Naruz mehr zu sich selbst als zu ihr und wollte gerade den Zauber der Akashi auflösen, aber ihre Hand verkrallte sich plötzlich in seinem Arm.
„Nein! Nicht!“ Mit Panik in den Augen sah sie ihn flehend an, noch immer wurde ihr Körper von den Schmerzen geschüttelt, aber ihm das zu sagen war ihr im Moment wichtiger als in Selbstmietleid zu versinken. „Bitte, ohne die Verbindung zu mir, sterben sie.“
„Aber solange du mit den Vampirfaltern verbunden bist kann ich nichts gegen die Schmerzen machen! Ich kann nur deinen Körper heilen, mehr nicht.“
„D-d-das e-ertrage ich s-schon.“ Severinas Lippen begannen zu zittern „N-nicht t-t-rennen...n-n-nicht t-töten...“ Die Akashi verdrehte ihre Augen und ihr Körper begann unkontrolliert zu zucken. Hilflos sah Naruz zu wie sie sich unter Schmerzen wand und ihre Schreie mussten durch das ganze Haus schallen. Es gelang ihr nicht mehr vernünftige Wörter herauszubringen, die Schmerzen erfüllten ihren gesamten Verstand und sie stammelte nur ab und zu noch wirr vor sich hin.
„Verflucht.“ flüsterte Naruz zu sich selbst und ging von ihrem Bett weg, als ihm klar wurde das es nur einen Weg gab ihr zu helfen, hinüber zu einem kleinen Tisch, auf dem Severinas Schmetterlinge wie tot dalagen. Inzwischen zuckten sie nicht einmal mehr, jegliches Leben schien aus ihnen gewichen zu sein. Hinter ihm wurden die gepeinigten Schreie der Akashi immer lauter, aber das einzige was er tun konnte was sich um ihre magischen Begleiter zu kümmern. Alles war gut. Er musste nur irgendwie einen Weg finden die Schmetterlinge zu heilen, mehr nicht. Wenn er den Schaden reparierte den Luca angerichtet hatte, dann würde Severina nicht mehr leiden und er musste die Verbindung nicht trennen. So einfach ließ sich das Problem lösen. Stellte sich nur noch eine Frage...wie um alles in der Welt heilte man Schmetterlinge?
Eine ganze Weile später, schleppte Naruz sich erschöpft aus Severinas neuem Zimmer heraus. Die Akashi schrie derzeit nicht, weil er den stärksten Schlafzauber den er kannte benutzt hatte. Schwächere Zauber reichten inzwischen nicht mehr, um gegen die Schmerzen anzukämpfen und auch dieser Zauber würde nicht ewig helfen. Es war nur eine vorübergehende Lösung, bis er einen Weg finden konnte ihr zu helfen. Aber seine Versuche die Vampirfalter zu heilen, waren alle irgendwie nicht so gelaufen wie erhofft. Stundenlang hatte er über ihren Vampirfaltern gebrütet und nach einer Lösung für das Problem gesucht, aber es erwies sich als aussichtslos. Er besaß zwar die magische Macht um so ziemlich alles so tun was er wollte, aber das hieß noch lange nicht, dass er auch alles wusste. Die Vampirfalter waren von Innen heraus praktisch explodiert. Es waren keine besonders großen oder schlimmen Explosionen gewesen die sie in hunderte Stücke zerfetzt hätten, aber viel war auch nicht nötig, um die zerbrechlich wirkenden Wesen außer Gefecht zu setzen.
Seufzend öffnete er die Tür zu seinem Zimmer und zwang sich zu einem müden Lächeln. Aleyandra saß auf seinem Bett.
„Kannst du nichts gegen ihre Schmerzen machen?“ fragte Aleyandra zur Begrüßung und klang fast schon genervt. Die Schreie hatte man selbst in Naruz Zimmer noch gehört und aus Aleyandras Plan etwas zu schlafen, während sie auf Naruz wartete, war nichts geworden.
Naruz setzte sich neben sie und rieb sich erschöpft die Augen. So viel Magie hatte er noch nie eingesetzt, vor allem nicht ohne irgendetwas damit zu erreichen. Wenn er an die Akashi dachte kam er sich plötzlich hilflos vor. All seine neue Macht reichte nicht um ihr zu helfen, dabei würde er nichts lieber tun als ihr diese Schmerzen zu ersparen, am liebsten würde er sogar ihre verlorenen Gliedmaßen wieder herstellen, aber beides erschien ihm im Moment gleich weit weg. Als er nach einer Weile noch immer nicht antwortete, legte Aleyandra ihm beruhigend eine Hand auf den Oberschenkel und lehnte sich an ihn. Ihre Nähe hatte die erhoffte Wirkung, er lächelte und wurde endlich aus seinen trüben Gedanken gerissen. „Das ist...kompliziert. Ich könnte ihr helfen die Schmerzen loszuwerden, aber sie lässt mich nicht. Wenn ich versuche die Verbindung zwischen der Akashi und ihren verletzten Schmetterlingen zu trennen, bricht sie in Panik aus und fleht mich an es nicht zu tun. Ich glaube inzwischen das sie die Schmerzen der Schmetterlinge absichtlich in sich aufnimmt, damit ihre Freunde nicht leiden.“ Um ehrlich zu sein hatte sie ihn damit beeindruckt, und das obwohl er sonst keine besonders hohe Meinung von den Akashi besaß. Severina ertrug lieber diese Schmerzen, als ihre Vampirfalter aufzugeben. Lieber litt sie, als ihre Schmetterlinge leiden zu sehen. Sie mussten der Akashi viel bedeuten. „Weswegen bist du eigentlich hergekommen, Aleyandra? Ich dachte du wolltest heute etwas mit Saeca unternehmen.“
„Das Mädchen...ich bin wegen ihr hier.“ eröffnete sie ihm nervös. Seit dem Angriff auf Luca hatten sie sich kaum noch gesehen, weil Naruz damit beschäftigt war die Angreiferin zu heilen und das hatte Aleyandra viel Zeit zum nachdenken gegeben, wobei nie etwas gutes herauskam. „Sie ist eine Akashi und ein Kind Gaias, nicht wahr?“
„Ja, das ist sie.“
„Werdet ihr sie bestrafen für den Angriff auf Luca?“
„Sie hat versucht meinen Bruder zu ermorden. Den Erben der Bladelli, ein Mitglied meiner Einheit. Ein Mitglied der Einheit, die den Schattenritter vernichten soll. Es heißt zwar sie haben aus Rache gehandelt, aber genauso gut könnten sie für den Schattenritter arbeiten.“ Aleyandra riss überrascht die Augen auf und sofort schalt er sich selbst für diese Worte. Sie war zwar seine Freundin, aber auch noch immer ein Mitglied der Kinder Gaias und glaubte aus irgendeinem Grund daran das Silberblatt eigentlich ein netter Mensch war. Wenn er ihr von seinem Verdacht erzählte, würde sie ihm nicht glauben, sondern ihn auslachen oder vielleicht sogar wütend werden weil er die Kinder Gaias, und damit auch sie, für Verräter hielt. „Selbst wenn sie sich wirklich nur an meinem Bruder rächen wollten, können wir das nicht ignorieren. Irgendjemand muss dafür die Verantwortung übernehmen. Wenn wir nicht handeln, zeigen wir den Akashi nur, dass sie mit uns machen können was immer sie wollen und dann lässt der nächste Anschlag auf einen von uns nicht mehr lange auf sich warten. Die Zwillinge sind sicher nicht die einzigen Akashi denen der Tod meines Bruders gerade recht käme.“ Der Hauptgrund war, das er nicht wollte, dass sein Bruder andauernd kämpfen musste und das würde er, wenn die Akashi sich dazu entschlossen ihm den Krieg zu erklären.
„Ich verstehe.“
„Kennst du die Zwillinge eigentlich?“
Aleyandra schüttelte zur Antwort den Kopf und sah ihn eine Weile gedankenverloren an, bevor sie zögerlich fortfuhr „Nein, wir kennen uns nicht. Ich habe sie nur mal kurz auf dem Ball gesehen, von Weitem.“ verlegen wandte sie den Blick ab und wusste nicht wirklich woher ihre nächsten Worte kamen, oder warum sie das überhaupt sagte „Aber ich...ich habe auch einen Bruder. Ich erinnere mich vielleicht nicht mehr an viel was ihn betrifft...ich weiß nicht einmal mehr seinen Namen wenn ich ehrlich bin...aber ich weiß, dass ich alles für ihn tun würde und er alles für mich. Severina hat nur versucht ihrem Bruder zu helfen und wollte ihn unterstützen, aber dir muss ich das sicherlich nicht sagen, immerhin würdest du auch alles für Luca tun.“
„Vielleicht...vielleicht hast du recht.“ gestand Naruz sich widerwillig ein, vielleicht war sie nicht ganz so schuldig wie er dachte, bisher hatte sie auf ihn einen vernünftigeren Eindruck gemacht als ihr Bruder. Eigentlich wollte er Severina nach ihrer Genesung ebenfalls in die Kerker bringen lassen und der Obhut der Kirche übergeben, aber das würde vermutlich sowieso noch eine ganze Weile dauern. „Sie wird vorerst hierbleiben, bis sie wieder zu Kräften gekommen ist und ich einen Weg gefunden habe ihr zu helfen. Was danach mit ihr passiert...“ ratlos zuckte Naruz mit den Schultern. Er war die letzten Tage zu sehr damit beschäftigt gewesen Severina am Leben zu erhalten, über das was danach kam hatte er sich kaum Gedanken gemacht. „Wir werden sehen. Vielleicht sollte ich mich mit Paolo beraten, immerhin war es nicht nur ein Angriff auf die Schattenjäger, sondern auch auf unsere Familie. Aber lassen wir das Thema endlich ruhen, wir haben uns schon viel zu lange nicht mehr gesehen.“ versuchte er sich selbst abzulenken und küsste sie. Wäre sie nicht vorbeigekommen, würde er sich jetzt vermutlich auf den Weg zu ihr machen. Aleyandra konnte ihm zwar auch nicht dabei helfen die Schmetterlinge zu heilen, aber in ihrer Nähe konnte er in Ruhe nachdenken und sich entspannen, das war viel wert. „Da fällt mir etwas ein, was ich dich schon die ganze Zeit fragen wollte. Wann hast du eigentlich Geburtstag? Mir ist während der Feier aufgefallen, das ich keine Ahnung habe wann wir für dich ein Fest geben müssen.“
„Warum fragt mich das in letzter Zeit jeder?“ fauchte Aleyandra plötzlich zornig. Naruz sah sie verdutzt an und wich vorsichtshalber ein Stück zurück, bevor sie ihre Krallen ausfahren konnte. Als sie das bemerkte, wurde sie sofort wieder ruhig und senkte verlegen den Blick. „T-tut mir leid, aber das ist einfach kein gutes Thema. Weißt du ich...dass dein Bruder mir so eine Frage stellt verstehe ich ja noch, aber du? Du weißt doch ganz genau das ich meine Erinnerungen verloren habe.“ als Naruz sie noch immer nur fragend ansah seufzte sie verzweifelt un musste sich zusammenreißen um ihm nicht doch noch wütend an die Kehle zu gehen „Soll ich es dir noch buchstabieren, Naruz? Ich habe keine Ahnung wann mein Geburtstag ist, also kann ich dir deine Frage nicht beantworten. War das deutlich genug?“ mit einem verwirrten Blinzeln nickte Naruz und langsam wurde ihm klar warum dieses Thema ihr so unangenehm war. Er war noch immer zu erschöpft von seinen Versuchen der Akashi zu helfen, dadurch flossen die Gedanken in seinem Kopf gerade etwas langsam und träge vor sich hin. „Gut. Können wir das Thema dann bitte wieder begraben und nie wieder anrühren? Es reicht mir deinen Geburtstag zu feiern, meiner ist unwichtig.“
„Nein, ist er nicht.“ widersprach Naruz und brachte seine letzte Kraft auf um so energisch wie möglich aufzutreten. Er wollte ihren Geburtstag feiern, genauso wie seinen, mehr sogar noch. Wenn es irgendwann eine Feier der Bladelli nur für Aleyandra gab, würde sie sich vielleicht endlich etwas wohler in seiner...ihrer neuen Familie fühlen. „Was hältst du davon wenn wir dir einfach einen Geburtstag geben.“
„W-was?“
„Was ist dein Lieblingstag?“
„D-d-der Tag...“
„Ja?“
„E-es ist der Tag an dem wir uns in Helonia kennenlernten.“ flüsterte Aleyandra peinlich berührt und ihre Wangen färbten sich rosa. Es war der Tag, der ihr ganzes Leben veränderte hatte und ihr am meisten bedeutete. „Als ich dir das Fliegen beibrachte und wir gemeinsam losgezogen sind um die Piraten zu bekämpfen...es ist gar nicht so lange her, weißt du?“
„Ja, aber es kommt mir vor, als wäre seit damals eine Ewigkeit vergangen, dabei ist es noch nicht einmal ein ganzes Jahr, seltsam.“ murmelte Naruz in Gedanken zu sich selbst, bevor er sie wieder anlächelte und lauter fortfuhr „Dann ist dieser Tag von jetzt an dein Geburtstag und wenn es so weit ist, haben wir beide einen Grund zu Feier. Du feierst deinen Geburtstag und ich den Tag, an dem ich mich in das schönste, niedlichste Mädchen auf der Welt verliebt habe.“



„Wie konntet ihr nur so etwas unglaublich dämliches tun!?“ schrie Silberblatt aufgebracht den anderen Akashi an und würde am liebsten den ganzen Kerker einreißen und Severin unter dem Schutt auf Ewig begraben. Der Zwilling saß niedergeschlagen auf einem einfachen Bett und starrte aus leeren Augen an seinem Großmeister vorbei, während dieser sich immer mehr in Rage redete. Die Nachricht von dem Angriff der Zwillinge auf Luca, hatte die Akashi in Aufruhr versetzt. Jetzt befürchteten sie, dass der lächerliche Kleinkrieg zwischen ihnen und den Bladelli erneut entbrannte, obwohl die Zwillinge immerhin theoretisch keine Mitglieder ihrer Familie mehr waren. „Als ihr auf dem Ball aufgetaucht seid und plötzlich anfingt davon zu reden ein Paar zu sein, hätte ich bereits wissen müssen dass sich in deinem Kopf nichts weiter als als Müll befindet! Den Erben der Bladelli anzugreifen, habt ihr einen Knall? Das ganze würde niemanden interessieren, wenn ihr wenigstens Erfolg gehabt hättet oder nicht so dumm gewesen wärt euch erwischen zu lassen und jedem zeigt das ihr verfluchte Akashi seid! Warum seid ihr nicht abgehauen als er einfach wieder aufgestanden ist? Warum?“ Silberblatt versuchte sich zu beruhigen, aber das hier war das letzte was sie brauchen konnten, nicht jetzt. Eigentlich hatte er sich vorgenommen seine kurze Besuchszeit nicht mit Anschuldigungen zu verschwenden, aber er war einfach zu aufgebracht. Die Zwillinge hatten damit nicht nur Schande über die Familie gebracht, vor allem hatten sie sich gegen seine ausdrücklichen Befehle gestellt. „Wolltest du vor Severina beweisen wie stark und furchtlos du bist, damit sie dir nach deinem heldenhaften Sieg in die Arme fällt? Kyosuke ist außer sich vor Wut! Er denkt darüber nach euch wieder in die Familie aufzunehmen und zwar nur um euch persönlich hinzurichten. Wenn es nach ihm geht, landet ihr beide noch heute aufgespießt auf dem Marktplatz und zwar aufgespießt auf einer Akashi Lanze, um der Kirche zu zeigen das wir nichts mit eurem Wahnsinn zu tun haben. Ihr seid so...“ ärgerlich darüber ignoriert zu werden brach Teregion ab und fauchte Severin an „Hörst du mir überhaupt noch zu?“
„Wie geht es ihr?“ flüsterte Severin, ohne auf seinen Wutausbruch zu reagieren. Seit sie ihn in diese Zelle gebracht hatten, waren drei Tage vergangen...drei Tage, in denen ihm niemand auch nur ein einziges Wort über seine Schwester verraten wollte. Sie waren noch nie so lange voneinander getrennt gewesen. Nachdem die Heilmagier ihn notdürftig verarztet hatten, waren viele seiner oberflächlicheren Wunden wieder aufgegangen und einige Knochen erneut gebrochen, weil er versucht hatte die Tür aufzubrechen, und die graue Steinwand. Er war durchgedreht und hatte versucht die Mauern, die ihn von Severina trennten, mit bloßer Wut niederzureißen. Nur funktioniert hatte es leider nicht, er saß noch immer in diesem Loch fest.
„Sie ist noch am Leben, aber das hat sie nicht dir zu verdanken.“ zischte Silberblatt, aber beruhigte sich endlich, als er merkte wie hilflos Severin ihn ansah „Theresia hat sie gesehen, als der Paladin gerade nicht bei deiner Schwester war um sie zu heilen und auf sie aufzupassen. Die rechte Hälfte ihres Körpers wurde durch die Explosionen zerstört. Es ist Naruz gelungen die Wunden zu schließen und den Schaden, der an ihren inneren Organen entstanden ist, so gut es ging zu heilen, aber Arm und Bein konnte man nicht mehr retten. Luca hat beides in die Luft gesprengt und selbst der mächtigste Magier kann nicht einfach so aus dem Nichts neue Gliedmaßen herbeizaubern.“
„Die Schmetterlinge...“ murmelte Severin gedankenverloren vor sich hin, während er die Neuigkeiten verdaute. Wenigstens saß seine Schwester nicht auch in einer Zelle fest und war noch am Leben. Erleichtert atmete er auf, aber wirklich überraschte es ihn sowieso nicht. Er hätte es gespürt wenn sie tot wäre, daran glaubte er fest. „Was ist mit den Schmetterlingen? Sind sie noch am Leben?“
„Was interessieren mich die dummen Schmetterlinge? Sie sind hinüber, aber noch immer irgendwie am Leben. Schwer verletzt oder so, was weiß ich. Das ist doch jetzt auch vollkommen egal! Lenke nicht vom Thema ab!“
„Ablenken? Wovon denn? Du bist doch sowieso nur hier, um mir zu sagen das Kyosuke nichts tun wird um uns zu helfen.“ erwiderte Severin gelangweilt und gab sich Mühe so gelassen wie möglich zu reagieren, jetzt da er wusste das es Severina gut ging, aber noch während er das sagte, erschien ihm ein kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont. Kyosuke hasste sie, aber Lyaena und seine Schwester verstanden sich, sie waren Freundinnen. „Was ist mit deiner Verlobten? Mit unserem neuen Oberhaupt? Lyaena kann uns ihre Unterstützung zusichern. Sie kann uns wieder unter den Schutz der Familie stellen, dann würde die Kirche sich nur trauen uns mild zu bestrafen. Möglicherweise schicken sie uns dann nur ein paar Jahre in die Verbannung oder geben sich mit einer Geldstrafe zufrieden, ein paar Monate in einer Zelle. Irgendetwas, was nicht das Ende ist.“
„Lyaena wird euch nicht helfen.“ zerschlug Silberblatt kalt seine letzte Hoffnung „Hast du es schon vergessen? Ihr seid keine Akashi mehr. Ihr seid nicht mehr Severin und Severina Akashi, sondern nur noch Severin und Severina, zwei berüchtigte Diebe, die versucht haben hinterrücks den Erben der Bladelli zu ermorden. Lyaena wird nicht unsere Beziehungen zu den Bladelli endgültig in Trümmer legen nur um euch zu retten. Ihr habt euch in diese Lage gebracht, jetzt seht auch zu wie ihr da wieder herauskommt.“ als er Severins Verzweiflung sah, fuhr er etwas sanfter und leiser fort. Letztendlich gehörten die Zwillinge zu seinen engsten Vertrauten, zu den einzigen Akashi die er fast schon als Freunde bezeichnen würde. „Ich habe mit dem Erzbischof gesprochen und versucht mich für euch zu verbürgen, aber er hört in letzter Zeit mehr und mehr auf die Speichellecker aus den Reihen der Bladelli. Es tut mir leid, aber du weißt genau das die Kinder Gaias sich einen Konflikt mit der Kirche im Moment nicht leisten können.“
„Ja, ich kenne meine Brüder und Schwester.“ erwiderte Severin und zwang sich zu einem gequälten Lächeln „Wenn die Kirche Untersuchungen anstellt, werden mehr als genug von ihnen als Ketzer gebrandmarkt und hingerichtet. Deswegen bitte ich auch nicht um die Hilfe des Ordens und du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde niemandem von unseren Plänen erzählen, ganz egal was passiert, das schwöre ich dir.“
„Ich würde dir gerne glauben, Severin. Aber wenn es um deine Schwester geht, kannst du nicht mehr klar denken. Wenn man beschließt euch hinzurichten und du schwach wirst, dann werden wir keine andere Wahl mehr haben, als...“
„Uns zu töten, bevor wir noch mehr ruinieren. Ich weiß, hoffen wir einfach das es nicht so weit kommt, ja? Tu mir...tu mir wenigstens einen Gefallen. Schicke eine Nachricht an den Paladin.“
„Wozu? Er wird sie gar nicht erst lesen. Naruz hasst unsere Familie und wird alles tun um uns zu treffen. Vermutlich baut er im Moment schon eigenhändig einen Galgen für euch auf und hat deine Schwester nur geheilt um euch gemeinsam öffentlich hinzurichten. Zutrauen würde ich es diesem Bastard.“
„Vielleicht, aber ich muss es wenigstens versuchen. Schreibe in die Nachricht, dass ich die ganze Schuld auf mich nehme. Schreibe ihm bitte das ich bereit bin für Severinas Freiheit in den Tod zu gehen oder den Rest meines Lebens in einer Zelle zu verbringen, aber sie hatte nichts damit zu tun. Der ganze Angriff war meine Idee, Severina geriet nur irgendwie dazwischen. Sie hat...sie hat nicht wirklich gekämpft, sondern mich nur mit ihren Schmetterlingen beschützt und Angriffe abgewehrt. Sie hat niemals versucht Luca etwas anzutun, nur ich habe gekämpft, ganz egal was der Bladelli behauptet. Und schreibe bitte auch dass ich...dass ich sie noch einmal sehen möchte, ja?“ mit einem gequälten Lächeln ließ Severin sich auf die Matratze fallen. Es war seine Schuld, und er würde die Verantwortung dafür übernehmen, er alleine. „Und danke ihm dafür, dass er sich um meine Schwester gekümmert hat, ohne ihn wäre sie noch auf der Straße verblutet. Das ist alles. Mehr habe ich nicht zu sagen.“
„Glaubst du wirklich das wird etwas bringen?“
„Ich muss daran glauben.“ flüsterte der Zwilling und schloss müde die Augen. Noch immer schmerzte jeder Knochen in seinem Körper, aber er rief die Heiler nicht. Er hatte es nicht verdient geheilt zu werden solange seine Schwester nicht frei und gesund war, danach konnte er sich um sich selbst kümmern. Mit etwas Glück nahm Lyaena seine Schwester sogar wieder in die Familie auf, sobald er für den Mordanschlag bestraft wurde. „Ich habe sie in diese Lage gebracht und jetzt ist es an mir sie zu retten, so gut ich es noch kann.“



Etwa zur selben Zeit verließen Luca und Lyaena Arm in Arm ein Restaurant mitten in Navea.
„Geht es dir auch wirklich gut, Luca?“ fragte sie nervös und klammerte sich an seinem Arm fest, hauptsächlich weil sie befürchtete das er jeden Moment umkippen konnte. Luca war blass und auch sein ständiges Lächeln und übertrieben sicheres Auftreten konnten nicht über seine Schwäche hinwegtäuschen. Es war verantwortungslos von ihr gewesen Luca zum Essen einzuladen obwohl er sich ausruhen sollte. Bei dem Gedanken kam sie sich sofort schuldig vor. Sie sollte sich lieber um ihn kümmern, anstatt ihn durch die halbe Stadt zu schleppen, aber als sie bei ihm geklopft hatte, war Luca zu ihr herausgekommen und wollte sie nicht reinlassen.
„Ja, alles ist in Ordnung. Obwohl, eine Sache stört mich...“ antwortete er und musste lächeln, als sie ihn erwartungsvoll und gespannt ansah „und zwar das du dir so viele Sorgen um mich machst. Es geht mir gut, wirklich. Die Zwillinge haben mir nicht einmal einen Kratzer zugefügt, alles ist in Ordnung, aber das habe ich dir schon tausend mal gesagt und es wird auch diesmal nichts bringen um dich umzustimmen, richtig?“
„Richtig.“ Lyaena nickte und klammerte sich nur noch fester an ihn, wodurch der geschwächte Luca beinahe zur Seite umkippte. „Außerdem hast du mir gesagt das dein Bruder sich noch immer Sorgen um dich macht, also kann es dir gar nicht gut gehen!“ Luca verzog kurz das Gesicht, als er an sein kurzes Gespräch mit Naruz denken musste. Sein Bruder war eher wegen etwas anderem so aufgebracht gewesen, und zwar wegen der Menge an Energie der er verbraucht hatte, wegen den gebrochenen Siegel. Vielleicht hätte es auch gereicht weniger Siegel zu brechen wenn er schon am Anfang des Kampfes gewusst hätte wie leicht es für ihn war die Vampirfalter außer Gefecht zu setzen. Hastig schüttelte er den Kopf und setzte ein Lächeln auf, das eher wie eine Maske wirkte.
„Ich hoffe den Zwillingen geht es gut.“ murmelte Lyaena plötzlich leise vor sich hin. Als Luca ihr einen überraschten Blick zuwarf fuhr sie hastig lauter fort, als müsste sie sich für diese Worte entschuldigen. Immerhin machte sie sich Sorgen um die Leute, die versucht hatten ihn zu ermorden, das konnte Luca sicher nicht gefallen. „Tut mir leid, es ist nur so das ich Severina mag...mochte. Sie und ihr Bruder wuchsen auch im Süden auf, allerdings auf einem anderen Landgut. Wir haben uns nur selten gesehen, aber wenn sie zu Besuch kamen, haben wir uns immer gut verstanden.“
„Bitte, können wir das Thema wechseln?“ schlug der Bladelli vor, als er keine Lust mehr hatte ständig an den Kampf erinnert zu werden.
„Oh, ja. Entschuldige.“ sagte sie kleinlaut und eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her, bis ihr etwas einfiel, was sie bei all der Aufregung durch seinen Kampf vollkommen vergessen hatte. „Es gibt bald ein Konzert, weißt du?“
„Habe davon gehört.“
„Teregion hat mich gefragt ob ich mit ihm hingehen möchte.“
„Und? Wirst du mit ihm zum Konzert gehen?“ fragte er leise und wartete darauf das sie einen genauso seltsamen Plan vorschlug wie schon für den Ball der Akashi. Im Prinzip waren sie gemeinsam dort gewesen. Sie hatten sich unterhalten, Wein getrunken, getanzt und waren zusammen vom Ball verschwunden, aber offiziell waren sie nicht zusammen dort gewesen.
„Nicht wirklich. Er ist in letzter Zeit wieder so mies gelaunt.“ murmelte sie und musste daran denken wie Silberblatt auf ihre Einladung zum Konzert reagiert hatte. Er hatte sie angestarrt als wäre sie vollkommen wahnsinnig geworden, rasch nein gesagt und dann abgehauen. Sie wollte noch mehr dazu sagen, aber dann fiel ihr wieder ein das es möglicherweise keine gute Idee war ausgerechnet mit Luca die Beziehungsprobleme mit ihrem Verlobten zu besprechen, also verstummte sie wieder. Eigentlich wollte sie noch etwas zum Konzert sagen, doch dann erregte ein schmerzhaftes Keuchen, gefolgt von einem leisen Fluch, hinter ihr Lyaenas Aufmerksamkeit. Rasch drehten die beiden sich um, und zumindest Luca erwartete bereits den nächsten Angriff. Aber anstatt eines weiteren Irren der ihn unbedingt töten wollte, lag vor ihnen ein blondes Mädchen auf der Straße und rieb sich mit Tränen in den Augen das Knie. Sie hatte sich zu sehr darauf konzentriert das Gespräch zu belauschen und vergessen zu gehen.
„Teleya!“ rief Lyaena, riss sich von Luca los und stürmte auf die andere Akashi zu. Ihre kleine Schwester riss erschrocken die Augen auf, als sie bemerkte das man sie entdeckt hatte. So schnell sie konnte sprang sie wieder auf die Beine und wollte sich aus dem Staub machen, aber Lyaena stand bereits neben ihr und hielt das neugierige Mädchen am Kragen fest. „Komm sofort her du kleine Ausreißerin!“ unter den feurigen Blicken ihrer Schwester gab Teleya ihre verzweifelten Fluchtversuche auf, aber sagte weiterhin kein Wort, sondern durchbohrte Lyaena nur mit anklagenden Blicken „Was machst du hier, mitten in der Stadt, Teleya? Du solltest das Anwesen doch nicht verlassen! Vater hat sich da klar genug ausgedrückt!“
„Hallo kleines Fräulein.“ versuchte Luca mit einem freundlichen Lächeln das stumme Mädchen aus ihrer misslichen Lage zu befreien „Du musst Lyaenas niedliche kleine Schwester sein, richtig? Ich habe dich auf dem Ball gesehen. Mein Name ist Luca.“ zutraulich hielt er ihr seine Hand hin, um sich angemessen vorzustellen, aber er konnte lange darauf warten das sie seine Hand schüttelte, denn dafür schien sie viel zu zornig zu sein. Eine Weile starrte Teleya ihn nur wütend an und dann, ganz plötzlich bevor Lyaena es verhindern konnte, rammte sie ihre Zähne so fest sie konnte in Lucas Hand. Lyaena musste ihre Schwester eine Weile anschreien, aber irgendwann öffnete sie ihren Mund wieder, auch wenn sie so wirkte als hätte sie am liebsten die ganze Hand abgerissen. Mit einem leisen Knurren ließ die Akashi von ihm ab, aber zeigte ihm noch ein letztes mal hasserfüllt ihre Zähne.
Es dauerte etwas, bis Luca und Lyaena sich von dem Schock erholten und jemand wieder etwas sagte. Letztendlich durchbrach Lyaena zögerlich das Schweigen, welches nur hin und wieder von der knurrenden Teleya unterbrochen wurde. „A-am besten du gehst alleine nach Hause Luca. Ich muss noch etwas mit meiner tollwütigen kleinen Schwester bereden und sie daran erinnern, dass sie kein Hund ist.“ und sie danach in den nächstbesten Fluss werfen, fügte Lyaena in Gedanken hinzu.
„Ähm, ja natürlich. Kein Problem. Ich sollte mich sowieso noch etwas ausruhen.“ antwortete Luca nachdenklich und verwirrt. Er rieb sich die Hand und fragte sich was er bei seiner Begrüßung falsch gemacht hatte. „Bis dann Lyaena, wir sehen uns.“ Damit wandte er sich ab und ergriff praktisch die Flucht, bevor Teleya ihn noch einmal beißen konnte. Außerdem war er froh wegzukommen bevor er tatsächlich noch umkippen konnte.
„Gut, endlich ist der Dämon weg.“ murmelte Teleya und bleckte zufrieden ihre Zähne „Ich schwöre dir, wenn er noch eine Sekunde länger hier geblieben wäre, hätte ich ihn in Stücke gerissen, diesen widerlichen, gemeinen...“
„Was machst du hier, Teleya?“ unterbrach Lyaena sie unwirsch und plötzlich machte sich Panik in ihr breit. Es konnte nur einen Grund geben warum ihre Schwester hier war...aber noch weigerte sie sich das zu akzeptieren, es durfte nicht wahr sein. „Darauf hast du mir noch immer nicht geantwortet und wage es ja nicht mich zu beißen nur um vom Thema abzulenken, warum auch immer du im Moment so bissig bist.“
„Was ich hier mache? Ich habe dich verfolgt. Ist das nicht offensichtlich?“ fragte Teleya überrascht. Jeder hatte mitbekommen was sie hier wollte, nur anscheinend mal wieder ihre Schwester nicht.
„Ach? Und warum schleichst du mir hinterher?“
„Du...du weißt das ich meine Magie nicht so gut unter Kontrolle habe wie Vater und ich manchmal aus Versehen Dinge...aufschnappe.“ begann Teleya kleinlaut zu erklären und kaum hatte sie ihren Satz beendet, als Lyaena auch schon blass wurde und einen Schritt zurückwich, als könnte sie damit der Magie ihrer Schwester entgehen „Es war keine Absicht! Ich hatte mich nur so aufgeregt während des Balls und als alle mit den Zwillingen beschäftigt waren, da habe ich...da habe ich...“
„Da hast du meine Gedanken gelesen!“
„Ja...“ antwortete Teleya und senkte betreten den Kopf. Sie hatte es nicht gewollt, aber die Erfahrung fast von ihrem Verlobten vergewaltigt zu werden hatte sie etwas davon abgelenkt ihre Kräfte unter Kontrolle zu halten. Außerdem war sie wütend auf ihre Schwester gewesen, weil diese ihr nicht wie versprochen geholfen hatte. Vermutlich war sie deswegen von all den Anwesenden ausgerechnet als erstes in Lyaenas Kopf eingedrungen. Es war nicht der einzige Kopf gewesen den sie an diesem Abend besucht hatte. Besonders interessant war es in den Gedanken des weißhaarigen Mädchen mit den roten Augen gewesen, aber das hatte jetzt im Moment nichts mit ihrer Schwester zu tun, also verdrängte Teleya alle Gedanken daran rasch.
„Dann weißt du...du weißt was mit mir und Luca ist? D-du weißt alles? Wirklich alles?“ stammelte Lyaena vor sich hin und wirkte plötzlich so ängstlich, das Teleya sie verwundert anstarrte. So hatte sie ihre ältere Schwester noch nie gesehen, aber ihr Mitleid hielt sich derzeit in Grenzen, dafür war das was sie in Lyaenas Kopf gesehen hatte zu widerlich.
„Ich habe es gesehen, alles was du mit ihm gemacht hast. Das mit euch geht schon sehr lange und ich weiß alles was zwischen euch war, auch wenn ich wünschte das ich es nicht gesehen hätte.“ flüsterte Teleya und zuckte ratlos mit den Schultern „Es tut mir leid, wirklich. Hätte Vater dafür gesorgt das man mich unterrichtet könnte ich besser damit umgehen, aber so blicke ich andauernd in die Köpfe der Menschen um mich herum, egal ob ich es will oder! Ich kann nichts daran ändern!“
„Schon gut, ich weiß, dass es nicht deine Schuld ist. Du bist halt sehr...begabt.“ erwiderte ihre Schwester leise und ballte die Fäuste, als sie daran dachte was sie jetzt machen sollte. Ihr Geheimnis war aufgeflogen und plötzlich kam ihr die Affäre mit Luca deutlich weniger aufregend und spannend vor. „Aber wenn du alles gesehen hast, wieso bist du dann hier? Wozu verfolgst du mich, wenn du bereits alles weißt?“
„Ich hatte gehofft das meine Magie irgendetwas durcheinander gebracht hat. Manchmal kann es passieren das die Gedanken der Menschen sich für mich vermischen sobald so viele von ihnen an einem Platz versammelt sind und auf dem Ball waren hunderte Leute! Die Gedanken hätten von jedem sein können, einfach nur vermischt mit deinen eigenen wodurch es nur so aussieht als wärst du diejenige die mit Luca im Bett liegt und...ich hatte einfach gehofft das meine Magie falsch lag, das habe ich wirklich so sehr gehofft. Aber das tat sie nicht, richtig? Alles was ich gesehen habe ist wahr, es ist wirklich passiert.“
„Was wirst du jetzt tun?“ Lyaena sah sie fragend an und versuchte sich an einem zaghaften Lächeln. Sie waren Schwestern, Teleya würde sie sicher niemals verraten.
„Eigentlich wollte ich es für mich behalten, aber...aber das kann ich nicht.“ zerschmetterte Teleya ernst ihre Hoffnungen und versuchte sich so stark und selbstsicher wie möglich zu geben.
„D-du würdest mich wirklich verraten?
„Früher hätte ich es für mich behalten, aber jetzt ist alles anders. Du hast mich betrogen und dafür hasse ich dich.“ Teleya ballte jetzt ebenfalls die Fäuste und sie sah ihre Schwester jetzt genauso wütend an wie Luca. Ohne Teregion hätte Halos mit ihr machen können was immer er wollte! Dabei hatte Lyaena versprochen auf sie aufzupassen, und sie dann für ihre widerwärtige Affäre verraten. Dafür hasste sie ihre ältere Schwester, außerdem verdiente Teregion die Wahrheit, immerhin war er immer für sie da gewesen, ganz im Gegensatz zu der verräterischen Schlange Lyaena! „Ja, ich werde dich an Teregion verraten, es sei denn du entscheidest dich endlich. Entscheide dich für Luca oder für Teregion, aber entscheide dich! Teregion hat es nicht verdient von dir betrogen zu werden. Wenn du dich nicht entscheidest, dann werde ich es ihm noch heute sagen und zwar alles.“
„Warum sollte ich mich entscheiden? Ich bin zufrieden damit wie es jetzt ist.“ murmelte Lyaena nachdenklich vor sich hin und ihre Gedanken rasten, während sie nach einem Weg suchte ihre Schwester wieder unter Kontrolle zu bringen. Sie wollte beide und war zufrieden damit wie es jetzt war, mehr oder weniger. Teregion zu heiraten war ihr großer Traum aber sie würde auch nicht auf Luca verzichten, niemals. „Ich liebe Teregion, aber Luca liebe ich genauso und beide gehören zu mir.“ antwortete sie letztendlich stur und reckte ihr Kinn trotzig in die Luft.
„Dann lässt du mir keine andere Wahl, Lyaena. Ich werde es Teregion und Vater sagen, wir werden ja sehen wie sie darauf reagieren sobald sie erfahren dass du die ganze Zeit die Beine für diesen widerlichen Mörder breit gemacht hast! Für diesen Abschaum, der...“ noch bevor die aufgebrachte Teleya aussprechen konnte, zuckte Lyaenas Hand vor und krachte gegen die Wange ihrer kleinen Schwester. Überrascht betastete Teleya ihre gerötete Wange und starrte sie ungläubig an. Im nächsten Moment packte Lyaena sie auch schon an den Schultern, presste Teleya hart gegen eine nahe Hauswand und sah sie wütend an, während sie spürte wie plötzlich nichts als Hass in ihr aufstieg. Sie würde sich nicht von Teleya alles kaputt machen lassen, niemals.
„Hör mir jetzt ganz genau zu, du kleine verräterische Ratte.“ zischte Lyaena ihre schockierte Schwester an „Wenn du irgendjemandem von mir und Luca erzählst, werde ich alles dafür tun, damit du noch am selben Tag mit Halos verheiratet wirst, und zwar wirklich verheiratet, keine Pseudohochzeit wie wir sie im Moment planen, sondern eine echte Hochzeit, mit allem was dazu gehört.“
„W-w-was meinst du damit...e-eine r-richtige Hochzeit?“ stammelte Teleya, obwohl sie es bereits wusste. Sie wusste was Lyaena damit meinte, aber weigerte sich zu glauben das ihre Schwester ihr wirklich so etwas antun würde nur um ihren Liebhaber zu behalten.
„Damit meine ich, dass ich dich dann nicht mehr vor ihm beschütze und auch Silberblatt nicht, denn er wird tun was ich ihm sage.“
„Niemals! Teregion würde nicht auf dich hören!“ schrie Teleya und versuchte sich zu befreien, aber die Wut verlieh ihrer Schwester mehr Kraft als sie eigentlich haben dürfte und nagelte Teleya weiterhin an der Mauer fest.
„Das muss er!“ rief Lyaena und der letzte Rest an Verstand in ihrem Kopf setzte endgültig aus, als man sie damit konfrontierte ihre nette, kleine Traumwelt endgültig zu verlieren „Ich bin das neue Oberhaupt der Familie! Mein Wort ist für jeden Akashi Gesetz! Ich hätte in dieser Angelegenheit unseren Vater auf meiner Seite und damit die ganze Familie. Wenn ich Halos erlaube sein Recht als Ehemann wahrzunehmen und die Hochzeit mit einer ganz normalen Hochzeitsnacht zu beenden, dann wird das auch passieren. Haben wir uns verstanden, Teleya?“
„D-du würdest zulassen das er mir so etwas schreckliches antut?“
„Schrecklich? Wovon redest du da? Du wärst seine Ehefrau und er hätte das Recht mit dir zu tun was immer er will. Vielleicht kannst du ihn ja dazu überreden auf sein Recht zu verzichten, aber ich bezweifle es, er hatte schon immer eine Schwäche für dich und Yuki.“
„Das würdest du mir antun nur damit du dich nicht zwischen den beiden entscheiden musst? Du würdest mich schon wieder verraten und...“
„Ich verrate dich nur, wenn du mich verrätst, so einfach ist das.“ unterbrach Lyaena sie mit einem kalten, überlegenen Lächeln, das ihr vermutlich selbst Angst eingejagt hätte wenn sie sich jetzt im Spiegel sehen könnte „Hoffst du eigentlich darauf das ich mich für Luca entscheide? Unserem Vater ist es egal wen ich heirate, auch wenn er Teregion bevorzugt würde er trotzdem nichts dagegen sagen wenn ich die Verlobung löse. Aber wer weiß, vielleicht ist es genau das worauf du hoffst? Ist das dein kleiner kranker Plan, den du schon die ganze Zeit heimlich ausheckst?“
„W-was meinst du damit?“ Teleya presste sich inzwischen freiwillig an die nackte Hauswand, um so viel Distanz zwischen sich und ihre Schwester zu bringen wie sie auf dem beengten Raum konnte.
„Denkst du ich weiß nicht dass du in meinen Verlobten verliebt bist? Ein Streit zwischen ihm und mir käme dir wirklich gelegen, nicht wahr? Ich wette darauf wartest du schon die ganze Zeit. Du hoffst das er mich verlässt sobald er von Luca erfährt und sich dann ganz plötzlich für dich interessiert.“ inzwischen redete Lyaena sich selbst in Rage, aber wenigstens ließ sie Teleya endlich los und ging vor ihr auf und ab, während sie weiterhin wilde Verschwörungstheorien von sich gab. „Der Plan könnte sogar funktionieren. Vater würde deine Verlobung jederzeit zu Gunsten von Teregion lösen und wenn Teregion mich nicht haben will, dann braucht er eine neue Frau um seine Stellung in der Familie zu sichern. Wer immer dich heiratet landet einfach so auf Platz eins der Erbfolge, immerhin bist du mein Erbe bis ich Kinder habe. Denkst du wirklich es wird so ablaufen?“ fragte sie verächtlich und Teleya schrumpfte unter ihrem prüfenden Blick zusammen „Wenn du irgendjemandem von mir und Luca erzählst, wirst du Halos heiraten und anschließend mit ihm nach Norden gehen, weit, weit weg von deinem Beschützer Teregion. Das ist alles was dann passieren wird. Keine Traumhochzeit mit meinem Verlobten, sondern ein Leben Seite an Seite mit Halos. Hast du das verstanden?“
Eine Weile starrte Teleya ihre Schwester mit Tränen in den Augen an und begann zu schluchzen, wobei sie versuchte es zu unterdrücken, weil sie vor ihrer Schwester nicht noch schwächer dastehen wollte als sie ohnehin schon war. Letztendlich knickte sie unter Lyaenas Drohungen ein. Kurz davor endgültig in Tränen auszubrechen wandte Teleya sich ab „I-ich gehe nach Hause.“ flüsterte die Akashi mit erstickter Stimme.
„Tu das, hier stehst du sowieso nur im Weg rum.“ zischte Lyaena, noch immer zornig darüber das sie sich überhaupt mit diesem ganzen Unsinn beschäftigen musste. Kaum hatte sie ausgeredet, als ihre kleine Schwester auch schon so schnell sie konnte davonrannte. Erst als Teleya weg war, legte sich der Schleier aus Panik und Wut, der bis eben noch ihre ganzen Gedanken durcheinanderbrachten. Was hatte sie gerade gesagt? Mehr und mehr wurde ihr bewusst womit sie Teleya gerade gedroht hatte und auf einmal wurde ihr schlecht. Kurz überlegte Lyaena ob sie ihrer Schwester nachlaufen sollte und sie stand auch kurz davor, aber etwas hielt sie davon ab, etwas das sie in Teleyas Augen gesehen hatte. Ihre Einschüchterungstaktik wirkte. Teleya würde niemandem jemals von Luca erzählen, sie würde dieses kleine Geheimnis mit ins Grab nehmen. Vielleicht war es besser so. Natürlich würde sie nichts von dem was sie ihr angedroht hatte umsetzen, zumindest hoffte sie das. Lyaena wusste langsam selbst nicht mehr was sie als nächstes tun würde. „Vielleicht hat Luca ja einen schlechten Einfluss auf mich.“ murmelte sie mit einem Anflug von Belustigung zu sich selbst. Was für ein furchtbarer Tag. Sobald sich die Gelegenheit dazu ergab sollte sie sich bei ihrer Schwester entschuldigen, aber sie wusste nur noch nicht genau wie. Sie musste eine Möglichkeit finden Teleya ruhig zu halten und zwar ohne ihr Todesangst einzujagen, denn diese Lösung war zwar erstaunlich effektiv, aber gefiel der Akashi immer weniger.



Einen Tag später, öffnete sich knarrend die Tür zu einem kleinen, schmucklos eingerichteten Zimmer in einem der verschwiegeneren Gasthäuser Naveas. In dem kleinen Raum stand nicht viel mehr als ein Bett, nur eine billige Absteige, doch es war immerhin seine Absteige, nur diesmal nicht. Er war heute nicht alleine. Kaum hatte der Mann in der silbernen Rüstung die Tür hinter sich geschlossen, als auch schon zwei Mädchen auf ihn zugesprungen kamen und ihn so fest sie konnten umarmten. Dabei waren sie erstaunlich stark und rissen ihn fast von den Beinen. Die beiden waren ein Stück kleiner als er, vor allem wenn er noch in der Rüstung steckte, und eindeutig nicht menschlich. Sie hatten weiße, silbern glänzende Haare, aus denen lange, rote Hörner hervorwuchsen. Ihre Augen hatten verschiedene Farben, das linke wirkte wie ein normales Auge und sah ihn freundlich an, während das rechte in purpur vor sich hin strahlte und jedem sofort zeigte das sie vor Magie nur so überquollen. Der Ritter vermied es in ihre dämonischen Augen zu sehen, womit sich neue Probleme ergaben...es gab nichts an den beiden wohin man sehen konnte ohne erregt zu werden. Die beiden Mädchen trugen knappe Oberteile aus dünnem Stoff, die geradeso ihre Brüste verdeckten, welche trotzdem so aussahen als wollten sie jeden Moment aus ihrem Gefängnis ausbrechen, und sonst alles frei ließen, was kein Wunder war, denn auf ihrem Rücken zuckte ein Paar roter Flügel fröhlich vor sich hin. Dazu hatten sie kurze Röcke aus durchsichtigem schwarzen Stoff an, welche ihnen kaum bis zu ihren Oberschenkeln reichten und lange, durchsichtige Strümpfe aus Seide. Im Prinzip hätten sie genauso gut nackt herumlaufen können, aber was sollte man auch von zwei Succubi erwarten? Letztendlich waren sie noch immer Dämonen, auch wenn dieses merkwürdige Paar fast schon menschlich aussah verglichen mit anderen ihrer Art. Jedenfalls sahen sie praktisch exakt gleich aus, nur das eine von ihnen lange Haare hatte und die Haare der anderen kaum bis zu ihren Schultern reichten.

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„Onii-chan!!!!!“ riefen sie gleichzeitig und überglücklich, während sie seine Versuche sich zu befreien vollkommen ignorierten.
„Was macht ihr hier?“ erklang es genervt unter dem Helm hervor, ein Angriff der verrückten Schwestern hatte ihm gerade noch gefehlt.
„Wir brauchen deine Hilfe und jetzt tu nicht so, als hättest du uns nicht vermisst!“ Das Mädchen mit den langen Haaren hob den Kopf und strahlte ihn aus ihren leuchtenden Augen glücklich an. Gleichzeitig versuchte sie eine seiner Hände zu fassen zu kriegen und auf ihre nackten Oberschenkel zu zwingen.
„Und nimm gefälligst diesen albernen Helm ab!“ rief die andere und klopfte mit einem genervten ´tz` gegen seine Rüstung, die seinen letzten Schutz gegen die beiden Dämoninnen darstellte „Wir haben uns schon viel zu lange nicht mehr getroffen und ich will dein hübsches Gesicht sehen. Also los, nimm das Ding ab, dann lassen wir dich auch sofort los, vielleicht.“
Noch immer genervt vor sich hin murmelnd berührte der Ritter leicht das Metall des Helms und sofort begann das Metall sich in silbernes Licht aufzulösen und spurlos zu verschwinden. Darunter kamen lange weiße Haare zum Vorschein, die denen der beiden Dämoninnen zum verwechseln ähnlich sahen und leuchtend rote Augen funkelten die beiden misstrauisch an. „Zufrieden?“ fragte er langsam und verschränkte die Arme hastig hinter seine Rücken, als die beiden immer begieriger danach griffen und versuchten ihn dazu zu zwingen sie ebenfalls anzufassen „Gut, dann könnt ihr nutzlosen Unruhestifter jetzt auch wieder verschwinden. Ich habe hier genug Probleme, auch ohne eure Anwesenheit.“
„Rotauge!“ schrien sie plötzlich erneut ohne Vorwarnung so laut sie konnten und drückten sich nur noch fester an ihn, während sie sich auf die Zehenspitzen stellten und versuchten ihn zu küssen.
„Lasst das jetzt endlich!“ der Silberritter gab auf und nahm seine Arme vom Rücken, aber nicht um ihre Umarmung zu erwidern, sondern um die anhänglichen Dämonenschwestern unsanft von sich wegzuschieben und schnell eine angemessene Distanz zwischen sich und die Succubi zu bringen. Sobald er das geschafft hatte, funkelte er sie wütend an. „Ihr seid noch immer genauso verrückt wie ich euch in Erinnerung habe.“
„Ach komm schon, Rotauge! Tu nicht so als ob du uns nicht vermisst hättest! Ich bin sicher du freust dich uns zu sehen, auch wenn du wie immer ein paar Probleme damit hast deine Gefühle zu zeigen, daran musst du dringend arbeiten.“ meinte die Langhaarige und zeigte bei ihrem Lächeln kleine spitze Fangzähne, die so harmlos aussahen, das sie damit niemandem jemals Angst einjagen konnte.
„Oder schmollst du noch immer, weil wir keine Lust hatten dich bei deinem kleinen Rachefeldzug zu begleiten?“ fragte die andere neugierig nach.
„Ich habe euch niemals gebeten mich zu begleiten!“ fuhr er sie sofort an und wurde nur noch zorniger, als ihr Grinsen bei jedem seiner Worte nur noch breiter wurde. Er musste sich beruhigen, sie liebten es wenn er sich aufregte „Ihr hättet sowieso alles nur Zunichte gemacht! Was macht ihr überhaupt hier? Sind euch im Norden die Sklaven ausgegangen oder hat dieser verrückte Professor mal wieder ein unheimliches Interesse an euren Augen und Körpern entwickelt?“
„B-bitte sprich nicht über den Professor.“ erwiderte die Langhaarige leise und zum ersten mal schlich sich so etwas wie Angst in ihre Stimme „Er hat jetzt eine Assistentin, die genauso durchgeknallt ist wie er. Jedes mal wenn wir da sind sehen die beiden uns so...seltsam an, es ist grauenhaft.“
„Sie würden am liebsten ihre Messer und Folterinstrumente holen und uns in Stücke schneiden. Ich weiß nicht was Vater mit diesem irren Alfar will, er macht nur Ärger.“ murmelte die Kurzhaarige ebenfalls und es lief ihr tatsächlich kalt den Rücken herunter als sie an den Professor denken musste. Die beiden Succubi konnten viel ertragen, aber die beiden selbsternannten Wissenschaftler in den Reihen des Schattenritters ließen sie erschaudern.
„Wie auch immer. Das beantwortet alles noch immer nicht meine Frage: Warum zur Hölle seid ihr hier in Navea!?“
„Beruhige dich, Asturian. Wir sind nicht hier um dich zu ärgern, naja, nicht nur.“ schränkte die Langhaarige lachend ein.
„Und warum dann?“ fragte er misstrauisch nach und hielt sich bereit jede noch so finstere Gemeinheit der beiden abzuwehren. Er kannte die dämonischen Schwestern schon sehr lange, genau deswegen wusste er auch wie viel Ärger sie verursachen konnten. Sie waren die Töchter des Schattenritters. Er hatte sie bei einem kleinen Abenteuer mit einer Succubus gezeugt, er und seine Frau hatten beide schon immer ein ungesundes Interesse für Succubi gezeigt und sie gerne beschworen um sie zu sich ins Bett zu holen. Eine dieser Dämoninnen der Lust hatte dem Schattenritter dann einige Zeit nach so einer Nacht ein Geschenk überreicht, die nervigsten Schwestern aller Zeiten. Die mit den langen Haaren hieß Syrenia und die andere Aleyna, beide kleine bösartige Biester, die das bisschen menschliche Blut in ihren Adern komplett ignorierten und sich dämonischer aufführten als jede echte Succubus es jemals getan hätte.
„Wir sind hier, um dich mitzunehmen.“ begann Syrenia und ihr Tonfall ließ keinerlei Widerspruch zu „Es gibt einen Auftrag zu erledigen und wir benötigen Verstärkung. Du wirst uns als Eskorte ins Triatio Hochland begleiten, dort gibt es eine sehr interessante Pyramide und du, wirst uns dabei helfen sie zu erkunden. Verstanden?“
„Ich habe hier noch einiges zu erledigen, es ist noch nicht an der Zeit die Stadt zu verlassen, nicht jetzt.“ murmelte Asturian leise als Antwort, wobei er vorsichtshalber die Zauber auf seiner Rüstung überprüfte, nur für den Fall das er sich gleich verteidigen musste.
„Vergiss deine lächerlichen Rachepläne, damit wirst du sowieso nichts erreichen!“ rief Aleyna genervt und betrachtete ihn wie ein lästiges Insekt „Der Schattenritter hat dir erlaubt hier in Navea zu versuchen einen Krieg zwischen den Akashi und Bladelli anzuzetteln, damit du deine alberne Rache haben und dich wieder auf wichtigere Dinge konzentrieren kannst. Dein Plan ist wie erwartet sowieso nicht aufgegangen. Weder Kyosuke, noch Paolo haben noch einen winzigen Funken Feuer im Blut, sie sind schwach und alt geworden. Nichts als müde Greise, die sich gegenseitig alles durchgehen lassen.
„Ihr wisst ganz genau, dass der Angriff auf die Bladelli nichts weiter als eine Ablenkung von dem war, was wir wirklich vorhaben. Ich...“
„Oh ja, das wissen wir.“ fuhr Syrenia ihm unwirsch dazwischen und musste sich zusammenreißen um nicht laut zu Gähnen, Pläne waren so langweilig und sich darüber zu unterhalten erst recht. Sie und ihre Schwester waren hier um Spaß zu haben und den würden sie verdammt noch mal auch kriegen, ob Rotauge wollte oder nicht! „Deswegen brechen wir auch noch nicht sofort auf. Wir werden noch eine Weile warten, bis du bereit bist. Aber vergiss nicht, dass du uns gehörst.“
„Ich gehöre höchstens dem Schattenritter und selbst das nicht gerade freiwillig, wie ihr selbst ganz genau wisst. Immerhin habt ihr ihm ja sehr gerne bei meiner...Ausbildung geholfen.“ zischte Asturian Moraevion verächtlich, als er daran denken musste wie sein Leben sich plötzlich verändert hatte nachdem es ihm gelungen war seine Schwester zu retten.
„Hab dich nicht so, Rotauge.“ schnurrte Syrenia und plötzlich standen die beiden Succubi direkt neben ihm. Langsam umkreisten sie ihre Beute und strichen immer wieder enttäuscht über die Rüstung, welche alles war, was sie noch davon abhielt sich auf ihn zu stürzen, aber solange er das verfluchte Ding trug konnten sie ihn nicht haben. Er musste die Rüstung freiwillig ausziehen, aber das stellte kein allzu großes Hindernis dar. Sie waren Succubi, Meister der Verführung. „Gefällt es dir nicht, was wir mit unseren Haaren gemacht haben? Es war nicht leicht die Farbe so hinzubekommen wie auf den Bildern von deiner Schwester die uns gezeigt hast, wir mussten lange experimentieren. Du kannst dir nicht vorstellen wie viel man dabei falsch machen kann...“
„Erinnere mich bloß nicht daran.“ murmelte ihre Schwester und fuhr sich traurig seufzend durch ihre silbernen Haare. Der Gedanke an ihre furchtbaren Versuche sich die Haare dauerhaft genauso zu färben wie sie wollten, sorgte sogar dafür das sie für einen Moment vergaß aufreißend vor ihm zu posieren. „Ich musste sie abschneiden, weil ich fast alles Dunkelgrau gefärbt habe und es sich nicht mehr verändern ließ, egal was ich versucht habe. Es war schrecklich.“
„Weißt du eigentlich wie sehr Aleyna darunter gelitten hat? Und das alles nur für dich, damit du nicht dauernd an dieses tote Mädchen denken musst.“
„Rede nicht von ihr, Syrenia. Ich warne dich, du weißt das ich nicht über sie reden will.“ Asturian ballte die Fäuste und hätte ihnen am liebsten jedes Haar einzeln ausgerissen. Er ertrug es nicht wenn sie Aleyandra nachäfften.
„Warum denn nicht?“ fragte Syrenia neugierig nach. Dann setzte sie ihr liebenswürdigstes, unschuldigstes Lächeln auf und sagte das magische Wort, mit dem man ihn immer sofort in Rage versetzen konnte „O-n-i-i-c-h-a-n.“
„Und ich habe dir auch schon oft genug gesagt, dass du mich niemals so nennen sollst.“ zischte er und auf der Stelle war sein Zorn wieder zurück. Er mochte die beiden eigentlich, aber wenn sie sich über Aleyandra lustig machten und versuchten seine kleine Schwester nachzuahmen, dann musste er sie einfach hassen. Er stand kurz davor sein Schwert zu beschwören und es auf einen Kampf mit den Schwestern ankommen zu lassen. Zu gewinnen dürfte das kleinste Problem sein, dem Zorn des Schattenritters zu entkommen würde dagegen schwierig werden.
„Was ist dein Problem? Habe ich es nicht niedlich genug gesagt? Oder liegt es an den Augen...es liegt immer an den Augen, richtig?“ fragte Syrenia und ließ ihn los, während sie ihn mit Tränen in den Augen flehend ansah. Leider war es ihnen noch nicht gelungen ihre Augen rot zu färben, aber sobald sie das schafften würden sie seine perfekten kleinen Schwestern sein! Nur sehr viel dämonischer.
„Nein, das würde absolut nichts ändern.“ beharrte Asturian felsenfest auf seinem Standpunkt und schnaubte verächtlich. Ihre Versuche sich zu seinen Schwestern zu machen wurden immer peinlicher, mehr nicht. „Und euren Unsinn im Hochland könnt ihr auch selbst erledigen. Ich habe hier noch mehr als genug zu tun und kann es mir nicht leisten Navea zu verlassen. Wenn ich jetzt verschwinde, dann...“
„Das ist ein Befehl!“ schrie Syrenia zornig und unterbrach den verdutzten Asturian. Es reichte ihr! Sie war nach Süden gekommen um ihren Sklaven zu besuchen und nicht um auf Augenhöhe mit einem bloßen Diener zu verhandeln. Etwas ruhiger, aber noch immer aufgebracht fuhr die Succubus fort „Es ist ein Befehl, von unserem Vater und du wirst ihn befolgen. Ansonsten werden wir vom Mondblut Gebrauch machen und dich dazu zwingen die Stadt zu verlassen.“
„Das Blut? Damit jagt ihr mir keine Angst mehr ein, schon lange nicht mehr.“ erwiderte der Silberritter verächtlich, obwohl er sich dazu zwingen musste das Zittern, das plötzlich seinen gesamten Körper erfasst hatte, zu unterdrücken. Es gab nicht vieles was ihm Angst einjagen konnte, eigentlich nur zwei Dinge: Der Schattenritter und das verfluchte Mondblut. „Ihr wisst ganz genau, dass ich es inzwischen seit Jahren nehme und mich daran gewöhnt habe. Es ist nicht mehr so wie früher.“
„Das mag sein, aber selbst du würdest ab einer gewissen Menge die Kontrolle über dich verlieren und du weißt was dann passiert.“
„Wenn wir dich mit der Droge vollpumpen bis du kurz vorm Platzen bist, wirst du deine gesamten Kräfte gegen die Stadt richten und wie ein Berserker durch Navea wüten.“ meldete diesmal Aleyna sich zu Wort und wirkte nicht weniger zornig über sein Verhalten als ihre Schwester „Du bist stark, stärker als alle anderen die wir kennen, abgesehen natürlich von unserem Vater. Aber ganz egal wie stark du bist, selbst du kannst es nicht ganz alleine mit einer ganzen Stadt, dem Hochgeneral, der Inquisition und sämtlichen Hohetemplern aufnehmen. Navea wird alles was es hat gegen dich werfen und dich in die Knie zwingen, oder zumindest verjagen. So oder so, du bist aus der Stadt raus, das ist alles was wir wollen und wir kriegen dich aus Navea raus, ob tot oder lebendig.“ „Auch wenn es eine Verschwendung wäre dich auf diese Art und Weise zu verlieren, aber wenn du dich unbedingt stur stellen willst wird uns keine andere Wahl bleiben.“
„Wir mögen dich, Rotauge. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten dass wir dich lieben...“
„Allerdings nicht so sehr wie unseren Vater.“ schränkte Aleyna sofort ein und ihre Schwester nickte zustimmend, bevor sie fortfuhr.
„Ja wir lieben dich nicht so sehr wie ihn, und das ist auch der Grund, aus dem wir das hier tun müssen, egal wie sehr wir dich lieben. Wir würden für dich sterben, aber eines würden wir niemals tun: den Schattenritter verraten, denn er hat uns erschaffen.“ ein glückseliges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen als sie verträumt an den Schattenritter dachten „Vergiss niemals, was du uns und unserem Vater angetan hast als du noch eine erbärmliche, menschliche Kreatur warst. Du hast ihm die einzige Chance genommen seine große Liebe wieder gesund in den Armen zu halten und dafür hasst er dich noch immer.“
„Und die Templer haben unsere Mutter umgebracht, als sie versuchte das Mädchen von dem Schiff zu holen.“ murmelte Aleyna traurig.
„Aber wir haben dir verziehen, genauso wie Vater dir verziehen hat. Und weißt du auch warum?“ Syrenia ging langsam auf ihn zu und gab dem regungslosen Asturian einen flüchtigen Kuss auf die Lippen „Weil du jetzt kein erbärmlicher Mensch mehr bist. Er hat dein göttliches Blut geweckt und es dann in Ketten geschlagen. Du bist ein Gott und gleichzeitig ein Sklave, sein Sklave, unser Sklave. Denke gar nicht erst daran dich ihm zu widersetzen oder uns. Du wirst mitkommen, aber wie gesagt, wir wissen wie wichtig dein Auftrag ist und werden dir noch genug Zeit lassen ihn auszuführen.“
„Soll das heißen ihr ähm bleibt solange hier...in Navea?“
„Natürlich, es ist schließlich lange her seit wir das letzte mal zusammen spielen könnten.“ begierig fuhr Syrenia sich mit der Zunge über ihre Lippen und starrte ihn an als wollte sie ihn gleich fressen und nie wieder gehen lassen „Hast du eigentlich gefunden weshalb du wirklich hierhergekommen bist?“
„Was meinst du damit? Ich bin nur hier weil der Schattenritter es mir befohlen hat, das ist alles.“ wehrte Asturian rasch ab und langsam bröckelte seine unnahbare Fassade mehr und mehr.
„Stell dich bitte nicht dumm.“ flüsterte die Dämonin und wirkte plötzlich nervös, fast schon ängstlich. Vorsichtig sah sie sich um und senkte die Stimme noch weiter, als befürchtete sie das die Wände Augen und Ohren hätten. „Bevor du in den Süden bist, haben wir viel Zeit miteinander verbracht. Sehr viel Zeit und sind dabei gute...Freunde geworden.“
„Ich würde sogar sagen wir sind fast schon verheiratet.“ mischte Aleyna sich wieder ungefragt ein, während sie näher heranrücken musste um jedes einzelne Wort neugierig aufzusaugen.
„Habe ich da nicht auch noch ein Wort mitzureden?“
„Nein.“ antworteten die Dämoninnen fröhlich im Chor und grinsten ihn an, wurden aber schlagartig wieder ernst, als Syrenia mit gedämpfter Stimme fortfuhr „Du bist nicht nur in den Süden gegangen um den Krieg für uns zu erleichtern oder unsere Feinde zu schwächen. Jeder im Norden weiß, dass du nur aus einem einzigen Grund hier bist.“ die beiden Succubi sahen ihm tief in die rubinroten Augen, erkundeten jede Facette seiner Seele, suchten nach einem Anzeichen von Verrat, und genau aus diesem Grund, sah er ihnen niemals in ihre Dämonenaugen. Sie würden jede Lüge auf der Stelle erkennen, aber noch hatten sie keinen Grund ihn dazu zu zwingen alles zu offenbaren, vermutlich war es ihnen sowieso recht egal. „Du suchst nach deiner Schwester, stimmts?“
„Und wenn es so wäre? Was ist falsch daran die Augen nach ihr offen zu halten? Ihr Schiff ging unter, aber sie kann es überlebt haben. Vielleicht wurde sie irgendwo an der Küste angespült oder...“
„Dann such an der Küste und nicht hier im Landesinneren. Falls sie noch lebt hockt sie in irgendeinem Fischerdorf und gammelt vor sich hin.“
„Wenn sie noch am Leben ist, dann wird sie nach Navea kommen, das weiß ich. Ich habe ihr eingeschärft das sie in Navea auf mich warten soll.“ flüsterte Asturian und musste sich Mühe geben um ein fröhliches Lächeln zu verbergen. Er hatte sie schon längst gefunden, sie und diesen Versager mit dem sie zusammen war und den er am liebsten töten würde, aber leider erlaubte Serena, die Mondgöttin, es ihm nicht Naruz aus dem Weg zu räumen und noch war er wenigstens ab und zu auf sie angewiesen. Seine Rüstung war ein uraltes Erbstück der Moraevion. Geschaffen von Serena und Asturian, als dieser mithilfe von Gaia von einem einfachen Menschen zum Gemahl einer Göttin wurde. Die Rüstung schmiedeten Serena und ihr sterblicher Mann gemeinsam, um ihre Nachfahren zu beschützen. Solange Serenas Licht auf das eigenartige Metall schien, war der Träger unbesiegbar. Nichts konnte ihn verletzen, selbst die stärkste Magie der Welt war harmlos für ihn, solange die Rüstung funktionierte. Serena gefiel es nicht das einer ihrer Nachfahren die Rüstung im Namen des Schattenritters trug und versuchte ständig ihre eigene Schöpfung zu manipulieren oder sogar ganz zu vernichten, aber es gelang ihr nicht. Er war zu mächtig, seine Kontrolle über die Rüstung zu stark und Serena hatte dem Geschenk an ihre Kinder zu viel Macht eingehaucht, so viel, das selbst sie machtlos war. Nur ab und an gelang es ihr die Magie der Rüstung kurz zu stören, wie bei seinem Kampf gegen Naruz, den er ansonsten gewonnen hätte ohne überhaupt seine eigene Macht einsetzen zu müssen. Im Moment arbeitete der selbsternannte Silberritter an einem Weg die Rüstung vollständig der Kontrolle der Mondgöttin zu entziehen und wenn ihm das gelang, konnte er einen neuen Versuch starten sich um den bösartigen Verehrer seiner Schwester zu kümmern. Naruz würde ihr nichts als Leid und Schmerz bringen, das konnte er spüren.
Asturian setzte seine stummen Überlegungen noch eine ganze Weile in Gedanken fort, bis ihn die ungeduldigen Succubi wieder zurück in die Wirklichkeit rissen. Syrenia küsste ihn nämlich erneut, aber diesmal biss sie ihm kräftig auf die Unterlippe, weil sie sich vernachlässigt fühlte.
„Oh...ihr seid ja immernoch da.“ wenig begeistert wandte er sich ihnen zu und plötzlich fiel ihm doch noch etwas ein wozu die beiden nützlich sein konnten „Wie viel von dem Blut habt ihr eigentlich mitgebracht?“ fragte er und versuche die Frage so beiläufig wie möglich klingen zu lassen, ohne das jemand die Begierde aus seiner Stimme heraushören konnte.
„Mehr als genug damit du ein ganzes Jahr lang nicht mehr klar denken kannst.“ antwortete Syrenia wie aus der Pistole geschossen, sie war schon immer die hilfsbereitere der beiden gewesen...aber nur weil es ihr mehr Freude bereitete einem ein Messer in den Rücken zu jagen als es mit einem Frontalangriff zu versuchen „Warum? Ist dir deines etwa ausgegangen? Ich dachte Tougou Akashi hat dich mit genug von dem Zeug versorgt? Immerhin leitete er den gesamten Schmuggel mit der Republik.“
„Das hat er, aber seit diese Bastarde vom blutenden Turm ihn umgebracht haben, kamen keine Lieferungen mehr für mich an. Der Schattenritter hat sich keine große Mühe gegeben neue Schmugglerrouten aufzubauen und ich sitze dadurch schon viel zu lange auf dem Trockenen. Ich habe versuch es zu rationieren, aber Tougou´s Tod kam zu plötzlich und ich konnte mir keinen größeren Vorrat anlegen. Wenn ihr sowieso hier seid könnt ihr mir auch gleich was geben.“
„Na schön, wie du meinst.“
„Warte!“ rief Aleyna, als Syrenia bereits dabei war eine kleine Phiole voll roter Flüssigkeit aus ihrem Ausschnitt herbeizuzaubern.
„Was ist denn jetzt schon wieder, Aleyna? Du siehst doch wie sehr unser armer Onii-chan leidet, er braucht das Zeug, ansonsten ist er nutzlos für uns und unsere Pläne in Triatio. Er kann nicht kämpfen ohne seine Dosis.“ fuhr Syrenia ihre Schwester an und unterdrückte dabei ein lautes Lachen, als sie Asturians dankbaren Blick sah. Sie hatte natürlich niemals daran gedacht es ihm einfach so zu geben, aber sie stand gerne als die freundliche Schwester da. Im Moment brauchte er nichts von der Droge, schließlich musste er gerade nicht kämpfen, also konnten sie auch noch etwas mit ihm spielen, so wie früher.
„Das weiß ich selbst.“ antwortete Aleyna und grinste den Silberritter breit an, als sie fortfuhr troff ihre Stimme vor Arroganz und Bosheit „Aber ich will dass er darum bettelt, ganz wie ein artiger, kleiner Sklave.“
„Was? Bist du verrückt geworden!?“ rief Asturian aufgebracht und funkelte sie zornig an, während er die Hände zu Fäusten ballte und kurz davor zustehen schien sich auf sie zu stürzen „Wenn du wirklich glaubst, dass ich einen Dämon, der nichts weiter ist als eine verdammte Hure, anflehe, dann bist du noch dümmer als ich dich in Erinnerungen habe, Aleyna!“
„Manchmal kannst du wirklich gemein sein wenn du unter Entzugserscheinungen leidest.“ erwiderte Aleyna beleidigt und hatte jetzt erst recht nicht vor ihm die Phiole zu überlassen.
„Entzugserscheinungen? Wovon redest du? Mir geht es gut.“ fauchte Asturian sie an und alleine das war schon Beweis genug für die beiden. Normalerweise war er freundlich zu ihnen, immerhin liebte er sie, irgendwie, auf seine Art und Weise. Aber egal ob er sie liebte oder nicht, er würde sie niemals anschreien. Normalerweise war er ein netter Mensch, normalerweise.
„Ach, tu nicht so Rotauge.“ würgte Aleyna seine Erklärungen ab, noch bevor er wirklich damit beginnen konnte, sie kannte das alles schon in und auswendig „Wir kennen dich lange genug. Wir haben beobachtet wie unser Vater dich mit dem Blut zu seiner Marionette gemacht hat und wissen wo deine Grenzen liegen. Es fällt dir so schwer dich vor uns zusammenzureißen und so zu tun, als wäre alles in Ordnung, aber das musst du nicht. Wir sind es doch nur, Nii-chan, wir kennen dein wahres Gesicht!“
„Du...du hast Unrecht. Es geht mir gut. Ich hatte noch genug, mein Vorrat hat gereicht, um mich unter Kontrolle zu halten. Es ist alles in Ordnung, das ist es. Mir geht es...gut...“ inzwischen fiel es Asturian trotz allem was er vorher gesagt hatte schwer sich zu beherrschen. Seine Augen hatten die Phiole keine einzige Sekunde lang aus den Augen gelassen und er wusste das alles was sie sagten wahr war, aber noch immer versuchte er sich dagegen zu wehren, auch wenn es letztendlich wie immer vergebens sein würde.
„Keine Angst, du brauchst uns nicht anzulügen, Nii-chan.“ sagte Syrenia mit vorgetäuschtem Mitleid und sah ihn traurig an, während sie sich innerlich freute als sie sah wie sein Widerstand nach und nach in sich zusammenfiel „Wir wissen was für eine unwiderstehliche Wirkungen das Blut auf die Kinder des Mondes hat. Wenn du es nicht zu dir nimmst, beherrscht es deinen gesamten Verstand und lässt dich schwach und weich werden, aber vor uns musst du nicht den starken Mann spielen, das weißt du.“
„Sag uns Rotauge, wie lange hast du schon kein Blut mehr? Und sei ehrlich, denn wenn du uns anlügst, werden wir das ganze Blut wegwerfen und du wirst weiter leiden. Willst du das? Willst du noch mehr leiden? Es könnte Monate dauern, bis der Schattenritter daran denkt dir Nachschub zu schicken oder irgendwer ein neues Schmugglernetzwerk aufstellt. Denkst du wirklich, dass du es noch so lange aushalten kannst?“
„I-i-ich...“ Asturian seufzte, ließ die Schultern hängen und gab es auf. Wenn er etwas von dem Blut wollte, dann musste er mitspielen, egal ob er wollte oder nicht. „Ich habe den letzten Rest vor fast zwei Monaten aufgebraucht.“
„Zwei Monate!“ rief Syrenia überrascht und starrte ihn beeindruckt an, früher war er nach zwei Tagen schon verrückt geworden. Wenn sie wieder im Norden war musste sie ihrem Vater davon berichten. Asturian gewöhnte sich langsam zu sehr an das Blut, es verlor an Wirkung. Ihr Vater musste sich wohl um eine etwas stärkere Version kümmern, ansonsten würde sie bald ihren Lieblingssklaven verlieren. „Du bist ja schlimmer dran als ich dachte! Und ich habe geglaubt es wäre erst eine Woche. Du bist besser darin geworden dich unter Kontrolle zu haben, das ist bewundernswert. Wirklich bewundernswert.“
„Vielleicht sollten wir es trinken?“ warf Aleyna plötzlich ein und musterte die Phiole in der Hand ihres Schwester eingehend „Vater hat es uns zwar verboten, aber ich wollte es schon immer mal probieren und hier ist genug, um selbst unser dämonisches Blut in Wallung zu bringen.“
„Komm schon Asturian. Wir alle wissen, dass du dich anfangs immer zierst, aber nur am Anfang. Letztendlich gibst du immer nach und am besten du tust was wir wollen bevor Aleyna es wirklich noch trinkt.“ meinte Syrenia neckisch und scherzhaft, aber als Asturian sie noch immer nur schweigend anstarrte, wurde sie augenblicklich ernst. Mit einem leisen ´pff` gingen die beiden Dämoninnen an ihm vorbei und würdigten den Silberritter keines einzigen Blickes mehr. „Na schön, wie es aussieht kommen wir so nicht weiter. Verschwinden wir von hier, Schwester. Rotauge hat anscheinend kein Interesse mehr an dem Zeug. Am besten wir kippen es auf dem Rückweg ins Meer.“
„Wartet!“ rief er plötzlich, als die beiden bereits an der Tür standen. Zufrieden warfen die Schwestern sich ein dämonisches Grinsen zu, aber als sie sich zu ihm umdrehten, hatten sie wieder ihre niedlichen, freundlichen und unschuldigen Mienen aufgesetzt und sahen ihn erwartungsvoll an, bis er endlich aufgab und beschämt den Blick senkte. „Was...was soll ich tun?“
„Na endlich, es geht doch. Warum nicht gleich so?“ ein breites Grinsen stahl sich auf Aleynas Gesicht und sie zwinkerte der anderen Succubus zufrieden zu, jetzt hatten sie ihn genau da, wo sie ihn haben wollten. Aleyna ging wieder an ihm vorbei, setzte sich auf das Bett und zeigte auf den Boden direkt vor ihr „Auf die Knie.“ befahl sie mit fester Stimme, und nach einer Weile gab er seufzend nach. Er hatte von Anfang an keine Chance gehabt, das wusste sogar Asturian selbst. Mit leerem Blick kniete er sich vor die Succubus. Aleyna streckte einen ihrer Füße aus, hielt ihn dem selbsternannten Silberritter direkt vors Gesicht und flüsterte sanft „Küss mich, Nii-chan.“ Diesmal zögerte er nicht mehr ihren Befehl auszuführen, sondern schaltete ab, er brauchte das Elixier um wieder klar denken zu können, um zu überleben, und er würde alles dafür tun. Asturians Hände umfassten ihr Bein und er begann den Fuß zu küssen.
„Onii-chan, du bist wirklich erbärmlich ohne das Blut.“ meinte Syrenia kopfschüttelnd und sah zu wie er wieder ganz zu ihrem Spielzeug wurde und immer leidenschaftlicher den Fuß ihrer Schwester küsste, als wäre es der Mund seiner Geliebten.
„Ich finde ihn eigentlich ganz niedlich.“ meinte Aleyna und betrachtete ihn vergnügt, wie er ihr Bein liebkoste.
„Mhm ja, es hat etwas und dir scheint es zu gefallen.“ neckte Syrenia ihre Schwester, denn Aleyna hatte inzwischen ihr Oberteil ausgezogen und fuhr sich sanft über ihre Brüste, während sie Asturian zusah.
„Sollen wir ihn noch eine Weile so lassen?“ fragte Aleyna mit bebender Stimme, als seine Zunge sich immer weiter ihr Bein entlang arbeitete.
„Nein, es macht mehr Spaß, wenn man ihm nicht jede Bewegung befehlen muss, außerdem...du weißt ganz genau das er mit dem Blut viel interessanter ist.“
„Mhm, ja du hast recht. So unterwürfig ist er ja ganz nett, aber ich mag ihn lieber etwas dämonischer. Gib her.“ Aleyna rang sich endlich dazu durch damit aufzuhören ihre Brüste zu liebkosen und streckte die Hand nach der Phiole aus. Ihre Schwester reichte ihr das Elixier, aber auch diesmal sollte es noch nicht bis zu Asturian kommen.
„Oh, wie niedlich!“ rief Syrenia plötzlich laut, während sie sich neben ihre Schwester setzte „Siehst du wie seine Augen die ganze Zeit zu der Phiole in deiner Hand wandern? Er kann es kaum erwarten seine Belohnung zu kriegen, wie ein braves kleines Hündchen. Ich wollte schon immer mal meinen eigenen süßen Welpen haben, aber selbst der wäre nicht so süß wie Nii-chan.“
„Tz, dabei sollst du nur Augen für mich haben, du dämlicher Sklave.“ zischte Aleyna und klang tatsächlich beleidigt, als er sich mehr für die rote Flüssigkeit als für sie interessierte. Dafür hatte er es verdient noch eine ganze Weile zu leiden, beschloss sie grinsend. Anstatt ihm endlich die Phiole zu geben, legt Aleyna sie neben sich auf das Laken und sah ihn auffordernd an. Ohne Vorwarnung trat sie ihm so fest sie konnte ins Gesicht. „Du wirst dein Blut schon noch bekommen, keine Angst. Aber noch nicht jetzt. Anscheinend müssen wir dir erst wieder beibringen wie du dich zu benehmen hast. Wir sind deine Meister, deine Göttinnen. Hast du das vergessen?“ Kurz blitze so etwas wie Wut in seinen roten Augen auf, aber das Funkeln verschwand sofort wieder und er zog so sanft wie er konnte ihre langen Strümpfe aus, legte sie neben sich und begann ihre Oberschenkel zu küssen, wobei er sich langsam unter ihren zufriedenen Blicken immer weiter nach Oben arbeitete. „Wir warten noch etwas. Außerdem ist er erstaunlich prüde und langweilig sobald die Wirkung nachlässt. Lass uns das ganze noch etwas genießen, ja?“ Aleyna schloss zufrieden die Augen, legte ihre Beine auf Asturians Schultern und lehnte sich zurück, während sie ihm befahl näherzukommen. Mit ihren langen Beinen umschloss sie seinen Kopf und drückte ihn fester an sich, damit ihm keinerlei Fluchtweg mehr blieb.
„In den Süden zu kommen, war die beste Idee die wir jemals hatten.“ plapperte Syrenia neben ihr vor sich hin „Damals hatten wir einfach nicht genug Zeit um lange mit dir zu spielen, Rotauge. Wir haben so viel nachzuholen.“ In diesem Moment stöhnte Aleyna neben ihr plötzlich leise und vernichtete damit den letzten Rest an Selbstbeherrschung der anderen Succubus. Syrenia sank vom Bett auf den Boden und setzte sich neben Asturian. Sie flüsterte ihm den Befehl ins Ohr seine Rüstung verschwinden zu lassen und sofort löste sie sich in Luft auf. Der Silberritter trug einfache Kleidung, die die Succubi weit weniger behinderte als die alberne Rüstung. Als nächstes vergrub sie ihre Finger in seinen Haaren und riss seinen Kopf von Aleyna´s Schoß weg, um ihn zu küssen. Seine Lippen schmeckten bereits nach der anderen Succubus und Syrenia konnte gar nicht mehr von ihm ablassen, ihre Küsse wurde immer wilder und leidenschaftlicher. Sie hatte ihn wirklich vermisst. So gute Spielzeuge gab es im Norden nicht.
„Hey! Wir haben ausgemacht dass ich anfangen darf, also lass deine dreckigen Finger von meinem Spielzeug und warte bis du dran bist!“ fauchte Aleyna die andere Dämonin wütend an und tatsächlich ließ Syrenia von ihm ab, auch wenn sie sich einen enttäuschten Seufzer nicht verkneifen konnte. Zufrieden wandte Aleyna sich wieder dem ungeduldig wartenden Asturian zu, welcher noch immer die Phiole keine einzige Sekunde aus den Augen ließ. „Gut, und jetzt zu dir. Wie kannst du es wagen sie zu küssen, während du mir gehörst? Habe ich dir erlaubt Syrenia anzurühren?“ Vorsichtig schüttelte er mit dem Kopf, immer darauf bedacht nichts falsch zu machen. Er wusste noch von früher, dass dieses Spiel Tage gehen konnte wenn er sich stur stellte und so lange würde er den Anblick der Mondblutes direkt vor seiner Nase nicht mehr aushalten. „Sehr gut, ich wusste doch, dass du noch immer ein braves kleines Spielzeug bist. Trotzdem, du hast in deiner Zeit ohne uns viel zu viel verlernt. Es wird Zeit dich wieder unter Kontrolle zu bringen.“
Sie spielten noch eine ganze Weile so mit ihm. Es machte ihnen Spaß ihn so unterwürfig zu sehen. Für den Inhalt dieser Flaschen würde er alles tun was sie wollten, egal wie beschämend es für ihn war. Sie durften es nur nicht übertreiben. Damals im Norden, als der Schattenritter dieses kleine magische Mittel erfand, um die Kinder des Mondlichts unter seine Kontrolle zu bringen, hatten die beiden oft mit ihm gespielt, und Syrenia würde nie das erste mal vergessen, als sie noch dachten, dass sie mit Asturian machten konnten was immer sie wollten. Letztendlich hatten sie ihn zu sehr gedemütigt, viel zu sehr. Als er dann das Blut einnahm, riss er die beiden Dämoninnen fast in Stücke. Es war nur dem rechtzeitigen Eingreifen des Schattenritters zu verdanken das sie noch immer lebten. Als Dämonen hielten sie einiges aus, aber selbst sie hatten eine Weile gebraucht um ihre Wunden und gebrochenen Knochen heilen zu lassen. Sobald er das Blut zu sich nahm, war er gefährlich, für jeden, vielleicht inzwischen sogar für ihren Vater.
Die Kinder der Mondgöttin, zeichneten sich seit jeher durch ihren angeborenen Blutrausch aus, eine Eigenschaft, der die Moraevion ihre Macht verdankten und die sie gleichzeitig zu ausgestoßenen unter den Hexern von Vo Astur gemacht hatte. Normalerweise verfielen sie dem Wahnsinn nur während eines Kampfes oder wenn sie sich in Lebensgefahr befanden, aber dem Schattenritter war es gelungen ein Elixier zu erschaffen, das diesen Zustand erzwang. Eines seiner vielen kleineren Experimente, an denen er sich aus Langeweile versucht hatte, nachdem dieser Idiot Asturian ihm sein richtiges Forschungsobjekt gestohlen hatte.
„Es ist wirklich bedauerlich, was Vater aus dir gemacht hat.“ flüsterte Syrenia nach einer Stunde, die Asturian wie eine Ewigkeit vorgekommen war. Inzwischen hatten sie ihn ausgezogen und auch Aleyna trug noch weniger als vorher...falls das überhaupt möglich war. „Früher warst du so idealistisch und naiv, es war rührend, wie du dich mit dem gesamten Norden und unserem Vater angelegt hast, nur um deine kleine Schwester zu retten...gut, du hast sie damit umgebracht, aber es war ein netter Versuch, und sieh dich jetzt an. Einfach nur erbärmlich.“ Syrenia setzte sich wieder auf das Bett und warf ihrer Schwester einen kurzen Blick zu. Aleyna nickte, und sie stimmte ihr zu. Sie hatten genug gespielt, jetzt würde sich zeigen ob er gute Laune hatte...oder ob er sie umbringen würde. Aufregung machte sich in Syrenia breit, während sie die Phiole nahm und sie Asturian zuwarf. Es war nie sicher was passieren würde sobald er das Elixier bekam, oder ob sie seinen Blutrausch überlebten, aber immer wieder spannend. Ungeduldig betrachtete sie, wie er die Flüssigkeit begierig trank. „Aber keine Sorge, wir werden dich immer lieben, denn wir wissen, dass du wieder normal wirst, sobald du erst einmal deine Dosis hattest, richtig? Dann kannst du dich wieder für den gefährlichen Krieger und mächtigen Magier halten der du sein könntest, aber in Wahrheit, bist du selbst dann noch immer nichts weiter, als unser Spielzeug und das wirst du auch für den Rest deines Lebens bleiben.“
„Mächtiger Krieger und Magier?“ fragte Aleyna und musste anfangen spöttisch zu lachen „Mach dich nicht lächerlich! Diese erbärmliche Kreatur ist nichts weiter ein willenloser Diener, er kämpft und zaubert nur, wenn wir es ihm befehlen. Er ist halt nichts weiter als eine erbärmliche, niedere Kreatur, die seine eigene Schwester mit einem idiotischen Plan umgebracht hat. Er kann froh sein das wir ihn so nett behandeln und nicht...“ Plötzlich verstummte Aleyna abrupt, als ihr aufging, dass die Phase der Spielereien bereits vorbei war und er das Blut getrunken hatte. Ängstlich sah sie mit weit aufgerissenen Augen zu, wie Asturian langsam aufstand. Seine Augen strahlten in einem dunklen Rot und er hatte nichts mehr gemein mit dem schwächlichen Diener, der eben noch jeden ihrer Befehle ausgeführt hatte. Bevor sie versuchen konnte sich bei ihm zu entschuldigen, stürzte Asturian sich auch schon auf die Succubus und drückte sie auf das Bett.
„Das hättest du nicht sagen dürfen, Schwester.“ sagte Syrenia belustigt, während die andere Succubus vor Lust, und später auch vor Schmerz, laut aufschrie. Das hatte sie jetzt davon, Aleyna musste es immer übertreiben. Syrenia schüttelte bedauernd den Kopf. Für diese Beleidigungen würde er Aleyna mindestens einen ihrer Flügel ausreißen und das war sehr schmerzhaft für eine Succubus. Nicht tödlich, und sie konnten die Flügel mit genug Zeit nachwachsen lassen, aber trotzdem unangenehm. Immerhin schien Asturian sie nicht umbringen zu wollen. „Er nimmt es nicht gut auf wenn man ihn in dem Zustand beleidigt oder über ihn lustig macht, das weißt du doch ganz genau.“
Syrenia lächelte vor sich hin, als sie den Beiden zusah und legte sich neben sie, um sie besser zu betrachten, aber verzichtete darauf noch mehr zu sagen, nicht so kurz nachdem er etwas von dem Mondblut zu sich genommen hatte. Selbst die Succubi wussten, dass es jetzt nicht mehr angebracht war ihn zu reizen oder mit ihm zu spielen. Er war stärker als sie. Wenn er etwas von dem Zeug zu sich genommen hatte, wendete sich das Blatt plötzlich, dann waren sie ihm ausgeliefert und genau das gefiel den Succubi so sehr an ihm. Im Moment könnte er sie spielend leicht töten oder sie in seine Spielzeuge verwandeln, wenn ihm danach war und der Wahnsinn in seinen leuchtenden, roten Augen zeugte davon, dass er es auch eines Tages versuchen würde.
„Ich liebe es was für eine Wirkung das Blut hat. Es verwandelt die Kindes des Mondes in Dämonen. Angetrieben von puren Instinkten und übermannt von ihren Gefühlen. Lust, Leidenschaft, Hass und Wut, das ist alles was euren Geist dann noch erfüllt. Nichts weiter als ein blutiger Schleier, hinter dem euer ganzes Selbst verschwindet, niedergerungen von euren animalischen Instinkten“ Syrenia konnte es kaum erwarten bis er sich auf sie stürzte. Vielleicht sollte sie ihn beleidigen, damit sich seine Aufmerksamkeit auf sie richtete? Hoffentlich verlor er die Lust daran Aleyna von einem Höhepunkt zum nächsten zu bringen bevor die Wirkung des Blutes nachließ, ansonsten musste sie ihm wohl einfach noch eine Dosis geben und danach noch eine, solange bis sie beide befriedigt waren, was dauern konnte. An die Nebenwirkungen des Blutes verschwendete die Dämonin keine Gedanken. Rotauge nahm das Zeug seit Jahren ein, für ihn war es längst zu spät. Irgendwann, würde das Blut ihn vollständig in etwas...anderes verwandeln, etwas dämonisches und bösartiges, das er nicht länger kontrollieren konnte. Es gab Erzählungen über Moraevion die zu oft dem Blutrausch verfielen und eines Tages nicht mehr daraus zurückkehren konnten. Schon jetzt vernebelten die Auswirkungen der letzten Jahre seinen Geist, ließen ihn nicht mehr klar denken und machten ihn grausamer, bösartiger, oder einfacher gesagt: dämonischer. „Sei ein braver kleiner Sklave und diene uns gut, dann werden wir dich auch weiterhin damit versorgen.“ murmelte Syrenia und strich gedankenverloren mit ihrer Hand über seinen Rücken. Kurz überlegte sie und holte dann aus dem Nichts eine weitere Phiole mit der klaren, roten Flüssigkeit hervor. Der gröbste Durst ihres Spielzeugs war vorerst gestillt, aber noch etwas mehr konnte sicher nicht schaden, immerhin hatten sie noch einiges mit ihm vor. „Uns bleibt noch viel Zeit, um Spaß zu haben, sehr viel Zeit.“
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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 20. Dezember 2014 14:10

47 - Von Ninjas, Vampiren und Kuchen (Öffnen)
Kapitel 47 – Von Ninjas, Vampiren und Kuchen:


Es war ein ganz normaler, friedlicher Nachmittag in Navea. Aleyandra und Saeca kamen gerade vom Marktplatz nachhause, und nichts deutete auf etwas ungewöhnliches hin, bis Aleyandra die Tür aufschloss, und den Flur betrat. Das erste, was Aleyandra verwirrte war der Geruch von Tee, der ihr in die Nase stieg. Sie konnte sich nicht daran erinnern, Tee gekocht zu haben, bevor sie zum Markt gegangen war. Aber vielleicht hatte Saeca ja während ihrer Abwesenheit ein paar Dango gegessen, und sich dazu etwas zutrinken gemacht. Anfangs hatte Aleyandra befürchtet, dass die Armani sich zukünftig anders ihr gegenüber verhalten würde, nach dem recht... peinlichen Zwischenfall während Naruz' Geburtstagsfeier, aber glücklicherweise konnte Saeca sich an nichts mehr erinnern, und Aleyandra war nicht sonderlich erpicht darauf, es ihr ins Gedächtnis zu rufen.
„Oh, hast du Tee gemacht, Onee-chan?“ Aleyandras Blick wanderte zu der jungen Armani, die gerade hinter ihr den Flur betrat und den Kopf schnuppernd in die Höhe hob. Erst da ging ihr auf, dass es in ihrem Gedankengang von eben einen großen Fehler gab: Saeca war mit ihr zum Marktplatz gekommen, sie konnte gar keinen Tee gekocht haben! Langsam und vorsichtig, schlich Aleyandra ein paar Schritte nach vorn, bis sie zum Wohnzimmer kam, und lugte vorsichtig hinein um zu sehen was vor sich ging. Aleyandra staunte nicht schlecht, als sie mitten im Zimmer eine Gestalt auf dem Boden sitzen sah, in dieser seltsamen Stellung, in der Saeca sich auch manchmal hinsetzte, wenn keine Stühle in der Nähe waren. Die Gestalt hatte Aleyandra und Saeca, die plötzlich neben ihrer Onee-chan stand, und neugierig in das Wohnzimmer blickte, den Rücken zugekehrt. Die Gestalt hatte lange, schwarze Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, und eine dunkle Hautfarbe, so wie Saeca. Außerdem trug sie ein schwarzes, langärmeliges Hemd aus Stoff, und eine dazu passende Hose. Waffen schien die Gestalt nicht zu haben, weshalb sich Aleyandra zumindest ein klein wenig beruhigte. Allerdings bedeuteten keine Waffen nicht, dass keine Gefahr vom Eindringling ausging, immerhin konnte es sich hier genauso gut um einen Magier handeln. Ehe Aleyandra jedoch auch nur ansatzweise darüber nachdenken konnte, was sie jetzt am besten tun sollte, begann Saeca neben ihr förmlich zu strahlen, und stürmte nach vorn.
„Nii!“ rief sie, so fröhlich wie Aleyandra sie schon ewig nicht mehr gehört hatte, und sprang mit geöffneten Armen auf die Gestalt zu. Diese stand jedoch blitzschnell auf, wich Saeca mit einer eleganten Drehung aus, und packte das Mädchen am Kragen, woraufhin diese mitten in der Luft anhielt, und nach hinten gezogen wurde, als die Gestalt sich erneut drehte, um Aleyandra ins Gesicht zu sehen. Es handelte sich um einen jungen Mann, vielleicht in Silberblatts Alter, schätzte Aleyandra. Er hatte ein freundliches Lächeln aufgesetzt, hielt seine Augen jedoch geschlossen, weshalb Aleyandra ihre Farbe nicht erkennen konnte, aber das war im Moment auch nicht wichtig. Viel wichtiger war die Tatsache, dass der Fremde Saeca noch immer am Kragen gepackt hielt, und ihr somit langsam aber sicher die Luft abschnürte, was die Armani jedoch nicht daran hinderte weiterhin zu versuchen, ihn zu umarmen.
„Ich habe keine Ahnung wer du bist, aber lass auf der Stelle Saeca los!“ rief Aleyandra, in drohendem Tonfall und, sehr zu ihrer Überraschung, tat der Fremde sogar, was sie ihm sagte. Die Armani fiel japsend und keuchend zu Boden, woraufhin Aleyandra sofort besorgt zu ihr rannte. Trotz der recht groben Behandlung, strahlte Saeca noch immer, und versuchte sogar schon sich aufzurichten. „Was ist hier eigentlich los? Wer bist du?“ fragte Aleyandra, und bereitete sich insgeheim auf einen Angriff vor. Der Fremde war ihr unheimlich, vor allem, da er noch immer kein Wort gesagt hatte, und nach wie vor ein Lächeln aufgesetzt hatte.
„Oh? Hat Saeca dir nichts von mir erzählt?“ fragte er im Plauderton, und hockte sich neben die beiden Mädchen. „Warum hast du deiner Freundin nichts von mir erzählt, Saeca?“ fragte er, und stupste der Armani gegen die Wange.
„Ähm... es ist mir entfallen.“ murmelte Saeca, setzte sich auf und bemühte sich, Aleyandra nicht anzusehen.
„Saeca? Du hast doch wohl nicht etwa ernstgenommen, was ich gesagt habe, als du aufgebrochen bist, oder?“
„W-was?“
„Oh, anscheinend hast du es tatsächlich ernstgenommen.“
„Könnte mir bitte jemand sagen, was hier vor sich geht?“ fragte Aleyandra, der es überhaupt nicht gefiel, keine Ahnung zu haben.
„Aber selbstverständlich.“ meinte der Fremde, und drehte den beiden wieder den Rücken zu. „Am besten unterhalten wir uns, während wir ein wenig Tee trinken, meint ihr nicht auch?“ fragte er über die Schulter, und deutete auf den Tisch, auf dem sich drei Tassen befanden. Während Aleyandra sich noch nicht sicher war, ob sie dem Fremden trauen, oder lieber aus dem Haus jagen sollte, hatte Saeca sich bereits neben ihn gesetzt, und starrte ihn erwartungsvoll an. Letztendlich seufzte Aleyandra, setzte sich auf das Sofa den beiden Armani gegenüber, und sah so auf die beiden hinab, wobei sie sich ein wenig unbehaglich fühlte. Den beiden schien es jedoch nichts auszumachen, der Fremde trank seelenruhig einen Schluck Tee, ehe er den Kopf zu Saeca wandte. „Wie wäre es, wenn du mich Aleyandra einmal vorstellst? Immerhin ist sie deine Freundin.“
„Warte!“ meinte Aleyandra, bevor Saeca auch nur den Mund öffnen konnte. „Du kennst meinen Namen?“
„Selbstverständlich.“ antwortete der Mann, und stellte die Tasse auf den Tisch, ehe er fortfuhr. „Aleyandra Moraevion, siebzehn Jahre, Geburtsort unbekannt. Wurde vor sieben Jahren in Helonia angespült, mit lediglich zwei magischen Pistolen, die darauf hinweisen, dass sie eine Verbindung zu Vo Astur hat. Traf vor knapp einem Jahr auf Naruz Bladelli, Paladin der Kirche, zweiter in der Erbfolge der Bladellifamilie, führen eine halbwegs glückliche Beziehung.“ er trank wieder einen Schluck, ehe er den Kopf ein wenig schief legte und fragte: „Soll ich fortfahren?“
Aleyandra war vollkommen sprachlos. Sie blinzelte den Fremden eine ganze Weile lang an, bis sie endlich ihre Sprache wiederfand. „Verfolgst du mich etwa?“
„N-nein! So ist das nicht, Onee-chan!“ mischte Saeca sich in das Gespräch ein, und wedelte abwehrend mit den Armen in der Luft. „Nii-san würde so etwas niemals tun! Er... er hat sich bestimmt nur über dich informiert, weil er sichergehen wollte, dass du keine Gefahr für meine Mission bist!“ Die Armani holte tief Luft, ehe sie fortfuhr. „Also gut, fangen wir von vorne an. Onee-chan, das ist Levion Nii-san. Er ist mein älterer Bruder, und ein Freund von meinem Sensei.“
„Du... hast einen Bruder?“ fragte Aleyandra überrascht. „Also... einen richtigen Bruder?“
„Ja, er ist mein richtiger Bruder.“
„Warum hast du ihn nie erwähnt?“
„Ich fürchte, daran bin ich schuld.“ meinte Levion, und seufzte. „Es war eigentlich nur als Scherz gedacht, damit sie nicht gleich jedem Fremden dem sie begegnet erzählt, was wir sind.“
„Was genau war als Scherz gedacht?“
„Möglicherweise habe ich angedeutet, dass jemandem, dem Saeca von mir erzählt, etwas passieren könnte.“
Saeca runzelte die Stirn. Wenn sie sich nicht vollkommen irrte, waren Levions Worte vor ihrem Aufbruch ein wenig direkter gewesen. „Nii-san, wenn ich mich nicht... au!“ entfuhr es Saeca, als Levion ihr mit einem Finger gegen die Stirn schnippte.
„Da hast du es also, ich bin Saecas Bruder, und ich bin hier, um meine liebe Schwester zu besuchen, und mich darüber zu informieren, wie weit sie mit ihrer Mission ist.“ er wandte seinen Kopf zu Saeca. „Ach ja... weißt du zufällig, was mit dem Brief passiert ist, der für dich hier platziert worden war?“
„B-brief? W-w-was f-für ein B-brief?“ fragte Saeca, in beinahe schon panischem Tonfall und zitterte so sehr, dass sie drohte den Inhalt ihrer Tasse über den gesamten Fußboden zu verteilen. Natürlich wusste sie, wovon die Rede war, und sie hatte den Brief verbrannt, kaum dass sie gesehen hatte von wem er stammte.
„Saeca, du...“
„Moment!“ fuhr Aleyandra dazwischen, als ihr gerade etwas einfiel. „Wie bist du hier reingekommen? Die Tür war abgeschlossen! Alles war abgeschlossen!“
„Stimmt.“ lautete die einfache Antwort. Während Levion in aller Ruhe einen weiteren Schluck Tee trank, durchbohrte Aleyandra ihn förmlich mit ihrem Blick.
Als er eine gute Minute später noch immer keine Anstalten machte, etwas hinzuzufügen, versuchte Aleyandra es erneut. „Also? Wie bist du reingekommen, wenn doch alles verschlossen war?“
„Nii-san ist ein Ninja!“ rief Saeca begeistert.
„Ein... was?“
„Der Begriff lautet eigentlich 'Shinobi', aber ja.“ meinte Levion. „Wir sind Personen die im Tempel der Shiina ausgebildet werden. Unsere Aufgabe ist es Gefahren zu erkennen, noch bevor sie entstehen, und im Idealfall dafür zu sorgen, dass es sie niemals geben wird. Man könnte sagen, wir sind ein wenig wie die Kinder Gaias... nein, das stimmt nicht ganz. Immerhin reagiert ihr erst, wenn es schon zu spät ist und bereits jemand zu Schaden kam.“
„Wenn das eine Beleidigung sein sollte...“
„Oh, das sollte es nicht. Es ist lediglich ein Unterschied, zwischen uns. Wir sind dazu da, Probleme zu verhindern, ihr existiert, um sie zu beseitigen, so einfach ist das.“
„Ich verstehe.“ murmelte Aleyandra. Sie wusste überhaupt nicht, wie sie mit dem Armani umgehen sollte, Saeca schien ihn zu mögen, weshalb sie ihn noch nicht aus dem Haus gejagt hatte, aber er war trotzdem seltsam, und ein wenig unheimlich. Alleine die Tatsache, dass er in ihr Haus eingebrochen war, und dann auch noch dieses ewige Lächeln, und die geschlossenen Augen... „Warum hast du eigentlich deine Augen geschlossen?“
„Das liegt an unserer Ausbildung im Tempel.“ antwortete Levion, und öffnete plötzlich die Augen. Sie waren vollkommen weiß, und wenn Aleyandra nicht gesehen hätte, wie er vorhin auf Saeca reagiert hatte, würde sie schwören, dass der Armani blind war. „Ich bin blind, und gleichzeitig sehe ich mehr, als je zuvor. Wir opfern unser Augenlicht, um die Fähigkeit zu erlangen, die Welt so zu sehen, wie sie ist.“
„Ähm... was?“
„Tut mir leid, besser kann ich es nicht erklären. Lass dir nur gesagt sein, dass ich wahrscheinlich besser sehen kann, als die meisten Menschen.“ Levion schloss wieder die Augen, und erhob sich. „Wie dem auch sei, ich will nicht mehr von deiner Zeit in Anspruch nehmen. Ich bin nur gekommen, weil ich dachte, dass ich mich vorstellen sollte, immerhin werden wir uns in nächster Zeit wahrscheinlich noch öfter sehen.“
„Du bleibst in Navea, Nii-san?“ fragte Saeca begeistert.
„Natürlich. Unsere Tante wird während meiner Abwesenheit den Tempel leiten, ich habe einen wichtigen Auftrag erhalten.“ er warf einen Blick zu Aleyandra. „Und zwar soll ich... jemanden beobachten.“
Saeca runzelte die Stirn. „Wen sollst du beobachten? Und warum interessiert man sich zuhause für Navea?“
„Du kennst die Antwort, Saeca. Du willst es vielleicht noch nicht wahrhaben, aber du kannst nicht für immer vor der Realität davonrennen, das kann keiner von uns.“ Levion ging in Richtung Tür davon, hielt jedoch kurz an, und warf mit einer blitzschnellen Bewegung etwas in Saecas Richtung. Diese fing den Gegenstand, sehr zu Aleyandras Überraschung, auf, und sah ihn sich an. Es war eine große, dicke Spielkarte, auf der ein großes Schwert zu sehen war, um das schwarze Flammen tanzten. „Die Priester haben beschlossen, dass es dir gehören soll. Solltest du jedoch der Meinung sein, dass du es nicht tun kannst, bitten sie dich darum, es zurückzubringen, damit es einem würdigeren Kandidaten überreicht werden kann.“
„J-ja, Nii-san.“ flüsterte Saeca, mit niedergeschlagener Stimme. „Nii-san?“ fragte sie dann, als Levion gerade gehen wollte.
„Ja?“
„Du... du wirst doch nichts ähm... machen, oder?“
„Ich bin nur hier, um zu beobachten, weiter nichts.“ antwortete Levion, und verließ dann das Haus. Aleyandra richtete ihren Blick aus dem Fenster, um zu sehen in welche Richtung der Armani wohl gehen würde, allerdings war er spurlos verschwunden, lediglich ein Haufen Blätter wirbelte dort in der Luft, wo Levion die Straße betreten hatte.

Eine Weile lang herrschte Schweigen im Wohnzimmer, nachdem Levion verschwunden war. Dann sprang Saeca plötzlich auf.
„Ah! Ein wunderschöner Tag, ich werde uns ein paar Dango holen, Onee-chan!“ rief sie begeistert, und wollte gerade in Richtung Küche gehen, als sie Aleyandras bohrenden Blick im Nacken spürte.
„Saeca...“
„J-ja, Onee-chan?“
„Komm bitte zurück.“ Die Armani tat wie ihr geheißen, und schlich zurück ins Wohnzimmer, um sich neben Aleyandra auf dem Sofa niederzulassen.
„Ist etwas?“ fragte sie, so unschuldig wie möglich.
„Du meinst außer, dass ich gerade rausgefunden habe, dass du einen Bruder hast, der in mein Haus eingebrochen ist, seltsame Dinge gefaselt hat, und dann einfach so... verschwunden ist? Wie hat er das überhaupt gemacht?“
„Er ist ein Ninja!“
„Und das heißt?“
Saeca öffnete den Mund um zu antworten, klappte ihn dann jedoch wieder zu und dachte eine Weile lang angestrengt nach. „Er... ist toll?“ versuchte sie, mit zögernder Stimme.
„Mit anderen Worten, du hast auch keine Ahnung.“
Die Armani schüttelte den Kopf. „Ich sollte eigentlich auch die Ausbildung unterlaufen.“ flüsterte sie so leise, dass Aleyandra sie fast nicht verstehen konnte. „Aber... ich wurde aussortiert, weil ich mit Lycaeas Magie kompatibel war. Deswegen... deswegen musste Nii-san alles alleine schaffen. Ich... glaubst du, er hasst mich?“ fragte Saeca plötzlich, und wirkte äußerst niedergeschlagen.
„Warte... was?“ Aleyandra war sichtlich verwirrt. Irgendetwas lief hier gewaltig schief... dieses Gespräch sollte eigentlich daraus bestehen, dass Saeca ihr ein paar Fragen beantwortete, und nicht umgekehrt.
„Ich habe ihn alleine gelassen, während ich von den Priestern wie eine kleine Prinzessin behandelt wurde.“ erzählte Saeca leise, mit bitterer Stimme. „Er war früher anders, fröhlicher und freundlicher. Sein Lächeln... es ist falsch, kalt und gefühllos.“ Saeca schien förmlich im Sofa zusammenzuschrumpfen. Sie zog ihre Knie bis zum Kopf, schlang ihre Arme um ihre Beine und starrte auf den Tisch, während sie fortfuhr. „Wir haben nie wirklich über die Ausbildung gesprochen, ich weiß kaum etwas darüber. Aber es hat ihn verändert, ich glaube er hat mir nie verziehen, dass ich noch immer sehen kann, während er alles... anders wahrnimmt.“
Vorsichtig legte Aleyandra einen Arm um Saecas Schulter, und drückte sie an sich. „Was meinst du damit? Er hat doch gesagt, er kann besser sehen, als die meisten Menschen, oder nicht?“
„Ja, aber anders. Es ist eher so, dass er alles um sich herum spürt, als dass er es sehen kann. Natürlich weiß ich nicht, wie genau es aussieht, aber so wie einige andere aus dem Tempel es mir erzählt haben... weiß er wahrscheinlich nicht einmal, wie ich wirklich aussehe. Du, ich, wir sind nichts weiter, als seltsame, farbige Schemen für ihn. Und das schlimmste ist... das schlimmste ist, dass er vollkommen alleine ist.“ sagte Saeca schließlich, und vergrub ihr Gesicht endgültig hinter ihren Beinen. Aleyandra sagte nichts, sie strich lediglich über Saecas Kopf und wartete, bis die Armani von alleine weitersprach. „Nii-san ist nicht nur ein Ninja... ein Shinobi, er ist auch der Leiter des Tempels, ihr Anführer. Die Armani wissen, dass die Arbeit der Shinobi notwendig ist, aber keiner traut ihnen, stattdessen zittern sie vor Angst, sobald sie einen von ihnen sehen. Und Nii-san wird selbst innerhalb der Shinobi gefürchtet, niemand will mit ihm zu tun haben. Ich glaube, dass ist das schlimmste. Vielleicht glaubst du es nicht, aber in meinem Dorf war ich ziemlich beliebt, ich war praktisch das genaue Gegenteil von Levion.“ Plötzlich hob Saeca den Kopf, und Aleyandra sah, dass Tränen in ihren Augen glitzerten. „Es ist ungerecht! Nii-san gibt alles, um unser Dorf vor Schaden zu bewahren, er tut sein bestes, um sie zu beschützen, und was ist der Dank? Sie fürchten sich, und würden ihn am liebsten davonjagen! Ich habe versucht für ihn da zu sein, ich... ich wollte ihm zumindest einen Teil der Wärme und Liebe geben, die mir von den Dorfbewohnern entgegengebracht wurde, und die er eigentlich verdient hätte. Aber du siehst ja, wie er reagiert, er will sich nicht einmal richtig umarmen lassen. Das kann doch nur bedeuten, dass er wütend auf mich ist, weil ich ihn alleine gelassen habe, oder?“
Aleyandra zögerte eine ganze Weile, ehe sie antwortete. Wie sollte sie darauf auch reagieren? Sie wusste nichts über Levion, und konnte sich nicht in ihn hineinversetzen... aber das würde Saeca vermutlich nicht sonderlich aufmuntern. „Ich glaube nicht, dass er dich hasst.“ sagte sie schließlich zögerlich. „Ich meine, er scheint sich ziemliche Sorgen um dich gemacht zu haben, wenn er sich über mich informiert hat, oder? Und auch, dass er dir verboten hat, dich als Botschafterin Gaias zu offenbaren, zeugt doch davon, dass er nicht will, dass du in Schwierigkeiten gerätst.“ An Saecas Gesichtsausdruck konnte Aleyandra sehen, dass sie die Armani keinesfalls überzeugt hatte, trotzdem rang diese sich ein schwaches Lächeln ab.
„Danke, Onee-chan. Tut mir leid, dass ich davon angefangen habe.“ sagte Saeca leise, und kuschelte sich an Aleyandra. „Du hattest bestimmt noch Fragen, nicht wahr? Immerhin kommt das ganze ein wenig plötzlich auf dich. Du... du bist mir doch nicht böse, dass ich nichts von Nii-san gesagt habe, oder?“
„Nein, natürlich nicht... aber Fragen habe ich trotzdem.“ meinte Aleyandra und lächelte die Armani an. „Zum Beispiel wurde ein... Sensei erwähnt, das ist doch eine Art Titel bei euch, oder?“
„Genau, Sensei ist mein Lehrer, er hat mir viel über Magie und die Karten der Armani beigebracht.“ erklärte Saeca, und langsam wurde sie wieder ruhiger und fröhlicher. „Er ist alt, ziemlich alt sogar und... na ja, irgendwie ist er der Hohepriester vom Tempel des Mimir.“
„Irgendwie? Ist er nun der Hohepriester, oder nicht?“
„Er... ähm... es ist kompliziert. Sagen wir, er hat mehr Einfluss als der Hohepriester, und weiß mehr über den Gott, aber er ist nicht offiziell das Oberhaupt.“ Ehe Aleyandra etwas sagen konnte, setzte Saeca sich auf, und hielt ihr etwas unter die Nase. Es war die Karte, die Levion seiner Schwester zugeworfen hatte, bevor er gegangen war. „Das ist eine der Karten, die unsere Schamanen und Druiden benutzen.“ sagte sie, sprang vom Sofa auf und rannte ins Schlafzimmer davon. Kurz darauf kehrte sie zurück, und hielt einen ganzen Stapel dieser Karten in der Hand. „Meistens werden sie für Magie genutzt, aber manche von uns können sie nutzen, um in die Zukunft eines Menschen zu sehen.“ plapperte sie begeistert drauflos, und von ihrer Niedergeschlagenheit war nichts mehr zu merken. Saeca breitete die Karten auf dem Tisch aus, und Aleyandra merkte dass so gut wie jede Karte mindestens zwei mal vertreten war.
„Warum gibt es mehr als eine von den Karten?“
„Weil sie immer etwas anderes bedeuten, je nach Situation, und in welcher Reihenfolge sie gezogen wurde. Es werden immer drei gezogen, und ein 'Auge des Sehers', dass als erstes kommt, bedeutet etwas anderes, als eines, dass als letztes gezogen wurde. Es kann also auch sein, dass man dreimal die selbe Karte zieht.“
„Ich verstehe... und warum gibt es die Karte hier nur einmal?“ fragte Aleyandra, und tippte auf eine Karte, auf der ein Mann mit Flügeln und Hörnern zu sehen war, der eine kleine Kugel in der Hand hielt.
„Oh... das ist die einzige Karte, deren Bedeutung sich nie ändert. Sie zeigt, dass das Leben der Person, die diese Karte zieht, entweder in Diensten des Maou, oder durch den Maou selbst beendet wird. Sie zeigt also den Tod.“
„Und was soll dieses Maou sein?“
„Es ist eine alte Legende meines Stammes.“ Saecas Miene verdüsterte sich schlagartig. „Der Maou ist ein Monster, ein Wesen, dass sich mit einem mächtigen Dämon eingelassen hat. Er wird ein Heer aus Dämonen um sich sammeln, und diese Welt in einem Strom aus Blut ertrinken lassen... die Priester denken, dass es sich bei ihm um denjenigen handelt, den die Kirche als Schattenritter bezeichnet.“ Saeca nahm die Karten auf und begann sie zu mischen. „Da er eine so große Bedrohung ist, haben natürlich viele Menschen diese Karte gezogen, immerhin wird er für viele Tote verantwortlich sein.“ Die Armani zögerte einen Augenblick. „Willst du es einmal versuchen?“ fragte sie dann, an Aleyandra gewandt. Diese dachte kurz nach, war dann jedoch der Meinung, dass es vollkommener Unsinn war, die Zukunft eines Menschen aus Karten zu lesen. Saeca schien jedoch an das ganze zu glauben, also wäre es vielleicht besser einfach mitzuspielen.
„Von mir aus.“ sagte Aleyandra, und Saeca hielt ihr den Stapel aus Karten hin. „Ich muss drei Stück ziehen, oder?“
„Genau, einfach drei ziehen, und sie mir zeigen. Ich bin wirklich gut darin, musst du wissen!“ sagte Saeca, mit vor Stolz geschwellter Brust. Ohne groß nachzudenken griff Aleyandra drei Karten, und legte sie aufgedeckt auf den Tisch. Wie sich herausstellte, hatte sie drei gleiche Karten gezogen, auf allen war eine lächelnde Frau in einem langen Gewand zu sehen, die zwei Fächer in den Händen hielt, und hinter deren Rücken sich ein paar Menschen ängstlich zusammenkauerten. Saeca beugte sich neugierig und mit vor Vorfreude strahlendem Gesicht über den Tisch, als sie die Karten sah, wich die Vorfreude jedoch purer Verblüffung. „Ara?“ kam es verwirrt von ihr, während sie die Karten angestrengt musterte.
„Also? Was ist jetzt?“ fragte Aleyandra, als Saeca nach einer Weile noch immer nichts gesagt hatte.
„Ähm... muss ein Fehler sein, Onee-chan. Manchmal dauert es ein wenig, die richtigen Karten zu ziehen, versuche es bitte noch einmal.“ sagte Saeca, und nickte sachte. „Ja, so muss es sein.“ murmelte sie leise, mischte die Karten erneut, und hielt sie Aleyandra hin. Diese seufzte, zog jedoch erneut drei Karten, zu ihrer, und Saecas, Überraschung, waren es jedoch die selben wie zuvor. „Ähm...“ Saeca blinzelte ein paar mal, ehe sie zu Aleyandra sah.
Diese wurde durch das Verhalten der Armani ein wenig nervös. Schön und gut, dass sie nicht daran glaubte, dass man mit Karten die Zukunft vorhersagen konnte, aber schlechte Dinge wollte man trotzdem nie hören, und da Saeca ihr noch immer nichts gesagt hatte, vermutete sie schon das schlimmste. „Was bedeuten die Karten?“ fragte sie schließlich.
„Ich... habe keine Ahnung.“ meinte Saeca, und sah noch immer vollkommen verwirrt aus. „Ich habe noch nie davon gehört, dass jemand drei mal diese Karte gezogen hat.“ Die Armani lehnte sich im Sofa zurück, und schien angestrengt nachzudenken, allerdings sah es nicht so aus, als wenn sie zu einer Antwort kommen würde.
„Ich dachte, du bist gut darin.“ sagte Aleyandra, und lachte.
„D-das bin ich auch!“ meinte Saeca, und lief leicht rot an. „Bei Ana-chan hat es geklappt, und bei Nii-san auch... aber mir hat nie jemand diese Reihenfolge erklärt. Ich glaube, dass ich Sensei fragen muss, wenn er zu Besuch kommt.“
„Aha, ich verstehe... warte, was? Was meinst du mit, 'wenn er zu Besuch kommt'?“
„Oh... das war der Brief, den Nii-san erwähnt hatte.“ meinte Saeca und schluckte nervös. „Sensei ist in der Stadt und... er will mich besuchen. Deswegen habe ich den Brief auch verbrannt, ich dachte, wenn ich ihn vernichte und den Inhalt vergesse, wird es nicht dazu kommen.“ plapperte Saeca vor sich hin, und schien immer nervöser zu werden.
„Warum? Magst du ihn nicht?“
„D-doch, er... ist in Ordnung, aber wenn er kommt, wir er jemanden mitbringen, da bin ich mir sicher! Und dieser jemand wird... ähm... vielleicht nicht allzu sehr davon begeistert sein, dass Kusanagi... na ja, kaputt ist. Da fällt mir ein, Onee-chan... brauchst du nächste Woche zufällig das Haus? Ich erwarte da nämlich ein paar Gäste...“



Zwei Gestalten näherten sich auf der befestigten Hauptstraße, welche alle Städte und Burgen der Handelsallianz miteinander verband, der berühmten 'Wüstenfeste'. Diese war die nördlichste Festung der Allianz, und überwachte die Grenze zwischen der Sternensandwüste, und dem Reich der Alfar, der Yggdrasil Republik. Seit über dreihundert Jahren stand sie hier, bemannt von tausenden Soldaten, die jederzeit darauf vorbereitet waren, einen Angriff der Republik zurückzuschlagen. Der General, welcher über die Feste kommandierte, war ein berühmter, relativ junger Mann, der bereits mehrere erfolgreiche Schlachten hinter sich hatte. An seiner Seite standen, neben den besten Soldaten der Sanknie Allianz, zwei der mächtigsten Magier, welche die Allianz je gesehen hatte. Alles in allem waren sich die Bewohner des südlichen Teils von Nord Midgard ziemlich sicher, dass ihre Wüstenfeste uneinnehmbar war, und dass es den Alfar niemals gelingen würde, sie zu überrennen. „Immerhin lagen sie halbwegs richtig.“ dachte Astarte, eine der beiden Gestalten, die sich der Festung näherten. Astarte hatte schulterlange, weiße Haare und grüne Augen, die in einem unnatürlichen Glanz erstrahlten. Gekleidet war sie in eine graue Robe mit silbernen Mustern, die ihren Körper vollständig verhüllte. Zudem hing an ihrer Hüfte ein Gürtel, an dem ein halbes Dutzend Bücher baumelte. Ihr Begleiter überragte Astarte um einen Kopf, und schien ein ganz gewöhnlicher Mensch zu sein, wäre da nicht sein Kopf gewesen. Dieser sah aus wie der eines Schakals, und war von einem schwarzen Pelz bedeckt, was reichte, um die meisten Menschen die ihn sahen, die Flucht ergreifen zu lassen. Bei den beiden handelte es sich um Dämonen, um genau zu sein waren sie die letzten beiden Generäle, welche Hel nach Terra geschickt hatte, um ihr Bündnis mit dem Schattenritter zu verfestigen.
„Es gefällt mir nicht, dass wir mit ihm reden müssen.“ meinte der Mann plötzlich. Bei ihm handelte es sich um einen Anubiten, einem Nachkommen des großen Erzdämons Anubis, der vor Jahrtausenden in einem längst vergessenem Krieg gefallen war.
„Hast du etwa Angst, Bhelvion?“ fragte Astarte, und gab sich Mühe spöttisch zu klingen, was ihr jedoch nicht ganz gelang.
„Natürlich, und das solltest du auch.“ lautete die Antwort des anderen Erzdämons. Astarte lächelte schwach. Bhelvion war so ehrlich wie eh und je, das war einer der Gründe, weshalb Astarte es mochte mit ihm zu arbeiten. „Wie ich sehe, hat er mal wieder ganze Arbeit geleistet.“ sagte der Anubite, als die beiden die Tore der Wüstenfeste erreichten. Diese standen sperrangelweit offen, und über ihnen hingen die Leichen von drei Menschen, deren Gesichter vor Angst verzerrt waren.
„Der General und die Magier, schätze ich.“ kam es von Astarte, während sie die Feste betraten.
„Glaube ich auch, und dann dürften das hier die Soldaten der Feste sein.“
Astarte verzog das Gesicht, als sie sah was Bhelvion meinte. Hinter den Toren der Feste, auf der Straße die zum Burgfried führte, wimmelte es nur so von Leichen, oder besser gesagt, es wimmelte von Untoten. Hunderte, wenn nicht tausende, Menschen schlurften über die Straße, mit leeren Augen und ohne auch nur den geringsten Ton von sich zu geben. „Das ist... widerlich.“ murmelte sie, und stand kurz davor sich zu übergeben. Sie hatte nichts gegen tote Menschen, im Gegenteil, als Todesfee bereitete es ihr größte Freude, so vielen Lebewesen wie möglich den Tod zu bringen. Aber Untote waren eine andere Sache. Sie waren Perversionen, widernatürliche Ausgeburten eines kranken Hirns, die niemals existieren dürften. Ein Leben nach dem Tod, und wenn es nur als Sklaven eines mächtigen Wesens war, ging gegen alles, wofür Astarte stand, und was sie verkörperte. Der Tod war das Ende vom Leben, nach dem Tod gab es nichts mehr, es durfte einfach nichts mehr geben. Und doch war es im Moment nicht die Existenz dieser Untoten, die Astarte dermaßen aufwühlte, sondern eher, was es bedeutete, dass diese Kreaturen hier waren. „Er scheint es wirklich ernst zu meinen.“ sagte sie, und ging gemeinsam mit Bhelvion in Richtung der Untoten. Kaum näherten sie sich den Bestien, wandten diese ihre Köpfe um, und torkelten auf die Neuankömmlinge zu.
„Scheint so, als wenn er wirklich vor hat einen Krieg zu starten.“ meinte Bhelvion. „Ansonsten hätte er sich niemals die Mühe gebracht, so viele wieder zum Leben zu erwecken.“
„Stört es dich denn gar nicht, was er hier getan hat?“
„Natürlich tut es das. Aber ich kann nichts daran ändern, genauso wenig wie du. Wir können nur hoffen, dass er Vernunft annimmt, wenn wir mit ihm reden.“
Als sie nur noch wenige Schritte von den Untoten trennten, und diese kurz davor waren, die beiden Erzdämonen anzugreifen, erklang eine Stimme aus den Reihen der wandelnden Toten. „Halt! Verzieht euch, das sind Gäste!“ Die Leichen sagten noch immer nichts, taumelten jedoch langsam zur Seite und drängten sich gegen die Häuser und Kasernen die hier standen, um Astarte und Bhelvion Platz zu machen.
„Oh? Das ist ungewöhnlich.“ meinte Bhelvion, als er knapp einhundert Menschen sah, die sich den beiden in den Weg stellten, und die noch äußerst lebendig zu sein schienen. „Ihr seid noch am Leben, das hätte ich nie erwartet.“ fügte er hinzu, als er und Astarte direkt vor den Menschen standen. Deren Anführer, einst ein Hauptmann der Garnison, ging vor den Dämonen auf die Knie, und seine Männer taten es ihm gleich.
„Ihr seid... Lord Bhelvion, und Lady Astarte, nicht wahr?“ fragte der Hauptmann mit nervöser Stimme. „Der Fürst hat Euch bereits erwartet.“
„Er wusste, dass wir kommen?“ fragte Astarte, mit ungläubiger Stimme.
„J-ja, Herrin. Fürst Sheogh meinte, dass es nur angemessen sei, dass Ihr diejenigen seid, die ihn begrüßen.“
„Arroganter Drecksack!“ zischte Astarte, und spielte kurz mit dem Gedanken, einfach wieder zu verschwinden, nur um Sheoghs Grinsen nicht sehen zu müssen, sobald sie und Bhelvion vor ihm standen.
„Möchtest du ihm das ins Gesicht sagen?“ fragte Bhelvion, mit ruhiger Stimme, jedoch konnte Astarte spüren, dass er genauso dachte wie sie.
„Lieber nicht.“ murmelte sie und seufzte. „Wieso lebt ihr noch?“ fragte sie dann plötzlich an den Hauptmann gewandt. Der hatte nicht damit gerechnet, dass die Todesfee ihn ansprechen würde, und zuckte erschrocken zusammen.
„I-ich... w-wir... wir h-hatten die Wahl.“ begann der Mann stotternd, wurde dann jedoch immer selbstsicherer, als die Dämonin keine Anstalten machte, ihn umzubringen. „Fürst Sheogh hat sämtlichen Soldaten die Möglichkeit gegeben, für ihn zu kämpfen, einige von uns haben das Angebot angenommen, nachdem... nachdem wir gesehen haben, was er mit Erzmagier Derwink gemacht hat.“ Der Hauptmann erschauderte, als er den letzten Satz vollendet hatte.
„Hm... war er einer der Typen, die über dem Tor hängen?“ fragte Astarte, vollkommen gleichgültig.
„Nein, Herrin. Das waren der General, ein anderer Erzmagier, und Derwinks Schüler. Erzmagier Derwink... existiert nicht mehr.“
„Ah, Sheoghs Haustier, nicht wahr?“
„Haustier?“
„Der Drache, ekelhafte Bestie. Mächtig, aber trotzdem ekelhaft.“
„Oh... ja, Herrin. Der Drache hat Erzmagier Derwink getötet... danach kämpfte die halbe Garnison für den Fürst, wir sind die einzigen, die überlebt haben.“
„Wir haben genug geredet.“ meinte Bhelvion plötzlich und trat einen Schritt nach vorn. „Bring uns sofort zu deinem Fürsten, damit wir ihn fragen können, was er sich hierbei gedacht hat.“
„Selbstverständlich, mein Herr.“ murmelte der Soldat, stand auf und drehte sich in Richtung Burgfried. „Ihr da, bleibt hier, und sorgt dafür dass die... Männer keine Probleme machen.“ sagte er, an seine Kameraden gewandt, die nickten und sich den Untoten näherten, um sie in Richtung Zentrum der Feste zu treiben. Dafür benutzten sie magische Amulette, die Sheogh ihnen gegeben hatte, ansonsten wären sie wahrscheinlich schon nach wenigen Augenblicken nichts weiter als Futter für die Untoten. „Bitte folgt mir, Lord Bhelvion, Lady Astarte.“ meinte der Hauptmann dann, und ging in Richtung Burgfried davon, dicht gefolgt von den beiden Erzdämonen. Als sie kurz vor dem Tor waren, hörten sie plötzlich ein lautes Brüllen über sich, und richteten ihre Blicke gen Himmel. Dort befand sich gerade eine große, schwarze Kreatur im Anflug auf die Feste. Sie hatte gewaltige, ledrige Flügel, und einen seltsamen, spitzen Kopf der in einem großen Hackschnabel zu enden schien. Die Kreatur hatte vier Beine und einen langen, stacheligen Schwanz, der mit jadegrünen Kristallen gespickt war. Es war ein Schattendrache, Sheoghs Lieblingshaustier, dass er so gut wie immer bei sich hatte. Beim Anblick der gewaltigen Kreatur, verspürte Astarte einen Anflug von Neid. Warum hatte dieser verdammte Drecksack ein so wunderbares Haustier, während sie sich mit Wyvern zufrieden geben musste? Selbst Jezebeth hatte eine Hydra gehabt, und die Harpyie war sogar schwächer gewesen als sie! Es war einfach nur ungerecht! Noch während sie darüber nachdachte, landete der Schattendrache auf dem Dach des Bergfrieds, und rollte sich in der Mittagssonne zusammen, um zu schlafen.
„Lass dich jetzt nicht vom Drachen ablenken, und fange schon gar keinen Streit darum an.“ murmelte Bhelvion leise, an Astarte gewandt, die ihm zwar einen vernichtenden Blick zuwarf, jedoch widerwillig nickte. Es war zwar sein gutes Recht sie zu warnen, aber trotzdem gefiel es Astarte nicht, dass der Anubite sie für so dumm hielt, hier einen Kleinkrieg mit Sheogh anzufangen, wegen eines Drachen.
„Ähm... ja...“ meinte der Hauptmann, der sich vor Angst kaum von der Stelle bewegen konnte, und einfach nur die riesige Gestalt auf dem Dach anstarrte. „Ich... denke, wir sollten weitergehen... bitte folgt mir.“ sagte er dann, ehe er langsam und vorsichtig die Tür öffnete und eintrat. Die drei gingen eine ganze Weile lang schweigend durch den Burgfried, ehe sie an ihrem Ziel angelangt waren. Dabei handelte es sich um etwas, dass früher vielleicht einmal der Speisesaal für die Offiziere und Magier gewesen war. Der neue Herrscher der Wüstenfeste, hatte den Saal jedoch zu einer Art Thronraum umfunktioniert. Bänke, Tische und Stühle waren an die Wand gestellt worden, und in der Mitte des Raums befand sich ein großer Thron, aus einem Kristall, der in einem dunklen Blauton glänzte, und den Astarte noch aus Pandämonium kannte, als sie dort einmal das Fürstentum von Sheogh besucht hatte. Anscheinend ließ er es sich nicht nehmen, sogar seinen eigenen Thron mit nach Terra zu schleppen. Sheogh selbst saß auf eben jenem Thron, und warf seinen Gästen ein breites Grinsen zu. Sheogh sah aus, wie ein ganz gewöhnlicher, junger Mann, mit kurzen, blonden Haaren... wären da nicht seine Augen gewesen. Diese waren pechschwarz, und machten für jeden deutlich, dass es sich bei ihm um einen Vampir handelte, und nicht nur um irgendeinen Vampir. Wenn man den Legenden und Geschichten, die man sich in Pandämonium erzählte, dann war Sheogh der älteste aller Vampire, angeblich war er sogar der allererste Vampir gewesen. Ob das stimmte wusste Astarte nicht, sie wusste nur, dass Sheogh der mächtigste aller Vampire war, und sich wahrscheinlich auch zu den drei mächtigsten Bewohnern Pandämoniums zählen durfte. Während die meisten Vampire Magie lediglich absorbierten, war Sheogh als einer der wenigen von ihnen in der Lage, selber Zauber zu wirken. Und nicht nur das, er konnte sogar Zauber benutzen, von denen die meisten Sterblichen nicht einmal wussten, dass sie existierten, wie zum Beispiel die unheilige Hexerei, mit der er die Toten dazu brachte, ein letztes mal in die Schlacht zu ziehen.
„Astarte! Bhelvion! Wie schön euch zu sehen! Als ich gehört habe, dass Hel euch zwei nach Terra geschickt hat, da wusste ich einfach, dass ich nicht länger stillsitzen konnte, ich musste euch einfach besuchen kommen! Ihr ahnt ja gar nicht, wie langweilig es in Dôrzakh geworden ist!“ rief der Vampir, und breitete die Arme aus. Dôrzakh war das Fürstentum, über welches Sheogh in Pandämonium herrschte. Im Gegensatz zu den anderen Fürsten, musste er jedoch weder Eligos noch Hel die Treue schwören, um sein Fürstentum zu behalten. Selbst die beiden mächtigsten Wesen der Heimatwelt der Dämonen, hielten es für das beste, sich nicht mit Sheogh anzulegen. Umso nervöser wurde Astarte, ob der Tatsache dass er nun tatsächlich hier aufgekreuzt war.
„Besuchen?“ fragte Bhelvion, und schnaubte. „Um uns zu besuchen, musst du nicht deinen gesamten Hofstab mitbringen.“ meinte er, und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. Sie und Sheogh waren nicht alleine hier, insgesamt dreizehn andere Vampire, befanden sich im Raum und beobachteten belustigt das Treffen, zwischen den Erzdämonen. Drei Vampire mit großen Zweihändern standen hinter Sheoghs Thron, und musterten die Gäste mit kaltem Blick. Beim Rest des Hofstabs handelte es sich um zehn Vampirinnen, die alle nebeneinander auf einer der Festtafeln saßen, und gelangweilt dreinblickten. Astarte hasste diese zehn Dämoninnen mehr als alles andere, sogar noch mehr, als Untote. Denn sie waren keine stolzen Einwohner Pandämoniums mehr, sie waren nur noch fanatische Furien, die für nichts anderes lebten, als für den Kampf... und für Sheogh. Wenn sie gerade kein Blut vergießen, oder mit ihrem geliebten Fürsten zusammen sein konnten, verflog jegliches Interesse, und sie starrten stur geradeaus, bis etwas geschah, dass sie aus ihrer Langeweile reißen konnte.
„Das stimmt natürlich, aber ich wollte schließlich nicht nur zu Besuch kommen.“ meinte Sheogh, und sah ein wenig enttäuscht aus, als die beiden anderen Erzdämonen keinerlei Anstalten machten, überrascht auszusehen. „Kommt schon, ihr könntet zumindest so tun, als wenn es euch überraschen würde, was ich gerade gesagt habe.“
„Ich habe keine Lust, mich auf die Spielchen von... etwas wie dir einzulassen.“ sagte Astarte, und verzog das Gesicht.
„So gemein wie immer, dabei tut es mir sogar aufrichtig leid, dass ich diese Menschen hier zu meinen Sklaven gemacht habe. Aber du weißt ja wie es ist, wenn ich...“
„Sheogh, was willst du?“ unterbrach Bhelvion den Vampir und trat einen Schritt auf den Thron zu. „Wir haben nicht ewig Zeit, ich muss noch eine kleine Reise nach Navea vorbereiten. Also komm endlich zum Punkt.“
„Navea? Hm... was willst du dort? Ah, natürlich! Du hoffst, so Nidhöggrs Schatzkammer zu finden, nicht wahr? Aber was interessiert dich an der Kammer? Ich weiß nicht, was daran so wertvoll sein soll, immerhin war der gute Nidhöggr ein Drache, und die benutzen keine Waffen oder Rüstungen, die man als Artefakte hinterlassen könnte... oh, Verzeihung. Ihr hattet ja keine Zeit mehr, als Schoßhündchen eines Menschen hat man es anscheinend nicht leicht.“ Als Sheogh sah, wie seine Worte Wirkung zeigten, zeichnete sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht ab. Astarte knirschte mit den Zähnen, und war vor Wut rot angelaufen, viel mehr konnte sie jedoch nicht machen. Sie kämpfte mit Magie, weshalb sie den Vampiren hier nicht einmal annähernd das Wasser reichen konnte.
„Nimm das zurück, Sheogh.“ sagte Bhelvion mit ruhiger Stimme, die jedoch einen äußerst bedrohlichen Unterton hatte. Das reichte auch aus, um die Aufmerksamkeit der Vampirinnen auf sich zu ziehen. Sie konnten spüren, dass ein Kampf kurz bevorstand, und richteten sich langsam auf, während sie zu ihren Waffen griffen. „Wir dienen Hel, nicht diesem Schattenritter.“ fügte der Anubite hinzu, und zog das Schwert, welches er an seiner Hüfte trug. „Dieser Mensch ist nicht unser Herrscher, wir helfen ihm nur, mehr nicht.“ er ließ seinen Blick durch den Raum wandern, und ein spöttisches Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht, als er die Vampirinnen bemerkte, die langsam begannen, einen Kreis um ihn und Astarte zu bilden. „Kein Vergleich, zu dir und deinen Huren, die ihren Stolz als Dämonen in den Dreck geworfen haben.“ fügte er dann hinzu.
„Pass auf, wen du hier beleidigst, Bhelvion.“ sagte Sheogh, dessen Grinsen aus seinem Gesicht verschwunden war. „Dies ist jetzt meine Festung, und du bist inmitten meines Heers. Selbst ihr zwei könntet nicht gegen mich und meinen Hofstab bestehen.“
„Vielleicht, aber wir würden dich mit ins Grab nehmen.“ meinte Bhelvion, und plötzlich leuchteten seltsame Runen auf seinem Schwert auf, die Sheogh ein wütendes Zischen entlockten. „Es war nicht leicht, aber ich habe es geschafft, den Zauber der Kirche zu kopieren... wie nannten sie ihn noch? Den Fluch des Longinus?“
Sheogh sprang plötzlich von seinem Thron auf, und ging mit wütenden Schritten auf Bhelvion zu, hielt jedoch ein wenig entfernt von ihm an, als er merkte wie der Anubite die Klinge direkt auf sein Herz richtete. „Nenne nie wieder diesen Namen. Nie wieder!“ fauchte er Bhelvion an, ehe er zurück zum Thron ging. „Und ihr haut gefälligst ab, verschwindet wieder auf eure Plätze!“ fuhr er die Vampirinnen an, die ein enttäuschtes Seufzen hören ließen, jedoch wieder zurücktraten.
„Sag uns endlich, was du willst, Sheogh.“ sagte Astarte, die sich mittlerweile beruhigt hatte, und sah den Vampir auffordernd an.
„Von mir aus, ich bin hier, weil ich mich wie gesagt gelangweilt habe.“ meinte Sheogh, der inzwischen äußerst schlechte Laune hatte, und das Gespräch so schnell wie möglich beenden wollte. „Als ich dann gehört habe, dass Midgard kurz davor steht, in einem Krieg zu versinken, habe ich mir gedacht, dass ich auch mal wieder Krieg führen könnte. Deswegen sind wir hier, auch wenn ich sagen muss, dass diese sogenannte Elite der Sanknie Allianz ein Witz war. Wenn das alles ist, was Midgard zu bieten hat, muss dieser Schattenritter ziemlich erbärmlich sein, dass er auf eure Hilfe angewiesen ist... da fällt mir ein, wo ist eigentlich Jezebeth? Sollte die nicht eigentlich auch bei euch sein?“
„Jezebeth ist tot, sie ist in Candeo gestorben.“ sagte Astarte und zuckte mit den Schultern. „Es musste einfach so kommen, immerhin hat sie auf einen der alten Götter gehört. Das kann nur zu einem äußerst schlechten Ende führen.“
„Oh? Also gibt es im Reich der Kirche jemanden, der stark genug ist um Jezebeth zu töten... interessant.“ Sheogh dachte eine Weile lang nach, dann klatschte er in die Hände. „Ich weiß! Ich habe ein Angebot für diesen Schattenritter. Ich biete ihm ein Bündnis an, falls er interessiert ist, soll er mir innerhalb von einer Woche antworten. Falls er ablehnt, werde ich einfach gegen ihn Krieg führen.“
„Du... bist du verrückt?“ fragte Astarte entgeistert. „Du willst gegen einen Verbündeten von Hel in den Krieg ziehen?“
„Nur, wenn er mich dazu zwingt.“ meinte Sheogh lächelnd. „Es wäre mir natürlich lieber, gegen diese verdammten Bastarde der Kirche zu kämpfen, und vor allem gegen die Doni, aber ich habe auch nichts dagegen, die Republik mit Krieg zu überziehen.“ Plötzlich wurde die Miene des Vampirs wieder ernster, und er bedachte die beiden Erzdämonen mit einem finsteren Blick, als er fortfuhr. „Und jetzt verschwindet von hier, bevor ich es doch noch drauf ankommen lasse, mich mit deinem Zauber zu messen, Bhelvion.“
Astarte schien noch etwas sagen zu wollen, doch Bhelvion legte ihr eine Hand auf die Schulter, und wandte sich in Richtung Tür. „Wir werden ihm sagen, dass du erwägst, dich mit uns zu verbünden.“ mit diesen Worten machten er und Astarte sich auf den Rückweg in den Norden, und ließen die gefallene Festung und ihre untoten Bewohner weit hinter sich.



Naruz saß mal wieder in der Bibliothek der Bladelli, und brütete über gleich drei großen, dicken Büchern, die sich mit etwas ungewöhnlicheren Methoden der Heilmagie beschäftigten. Seit Severina vor ein paar Tagen aufgewacht war, hatte Naruz so viel Zeit wie möglich damit verbracht, einen Weg zu finden, ihre Schmetterlinge zu heilen. Er ging noch immer seiner Arbeit als Paladin nach, und hatte sich hartnäckig geweigert, etwas davon an die anderen abzugeben, da diese sowieso schon mehr als genug zu tun hatten. Aus diesem Grund war er in letzter Zeit ziemlich übermüdet und gestresst, er hatte kaum geschlafen, und auch jetzt schien es so, als wenn er mal wieder eine ganze Nacht durcharbeiten müsste, wenn er denn Fortschritte machen wollte. Es war eine Sache, einen Menschen zu heilen, ein Schmetterling jedoch, war etwas völlig anderes, zumal Naruz nicht einmal genau wusste, was für Schäden die Falter denn nun davongetragen hatten. Bei solch kleinen Wesen, war es ein Wunder, dass sie nicht schon längst tot waren, und auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, war Naruz ziemlich beeindruckt davon, wie sein Bruder es tatsächlich geschafft hatte, auf diese Art und Weise zumindest ein wenig Gnade walten zu lassen. Beim Gedanken an Luca seufzte Naruz. Sein Bruder war heute... gestern Nachmittag, zum ersten mal wieder in der Villa erschienen, seitdem er von den Akashi angegriffen worden war. Es schien ihm relativ gut zu gehen, und nachdem Naruz das Ritual vollzogen, und die Siegel gestärkt hatte, war Luca wieder ganz der alte gewesen, und hatte sich in seine Arbeit vertieft. Inzwischen war er natürlich längst wieder zuhause, ebenso wie der Rest der Schattenjäger, so dass Naruz alleine in der Bibliothek war. Seufzend schob er eines der Bücher über Heilmagie zur Seite, und zog einen Stapel Dokumente näher zu sich heran, um diese zu lesen. Das war inzwischen eine seiner Angewohnheiten geworden, wann immer er der Meinung war, dass ihn das studieren von Heilungsmethoden nicht weiterbrachte, konzentrierte er sich wieder mehr auf seine eigentliche Arbeit, ehe er ein paar Stunden später wieder zu den Büchern griff. Bei diesen Dokumenten handelte es sich um den Bericht der Templer, die das Lagerhaus in Demarech durchsucht hatten, auf dass Theresia ihn aufmerksam gemacht hatte, und was er dort las, ließ ihn die Stirn runzeln. Laut Bericht wurden die Templer, als sie das Lagerhaus erreicht hatten, von einer unbekannten Person angegriffen, der Hautfarbe nach zu urteilen, handelte es sich dabei um einen Armani. Es gab keinerlei Verletzte, die Templer waren lediglich entwaffnet worden, aber anscheinend hatte der Armani ihnen gesagt, dass sie zu spät gewesen seien, ehe er plötzlich verschwand. Tatsächlich war das Lagerhaus leer gewesen, als die Templer es betraten, aber sie hatten einen Brief gefunden, der sie darauf hinwies, dass die Waren, welche sich dort befunden hatten, in Richtung Triatio Hochland weitergeschickt worden waren. Wer den Brief geschrieben hatte, oder ob es der Wahrheit entsprach, konnten die Templer nicht sagen.
Naruz seufzte. Irgendwie kamen sie dem Schattenritter keinen Schritt näher, sie gingen ihrer Arbeit zwar erst knapp zwei Wochen lang nach, aber trotzdem hatte er sich eigentlich mehr erhofft. Dem Bericht, über die Truppenbewegungen der Akashi, und die Bestechungsgelder, schenkte Naruz keine größere Beachtung. Es stimmte zwar, dass die Akashi aufrüsteten, aber das war nur verständlich, nach allem was in den letzten Monaten passiert war, vor allem nach den Ereignissen in Candeo. Trotzdem gab es eine Sache, die Naruz überhaupt nicht gefiel, und zwar, dass die gesamte Verteidigung im Norden, praktisch von den Akashi abhängig war. Sein Blick wanderte zu einem Brief, der neben ihm lag. Naruz hatte ihn selbst geschrieben, und würde ihn noch morgen Früh abschicken. Er hoffte nur, dass er Hochgeneral seinem Vorschlag zustimmen würde, denn dann müsste Naruz sich zumindest etwas weniger Sorgen um die Situation im Norden machen. Außerdem würde er sich bald einmal mit den Magiern hier in Navea auseinandersetzen müssen, um mit ihnen über magische Portale zu reden. Zwar gab es in Navea Magie, welche das Benutzen solcher Portale unmöglich machen konnte, allerdings war Naruz noch immer seine Begegnung mit dem Schattenritter in Demarech, in Erinnerung. Der hatte es trotz aller Versuche von Naruz geschafft, ein Portal zu öffnen, und dadurch zu entkommen... oder besser gesagt, zu verschwinden. Entkommen klang so, als wenn er dazu gezwungen gewesen wäre, zu fliehen, und das war ziemlich weit von der Wahrheit entfernt. Wenn Naruz sich nicht irrte, und er hoffte inständig, dass er es tat, dann könnte es dem Schattenritter gelingen, ein Portal mitten im Herzen von Navea zu öffnen, und es lange genug offen zu halten, um zumindest ein paar Dutzend Dämonen Zutritt zur Stadt zu gewähren. Das wäre zwar keine Bedrohung für die Kirche an sich, aber dutzende, mächtige Dämonen, die in Navea Amok liefen, würden ausreichen, um das einfache Volk in Panik zu versetzen, verständlicherweise. Langsam wandte Naruz sich wieder dem Stapel von Dokumenten zu, und blätterte ihn durch. Nach einer Weile sah er einen Bericht, von Analisa und Retia, diese hatten es endlich geschafft, eine Kanone zu bauen, die in der Lage war Magie zu verschießen. Noch war es auf relativ einfache, und harmlose Magie beschränkt, aber die Schmiedin war sich sicher, innerhalb der nächsten Monate, mindestens ein Dutzend Exemplare zu bauen, die mit Hilfe von Lucas Explosionszaubern funktionierten. Naruz lächelte leicht, und schüttelte den Kopf. Er selbst mochte ein ganz guter Magier sein, und dank seines Artefakts war es ihm inzwischen ein leichtes, Magie zu kopieren, aber trotzdem würde er wahrscheinlich nie an Analisa herankommen, wenn es darum ging magische Waffen herzustellen, oder Waffen überhaupt. Die Schmiedin war einfach ein Genie, wenn es darum ging, und das obwohl sie gerademal ein paar Jahre älter war als Naruz selbst. Als er den nächsten Teil des Berichts sah, war Naruz kurz davor laut loszulachen. So genial Analisa auch im Schmieden von Waffen war, so erbärmlich war sie, wenn es ums zeichnen ging. Naruz sah auf ein weißes Blatt Papier, auf dem mit schwarzer Tinte eine ziemlich simple Skizze gezeichnet war, ein Strichmännchen, welches anscheinend Analisa darstellen sollte, stand hinter... etwas, das vielleicht eine Kanone sein könnte, und stieß triumphierend eine Faust in die Luft. Über der Kanone stand in großen Buchstaben 'Bumm', und ein wenig weiter entfernt konnte man ein weiteres Strichmännchen sehen, dieses hatte jedoch Hörnern, Fangzähne, und Kreuze, anstatt von Augen. Jetzt wusste Naruz immerhin, warum die Anleitungen, die Analisa zu ihren Waffen schrieb, und in denen sie genauestens erklärte, wie man sie herstellen konnte, keine Illustrationen hatten. Gut, die Anleitungen las sich eh niemand durch, weil sowieso niemand darauf hoffen konnte, Analisas Arbeiten auch nur ansatzweise zu kopieren. Er schüttelte kurz den Kopf, und legte dann den Bericht zur Seite, um sich dem nächsten zu widmen. Er hatte keine Zeit, um sich jetzt darüber Gedanken zu machen, er musste... Naruz' Konzentration wurde jäh unterbrochen, als ihm etwas sanft auf den Kopf schlug. Der Paladin zuckte zusammen, blinzelte verwirrt, und drehte sich um.
„Hallo, Naruz.“ sagte Aynaeth, und setzte sich auf einen Stuhl neben ihm. In ihrer Hand hielt sie ein dünnes Buch, was die Frage beantwortete, was ihn da wohl gerade getroffen hatte.
„Oh, guten Tag... guten Abend... gute Nacht, Aynaeth.“ meinte Naruz und lächelte. „Ich wusste gar nicht, dass du noch wach bist. Soll ich auf mein Zimmer gehen? Dann kannst du ein wenig schlafen. Es tut mir übrigens wirklich leid, dass wir in letzter Zeit so oft in deiner Bibliothek sind, und dich stören. Ich...“
„Du arbeitest zu viel.“ sagte die Hexe, und unterbrach Naruz damit.
„Wie bitte?“
„Du arbeitest zu viel, in den letzten Tagen hast du überhaupt nicht geschlafen, und dich kein einziges mal ausgeruht, das ist nicht gut.“ Aynaeth legte ihre Wange auf den Tisch, und sah Naruz so von unten herab an. „Du solltest mehr schlafen... oder dich zumindest einmal ein wenig entspannen.“ Als Aynaeth merkte, wie Naruz sie ungläubig anstarrte, schlich sich ein fragender Ausdruck auf ihr Gesicht. „Ist etwas?“
„Ja... das heißt, eigentlich nicht. Ich bin es nur nicht gewohnt, dass du etwas, na ja, vernünftiges sagst... nein, das hört sich falsch an. Ich bin es eher nicht gewohnt, dass du jemandem Ratschläge gibst. Man könnte fast meinen, du machst dir Sorgen.“
„Natürlich mache ich mir Sorgen.“ sagte Aynaeth, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. „Du bist mein Freund, da ist es doch wohl normal, dass ich nicht will, dass du vor Erschöpfung umkippst, weil du dich überarbeitet hast.“
Naruz runzelte die Stirn. Was Aynaeth sagte, klang nur vernünftig und machte Sinn, jedem anderen Menschen hätte Naruz diese Worte auf der Stelle geglaubt... aber Aynaeth nicht. Sie heckte irgendetwas aus, und er würde herausfinden was. „Aha, und was schlägst du, als Freundin, vor, was ich machen sollte, um so etwas zu verhindern?“ fragte Naruz, und glaubte zu sehen, wie etwas in Aynaeths Augen aufblitzte.
„Du könntest zum Beispiel schlafen gehen.“
„Gute Idee, dann werde ich das jetzt tun.“
„Andererseits, will ich dich natürlich nicht dazu zwingen zu schlafen, wenn du nicht willst, dann willst du eben nicht.“
„Nein, nein. Mach dir keine Sorgen, ich...“
„Also gut, wenn du darauf bestehst, dann bleibe ruhig wach, ich werde dich nicht daran hindern.“ meinte Aynaeth, seufzte, und schüttelte den Kopf. „Aber dann lass mich dir zumindest eines sagen...“
„Hörst du mir überhaupt zu, Aynaeth?“ fragte Naruz, musste jedoch lächeln. Er ahnte schon, was als nächstes kommen würde.
„... ich kenne ein Geheimnis, das dabei hilft Stress und Müdigkeit abzubauen.“ beendete Aynaeth ihren Satz, und ignorierte Naruz vollkommen. Dann hob sie ihren Kopf, sah zur Decke empor, und warf Naruz aus dem Augenwinkel einen Blick zu. „Willst du wissen, was es ist?“ fragte sie dann, mit unschuldigem Tonfall.
„Aber natürlich, ich bin ganz Ohr.“ meinte Naruz, noch immer lächelnd. Er mochte es, sich mit Aynaeth zu unterhalten. Wann immer er mit ihr sprach, waren jegliche Probleme und Sorgen wie verflogen. Warum genau wusste er nicht, vermutlich lag es einfach an der merkwürdigen Art der Hexe.
„Also gut, das wichtigste zuerst, es muss Nachts sein...“ Aynaeth warf einen Blick aus dem Fenster und nickte. „Wie es scheint, haben wir diese Bedingung erfüllt. Dann, musst du in die Küche gehen, und einen Apfelkuchen backen.“ fuhr Aynaeth fort, und zog etwas aus einem Bücherstapel hervor, der auf dem Tisch lag. „Und zwar so einen.“ meinte sie, und zeigte Naruz ein Blatt, auf dem ein Rezept für einen gewöhnlichen Apfelkuchen stand.
„Und das wars?“
„Nein, es gibt noch einen letzten Schritt, und der ist der wichtigste von allen, also pass gut auf...“ Die Hexe räusperte sich, und sah Naruz dann so unschuldig wie möglich an, als sie fortfuhr. „Du musst den Kuchen einer guten Freundin von dir schenken... am besten einer Hexe, einer genialen Hexe. Je genialer die Hexe, desto besser die Wirkung.“ Aynaeth gähnte, und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
„Aha, und du denkst wirklich, dass mir das helfen wird?“ fragte Naruz amüsiert.
„Natürlich, du kannst mir vertrauen... übrigens, ich kenne zufällig eine sehr geniale Hexe, die liebend gerne etwas Apfelkuchen haben würde, sagen wir, innerhalb der nächsten drei Stunden?“
„Ach wirklich? Das überrascht mich aber, und du erzählst mir das alles, so ganz ohne Hintergedanken?“
Aynaeth zuckte mit den Schultern. „So bin ich nun einmal, die freundliche Hexe aus der Nachbarschaft. Ich habe als Kind in der Akademie immer am meisten Kekse verkauft, während der Schulfeste, so beliebt war ich in Vo Astur.“
„Ich wette, du hast den Großteil der Kekse selber gekauft.“ meinte Naruz, und erstarrte plötzlich, als etwas geschah, womit er nie im Leben gerechnet hätte. Aynaeth blinzelte ihn kurz an... und lachte! Die Hexe lachte!
„Du hast recht.“ sagte Aynaeth, nachdem sie aufgehört hatte zu lachen, jedoch noch immer mit einem Lächeln im Gesicht. „Außerdem habe ich die Kekse nicht selber gebacken, die waren von Naleya.“ fügte sie hinzu, blinzelte plötzlich verdutzt, und verstummte. Dann räusperte sie sich kurz, und hatte ihren üblichen Gesichtsausdruck aufgesetzt. „Wie auch immer, lass uns lieber wieder vom Kuchen reden.“
„Ja... ja, dass... sollten wir vielleicht.“ murmelte Naruz, noch vollkommen durcheinander, ob der völlig anderen Seite von Aynaeth, die er gerade gesehen hatte. Zwar war sie immer relativ fröhlich, wenn auch auf ihre eigene Art, aber er hatte sie kaum wirklich lächeln, geschweige denn lachen gesehen. Ehe Aynaeth jedoch wieder das Wort ergreifen konnte, fiel Naruz' Blick auf das Buch in ihrer Hand. „Aynaeth... wann hast du das letzte mal geschlafen?“ fragte er, und sah der Hexe direkt in die Augen.
„Was? Och... nicht lange her. Vielleicht drei, vier.“
„Drei, vier was? Stunden?“ Als Aynaeth, anstatt zu antworten, den Kopf zur Seite drehte, klappte Naruz der Mund auf. „Du meinst doch wohl nicht etwa Tage, oder? Aynaeth? Du hast seit vier Tagen nicht mehr geschlafen?“
„Du doch auch nicht.“ murmelte Aynaeth abwehrend, und legte ihren Kopf wieder auf den Tisch.
„Das ist etwas anderes, ich bin der Anführer der Schattenjäger, es ist meine Aufgabe... aber das ist jetzt egal, jetzt geht es erstmal um das Buch da. Das ist über Heilmagie, oder nicht?“
„Und?“
„Aynaeth... hast du etwa die letzten Tage versucht, einen Zauber zu finden, um Severinas Schmetterlinge zu heilen?“
„Ich... wollte dir helfen.“ murmelte die Hexe, und zuckte mit den Schultern. „Aber du erlaubst ja niemandem, dich dabei zu unterstützen, also habe ich einfach hin und wieder ein wenig nachgelesen, wenn ich mir sicher war, dass du es nicht mitkriegst.“ Aynaeth zögerte einen Augenblick, ehe sie fortfuhr. „Bist du etwa wütend auf mich?“ fragte sie, und schien eher neugierig, als besorgt zu sein.
„Was?“ fragte Naruz verdutzt. „Natürlich nicht, wie kommst du darauf? Es freut mich natürlich, dass du mir helfen willst.“
„Oh... dann ist ja alles gut.“ murmelte Aynaeth und gähnte erneut.
Eine Weile lang saßen die beiden schweigend in der Bibliothek, bis Naruz schließlich seufzte. Dank des Gesprächs mit Aynaeth, war er nicht einmal mehr wirklich müde, wenn er jetzt schlafen ging, würde er noch ewig lange wach bleiben, und dann lohnte es sich überhaupt nicht mehr. Also blieb ihm nur noch eine Möglichkeit, wenn er nicht sofort wieder anfangen wollte zu arbeiten... und darauf hatte er jetzt nicht wirklich Lust. „Also gut, du hast gewonnen.“ meinte Naruz, und stand auf, woraufhin Aynaeth sich zu ihm drehte.
„Wovon genau redest du? Naruz? Was...“ begann Aynaeth, kam jedoch nicht weiter. Naruz packte die Hexe am Arm, und schleifte sie hinter sich her, aus der Bibliothek heraus, ohne sich um ihre Proteste zu kümmern.

„Ich... ich glaube nicht, dass wir das tun sollten.“ murmelte Aynaeth nervös, und wandte den Blick von Naruz ab, der direkt vor ihr stand, und sie anlächelte.
„Ach ja? Das war doch deine Idee, oder nicht?“
„Nein, ich habe gesagt, du sollst einen Kuchen backen, nicht ich.“ versuchte Aynaeth sich aus der Situation herauszureden, aber es half nichts. Ohne auf ihre Worte zu achten, warf Naruz ihr eine Schürze zu, die Aynaeth mit einem Seufzen anzog. Naruz selber trug bereits eine, und hatte ein paar Schüsseln, eine Kuchenform, und einen Haufen Zutaten auf eine der Küchenbänke gestellt.
„Ich weiß noch, als wir uns das erste mal begegnet sind.“ sagte er, und legte Aynaeth einen Haufen Äpfel, und ein Messer hin, ehe er kurz zögerte. Dann nahm er das ganze wieder mit, und setzte ihr stattdessen einen Messbecher, Mehl und Zucker vor die Nase, sowie das Rezept.
„Du meinst, als ich den Apfelkuchen gebacken habe?“
„Was? Nein! In dieser Höhle, in der Nähe von Helonia. Mit der Riesenspinne.“
„Oh... ja, ich erinnere mich.“
„Du meintest, dass du für die Spinne verantwortlich warst.“ sagte Naruz, und schälte die Äpfel, während Aynaeth viel zu viel Zucker in den Messbecher kippte. „Aber du hast mir nie gesagt, wie genau.“
Aynaeth zögerte einen winzigen Augenblick lang, entschied sich dann jedoch dazu, die Wahrheit zu sagen. „Ich habe einen Grimoire erschaffen.“ sagte sie, und kippte Mehl in eine Schüssel, dieses mal ohne überhaupt den Messbecher zu benutzen. „Ein recht seltsamer Grimoire, er hat die Fähigkeit, das wahre Wesen einer Person zum Vorschein zu bringen. In der Theorie sollte es dafür Sorgen, dass derjenige, der vom Zauber betroffen ist, nicht lügen kann... aber wie es scheint, war die Wirkung doch ein wenig anders.“ Aynaeth seufzte. „Ich muss irgendwie einen Fehler gemacht haben, bevor ich ihn jedoch korrigieren konnte, wurde mir der Grimoire gestohlen. Ich habe den Dieb bis in die Nähe von Helonia verfolgt, die Spur verlor sich allerdings in der Höhle. Aber als ich die Spinne gesehen habe, war mir klar, dass mein Grimoire benutzt wurde, um sie in ein solches Monster zu verwandeln.“
„Warum sollte jemand so etwas tun?“
„Wahrscheinlich war es ein Experiment. Du hast gesagt, dass du Rhael nahe Helonia begegnet bist, und dass er dort ein Buch gestohlen hat. Ich schätze, dass der Dieb den Grimoire an den Spinnen ausprobiert, und danach bei den Piraten gelassen hat, damit Rhael ihn von dort abholen konnte. Was der Blutende Turm damit will, kann ich jedoch nicht sagen.“
„Mhm, mach dir nichts draus.“ meinte Naruz, nachdem er mit den Äpfeln fertig war, und sich daran machte, die Mischung in Aynaeths Schüssel an verträglichere Maße anzupassen.
„Was meinst du damit?“ fragte Aynaeth, ein wenig überrascht.
„Nichts besonderes, aber es scheint so, als wenn du dich ein wenig fertig machst, wegen dem Grimoire. Es ist nicht deine Schuld, jeder macht mal Fehler.“
„Geniale Hexen nicht.“ murmelte Aynaeth. „Aber trotzdem danke.“ fügte sie hinzu.
„Kein Problem... und jetzt zeige ich dir mal, wie man einen Kuchen macht, ohne die gesamte Küche in die Luft zu jagen, ja?“
Kurz darauf befand sich der Kuchen im Ofen, und die Küche war aufgeräumt, was Aynaeth ziemlich zu beeindrucken schien. „Bist du ein Engel?“ fragte sie Naruz, der kurz auflachte.
„Was wäre ich denn bitteschön für ein Engel?“
„Ein Kuchenengel.“
„Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.“ meinte Naruz, und legte eine Hand auf Aynaeths Kopf.
„Ah... schon wieder.“ murmelte die Hexe.
„Was?“
„Warum machst du das?“ fragte sie, mit neugieriger Stimme.
„Gute Frage. Weil... du gute Arbeit geleistet hast, beim Kuchenbacken?“
„Ohhhhh... eine Belohnung?“ fragte Aynaeth und legte den Kopf schief.
„Ähm... von mir aus, wenn du es so verstehen willst, klar. Eine Belohnung. Wie auch immer, du hattest recht gehabt... irgendwie zumindest.“ sagte Naruz und gähnte. „Das Backen hat wirklich irgendwie geholfen, oder mich nur lange genug vom arbeiten abgelenkt, um mir zu zeigen wie müde ich bin. Ich denke, ich gehe jetzt schlafen... schaffst du es, alleine auf den Kuchen aufzupassen?“
„Natürlich, du kannst dich auf mich verlassen.“ meinte Aynaeth, und nickte mit ernster Miene.
„Dachte ich mir schon, Serif?“
„Was gibt es, Partner?“ fragte das Eidolon, kaum dass es in der Küche erschienen war.
„Warum bist du so schlecht gelaunt?“
„Ach, vielleicht weil Merilee sich wegen dir unglaubliche Sorgen um mich gemacht hat! Weißt du eigentlich, was...“
„Ja, ja, tut mir leid.“ murmelte Naruz müde, und würgte Serif mit einer Geste ab. „Ich muss dich um etwas bitten, bleib hier bei Aynaeth, und sorge dafür, dass sie den Kuchen rechtzeitig aus dem Ofen holt, ja? Danke.“
„Ich kann mich nicht daran erinnern, 'ja' gesagt zu haben... hey! Hörst du mir überhaupt zu?“ Die einfache Antwort auf Serifs Frage lautete 'nein'. Naruz hörte ihm nicht zu, sondern wünschte Aynaeth eine gute Nacht, ehe er die Küche verließ und zu seinem Zimmer ging. Ehe er es jedoch erreichen konnte, blieb er wie angewurzelt stehen, als eine Stimme in seinem Kopf erklang.
„Naruz, kannst du mich hören?“
„Asmodäus? Bist du das?“
antwortete Naruz in Gedanken. Dank Aynaeths Kommunikation per Grimoire, war Naruz langsam gewöhnt, mit Leuten in seinem Kopf zu reden... was vielleicht nicht unbedingt etwas positives war, aber wen kümmerte das schon?
„Ganz genau, freut mich, dass du dich an mich erinnern kannst. Demir war nach unserem Gespräch ziemlich wütend, und hat mich von dir ferngehalten, aber er ist gerade abgelenkt, also habe ich ein wenig Zeit, um mit dir zu reden.“
„Warte... warum kannst du mit mir außerhalb dieser... Traumwelt reden? Demir konnte das doch auch nicht.“
„Hat er das behauptet? Falls ja, war es eine Lüge, er könnte ebenso leicht Kontakt zu dir aufnehmen wie ich, er will es bloß nicht. Wenn du nicht gerade in Lebensgefahr schwebst, scheinst du ihm egal zu sein. Das würde auch erklären, warum er in den letzten Tagen nicht mit dir geredet hat.“
„Ich will jetzt nicht darüber reden, ob Demir mich mag, ich ihm egal bin, oder sonst was. Tut mir leid, aber ich bin ziemlich müde, was willst du von mir, Asmodäus?“
„Natürlich, ich kann dich verstehen. Die Versuche, der Akashi zu helfen müssen dich ziemlich verausgabt haben, aber genau deswegen will ich mit dir reden. Ich kann dir helfen, ihr zu helfen.“
„Wie bitte?“
„Ich weiß, wie man die Schmetterlinge heilen kann.“
behauptete Asmodäus, ehe er ein wenig zögerlich fortfuhr. „Aber... es wird dir vielleicht nicht gefallen.“
„Was wird mir nicht gefallen, dein Preis?“
„Welcher Preis?“

Naruz runzelte die Stirn. „Letztes mal hattest du gesagt, dass ich einen Preis zahlen müsste, für weitere Hilfe.“
„Oh... ja, stimmt. Aber da ging es um Informationen über den Schattenritter, nicht darum, einer jungen Frau unerträgliche Schmerzen zu ersparen. Weißt du, einige meiner besten Freunde in Cordius waren Dämonen der Barmherzigkeit, und des Mitgefühls, von ihnen habe ich einiges gelernt.“
„Also verlangst du nichts, als Gegenleistung für deine Hilfe?“
„Ich würde mich äußerst schrecklich fühlen, wenn ich dich dazu zwingen würde etwas zu tun, nur um der armen Akashi zu helfen. Ich... ich habe ein wenig in ihren Geist gesehen, als du sie behandelt hast. Sie ist ein äußerst nettes Mädchen, und die Schmetterlinge bedeuten ihr sehr viel. Ich bin mir sicher, dass ich unglaublich viel Emotionen kriege, wenn sie glücklich ist.“
„Und was wird mir dann nicht gefallen?“
„Du... müsstest mir den Strom deiner Magie anvertrauen. Ich kenne den Zauber, der die Schmetterlinge retten wird, aber es ist Magie aus Cordius, ich weiß nicht, ob du sie einsetzen kannst... um ehrlich zu sein weiß ich nicht einmal, ob ich sie hier verwenden kann, aber es ist einen Versuch wert.“

Naruz zögerte einen Moment. Theoretisch dürfte nichts passieren, wenn er dem Dämon kurze Zeit die Kontrolle über seine Magie gab... aber sollte er ihm einfach so trauen? „Was genau meinst du damit, dass ich dir den Strom meiner Magie anvertrauen soll?“
„Ganz einfach, du sammelst deine Magie und wirkst einen ganz gewöhnlichen Heilzauber. Dann, bevor der Zauber seine Wirkung entfaltet, werde ich die Kontrolle übernehmen, und ihn so verändern, dass er funktioniert. Zumindest in der Theorie. Es wäre nur einen winzigen Augenblick lang, aber ich kann es verstehen, wenn du das Risiko nicht eingehen willst.“

Naruz biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. Einem Dämon einfach blind zu vertrauen... nach allem was er erlebt hatte, Sonjuno, Jezebeth... konnte er wirklich einfach so 'ja' sagen? Andererseits, konnte er Severina weiterhin dermaßen unter den Schmerzen leiden lassen, obwohl er eine Möglichkeit hatte, sie davon zu befreien? Nein, das konnte er nicht. Also gab Naruz sich einen Ruck, und schlug eine andere Richtung ein, als eigentlich geplant gewesen war. Kurz darauf betrat er das Zimmer, in dem Severina Akashi lag, und schlief. Viel länger würde der Schlafzauber jedoch nicht mehr anhalten... also wäre es vielleicht besser, sich zu beeilen, ehe sie aufwachte, und die Schmerzen zu spüren bekam. Er ging zu dem Tisch, auf dem die Schmetterlinge lagen, und holte tief Luft. „Also gut, kannst du mich hören, Asmodäus?“
„Natürlich.“
„Ich werde deine Hilfe annehmen, du hast meine Erlaubnis, um den Heilzauber so zu verändern, dass er die Schmetterlinge heilt... du darfst meine Magie kontrollieren.“
„Bist du dir sicher, dass du das wirklich willst? Es könnte ein ziemlich unangenehmes Gefühl werden... und du kannst dir nicht sicher sein, dass ich dir die Kontrolle wiedergebe.“
„Ich weiß. Aber selbst wenn, du kontrollierst meine Magie, nicht meinen Körper. Ich kann ohne Magie leben, bis ich eine Möglichkeit finde, die Kontrolle zurückzugewinnen.“

Asmodäus lachte leise. „Du bist ein äußerst ungewöhnlicher Mensch. Du würdest dich eher vierteilen lassen, als einen unschuldigen Menschen leiden zu sehen... nein, als überhaupt einen Menschen leiden zu sehen, oder?“
„Es gibt vielleicht ein paar Ausnahmen.“
meinte Naruz lächelnd, und er dachte dabei vor allem an Silberblatt. Aber selbst bei diesem arroganten Drecksack war es nicht so, dass Naruz ihn furchtbar gerne leiden sehen würde... er würde sich nur keine Mühe machen, um ihm zu helfen.
„Also gut, dann fange jetzt mit dem Zauber an.“ sagte Asmodäus, und Naruz tat wie ihm geheißen. Dann, als er die Magie aus seinen Körper schickte, spürte Naruz, wie in seinem Inneren etwas zuckte und zerrte. Die Magie schoss wie wild durch seinen Körper, und sorgte dafür, dass ihm schwindlig wurde, und er kurz davor stand, sich zu übergeben. Kurz darauf war es jedoch vorbei, und Naruz sah, wie ein bläuliches Licht die Schmetterlinge umspielte. Nach einer Weile verschwand es, und Naruz sackte erschöpft in einem nahen Stuhl zusammen. Zwar hatte der Zauber nicht allzu viel Magie verbraucht, aber da Naruz sowieso schon übermüdet und erschöpft war, reichte es aus, um ihn beinahe ins Land der Träume zu schicken. Außerdem fühlte er sich... seltsam. Die Magie strömte zwar noch immer durch seinen Körper, aber es fühlte sich falsch an, unnatürlich.
„Hat.. hat es funktioniert?“ fragte Naruz an Asmodäus gewandt. Erst antwortete der Dämon nicht, dann spürte Naruz plötzlich, wie sich sein angespannter Körper beruhigte, und die Magie wieder wie gehabt, durch seinen Körper floss.
„Ich weiß es nicht genau, aber ich denke schon. Du wirst es Morgen sehen.“ sagte der Dämon. „Tut mir leid, wenn ich dir wehgetan habe, aber ich habe noch nie die Magie eines Menschen benutzt, es war ziemlich ungewohnt.“
„Kein Problem... und ich bin dir dankbar dafür, dass du mir die Kontrolle wiedergegeben hast.“
„Natürlich habe ich das. Ich könnte damit eh nichts anfangen. Aber mir fällt da gerade etwas ein. Ich habe nämlich weitere Informationen für dich, Informationen über den Blutenden Turm. Es ist mir eingefallen, als du vorhin mit Aynaeth geredet hast.“
„Ach ja? Und woher hast du diese Informationen?“
„Das... darf ich dir nicht sagen. Gut, ich habe sie von Nidhöggr, aber woher er sie hat, darf ich dir nicht sagen. Das ist ein Geheimnis, dass er mir anvertraut hat, und ich werde ihn nicht verraten.“
„Ich verstehe, und was hat er dir gesagt?“
„Tut mir leid, aber so einfach ist das nicht, Naruz. Ich habe dir jetzt zweimal geholfen, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Einmal, weil es Demir geärgert hat, und einmal, weil es das richtige war. Aber wenn du jetzt noch einmal Informationen von mir willst, wirst du wie abgesprochen einen Preis zahlen müssen.“
„Und was ist der Preis?“

Asmodäus zögerte, sehr lange. So lange, dass Naruz schon dachte, er würde gar nicht mehr antworten. Aber dann meldete er sich schließlich doch wieder, auch wenn er weit vorsichtiger klang, als zuvor. „Weißt du... wenn ich in Zukunft mit dir reden will, wird das vielleicht nicht so leicht. Ich bin noch immer ziemlich schwach, und wenn Demir versucht mich zu unterdrücken, werde ich ihm kaum etwas entgegensetzen können. Ich... ich brauche Kraft, um mich gegen ihn zu wehren. Und da kommst du ins Spiel. Mein Preis ist einfach, ich brauche Lust, um mich zu stärken, du wirst mich füttern, um es so auszudrücken.“
Naruz lief leicht rot an, als ihm gerade aufging, was Demir und Asmodäus eigentlich alles mitbekamen, wenn sie doch in seiner Seele wohnten. „Ähm... soll das heißen, dass ich und Aleyandra...“
„Nein. Nichts gegen deine Freundin, aber das wäre... zu schwach. Die Information ist äußerst wertvoll, deswegen wird ein höherer Preis erforderlich sein. Zu deinem Glück, gibt es zwei Möglichkeiten, das Maß an Lust zu füllen, das ich verlange.“
„Was für Möglichkeiten?“
fragte Naruz, auch wenn ihm übles schwante.
„Bel Chandra, oder Theresia Akashi. Die beiden sind mit Abstand...“
„Vergiss es, Asmodäus.“
„Warum? Sie dürften genug Emotionen freigeben, um mich zu stärken... gut, Bel Chandra geht wahrscheinlich wirklich nicht. Aber die Akashi wäre doch kein Problem, sie wartet doch förmlich darauf, von dir besprungen zu werden.“
„Ich sage es noch einmal, vergiss es! Ich habe eine Freundin, und deine Informationen können es nicht wert sein, dass ich sie betrüge.“
„Wäre es denn wirklich betrügen? Siehe es einmal so, du würdest einmal mit Theresia schlafen, und das auch nur, um wichtige Informationen zu bekommen, nicht weil du sie liebst, oder an ihr interessiert bist. Außerdem, natürlich würde Aleyandra wütend sein... aber sie hat dir gesagt, dass sie dir alles verzeihen würde, oder etwa nicht?“
„Sie war betrunken, als sie das gesagt hat! Erwartest du ernsthaft, dass ich sie betrüge, nur weil du mir vielleicht...“
„Ein Leben ist in Gefahr.“
unterbrach Asmodäus Naruz, mit ernster Stimme. „Es tut mir wirklich leid, dass ich einen solchen Preis verlange, gerade weil ein Leben in Gefahr ist, aber ich habe keine andere Wahl. Ich hänge nämlich auch sehr an meinem eigenen Leben. Jemand den du kennst, ist in Gefahr, ich will nicht behaupten, dass du die Person sonderlich gut kennst, aber trotzdem. Es ist deine Entscheidung, du musst mir nicht jetzt antworten.“
„Ich...“
begann Naruz zögerlich, merkte jedoch, wie seine Entschlossenheit ein klein wenig ins Wanken geriet. Was, wenn Asmodäus recht hatte? Bisher hatte der Dämon ihn nicht belogen... zumindest soweit Naruz das einschätzen konnte. Und könnte er es sich wirklich verzeihen, wenn jemand den er kannte, vom Blutenden Turm ermordet wurde, nur weil er nicht auf Asmodäus gehört hatte? Aber diese Gedanken waren Schwachsinn. Was Asmodäus verlangte, war einfach unmöglich. Naruz hatte Aleyandra mehrmals versprochen, dass er sie niemals betrügen würde, und er würde dieses Versprechen auch halten. Er liebte sie, und würde nichts riskieren, was ihrer Beziehung schaden könnte... aber was, wenn Asmodäus' Definition von 'gut kennen' anders war, als seine eigene? Wenn Naruz ehrlich war, gab es so einige Menschen, die er mochte, aber nicht sonderlich gut kannte, oder besser gesagt, über die er kaum etwas wusste. Zum Beispiel Salvatore, Saeca, Aynaeth, oder... oder auch Aleyandra. Naruz riss die Augen auf. Könnte man es nicht eigentlich so drehen, dass Aleyandra diejenige war, die in Gefahr war? Immerhin wusste Naruz kaum etwas über ihre Vergangenheit, könnte das also...
„Du musst dir nicht zu viele Gedanken darüber machen, Naruz.“ unterbrach Asmodäus seinen Gedankengang, mit sanfter Stimme. „Ich weiß, dass ich viel verlange, und dass du gut darüber nachdenken musst. Sage mir einfach Bescheid, falls du deine Meinung ändern solltest, ja? Dann gebe ich dir die Information. Jetzt solltest du aber erst einmal schlafen, du hast es dir mit deiner harten Arbeit in den letzten Tagen wirklich verdient.“ Naruz zögerte, kam dann jedoch zu dem Schluss, dass Asmodäus recht hatte. Er war viel zu müde, um noch rationale Entscheidungen zu treffen. Kurz dachte er darüber nach aufzustehen, und in sein Zimmer zu gehen, ehe er jedoch auch nur versuchen konnte, diese Gedanken in die Tat umzusetzen, klappten seine Augen zu, und er fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Zuletzt geändert von Mimir am 19. Januar 2015 22:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 19. Januar 2015 21:59

48. Ich bin schon wieder viel zu lange in Navea... (Öffnen)
48. Ich bin schon wieder viel zu lange in Navea...


Als Naruz am nächsten Morgen aufstand und nachsehen wollte, wie es seiner Patientin ging, erlebte er endlich wieder einmal eine gute Überraschung. Die Akashi saß aufrecht auf ihrem Bett am offenen Fenster, die Decke zurückgeschlagen, und lächelte glücklich vor sich hin. Schwarz-blaue Schmetterlinge flatterten um Severina herum, manche flogen durch das Fenster an die frische Luft, aber wurden von dem Regen schnell wieder zurück ins Anwesen gejagt.
„Du bist wieder wach.“ begrüßte er sie vorsichtig und die Akashi schien seine Anwesenheit jetzt erst zu bemerken.
„Jap, gut erkannt, Paladin.“ erwiderte sie mit einem erstaunlich frechen und gut gelaunten Lächeln, während sie versuchte die Schmetterlinge davon abzuhalten sich in ihren langen Haaren zu verfangen.
„Es hat also wirklich funktioniert.“ meinte Naruz mehr zu sich selbst, als zu Severina. Asmodäus hatte wirklich geschafft, woran er beinahe verzweifelt wäre und jetzt wirkte die Akashi wie das blühende Leben. Vielleicht hatte er das Wissen des Dämons bisher wirklich unterschätzt, selbst Aynaeth hatte keinen Weg gefunden um die Vampirfalter zu heilen. „Wie geht es dir?“
„Besser. Meine Schmetterlinge sind wieder gesund und unverletzt, so gut wie neu. Es ist für sie fast, als wäre das alles niemals passiert.“
„Spürst du noch immer irgendwelche Schmerzen?“
„Nein, es geht mir gut, ich fühle mich großartig. Naja...“ zögerlich schweiften Severinas Augen zu ihrer rechten Körperhälfte ab, dorthin, wo noch immer die zwei bandagierten Stümpfe waren „so gut, wie es mir im Moment gehen kann, schätze ich. Es kann einem schließlich nicht gerade toll gehen, wenn einem der halbe Körper fehlt.“ müde schüttelte die Akashi den Kopf und zwang sich wieder zu einem Lächeln, sie wollte nicht undankbar gegenüber ihrem Retter erscheinen, immerhin wäre sie ohne ihn gar nicht mehr am Leben und könnte sich nicht über die verlorenen Gliedmaßen aufregen „Wie hast du das mit meinen Schmetterlingen überhaupt geschafft? Ich habe zwar, als wir uns das erste Mal trafen, gespürt, dass du ein mächtiger Magier bist, aber das hier, sollte eigentlich unmöglich sein! Und wenn sich jemand mit Vampirfaltern auskennt, dann bin ich das, aber selbst ich habe keine Ahnung wie du es angestellt hast. Als ich das erste Mal aufgewacht bin, konnte ich spüren wie schlecht es ihnen ging. Sie lagen im Sterben, alle. Das einzige was sie noch am Leben gehalten hat, war die Verbindung zu mir. Sie haben von meiner Energie gelebt und selbst das hätte nicht mehr lange gereicht, noch ein paar Tage mehr und sie wären an ihren Verletzungen gestorben, und ich vermutlich mit ihnen.“
„Das ähm...ist nicht so leicht zu erklären. Ich wüsste gar nicht wo ich anfangen sollte. Sagen wir einfach, es war nicht gerade einfach, aber hat irgendwie funktioniert.“ versuchte Naruz sich irgendwie rauszureden, da er noch immer nicht wusste wie genau Asmodäus es fertiggebracht hatte die Vampirfalter zu heilen. Er musste sich das irgendwann einmal von seinem kleinen Dämon erklären lassen, falls dieser bereit war seine Geheimnisse mit ihm zu teilen.
„Mhm, wenn du meinst.“ nachdenklich musterte sie ihren Retter eine Weile wortlos, aber schien es zu akzeptieren. Letztendlich interessierte es sie auch nicht wirklich, wie der Paladin ihr geholfen hatte, die Hauptsache war, dass es ihren Schmetterlingen wieder gut ging. „Tut mir leid, ich sollte meinen Retter nicht gleich darum bitten mir all seine magischen Tricks zu verraten, vor allem, da wir letztendlich noch immer Feinde sind.“
„Feinde? Ich glaube, ich habe noch nie so hart gearbeitet um einen Feind zu retten.“ sagte Naruz mit einem leisen Lachen „Außerdem, dienen wir alle der Kirche.“
„Der eine vielleicht mehr als der andere.“ murmelte die Akashi vor sich hin, sie diente ganz sicher nicht der Kirche „Ich dachte eigentlich nur, dass jemand der so mächtig ist wie du und so viel über Magie weiß vielleicht in der Lage wäre...mich ganz zu heilen, auch meinen Arm und mein Bein.“ als sie seinen düsteren Blick sah, sprach Severina rasch weiter „A-aber ich will nicht undankbar wirken! Du hast bereits mehr für mich getan als ich verdient habe und solange es meinen kleinen Freunden gut geht, ist mir der Rest egal. T-trotzdem muss ich es wissen.“ unsicher wandte sie ihre Augen von ihm ab und starrte gedankenverloren auf ihre Schmetterlinge. Es war alles in Ordnung, solange ihre Vampirfalter und ihr Bruder noch lebten, aber wie sollte sie so jemals wieder mit ihrem Bruder auf Beutezug gehen? Falls er sie so überhaupt wiederhaben wollte. „Kannst du meinen Körper genauso heilen wie meine Schmetterlinge?“ flüsterte sie heiser und ahnte bereits wie die Antwort lauten würde, noch bevor Naruz ein Wort sagte.
„Nein, das übersteigt selbst meine Kräfte.“ antwortete er automatisch und war über sich selbst überrascht, weil er nicht einmal über die Antwort nachdenken musste. Irgendetwas sagte ihm, dass selbst Asmodäus nicht in der Lage war den Schaden, den Luca angerichtet hatte, wieder zu heilen. Gliedmaßen nachwachsen zu lassen war etwas anderes, als sich um ein paar winzige Schmetterlinge zu kümmern und deren schmale Wunden wieder zu schließen.
„Ich verstehe.“ sagte sie mit leiser Stimme, nur um ihm im nächsten Moment schon ein strahlendes Lächeln zuzuwerfen „Danke für alles, Paladin. Ohne dich, wären ich und meine kleinen Freunde tot. Ich werde alles tun, um das wieder gutzumachen und mich bei dir zu bedanken.“
„Das beste was du im Moment tun kannst, ist schnell wieder zu Kräften zu kommen.“ erwiderte Naruz und fühlte sich dabei unbehaglich. Sie lebte zwar, aber das war auch schon alles was er ihr mit seiner Magie geben konnte. Luca hätte sie viel leichter außer Gefecht setzen und den Templern übergeben können, aber er musste ja unbedingt mal wieder übertreiben.
Nach einer Weile voll betretenem Schweigen, nahm Severina den Gesprächsfaden wieder auf, allerdings ausgerechnet mit dem einzigen Thema, das Naruz noch unangenehmer war als die vernichteten Gliedmaßen. „Während ich geschlafen habe und geheilt wurde, ähm, ist in der Zeit etwas mit meinem Bruder passiert? Ich habe dir beim letzten Mal kaum zugehört, meine Schmetterlinge lenkten mich zu sehr ab. Ist Severin...ist er...ich meine habt ihr...?“
„Nein, wir haben ihn nicht umgebracht und ihn auch sonst noch nicht für den Anschlag bestraft oder verurteilt. Er ist noch immer eingesperrt, irgendwo, in den Kerkern der Kirche. Es geht ihm denke ich gut, seine Verletzungen waren nicht so schlimm wie deine und soweit ich gehört habe geht er den Wachen auf den Geist, weil er schon mehrmals versucht hat auszubrechen.“
„Das passt zu ihm, er war noch nie besonders geduldig.“ Severina hoffte, dass er sich bei seinen Fluchtversuchen nicht noch mehr Ärger einhandelte, aber vor allem, wünschte sie sich endlich ihn wiederzusehen. Der Angriff auf Luca war seine bescheuerte Idee gewesen, aber sie konnte trotzdem spüren, wie weh es ihr tat so lange schon von ihm getrennt zu sein und Severin musste es ähnlich gehen. So lange, waren sie noch nie voneinander getrennt, niemals, und das jagte ihr mehr Angst ein, als sie bereit war zuzugeben. „Was wird jetzt aus uns? Aus mir und meinem Bruder.“
„Keine Ahnung. Darüber habe ich bisher noch nicht nachgedacht, es war anstrengend genug dich halbwegs zu heilen und überhaupt erst am Leben zu erhalten. Ich schätze dich nach all den Anstrengungen hinzurichten oder der Kirche zu überlassen wäre eine ziemliche Verschwendung. Wenn wir dich jetzt umbringen habe ich mich vollkommen umsonst die ganze Zeit mit deinen Schmetterlingen befasst, um einen Weg zu finden ihnen zu helfen.“
„Und dafür bin ich auch dankbar! Ich weiß nicht, was ich ohne meine Vampirfalter machen würde. Sie sind für mich nicht einfach nur Werkzeuge oder magische Waffen, sondern meine Freunde. Sie begleiten mich schon seit ich klein war und ich würde alles für sie tun. Es war unglaublich von dir sie zu heilen nach allem was ich getan habe und ich hatte gehofft jemand der bereit ist sich so für jemanden wie mich anzustrengen, würde uns vielleicht gehen lassen. Aber...“ sie schüttelte deprimiert den Kopf. Nein, das war nur albernes Wunschdenken gewesen. Sie hatten versucht seinen Bruder zu ermorden und es auch beinahe geschafft, jetzt mussten sie dafür die Konsequenzen übernehmen. „Aber wir haben deine Einheit und deine Familie angegriffen. Ich nehme an ihr werdet uns nicht einfach wieder gehen lassen, oder? Immerhin haben wir versucht deinen Bruder umzubringen.“
„Richtig, es sei denn, du hattest nichts mit der ganzen Sache zu tun, was ich langsam für immer wahrscheinlicher halte.“ behauptete Naruz eiskalt, obwohl laut Luca ausgerechnet Severina den ersten Schlag ausgeführt hatte. In ihren Augen spiegelte sich deswegen auch deutlich ihre Verwirrung wieder. Wovon redete der Paladin da? Sie hatte Luca ein Loch in die Brust gebrannt! „Als Severin meine Freundin belästigt hat, bist du letztendlich dazwischengegangen um ihn aufzuhalten und einen Kampf zu verhindern. Du hast dich zwischen uns gestellt und versucht Ärger aus dem Weg zu gehen und die Situation zu beruhigen.“
„Das mit Anya war etwas anderes, ich habe nur versucht Severin vor sich selbst zu retten, das ist alles. Dein Bruder aber, hat eine gute Freundin von uns ermordet. Ein anderes Kind Gaias, er zerfetzte ihren Körper mit seiner Magie, trug ihren Kopf durch die Straßen wie eine Trophäe und das alles nur, um Silberblatt zu treffen! Ich...ich dachte es wäre richtig sie zu rächen, genauso wie mein Bruder, und dazu stehe ich auch weiterhin.“ erklärte Severina und gab sich Mühe dabei so zuversichtlich wie möglich zu klingen, obwohl ihre Stimme begann leicht zu zittern. Es wäre so einfach alles auf Severin zu schieben, der Paladin schien sogar bereit zu sein ihr zu glauben, aber das konnte sie einfach nicht. „Wir haben diese Entscheidung gemeinsam getroffen.“
„Ich glaube dir trotzdem nicht.“
„W-was...?“ verblüfft starrte sie ihn mit offenem Mund an, während Naruz sich unbeeindruckt von ihren Worten zeigte.
„Wie gesagt, das Mädchen, das ich damals auf dem Marktplatz gesehen habe, würde nicht einfach so einen sinnlosen Kampf anfangen oder von alleine darauf kommen einen Mord zu begehen und besonders rachsüchtig wirkst du auch nicht. Außerdem, kann man dir deutlich genug ansehen, wie unwohl du dich bei dem ganzen Thema fühlst.“
„V-vielleicht hat er etwas zu mehr zu der Idee beigetragen als ich...“ murmelte sie und gab letztendlich unter dem durchdringenden Blick seiner seltsamen Augen nach. Sie fühlte sich sowieso nicht wohl dabei vor Naruz die blutrünstige Rächerin zu mimen, vor allem, da er sie gerettet hatte. Außerdem, konnte sie später noch immer abstreiten, dass ihr Bruder Schuld an allem hatte. „Na schön, ich fand den ganzen Racheplan von Anfang an einfach nur dämlich! Luca ist mir egal, es gibt mehr Wahnsinnige auf dieser Welt als man töten kann und meinetwegen kann er ruhig weiterleben. Er dachte halt Silberblatt würde sich mit uns Kindern Gaias durch die Bladelli schlachten und hat reagiert. Auch wenn wir nichts damit zu tun hatten, war es wahrscheinlich, das muss jeder aus unserem Orden zugeben. Wir haben zwar niemals die Bladelli angerührt aber dafür sind wir...“ Severina verstummte und biss sich zornig auf die Zunge um nicht noch mehr Unsinn von sich zu geben. Vorsichtig warf sie einen prüfenden Blick zu Naruz, der gespannt darauf wartete, dass sie weiter redete. „Ähm, ich habe nichts gesagt. Du hast das alles nicht gehört, richtig?“
„Gehört? Ich habe absolut nichts gehört.“ spielte Naruz mit. So sehr er auch gerne wissen würde worum es ging, er bohrte nicht weiter nach, vor allem da Severina leider nichts interessantes verraten hatte, zumindest noch nicht. Liebend gerne würde er mehr über die Pläne der Kinder Gaias erfahren, alleine schon wegen Aleyandra, und um Silberblatt eines auszuwischen.
„Gut. Denn, wenn ich etwas über unsere geheimen Pläne verraten hätte...ach verflucht.“ fauchte Severina, wütend auf sich selbst, weil ihre Zunge einfach machte was sie wollte, ohne auf die Akashi zu hören. Er hatte sie zwar gerettet, aber er war noch immer der Feind, irgendwie. Trotzdem fiel es ihr schwer sich daran zu erinnern, dass sie Naruz nicht vertrauen konnte. Er hatte so viel für sie getan und seine Anwesenheit wirkte beruhigend, er besaß eine freundliche, angenehme Ausstrahlung, die es der Akashi schwer machte sich nicht zu sicher zu fühlen. „Können wir alles was mit meinem Orden zu tun hat einfach vergessen? Ich stehe noch immer völlig neben mir und kann kaum klar denken. Deine Magie scheint noch immer zu wirken und über die Verbindung mit den Schmetterlingen lenkt mich das zu sehr ab.“
„Meinetwegen. Kommen wir zurück zum eigentlich Thema: Wenn du dich nicht rächen wolltest und wusstest das ihr keine Chance habt, warum hast du Luca dann überhaupt angegriffen? Dir musste doch klar gewesen sein, dass er entweder zu stark für euch ist oder wir uns rächen werden.“
„Ich...ich war vielleicht etwas...abgelenkt, als Severin auf die Idee kam Luca zu töten.“
„Abgelenkt?“ fragte er überrascht und versuchte sich irgendwie einen Reim daraus zu machen was genau sie meinte, aber ihm fiel nichts ein. Unter seinen verwirrten Blicken, lief Severina letztendlich hochrot an und es dauerte etwas, bis sie sich dazu durchrang weiterzusprechen.
„In den Tagen vor dem Angriff hat sich einiges für mich und meinen Bruder verändert. Ich dachte eigentlich inzwischen weiß die ganze Stadt was auf dem Ball passiert ist, aber ich schätze, wenn man kein Akashi ist, interessieren einen unsere Angelegenheiten nicht.“
„Meine Freundin war auf dem Ball und sie hat euch dort gesehen, viel mehr weiß ich nicht und sie erinnert sich auch an kaum etwas. Sie war ziemlich betrunken. Viel hat sie mir nicht über den Ball erzählt, aber sie erwähnte kurz, dass sie euch mal gesehen hat, mehr nicht.“
„Oh, verstehe. Jedenfalls ähm...Severin und ich sind seit dem Ball verlobt.“ murmelte sie so leise wie möglich und hoffte kurz, dass Naruz sie nicht verstanden hatte.
„V-verlobt?“ zum erstenmal seit sie sich kannten, war es an Naruz vollkommen verwirrt zu sein und sie ungläubig anzustarren. Noch glaubte er sich einfach nur verhört zu haben. Severin wirkte nicht unbedingt so, als hätte er jemanden wie Severina verdient, das jedenfalls, war für Naruz ein größeres Problem als die Tatsache, dass die beiden Zwillinge waren.
„Ja, ganz genau. Wir haben uns am Ballabend verlobt.“ Severina reckte ihr Kinn in die Luft und sah ihn herausfordernd an, während sie darauf wartete, dass er irgendetwas gemeines über ihre Verbindung sagte, so wie ihr Onkel oder so ziemlich jeder aus der Verwandtschaft über sie schimpfte und lästerte, aber dazu kam es nicht.
„Ah...dann meinst du mit abgelenkt also, dass ihr...?“
„Ich war in den Tagen nach dem Ball mit meinen Gedanken immer irgendwo anders, aber niemals bei Luca oder unserem Angriff auf ihn. Ich habe die ganze Zeit nur daran gedacht...“ Severina schloss die Augen für einen Moment, um sich an die Glücksgefühle zu erinnern, die sie durchströmt hatten bevor es zu diesem katastrophalen Kampf kam. Sie hatte ihr Gehirn vollkommen abgeschaltet und sich nur noch auf ihre gemeinsame Zukunft mit Severin gefreut. Sie hatte in der Zukunft gelebt und die Gegenwert vergessen, solange, bis all ihre Träume um sie herum explodierten und der Todesengel der Bladelli sie zurück auf den Boden der Tatsachen holte. „Wir wollten Navea nach der Sache mit Luca verlassen. Uns ein abgelegenes, kleines Städtchen suchen, wo uns niemand kennt und dort eine eigene Familie gründen, weit weg, von den Akashi oder dieser furchtbaren Stadt.“ bei diesen Worten blinzelte Naruz verwundert, denn genau diesen Text, hatte er schon einmal gehört, allerdings, aus dem Mund von Aleyandra. Severina gelang es in der Zwischenzeit ihren melancholischen Zustand fürs erste zu überwinden und versuchte es mit einem vorsichtigen Lächeln in Richtung Naruz. Er schien sie zu mögen, vielleicht konnte sie sich und ihren Bruder also doch noch irgendwie aus der ganzen Sache herausreden. „Letztendlich ähm ist ihm immerhin nichts passiert, oder? Luca geht es fantastisch, er hat nicht einmal einen Kratzer abgekriegt.“
„Darum geht es auch nicht.“ meinte Naruz kopfschüttelnd „Mein Bruder hat zu viel von seiner Magie verwendet und sich zu sehr angestrengt. Ich habe keine Ahnung welche Auswirkungen es langfristig auf ihn haben wird. Es ist schwer zu erklären, aber vermutlich habt ihr mit dem Angriff mehr Schaden angerichtet als ihr denkt.“
„Das wusste ich nicht.“ murmelte die Akashi und tatsächlich tat es ihr leid, nicht um Luca, aber um dessen freundlichen Bruder „Dann besteht wohl keine Hoffnung, dass ihr uns ungestraft davonkommen lasst?“
„Wir werden sehen.“ erwiderte Naruz ausweichend, dem das Gespräch schon wieder in die falsche Richtung ging. Er war viel zu müde für das alles, außerdem, wartete Aleyandra auf ihn. Sie wollte mit ihm frühstücken und etwas Aufmunterung konnte er im Moment gut gebrauchen, bevor er sich überlegte wie er die beiden Akashi bestrafen sollte. „Jetzt solltest du dich erst einmal ausruhen. Die Verbindung zwischen dir und deinen Vampirfaltern kostet dich sicher viel Kraft, vor allem, da du noch immer schwach bist, genau wie sie. Du musst...“ Naruz verstummte, als sich einer der Schmetterlinge auf seiner Schulter niederließ. Ein zweiter landete kurz danach auf seinem Kopf und auch die restlichen Vampirfalter schienen ihm immer näherzukommen. „Was ähm...“
„Sie scheinen dich zu mögen, Paladin.“ kommentierte Severina lächelnd, als sie merkte wie unbehaglich Naruz sich gerade fühlte. Kein Wunder, immerhin fraßen die Schmetterlinge Magie, für einen so mächtigen Zauberer wie ihn, mussten sie wie eine Bedrohung wirken. „Seltsam, normalerweise sind sie sehr scheu und vermeiden es Menschen zu berühren, außer ich befehle es ihnen, um Magie aus meinem Gegnern zu saugen. Aber von alleine lassen sie sich niemals auf irgendwem nieder. Sie meiden sogar meinen Bruder.“
„Ah, toll...ich könnte ehrlich gesagt darauf verzichten.“ meinte Naruz, während Severina lachend ihre Vampirfalter zu sich zurückrief. Ihre Gegenwart wirkte seltsam auf ihn, als würden sie jeden Moment versuchen ihm seine Kraft auszusaugen, fast, als hätte man ihn mit einer ganzen Armee aus Vampiren in einen Raum gesperrt. „Wie auch immer, ich muss los. Meine Freundin wartet auf mich, und wenn ich mich noch mehr verspäte, reißt sie mir den Kopf ab.“



Wenig später, stand Naruz vor der Tür zu Aleyandras Wohnung. Draußen regnete es noch immer in Strömen und es war kaum jemand unterwegs, umso überraschter war er, als die Tür aufgerissen wurde und eine, übers ganze Gesicht grinsende, Saeca zum Vorschein kam. Sie trug einen etwas zu großen grauen Mantel, der wohl Aleyandra gehörte und hatte sich lose die Kapuze über den Kopf gestülpt. „Saeca? Wo willst du so früh hin?“ fragte er, als sie sich ungeduldig an ihm vorbei zwängen wollte, um durch das Treppenhaus zu verschwinden.
„Ich muss zu Ana-chan, um sie zu besuchen und nachzusehen wie sie mit meinem Schwert vorankommt.“ die Armani legte eine kleine Pause ein und ihr Grinsen wurde noch breiter, als sie Naruz verwirrten Gesichtsausdruck sah „Außerdem hat Nee-chan eine Überraschung für dich vorbereitet und ich will euch nicht stören. Übrigens, viel Spaß, Senpai.“ mit einem eigenartigen Kichern raste sie an ihm die Treppe runter und aus dem Wohnhaus hinaus.
Sobald sie verschwunden war, schob Naruz so vorsichtig wie möglich die angelehnte Tür auf. Überraschungen von Aleyandra konnten manchmal etwas...seltsam sein, und unter Umständen auch gefährlich, also war Vorsicht im Moment eher angebracht als alles andere. Erleichtert atmete Naruz auf, als er die kleine Wohnung betrat und unbeschadet im Wohnzimmer ankam. Es schien also kein verrückter Plan zu sein, sondern ausnahmsweise wirklich nur eine normale, nette Überraschung. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er das Wohnzimmer betrat. Die Möbel waren etwas zur Seite gestellt, um im Zentrum des Zimmers Platz zu machen. Dort lag eine Decke ausgebreitet, auf der mehrere Kissen verteilt lagen. Zwischen den rosa Kissen, standen zwei Teller, ein Korb mit Brötchen und verschiedene Marmeladen.
Aus den Augenwinkeln bemerkte Naruz plötzlich, wie ein grauer Schemen direkt auf ihn zuraste. Reflexartig sprang er zur Seite und wich seinem angeblichen Angreifer aus. Noch im gleichen Moment bemerkte er, was ihn da gerade anspringen wollte und er beruhigte sich wieder. Aleyandra aber gelang es nicht mehr ihren Ansturm zu bremsen und sie knallte mit voller Geschwindigkeit gegen die Wand hinter Naruz, nur um zurückgeschleudert zu werden und in der Mitte des Raumes benommen auf der Decke sitzen blieb. Überrascht hielt sie sich ihren dröhnenden Kopf. Tränen stiegen ihr in die Augen, während sie zu Naruz hoch sah. Noch immer benommen nahm sie sich eines der Kissen und presste es fest an sich, um sich über den Schmerz hinweg zu trösten. Bevor Naruz dazu kam ihr aufzuhelfen, murmelte sie leise vor sich hin: „So habe ich mir das irgendwie nicht vorgestellt...“
„T-tut mir leid, Aleyandra! Ich...“ unsicher unterbrach Naruz seine Entschuldigung, als er sie genauer ansah und rieb sich erst einmal verwundert die Augen. Schlief er eigentlich noch? Sie trug nichts weiter als ein langes, graues Hemd, welches ihr bis über die Oberschenkel ging und ihm viel zu vertraut vorkam, aber nicht deswegen stand er für den Moment vollkommen neben sich. Etwas anderes sorgte dafür, dass er kein einziges Wort mehr über die Lippen brachte. Auf Aleyandras Kopf saßen zwei graue, flauschige Wolfsohren und ragten zwischen ihren silbernen Haaren hervor. Als Naruz Augen weiter nach unten wanderten, hauptsächlich um sich von den Ohren abzulenken, bemerkte er einen buschigen grauen Schwanz, der unter dem Hemd hervorragte und sich unruhig auf der Decke hin und her wand.

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„Schon gut, ich werde es überleben.“ meinte Aleyandra und verdrängte die Schmerzen in ihrem Kopf endlich, um ihn fröhlich anzustrahlen, wobei der Wolfsschwanz aufgeregt zu wedeln begann „Und jetzt setz dich endlich zu mir, damit wir anfangen können! Ich warte schon den ganzen Morgen auf dich!“
„Was soll das eigentlich werden?“
„Eine Überraschung!“ rief sie aufgeregt und zeigte grinsend auf das Essen „Ich dachte wir machen ein Picknick als Frühstück! Aber da es noch immer regnet, musste ich es auf Drinnen verlegen. Hoffe das macht dir nichts aus, eigentlich wollte ich an den See und den Vormittag beim Himmelsturm verbringen. Dort ist es immer schön und ich habe gehört deiner Familie gehören einige der kleineren Inseln, wir hätten sicher den Tag auf einer davon bleiben können. Aber naja, hier ist es ja auch ganz in Ordnung, findest du nicht auch?“
„Ja, toll, aber das meinte ich eigentlich nicht, sondern eher naja...das da.“ verhalten zeigte Naruz auf ihren Kopf und sofort begannen die seltsamen Ohren aufgeregt zu zucken.
„Ähm, ach ja...i-ich habe einen Fehler gemacht, einen riesigen Fehler...“ flüsterte Aleyandra und sofort schien ihre gute Laune verschwunden zu sein, als sie beiläufig über ihre neuen Ohren strich und sich nicht mehr traute ihn direkt anzusehen „Weißt du, in letzter Zeit hast du so viel gearbeitet und warst dauernd schlecht gelaunt wegen allem was mit Luca und den Zwillingen passiert ist. Außerdem g-geht es mit der Arbeit der Schattenjäger auch kaum voran und ich...ich wollte dich aufheitern.“
„Lass mich raten: Du hast Saeca gefragt ob sie eine Idee hat um meine Laune zu bessern?“ Kaum hatte er das gesagt, als er auch schon anfangen musste leise zu lachen. Das hatte Saeca also gemeint mit der Überraschung. Jetzt da er nicht mehr denken musste verrückt zu sein, betrachtete er die Ohren mit neuen Augen und fand sie sogar ganz nett, sie standen Aleyandra erstaunlich gut. Vielleicht konnte er sie dazu bringen niedlich zu fauchen, denn wenn sie redete konnte er kleine spitze Fangzähnchen sehen, die alles andere als gefährlich wirkten.
„Äh, ja, genau...niemals eine gute Idee auf sie zu hören, aber gestern kam es mir noch erstaunlich genial vor, alles was sie sagte machte so viel Sinn. Du liebst Katzen, also sind wir zu einem der besten Magier der Stadt gegangen um einen Trank zu kaufen der mich in eine Art...Katzenmädchen verwandeln sollte, aber etwas ist schief gelaufen und jetzt bin ich...ein Wolf...oder so etwas in der Richtung.“ Aleyandra wollte noch etwas sagen, um sich für diesen unglaublichen Fehlschlag zu entschuldigen, aber so weit kam sie nicht mehr. Plötzlich ließ sich Naruz neben ihr auf der Decke nieder und griff ohne Vorwarnung nach ihren Wolfsohren. „Wa...wa...was soll das werden!?“ rief Aleyandra nervös und stand kurz davor seine Hände wegzuschlagen, die noch immer beinahe schon ehrfürchtig über ihre neuen Ohren strichen.
„Ich war nur neugierig darauf wie sie sich anfühlen.“ murmelte Naruz abgelenkt, seine Finger strichen noch immer über das flauschige, hellgraue Fell und er ging sogar so weit einmal an den Ohren zu ziehen, woraufhin Aleyandra unbehaglich zusammenzuckte. Daraufhin ließ er das bleiben, aber streichelte ihr weiter den Kopf und kraulte sie hinter den Wolfsohren, als wäre sie eine niedliche kleine Katze. „Das ist irgendwie...großartig.“
„F-findest du wirklich?“ fragte sie unruhig, aber begann glücklich zu lächeln und schnurrte zufrieden unter seinen Berührungen „Wie auch immer, wir sollten jetzt endlich anfangen mit dem Frühstück. Es ist genug da, damit du die nächste Woche keinen einzigen Bissen mehr Essen musst. Ich habe die ganze Küche voll mit allem möglichen Zeug, aber wollte die Decke nicht so zumüllen. Wenn du irgendetwas willst, dann musst du es nur sagen. Egal was, es ist ganz sicher da!“
„Gut zu wissen. Ich bin auch hungrig genug für uns beide. Ich habe seit Ewigkeiten nichts mehr gegessen, außer Kuchen.“ Naruz setzte sich im Schneidersitz vor einen der Teller und ließ endlich von ihren Ohren ab, auch wenn er immer wieder beiläufig über ihren Kopf strich als er merkte wie sehr es ihr gefiel.
„Kuchen?“
„Aynaeth und ich haben letzte Nacht einen Apfelkuchen gebacken, um uns davon abzulenken, dass wir beide nicht wirklich mit der Heilung von Severinas Schmetterlingen vorankamen.“
„Und? Hat es geholfen?“
„Kann man so sagen. Severina geht es wieder gut und ihre Schmetterlinge sind geheilt.“ antwortete er und zum ersten Mal seit er aufgestanden war, fühlte er sich zufrieden. Der Akashi ging es gut, zumindest solange bis er sie einsperren oder hinrichten musste, und Aleyandras Überraschung war ausnahmsweise einmal wirklich gelungen und gefiel ihm. Besser konnte ein Tag gar nicht mehr anfangen. Verträumt starrte er sie eine Weile wortlos an, wobei er das Essen vollkommen ignorierte. „Aber nur mal so, wie lange hält die Wirkung des Tranks eigentlich an? Nur so, aus Neugier.“ setzte er hastig nach, als sie ihn verstört ansah und sich schon fragte ob er doch ein Problem mit ihrem neuen Aussehen hatte, dabei war das genaue Gegenteil der Fall. Wenn es nach Naruz ginge, würde er es auch überleben wenn die Wirkung dauerhaft wäre und sie die flauschigen Ohren behielt. Er könnte sich an den Anblick gewöhnen, auch wenn sie dann lernen musste sie mehr wie ein Wolf zu benehmen und jemand musste ihr beibringen zu jagen oder den Mond richtig anzuheulen...er hatte sich schon immer ein Haustier gewünscht und was wäre besser als ein niedlicher, kleiner Wolf?
„Nicht lange. Bis heute Abend müsste alles wieder normal sein, hoffe ich. Die Wirkung ist nicht so stark, zum Glück.“ antwortete Aleyandra missmutig und obwohl er offensichtlich kein Problem zu haben schien, wäre es ihr trotzdem lieber, wenn sie bald wieder normal aussah. Sie konnte nicht noch mehr gebrauchen um vor Naruz oder dessen Freunden seltsam zu wirken und Saecas Pläne endeten immer damit dass sie seltsam wirkte! Ihre eigenen, genialen Pläne waren viel besser durchdacht und sie sollte lieber wieder anfangen drauf zu vertrauen. Nur weil Saeca mit der Pinguinsache einmal recht gehabt hatte, hieß das noch lange nicht, dass die Armani immer recht haben musste.
„Schade, ich hatte gehofft es würde etwas länger so bleiben.“ meinte Naruz grinsend und Aleyandra wandte verlegen den Blick ab, auch wenn sie zufrieden vor sich hin lächelte „Aber wir haben ja noch genug Zeit bis heute Abend und ich denke, ich habe mich gerade dazu entschieden den Tag heute freizunehmen.“
„V-vergessen wir die Sache mit dem Trank für einen Moment, ja? Es ist schon peinlich genug, auch wenn du nicht die ganze Zeit davon redest. Bitte, bitte, bitte, lass uns die Ohren für einen Moment vergessen, ja?“ forderte sie heiser und mit roten Wangen, als sein Starren immer länger anhielt. Es schien zu wirken, er redete nicht mehr über den Trank...doch schon nach ein paar Sekunden, strich er unbewusst wieder über die Wolfsohren und ihren Kopf, aber sie ließ ihn gewähren, letztendlich gefiel es ihr, aber er sollte lieber nicht mehr über ihren kleinen Fehler reden. Schnell wechselte sie das Thema, bevor er noch vorschlagen konnte sie noch mehr magisch aufzubessern. „Freust du dich auch schon auf das Konzert?“
„Natürlich.“ erwiderte Naruz gelassen, womit er anscheinend wieder mal etwas falsch gemacht hatte, denn Aleyandra war sofort außer sich vor Empörung.
„Natürlich? Ist das alles? Wo bleibt deine Begeisterung!?“ Aleyandras Stimme wurde immer vorwurfsvoller und sie sah ihn an als wäre er verrückt geworden, weil er es wagte nicht sofort in Jubel auszubrechen. „Es ist das größte Fest des Jahres! DAS Ereignis in Navea auf das jeder sich freut! Es wird ein großes Feuerwerk geben, mit hunderten Magiern in der ganzen Stadt, die besten Sänger und Künstler des ganzen Landes treten auf! Es heißt selbst Eidolons mischen sich an diesem Tag unter die Menschen, um sie mit ihrer Magie und ihrer göttlichen Macht zu bezaubern! Das Konzert...!“
„Saeca scheint sich ja ziemlich auf das Konzert zu freuen.“ unterbrach er sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht, bei dem sich ihre Wangen rosa färbten. Er hatte recht, sie war nur so aufgeregt weil Saeca die letzten Tage nichts anderes getan hatte, als über das Konzert zu reden.
„Und das solltest du auch! Immerhin wird...“ viel mehr bekam Naruz nicht mehr mit, denn irgendwann hatte er keinerlei Ahnung mehr wovon sie gerade redete, sondern hing seinen eigenen Gedanken nach, in denen er noch immer bei seinem Gespräch mit Asmodäus festhing. Schläfrig blinzelnd schaltete er endgültig ab und driftete immer weiter zurück zu dem kleinen Dämon in seinem Kopf. Erst jetzt merkte er, wie müde er eigentlich war. Naruz schnappte sich eines der Kissen und dachte darüber nach sich einfach hinzulegen und die Augen zu schließen, das Essen vor sich hatte er im Moment genauso vergessen wie Aleyandra, die sich noch immer in ihren schillernden Ausführungen verlor. Eine Person war in Gefahr die er kannte...nicht besonders gut, aber wen kannte er schon wirklich gut? Er wusste über die meisten Menschen in seinem Umfeld kaum etwas, angefangen bei Aleyandra. Wäre er nicht noch immer so erschöpft gewesen vom Einsatz der Magie und der kurzen Nacht, hätte er sich vielleicht zurückgehalten, aber so kam ihm der Gedanke wenigstens eine bestimmte Frage zu stellen immer verlockender vor, bis er jegliche Vorsicht über Bord warf. Entweder jetzt oder nie, bevor er wieder zur Besinnung kam und sich niemals trauen würde diese unglaublich dumme Frage zu stellen. Er musste es einfach wissen, nur für den Fall, dass er Asmodäus Hilfe wirklich noch einmal brauchte, irgendwann.
„Darf ich dir...darf ich dir eine Frage stellen?“ murmelte er langsam dazwischen, als Aleyandra sich gerade immer weiter in ihren vollkommen übertriebenen Vorstellungen von dem Konzert verlor. Inzwischen schien sie das kleine Fest für eine Art göttliche Veranstaltung zu halten, an der Gaia persönlich die Menschheit besuchte und so weiter, Saeca schien mal wieder leicht übertrieben zu haben.
„Na klar, du kannst mich fragen was du willst, schieß los.“ erwiderte sie gönnerhaft, auch wenn sie etwas deprimiert war weil sie gerade zum guten Teil ihrer Ausführungen kommen wollte. Trotzdem verstummte sie und sah ihn gespannt an. So nervös wie er war, musste es etwas besonderes sein, schoss es Aleyandra durch den Kopf und plötzlich machte es irgendwo in ihrem Schädel laut Klick, und sie kam wie immer zum völlig falschen Ergebnis. Konnte es sein, dass Naruz ihr endlich einen Heiratsantrag machen wollte? War er deswegen so nervös und traute sich nicht ihr in die Augen zu sehen? Nicht das es nötig gewesen wäre. Nach Aleyandras Ansicht waren sie seit ihrer ersten Nacht in Helonia verlobt, aber es konnte sicher nicht schaden einmal seine Meinung zu dem Thema zu hören. Aleyandra begann zu lächeln und ihre Augen funkelten vor Begeisterung, während sie ihm zusah wie er sich abmühte die alles entscheidende Frage über seine Lippen zu bringen.
„Es geht um die Ballnacht, erinnerst du dich noch daran?“ fragte er leise. Sofort verschwand das erwartungsvolle Lächeln aus ihrem Gesicht. Aleyandra ließ ein lautloses ´pff` von sich und verschränkte die Arme vor ihrer Brust um so zu tun als würde sie schmollen, wovon Naruz aber wie immer nichts mitbekam, weil er zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. „Damals hast du viele Dinge gesagt, die mir noch immer im Kopf umherschwirren und ich versuche noch immer sie zu verstehen. Du sagtest in dieser Nacht, dass du mir alles verzeihen würdest, ganz egal was es ist.“
„Jap, ganz genau. Ich könnte dir niemals wegen irgendetwas böse sein.“
„Damit hast du auch...du hast auch gemeint, dass es dich nicht einmal stören würde wenn ich etwas mit einer anderen...ähm...“ unsicher hielt Naruz inne um ihr einen flüchtigen Blick zuzuwerfen. Noch schien sie nicht zu ahnen worauf er hinauswollte, sondern sah ihn nur neugierig an. Im Moment hasste er die Wolfsohren, sie sah zu niedlich aus um sie lange anzusehen ohne alleine bei dem Gedanken an die Frage Schuldgefühle zu bekommen, aber jetzt war er einmal so weit gekommen und würde es zu Ende bringen...selbst wenn es ihn umbrachte. „Wenn ich etwas mit einer anderen Frau hätte. Obwohl wir zusammen sind, würdest du es mir verzeihen und dich nicht von mir trennen, oder ausrasten. Das hast du zumindest gesagt, a-aber du warst betrunken und ich wollte dich fragen, ob du das wirklich ernst gemeint hast oder ob du...“ unsicher hob er den Kopf und sah, wie Aleyandra ihn ausdruckslos, aus leeren Augen anstarrte. Sie zeigte ihm ihre kleinen Fangzähne und stieß tatsächlich ein leises Fauchen aus. „Es ist nur eine rein theoretische Frage! Weil...weil du das in dieser Nacht gesagt hast und ich möchte bloß wissen, ob du es wirklich ernst meintest, immerhin hattest du ziemlich viel getrunken.“
„Verstehe.“ kam es langsam und tonlos aus ihrem Mund, während sie an ihm vorbei die Wand anstarrte.
„I-ich bin nur neugierig das ist alles. Es geht mir auch um alles andere, was du in dieser Nacht gesagt hast. Ich würde gerne wissen, ob du alles was du mir da gesagt hast auch so meintest. Also, würdest du mir wirklich so etwas wie einen einmaligen...Fehltritt wirklich einfach so vergeben und dich nicht darüber aufregen oder mich verlassen?“ damit verstummte Naruz und sofort stieg in ihm der Drang auf sich zu entschuldigen, als er sah, wie Aleyandra versuchte sich eine Antwort abzuringen.
„Interessante Frage.“ murmelte sie leise vor sich hin, dann stand sie plötzlich ruckartig auf und sah ihn von oben herab an „Magst du lieber Spiegelei oder Rührei?“
„W-was?“ fragte er verwirrt und auf einmal fiel jegliche Anspannung von ihm ab, als er bemerkte dass immerhin kein Angriff zu folgen schien...noch nicht.
„Ich wollte wissen wie du deine Eier willst.“ wiederholte sie in einem fröhlichen, beinahe schon singenden Tonfall, während sie übers ganze Gesicht strahlte und ihn anlächelte „Gebraten, gerührt oder abgeschnitten.“
Mit offenem Mund sah Naruz die freundlich lächelnde Aleyandra an, die gar nicht zu bemerken schien, was sie gerade gesagt hatte. Nur Aleyandra schaffte es so eine Drohung, so liebenswürdig rüberzubringen und ihm gleichzeitig damit genug Angst einzujagen um ein Stück von ihr wegzurutschen. „Ich glaube ich habe dich nicht richtig verstanden...was war das letzte?“
„Gekocht und geschnitten, dann könntest du dir ein Brötchen mit Ei machen.“ schlug sie fröhlich vor, noch immer sprühte sie vor guter Laune nur so über „Aber gut, dann halt Rührei. Es sei denn du hast ein Problem damit?“
„Rührei klingt gut.“ stimmte Naruz hastig zu und zuckte zusammen, als sie langsam an ihm vorbei in Richtung Küche ging.
„Toll. Warte hier, ich mache es schnell.“ Damit war sie auch schon verschwunden und Naruz versuchte sich nicht für seine dämliche Frage zu hassen, zumindest nicht allzu sehr. Jetzt schien er sie endgültig kaputt gemacht zu haben. Er erwartete, dass sie jeden Moment mit ihren Pistolen wiederkam, um ihm ein Loch in den Kopf zu jagen. Zwar liebte er Aleyandra, aber sie konnte manchmal ein bisschen instabil sein, wenn es um ihren Geisteszustand ging. Erschrocken zuckte Naruz zusammen, als aus der Küche lautes Klirren erklang. Anscheinend hatte sie gerade etwas zerbrochen. Er widerstand dem Drang nachzusehen ob es ihr gut ging, hauptsächlich, weil er keine langen, scharfen Glassplitter in seinen Augen stecken sehen wollte. Wenn er jetzt in die Küche ging, kam er vermutlich niemals wieder lebend heraus. Also wartete er ungeduldig, bis Aleyandra tatsächlich mit einem kleinen Teller voller Rührei wiederkam...sogar ohne Pistolen. „Hier, lass es dir schmecken, ja?“ Aleyandra stellte den Teller vor ihm auf die Decke und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange, bevor sie sich wieder ihm gegenüber auf der Decke niederließ und ihn verträumt anlächelte.
„Hör zu, Aleyandra. Es tut mir wirklich leid was ich gesagt habe.“ begann Naruz nach einer Weile einen verzweifelten Versuch dieses unheimliche Lächeln endlich wieder aus ihrem Gesicht verschwinden zu lassen. Sie jagte ihm Angst ein. Nachdenklich stocherte er in seinem Essen umher und konnte sich nicht dazu durchringen auch nur einen einzigen Bissen davon zu essen, allerdings nicht aus Schuldgefühlen, sondern eher aus einem etwas anderen Grund. „Das war eine dämliche und unsensible Frage, ich kann verstehen, dass es dich aufgeregt hat so etwas hören zu müssen. Es tut mir leid, dass du wütend bist, aber...“
„Wie kommst du auf die Idee das ich wütend bin?“ unterbrach sie ihn sofort. Verwundert blinzelte Aleyandra ihn an, wobei es ihr gelang so unschuldig auszusehen, dass er sich langsam wirklich fragte, ob er die Frage überhaupt laut ausgesprochen hatte. „Mir geht es gut und ich kann mich an keine schlimme Frage erinnern. Alles ist in Ordnung. Ich bin glücklich, du bist glücklich, wir sind glücklich, alle sind glücklich. Es ist alles perfekt. Wieso sagst du so etwas seltsames überhaupt?“
„Naja...ich weiß nicht ob es dir aufgefallen ist, aber...da sind Glasscherben in meinem Essen...“
„Oh tut mir leid, wie dumm von mir.“ Aleyandra beugte sich vor um besser auf seinen Teller sehen zu können und tatsächlich, der Teller war voller Glasscherben, zwischen denen hin und wieder etwas Rührei zu sehen war „Ups, ich bin so tollpatschig und dämlich. Mir ist aus Versehen ein Glas in die Pfanne gefallen.“
„Ein Glas? Ich habe mehr Scherben als Ei auf meinem Teller!“
„Gut, vielleicht waren es ein paar mehr Gläser. Und? Hast du ein Problem damit?“ fragte sie und funkelte ihn herausfordernd an, wobei ihre Stimme mit jedem Wort düsterer wurde und ihr Lächeln nach und nach verschwand. Bevor er einen Versuch unternehmen konnte sie wieder zu beruhigen, erhob Aleyandra die Stimme und schrie ihn an „Aber natürlich hast du ein Problem damit! Du hast schließlich ein Problem mit allem was ich tue, was ich sage oder was ich bin!“
„Ähm, was?“ Naruz wich verwirrt vor ihrem geballten Zorn zurück. Das ganze war irgendwie etwas zu schnell eskaliert, selbst für Aleyandras Verhältnisse.
„Du weißt ganz genau was ich meine! Du hast nicht nur ein Problem mit mir, du hältst mich sogar für ein einziges, nerviges Problem!“
„Wovon redest du da? Hör zu, es tut mir wirklich leid, dass ich die Frage gestellt habe und ich weiß das es dich verärgert. Ich wollte doch nur...“
„Ich weiß ganz genau was du wolltest!“ unterbrach sie ihn erneut mit sich überschlagender Stimme und ihre roten Augen funkelten ihn zornig ab. Er wollte mit dieser Frage ihre Erlaubnis um sich endlich über Anya oder Mizore hermachen zu dürfen, das war alles. Aber Aleyandra gelang es wieder sich etwas zu fangen, sie atmete kurz tief ein und zwang sich wieder zu ihrem übertrieben fröhlichen Lächeln. Doch ihr Lächeln wurde diesmal dadurch zerstört, dass ihre Mundwinkel immer wieder gefährlich zuckten und ihre Lippen zu vibrieren schienen, als würde es Aleyandra ihre ganze Anstrengung kosten um das falsche Lächeln so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Als sie weitersprach war ihre Stimme hoch und so übertrieben fröhlich, dass sie Naruz mehr und mehr Angst einjagte. „Du wolltest lieber ein Brötchen, richtig? Keine Sorge, ich mache dir schnell eines, damit du das Glasei nicht essen musst.“ Ohne auf seine Antwort zu warten, griff sie sich eines der Brötchen und hielt es Naruz direkt vors Gesicht. Verwirrt starrte er das Brötchen an, nur um im nächsten Moment panisch seinen Kopf nach hinten zu reißen, als die Spitze eines langen Messers sich direkt durch das Brötchen auf ihn zu fraß. Die Klinge verharrte zitternd vor ihm in der Luft, ungefähr dort, wo vor einer Sekunde noch sein Gesicht gewesen war. Wäre er nicht zurückgewichen, hätte sie ihm gerade ein Auge ausgestochen.
„K-kann ich das bitte selbst machen? Nur damit du mich nicht aus Versehen umbringst...ich hänge an meinem Leben und an meinen Augen.“ versuchte Naruz die Situation wieder irgendwie unter Kontrolle zu bringen und rückte vorsichtshalber noch mal ein Stück von Aleyandra weg, er fühlte sich unwohl, wenn sie mit einem Messer so nahe an ihm dran war.
„Natürlich kannst du das! Du kannst schließlich alles! Du stehst so weit über mir, dass ich für dich doch sowieso nichts weiter bin als irgendein sabbernder Idiot, der dir auf Schritt und Tritt folgt und mit dem du machen kannst was du willst!“ rief sie aufgebracht und ihre Finger schlossen sich immer fester um das weiche Brötchen, während sie ihn anfunkelte „Immerhin hältst du mich sogar für zu dämlich um ein verfluchtes Brötchen aufzuschneiden, du...du...du...aufgeblasener, arroganter, dämlicher, unglaublich idiotischer...Naruz!“ Aleyandra verstummte kurz und zitterte vor Wut an ganzen Körper. Aber als ihr keine guten Beleidigungen einfielen fuhr sie einfach fort, als wäre die kleine Pause nie dagewesen „Ich bin vielleicht kein toller, genialer Paladin, sondern nur ein hirnloser Sklave für die Kirche und habe keine Ahnung von Magie, oder einen ganzen Harem der mir hinterher rennt oder eine Armee aus Freunden, aber ich kann wenigstens ein bescheuertes Brötchen aufschneiden ohne dass dabei sofort die ganze Welt vernichtet wird oder einer von uns draufgeht! Hast du das verstanden, Naruz!?“ damit endete ihr winziger, cholerischer Ausbruch und sie begann wie verrückt an dem zerdrückten Brötchen rumzuschneiden, solange, bis das Messer auf wundersame Art und Weise abrutschte und sich tief in ihre linke Hand fraß. Sofort ließ Aleyandra das Messer fallen und starrte eine Weile wütend auf den Schnitt in ihrem Handrücken, bis sich Tränen in ihren Augen sammelten. „Aua...“ flüsterte sie, sackte in sich zusammen und warf hilfesuchende Blicke zu Naruz. Dieser lächelte sie nur aufmunternd an, setzte sich direkt neben sie und ergriff ihre blutende Hand, bevor sie sich wirklich noch wegen eines Brötchens umbrachte.
„Scharfe Klingen waren noch nie dein Ding, davon solltest du dich lieber fernhalten wenn du nicht verbluten willst.“ murmelte er vor sich hin, als sein Zauber den tiefen Schnitt rasch wieder schloss. Zaghaft lächelte er Aleyandra an, die sich inzwischen wieder beruhigt hatte und betreten auf die Decke starrte. „Es tut mir leid, Aleyandra. Ich war nur neugierig, ob du das wirklich ernst gemeint hast oder nicht. Mehr steckt nicht dahinter. Ich will nichts von Mizore oder Anya, das habe ich dir oft genug versprochen und das weißt du auch. Ich versuche nur dich zu verstehen, dich und alles was in dir vorgeht, und dazu gehört auch diese Nacht während des Balls.“
Deprimiert ließ Aleyandra ihre Wolfsohren hängen und starrte einfach weiter ihre Hand an. Sie könnte sich selbst ohrfeigen für ihren Ausbruch, damit hatte sie sich mal wieder von ihrer schlechtesten Seite gezeigt. Es war ein Wunder, dass Naruz nicht vor ihr davongerannt war. Irgendwann, begann sie leise zu antworten „Ich bin in der Ballnacht so betrunken gewesen, dass ich keinen einzigen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Aber...“ Aleyandra wischte sich mit ihrem Arm die Tränen aus den Augen und lächelte ihn schwach an „aber alles was ich gesagt habe, meinte ich auch so. Ich hätte es nur ohne den ganzen Wein niemals ausgesprochen. Ich würde dir alles verzeihen! Egal was es ist und das weißt du auch! Deswegen hat mich diese dämliche Frage so aufgeregt! Weil du ganz genau weißt, dass ich dir alles verzeihe!“ leise weinend, warf Aleyandra sich um Naruz Hals und hörte erst auf zu Schluchzen, als er seine Arme sanft um sie legte. Den Kopf an seine Schulter gepresst flüsterte sie nach einer Weile weiter „Mach einfach was du willst. Entschuldige meinen kleinen...Ausbruch eben.“
Naruz zwang ich zu einem belustigten Lachen und versuchte alles was gerade passiert war irgendwie zu übergehen, so schwer ihm das auch fiel. „Klein? Du hättest uns beinahe beide erstochen.“
„Ja...du übertreibst.“ murmelte sie, während sie sich langsam von ihm löste und ihn mitgenommen ansah „Tut mir leid, es geht mir nicht gut. Ich...ich brauche etwas Ruhe und muss mich hinlegen. Das ganze hier, das war eine miese Idee. Ich hätte dich für heute nicht einladen dürfen.“
„Bist du sicher das alles wieder in Ordnung ist? Du bist nicht mehr wütend, wegen der Frage, oder?“
„Nein, das bin ich nicht. Es ging mir die letzten Tage nur nicht so gut, das ist alles. Vielleicht ist es auch eine Nebenwirkung des Verwandlungstranks. Was immer es ist, ich muss mich ein bisschen ausruhen.“ Aleyandra warf ihm ein entschuldigendes Lächeln zu und stand schwankend auf, wobei sie ihn mit sich hochzog „Bitte, sei mir nicht böse, wir holen den Tag nach, ja?“
„Kein Problem. Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, dann...“
„Schicke ich dir Saeca vorbei, ja.“ unterbrach sie ihn hastig, gab ihm einen kurzen Kuss auf den Mund und führte den überraschten Naruz zur Tür. Dieser wusste noch gar nicht was überhaupt gerade passiert war und leiste keinen großen Widerstand. Vermutlich war er ohnehin froh das Gespräch lebendig überstanden zu haben. Erst als er draußen, vor der geschlossenen Tür, stand, wurde ihm klar, was gerade passiert war. Hatte Aleyandra ihn gerade rausgeworfen? Er hatte gar nicht gewusst, dass sie dazu überhaupt in der Lage war.
Während Naruz sich verwirrt auf den Weg zurück zur Villa der Bladelli machte, um darüber nachzudenken was ihn dazu gebracht hatte so eine unglaublich dämliche Frage laut auszusprechen, hatte Aleyandra ganz andere Probleme. Normalerweise hätte sie die Frage gar nicht so sehr gestört, immerhin hatte sie das alles in der Ballnacht wirklich gesagt und es auch so gemeint, jedes einzelne Wort. Es lag nicht an Naruz eigenartiger Frage oder an irgendetwas, was er getan hatte. Sie fühlte sich wirklich furchtbar. Ihr Kopf dröhnte, drohte zu zerplatzen, und zwar schon bevor sie gegen die Wand gesprungen war. Gerade als sie sich daran machen wollte das misslungene Picknick wegzuräumen, gaben ihre Beine unter ihr nach, knickten einfach ein und ließen sie im Stich.
Verwirrt landete sie auf der Decke und versuchte sofort sich wieder hochzukämpfen, aber die Kraft wich rasend schnell aus ihrem ganzen Körper, ließ sie nur noch als hilflose Hülle zurück. Sofort zog sich alles in ihr zusammen. Ein unbeschreiblicher Druck legte sich auf ihre Brust, drückte sie nieder und presste ihr die Luft aus den Lungen. In Aleyandra stieg Panik auf, als sie immer verzweifelter versuchte nach Luft zu schnappen. Im nächsten Augenblick, schüttelten Hustenkrämpfe ihren Körper, Schmerzen pulsierten in jeder einzelnen Faser ihres Daseins und zuckten durch sie hindurch. Schwach hielt sie sich die Hand vor den Mund, als der Husten immer schlimmer wurde und sie plötzlich den Geschmack von Eisen auf ihrer Zunge spürte. Langsam hielt sie sich ihre Hand vor die Augen und mit einem Mal begann der ganze Raum sich um sie zu drehen. Blut. Ihre Hand war voller Blut, es lief über ihre Lippen und erfüllte ihren Mund, solange, bis der Husten endlich abklang.
Ihr Atem ging noch immer rasselnd und stoßweise, aber wenigstens bekam sie wieder Luft. Langsam legte sich die Panik, als ihr Körper sich mehr und mehr beruhigte. Am ganzen Leib zitternd und in Schweiß gebadet, blieb sie endlich ruhig liegen. Griff kraftlos nach einem der Kissen, um ihren Kopf abzustützen, aber gab es sofort auf, als sie sogar zu schwach war, um es das kurze Stück zu sich zu ziehen.
Gestern Abend hatte es wieder angefangen und sie die ganze Nacht hindurch gepeinigt. Bisher war es ihr immerhin gelungen sich vor Saeca nichts anmerken zu lassen, aber wenn es so weiter ging, konnte sie es bald nicht mehr ohne weiteres verbergen. Das ganze erinnerte sie inzwischen wieder an ihren fast schon vergessenen Anfall auf dem Weg nach Candeo. Er hatte sich nicht wiederholt, also war es für Aleyandra nicht mehr weiter wichtig gewesen. Die letzten Wochen fühlte sie sich kerngesund. Es war am einfachsten gewesen ihren ersten Schwächeanfall damals einfach auf den Gebrauch von Magie zu schieben, aber diesmal hatte sie schon seit Ewigkeiten keine Zauber mehr gewirkt, also konnte es nicht daran liegen. Damals hörte es einfach irgendwann auf, auch wenn sie keine Ahnung hatte wieso.
Es dauerte einige Minuten, bis Aleyandra die Kraft fand sich schwankend aufzurichten und in Richtung Schlafzimmer zu taumeln. Als sie sich erschöpft auf ihr Bett fallen ließ, spürte sie, wie ihr ganzer Körper bereits gegen diese winzige Anstrengung aufbegehrte und kurz davor stand sich mit einem weiteren Anfall dafür zu rächen. Sie brauchte Ruhe, auch wenn sie nicht wusste, warum sie sich so fertig und ausgelaugt fühlte, wusste sie wenigstens, dass es ihr nicht half sich über Naruz aufzuregen. Letztendlich hatte er nichts falsch gemacht und hielt sie nach diesem Auftritt und der Ballnacht bestimmt wieder für vollkommen durchgedreht. Egal wie sehr sie es versuchte, am Ende stand sie immer als Vollidiot oder eifersüchtige Verrückte vor ihm da. Aber die Probleme mit ihrem Freund, waren jetzt vielleicht nicht das, was sie am meisten beschäftigen sollte. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Aber wenn sie ehrlich war, wollte sie auch gar nicht wissen was genau mit ihr los war. Am Ende fand Naruz noch etwas, was sie gar nicht wissen wollte.
Obwohl Tigerius Zauber anscheinend wirkte, musste sie noch immer oft an ihren Blutrausch denken in dem sie eiskalt Yuki Akashi ermordet hatte und der auch weiterhin irgendwo unter ihrer Oberfläche lauerte. Sie hatte keine Ahnung, was genau sie eigentlich war. Er hielt sie sicher jetzt schon für eine Art Monster und für vollkommen durchgeknallt. Oder noch schlimmer...was wäre, wenn sie gar kein Mensch war? Die Zauber der Kirche konnten wirklich recht haben. Immerhin musste sie nur für die Kinder Gaias arbeiten, weil man sie für eine Art Dämon hielt. Was würde Naruz tun, wenn die Kirche damit recht hatte? Alles in ihr zog sich zusammen vor Anspannung und sofort begann sie wieder sich die schlimmstmöglichen Szenarien auszumalen. Nein, sie konnte nicht mit ihm darüber reden.
Anscheinend dachte er ja jetzt schon darüber nach, sich nach etwas Abwechslung umzusehen. Wenn sie ihn so sehr langweilte, würde er sich erst recht nicht mehr mit ihr befassen sobald sie mehr Probleme verursachte als sie für ihn überhaupt wert war. Jetzt musste sie, mehr denn je, alles dafür geben um vor ihm so normal, liebenswürdig und freundlich wie möglich dazustehen. Naruz sollte glücklich sein, das war alles was jetzt zählte. Solange er zufrieden mit ihr war, würde er nichts anstellen und sie auch nicht verlassen. Das letzte was er im Moment noch gebrauchen konnte, wäre eine kränkliche Freundin, die ständig mit ihm stritt, nichts als Probleme mit sich brachte und ihm andauernd auf den Geist ging. Es wurde Zeit ein normales Leben mit ihm zu führen, ohne sich dauernd ängstlich nach Mizore oder Anya umsehen zu müssen.
Müde kuschelte sie sich in ihre Decke und schloss die Augen. Saeca würde erst gegen Abend zurück sein, damit Aleyandra etwas Zeit mit Naruz verbringen konnte. Genug Zeit um etwas zu schlafen und wieder Kraft zu schöpfen, damit die Armani auch weiterhin nicht in Panik ausbrach nur weil Aleyandra ein bisschen Blut hustete und sich kaum bewegen konnte. Saeca neigte zu vollkommen übertriebenen Handlungen. Vermutlich würde das Mädchen sofort sämtliche Heilmagier der Stadt zusammentrommeln, um ihre Onee-chan wieder auf die Beine zu bringen. Dabei brauchte sie keine Magier und auch kein Mitleid oder diese übertriebene Fürsorge. Alles was sie brauchte, war Ruhe. Ruhe und Naruz.



Ein paar Tage später, saßen Teleya und Teregion gemeinsam mit überschlagenen Beinen auf dem Bett in ihrem Zimmer gegenüber. Beide hatten die Augen geschlossen und eine Art silberner Faden aus reinem Licht verband sie miteinander, verlief zwischen ihren Köpfen und sandte immer wieder kleine Mengen aus magischer Energie hin und her. Eine ganze Weile verlief ihre kleine magische Übung ohne weitere Probleme, bis plötzlich Teregion überrascht die Augen aufriss und das Band zwischen ihnen zerrissen wurde. Davor sandte Teleya noch unabsichtlich eine viel zu große Menge an Magie hindurch und schleuderte Silberblatt vom Bett herunter.
„T-t-tut mir leid!“ rief Teleya sofort und riss ebenfalls die Augen auf, während Teregion sich langsam wieder auf die Beine kämpfte und schwankend mitten in ihrem Zimmer stehen blieb.
Unbehaglich hielt er sich den Kopf. Wenn er nicht schnell eine Barriere errichtet hätte, dann hätte Teleya ihm gerade aus Versehen den Kopf weggesprengt. Sie war begabt, aber konnte sich nur schlecht konzentrieren, außerdem lag sie so unendlich weit zurück mit ihrer Ausbildung. Noch immer etwas benommen murmelte Teregion missmutig vor sich hin, obwohl er wusste, dass es nicht ihre Schuld war. „Nein, nein. Du darfst nicht so viel Energie in den Zauber leiten. Hat Kyosuke dir denn gar nichts über die Magie unserer Familie beigebracht?“ Er wirkte etwas verärgert darüber, dass sie mit den Übungen nicht ganz so schnell vorankamen wie von ihm erwartet. Womit er vielleicht etwas unfair Teleya gegenüber war. Sie hatte in den paar Stunden in denen sie ungestört an ihrer Magie feilen konnten bereits mehr erreicht als erwartet.
„Nein, hat er nicht, und das weißt du auch ganz genau. Alles was ich über Magie weiß, habe ich entweder selbst rausgefunden oder zusammen mit Yuki.“
„Tut mir leid. Es ist nur so, dass du noch so viel lernen musst um die Magie unserer Familie endlich vernünftig einsetzen zu können.“ erwiderte Silberblatt in einem versöhnlicherem Tonfall. Er war auf die Idee gekommen ihr etwas mehr über die Familienmagie beizubringen, als sie ihm davon erzählte, dass sie andauernd aus Versehen ihre Kräfte einsetzte. Es war verboten diese Magie ohne Erlaubnis des Oberhaupts anzuwenden und so sehr ihr Vater auch dagegen war, sie musste wenigstens lernen ihre Kräfte zu kontrollieren.
„Gibt es inzwischen eigentlich einen Termin für eure Hochzeit?“ fragte sie plötzlich vorsichtig nach, als die Übung für heute sowieso beendet zu sein schien. Die Frage brannte ihr sowieso schon den ganzen Abend auf der Seele. Weder Lyaena, noch Teregion, schienen es in letzter Zeit sonderlich eilig zu haben sich zu vermählen. Nicht das Teleya etwas dagegen hätte, aber im Moment verschoben sie einen Termin nach dem anderen und hätten eigentlich schon seit Monaten verheiratet sein müssen.
„Ja, es wurde Zeit sich endlich darum zu kümmern. Wir haben es viel zu lange vor uns hergeschoben. Eigentlich sollten wir schon längst verheiratet sein, aber...ach, nicht so wichtig.“
„Warum? Warum verschiebt ihr die Hochzeit immer weiter? Als du noch im Süden warst, war es unmöglich euch beide auch nur für eine Sekunde voneinander zu trennen. Ihr seid unzertrennlich gewesen und Lyaena konnte es kaum erwarten dich endlich zu heiraten und nie wieder von deiner Seite zu weichen. Also, warum seid ihr jetzt so zögerlich?“ kaum hatte sie die Frage gestellt, biss Teleya sich auch schon auf die Zunge. Es war eine ganz miese Idee, sich in die Beziehung ihrer Schwester reinzuhängen, zumindest das hatte die junge Akashi inzwischen gelernt, aber irgendetwas trieb sie trotzdem dazu an weiterzumachen. Vielleicht, lag es daran, dass sie Lyaena´s Grund für das dauernde Verschieben der Hochzeit kannte, Luca. Der furchtbare Bladelli hatte sie anscheinend damals nicht nur entführt, sondern musste ihre ältere Schwester auch noch verhext haben. Luca hatte sie damals in diesem Lagerhaus mit Sicherheit vergewaltigt, war wie das Monster das er war über sie hergefallen und hielt sie seitdem mit irgendeiner mächtigen Magie unter Kontrolle. Sie war wie eine Marionette...diese Erklärung war für Teleya jedenfalls leichter zu verkraften als die Wahrheit, auch wenn sie wusste wie falsch sie damit lag. Aber sie wollte sich einfach nicht eingestehen, dass ihre ältere Schwester so tief gefallen war sich mit diesem Mörder einzulassen.
In der Zwischenzeit, wusste Silberblatt nicht was er darauf antworten sollte. Mit so einer Frage hatte er nicht gerechnet, und es war vermutlich unangemessen mit ´deine Schwester ist langweilig, geht mir auf die Nerven und ich liebe eine andere, aber ich brauche sie für meine Rache` zu antworten, also griff er nach dem erstbesten Strohhalm den er finden konnte. „Wegen dir natürlich.“ behauptete Teregion lächelnd und Teleya starrte ihn überrascht an. Rasch sprach er weiter, bevor sie noch auf falsche Gedanken kommen konnte und dachte er hätte mehr Interesse an ihr, als an Lyaena. Ihm war nicht entgangen, dass sie verrückt nach ihm war...genau wie ihre Schwestern, was ihn schon immer nur nervte. „Dein Vater hat festgelegt, dass Lyaena und du am gleichen Tag heiraten sollen, schon vergessen? Der Termin gilt auch für dich und deinen ähm Verlobten, falls man ihn so nennen kann und falls er sich überhaupt traut aufzukreuzen nach allem was er getan hat.“
„I-ich dachte...“ Teleya brach verstört ab, als ihr klar wurde, was er da gerade gesagt hatte. In den letzten Tagen, war es ihr ganz gut gelungen die Existenz von Halos zu verdrängen, aber wenn der Zeitpunkt der Hochzeit jetzt wirklich feststand... „Ich dachte wir könnten meine Hochzeit vielleicht noch absagen, oder wenigstens verschieben! I-ich m-meine...nach allem was auf dem Ball passiert ist u-und so wie Halos sich verhält...“
„Ich habe versucht mit deinem Vater darüber zu reden. Aber er ist fest dazu entschlossen dich an Halos zu geben, es tut mir leid, aber ich schätze, er braucht Halos und den Rückhalt den dieser im Moment unter uns Akashi besitzt. Weißt du, dein Vater wird sich bald zurückziehen und mich hasst der Großteil der Familie, genauer gesagt, hassen mich so ziemlich alle, und sie werden mehr oder weniger von Halos angeführt. Außerdem ist er ein guter General, er hat in den letzten Jahren die meiste Arbeit deines Vaters im Norden übernommen und erledigt sie anscheinend gut genug um bald die Truppen anzuführen. Kurz gesagt, für Sicherheit und Frieden in der Familie, brauchen wir Halos, außerdem, glaubt Kyosuke noch immer daran, dass du bei Halos sicher bist. Egal wer in einem oder in zehn Jahren Oberhaupt der Akashi ist, als Schwester von Lyaena und Frau von Halos, stehst du auf jeden Fall auf der richtigen Seite wann immer du willst.“
„Ich will auf keiner Seite stehen und auch nicht sicher sein.“
„Das weiß ich und ich habe dir versprochen, dass ich dich nicht mit Halos alleine lasse und Lyaena ist ja auch noch da um auf dich aufzupassen.“ Teregion warf ihr ein aufmunterndes Lächeln zu, als er sich langsam von dem magischen Schlag erholte den sie ihm verpasst hatte. Sie besaß wirklich erstaunlich viel magische Energie, vielleicht sogar mehr als ihr Vater. Es wäre eine Verschwendung sie zu einer einfachen Ehefrau für diesen Idioten zu machen. „Deine Schwester, wird nicht zulassen, dass dir etwas passiert oder er dich anrührt, dafür liebt sie dich zu sehr.“
„Das habe ich früher auch geglaubt.“ murmelte Teleya mit erstickter Stimme vor sich hin und bei dem Gedanken an Lyaena fiel es ihr schwerer ihre Tränen zurückzuhalten.
„Was meinst du damit?“
„E-es ist nur so, dass Lyaena und ich uns nicht mehr so nahe stehen wir früher. Die Zeit in Navea hat sie verändert, ich erkenne sie kaum noch wieder. Ich glaube, dass es ihr egal ist, was mit mir passiert.“ Teleya fühlte sich mit einem Mal unbehaglich unter dem Blick seiner verwirrten Augen und vor ihrem geistigen Auge, tauchte wieder das Gesicht ihrer Schwester auf. Lyaena hatte so wütend und unbarmherzig gewirkt, aber das würde sie nicht abschrecken...gut, es hatte sie die ganzen letzten Tage abgeschreckt, doch jetzt, versuchte Teleya all ihren Mut zusammenzunehmen. Teregion kümmerte sich so sehr um sie, half ihr bei ihren Problemen mit der Magie, rettete sie vor Halos und war vermutlich der einzige hier, der ihre Existenz überhaupt noch wahrnahm. Er hatte es nicht verdient von dieser Schlange Lyaena ausgenutzt zu werden, sie musste einfach irgendetwas tun. Vielleicht konnte sie ihn dazu bringen so zu tun als hätte er es selbst herausgefunden, dann führte keine Spur mehr zu ihr und Lyaena würde sie nicht bestrafen. „Ich muss dir etwas sagen und es ist wirklich, wirklich, wirklich wichtig.“
„Schieß los.“
„Es geht um Lyaena. Da ist etwas das du wissen musst.“ Teleya holte tief Luft und fasste ihren gesamten Mut zusammen, um die nächsten Worte irgendwie über ihre Lippen zu bringen „Sie und L...“
„Oh, hier seid ihr Beiden!“ unterbrach sie plötzlich die laute, fröhliche Stimme von Lyaena, während diese lautstark die Zimmertür aufriss. Lächelnd stand sie vor den Beiden, aber ihr Lächeln schien ihre Augen nicht zu erreichen, sondern musterten Teleya kalt und prüfend, was diese augenblicklich dazu brachte zu verstummen. „Was macht ihr gerade? Sieht aus, als würdet ihr Spaß haben.“
„N-nichts. Wir machen nichts, w-wirklich!“ rief Teleya hastig und sah sich schon auf direktem Weg nach Norden in die Gefangenschaft.
Teregion sah Lyaena verwirrt an, normalerweise klopfte sie oder meldete sich irgendwie an wenn sie das Zimmer von jemand anderem betrat, einfach hereinzuplatzen war noch nie ihre Art gewesen. „Ich habe ihr nur etwas Magie gezeigt und wir haben über die Hochzeit geredet. Ach ja, du wolltest mir doch gerade noch etwas über deine Schwester sagen, oder Teleya? Was war es?“
„Tatsächlich? Worum geht es denn, Teleya? Ich würde es auch gerne hören, immerhin geht es ja anscheinend um mich.“ sagte Lyaena, bevor ihre kleine Schwester auch nur dazu kam etwas zu antworten und während Silberblatt seine Aufmerksamkeit wieder auf Teleya richtete, verschwand das falsche Lächeln endgültig aus Lyaenas Gesicht. Durchdringend und finster starrte sie Teleya warnend an, bis das Mädchen tatsächlich einknickte und sich wieder an ihre Drohungen erinnerte.
„N-n-nun i-ich wollte Teregion gerade erzählen, dass du...dass du...“ stammelte Teleya ängstlich vor sich hin „dass du die Hochzeit kaum noch erwarten kannst!“ rief sie und wirkte mit einem Mal wieder so fröhlich und unbekümmert wie eh und je. Strahlend warf sie sich Teregion um den Hals und drückte ihn fest. „Meine Schwester liebt dich über alles, das wollte ich dir nur sagen, und ich hoffe, dass ihr zusammen glücklich werdet.“
„Danke.“ flüsterte Teregion lächelnd, als sie sich grinsend von ihm löste. Er belohnte sie für ihre Worte, indem er Teleya kurz mit der Hand durch die langen, blonden Haare fuhr und sie anschmunzelte „Und ich hoffe, dass du glücklich wirst und Halos nach der Hochzeit niemals wieder sehen musst.“ danach wandte er sich an Lyaena „Ich muss mit dir reden, Lyaena. Können wir uns kurz unterhalten bevor du wieder vor mir flüchtest?“
„Ja, kein Problem. Ich komme gleich nach. Warte einfach vor meinem Zimmer auf mich, ja? Dann reden wir über alles.“ erwiderte sie mit falscher Freundlichkeit. Diesmal führte wohl kein Weg daran vorbei, auch wenn sie nicht zu viel Zeit dafür verschwenden wollte. Sie hatte heute Abend immerhin noch eine Verabredung mit Luca, so wie jeden Abend. Aber er schien mit der Antwort zufrieden zu sein und verschwand. Kaum hatte Teregion den Raum verlassen, als Lyaena sich auch schon zornig vor ihrer kleinen Schwester aufbaute und sie anfauchte, während sie kurz davor stand vor Wut das Zimmer zu verwüsten. „Was sollte das gerade, Teleya? Ich dachte wir waren uns einig dass du deinen Mund hältst.“ die ältere Akashi gab sich Mühe, sich so leise wie möglich aufzuregen, denn Teregion konnte nicht allzu weit entfernt sein „Vielleicht...“ Lyaena machte eine kurze Pause, legte ihren Kopf schief und musterte ihre kleine Schwester eine Weile schweigend. Unter dem Blick ihrer kalten Augen, schrumpfte Teleya zusammen und verkroch sich in die hinterste Ecke ihres Bettes. „Vielleicht ist es am besten für dich, wenn du Navea so bald wie möglich verlässt. Wenn du hier bleibst, wirst du am Ende noch alles ruinieren und das kann ich nicht hinnehmen, niemals lasse ich mir mein Leben von dir vermiesen, hast du das verstanden?“
„Du willst mich zurück auf unser Landgut schicken?“ fragte Teleya mit zittriger Stimme. Sie wollte nicht zurück in diese menschenleere Einöde. Dort gab es nichts, es war wie ein Gefängnis und das wusste Lyaena auch ganz genau. Als sie noch alle drei zusammen dort gelebt hatten, war es schon schlimm genug gewesen, aber alleine fühlte sie sich wie in einem Gefängnis. Navea erschien ihr verglichen damit wie das Paradies auf Erden.
„Naja, nur, wenn du dich ab jetzt benimmst und aufhörst Teregion irgendwelche Lügen zu erzählen, Lass einfach deine plumpen Versuche ihn gegen mich aufzubringen, nur weil du eifersüchtig auf uns bist. Am besten du redest einfach gar nicht mehr mit ihm bis zur Hochzeit, geh ihm aus dem Weg, das wäre für alle am besten. Wenn du dich bis zur Hochzeit von ihm fernhältst, sorge ich dafür, dass du nur wieder zurück in den Süden, aufs Land, kommst. Das wäre auch für dich am besten, immerhin bist du dann weit, weit weg von deinem geliebten Ehemann und musst ihn nicht ertragen. Damit gewinnen wir beide.“
„Und wenn ich ihm trotzdem erzähle was du getan hast? Immerhin wirst du mich nach der Hochzeit so oder so einsperren und aus Navea verbannen. Was also habe ich dann noch zu verlieren?“
„Ich glaube du hast mich missverstanden. Wie gesagt, der Süden ist deine Belohnung, nicht deine Strafe. Du darfst zurück auf unser Landgut wenn du dich benimmst, und dort in Ruhe und Frieden leben.“ antwortete sie gönnerhaft und fühlte sich tatsächlich kurz schlecht, als sie merkte wie Teleya sie aus großen, traurigen Augen ansah. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt ihrer Schwester noch einmal zu drohen, aber es ging nicht anders! Teleya hatte versucht sie zu verraten, dabei wollte Lyaena nur Frieden zwischen ihnen. „Wenn du zu Teregion auch nur ein Wort über Luca sagst, oder ihm gegenüber andeutest was passiert ist, schicke ich dich nach der Hochzeit mit Halos in den Norden. Das habe ich dir schon einmal gesagt, und ich bleibe auch weiterhin dabei. Mach mir das hier kaputt, und Halos kann mit dir machen was immer er will.“
Teleya schrumpfte in sich zusammen, diesmal zeigte die Drohung noch mehr Wirkung als beim ersten Mal, denn wenn der Termin für die Hochzeit wirklich feststand und Teregion ihr nicht helfen konnte...dann war Lyaena alles was sie noch hatte. Ausgerechnet Lyaena stellte die letzte Verteidigungslinie zwischen ihr und einem Leben mit Halos dar. „Ich verstehe.“ murmelte sie leise und jeglicher Widerstand fiel augenblicklich in sich zusammen. Dabei hatte sie Tage gebraucht um genug Mut aufzubringen wenigstens zu versuchen ihrer älteren Schwester die Stirn zu bieten.
„Das hast du beim letzten Mal auch schon gesagt, hoffentlich vergisst du es diesmal nicht wieder, denn noch eine Chance werde ich dir nicht geben.“ ermahnte Lyaena sie ein letztes Mal, bevor sie zufrieden zurück zur Tür ging. Als sie sich noch einmal umdrehte, klang ihre Stimme schon wieder deutlich sanfter und man merkte ihr an, wie leid es ihr tat ihre Schwester so sehr unter Druck setzen zu müssen. „Und jetzt geh schlafen, ja? Es ist schon spät und wenn du dich an das hältst was ich sage, brauchst du keine Angst vor Halos zu haben. Ich passe auf dich auf, solange du auch auf mein kleines Geheimnis aufpasst. Wir werden uns gegenseitig beschützen, also schlaf gut.“
Kaum hatte sie hinter sich die Tür geschlossen, wollte Lyaena auch schon erleichtert aufatmen, aber kam nicht mehr dazu, denn Silberblatt tauchte wie aus dem Nichts neben ihr auf. Erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass ihr Zimmer ja direkt auf dem gleichen Flur lag wie das von Teleya. Dabei hatte sie gehofft sich doch noch irgendwie an ihrem Verlobten vorbei schleichen zu können.
„Ihr scheint euch gut zu verstehen.“ murmelte Lyaena zur Begrüßung und nickte in die Richtung von Teleyas Zimmertür.
„Was denn? Bist du etwas eifersüchtig auf Teleya?“ Teregion grinste sie belustigt an, aber das Grinsen verschwand, als er merkte, wie sie ihn noch immer ernst und fast schon bösartig anstarrte „Moment...das bist du wirklich, oder?“ Alleine bei dem Gedanken, brach Silberblatt in schallendes Gelächter aus. Damit gelang es ihm immerhin einen Teil ihrer miesen Laune zu vertreiben. Vorsichtig zwang Lyaena sich zu einem Lächeln und ließ ihre Wachsamkeit etwas sinken. Normalerweise wurde sie in seiner Nähe immer von Schuldgefühlen geplagt, und befürchtete ihm jeden Moment alles beichten zu müssen, deswegen wollte sie auch immer so schnell verschwunden. Aber diesmal, blieb sie. Sie sah ihn so selten Lachen, und schon gar nicht so laut und ausgelassen, das musste sie genießen, schoss es Lyaena durch den Kopf. „Ich gebe zu, sie ist, abgesehen von dir, so ziemlich die einzige aus unserer verfluchten Familie, mit der ich etwas anfangen kann und die ich sogar irgendwie mag. Wir verstehen uns, aber das ist alles. Sie ist immerhin noch ein halbes Kind.“
„Nein, ist sie nicht. Schließlich wird sie in ein paar Wochen heiraten. Und sie...sie...“ Lyaena lief rot an, als sie versuchte die nächsten Worte über ihre Lippen zu bringen, es kam inzwischen sogar ihr absurd vor das sie auf Teleya eifersüchtig war...ausgerechnet sie „sie ist in dich verliebt, das weißt du ganz genau. Es ist ja auch nicht zu übersehen wie sehr sie dich anhimmelt und vergöttert!“
„Genauso bist du damals auch gewesen, oder hast du das schon vergessen?“
„Wir alle waren so, nicht nur ich.“ murmelte sie verlegen und wäre jetzt am liebsten davongerannt, an diese Zeit wollte sie nicht erinnert werden, nicht mehr. Betreten wandte sie den Blick von ihm ab.
„Und jetzt, traust du dich nicht einmal mehr mir in die Augen zu sehen.“ flüsterte er plötzlich und ging auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand.
„Was?“ fragte sie verwirrt, als Teregion ihr eine Hand ans Kinn legte und sie zwang ihn anzusehen. Zum ersten Mal, seit sie mit Luca zusammen war, waren sie sich wieder so Nahe und Lyaena schluckte nervös, als ihr keine andere Wahl mehr blieb als in seine Augen zu blicken. Sie konnte seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren und dort, wo er ihr Kinn berührt hatte, brannte ihre Haut wie Feuer von seinen Berührungen.
„Wir haben viel zu lange keine Zeit mehr miteinander verbracht. Erinnerst du dich noch daran, wie es damals war? Bevor wir nach Navea zogen und ich Mist baute?“
„I-ich...“ weiter kam sie nicht mehr, bevor Teregion ihr mit einem innigen Kuss das Wort abschnitt.
„Es reicht, Lyaena.“ flüsterte Silberblatt, als er sich langsam wieder von ihren bebenden Lippen löste. Sanft legte er seinen Arm um ihre Hüfte und zog die Akashi näher zu sich heran, bis ihre Körper einander berührten. „Wir haben beide lange genug für meinen Fehler gelitten. Es wird Zeit, dass wir endlich damit aufhören uns aus dem Weg zu gehen.“ Kaum hatte er ausgeredet, als Teregion auch schon damit begann sie leidenschaftlich zu küssen, während seine freie Hand langsam unter ihren Rock glitt und letztendlich Lyaenas Widerstand brach. Darauf hatte sie gewartet, seit sie wieder in Navea war. Hatte sich Monate lang danach gesehnt endlich wieder mit ihm zusammen zu sein, so wie früher. Erst hatte er sie abgelehnt, und dann, hatten sie ihre Schuldgefühle von ihm ferngehalten, aber jetzt, gab es kein Halten mehr für sie. Als er begann ihren Hals zu liebkosen und sie verlangend gegen die Wand drückte, entwich Lyaena ein zufriedenes Stöhnen nach dem anderen und sie ließ ihn weitermachen, obwohl sie eigentlich vor wenigen Sekunden noch so schnell wie möglich zu Luca wollte. Doch der Bladelli war für den Moment vergessen. Er verschwand unter einer wahren Flut aus Erinnerungen, begrabenen Gefühlen und ihrer Liebe zu Teregion, die niemals verschwunden war und die er jetzt durch seine Berührungen wieder zum Leben erweckte.



Es war fast eine vergangen Woche seit dem misslungen Frühstück, als Naruz mal wieder vor Aleyandras Tür auftauchte, und diesmal, war er so nervös, wie noch nie zuvor in seinem Leben. Fünf Tage lang hatte er Aleyandra nicht mehr gesehen. Fünf! Es war ein Wunder, dass sie noch am Leben war nach so einer langen Zeit...falls sie das überhaupt noch war. Erleichtert atmete er auf, als die Tür geöffnet wurde und Aleyandra ihn gesund und munter anlächelte. „Ich komme um dich abzuholen, falls du das überhaupt willst.“ begrüßte er sie zögerlich, wobei er immer noch damit rechnete, dass sie wütend auf ihn war.
„Natürlich will ich das!“ rief sie laut, sprang auf ihn zu und warf sich Naruz um den Hals. Fest drückte sie sich an ihn und schien ihn niemals wieder loslassen zu wollen. Nach einer halben Ewigkeit, gelang es dem Paladin allerdings sich endlich aus ihrem Würgegriff zu befreien und er nahm sich die Zeit sie erst einmal lange, glücklich anzusehen. Sie hatte ihm gefehlt, sogar mehr als er bereit war zuzugeben, langsam verstand er, wie Aleyandra sich fühlen musste wenn er sie ignorierte. Mehrmals war er bei ihr aufgetaucht, aber sie hatte kein einziges mal die Tür geöffnet, sondern höchstens Saeca benutzt um mit ihm zu kommunizieren. Sie trug zu seiner Überraschung kein Kleid, sondern ein hellblaues Gewand. So etwas, hatte er bisher nur an Saeca gesehen und er glaubte sich zu erinnern, dass sie es...Kimono oder so genannt hatte. Aleyandra lächelte zaghaft, als sie seinen prüfenden Blick bemerkte und drehte sich langsam in ihrem Kimono vor ihm im Kreis. Die langen weißen Haare waren hochgesteckt und wurden von schmalen schwarzen Nadeln zusammengehalten. „Gefällt es dir? Saeca hat es für mich machen lassen, mir hat gefallen was sie auf dem Ball trug und ich wollte es auch mal probieren. Steht es mir?“
„Du siehst großartig aus.“ antwortete er ehrlich und endlich breitete sich auch in ihm wieder Freude aus, als sie ihren kleinen Streit anscheinend vollkommen vergessen hatte „Da wir gerade bei Saeca sind...wäre Saeca heute nicht vorbeigekommen, um es mir zu sagen, hätte ich nicht einmal gewusst, ob du überhaupt mit mir zum Konzert gehen möchtest, oder ob du mich versetzt.“
„Ich war etwas krank. Habe mir in Candeo vielleicht was eingefangen, verfluchter Sumpf. Mich haben ungefähr Zehntausend Mücken gestochen, wer weiß, was die alles an Krankheiten in mein Blut gepumpt haben. Ich hasse die Mistviecher.“ erwiderte sie lachend und hakte sich blitzschnell bei Naruz ein „Ich wollte dich nicht ignorieren, aber du solltest mich so nicht sehen. Die Krankheit hat mich wirklich fertig gemacht.“
„Soll ich mir das mal ansehen?“ bot er hilfsbereit an und fragte sich, warum sie ausgerechnet ihn nicht zu sich vorlassen wollte wenn sie krank war. Sie wusste doch wie stark seine Heilmagie war und wie gut er damit mittlerweile umgehen konnte. „Meine Magie wird immer besser, vor allem meine Heilmagie sollte inzwischen mit allem fertig werden was dich plagt. Wir können das jetzt schnell erledigen, dauert nur ein paar Minuten und dann geht es dir sofort wieder...“
„Nein!“ schnitt Aleyandra ihm hastig das Wort ab „I-ich meinte...mir geht es wieder besser, viel besser. Das nächste mal wenn es mir nicht gut geht, werde ich an dich und deine Magie denken, ja?“
„Wenn du meinst.“ murmelte Naruz und warf ihr einen misstrauischen Blick zu, den sie mit einem offenen Lächeln erwiderte. Rasch schüttelte er den Kopf, um die Gedanken an den Streit zu vertreiben, sie wäre niemals nur wegen so einem kleinen Streit von ihm ferngeblieben. Er glaubte ihr. Sie war fast schon süchtig nach ihm und würde niemals freiwillig fünf ganze Tage von ihm fernbleiben, nie im Leben. Spätestens nach einem Tag, hatte er sogar angefangen mithilfe von Magie nach ihr Ausschau zu halten, für den Fall, dass Aleyandra ihn wieder mal beschattete. Aber sie war niemals auch nur in seiner Nähe gewesen, und das hatte ihn beunruhigt. Sie musste wirklich krank gewesen sein, anders konnte er es sich nicht erklären. Irgendwie war er erleichtert deswegen. Immerhin schien sie seine Frage inzwischen ganz gut verkraftet zu haben.
„Ich weiß was du denkst, Naruz.“ flüsterte sie leise, als er sie eine ganze Weile nur angestarrt hatte „Du denkst, dass ich geschmollt habe und wütend auf dich war, weil du mir diese Frage gestellt hast, richtig?“
„Ich muss zugeben, der Gedanke ist mir ein paar mal gekommen.“
„Keine Sorge, ich war an dem Tag bereits krank und es ging mir so schlecht, dass ich überreagiert habe das ist alles.“ Aleyandra stellte sich auf die Zehenspitzen um ihn zu küssen und klammerte sich fester an ihn, hauptsächlich, um nicht vor Schwäche umzufallen. Es ging ihr besser, weil Saeca sich in den letzten Tagen um sie gekümmert hatte und sie sich ausruhen konnte, aber wirklich gesund fühlte sie sich noch lange nicht. Aber davon ließ Aleyandra sich nichts mehr anmerken, stattdessen sah sie zu ihm hinauf und strahlte ihn an „Danke, für alles, aber vor allem dafür, dass du mich wieder zurückgenommen hast nach allem...nach allem was ich getan und gesagt habe.“
„Du musst aufhören dich andauernd bei mir zu bedanken, oder zu entschuldigen. Dafür gibt es keinen Grund, verstanden?“ murmelte er verlegen und legte seinen Arm um sie „Aber gern geschehen, schätze ich. Auch wenn ich dir vielleicht dankbar sein sollte, dass du es mit mir aushältst und...“ Naruz verstummte, als ihn etwas hart in die Seite traf „Und jetzt lass uns endlich gehen, ja? Saeca ist schon ganz aufgeregt, wenn wir noch mehr Zeit verschwenden verliert sie den Verstand.“ Damit warf er einen kurzen Seitenblick zu der Armani, die direkt neben ihnen stand und sie auffordernd anstarrte sich gefälligst endlich in Bewegung zu setzen. Eine ihrer Hände drückte bereits die ganze Zeit gegen Naruz Seite, um ihn wenn nötig bis zum Konzert zu schieben. Die Armani trug ebenfalls einen Kimono, allerdings in dunkelblau.
„Ich verspreche dir, ab jetzt, werde ich mich niemals wieder mit dir streiten.“ sagte Aleyandra plötzlich und klang dabei so ernst, als ginge es um das Ende der Welt oder den alles entscheidenden Kampf gegen den Schattenritter „Mach einfach, was immer du für richtig hältst und ich werde da sein um dich zu unterstützen, das schwöre ich. Wir...“
„Ja, ja, ja!“ unterbrach Saeca sie ungeduldig, lief an ihnen vorbei zur Tür hinaus und blieb dort stehen, während sie von einem Bein aufs andere trat „Alle haben sich lieb, alles ist toll, wunderbar und fantastisch! Jetzt lasst uns endlich GEHENNNNN!!!!!!!!“
Zuletzt geändert von Vanidar am 21. Januar 2015 00:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 21. Januar 2015 00:27

Kapitel 49 - Star Dust Witch... Merilee?: (Öffnen)
Kapitel 49 – Star Dust Witch... Merilee?


„Ich muss sagen, man hat sich wirklich ziemlich viel Mühe gegeben.“ Naruz sah sich beeindruckt um, als er, Aleyandra und Saeca den zentralen Marktplatz von Navea erreichten. Zwar wimmelte es hier immer von Menschen, die zwischen den Marktständen umher schlenderten und einkauften, aber heute war es ganz besonders voll. Sämtliche Marktstände waren zur Seite geräumt worden, so dass eine riesige Fläche inmitten des Platzes frei lag, auf der sich die Menschen versammelten. Am anderen Ende des Marktes, dort, wo die Straße zum Himmelsturm führte, war eine große Bühne aufgebaut worden. Als Naruz den Blick auf sie richtete, sah er sofort die Zauber, welche auf ihr lagen und dafür sorgen sollten, dass die Musik, welche dort oben gespielt werden würde, verstärkt wurde, um über den gesamten Marktplatz zu hallen. „Weißt du eigentlich, wer so alles auftreten soll?“ fragte er schließlich an Aleyandra gewandt, als er sich genug umgesehen hatte, und sie näher zur Bühne gingen. Auf dieser waren bereits einige Instrumente aufgestellt worden, soweit Naruz es verstanden hatte, würde eine Gruppe die Musik spielen, lediglich die Sänger würden sich abwechseln.
„Nein, nicht genau. Saeca meinte, dass eine äußerst berühmte Gruppe hier spielen wird. Außerdem sagte sie, dass es eine Überraschung für mich gäbe, auch wenn ich nicht weiß, was sie damit gemeint hat.“
„Wo wir gerade von Saeca reden... wo ist sie eigentlich?“ fragte Naruz stirnrunzelnd, und sah sich um. Erst jetzt schien Aleyandra darauf aufmerksam zu werden, dass die Armani gar nicht mehr an ihrer Seite war, und wirbelte herum.
„Gute Frage... Saeca? Saeca? Wo bist du?“ rief sie fragend, erhielt jedoch keine Antwort. „Vielleicht hat sie sich verlaufen... ich wusste, ich hätte sie an die Hand nehmen sollen.“ murmelte Aleyandra zu sich selbst.
„Mach dir keine Sorgen um sie, Saeca kann gut auf sich selbst aufpassen. Es ist Teil der Überraschung, die sie für euch geplant hat.“ Sowohl Naruz, als auch Aleyandra zuckten zusammen, als sie die Stimme hinter sich hörten, und drehten sich sofort um.
„Du!“ entfuhr es Aleyandra, als sie erkannte, wer sie da angesprochen hatte. Vor Naruz und ihr stand Levion, Saecas Bruder, und lächelte sie mit geschlossenen Augen an.
„Nicht die nette Begrüßung, die ich erwartet hatte, aber ja. Ich.“ erwiderte Levion, und neigte seinen Kopf in Naruz' Richtung. „Sehr erfreut dich kennenzulernen, Paladin Naruz. Mein Name ist Levion, ich bin Saecas älterer Bruder.“ stellte er sich vor, ehe er hinzufügte „Sie hat mir viel von dir erzählt und scheint dich zu mögen. Danke dafür, dass du dich um sie kümmerst.“
Naruz versteifte sich, als der Armani ihn ansprach, und biss sich nervös auf die Unterlippe, was Aleyandra nicht entging. „Naruz? Ist alles in Ordnung?“
„Shinobi.“ flüsterte Naruz, und ließ seinen Blick über Levion schweifen. Er hatte bereits von den Shinobi gelesen, den Attentätern der Armani, aber einem von ihnen direkt gegenüberzustehen, war dann doch etwas anderes. Er machte Naruz nervös, und das mit gutem Grund, denn er konnte ihn nicht spüren. Kein einziger Funken von Magie, schien vom Shinobi auszugehen, was eigentlich unmöglich sein sollte. Jeder Mensch verfügte zumindest über ein wenig Magie, ohne konnten sie nicht leben. Dieser Levion schien jedoch in der Lage zu sein, seine Magie zu unterdrücken, und vollkommen unsichtbar zu machen.
„Richtig, aber ich will euch beide gar nicht weiter stören.“ meinte Levion lächelnd, und schickte sich an, zu gehen. Als er direkt neben Naruz stand hielt er jedoch an. „Sei vorsichtig, wenn du das nächste mal dem Maou begegnest. Wenn du die falsche Entscheidung triffst, wird deine Seele für immer verloren sein.“ flüsterte er Naruz ins Ohr, dann ging er weiter. Naruz selber riss die Augen auf, und wirbelte herum.
„Was meinst du mit 'Maou'? Wer...“ begann er, brach jedoch ab, als er den Armani nirgendwo sehen konnte. Er war einfach verschwunden. „Wo... ist er?“ fragte Naruz verdutzt.
„Das hat er so an sich.“ murmelte Aleyandra, als sie sich daran erinnerte, wie urplötzlich Levi nach ihrem Gespräch verschwunden war. „Was hat er eigentlich gesagt?“
„Das weiß ich auch nicht so ganz... er hat mich davor gewarnt, dass ich meine Seele verlieren könnte, wenn ich eine falsche Entscheidung treffe... oder so ähnlich. Irgendein seltsames Gefasel, ich weiß nicht ganz, was ich davon halten soll.“ meinte Naruz schulterzuckend und lächelte Aleyandra an. Innerlich rasten seine Gedanken jedoch. Schon wieder dieser Maou! Erst die Harpyie in Candeo, und jetzt auch noch Saecas Bruder... was hatte es damit nur auf sich? Vielleicht sollte er bei Gelegenheit einmal Saeca da nach fragen. Und wo er gerade an Saeca dachte... „Meinst du, wir sollten ihm glauben?“ fragte er, an Aleyandra gewandt. „Also, wenn es um Saeca geht.“
Diese überlegte kurz, nickte dann jedoch. „Ich denke schon, Saeca mag ihn, und er scheint wirklich ihr Bruder zu sein. Ich denke nicht, dass er uns anlügen würde, wenn es um sie geht. Wir sollten einfach abwarten, und uns überraschen lassen.“
„Wo wir gerade von Überraschungen reden... guck mal da.“ meinte Naruz grinsend, und deutete geradeaus, wo sich zwei Gestalten durch die Menge schlängelten, direkt auf sie zu.
„Oh... Naruz, hallo.“ murmelte Luca, mit einem äußerst gezwungenen Lächeln, als er seinen Bruder sah. An seinem rechten Arm hing Retia Luroc, und strahlte über das ganze Gesicht.
„Hallo, Naruz!“ rief sie begeistert, ehe sie Aleyandra bemerkte. „Und auch dir wünsche ich einen wunderschönen Tag... Aleyandra, richtig?“
„Ja, ich bin Aleyandra Moraevion, Naruz' Freundin.“
„Ihr wollt euch also auch das Konzert ansehen?“ fragte Naruz, ehe er den Kopf schief legte und Luca eingehend musterte. „Ich hätte eigentlich gedacht, dass du mit jemand anderem hier sein würdest, wenn du dir das Konzert überhaupt antun würdest.“
„Ja... die Sache ist ein wenig, ähm, kompliziert.“ murmelte der Bladelli, und sah so aus, als wenn er am liebsten von hier verschwinden würde.
„Inwiefern ist es kompliziert?“
„Ich habe ihm einen Heiratsantrag gemacht.“ meinte Retia und lächelte fröhlich, woraufhin Naruz sie ungläubig anblinzelte. Er hatte zwar gemerkt, dass die Magierin seinen Bruder mochte... aber damit hatte er nicht gerechnet. Um ehrlich zu sein dachte er, dass er sich gerade verhört hatte.
„Du hast... was?“
„Es ist heute Morgen passiert.“ erklärte Luca seufzend. „Als ich aufgewacht bin, standen auf einmal drei Leute vor meiner Tür, Retia, ihr Vater und Paolo... ich meine, unser Großvater. Wie es scheint hat André Retia gegenüber erwähnt, dass ich, ähm, keine Freundin oder Verlobte habe. Ihr und ihrem Vater, da letzterer sich gut mit Großvater versteht...“
„Hat er vorgeschlagen, die Erben unserer beiden Familien heiraten zu lassen.“ beendete Retia den Satz. „Meine Familie ist nicht besonders groß, oder mächtig, aber wir haben einiges an Einfluss innerhalb der Gilden, weshalb Lord Paolo es für eine gute Idee hielt, unsere Familien einander näherzubringen.“
„Also seid ihr jetzt verlobt?“ fragte Aleyandra, woraufhin Retias gute Laune sogleich ein wenig getrübter wurde, und ihr Blick zu Luca wanderte.
„Na ja... Luca meinte, er müsste darüber nachdenken. Was ich natürlich vollkommen verstehe!“ beeilte sie sich hinzuzufügen. „I-immerhin kommt das ganze recht plötzlich, u-und wir kennen uns noch nicht so gut, a-aber...“
„Schon gut, Retia.“ sagte Luca und schaffte es tatsächlich ein richtiges Lächeln aufzusetzen. Dann wandte er sich wieder an Naruz. „Wie gesagt, ich brauche Zeit um darüber nachzudenken, aber Großvater meinte, ich sollte zumindest versuchen, Retia ein wenig besser kennenzulernen, und etwas Zeit mit ihr verbringen, bevor ich mich entscheide. Deswegen sind wir hier... Naruz? Warum siehst du mich so an?“ fragte Luca, leicht nervös, als er sah wie Naruz ihn eingehend musterte.
„Schließe dein rechtes Auge.“
„Was?“
„Du hast mich gehört, mach dein rechtes Auge zu.“
„Naruz, müssen wir wirklich den Tag mit solch albernen Spielen...“
„Tu es.“ sagte Naruz, mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Also schluckte Luca nervös, und schloss sein rechtes Auge.
„Naruz? Was soll das denn?“ fragte Aleyandra verwundert. Sie hatte Naruz äußerst selten so streng und ernst erlebt, wie in diesem Augenblick.
„Nichts, ich will nur etwas testen.“ meinte dieser, sah sich kurz um, und hob einen kleinen Stein vom Boden auf. „Fang, Luca.“ sagte er dann, und warf den Stein zu seinem Bruder. Es war ein äußerst leichter Wurf und jedem Kind wäre es wohl gelungen, den Stein aufzufangen. Während Aleyandra, und Retia, sich noch fragten was Naruz' Aktion eigentlich sollte, streckte Luca seine Hand nach dem Stein aus. Sehr zur Überraschung der beiden Mädchen jedoch, griff er vollkommen daneben, wodurch der Stein auf dem Boden aufschlug, und davon rollte.
„U-ups... ich... ähm... bin wohl noch immer ein wenig müde, vom Kampf gegen die Akashi.“ murmelte Luca leise und wandte seinen Blick ab.
„Luca, du...“
„Wie auch immer, war nett euch zu sehen, aber wir müssen weiter. Komm, Retia!“ sagte Luca, packte die Magierin am Arm, und zog sie hinter sich her, weg von Naruz und Aleyandra, in die Menge der Leute hinein.
„Naruz? Was sollte das?“ fragte Aleyandra, vollkommen verwirrt.
„Ich... wollte nur etwas testen, mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung.“ Naruz lächelte Aleyandra beruhigend an. „Es ist nur so dass Luca... ähm, schon immer eine kleine Sehschwäche hatte, und ich...“ Er brach ab, als er anhand von Aleyandras Gesichtsausdruck sah, dass sie ihm kein einziges Wort glaubte, und seufzte. „Also gut, das mit der Sehschwäche war gelogen, aber es ist wirklich alles in Ordnung, denke ich zumindest. Luca leidet nur manchmal unter Nebenwirkungen, vom Gebrauch seiner Magie, wahrscheinlich hat er dieses mal für eine Weile die Sicht auf seinem linken Auge eingebüßt, aber das wird schon wieder.“ erklärte Naruz. „Ich wünschte nur, er würde mir sowas sagen, unter solchen Umständen kann er nicht kämpfen... warum muss er immer etwas für sich behalten? Oh... aber das spielt jetzt keine Rolle. Tut mir leid, Aleyandra. Ich verspreche dir, dass ich für den Rest des Tages meine Familie und Arbeit raushalten werde. Wir werden uns einfach einen schönen Tag machen.“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich weiß doch, dass deine Familie dir wichtig ist, immerhin hast du deinen Bruder gerade erst wieder getroffen, und...“
„Ja, Luca ist mir wichtig.“ unterbrach Naruz sie lächelnd. „Aber du bist mir wichtiger. In letzter Zeit hatte ich leider so viel zu tun, dass wir uns nicht richtig unterhalten konnten, deswegen will ich nicht, das heute etwas dazwischen kommt.“ sagte er, woraufhin Aleyandra nur glücklich lächelte, und ihren Kopf an seinen Arm lehnte. „Oh, ich glaube das Konzert beginnt.“ meinte Naruz, und deutete auf die Bühne, wo eine Gestalt die Stufen erklomm, um sich in die Mitte zu stellen.
„Naruz? Ist das nicht Salvatore?“ fragte Aleyandra überrascht.
Tatsächlich, jetzt, wo die Gestalt mitten auf der Bühne stand, konnte Naruz den Doni deutlich erkennen. „Das gibt es doch nicht... was macht der denn da?“
„Willkommen, meine Damen und Herren! Ich bin Salvatore Doni, und ich habe die große... Ehre heute unsere ehrenwerten Gäste zu begrüßen und vorzustellen, die hier auf dem Konzert auftreten werden!“ verkündete Salvatore, mit gezwungen enthusiastischer Stimme und setzte ein äußerst falsches Lächeln auf. Seine Stimme war auf dem gesamten Marktplatz hörbar, und die Menge klatschte, als mit seinen Worten das Konzert endlich offiziell begann.
„Ah.“ kam es von Naruz, der plötzlich breit grinste. „Jetzt fällt es mir wieder ein, André meinte, er müsste sich Salvatore ausleihen, weil er eine wichtige Aufgabe für ihn hätte. Das muss es sein.“
„Aber... warum Salvatore?“
„Ich habe gehört, er hat sich mit ein paar Hohetemplern angelegt. Außerdem hat er einige von ihnen beim Würfeln betrogen, ich schätze, das hier ist eine Art Strafe für ihn. Immerhin hasst er es, im Mittelpunkt zu stehen.“
„Als erstes begrüßen wir... hey! Ist das ein Scherz?“ fragte Salvatore, als er auf ein Blatt in seiner Hand sah und den ersten Namen las. „Also gut... ähm... dann begrüßen wir herzlich... ähm, das großartige Idolon, die Star Dust Witch... Merilee...“ verkündete Salvatore, woraufhin die Menge erneut klatschte, und der Doni von der Bühne ging.
„Habe ich gerade richtig gehört?“ fragte Naruz, an Aleyandra gewandt.
Diese blinzelte verwirrt. „Ich könnte schwören, dass er gerade 'Merilee gesagt hat... aber das kann doch gar nicht sein, oder?“ Ihre Frage wurde nur wenige Augenblicke später beantwortet, als mit einem strahlenden, weißen Leuchten, eine Gestalt auf der Bühne erschien. Es handelte sich wirklich um Merilee, das Eidolon mit den rosafarbenen Haaren schwebte in der Mitte der Bühne, und trug ein scharlachrotes Kleid, das am Saum in Eiszapfen überging. In ihrer Hand hielt sie einen Zauberstab, dessen Kopf in einem Herz endete und von zwei kleinen, weißen Flügeln geschmückt war.
„Hallo, alle zusammen!“ rief das Eidolon mit fröhlicher Stimme, wirbelte in der Luft herum, und winkte den Gästen zu. „Ich möchte euch allen herzlich dafür danken, dass ihr heute kommen konntet, um diesem wunderbaren Konzert beizuwohnen! Aber ihr seid bestimmt nicht hier, um mir dabei zuzuhören, wie ich euch bedanke! Deswegen wollen wir jetzt ohne weitere Verzögerung, das Konzert beginnen lassen!“ mit diesen Worten traten einige Männer und Frauen in äußerst seltsamen Sachen auf die Bühne, gingen zu den Instrumenten und fingen beinahe sofort an zu spielen, kurze Zeit später begann Merilee zu singen:

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„Ich... hatte keine Ahnung, dass Merilee singen kann.“ sagte Aleyandra, als das Lied langsam endete.
„Ich auch nicht... obwohl, ich glaube Serif hatte mir mal davon erzählt, dass sie eine gute Sängerin ist.“
„Wo du gerade von Serif redest... ist der das nicht?“ fragte Aleyandra, und deutete nach vorne, zu einer Gruppe von jungen Männern, die beinahe direkt vor der Bühne standen und Merilee lautstark anfeuerten.
„Oh, Tatsache.“ meinte Naruz, als er sein Eidolon erkannte, dass zwischen den Männern schwebte, und begeistert schrie, während Merilee sang. „Na ja, überraschen tut es mich nicht, er ist ziemlich schwer in Merilee verliebt... auch wenn sie davon nicht viel mitzukriegen scheint.“ sagte er, ohne zu wissen, dass Victoria, Nikodemus und Salvatore genau das selbe über ihn und Anya sagten.
„Vielleicht solltest du deinem Eidolon dann mal helfen.“ meinte Aleyandra lächelnd.
„Glaube mir, ich habe es schon oft genug probiert.“ Naruz seufzte und schüttelte den Kopf. „Manchmal muss man vielleicht einfach warten und hoffen, dass die Sache sich von alleine löst. Andererseits... die beiden sind schon ziemlich alte Eidolons, und in all den Jahren ist nichts passiert... wer weiß, wie lange man da noch warten müsste.“ Während Naruz und Aleyandra sich unterhielten, hatte das Lied geendet, und die Menge klatschte begeistert.
„Das muss dann wohl die Überraschung gewesen sein, von der Saeca geredet hatte.“ murmelte Aleyandra, während sie klatschte.
„Wahrscheinlich, auch wenn ich mich frage, wo sie abgeblieben ist... sie würde sich doch bestimmt nicht den Auftritt ihrer Freundin entgehen lassen, oder?“
Noch bevor Aleyandra auch nur darüber nachdenken konnte, erhob Merilee wieder das Wort auf der Bühne. „Vielen Dank! Ich hoffe, euch allen hat die Eröffnung des Konzertes gefallen!“
Während zustimmender Jubel aus der Menge kam, betrat Salvatore wieder die Bühne, räusperte sich, und las den nächsten Namen. „Also gut! Als nächstes... ein weiteres Lied von Merilee, zusammen mit ihrer Partnerin... Saeca?!“ Bevor er noch etwas sagen konnte, richteten sich die Blicke der Menge auf die Stufen auf der rechten Seite der Bühne. Dort stieg eine, sichtlich nervöse, Saeca auf die Bühne, und stellte sich neben Merilee. „Ähm... schätze, ich habe mich nicht verlesen... also gut, Merilee und... Saeca!“ Mit diesen Worten verzog sich der Doni wieder von der Bühne, und Saeca verbeugte sich in ihrem Kimono vor der Menge.
„H-hallo alle zusammen.“ sagte sie schüchtern, und lief ein wenig rot an. „I-ich werde zusammen mit meiner Freundin singen... v-vielen Dank fürs zuhören.“ sagte sie, dann fingen die Musiker an, das neue Lied zu spielen.
„Glaubst du, dass das gut geht?“ fragte Naruz flüsternd an Aleyandra gewandt, während sein Blick zu Saeca wanderte. „Sie sieht ziemlich nervös aus.“
„Ich... weiß nicht.“ meinte Aleyandra. „Ich wusste nicht einmal, dass Saeca singen kann... oder das sie vorhatte zu singen.“ Naruz' Blick lag noch immer zweifelnd auf der hochroten Saeca, als Merilee dieser ein Zeichen gab anzufangen. Die Armani schloss die Augen, holte einmal tief Luft, und wirkte plötzlich wie ausgewechselt. Sie schien vollkommen ruhig zu sein, lächelte sogar leicht, und auch ihre Stimme klang ein wenig... erwachsener als sonst:

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„Das ist... wunderschön.“ murmelte Naruz, als Eidolon und Armani im Duett sangen, und Aleyandra nickte zustimmend.
„Unglaublich, ich hatte nicht gedacht, dass Saeca singen kann.“ sagte sie und sah sich im Publikum um. Soweit sie es sehen konnte, hatte mehr als ein junger Mann einen äußerst verträumten Gesichtsausdruck aufgesetzt, während er Merilee und Saeca zuhörte, und Aleyandra vermutete, dass nicht nur das Lied der Grund dafür war. Saeca gab auf der Bühne in ihren Kimono gekleidet, einen seltsamen Anblick ab. In einem Augenblick wirkte sie niedlich, und unglaublich verletzlich, im nächsten wie eine anmutige, erwachsene Frau, die ohne Probleme aus einer der Adelsfamilien Naveas stammen könnte.
„Verstehst du zufällig den Text?“ fragte Naruz, woraufhin Aleyandra mit dem Kopf schüttelte.
„Nein, leider nicht... aber es klingt trotzdem toll.“
„Stimmt, ich wüsste nur zu gerne, was sie da eigentlich singen.“ Kurze Zeit später war auch dieses Lied vorbei. Während die Menge erneut applaudierte, und Merilee sich bedankte und verabschiedete, stürmte Saeca geradezu von der Bühne, jedenfalls so schnell es ihr Kimono erlaubte, und kämpfte sich durch die Menge, bis sie Aleyandra und Naruz erreichte. Mit hochrotem Kopf und tränenden Augen fiel sie Aleyandra um den Hals.
„Awu... Onee-chaaaaan! Das... das war unheimlich!“ brach es aus ihr hervor, während sie ihr Gesicht in Aleyandras Kimono vergrub. „A-alle haben mich angestarrt... so viele Leute.“ murmelte sie, während Aleyandra sie lächelnd umarmte.
„Das hast du gut gemacht, Saeca. Ich bin wirklich von dir beeindruckt, du hast sehr schön gesungen.“
„H-hontoni?“ fragte Saeca nervös, und wagte es einen Blick auf Aleyandra zu werfen.
„Ja, wirklich. Um ehrlich zu sein, hätte ich nie gedacht, dass du so gut singen kannst, es war wirklich ein schönes Lied.“
„Ein wunderschönes sogar.“ fügte Naruz lächelnd hinzu, woraufhin Saeca anfing zu strahlen und ihre Wange glücklich gegen Aleyandra rieb.
„Danke Onee-chan! Naruz-senpai!“ rief sie fröhlich. „Zuhause haben Meru-chan und ich den jährlichen Gesangswettbewerb dreimal hintereinander gewonnen!“ verkündete sie voller Stolz. „Auch wenn es etwas anderes ist, vor so vielen... Fremden zu singen. Ist mir die Überraschung gelungen?“
„Das ist sie.“ bestätigte Aleyandra.
„Dann bin ich froh... ich wollte euch beiden damit nämlich eine Freude machen... aber jetzt muss ich von hier verschwinden.“ murmelte die Armani, und sah sich nervös um. Hunderte Blicke lagen auf ihr, und sie erinnerte sich noch zu gut an das, was auf dem Ball der Akashi passiert war. Auf eine weitere Traube von Männern die unbedingt mit ihr reden wollten, konnte sie getrost verzichten. „Ich... ich warte zuhause auf dich, ja, Onee-chan?“
„Oh... in Ordnung, bis heute Abend.“
„Ja, bis dann. Viel Spaß noch!“ rief Saeca, ehe sie so schnell wie möglich verschwand, sich durch das Publikum schlängelte, und es geradeso schaffte, in eine Gasse zu entkommen, als eine Gruppe aus Verehrern sich ihr näherte. Plötzlich gab es erneut lauten Applaus, und bewundernde Rufe, jedoch nicht vom männlichen Teil des Publikums, sondern vom weiblichen.
„Huch? Was ist passiert?“ fragte Naruz verwirrt, der Saecas 'Flucht' beobachtet, und somit nicht mitbekommen hatte, wie der nächste Gast angekündigt worden war.
„Ich glaube... es geht um ihn.“ sagte Aleyandra, und deutete auf die Bühne. Dort stand nun ein junger Mann, der Naruz aus irgendeinem Grund ziemlich bekannt vorkam. Er hatte schwarze Haare, in deren Mitte ein roter Streifen verlief, und eisblaue Augen. Gekleidet war er in eine Art schwarzes Hemd, der rechte Arm hatte keinerlei Ärmel, während der auf der linken Seite viel zu lang war und die Hand des Mannes vollkommen verdeckte. Anscheinend war er bereits vorgestellt worden, denn Salvatore war nirgendwo auf der Bühne zu sehen, und noch während Naruz überlegte, wo er den Fremden schon einmal gesehen hatte, begannen die Musiker zu spielen:

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Als das Lied des Fremden dem Ende zuging, pochte es auf einmal heftig in Naruz' Kopf und er verzog das Gesicht.
„Naruz! Hörst du mich?“
„J...“ begann Naruz, ehe er den Mund schloss und in seinem Kopf antwortete. „Ja, tue ich! Moment, diese Stimme... bist du das, Demir?“ fragte Naruz, und warf einen Blick auf Aleyandra, die schien jedoch nichts gehört zu haben, und war auf das Lied konzentriert. Auch dieses wurde in der Sprache der Armani gesungen, weshalb Naruz langsam anfing zu denken, es sei ein Konzert der Armani... oder dass der Rest des Reiches keine guten Sänger hervorbrachte.
„Richtig, ich bin es. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mit dir Kontakt aufnehmen konnte. Leider habe ich nicht viel Zeit, also höre mir gut zu. Du darfst Asmodäus auf keinen Fall trauen, egal was er dir sagt, hast du mich verstanden? Er ist ein Dämon, es liegt in seiner Natur zu lügen, und Misstrauen zu sähen.“
„Ach ja? Er hat mir gesagt, ich sollte dir nicht trauen, und ihr beide habt mir bereits geholfen. Was macht deine Worte also glaubwürdiger als seine?“
„Er ist mit Schuld daran, was auf Cordius passiert ist. Ich... kann dir nichts genaues sagen, glaube mir einfach, das ist das beste für uns beide. Ignoriere ihn, und...“
„Oh, natürlich! Ich soll dir also einfach so vertrauen, obwohl du mir so viel vorenthalten hast? Du wusstest, dass du in meiner Seele wohnst, nicht wahr?“
„Ja, das tat ich. Aber ich habe meine Gründe, bitte, vertraue mir einfach... Naruz? Naruz?“
Die Stimme des Weltenwanderers wurde immer leiser und undeutlicher, was Naruz mit der Stirn runzeln ließ. Konnte es sein, dass Demir nicht so mächtig war, wie dieser immer behauptet hatte? Asmodäus hatte keine Probleme damit, mit Naruz zu kommunizieren... vielleicht sagte der Dämon ja die Wahrheit, und Demir zog seine Macht wirklich aus ihm?
„Ist alles in Ordnung, Naruz?“ fragte Aleyandra plötzlich, woraufhin der Kontakt zu Demir vollständig abriss.
„Was? Oh, natürlich. Alles bestens. Ich... ähm, war nur ein wenig abgelenkt.“ sagte er und lächelte. Erst jetzt merkte er, dass das Lied bereits geendet hatte. Der Mann schien jedoch keine Anstalten zu machen die Bühne zu verlassen, selbst als der Applaus geendet hatte. Stattdessen trat er einen Schritt nach hinten, senkte den Blick und... seufzte? Zumindest sah es von Naruz' Position ziemlich danach aus.
„Ähm... ja...“ kam es von Salvatore, der inzwischen die Bühne wieder betreten hatte und einen fragenden Blick auf den Mann warf. „Ähm... willst du nicht die Bühne verlassen?“
„Das ist nicht nötig, ich... kenne den nächsten Gast.“
„Oh, na dann... also gut! Als nächstes begrüßen wir... argh!“ Naruz konnte nicht glauben, was er da gerade sah, so unwirklich schien das Schauspiel, welches sich auf der Bühne entfaltete. Wie aus dem nichts erschien ein junges Mädchen, vielleicht in Aleyandras Alter, auf der Bühne und sprang, mit dem Fuß zuerst, auf Salvatore zu. Ihr Tritt erwischte den Doni direkt am Kopf, und schleuderte ihn geradezu von der Bühne. Das Mädchen schien sich jedoch nicht sonderlich dafür zu interessieren, richtete sich auf und strahlte die Menge an.
„Hallo! Vielen Dank, dass ihr heute alle kommen konntet!“ rief sie begeistert, ohne sich darum zu kümmern, dass dem männlichen Teil des Publikums die Augen aus dem Kopf zu fallen drohten, denn sie trug nichts weiter, als ein äußerst freizügiges... Hasenkostüm, mit passendem Haarreifen, auf dem Hasenohren thronten. „Worauf wartet ihr noch? Fangt an!“ rief sie voller Enthusiasmus, an die Musiker gewandt, und diese fingen erneut an zu spielen:

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Die seltsame Fremde beließ es jedoch nicht bei einem Lied, sie sang fast eine Stunde lang, unter dem begeisterten Jubel des Publikums. Als sie dann schließlich ihr letztes Lied beendete, verbeugte sie sich tief und erntete den tosenden Applaus der Menge. Dann, zur allgemeinen Überraschung, hüpfte das Mädchen einfach von der Bühne, landete anmutig auf dem Boden und bahnte sich einen Weg durch die Menge, ehe sie direkt vor Naruz und Aleyandra stehen blieb.
„Ähm... können wir irgendwie helfen?“ fragte Naruz, während das Mädchen ihn eingehend musterte.
„Hmmmmmmm... du bist also der Paladin?“ fragte sie und tippte ihm gegen die Stirn.
„Ja... bin ich. Was soll das hier eigen...“ ehe Naruz ausreden konnte, packte das Mädchen ihn am Kragen, zog seinen Kopf zu sich hinunter und küsste ihn.
Naruz lief rot an und als sie sich von ihm löste, grinste das Mädchen ihn an. „Also dann Paladin, ich erwarte interessante Taten von dir, enttäusche mich nicht.“
„W-w-w-was d-denkst du dir e-eigentlich dabei!“ fuhr Aleyandra das Mädchen an, die ebenso rot war, wie Naruz.
„Oh, bist du etwa eifersüchtig?“
„Ich bin nicht...“ Aleyandra verstummte, als das Mädchen sich zu ihr beugte und auch sie küsste. Naruz und Aleyandra standen einfach nur wie angewurzelt da, als die Fremde sich von letzterer löste, und sich zum gehen wandte.
„Also dann, viel Spaß noch euch beiden! Ich erwarte viel von euch!“ mit diesen Worten verschwand sie wieder in der Menge und zog eine große Schar von Verehrern mit sich die, ermutigt von dem was eben geschehen war, darauf hofften, ebenfalls einen Kuss abzukriegen.
Naruz, noch immer rot im Gesicht, drehte sich zu Aleyandra um. „Ähm... kennst du sie?“
„N-nein, und du?“
„Nie gesehen... lass uns... lass uns am besten nie wieder darüber reden, ja?“
„Das ist eine... gute Idee.“ murmelte Aleyandra. Im selben Augenblick kam Salvatore wieder auf die Bühne, während er sich noch immer die Wange rieb, und verkündete den nächsten Auftritt...

Knapp zwei Stunden später waren alle Auftritte vorüber, und die Musiker spielten zum Abschluss des Konzerts Ballmusik. Naruz und Aleyandra tanzten zusammen und als er sah, wie glücklich Aleyandra war und wie sehr sie strahlte, war er froh darüber, mit ihr zum Konzert gegangen zu sein. Zwar bedeutete es, dass er die nächsten Tage Überstunden machen müsste, um alles abzuarbeiten, was er so an Dokumenten herumliegen hatte... aber das tat er ja sowieso. Außerdem merkte er, dass er auch selber einen solchen Abend gebraucht hatte, einfach mal nur ein Abend, an dem er sich amüsieren und ausspannen konnte, ohne sich um irgendetwas Gedanken zu machen. Als die Instrumente verstummten, gehörten Naruz und Aleyandra zu den letzten, die aufhörten zu tanzen. Nachdem der tobende Applaus für die Musiker verstummte, machten sich dann alle auf den Heimweg, so auch sie beide.
„Aleyandra... tut mir leid, aber ich muss zurück zur Villa.“ sagte Naruz plötzlich, als sie Aleyandras Haus erreicht hatten und lächelte sie entschuldigend an, während er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. „Ich...“
„Du willst zu Luca, oder?“ fragte Aleyandra und lächelte, als Naruz ertappt zusammenzuckte. „Ich habe also recht?“
„Also... ja. Tut mir leid, ich weiß, dass ich gesagt habe es sei nichts, und das ist wahrscheinlich auch so. Aber... ich mache mir trotzdem Sorgen um ihn. Ich... ich will nur sehen, wie es ihm geht. Tut mir leid, dass der Abend so endet, aber...“
„Das macht nichts.“ meinte Aleyandra, und schüttelte den Kopf. „Heute war ein schöner Tag. Ich danke dir dafür, und ich kann verstehen, wenn du nach deinem Bruder sehen willst... auch wenn du nicht vergessen solltest, dass du der kleine Bruder bist.“ fügte sie lächelnd hinzu.
„Ich werde daran denken.“ meinte Naruz und küsste Aleyandra. „Danke, für dein Verständnis. Ich werde es wiedergutmachen, das verspreche ich.“ mit diesen Worten wandte Naruz sich ab, und verschwand in der Nacht.
Als Naruz verschwunden war, seufzte Aleyandra leicht enttäuscht und wandte sich zur Tür. Eigentlich hatte sie gehofft, dass er mit reinkommen würde... aber man konnte wohl nicht alles haben. Der Tag war sowieso schon unglaublich gut gelaufen, da wollte sie sich nicht beschweren. „Also gut... dann will ich mal nach Saeca sehen.“ murmelte Aleyandra leise, zuckte jedoch zusammen, als eine Gestalt aus einer nahen Seitengasse trat. „Wer ist da?“ fragte sie, wirbelte herum... und erstarrte.
„Hallo Aleyandra.“ sagte Aynaeth und hob eine Hand zum Gruß. Ihren rechten Arm hatte sie vor ihre Brust gepresst, und drückte damit Grimm an sich, augenscheinlich hatte der Drache ihr den Weg zeigen müssen.
„Aynaeth! Was... was machst du denn hier?“ fragte Aleyandra, vollkommen verwirrt.
„Darf ich reinkommen? Ich muss mit dir über etwas sehr, sehr, sehr wichtiges reden, es geht um Leben und Tod.“ meinte die Hexe, mit äußerst ernster Stimme, und starrte Aleyandra fest in die Augen.
„Ähm... ich schätze schon, komm rein.“ murmelte sie, öffnete die Tür und machte Platz für Aynaeth. Nachdem sowohl sie, als auch die Hexe, eingetreten waren, schloss Aleyandra die Tür, und fragte sich, was wohl so wichtig sein konnte, dass Aynaeth den weiten Weg hierhin auf sich genommen hatte, um mit ihr zu reden...

...

Es ging bereits auf Mitternacht zu, als Halos Akashi die Tür zu seinem Büro öffnete, und mit einem Gähnen eintrat. Er war beim Konzert gewesen, und hatte daher noch einen recht großen Haufen Papierkram, den er vor dem schlafen gehen erledigen musste. Als sein Blick auf seinen Schreibtisch fiel, runzelte er die Stirn. Dort stand... ein kleines Päckchen, in weißes Papier gehüllt, das ganz gewiss noch nicht dort gestanden hatte, als er zum Konzert gegangen war. Außerdem brannten überall Kerzen... irgendetwas stimmte hier nicht.
„Halos, schön dich zu sehen.“ Der Akashi zuckte zusammen, und wirbelte herum, als er eine kalte Stimme hinter sich hörte. Eine Stimme, die ihm nur allzu bekannt vorkam, und die dafür sorgte, dass er sich nervös umsah. Neben der Eingangstür zum Büro, lehnte eine Gestalt an der Wand und lächelte Halos an. Es war ein gefährliches, eisiges Lächeln, dem man nichts freundliches abgewinnen konnte.
„Rhael!“ entfuhr es Halos, als er den Môrkalfar erkannte, ehe er seine Lippen zusammenpresste, zur Tür ging, und schwitzend links und rechts den Gang entlang blickte. Als er niemanden sah der ihn, oder seinen Gesprächspartner, sehen oder hören könnte, atmete er erleichtert auf, ging wieder ins Büro und schloss die Tür hinter sich.
„Sehr gut erkannt, Halos.“ sagte Rhael, und entfernte sich von der Wand. „Aber setz dich doch, wir haben viel zu besprechen.“ Der Alfar sah noch immer genauso aus, wie Halos ihn in Erinnerung hatte. Schwarze Haare, ein junges Gesicht, mit unheimlichen, gelben Augen, und einem arroganten Ausdruck, der dem von Teregion Konkurrenz machen konnte. „Hülle die Gläubigen in Schweigen, vernichte das Gehör der Feinde, Horus.“ flüsterte Rhael, und Halos merkte, wie der Zauber seine Wirkung entfaltete. Jetzt dürfte es selbst einem Botschafter der Gaia schwerfallen, sie zu belauschen, auch wenn er direkt neben ihnen stehen würde.
Noch immer sichtlich nervös ließ Halos sich auf seinem Stuhl nieder, und musterte Rhael. Neun Jahre war es her, seit sie sich das letzte mal gesehen hatten. Und wenn es nach Halos ginge, wäre es auch das letzte mal geblieben. „Was willst du von mir, Rhael?“ fragte er, und wischte sich ein wenig Schweiß von der Stirn. „Du weißt hoffentlich, dass du mir keinen Gefallen damit tust, hier aufzutauchen. Was, wenn dich jemand sieht?“
Rhael ließ ein belustigtes Zischen hören. „Mich sieht niemand, du unterschätzt mich, Halos. Und was sind das überhaupt für Manieren? Begrüßt man so seinen alten Freund?“
„Ich würde dich nicht unbedingt als Freund bezeichnen.“ murmelte Halos, woraufhin Rhael tatsächlich lachte.
„Von mir aus, nennen wir das, was wir haben ein Bündnis, und nicht Freundschaft.“ sagte er, mit einem Schulterzucken. „Wie dem auch sei, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Niemand wird herausfinden, dass du von Feinden der Kirche mit Informationen gefüttert wirst.“ Der Alfar deutete auf das Päckchen. „Da sind neue Informationen zu den Plänen der Republik drinnen, aber das kann warten.“
„Das dachte ich mir schon. Das letzte mal, als ich von dir Informationen bekommen habe, war vor sechs Jahren.“ Halos gab sich Mühe gleichgültig zu klingen, strich jedoch begierig über das Päckchen. Er lernte Rhael vor zehn Jahren im Norden kennen, und hatte ihm einen Gefallen getan. Im Gegenzug lieferte der Alfar Informationen, die Halos nutzen konnte, um seine Position innerhalb der Kirche zu stärken, denn es handelte sich nicht nur um Informationen über die Republik. Mitunter waren einige... unschöne Berichte über Korruption, und Verräter innerhalb der Reihen der Kirche dabei. „Eigentlich hatte ich gehofft, dass du unsere Zusammenarbeit für beendet erklärt hast.“ sagte er schließlich, und musterte Rhael prüfend. „Also, was führt dich nach Navea?“
„Ich bin gekommen, um dich vor jemandem zu warnen. Vor einer Person, der du unter keinen Umständen gegenübertreten solltest.“ die Kälte in Rhaels Stimme jagte Halos einen Schauer über den Rücken.
„Von wem redest du? Und warum soll ich dieser Person aus dem Weg gehen?“
„Ich rede vom Todesengel der Bladelli, Luca.“
„Der Bruder des Paladins? Ich weiß, er ist nicht gut auf die Akashi zu sprechen, aber ich bezweifle, dass er mich umbringen würde.“ Als Rhael anfing, lauthals zu lachen, runzelte Halos die Stirn. „Was ist so lustig?“
„Oh, bei Gaia! Du... du denkst wirklich, dass es mich interessiert, ob er dich tötet?“ fragte Rhael, und schüttelte amüsiert den Kopf. „Halos! Wenn er dich töten will, werde ich der letzte sein, der sich die Mühe macht, dich zu warnen.“
Der Akashi musste sich beherrschen, um den Alfar nicht einfach aus der Villa zu jagen. „Warum warnst du mich dann vor ihm?“ presste er hervor, während er mit den Zähnen knirschte.
„Erinnerst du dich noch an den kleinen Gefallen, den du mir im Norden getan hast?“
Halos runzelte die Stirn. „Dieser Junge? Der Erbe Valquez'?“
„Sehr schön, du erinnerst dich. Ja, genau um den geht es.“
Halos kratzte sich am Kinn. Er erinnerte sich noch sehr gut an den Gefallen. Es ging um einen Jungen... vielleicht dreizehn, oder vierzehn Jahre alt, welcher Teil der Erben Valquez' gewesen war. „Wenn ich mich richtig entsinne, war der Junge ziemlich durcheinander, nachdem eine Blôdalfar ihn mit einem Halluzinationszauber erwischt hat. Ich will nicht so tun, als wenn ich Mitleid mit ihm hatte, aber es war zu seinem besten, dass ich ihn getötet habe.“ Es war so einfach gewesen. Halos hatte dem jungen, verwirrten Mann einfach die Seele zerschmettert, nein, er hatte sie vollständig vernichtet, und keine Spur von ihr zurückgelassen. Nie hatte er Rhael gefragt, warum er den Jungen auf diese Weise hatte töten sollen, und es interessierte ihn auch nicht wirklich. Er hatte seinen Teil der Abmachung gehalten, und Rhael seinen, das war alles, worum er sich kümmerte.
„Stimmt, vor allem, da du ihn nicht getötet hast.“ erwiderte Rhael, mit einem freundlichen Lächeln.
„Was?!“ entfuhr es Halos, und er sprang auf. Schlagartig war er wieder nervös. Das konnte nicht sein! Der Junge war tot, seine Seele zerstört! Er konnte nicht mehr leben!
„Ganz ruhig, Halos. Du hast richtig gehört, der Junge lebt noch, aber du musst dir keine Sorgen machen. Immerhin war es von Anfang an geplant, dass er überlebt. Oder besser gesagt, dass er wiederaufersteht. Du hast ihn umgebracht, und gleichzeitig hast du seinen Verstand geheilt. Du hast ihn repariert, genauso, wie ich es geplant hatte.“
„Du lügst! Du musst einfach lügen! Wie könnte er noch am Leben sein? Wie...“
„Erica Bladelli.“ Diese Worte reichten, um Halos zum verstummen zu bringen. „Lass mich dir eine Geschichte erzählen, Halos. Vor beinahe vierundzwanzig Jahren, bekam meine Herrin ein Kind, welches sie Luca nannte.“ erzählte Rhael, und begann, vor dem Schreibtisch auf und ab zu schreiten. „Allerdings gab es ein Problem. Das Kind namens Luca verfügte über sehr viel magisches Potenzial, allerdings war es unglaublich schwach. Nach Schätzungen meiner Herrin, würde das Kind zwar ein mächtiger Magier werden, aber nie wirklich kämpfen können, da es wahrscheinlich für immer an einen Stuhl, oder ans Bett gefesselt sein würde. Sie war darüber so wütend und enttäuscht, dass sie ihren damaligen Ehemann, den Vater des Kindes, tötete. Fünf Jahre lang forschte sie, und führte Experimente durch, ehe sie etwas erschuf, was man wohl als den perfekten Homunkulus bezeichnen könnte, den perfekten, künstlichen Menschen. Sie schuf eine Kreatur, eine Waffe, die genauso aussah wie ihr schwächlicher Sohn, ohne magische Begabung, jedoch auch ohne körperliche Schwächen.“ Plötzlich brach Rhael ab, und schien sich für ein Portrait von Halos' Vorfahren zu interessieren, aber der Akashi wusste es besser. Er wusste, dass Rhael es liebte, andere warten zu lassen, und Dinge komplizierter als nötig zu machen.
„Und? Was ist dann passiert?“ fragte Halos, leicht genervt, als Rhael keine Anstalten machte, von sich aus fortzufahren.
„Ah ja, natürlich. Dann tötete Erica ihren erstgeborenen Sohn, sie opferte ihn, und benutzte sich einer eigenen Form von Blutmagie, die sie erfunden hatte. Mit dieser Blutmagie transferierte sie die Seele und Magie von Luca, in den Körper des Homunkulus, und zog ihn fortan als ihren Sohn auf... es war Luca, den du im Norden für mich töten solltest. Sein Verstand war durch die Magierin der Alfar zu stark beschädigt worden, um ihn zu reparieren, also bat ich dich darum, ihn einfach zu zerstören.“
Halos lächelte schwach. „Nette Geschichte. Nehmen wir mal einen Augenblick lang an ich glaube dir, dass es möglich ist, die Seele eines Lebewesens zu transferieren, was ich natürlich nicht tue, was hat das mit mir zu tun? Oder besser gesagt, erklärt deine Geschichte nicht, wie Luca Bladelli meinen Angriff hätte überleben können.“
„Oh, vergaß ich wirklich, es zu erwähnen?“ fragte Rhael, mit gespielter Überraschung. Dann setzte er ein breites Grinsen auf, und ein beinahe schon fanatisches Glitzern ließ sich in seinen Augen sehen. „Meine Herrin hat einen Weg gefunden, den Tod selbst zu betrügen.“
Eine Weile lang war es still. Dann lachte Halos. „Gut! Dein Scherz ist dir wirklich gelungen, Rhael, ich wäre fast...“
„Ich meine es ernst.“ unterbrach der Alfar Halos, der ihn nur verwirrt anblinzelte. „Meiner Herrin ist etwas gelungen, was niemand vor ihr geschafft hat. Eine perfekte Kopie von Lucas Verstand, von seiner Seele, ist tief im Körper des Homunkulus verschlossen, und wartet nur darauf, freigesetzt zu werden. Sollte Lucas Seele... 'sterben', egal, ob durch äußere Verletzungen, oder durch die Magie der Akashi, erstellt diese Kopie sofort eine weitere, und pflanzt sie im Homunkulus ein.“ Rhaels Grinsen wurde noch ein wenig breiter. „Zugegeben, er musste wieder als Zwölfjähriger anfangen, und hat viel vergessen, unter anderem, dass der Blutende Turm so gut wie zerschlagen wurde, aber es ist besser als nichts.“
„Das... das ist verrückt.“ murmelte Halos, und schüttelte den Kopf. „Selbst die beste Heilmagie, kann niemanden von den Toten zurückholen! Es ist unmöglich, dass sie...“
„Du musst es nicht glauben.“ fuhr Rhael mit kalter Stimme dazwischen. „Ich weiß, dass ich die Wahrheit sage, und du tätest gut daran, mir zu glauben. Aber du musst es nicht.“
Halos wollte erst noch protestieren, schüttelte dann jedoch den Kopf. Er sollte besser nicht mit Rhael diskutieren, wenn man mit Wahnsinnigen stritt, führte das selten zu etwas gutem. „Also gut... was willst du jetzt von mir, Rhael? Soll ich ihn noch einmal umbringen?“
„Nein, aus irgendeinem Grund will meine Herrin, dass er am Leben bleibt. Du sollst dich einfach nur von ihm fernhalten.“ Erneut brach Rhael in Gelächter aus.
„Was ist so lustig?“
„Luca natürlich! Er weiß nichts hiervon, überhaupt nichts.“ sagte Rhael, und lachte noch lauter. „Es ist einfach zu komisch, ihm dabei zuzusehen, Mensch zu spielen! Er denkt wirklich, er wäre einer von euch. Er denkt, er hätte einen Platz unter euresgleichen! Einfach nur komisch! Luca hat sich sogar verliebt! Unglaublich, oder? Wer hat schon einmal von einem Homunkulus gehört, der sich verliebt hat? Da fällt mir ein... Lyaena ist doch deine Cousine, oder?“
„Ja... warum?“ fragte Halos, vollkommen überrascht von der Frage.
„Oh, weil sie diejenige ist, der es gelungen ist Lucas Herz zu erobern. Die beiden verstehen sich sogar ziemlich gut, wenn dieser...“ Rhael schnippte kurz mit den Fingern „... dieser Teregion? Ja, genau, das war es. Jedenfalls, wenn dieser Teregion nicht wäre, würden die beiden vermutlich das glücklichste Paar von ganz Navea sein.“
„Moment, das heißt Lyaena...“
„Sie hat eine Affäre mit Luca, ja.“
Halos lächelte. „So, so...“ murmelte er vor sich hin. Was für eine interessante Nachricht. Wenn es stimmte, was Halos sagte, dann könnte er das sicherlich irgendwie verwenden, um...
„Halos. Ignoriere mich nicht.“
Der Akashi zuckte zusammen, als Rhaels kalte Stimme ihn wieder dazu zwang, sich auf das Gespräch zu konzentrieren. „Tut mir leid, es ist nur so, dass ich mir... Sorgen um meine liebe Cousine mache. Nicht auszudenken, was geschehen könnte, wenn jemand herausfindet dass sie mit...“
„Ja, ja. Deine kleinlichen Familienintrigen interessieren mich nicht, Halos. Hebe sie dir für später auf.“ meinte Rhael desinteressiert. „Wie dem auch sei, halte dich von Luca fern. Wenn er dich sieht, könnte es eventuell sein, dass... Erinnerungen wach werden, Erinnerungen, die von der Kopie aufgenommen wurden, bevor du ihn umgebracht hast. Wenn das passiert, weiß niemand, was er wohl tun würde, und um ehrlich zu sein habe ich keine Lust, mich mit ihm zu messen. Das könnte gefährlich für mich werden. Wie dem auch sei...“ ehe Halos Fragen stellen, oder überhaupt etwas sagen konnte, deutete Rhael auf das weiße Päckchen. „...willst du dir nicht einmal ansehen, was ich dieses mal für dich dabei habe? Du kannst es ruhig aufmachen, keine Sorge.“ sagte der Alfar, mit einer Stimme, die ein Erwachsener benutzte, wenn er mit einem kleinen Kind sprach, dem er gerade ein Geburtstagsgeschenk gegeben hatte.
Halos verzog das Gesicht, sagte jedoch nichts, und machte sich daran, das Papier abzureißen. Kurz darauf hielt er eine kleine, schwarze Schachtel in der Hand, öffnete sie... und zog einen blankpolierten, ovalen, schwarzen Stein hervor. „Was soll dieser Schwachsinn, Rhael?“ fragte er ungehalten, und musterte den Stein im Kerzenlicht.
„Huch? Was ist... aber wo sind dann die Papiere?“ fragte Rhael schockiert, tastete über seinen schwarzen Mantel, und zog kurz darauf ein Bündel Dokumente aus einer Innentasche. „Ach! Hier sind sie ja!“ sagte er lächelnd, und wedelte mit den Papieren in der Luft herum. „Wie ungeschickt von mir, ich habe dir doch tatsächlich das falsche Päckchen hingelegt.“
Halos schluckte. Rhaels Grinsen verriet ihm, dass er ganz und gar nicht das falsche Päckchen platziert hatte. Er wollte, dass Halos den Stein bekam, nur warum? „Was... was ist das hier?“ fragte Halos nervös, und hielt den Stein ein wenig von sich. Er sah äußerst hübsch aus, und ein wenig Magie schien von ihm auszugehen, aber ansonsten war er nicht wirklich etwas besonderes, zumindest soweit Halos das erkennen konnte.
„Hm... was war das noch gleich für ein Stein?“ murmelte Rhael, in gespielt nachdenklichem Tonfall, und tippte sich auf die Wange. „Mein Gedächtnis ist einfach so schrecklich löchrig in letzter Zeit.“ fügte er seufzend hinzu.
Das brachte das Fass zum überlaufen. Halos hatte endgültig genug vom Alfar. „Rhael! Du sagst mir jetzt, was dieser Stein hier...“ Halos brach schockiert ab, als er sah, wie der Stein ein Auge öffnete. Ein großes, rotes Auge, mit schwarzer Iris, erschien plötzlich mitten auf dem Stein, und starrte Halos an. Ehe der Akashi reagieren konnte, schoss ein dünner, schwarzer Strahl aus dem Stein, der sich kurz vor Halos zu einem Hundekopf formte, der so groß war wie ein normaler, großer Hund. Der Kopf riss sein Maul auf, und zeigte eine beachtliche Sammlung von spitzen Zähnen, die so lang wie Dolche waren. Dann biss der Hund zu, und versenkte seine Zähne in Halos' Ellenbogen. Dieser blinzelte verwirrt. Dann, als würde es ihm erst jetzt aufgehen, was eigentlich passiert war, fing er an zu schreien. „Rhael! Hilf mir!“ kreischte er, mit lauter, panischer Stimme, und schlug mit seiner freien Hand auf den Hundekopf ein, jedoch ohne irgendetwas zu erreichen. Plötzlich zerrte der Kopf an Halos' Arm, und mit einem Knacken und feuchten Reißen, riss er den gesamten Unterarm des Akashis ab, kaute darauf herum, und verschluckte ihn, mit einem laut hörbaren Geräusch. Blut spritzte durch das Büro, und über den Schreibtisch, während Halos noch lauter schrie.
„Ich erinnere mich wieder!“ rief Rhael plötzlich lächelnd, und tat so, als wenn gar nichts passiert wäre. Halos hatte den Stein inzwischen losgelassen, und presste seine rechte Hand auf die blutende Wunde, aber das Ding schwebte noch immer direkt vor ihm in der Luft, und langsam traten weitere, schwarze Strahlen aus, die sich zu neuen Köpfen formten. Insgesamt dreizehn, übergroße Hundeköpfe starrten Halos aus roten, hungrigen Augen an, während sie die Zähne bleckten, und Geifer aus ihren Mäulern lief. „Das, mein alter Freund, ist ein Splitter des Hades. Ein uraltes, dämonisches Artefakt, in dem die Seelen von dreizehn verdammten Eidolons leben, welche in diese... netten Gestalten gezwungen wurden, die nichts mit ihrer früheren Eleganz gemeinsam haben. Sie wurden zu Höllenhunden, und glaube mir, selbst manche Succubi haben Respekt vor der Grausamkeit dieser Dämonen, während es Vampire gibt, Wesen, vom ewigen Hunger nach Magie angetrieben, die vom Hunger dieser Bestien beeindruckt sind.“
„R-rhael...? Warum... was...“
„Meine Herrin will dich tot sehen, das ist alles.“ meinte Rhael, und ehe Halos noch etwas sagen konnte, stürzten die Höllenhunde sich auf den Akashi. Drei, lange Minuten später, in denen nur die Fressgeräusche der Hunde, und Halos' Schreie zu hören gewesen waren, verschwanden die Höllenhunde wieder in ihren Stein, und Rhael steckte ihn in das kleine Kästchen. Mit einem Seufzen sah er sich im Büro um, und ließ seinen Blick über das wandern, was von Halos übrig geblieben war... namentlich, eine große Menge Blut, über das gesamte Zimmer verteilt. „Nun, ich schätze, ich werde mich mal daran machen, hier aufzuräumen.“ murmelte er sich selbst zu. Als er eine Stunde später den Schweigezauber über dem Zimmer auflöste, und das Gebäude verließ, gab es keinerlei Hinweise mehr auf das, was hier vorgefallen war.



Zwei Tage waren seit dem Konzert vergangen. Es war bereits weit nach Mitternacht und Naruz saß am Schreibtisch in seinem Zimmer und konzentrierte sich auf die Dokumente vor sich, was sich jedoch, wie immer, als äußerst schwierig erwies. Denn auch in dieser Nacht war Naruz nicht alleine in seinem Zimmer, Theresia lag auf seinem Bett, den Kopf von ihm abgewandt, und ging dort ebenfalls diverse Akten durch. Sie trug mal wieder einen äußerst kurzen Rock und eine Bluse, die so knapp war, dass es kaum einen Sinn hatte überhaupt eine zu tragen. Man konnte jedenfalls deutlich erkennen dass sie, abgesehen von einem Höschen, keine Unterwäsche trug, selbst wenn man nur einen flüchtigen Blick auf sie warf. Ihre Schuhe und Strümpfe hatte sie ausgezogen und auf den Boden neben dem Bett gelegt und während sie las, wedelte sie mit ihren nackten Füßen in der Luft herum, wodurch ihr Rock bei einigen, nicht gerade natürlichen Bewegungen, immer wieder soweit angehoben wurde, um einen Blick auf ihr schwarzes Höschen freizugeben. Naruz schüttelte den Kopf als sein Blick, wieder einmal, an den langen Beinen der Akashi entlangwanderte, bis zu ihrem Rock, der wie durch Zufall in eben jenem Augenblick ein wenig angehoben wurde. Innerlich seufzte Naruz und widmete sich wieder den Dokumenten. Vielleicht sollte er einen Weg finden, Theresia irgendwo anders zu beschäftigen... andererseits würde sie das wohl kaum zulassen und irgendeine Ausrede erfinden, um wieder in sein Zimmer zu kommen. Leider war sie auch nicht sein einziges Problem, erst letzte Nacht war Mizore in Naruz' Zimmer erschienen, nur in Unterwäsche gekleidet, und hatte versucht, sich über ihn herzumachen. Zum Glück hatte er es noch geschafft sich aus der Sache herauszuwinden, mit Unterstützung von Aynaeth, die in eben jenem Moment in sein Zimmer geplatzt war, und ihm einen neuen Zauber zeigte, den sie in einem Buch gefunden hatte, und von dem sie überzeugt war, dass er eine große Hilfe gegen die Dämonen des Schattenritters sein würde. Plötzlich stieß Naruz auf ein Blatt Papier, dass ihn mit der Stirn runzeln ließ.

Die Waffen wurden im Lagerhaus von Händler Mercion versteckt, das Volk ist bereit, und wartet auf Euren Befehl, Lord Dârthallion
- Enwic

Mit äußerst krakeliger Handschrift, stand noch eine kurze Nachricht neben dem kleinen Text. 'Schriftwechsel zw. Enwic d' Lonx u. Dârthallion Urûsec (Rebellion in Tyren? Inf. nur für Leviathan)'. Tyren... soweit Naruz wusste, war das eine Stadt, nicht allzu weit von der Grenze zur Republik der Alfar entfernt. Aber woher kam dieser Bericht?
„Theresia?“ fragte er, woraufhin die Akashi sich zu ihm umwandte.
„Ja, Senpai?“ Theresia stand auf und schlenderte langsam durch das Zimmer, bis zu Naruz' Schreibtisch, wo sie sich auf seinem Schoß niederließ. Sehr zu ihrer Überraschung ließ Naruz es sogar geschehen, auch wenn er sich beherrschen musste, sie nicht einfach wegzustoßen. Jetzt wollte er erst einmal wissen, was sie über diesen seltsamen Bericht wusste, danach konnte er sich immer noch mit ihr streiten.
„Hast du diesen Bericht schon einmal gesehen?“ fragte er und deutete auf das Blatt.
„Hm... nein, habe ich nicht. Tut mir leid, warum fragst du, Senpai?“ Während sie sprach rückte Theresia auf seinem Schoß herum, und presste sich dabei ein wenig fester gegen ihn. „Und wer ist dieser 'Leviathan'?“
„Ich hatte eigentlich gehofft, dass du mir diese Fragen beantworten könntest.“ meinte Naruz seufzend. Theresia schien nicht zu lügen, also kamen die Berichte wohl nicht von den Akashi... aber von wem dann? Die Handschrift kam ihm nicht bekannt vor, und er hatte noch nie davon gehört, dass eine Rebellion in Tyren bevorstand, also schien der Rest der Kirche noch nichts davon zu wissen. „Ach ja, und könntest du bitte... ähm, na ja... nicht hier sitzen?“ fügte Naruz hinzu und räusperte sich.
„Oh, aber natürlich Senpai!“ erwiderte die Akashi, erhob sich... nur um sich im nächsten Moment umzudrehen, und sich erneut auf Naruz' Beine zu setzen, dieses mal mit ihrem Gesicht direkt vor dem seinen. „Ist es so besser?“ flüsterte sie in Naruz' Ohr, und strich mit einer Hand über seinen Brustkorb.
„D-du gibst wohl nie auf, oder?“ murmelte Naruz, dem auf einmal ziemlich heiß wurde. Er packte die Akashi an den Schultern und schob sie ein wenig von sich.
„Natürlich nicht, ich gebe mich nicht leicht geschlagen.“ sagte diese, nahm eine seiner Hände, und legte sie auf ihren Oberschenkel. „Außerdem... ich weiß, dass du mich willst. Ich merke doch, wie du mich ansiehst.“
„Ob du es glaubst oder nicht, es ist äußerst schwierig dich nicht anzusehen, wenn du so rumläufst.“
„Oh, vielen Dank Senpai.“
„Das war kein Kompliment, ich...“
„Naruz... kannst du mich hören?“ Der Paladin zuckte zusammen. Auch das noch! Genau in dem Augenblick, in dem er Theresia mal wieder abwehren musste, meldete Asmodäus sich wieder! Gut, vielleicht war das ja auch genau der Grund dafür, dass er sich meldete, immerhin war er laut eigener Aussage ein Lustdämon.
„Was gibt es, Asmodäus? Ich bin gerade etwas... beschäftigt.“
„Tut mir leid wenn ich dich störe, aber es ist äußerst wichtig.“
Asmodäus' Stimme klang äußerst besorgt und... traurig? So hatte er den Dämon noch nie gehört.
„Was ist los?“
„Ich... habe nicht mehr viel Zeit. Es tut mir wirklich leid, dass ich dir nichts davon gesagt habe, aber ich wollte nicht, dass du dir unnötige Sorgen machst. Ich habe dir nicht ganz die Wahrheit gesagt. Als ich sagte, ich bräuchte Lust um stärker zu werden... egal, das spielt keine Rolle. Helonia, Naruz.“
„Wie bitte? Was ist mit Helonia?“
„Deine Mutter, sie plant irgendetwas in Helonia, und Alesia Cambeli ist in Gefahr, sie ist es, von der ich geredet hatte. Du solltest so schnell wie möglich dorthin, oder jemanden schicken, der ein paar Nachforschungen anstellt. Wenn du aber ein Heer schickst, oder eine zu große Gruppe, wirst du sämtliche Chancen verlieren die du hattest, herauszufinden was dort geschieht, vergiss das nicht.“
„Warum sagst du mir das? Ich dachte, du wolltest einen Preis dafür haben.“
Naruz konnte nicht ganz verhindern, dass er misstrauisch klang. Dieser Umschwung war ihm ein wenig zu... plötzlich.
„Weil du den Preis nicht zahlen wirst. Das spüre ich... also dachte ich mir, dass ich mit meiner letzten Tat dafür sorgen kann, dass das Leben eines netten, lebensfrohen Mädchens gerettet werden kann, und das der Einwohner einer kleinen Stadt.“
„Deiner letzten Tat? Asmodäus! Was geht vor sich?“
„Wie gesagt, ich war nicht ganz ehrlich mit dir. Ich brauche Emotionen um zu existieren, Naruz. Ich werde mit jeder Sekunde schwächer, und bald werde ich vollkommen verschwunden sein. Ich wollte es dir nicht vorenthalten... aber ich hielt es für die beste Möglichkeit. Wahrscheinlich wird dies das letzte mal sein, dass wir miteinander reden können.“
„Warte, warte, warte! Das kann doch nicht dein Ernst sein, oder? Du...“
„Naruz, versprichst du mir etwas? Lasse nicht zu... dass... sie sterben...“
Die Stimme des Dämons wurde immer leiser und schwächer, bis sie letztendlich vollkommen erstarb.
„Asmodäus! Hey! Asmodäus!“ Naruz schrie geradezu in seinen Gedanken, erhielt jedoch keine Antwort. Er spürte auch die Präsenz des Dämons nicht mehr, die sonst immer gegenwärtig war, wenn er mit ihm sprach. Naruz biss sich auf die Unterlippe, hatte Asmodäus gerade die Wahrheit gesagt? Stand er kurz davor zu sterben... oder zu verschwinden? Und hatte er mit seinem letzten bisschen Kraft noch versucht, dafür zu sorgen, dass Helonia gerettet wurde?
„Haaaallo? Senpai? Ignorierst du mich etwa?“ fragte eine äußerst beleidigte Theresia, die noch immer auf Naruz saß, und wedelte mit ihrer Hand vor seinem Gesicht hin und her.
„Oh... Theresia...“
„'Oh'? Bist du etwa eingeschlafen? Mit offenen Augen? Oder bist du einfach so übermüdet, dass du nichts mehr mitkriegst?“
Doch Naruz achtete gar nicht auf die Fragen der Akashi, er hatte gerade eine weitaus wichtigere im Kopf. Was wenn... was wenn er Asmodäus noch retten konnte? Demir mochte gesagt haben, dass er dem Dämon nicht trauen sollte, aber soeben war Naruz Zeuge gewesen, wie Asmodäus seine letzte Trumphkarte, um möglicherweise etwas von ihm zu erpressen, aus dem Fenster warf, nur um den Leuten in Helonia zu helfen. Er konnte doch gar nicht so böse sein, wie Demir behauptete... oder? Und... und es wäre falsch, ihn einfach so sterben zu lassen... oder? „Theresia?“
Die Akashi, die noch immer damit beschäftigt war, sich darüber zu beschweren dass er sie die ganze Zeit ignoriert hatte, zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ja? Was gibt es, Senpai?“
Naruz zögerte. Er starrte Theresia tief in die Augen, und kämpfte innerlich mit sich. Er... könnte Asmodäus einfach verschwinden lassen, er war ihm zu nichts verpflichtet. Aleyandra war seine Freundin. Er liebte sie, und es gab keinen Grund mehr sie zu betrügen. Asmodäus hatte ihm bereits alle Informationen gegeben, die Naruz interessieren würden. 'Lasse nicht zu, dass sie sterben' die Worte schossen durch Naruz' Kopf, und er fasste einen Entschluss. Selbst wenn Aleyandra es ihm nicht verzeihen könnte... er konnte Asmodäus nicht einfach sterben lassen, nicht nach dem, was er über ihn wusste, und nach dem, was der Dämon bereits für ihn getan hatte. Anstatt Theresia zu antworten, packte er die Akashi erneut an den Schultern, und zog sie zu sich heran. Als diese überrascht den Mund öffnete, um noch etwas zu sagen, küsste Naruz sie. Im ersten Moment zögerten sie beide, dann schlangen sich plötzlich die Hände der Akashi um Naruz, und sie beugte sich weiter nach vorn, um den Kuss zu erwidern. Ihre Zunge fand den Weg in seinen Mund und den Kontakt zu seiner, während sie eine seiner Hände nahm, sie unter ihre knappe Bluse schob und auf ihre rechte Brust legte. Als er die weiche Brust spürte, schob Naruz seine letzten Bedenken zur Seite. Er tat das hier nicht, um Aleyandra zu betrügen, oder weil es ihm Spaß machte, er tat es, um Asmodäus zu retten! Ja... um Asmodäus zu retten. Mit diesen Gedanken knöpfte Naruz die Bluse der Akashi auf und begann ihre Brüste zu küssen, ehe seine Zunge über ihre Brustwarzen fuhr, und Theresia ein leises Stöhnen entlockte. Diese fuhr ihrerseits mit ihrer Hand über Naruz' Körper und fand den Weg zu seiner Hose, die in kürzester Zeit aufgeknöpft wurde. Eine Weile lang blieben sie so sitzen, Naruz massierte ihre Brüste mit seinen Händen, und küsste die Akashi abwechselnd auf eben jene, und den Mund. Dann erhob sich Theresia plötzlich und Naruz tat es ihr gleich, damit die Akashi seine Hose abstreifen konnte. Als Naruz sich wieder auf dem Stuhl niederließ, blieb Theresia jedoch vor ihm knien, und als sie ihre Brüste gegen sein hartes Glied presste, dachte Naruz nur noch an Theresia, alles andere war vollkommen aus seinen Gedanken gewischt worden...



Am frühen Morgen des nächsten Tages, ging Luca gedankenverloren über den beinahe menschenleeren Marktplatz. In seiner rechten Hand hielt er einen Strauß weißer Rosen, den er eben gerade bei einem Blumenhändler gekauft hatte. Während seine Schritte ihn in Richtung Militärbezirk trugen, widmete er sich in Gedanken seinem größten Problem zur Zeit; Retia Luroc. Aus irgendeinem, für ihn völlig unbegreiflichen, Grund, hatte die junge Magierin sich tatsächlich in ihn verliebt, und wollte ihn sogar heiraten! Gut, letzteres hatte er eher André zu verdanken, als Retia selber, aber trotzdem blieb das Problem das selbe. Immerhin hatte er ein paar Tage Bedenkzeit bekommen, Tage, in denen er darüber nachdachte, wie er den Heiratsantrag so höflich wie möglich zurückweisen konnte. Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf Lucas Gesicht. Er würde nicht mehr heiraten. Er konnte nicht mehr heiraten. Selbst wenn Lyaena noch heute mit Silberblatt Schluss machen, und zu ihm kommen würde, könnte er es nicht. Aber insgeheim wusste er, dass es eh nicht passieren würde. Zwar klammerte er sich heimlich noch immer an die Hoffnung, dass Lyaena ihn tatsächlich liebte... aber egal wie oft sie es auch beteuerte, und es ihm sagte, so wusste er doch, dass er nichts weiter war, als eine Möglichkeit ihrem Verlobten eins auszuwischen. Es musste einfach so sein, eine andere Erklärung wollte Luca einfach nicht einfallen. Und trotzdem liebte er Lyaena, mehr als alles andere. Für sie würde er sich sogar gegen Naruz stellen... Luca lachte leise auf und schüttelte den Kopf, als er daran dachte. Was war nur in ihn gefahren? Vor ein paar Jahren, nein, vor ein paar Monaten noch, hätte er niemals so gedacht. Vielleicht... vielleicht sollte er Lyaena die Wahrheit sagen. Wenn sie wüsste, dass ihm eh nur noch wenige Monate blieben, würde sie ihre Entscheidung vielleicht nicht mehr so lange hinauszögern, und...
„Luca! Hörst du mich überhaupt?“
Der Bladelli zuckte zusammen, als sich plötzlich das Gesicht von Lyaena direkt vor das seine schob. Die Akashi sah ihn leicht besorgt an. „Oh... Lyaena, tut mir leid, ich habe dich gar nicht bemerkt.“ murmelte Luca, und zwang sich zu einem Lächeln. Was machte Lyaena hier? Und dann auch noch so früh... einen schlechteren Zeitpunkt hätte sie nicht wählen können. Luca blinzelte mehrmals mit seinem linken Auge, auf dem er schon seit knapp vier Tagen alles nur noch verschwommen wahrnahm, jedoch ohne Erfolg. Mit links war immer noch alles vollkommen schwammig und kaum erkennbar, blieb nur zu hoffen, dass es nicht auffiel, denn er hatte nicht wirklich eine gute Erklärung dafür parat. Und wie bei Naruz wegrennen konnte er dieses mal auch nicht.
„Nicht? Ich habe schon eine ganze Weile lang nach dir gerufen.“ meinte Lyaena und lächelte ihn an. „Was treibt dich so früh nach draußen? Moment... Rosen? Für wen sind die?“ fragte sie verdutzt, als sie die Blumen in Lucas Hand bemerkte.
„Ah... die sind nicht für dich, tut mir leid.“ meinte Luca entschuldigend und zögerte einen Augenblick. Dann entschloss er sich jedoch, ihr die Wahrheit zu sagen, immerhin war es kein großes Geheimnis. „Weiße Rosen sind... waren Yozoras Lieblingsblumen. Ich bin gerade auf dem Weg zu ihrem 'Grab', falls man es denn so nennen kann.“ erklärte er mit bitterer Miene.
„Oh, ich... verstehe. Ich wollte dich nicht stören, tut mir leid.“
„Das braucht es nicht. Willst... willst du mitkommen?“
„Bist du dir sicher, dass du mich dabei haben willst? Ich meine... ich kannte sie schließlich nicht einmal.“
Luca nickte. „Das mag stimmen, allerdings wollte ich sowieso über etwas mit dir reden... außerdem kann es nicht schaden, wenn mehr Leute wissen, wo die Vergessenen ihre Gräber haben.“ sagte er.
„Die Vergessenen? Meinst du damit die Erben Valquez'?“
„Nicht nur, ich meine sie, und alle anderen die im Dienste der Kirche sterben, es jedoch, in den Augen der wichtigen Leute, nicht wert sind, ein richtiges Grab zu kriegen.“
Lyaena zögerte nur einen winzigen Augenblick, dann nickte sie jedoch. „Also gut, ich komme mit... worüber willst du eigentlich mit mir reden?“
„Ich habe eine kleines Problem, aber bitte lass uns damit warten, bis wir beim Grab waren, in Ordnung?“
„Natürlich.“
Eine Weile lang gingen die beiden schweigend nebeneinander her, bis sie den Militärbezirk erreichten. Nur hin und wieder wechselten sie ein paar Worte, allerdings wurde nie ein richtiges Gespräch daraus. Als sie den Bezirk erreichten, erhob Luca endlich wieder das Wort. „Da ist es.“ murmelte er, und deutete nach vorn.
Lyaena sah sich eine Weile lang suchend um, konnte jedoch nichts entdecken, außer einer äußerst alten, abgewrackten Kaserne, die kurz davor zu stehen schien, in sich zusammenzufallen. „Ähm... wo denn? Ich sehe nur ein uraltes Gebäude, dass dringend abgerissen werden, oder neu renoviert werden müsste.“
Luca zwang sich erneut zu einem Lächeln. „Richtig. Genau von diesem Gebäude rede ich.“ sagte er, und ging auf die Kaserne zu.
„Warte... was? Dieses... Ding?“ fragte Lyaena und folgte dem Bladelli. Dieser öffnete die Tür zur Kaserne und trat ein, dicht gefolgt von Lyaena. Drinnen sah die Akashi sich um, und riss erstaunt die Augen auf. Überall standen... Holzpfähle, die in den Boden geschlagen worden waren. Auf jedem von ihnen war ein Name eingeritzt, an manchen war ein magisches Bild befestigt. „Das... das sollen Gräber sein?“ flüsterte Lyaena ungläubig. Da gab es ja mitunter Friedhöfe für Bauern, die prunkvoller waren!
„So ungefähr, wir ehren hier zumindest unsere gefallenen Kameraden.“ meinte Luca, und ging zu einem Pfahl, in den 'Yozora' eingeritzt stand. An der Spitze war ein Bild der Armani befestigt, wie sie mit geschlossenen Augen fröhlich lächelte, und winkte. „Keiner von ihnen hat eine Leiche, die man hätte begraben können.“ sagte Luca, und legte die Rosen vor den Pfahl, ehe er sich selber davor kniete. Lyaena bleib einfach ein wenig auf Abstand, und sah sich nervös um. Ihr war sichtlich unwohl bei der Sache, aber Luca schien sich nicht darum zu kümmern. „Yozora...“ Lyaena zuckte zusammen, als Lucas Stimme die Stille durchbrach. Der Bladelli sah mit einem traurigen Lächeln im Gesicht zum Bild der Armani auf, während er sprach. „Ich habe es geschafft, Yozora, ich bin wieder in Navea. Eigentlich wollte ich schon längst wieder einmal herkommen, aber... so viel ist passiert. Ich habe meinen Bruder wiedergetroffen, kannst du dir das vorstellen?“ Natürlich erhielt er keine Antwort, aber das störte Luca nicht weiter. Eine ganze Weile lang kniete er einfach nur da, und sprach zu Yozoras Grab, dann nach einer, für Lyaena, gefühlten Ewigkeit erhob er sich wieder, warf einen letzten Blick auf den Pfahl und sagte: „Otanjobiomedeto.“ murmelte er, dann wandte er sich ab und ging zu Lyaena.
Diese legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ist... ist alles in Ordnung, Luca?“
„Ja... alles bestens. Tut mir leid, es muss... seltsam gewesen sein zu sehen, wie jemand mit einem Holzpfahl redet.“ sagte er lächelnd.
„Das meinte ich nicht!“ versicherte Lyaena ihm sofort. „Ich wollte nur wissen, ob...“ Lyaena brach ab. Was wollte sie ihn eigentlich fragen? Ob er Yozora noch liebte?
„Ob was? Ob ich Yozora noch liebe?“ fragte Luca, der anscheinend erraten hatte, was Lyaena durch den Kopf ging. „Oder ob ich mir noch immer die Schuld an ihrem Tod gebe? Wenn du letzteres meinst, ja. Ja, das tue ich, denn ich weiß, dass ich Schuld bin.“
„Und... und ersteres?“
Luca musterte Lyaena eine ganze Weile lang, dann seufzte er, und strich der Akashi sanft über die Wange. „Yozora ist tot. Daran kann niemand etwas ändern. Ich liebe dich, Lyaena... auch wenn es ein kleines, ähm, Problem gibt.“
„Was für ein Problem? Das, von dem du vorhin gesprochen hast?“
„Ja... also, ich weiß nicht wie ich es sagen soll, aber... du erinnerst dich an Retia?“
„Die Magierin, die in der Gruppe deines Bruders ist, nicht wahr? Was ist mit ihr?“
„Na ja... sie hat mir einen Heiratsantrag gemacht, und ich weiß nicht ganz, wie ich ihn ablehnen soll.“ meinte Luca verlegen, runzelte jedoch die Stirn, als Lyaena schockiert die Augen aufriss, und sich die Hände vor den Mund hielt, um einen Schrei zu unterdrücken. „Was ist? So schlimm ist das jetzt doch auch nicht, oder?“
„Luca! Du... du blutest!“ entfuhr es der Akashi und sie deutete auf sein Gesicht.
„Was?“ fragte Luca verdutzt, und fuhr sich mit der Hand über die linke Gesichtshälfte. Als er seine Hand wieder vor seine Augen hielt, sah er ganz deutlich, dass eine ganze Menge Blut daran klebte.
„E-es kommt von deinem Auge.“ sagte Lyaena und schluckte nervös.
„Oh, mach dir keine Sorgen, ich bin mir sicher... huh?“ machte Luca, als plötzlich ein seltsames, ekelerregendes Geräusch zu hören war, dass am ehesten einem feuchten Platzen glich. Von einem Augenblick auf den anderen, konnte Luca auf dem linken Auge überhaupt nichts mehr sehen. „Was...?“ fragte er ungläubig, während Lyaena ihn einfach nur vollkommen entsetzt anstarrte. Dann schoss plötzlich eine kleine Blutfontäne aus seiner linken Augenhöhle, und traf Lyaenas Kleid, im selben Moment spürte Luca einen entsetzlichen Schmerz, und schrie laut auf, während seine Hand dorthin wanderte, wo eigentlich sein linkes Auge sein sollte. Als er jedoch dort herumtastete, spürte er... nichts, zumindest nichts, was sich wie ein Auge anfühlte. Die Schmerzen wurden immer schlimmer, und Luca schrie nun so laut, dass er überhaupt nicht mitbekam, wie Lyaena seinen Namen rief. Dann, von einem Augenblick zum nächsten, waren die Schmerzen verschwunden, und alles um Luca herum wurde dunkel...
Zuletzt geändert von Mimir am 3. Mai 2015 12:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Die Goldene Faust, Thera AAR
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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 3. Mai 2015 03:11

50. Freiheit für Alessa! (Öffnen)
50. Freiheit für Alessa!


Wieder einmal stand Naruz vor der Tür zu Aleyandras Wohnung. Diesmal allerdings versuchte er sich davor zu drücken anzuklopfen. Jede Sekunde, in der er sie gerade nicht sehen musste, war erstaunlich wertvoll, denn nach dieser Unterhaltung lag er vermutlich mit einer Kugel im Schädel in irgendeiner Gasse herum. Er hatte vor, ihr alles über seine Nacht mit Theresia zu erzählen. Aleyandra wollte Ehrlichkeit...zumindest behauptete sie das gerne immer wieder. Naruz jedenfalls könnte gut darauf verzichten sie damit zu konfrontieren, aber die letzten Tage hatte er so sehr versucht sich vor der Wahrheit zu verstecken, dass es ihn von allem anderen ablenkte. Dabei brauchte er gerade jetzt seine ganze Konzentration für etwas anderes, nämlich für seinen Bruder. Am Morgen nachdem ihm dieser kleine...Ausrutscher mit Theresia passierte, tauchte eine vollkommen aufgelöste Lyaena Akashi vor dem Anwesen der Bladelli auf und verlangte danach ihn zu sehen. Naruz ließ ihr gar keine Zeit wirklich zu Ende zu sprechen, sondern sobald er hörte worum es ging, forderte er Lyaena auf ihn zu Luca zu führen. Der Zustand in dem er seinen Bruder letztendlich fand ließ sich nur mit einem Wort beschreiben: Katastrophal.
Die Akashi kam jeden Tag vorbei, um sich nach Luca zu erkunden. Manchmal saß sie sogar mehrere Stunden an seinem Bett nur um ihn schweigend anzustarren oder sich um ihn zu kümmern. Jedes mal wenn Naruz das sah, erstaunte es ihn aufs Neue. Er kannte nicht viele Akashi, aber von einer Frau, die ernsthaft bereit zu sein schien Silberblatt zu heiraten, hätte er so ein Verhalten nicht erwartet. Vielleicht besaß sein Bruder wirklich ein besseres Händchen für Frauen als er. Schwierig wurde es nur, wenn Retia sich ebenfalls dazu entschloss ihren Beinaheverlobten zu besuchen.
Eigentlich sollte Naruz bei seinem Bruder sein, oder in der Bibliothek mit Aynaeth an einem Zauber arbeiten um ihm irgendwie zu helfen, aber das konnte er im Moment einfach nicht. Ganz egal was er versuchte, es gelang ihm nicht sich lange genug auf seine Arbeit zu konzentrieren um wirkliche Fortschritte zu erzielen. Das einzige woran er im Moment denken konnte, war seine Nacht mit Theresia, oder eher, wie um alles in der Welt er es überleben sollte, falls Aleyandra davon Wind bekam. Deswegen wartete er jetzt hier und suchte fieberhaft nach einem Vorwand, um wieder zu verschwinden. Aber so sehr er sich auch anstrengte, letztendlich blieb ihm keine Wahl mehr. Er musste es ihr sagen, ansonsten würde er sich niemals auf Luca konzentrieren können.
Schicksalsergeben seufzte Naruz und zwang sich endlich dazu gegen das Holz zu klopfen. Besser Aleyandra erfuhr es von ihm als von der Akashi. Wenn er umsichtig genug vorging, konnte er sie vielleicht sogar davon abhalten Theresia den Kopf abzureißen, hoffte er zumindest. Als sich aber die Tür vor ihm öffnete und Aleyandras strahlendes Gesicht in sein Blickfeld schob, wollte er bereits wieder panisch das Weite suchen.
„Naruz! Endlich!“ rief sie begeistert und warf sich ihm um stürmisch um den Hals „Ich habe dich vermisst! Du kannst dir nicht vorstellen wie furchtbar es ohne dich gewesen ist!“
„E-es war doch nur ein Tag, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.“ murmelte Naruz verlegen, als sie sich nur noch fester an ihn klammerte und ihr Gesicht mit einem zufriedenen Schnurren in seiner Schulter vergrub, so wie sie es immer zur Begrüßung tat. Jedesmal wenn sie einander sahen, wirkte es, als wollte sie ihn nie wieder loslassen.
„Jap, ein schrecklicher, fieser Tag. Jede einzelne Sekunde davon war eine einzige Qual!“ jauchzte Aleyandra fröhlich, ohne auf seine abweisende Art zu achten. Lächelnd kuschelte sie sich an ihn und genoss es, bevor er wieder zurück zu seiner Arbeit fliehen konnte.
„Hat Saeca dir schon wieder irgendwas gegeben, oder warum bist du so aufgedreht?“ fragte er abwesend, während er sich von ihr löste und zusammen mit ihr das Wohnzimmer betrat.
„A-aufgedreht? I-ich bin nicht aufgedreht!“ behauptete sie und ließ entrüstet von ihm. Sie versuchte ihm böse zu sein, gab das aber schon nach wenigen Sekunden wieder auf. Sie verbrachten zu wenig Zeit miteinander, und die wenige Zeit sollten sie nicht damit verschwenden zu schmollen, also lenkte sie leise lachend ein. „Gut, vielleicht bin etwas aufgeregt. Aber kann ich mich nicht einfach freuen dich wiederzusehen?“ meinte sie mit einem zaghaften Lächeln „Du hast in letzter Zeit so viel zu tun, weshalb wir uns kaum sehen. W-was ich natürlich verstehen kann. Dein Bruder braucht dich schließlich und du musst ihm helfen.“
„Nein, an Luca lag es nicht.“ murmelte er düster, so düster, das er damit sogar Aleyandra das Lächeln aus dem Gesicht wischte „Das Problem mit ihm, konnte ich bisher sowieso nicht wirklich lösen. Es übersteigt etwas meine derzeitigen Fähigkeiten, denke ich jedenfalls. Wenn ich ihm helfen will brauche ich mehr Zeit, aber vor allem, brauche ich endlich wieder einen freien Kopf, und dafür muss ich...ich...“ ihm gingen die Worte aus und der ganze Text, den er sich eigentlich zurechtgelegt hatte, um sich bei ihr zu entschuldigen, verschwand spurlos aus Naruz Kopf. Zurück blieb nichts als gähnende Leere und als sie leicht den Kopf zur Seite neigte und ihn neugierig ansah, kehrten seine Schuldgefühle noch stärker zurück, um ihn endgültig aus der Bahn zu werfen. Als er endlich fortfuhr, sprach Naruz leiser, langsamer und wägte jedes einzelne Wort vorsichtig ab, als hinge sein Leben davon ab. „Ich weiß nicht wie ich das sagen soll ohne, dass du dich aufregst und mir auf der Stelle den Kopf abreißt oder anfängst wütend zu werden.“
„Ah, so ist das also.“ flüsterte Aleyandra deprimiert, woraufhin er überrascht blinzelte.
„Was ist wie?“ hakte Naruz rasch nach, wobei er vorsichtig ein paar Schritte zurückwich, nur für den Notfall.
„Ich habe mich schon gefragt wann es so weit ist, aber immer gehofft, dass ich es noch irgendwie abwenden kann, dich doch noch irgendwie halten kann. Anscheinend lag ich damit falsch.“ plapperte Aleyandra drauf los, womit sie Naruz nur noch weiter in seine Verwirrung stürzte. Mit Verzweiflung in den Augen sah sie ihn an und schien kurz davor zu stehen in Tränen auszubrechen „Du willst mit mir Schluss machen, stimmts?“
Naruz starrte sie nur mit offenem Mund an, bis es ihm gelang zu begreifen was sie gerade gesagt hatte. So schnell wie er konnte, versuchte er sie zu beruhigen. Vergaß für den Moment das er eigentlich vorsichtig sein wollte und ging wieder auf sie zu „Nein! Bei Gaia, nein! Ich habe nicht vor dich zu verlassen! Das würde ich niemals tun!“
„Oh...“ kam es langsam über Aleyandras Lippen und sofort färbten sich ihre Wangen rosa, während sie beschämt den Blick abwendete. Sie hatten so wenig Zeit miteinander verbracht und Naruz war so ernst, dass sie automatisch das schlimmste vermutet hatte, wie immer. Mit einem Mal kam sie sich unendlich dumm vor, auch genau wie immer. „Ähm...dann vergiss am besten alles was ich gerade gesagt habe das ähm war nur...nur Unsinn, es ist niemals passiert.“
„Aber was ich dir sagen will ist trotzdem nicht gerade einfach.“
„Sag es einfach. So schlimm wird es schon nicht sein. Die schlimmste Möglichkeit haben wir ja gerade schon ausgeschlossen, also werde ich es sicher verkraften.“ ermutigte sie ihn so gut es ihr im Moment gelang. Eigentlich hätte sie auch auf schlechte Nachrichten verzichten können, aber es schien ihm wirklich wichtig zu sein.
„Bist du dir ganz sicher? Vielleicht sollte ich lieber wieder...“
„Jetzt hör endlich auf damit! Du machst mich noch fertig mit diesem ständigen herumgestammel. Spuck es einfach aus, ja?“ unterbrach Aleyandra ihn energischer als sie es eigentlich vorgehabt hatte. Je länger Naruz versuchte sich um eine klare Aussage zu drücken, wurde sie nervöser und ängstlicher. Ihre größte Angst war es jedenfalls schon einmal nicht, aber sein Verhalten ließ darauf schließen das es sich vielleicht noch um etwas genauso schlimmes handeln konnte.
„Vorgestern Abend da...da habe ich wie immer mit Theresia Akashi gearbeitet. Wir gehen jeden Abend langweilige Aktenberge durch, vielleicht habe ich dir davon erzählt.“
„Natürlich tut ihr das. Immerhin sucht ihr ja nach Spuren die euch zum Schattenritter oder seinen Dienern führen. Was soll daran jetzt so besonders sein? Oh...oder habt ihr endlich etwas gefunden? Musst du weg um den Schattenritter in seinem Versteck zu stellen?“ fragte sie vorsichtig, aber versuchte sich ein begeistertes Lächeln abzuringen. Insgeheim hoffte sie darauf das Naruz den Schattenritter niemals finden würde, um seinetwillen, aber wenn es ihm gelungen war, dann sollte sie wenigstens so tun als wäre es etwas gutes.
Naruz schwieg lange Zeit, viel zu lange für Aleyandras Geschmack. Mit jedem Augenblick der verstrich, wurde sie unruhiger und musste an sich halten um ihn nicht weiter zu bedrängen. Dann war es endlich so weit. Naruz hatte all seinen Mut zusammen genommen, auch wenn er lieber unbewaffnet auf den Schattenritter zugerannt wäre, als dieses Gespräch zu führen. Er atmete tief ein und blickte sie unsicher an. „Ich habe an diesem Abend mit Theresia geschlafen und i-ich weiß nicht wie...ich weiß das es dämlich klingt das zu sagen, aber ich habe keine Ahnung wie das passiert ist. Wir waren alleine und irgendwann...ich...es tut mir leid. Ich...es war einfach...“Naruz stoppte stotternd, als er merkte, dass alles was er jetzt noch sagen konnte wie vollkommen lächerliche Ausflüchte klang. Also wartete er nervös ihre Reaktion ab, aber es passierte einfach nur...nichts. Aleyandra schrie ihn nicht an, rastete nicht aus und zückte auch nicht ihre Pistolen. Überhaupt wirkte es auf ihn, als hätte sie ihn nicht einmal gehört. Statt sich voller Wut auf ihn zu stürzen, stand sie vor ihm und starrte mit ausdruckslosem Gesicht vor sich hin. „Kannst du bitte etwas sagen, Aleyandra? Irgendetwas.“ versuchte er sie fast schon flehend dazu zu bringen dieses ausdruckslose, unheimliche Starren endlich zu beenden. So ziemlich jede andere Reaktion wäre ihm im Moment lieber gewesen, aber darauf zu warten das sie explodierte, war viel schlimmer als alles was folgen konnte. „Willst du mich nicht anschreien oder versuchen mich in die Luft zu jagen? Du kannst auch ruhig deine Pistolen holen, ich werde es schon irgendwie überstehen.“
Aleyandra schien seine Worte gar nicht zu beachten, sondern ging zu dem großen Esstisch herüber und ließ sich langsam auf einen Stuhl sinken. Sie richtete ihren Blick stur auf die Tischplatte, traute sich nicht ihn überhaupt anzusehen, während sie endlich etwas sagte um ihn zu erlösen. „Bist du...bist du...willst du...“ sie holte kurz tief Luft um sich zu beruhigen. In ihrem Kopf liefen mehrere mögliche Szenarien ab wie es jetzt weitergehen sollte. Letztendlich hing für sie alles von einer einzigen Frage ab, und genau die stellte sie ihm leise und angespannt. Die Augen hielt sie noch immer auf den Boden gerichtet, um ihn nicht ansehen zu müssen. Solange sie ihn nicht sah, konnte sie auch nicht erkennen ob er nur log damit sie sich nicht aufregte oder ob er es wirklich ernst meinte. „Bist du noch immer glücklich mit mir, Naruz?“
„Das bin ich.“ versicherte er hastig und mit so viel Zuversicht und Sicherheit, wie er derzeit aufbringen konnte. Zu seinem eigenen Erstaunen merkte er, dass er es tatsächlich ernst meinte, trotz allem, was letzte Nacht passiert war. Die ganze Beziehung mit Aleyandra war so merkwürdig und verworren, dass er sich noch nie wirklich ernsthaft darüber Gedanken gemacht hatte, wie es wäre sie zu verlieren oder das er derjenige sein könnte, an dem ihre Beziehung letztendlich scheiterte. Sie war einfach immer...da. Es schien dabei egal zu sein was er tat, sie kam immer wieder auf ihn zu und hielt an ihm fest. „Es gibt nichts was mir mehr bedeutet als du, das musst du mir glauben. Wenn es anders wäre, dann würde ich nicht erst versuchen dir Hoffnungen zu machen. Ich liebe dich und das weißt du hoffentlich.“
„Verstehe.“ murmelte sie gedankenverloren vor sich hin. Kurz schien es so als wollte sie weiterhin ihre Füße anstarren, bis sie plötzlich den Kopf hob und ihn lächelnd anstrahlte, fast so, als wäre die ganze Unterhaltung gerade niemals passiert. „Dann ist ja alles in Ordnung, oder?“
„I-ist es das?“
„Natürlich.“ meinte Aleyandra, nickte kurz, stand auf und küsste ihn sanft auf die Lippen. Danach wich sie ein Stück von ihm zurück und schenkte ihm ein hinreißendes Lächeln „Willst du etwas essen? Ich habe nicht mit deinem Besuch gerechnet, aber wenn du etwas Zeit hast kann ich sicher noch schnell etwas für dich machen. Irgendetwas werde ich schon noch zusammenkriegen.“
„D-das ist alles was du dazu zu sagen hast?“ fragte er völlig perplex und starrte sie ungläubig an. Er...er lebte noch...auch wenn er nicht genau verstand warum.
„Du liebst mich, richtig? Das ist alles was zählt. Mit wem du dir etwas Spaß gönnst ist mir egal, Hauptsache es ist nicht jemand, den du genauso sehr liebst wie mich.“ erklärte Aleyandra fröhlich. Seinen verstörten Gesichtsausdruck ignorierte sie und lächelte stattdessen noch breiter, während sie mit koketter Stimme fort fuhr „Wann seht ihr euch eigentlich wieder? Und ich meine nicht wann ihr wieder zusammen arbeitet, sondern wann ihr euch...privat wiederseht. Es hat dir doch gefallen mit ihr zu schlafen, oder?“
„Ähm...“ Naruz war sofort wieder auf der Hut und presste die Lippen zusammen. Wenn er einfach nichts sagte, dann kam er hier vielleicht sogar lebendig wieder weg. Das ganze schrie geradezu nach einer Falle, in die Aleyandra ihn locken wollte.
„Ich will wissen ob es sich gelohnt hat. Außerdem interessiert es mich einfach. Sie sieht immerhin toll aus und bemüht sich nicht gerade ihre Reize zu verstecken. Immer wenn ich sie sehe, springt sie fast schon halbnackt durch die Gegend und bettelt darum von dir beachtet zu werden.“ meinte sie nachdenklich und mit ungebrochener guter Laune. Naruz machte sie damit nur noch mehr Angst, auch wenn sie Theresia mit ihren Worten gut getroffen hatte. Ungerührt von seinem offensichtlichen Unbehagen, plapperte sie sorglos weiter. „Du magst Frauen die so sind, oder? Etwas aufreizender, weniger...prüde, könnte man sagen. Wenn ich genauer darüber nachdenke, dann ist sie eher dein Typ als ich, oder? Vielleicht solltest du es dann wirklich wiederholen.“
„Was redest du da für einen Unsinn? Es war ein einmaliger Fehler, den ich ganz sicher nicht wiederholen werde, das habe ich dir doch eben gesagt! Und es ist mir egal wie sie aussieht oder wie sie sich anzieht. Letztendlich liebe ich dich, und nicht sie. Ich verspreche dir, dass es sich niemals wiederholen wird. Wenn du willst kann ich sie auch aus der Einheit werfen. Letztendlich ist sie sowieso nur ein Spion der Akashi, und wenn es dir hilft, dann wird sie einfach...“
„Würde das wirklich noch etwas an der ganzen Situation ändern? Ein Mal, zwei Mal, wo ist da noch der Unterschied?“ unterbrach sie ihn, weiterhin gut gelaunt, als würde sie kein einziges Wort von ihm verstehen „Mir ist es egal mit wem du schläfst, oder wie oft. Also wenn du die Nacht mit Theresia wiederholen willst, dann mach es einfach. Ich wünsche dir viel Spaß, aber den wirst du sicher haben, da bin ich mir sicher.“
„Du...reagierst irgendwie nicht so wie ich es erwartet habe.“ versuchte Naruz zaghaft seine Freundin auf ihr merkwürdiges Verhalten aufmerksam zu machen. Eigentlich wollte er es gar nicht, am Ende brachte er sie nur dazu doch noch auszurasten.
„Ach, es musste ja irgendwann so weit kommen.“ meinte Aleyandra mit einem gleichgültigen Schulterzucken.
„Was meinst du damit?“
„Ich wusste schon immer dass ich nicht gut genug bin, damit du mir auf Dauer treu bleibst. Deswegen war ich auch die ganze Zeit so eifersüchtig. Die ganze Sache mit Alesia hat mir das ziemlich schnell klar gemacht, und ich hatte genug Zeit darüber nachzudenken. Ich dachte anfangs noch, die einzige Möglichkeit dich zu halten, wäre dich von jeder Konkurrenz fernzuhalten, aber damit lag ich falsch. Du bist wie du bist, und ich habe kein Recht dich zu ändern oder zu etwas zu zwingen, dass du nicht willst. Solange du glücklich bist, bin ich es auch, und wenn du ab und zu mit jemandem wie Theresia ins Bett steigen musst um glücklich zu sein, dann ist das halt so.“
„Das muss ich nicht. Ich...“ begehrte Naruz auf, aber kam wieder nicht weit, bevor sie ihm ins Wort fiel.
„Wenn du es sagst.“ meinte sie gleichgültig und zuckte den Achseln „Solange du ehrlich bist, kannst du jedenfalls tun was du willst ohne dir Sorgen um mich zu machen. Wenn du wieder mit ihr schlafen willst, dann wird das unsere Beziehung nicht stören, das verspreche ich dir. Wenn du Theresia wiedersehen willst, dann mach es einfach, aber erzählt mir bitte davon und wenn dir sonst noch etwas einfällt was du willst, dann sag es mir.“ Aleyandra erhob sich hastig von ihrem Stuhl und ging an ihm vorbei in Richtung Flur. Verwirrt er folgte Naruz ihr, bis sie beide vor der Tür standen, die sie ihm langsam und mit einem offenen Lächeln im Gesicht öffnete. „Und jetzt solltest du besser gehen. Dein Bruder braucht dich. Wenn du willst kann ich heute Abend vorbeischauen, das heißt, falls du nicht schon eine andere Verabredung hast, dann können wir das auch morgen nachholen.“
Er wünschte sich sie würde endlich aufhören sich so zu verhalten, das war unheimlich und jagte ihm auf seltsame Art und Weise Angst ein, aber vor allem, verwirrte es ihn. Aleyandra...befahl ihm praktisch mit anderen Frauen zu schlafen...seltsamer konnte dieser Tag nicht mehr werden. Vermutlich wachte er gleich schreiend auf und freute sich das es nur ein Traum war. Unsicher stand er vor der offenen Wohnungstür und starrte sie misstrauisch an, dann seufzte er resigniert und beschloss die Sache auf sich beruhen zu lassen. Er konnte sich schlecht beschweren, ohne dass sie mit ihm Schluss machte. Statt weiter zu versuchen sie zu verstehen, probierte er es ebenfalls mit einem Lächeln. „Komm nachher vorbei, ich habe noch nichts vor und wir können dann noch einmal über die ganze Sache reden, ja?“
„Klingt toll.“ murmelte sie hastig. Aleyandra küsste ihn kurz auf die Wange und dann führte sie den, noch immer völlig perplexen Naruz, zur Tür zurück. „Hoffentlich findest du einen Weg Luca zu helfen. Ich weiß das du es schaffen kannst.“
„Danke...ähm...ich ähm gehe dann jetzt, oder so...richtig?“ Aleyandra nickte ihm nur lächelnd zu und damit war er entlassen.
Kaum fiel die Tür hinter ihm ins Schloss, als Aleyandra auch schon ihre Maskerade aufgab und endlich ihren Gefühlen freien Lauf ließ. Das Lächeln verschwand im Bruchteil einer Sekunde von ihrem düsteren Gesicht und sie musste an sich halten um nicht gegen die Tür zu schlagen. „Warum ausgerechnet jetzt? Ich dachte es wäre endlich alles in Ordnung zwischen uns. Ich dachte, es läuft alles gut. Ich dachte du wärst glücklich und dann...dann musst du alles wieder ruinieren. Ich hasse dich.“ zischte sie mit geballten Fäusten zu einem imaginären Naruz. Sie wünschte sich gerade einfach nur, die Stärke zu besitzen, ihm das auch offen ins Gesicht zu sagen, aber das gelang ihr nicht, dafür hing sie zu sehr an ihm. Sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Ihn zu verlassen kam nicht in Frage, wenn sie wieder einmal austickte und Mist baute, dann würde ihr das auch nicht weiterhelfen. Seit Tigerius ihr geholfen hatte, schien sie besser in der Lage zu sein sich unter Kontrolle zu halten. Damit blieb ihr nur noch eines zu tun: Hoffen das Naruz sie wirklich liebte. Ganz wollte sie darauf aber nicht vertrauen, und sie sagte den einen Satz, von dem sie geglaubt hatte, ihn niemals aussprechen zu müssen. „Alessa, ich brauche deine Hilfe. Bitte, Alessa. Ich brauche dich.“ Eine ganze Weile passierte nichts, und sie glaubte schon ihr längst vergessenes Eidolon hätte sich aus dem Staub gemacht, aber dann tauchte es doch plötzlich mitten im Raum auf. Das Einhorn wirkte deutlich größer als früher. Inzwischen reichte es ihr fast bis zur Brust und wirkte nicht mehr wie ein winziges Fohlen.
„Na schön, was willst du?“ fragte Alessa ungehalten „Und beeile dich bitte, ich muss wieder zurück in mein einsames, kaltes Gefängnis und mich fragen, warum meine Herrin mich so sehr verabscheut.“
„I-ich...“ Aleyandra brach ab. Sie war wirklich gemein zu ihrem Eidolon gewesen, aber es war so viel passiert, dass sie Alessa einfach vergessen hatte. Sehr viel kleinlauter als sie es eigentlich wollte fuhr Aleyandra fort, wobei sie sich Mühe gab beruhigend und sanft zu klingen. „Du bist irgendwann einfach nicht mehr aufgetaucht.“
„Ach? Das ist dir tatsächlich aufgefallen, ja? Erstaunlich, und ich dachte du würdest es niemals bemerken.“ kommentierte das Einhorn trocken und mit einem wütenden Funkeln in der Lage „Bel Chandra ist ja schließlich auch nicht in der Lage aus dem Nichts zu erscheinen und dich zu nerven, oder? Wir Eidolons können nur erscheinen wenn unser Botschafter uns ruft, man spezielle Gebetsrituale durchführt die sich von Eidolon zu Eidolon unterscheiden, oder zu einem Tempel geht und hofft das zufällig einer von uns anwesend ist.“
„Moment mal...es gibt Rituale um euch zu beschwören?“
„Ja, für den Fall, das man die Hilfe eines Eidolons braucht. Die meisten Eidolons ignorieren sämtliche Rituale und Gebete. Gaia hat sich das ganze ausgedacht um uns zu nerven und theoretisch auch damit wir den Menschen helfen können, falls es wirklich um etwas geht, wobei unsere Hilfe benötigt wird. Ein paar von uns reagieren noch manchmal wenn ihnen langweilig ist auf die Rituale, zum Beispiel Bel Chandra. Wenn sie Spaß wittert, dann taucht sie tatsächlich auf. Allerdings hilft sie demjenigen der sie gerufen hat fast nie, sondern versucht ihren Rufer zu verführen, bis der vergisst wobei er überhaupt Hilfe brauchte.“ Alessa versuchte mit den Schultern zu zucken, aber es gelang ihr nicht wirklich und wäre Aleyandras Laune besser gewesen, hätte sie tatsächlich angefangen zu schmunzeln. Alleine den genervten Unterton in der Stimme des Einhorns wieder zu hören versetzte sie kurz zurück in eine Zeit, in der sie Naruz noch nicht kannte und sich noch nicht ständig Sorgen um ihn machen musste. Etwas verwirrt von dem verträumten Ausdruck im Gesicht ihrer Herrin, zögerte Alessa kurz bevor sie noch genervter fortfuhr. „Sie ist halt das Eidolon der Lust und zeigt das auch gerne, sehr gerne. Aber wie gesagt, kaum einer von uns hat in diesen Tagen noch wirklich Lust dazu, weil die Menschen sowieso nur noch gierige, selbstsüchtige, nervige, kleine Ratten sind, die einen ausnutzen und danach wegwerfen wie Abfall, oder für Monate einsperren obwohl sie immer alles gemacht haben was von ihnen erwartet wurde!“
„Ich höre da leichte Kritik an mir heraus.“ murmelte Aleyandra deprimiert. Das letzte was sie jetzt brauchte, war zu hören, was für eine Enttäuschung sie als Dienerin Gaias war „Solltest du als mein Eidolon nicht eher auf meiner Seite stehen und mich lieb haben?“
„Sollte ich, aber die Monate in Gefangenschaft haben meine Laune vielleicht ein kleines bisschen verschlechtert.“ Alessa schnaubte wütend und richtete bedrohlich ihr glänzendes Horn in Aleyandras Richtung, auch wenn es nur eine leere Drohung war.
„Egal, lassen wir das. Es tut mir leid, das weißt du, und du weißt auch, dass in letzter Zeit einfach zu viel passiert ist. I-ich hatte so viel um die Ohren, es ist einfach zu viel passiert!“
„Möglicherweise bin ich bereit dir zu vergeben, wenn du mir sagst weshalb du meine Hilfe brauchst, auch wenn ich es mir fast schon denken kann.“ Da sie immer bei Aleyandra war, wenn auch nicht immer in ihrer materiellen Form, hatte sie auch das Gespräch mit Naruz belauschen können.
„Gut, dann muss ich es nicht alles noch einmal wiederholen.“ Das würde sie sowieso niemals über die Lippen bekommen, schoss es Aleyandra wütend durch den Kopf. Ausgerechnet mit so einer billigen Schlampe wie Theresia! „Beobachte ihn und sag mir sofort Bescheid, sobald er mich wieder betrügt. Ich will es wissen wenn und mit wem er mich hintergeht, das ist wichtig. Ich glaube nicht daran das es nur Theresia war. Vielleicht hat er es nur gesagt um mich von den ganzen anderen abzulenken.“
„Soll ich ihm mein Horn in eine ziemlich empfindliche Stelle rammen sobald er wieder versucht sich an die Akashi ranzumachen? Obwohl...ich bin sicher das würde diesem Perversling sogar noch gefallen. Ich habe von Anfang an gesagt das er nichts als Ärger macht.“
„Du sollst nur beobachten, das ist alles.“ überging Aleyandra ihre Vorwürfe, auch wenn Alessa damit gar nicht mal so falsch lag. Das Eidolon hatte sie wirklich gewarnt, schon damals in Helonia. „Ach ja, und es ist wichtig das Naruz dich nicht bemerkt, sehr wichtig. Er darf nicht erfahren dass ich ihn beschatten lasse.“



„Es ist unmöglich. Er kann nicht einfach so...verschwinden.“ begann Lyaena, mit vor der Brust verschränkten Armen, und trommelte dabei ungeduldig mit einem Zeigefinger auf ihrem Arm herum. Sie befanden sich in engstem Familienkreis in einem der vielen Zimmer des Anwesens. Ihr Vater und Teregion saßen ihr gegenüber. Das Thema war so wichtig, dass selbst den Dienern nicht gestattet wurde sich auch nur in die Nähe des Zimmers zu begeben.
„Sieh es ein. Halos ist weg.“ murmelte Teregion gelangweilt. Er konnte die ganze Aufregung als einziger nicht nachvollziehen. Für ihn war Halos Verschwinden die beste Nachricht die er jemals gehört hatte. Eigentlich sollte er auf Lyaenas Befehl hin mit seinen Kindern Gaias ebenfalls nach seinem verschollenen Cousin suchen. Zugestimmt hatte er ihr immerhin, aber mehr auch nicht. Niemals würde er ernsthaft versuchen nach diesem Widerling zu suchen. Zum Glück hatten Lyaenas Soldaten und Wachen keinen Erfolg bei ihrer Suche. Egal wie sehr sie sich anstrengte Halos aufzuspüren, er blieb verschwunden, wofür Teregion ihm sehr dankbar war.
„Ich sehe rein gar nichts ein!“ warf sie ihm zornig entgegen, viel zu zornig. Luca spukte ihr die ganze Zeit im Kopf herum. Die Hilflosigkeit die sie gefühlt hatte, während Luca einfach so in sich zusammenbrach und sein Auge verlor ließ sie einfach nicht los. Diese ganzen Sorgen, die sie sich um ihn machte, halfen nicht unbedingt dabei sich zu beruhigen, im Gegenteil. Sie ließ ihren ganzen Frust jetzt an der Sache mit Halos aus, einfach um wenigstens irgendetwas zu tun.
Ihr Cousin war vor einigen Tagen verschwunden, und ihre besten Magier behaupteten, dass in Halos Zimmer mächtige Zauber gewirkt wurden. Für Teregion schien es klar zu sein, dass die Alfar die laschen Sicherheitsvorkehrungen hier im Süden genutzt hatten, um einen unliebsamen Gegenspieler aus dem Weg zu räumen. Immerhin befehligte Halos einen Großteil der Soldaten im Norden, und das soweit sie wusste auch erstaunlich erfolgreich und gut. Er hatte den Alfar schon mehr als einen harten Schlag versetzt, also war die Erklärung von Teregion logisch, aber Logik, besaß derzeit keinen Platz in Lyaenas Kopf. Ihre Affäre, Lucas seltsame Krankheit mit der sie nichts anfangen und gegen die sie nichts tun konnte, ihre neuen Pflichten als Oberhaupt und die Gefahr, die von Teleya ausging...das alles wurde ihr einfach zu viel.
„Es dürfte schwierig werden noch einmal einen geeigneten Ehemann für sie zu finden.“ murmelte Kyosuke erschöpft vor sich hin. Das ganze Gespräch zog einfach an ihm vorbei. Er wirkte nicht so, als würde er sich großartig für ihr Gerede interessieren, oder generell für irgendetwas, was in seiner Umgebung passierte. „Ihre magischen Kräfte übersteigen die der meisten anderen Familienmitglieder. Ich habe sie Halos nicht ohne Grund versprochen. Er wäre in der Lage gewesen sie unter Kontrolle zu halten. Zwar ist er nicht so mächtig wie sie eines Tages werden könnte, aber solange sie niemand ausbildet dürfte er ihr gewachsen.“
Lyaena zischte zornig in Teregion´s Richtung sobald ihr Vater wieder verstummte: „Ohne dich hätten wir dieses Problem gar nicht erst!“
„Wovon redest du?“
„Du warst doch schon die ganze Zeit wütend wegen der Verlobung und wolltest meinen Vater und mich davon überzeugen sie wieder aufzulösen! Aber wir haben nicht nachgegeben, ganz egal wie sehr du versucht hast Halos in einem schlechten Licht dastehen zu lassen!“ behauptete die Akashi mit vor Wut vibrierender Stimme „Also hast du ihn umgebracht, um ihn aus dem Weg zu räumen weil du dachtest das du Teleya damit hilfst.“
„Natürlich war ich gegen die Hochzeit. Was ist daran so falsch?“ versuchte Teregion nicht einmal ihre albernen Vorwürfe abzuwehren. Misstrauisch sah er seine Verlobte an, und fragte sich, was jetzt schon wieder mit ihr los war. Irgendwie verstand er Lyaena immer weniger. Halos Verschwinden war ein Grund zur Freude. „Viel seltsamer ist, dass ausgerechnet du plötzlich der größte Bewunderer von Halos bist. Als du von der Verlobung erfahren hast wolltest du sie ebenfalls verhindern. Was hat deine Meinung eigentlich so schnell geändert? Ich dachte du wärst auf meiner Seite, auf der Seite deiner Schwester. Und jetzt, ganz plötzlich, war Halos ein Heiliger und der perfekte Ehemann für Teleya. Wieso ist dir die Hochzeit plötzlich so wichtig?“
„I-i-ich...also...T-teleya...“ stammelte Lyaena, völlig aus dem Konzept gebracht, vor sich hin. Sogar Kyosuke warf ihr einen nachdenklichen Blick zu und erwachte dafür kurz aus seiner Lethargie, die ihn befallen hatte, seit er ihr die Führung überließ. „Du hast meinen Vater doch gerade gehört, oder? Teleyas Magie ist eine Gefahr für sie und alle in ihrer Nähe! Sie kann einfach nicht mit ihren Kräften umgehen und wird früher oder später jemanden verletzten!“ Erfand sie rasch eine Ausrede und hoffte dass die beiden sie ihr abkauften.
„Seit wann kümmerst du dich denn so sehr um Magie, Lyaena? Davon hast du doch nicht die geringste Ahnung.“
„Die bessere Frage ist, warum du dich so wenig darum kümmerst. Gerade du solltest am besten wissen, was es für unsere Familie bedeutet jemanden wie Teleya auf die Welt loszulassen, schon wieder.“
„Ach? Glaubst du wirklich sie könnte ein zweiter Schattenritter werden, nur weil sie etwas Talent besitzt? Das ist lächerlich.“ erwiderte er mit einem ärgerlichen Schnauben. Das sein Onkel nichts dazu sagte ließ ihn kurz stutzen. Andererseits hatte er auch keine echte Hilfe von ihm erwartet. Letztendlich war es Kyosuke gewesen, der unbedingt auf dieser Hochzeit bestand. Verärgert fuhr er schnell fort, bevor Lyaena sich noch mehr Unsinn aus den Fingern saugen konnte. „Ich habe Halos nicht angerührt und meine Kinder Gaias sind nicht dazu da jeden umzubringen den ich nicht ausstehen kann. Außerdem...“
„Natürlich nicht, sie sind schließlich für ganz andere, persönlichere Zwecke da, nicht wahr?“ unterbrach Lyaena ihn scharf und er zuckte tatsächlich kurz zurück, bevor er ihr genauso genervt antwortete.
„Willst du wirklich jetzt wieder damit anfangen?“ zischte er gereizt zurück und stand kurz davor aufzuspringen und zu verschwinden. Diese ganze Unterhaltung war sinnlos. Von Halos ließ sich keine Spur mehr finden und das war gut so, mehr gab es für Teregion nicht mehr dazu zu sagen.
„Nein, das will ich nicht.“ Aber ich musste mich ja irgendwie davon ablenken, dass ich inzwischen nicht mehr besser bin als du, schoss es Lyaena schuldbewusst durch den Kopf. Mit Halos Verschwinden, war ihr einziges Druckmittel gegenüber Teleya plötzlich nicht mehr da. Jetzt musste sie so schnell wie möglich einen neuen Verlobten für ihre Schwester finden. Sobald Teleya davon erfuhr, würde sie auf der Stelle zu Teregion rennen um sie zu verraten. „Viel wichtiger ist sowieso einen neuen Mann für meine Schwester zu finden.“
„Hast du deinem Vater eben nicht zugehört? Es gibt sonst niemanden dem du sie anvertrauen kannst solange du denkst sie wäre eine Bedrohung. Niemand wäre in der Lage ihre Kraft zu kontrollieren. Vermutlich tötet sie jeden Mann den du für sie auswählst spätestens in der Hochzeitsnacht aus Versehen. Ihre Magie ist sehr mächtig, aber auch unkontrollierbar. Du wirst keinen Akashi finden, der bereit ist dieses Risiko einzugehen, und auch niemanden aus den anderen großen Familien. Diejenigen mit genug magischer Energie sind sowieso entweder schon vergeben oder nicht gut auf uns zu sprechen. Also vergiss deine Hochzeitspläne für Teleya, daraus wird nichts mehr.“
„Es sei denn wir versiegeln ihre Magie.“ flüsterte Lyaena vor sich hin.
„W-was?“ zum ersten Mal seit sie Teregion kannte, wirkte er verstört, fast schon entsetzt, so wie er sie anstarrte und dann wütend aufbegehrte „Bist du vollkommen wahnsinnig geworden, Lyaena!?
„Warum? Sie wird ihre Kräfte sowieso nicht mehr brauchen und die Familie kommt gut ohne eine weitere Magierin aus. Um ehrlich zu sein haben wir in der Vergangenheit schon viel zu oft Gefahren wie sie ignoriert. Unter meiner Führung wird es so etwas nicht mehr geben.“ Lyaena legte eine kurze Pause ein, um ihre Worte auf den völlig überfordert wirkenden Teregion wirken zu lassen, dann fuhr sie mit einem siegessicheren Funkeln in den Augen fort „Teleya hat außerdem die Regeln unserer Familie wiederholt missachtet und gebrochen.“
„Niemals. Teleya weiß was mit ihr passiert falls sie das tut.“ entgegnete Teregion mit fester Stimme, sobald er sich wieder beruhigt hatte. Die magischen Kräfte einer Person zu versiegeln, konnte ungeahnte Auswirkungen haben, abgesehen davon, dass es Teleya zerstören würde.
„Teleya hat schon mehrmals in meinen Gedanken gelesen und sich auch in den Köpfen von anderen Familienmitgliedern eingenistet.“ behauptete Lyaena, ohne zuerst über ihre Worte nachzudenken. Sie wollte die Angelegenheit schnell klären und endlich wieder Luca besuchen, alles andere als seine Gesundheit, stellte derzeit nichts weiter als Nebensächlichkeiten dar.
„Nicht absichtlich. Sie kann...“ setzte er dazu an sie zu verteidigen, aber Lyaena fuhr ihm energisch dazwischen.
„Das ist egal! Sie hat es getan! Nur darum geht es. Die Gesetze der Akashi sind eindeutig und wer sie bricht muss dafür bestraft werden.“
„Es ist nicht ihre Schuld das ihre Kräfte verrückt spielen.“ versuchte er es etwas ruhiger noch einmal, in der Hoffnung das seine Verlobte endlich wieder zur Vernunft kam „Niemand hat ihr beigebracht sich zu beherrschen. Ihre Fähigkeiten übersteigen die deines Vaters, aber sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll. Du hast keine Ahnung wie es ist mit so viel Macht herumzulaufen, ohne sie kontrolliert einsetzen zu können, ohne zu wissen wann die Magie sich von alleine eine Weg nach Außen bahnt. Sie hat niemals absichtlich in den Gedanken anderer gelesen. Ihre Kräfte zu unterdrücken wird uns nicht...“ Silberblatt verstummte missmutig, als Kyosuke eine Hand hob und ihn zum Schweigen aufforderte.
„Du bist jetzt der Kopf der Familie, Lyaena. Es ist deine Entscheidung, was mit deiner Schwester passiert.“ sagte Kyosuke leise und mehr zu sich selbst. Mit einem angestrengten Ächzen erhob Kyosuke sich, wobei er trotz aller Bemühungen anfing zu straucheln. Sobald er sicher stand, richtete er seine glasigen Augen auf Lyaena. „Ich überlasse es dir, dich um deine Schwester zu kümmern. Du weißt sicher was am besten für sie ist. Vielleicht ist es wirklich das beste ihre Kräfte zu versiegeln, bevor sie noch wirklichen Schaden anrichten kann. Eigentlich hatte ich gehofft das Halos sich darum kümmert, seine Magie war vielleicht nicht besonders stark ausgeprägt, aber er beherrschte einige Zauber mit denen er Teleya´s Kräfte unter Kontrolle halten sollte. Wenn Teleya wirklich das Gesetz gebrochen und die geistigen Fähigkeiten unserer Familie gegen ihre Schwester und andere Leute eingesetzt hat, dann bleibt uns keine andere Wahl als sie zu versiegeln.“

Nur wenige Minuten später, nachdem sowohl Lyaena als auch ihr Vater sich verabschiedet hatten, stand Teregion stumm mitten in Teleyas Zimmer und betrachtete das sorglose Mädchen mit zusammengepressten Lippen. Sie hatte die Neuigkeiten ebenfalls gehört und freute sich natürlich darüber...allerdings nur, weil sie noch nichts von dem Gespräch wusste, in dem Lyaena einfach mal eben über ihr Schicksal bestimmt hatte.
„Ist Halos wirklich verschwunden!?“ fragte sie aufgeregt, während sie von ihrem Bett aufsprang und auf ihn zurannte. Aus großen, hoffnungsvollen Augen sah sie zu ihm auf und wartete darauf, dass er ihr die ganzen Sorgen der letzten Wochen nahm, was er nur zu gerne auch getan hätte.
„Ja, das ist er. Außerdem, glauben wir inzwischen, dass er nicht freiwillig abgehauen ist. Dazu hatte er keinen Grund. Was genau mit ihm passiert ist wissen wir zwar nicht, aber ich denke nicht das er zurückkommen wird.“
„Dann...dann muss ich ihn also nicht heiraten?“
„Freue dich lieber nicht zu früh.“ versuchte er ihren aufkeimenden Enthusiasmus zu dämpfen. Am liebsten hätte er sich davor gedrückt es ihr zu sagen, aber Lyaena hätte nur irgendeinen Diener oder gleich ein dutzend Wachen geschickt um es zu tun. Besser wenn sie es von ihm erfuhr. „Es tut mir leid, aber deine Schwester ist fest entschlossen einen neuen Verlobten für dich zu finden. Außerdem...außerdem hat sie vor deine magischen Kräfte versiegeln zu lassen.“
„W-was? D-das k-kann sie nicht...das kann sie nicht machen, i-i-ich...“ stotterte Teleya verwirrt vor sich hin. Lyaena würde niemals...Teleya schüttelte kurz den Kopf. Doch, sie würde. Ihre Schwester schien sich nicht mehr für ihre Familie zu interessieren, nur noch für Luca. Luca hier, Luca dort, aber wie es ihr ging interessierte Lyaena kein bisschen mehr. Verzweifelt sah sie den stumm dreinblickenden Teregion an. Aber er würde es sicher nicht zulassen, immerhin wusste er, wie talentiert sie war und das die Akashi ihre Macht noch gebrauchen konnten. „Sie meint es wirklich ernst, oder?“
Nachdenklich nickend versuchte Teregion sie zu beruhigen, indem er anfing zuversichtlich zu Lächeln und ihr eine Hand auf den Kopf legte. Leise begann er ihr etwas zuzuflüstern, und Teleya musste sich anstrengen, um ihn zu verstehen. „Lyaena...das Oberhaupt, wird eine Wache vor deine Tür stellen lassen. Solltest du versuchen dein Zimmer zu verlassen wird man dich aufhalten. Aber das ist egal. Was auch immer mit deiner Schwester los ist, ich finde die Wache ist ein Vorteil, den du ausnutzen musst.“ verwirrt blinzelte Teleya ihn an, während er die Hand zurückzog und in Richtung Tür ging „Denk einfach daran was ich dir beigebracht habe, ja?“ meinte er mit einem kurzen Zwinkern „Halte dich ein paar Tage bedeckt, dann komme ich dich holen.“
„D-du meinst also wirklich ich soll...?“ das Mädchen starrte ihn mit offenem Mund an. Meinte er das wirklich ernst? Wenn sie das tat, dann würde Lyaena sie erst versiegeln lassen „A-a-aber d-das ist doch verboten! I-ich darf das nicht, wenn es schief geht und sie mich erwischen dann...“
„Ich weiß, und die Strafe dafür ist, dass man deine Magie versiegelt.“ erstickte Silberblatt ihre kleine Panikattacke im Keim. Langsam spiegelte sich in Teleyas weit aufgerissenen Augen so etwas wie Erkenntnis wieder. „Wie du siehst, hast du nicht mehr viel zu verlieren. Wenn du wirklich eine Magierin werden und deine Kräfte behalten willst, dann hast du keine andere Wahl als es zu riskieren.“ Damit stand Teregion auch schon im Türrahmen, aber drehte sich noch einmal zu ihr um, als ihm etwas einfiel „Und vergiss nicht dass du Kekse, Kuchen oder irgendetwas anderes süßes brauchst. Am besten so viel wie du tragen kannst. Es wird nicht leicht, wenn du mit leeren Händen auftauchst.“
„Süßigkeiten? Was soll ich denn jetzt mit Süßigkeiten?“
„Davon kann man niemals genug haben, und der Grund dafür wird dir schon noch einfallen.“ behauptete er und zwinkerte ihr noch einmal verschwörerisch zu, bevor er sich endgültig abwandte „Wir sehen uns in ein paar Tagen. Es wird nicht länger als eine Woche dauern ein besseres Versteck für dich zu finden. Aber ich denke mal so lange wirst du nicht versteckt bleiben müssen. Sobald du weg bist, werde ich versuchen mit deiner Schwester zu reden. Das du wegläufst würde sie niemals erwarten und ich kenne sie. Lyaena wird anfangen sich Sorgen um dich zu machen, bis sie sich schuldig fühlt, weil sie dich so weit getrieben hat. Am Ende knickt sie schon noch ein.“
„Wird das wirklich funktionieren? Ich bin mir nicht sicher, ob du meine Schwester so gut kennst du wie du denkst.“ murmelte Teleya, alles andere als überzeugt. Sobald sie sich in dem Versteck befanden, würde sie ihm alles über Luca und Lyaena erzählen, das schwor sie sich. Lyaena hatte es nicht verdient weiterhin gedeckt zu werden, aber jetzt hatten sie zu wenig Zeit für so etwas, erst musste sie von hier verschwinden und ihre Magie retten. Lyaena suchte vermutlich schon fieberhaft alle Akashi-Magier der Stadt zusammen, um die Versiegelung vorzubereiten.
„Wenn sie sich weiterhin stur stellt, dann finden wir schon noch etwas anderes für dich, vielleicht als Mitglied meines Ordens. So oder so, ich werde nicht zulassen, dass man dir deine Magie raubt.“
„Danke.“ flüsterte Teleya ihm noch zu, bevor er aus ihrem Zimmer verschwand und sie alleine ließ.
Nachdem Teleya ungefähr eine Stunde nervös gewartet hatte, entschied sie sich endlich dazu, den seltsamen Plan in die Tat umzusetzen. Teregion wusste sicher was er tat, daran glaubte sie zumindest. Vorsichtig schlich die junge Akashi sich zur Tür und trat auf den Flur hinaus. Genau wie Silberblatt es gesagt hatte stand eine Wache vor ihrem Zimmer und starrte sie misstrauisch an.
„Was kann ich für Euch tun, Herrin?“ begann der Mann unsicher. Niemand hatte ihm wirklich gesagt worum es ging, nur dass er die junge Herrin davon abhalten musste das Anwesen zu verlassen.
„Du könntest mich nach draußen bringen, das wäre wirklich total nett von dir.“ antwortete das Mädchen mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Noch bevor er etwas erwidern konnte, erstarrte die Wache und war unfähig sich zu bewegen. Teleya ließ zum ersten mal in ihrem Leben absichtlich ihrer Magie freien Lauf. Anstatt sich wie sonst zurückzuhalten, richtete sie ihre gesamte Macht gegen den Verstand des Mannes um ihn zu überwältigen. „Das war einfacher als erwartet.“ murmelte sie überrascht vor sich hin, als sie kaum auf nennenswerten Widerstand traf. Es kostete sie fast keine Kraft den Wächter unter Kontrolle zu halten und seinen Geist zu überwinden. Von ihren Übungen mit Yuki und Teregion, war sie da deutlich mehr gewohnt. An den magischen Schutzwällen der Beiden, konnte man sich die Zähne ausbeißen, ganz gleich wie lange man dagegen anrannte, die Barrieren hielten stand, ohne überhaupt ins Wanken zu geraten. Kurz stand sie unschlüssig neben ihrem Opfer und überlegte was sie als nächstes tun sollte. Dann befahl sie der Wache sich in Richtung Erdgeschoss aufzumachen. Vorsichtig folgte sie ihm, wobei sie versuchte sich ein zufriedenes Grinsen zu verkneifen. Wenn sie an Dienern oder anderen Wachen vorbeikamen, beachtete man die beiden kam. Zwar hatte sich sicher schon unter den Wachen im Anwesen herumgesprochen, dass Teleya unter Hausarrest stand, aber in Begleitung eines treuen Kriegers ihrer Familie stellte man ihr keine Fragen oder hielt sie auf. Teleyas Nervosität stieg trotzdem je weiter sie kamen, aber selbst als sie hinaus auf die Straße traten, hielt sie niemand auf. Zwar warf man ihnen verwirrte Blicke zu, aber anscheinend dachte man die Wache würde auf Befehl des neuen Oberhauptes handeln. Niemand schien auf die Idee zu kommen dass die kleine Teleya zu so etwas in der Lage war, und das war im Moment auch gut so. Ein paar Straßen von dem Anwesen entfernt, ließ sie ihren neuen Handlanger anhalten.
„Vielen Dank für deine Hilfe, wie auch immer dein Name ist.“ Teleya verbeugte sich kurz, unsicher wie sie sich in dieser Situation verhalten sollte. Der Mann starrte sie noch immer nur ausdruckslos an, sein Gesicht wirkte inzwischen eingefallen und die Magie in ihm schien der Wache mehr zuzusetzen als sie erwartet hätte. Für einen Moment fühlte sie sich schuldig, doch dann kam ihr plötzlich ein genialer Einfall. Sie wusste endlich was Teregion mit seinen seltsamen Worten gemeint hatte. Das ausdruckslose Gesicht des Mannes war ein deutlicher Hinweis. Süßigkeiten! Das sie darauf nicht sofort gekommen war! Es gab einen Ort an den sie gehen konnte, einen Ort, an dem sie sicher war, auch wenn ihr Gastgeber selbst ohne Magie in seinem Kopf bereits fast genauso wirkte wie die weggetretene Wache. Beiläufig streckte sie die Hand aus und hielt sie ihrer Geisel unter die Nase. „Ach ja, Geld. Ich brauche ein bisschen Geld, hast du zufällig etwas dabei?“ fragte sie die Wache gedankenverloren, in ihrer Vorstellung bereits einige Schritte weiter und in ihrem neuen Versteck. Sie bekam kaum mit, wie er ruckartig seine Taschen durchsuchte. Eine Weile ließ sie ihn suchen, aber mit all ihrer Magie mitten in seinem Gehirn, fiel es ihm schwer sich daran zu erinnern wo er sein Geld hatte. Teleya seufzte kurz. Daran musste sie noch arbeiten, es gab sicher eine Möglichkeit jemanden zu kontrollieren ohne das er gleich zu einem Zombie wurde. „Es ist in der linken, unteren Tasche.“ erklärte sie ungeduldig, als es ihr endgültig zu lange dauerte und sie selbst in seinem Kopf suchte. Der Mann reichte ihr langsam einen klirrenden Beutel voller Münzen. Jetzt musste sie nur noch sicher ihr neues Versteck erreichen, und Geschenke mitbringen.

Später am selben Tag, betraten Naleya und Aynaeth die Bibliothek im Anwesen der Bladelli. Gerade kamen sie von einem gemeinsamen Abendessen mit dem Großteil der Schattenjäger zurück, auch wenn die Stimmung am Tisch alles andere als fröhlich gewirkt hatte. Aleyandra und Naruz schwiegen sich aus irgendeinem Grund nur noch an, und rissen den Rest der Anwesenden mit nach Unten. Also entschlossen die beiden Schwestern sich dazu früher abzuhauen. Naleya ,weil sie noch lernen musste, und Aynaeth, um die nächsten paar Stunden nach einem zweiten Abendessen, oder eher nach einem Nachtisch, zu suchen. Gerade wollte Aynaeth sich zu ihrem Nachtisch davonschleichen, als plötzlich hinter einem der Regale eine kleine Gestalt hervorsprang und die beiden Hexen panisch aufschrecken ließ. Sogar Aynaeth zuckte erschrocken zusammen.
„Teleya! Du hast mich fast zu Tode erschreckt! Was machst du hier mitten in der Nacht!?“ rief Naleya, sobald sie sich vom dem Schrecken erholt hatte und ihr Atem wieder einigermaßen normal ging. Aynaeth wirkte deutlich gefasster, eher enttäuscht darüber, dass der unerwünschter Besucher ihre Flucht vermasselt hatte.
„Ich bin abgehauen.“ verkündete Teleya kurz und knapp, aber dafür mit erstaunlich viel Stolz in der Stimme. Als die beiden sie noch immer nur verwirrt anstarrten, fuhr sie kleinlauter fort. „Ähm, um genau zu sein, habe ich keine wirkliche Ahnung wo ich jetzt hin soll und dann dachte ich mir: Hey! Besuchst du doch mal wieder deine gute Freundin, Naleya. Immerhin haben wir uns in letzter Zeit kaum gesehen. Vielleicht könnte ich ja auch hier übernachten, für ein paar Tage oder eine Woche oder auch länger, und...“
„Nein.“ unterbrach Aynaeth sie mit tonloser Stimme „Du kannst nicht hierbleiben, das ist meine Bibliothek. Ich lasse nicht zu, dass du dich hier breit machst, nur weil du...“ die Hexe brach blinzelnd ab, als Teleya ihr ein Päckchen zuwarf. Neugierig riss Aynaeth es auf und zuckte zusammen, diesmal allerdings nicht vor Schreck. Das Paket war bis zum Rand gefüllt mit kleinen Kuchen, Schokolade und einigen Keksen. „Gut, du kannst bleiben, mach was du willst, aber ich erwarte noch viel mehr davon.“ nuschelte sie noch schmatzend in Richtung der Akashi, womit die ganze Angelegenheit zumindest für sie geklärt war.
„Warum willst du dich eigentlich hier bei uns verstecken?“ fragte Naleya, für die das ganze noch nicht vorbei war.
„Naja, da Aynaeth die Bibliothek annektiert hat und sie ja die offizielle Botschafterin von Vo Astur ist, befinden wir uns hier rein theoretisch in Vo Astur, richtig?“ fragte Teleya unschuldig nach und versuchte den bohrenden Blicken des anderen Mädchens auszuweichen „Wo kann man sich besser verstecken, als in einer Botschaft der Hexer? Ihr liefert mich sicher nicht an die Kirche oder meine Familie aus.“
„Wir liefern niemanden aus, das ist richtig.“ bestätigte Naleya langsam und zögerlich „Aber ähm...wovor bist du überhaupt auf der Flucht?“ Teleya antwortete nicht, sondern senkte nur den Blick und schien nicht darüber reden zu wollen. Nach einer Weile hauchte Naleya ein stummes „Hilfe.“ in Richtung ihrer Schwester, welche alles was um sie herum passierte gekonnt ignorierte und weiter vor sich hin aß. Immerhin eine schien hier ihren Spaß zu haben.
„Lyaena will meine Magie versiegeln lassen, für immer.“ murmelte Teleya niedergeschlagen, sobald sie sich wieder etwas beruhigt hatte „Wir Akashi haben eine Möglichkeit gefunden die besonderen magischen Fähigkeiten unserer Familie zu bannen und endgültig zu unterdrücken. E-es ist nicht einfach und funktioniert nur wenn derjenige der den Zauber wirkt ohnehin mächtiger ist, als der den man mit einem Siegel belegen möchte. Man benutzt es nur sehr selten. Meistens, wenn junge Akashi ihre Kräfte nicht kontrollieren können oder nicht mehr einsetzen wollen.“
„Klingt nicht so, als wäre es eine besonders gute Bestrafung oder? Ich meine, ausgerechnet bei den mächtigsten Gegnern funktioniert es nicht und die dürften mit ihrer Magie ja am ehesten Probleme verursachen, oder?“
„Eigentlich wird es dafür auch nicht benutzt, zumindest nicht gegen starke Magier, die in der Lage wären die Versiegelung einfach wieder aufzuheben. Soweit ich weiß, müsste ich über genug Energie verfügen, um das gleiche zu können, aber ich wüsste nicht wie ich das anstellen sollte. Außerdem wird der Zauber dann vermutlich entweder von meinem Vater oder Teregion gewirkt und gegen die beiden komme ich nicht an, selbst wenn ich den Gegenzauber lernen könnte.“ verzweifelt sah Teleya auf und ging hilfesuchend auf die beiden Hexen zu „Es geht nicht nur um den Verlust meiner Magie! Die Versiegelung würde mich auch verändern. Ich habe schon einmal jemanden aus meiner Familie gesehen, dessen Magie versiegelt wurde. Es wirkte als hätten sie mitsamt der Magie, auch alles was ihn ausmachte versiegelt, als hätten sie ihn in ein leeres Objekt verwandelt. Er war einfach nur noch eine willfährige Puppe, die nur dafür lebte jeden Befehl des Oberhaupts auszuführen. Mein Vater hat uns das damals als Abschreckung gezeigt, sobald unser magisches Potential immer deutlicher wurde. Bitte, ich kann nicht wieder zurück. Es ist auch nicht für lange und Teregion wird es wieder gut machen!“
Eine Weile sagte Aynaeth nichts, und ihre Schwester schien diesmal ausnahmsweise der älteren Hexe die Entscheidung zu überlassen. Es dauerte nicht so lange wie Teleya gedacht hätte, denn schon nach wenigen Minuten zuckte Aynaeth gedankenverloren mit den Schultern und gab nach. „Sie kann bleiben, aber nicht für immer.“ Danach verschwand sie hinter einem kleinen Bücherstapel, wo sie sich hinlegte um zu schlafen. Die ganze Zeit nach einer Lösung für Naruz ganze Probleme zu suchen, laugte selbst sie langsam aus, und da Naruz seine Freundin zu Besuch hatte, konnte sie vielleicht mal wieder eine Nacht lang durchschlafen. Auch wenn sie ihm gerne half, und sich wünschte, dass sie mehr für ihn tun könnte. „Aber nur für ein paar Tage, und du musst aufpassen, dass dich niemand sieht.“
„Keine Sorge! Ich bin eine Elitemagierin der Akashi! Wenn ich will, dann kann ich vollkommen unsichtbar sein. Ihr werdet gar nicht merken, dass ich da bin. Ich werde mit dem Hintergrund verschmelzen, eins sein mit der Umgebung, unsichtbar für...“ während Teleya noch hochtrabend ankündigte wie geschickt sie sein konnte, stieß sie mit dem Rücken gegen eines der Regale, und mehrere dicke Bücher hagelten direkt auf ihren Kopf hinab. „Autsch...Bücher...mein schrecklichster Erzfeind...“ murmelte sie, und rieb sich mit Tränen in den Augen den Kopf „E-es ist wirklich nur für ein paar Tage!“
„Und was wirst du dann in ein paar Tagen machen? Hast du überhaupt einen Plan? Geld? Einen Unterschlupf? Irgendwelche Freunde zu denen du gehen könntest? Weißt du eigentlich wie gefährlich es für ein junges Mädchen alleine dort draußen sein kann?“ fuhr Naleya sie besorgt von der Seite aus an. Das ganze gefiel ihr überhaupt nicht, und im Gegensatz zu Aynaeth, gehörte sie zu den Menschen, die sich um andere sorgten. Teleya schrumpfte langsam unter ihren vernichtenden Blicken zusammen. Das andere Mädchen war zwar genauso alt wie die Akashi, aber deutlich weniger hilflos. Zögerlich schüttelte Teleya den Kopf, als sie merkte, dass Naleya eine Antwort erwartete. „Das habe ich mir gedacht.“ murmelte die kleine Hexe und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Naleya seufzte leicht genervt, was bei ihr dank Aynaeth bereits zur Gewohnheit geworden war. „Du bist fast so schlimm wie meine Schwester. Vollkommen hoffnungslos und würdest alleine untergehen.“
„Hey...“ erklang es leise und schläfrig irgendwo hinter den Büchern. Aynaeth ließ sich sogar dazu herab sich kurz aufzurichten, um mit dem Kopf über den Bücherberg hinweg zu gucken und sie müde anzublinzeln. „Das war gemein.“
„Du wirst es überleben. Leg dich wieder hin.“ kommentierte Naleya den kurzen Zwischenruf ihrer älteren Schwester säuerlich. „Naja, Aynaeth hat bereits zugestimmt, also was solls. Ich frage einen der Diener nach einer Matratze und Schlafzeug für dich...versuch solange nichts anzustellen. Aynaeth mag ihre Bücher, und du solltest versuchen sie nicht ähm zu vernichten, ja?“



In einem anderen Zimmer des Anwesens, lagen Naruz und Aleyandra friedlich nebeneinander in seinem Bett. Eng aneinander geschmiegt unterhielten sie sich noch etwas, jedenfalls mehr als während des Essens.
„Machst du dir noch immer Sorgen um deinen Bruder?“ durchbrach sie leise das Schweigen, welches sich seit seiner Offenbarung zwischen ihnen breit gemacht hatte. Er schien darauf zu warten, dass sie explodierte und sie wiederum wollte versuchen sich ihm ausnahmsweise einmal nicht aufzudrängen. „Ich bin sicher du findest einen Weg um ihm zu helfen, bisher warst du immer zu allem in der Lage was du tun wolltest.“
„Vielleicht, aber diesmal ist es anders.“ murmelte Naruz gedankenverloren als Antwort und starrte dabei die Decke an. Sein Bruder war kein Thema, mit dem sie die Stimmung zwischen sich auflockern konnten, also wandte er sich lieber etwas positivem zu. „Dafür geht es Severina von Tag zu Tag besser. Sie wird wieder etwas kräftiger, auch wenn der Verlust ihrer Gliedmaßen sie noch immer mehr mitnimmt, als sie bereit ist zuzugeben. Als ich heute Mittag kurz bei ihr war, um mich mit ihr zu unterhalten, hat sie ständig versucht mit ihrem rechten Arm nach dem Besteck oder ihrem Glas zu greifen. Am Ende hat sie ihr Essen einfach nicht mehr angerührt, sondern sich darauf beschränkt deprimiert aus dem Fenster zu blicken.“
„Das Anwesen verwandelt sich ja langsam in ein richtiges, kleines Krankenhaus. “ scherzte Aleyandra und kam sich sofort dumm vor, weil es ihr nicht gelingen würde diesem Thema den Ernst zu nehmen. Rasch fuhr sie fort, um Naruz keine Zeit zu geben, auf ihre dämlichen Worte zu reagieren. „Ich habe selbst in ein paar Büchern geblättert und mich in den Bibliotheken der Kirche umgesehen.“ gab sie verlegen zu und jetzt sah Naruz sie endlich an, auch wenn er dabei überrascht bis völlig verwirrt wirkte „Aber ich schätze verglichen mit Aynaeth und dir bin ich keine wirklich große Hilfe, selbst wenn ich noch Tausend Bücher lese. Aber ich möchte einfach auch etwas tun um dir und Luca zu helfen, selbst wenn es noch so wenig ist.“
„Das weiß ich und genau deswegen liebe ich dich auch so sehr.“ flüsterte er mit erstickter Stimme und einem Kloß im Hals. Wenn sie so war wie jetzt, fühlte er sich nur noch unwohler „Egal was ich mache, egal was um mich herum passiert oder was sich alles verändert, eines bleibt immer gleich, nämlich wie sehr du mich liebst und zu mir stehst.“ Plötzlich rückte Naruz näher an sie heran. Eine seiner Hände strich ihre schmalen Hüften entlang über den dünnen Stoff. „Damals in Helonia, hätte ich das bereits erkennen müssen anstatt so ein Idiot zu sein.“ fügte er lächelnd hinzu, bevor er versuchte sie zu küssen. Aber bevor ihre Lippen sich berühren konnten, zuckte Aleyandra mit dem Kopf zurück und drückte sanft seine Hand von ihrer Hüfte weg. Verwirrt wich er wieder von ihr zurück. Hatte sie ihn gerade zum ersten Mal einfach abgewiesen? Das war neu für sie. „Was ist? Habe ich etwas falsches gesagt?“
„Nein, es liegt nicht an dem was du gesagt hast, wirklich nicht.“ behauptete sie und verfluchte ihr Gesicht dafür nicht so glaubhaft zu wirken wie es im Moment sein sollte. Sie beide waren Botschafter Gaias und konnten mitten in der Nacht noch immer fast genauso gut sehen wie am helllichten Tag. Eine Fähigkeit, die sie Naruz jetzt am liebsten sofort wegnehmen würde, damit er nicht jede noch so winzige Gefühlsregung aus ihrem Gesicht ablesen konnte. Seine Berührungen jagten ihr gerade nichts als Angst ein. In ihrem Kopf, sah sie ihn die ganze Zeit über mit Theresia, Alesia, Anya und Mizore. Schon die ganzen letzten Nächte fühlte sie sich so. Jedesmal wenn Naruz sie berührte, wollte sie am liebsten wegrennen und sich verstecken. Konnte nur daran denken, dass er in diesen Momenten lieber bei einer seiner Geliebten wäre, als sich mit ihr abgeben zu müssen, und daran, dass sie irgendetwas falsch machte während sie miteinander schliefen. Am Ende merkte Naruz noch wie viel besser Anya oder Theresia zu ihm passen würden, und dann...dann würde er sie verlassen. „I-ich habe nur gerade keine Lust, das ist alles.“
„Das erzählst du jetzt schon seit Tagen, seit...“ Naruz stutzte kurz, als ihm einfiel wann sie mit diesem Verhalten begonnen hatte „seit ich dir von Theresia erzählt habe. Darum geht es, oder? Du bist doch wütend auf mich, richtig?“
„Bin ich nicht.“ behauptete Aleyandra ohne eine Miene zu verziehen, obwohl sich innerlich bei ihr alles zusammenzog, wenn sie auch nur den Namen der verfluchten Akashi hörte. Egal wie sehr Aleyandra es versuchte, sie musste die ganze Zeit über daran denken, dass er inzwischen mit der Hälfte der Mädchen in seiner Einheit irgendwann einmal geschlafen hatte! Doch trotz dieser Gedanken lächelte sie ihn nur an „Das mit deiner Assistentin habe ich schon längst vergessen, es ist vergessen. Ich bin nur müde. Geh doch zu Theresia wenn du etwas Spaß willst und es so dringend ist. Sie hätte sicher nichts dagegen, immerhin ist sie jederzeit bereit alles zu tun was du willst.“
„Hör auf dauernd so etwas zu sagen.“ fuhr er sie genervt an und stand wirklich kurz davor zu verschwinden, allerdings nicht um zu Theresia zu gehen, sondern um sich diesen Unsinn nicht mehr anhören zu müssen.
„Mit wem du schläfst geht mich nichts an. Du kannst tun und lassen was immer du willst, das habe ich dir schon vor ein paar Tagen gesagt und dabei bleibe ich. Mach mit ihr was dir gefällt, eigentlich passt es im Moment sogar ganz gut, findest du nicht auch?“ Aleyandra drehte sich etwas von ihm weg und sah an ihm vorbei an die Wand. Sie log nicht einmal wenn sie behauptete dass es ihr schlecht ging und sie müde war. Leise fuhr sie fort, auch wenn sie wusste, dass es sicher ein Fehler war ihm so etwas zu sagen. „Ich bin noch immer total fertig. Was immer ich mache, es geht mir nicht wirklich besser und ich bin dauernd erschöpft. Es kann noch eine Weile dauern bis ich mich wieder gesund genug fühle, um mit dir zu schlafen, tut mir leid, aber ich bin halt krank.“
„Vielleicht sollten wir dann endlich mal etwas dagegen unternehmen.“ flüsterte er voller Tatendrang. Aleyandra sah ihn fragend durch die Dunkelheit hindurch an. Und dann konnte sie es spüren. Es war wie ein sanftes Kribbeln das über ihre Haut strich. Ihre Nackenhaaren richteten sich auf und ihr ganzer Körper begann zu vibrieren. Naruz hatte angefangen ihren Körper mit Magie nach möglichen Krankheiten zu durchsuchen.
„Hör sofort auf, Naruz!“ rief sie verärgert und richtete sich im Bett auf um ihn anzufunkeln.
„Was meinst du? Ich mache doch gar nichts.“ antwortete er abgelenkt und gab sich Mühe so unschuldig wie möglich zu wirken.
„Das weißt du ganz genau! Ich bin vielleicht nicht die beste Magierin der Welt, aber ich merke es wenn du deine Kräfte einsetzt!“ Aleyandra funkelte ihn wütend an, und Naruz war im Augenblick froh über die Dunkelheit, ansonsten hätte ihn der Blick sicher getötet, daran ließ ihre Stimme keinerlei Zweifel offen „Hör auf mich mit deiner Magie zu untersuchen. Du wirst sowieso nichts finden und verschwendest nur sinnlos deine ganze Energie.“
„Ach Unsinn, so schnell bin ich nicht erschöpft, nicht mehr seit die Siegel gebrochen wurden. Das hier ist halb so wild und dauert nicht lange. Lass mich nachsehen was dir fehlt, und dann kann ich dir schnell helfen. Das bisschen Energie zu verlieren, wird mich schon nicht umbringen.“
„Das ist egal! Du brauchst deine ganze Kraft, um deinem Bruder zu helfen!“
„Aber...“
„Nichts aber! Lass es einfach gut sein! Wenn du das noch ein einziges Mal versuchst, werde ich auf der Stelle aufstehen und gehen, hast du das verstanden? Und wage es ja nicht das ganze noch mal zu probieren sobald ich schlafe, ich spüre deine Magie selbst dann noch.“
Vorsichtig nickte Naruz damit sie zufrieden war, aber nahm sich vor einen Weg zu finden, sie zu untersuchen, ohne sofort ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Irgendetwas stimmte nicht mit Aleyandra.
„Mir geht es bald wieder gut, wirklich. Ich...ich brauche nur Schlaf und Ruhe. Lass mich...lass uns einfach schlafen, ja?“ flüsterte sie mit sanfterer Stimme und legte sich vorsichtig wieder hin, wobei sie ihn noch immer ansah, als würde er es jeden Moment noch einmal versuchen.
„Das sagst du jetzt schon seit fast vier Tagen.“ erwiderte Naruz murmelnd, aber sagte sonst nichts mehr dazu. Er glaubte zwar noch immer nicht, dass die Sache mit Theresia sie völlig kalt ließ, aber wenn Aleyandra sagte das es sie nicht störte, dann würde er versuchen ihr zu glauben. „Schlaf gut, Aleyandra, und ich hoffe dir geht es bald wieder besser.“ hauchte er ihr zu. Ein Friedensangebot, genauso wie der Arm, den er um sie legen wollte und den sie genauso abwehrte wie alles andere zuvor. Während Aleyandra noch lange wach lag und nachdachte, schlief er schnell ein, um nicht mehr durch die Dunkelheit hindurch ihre Blicke spüren zu müssen.



Am nächsten Morgen, befand Theresia sich gut gelaunt auf dem Weg zu dem Anwesen der Bladelli, um ihren Paladin zu überraschen. Seit ihrer gemeinsamen Nacht hatte er kaum noch mit ihr geredet, und sie würde das jetzt wieder ändern. Ein paar Tage hatte sie durchgehalten und auf ihn gewartet, aber jetzt reichte es ihr. Sie würde ihn zu seinem Glück zwingen.
„Theresia! Hey! Warte auf mich!“
„Ach ja, der idiotische Doni...großartig.“ murmelte sie gelangweilt vor sich hin, als hinter ihr wie aus dem Nichts Salvatore Doni auftauchte. Der Doni lächelte sie gewinnend an und ging ungefragt neben ihr her. „Dich hatte ich ehrlich gesagt schon ganz vergessen. Was wolltest du noch gleich von mir? Ich bin sicher es war sterbenslangweilig.“
„Die Bibliothek der Akashi.“ erinnerte sie mit einem drängenden Unterton in der Stimme, welcher nicht so ganz zu seinem sonstigen Verhalten passte „Es ist wichtig und was ich dir dafür erzähle ist mehr als genug für diesen kleinen Gefallen.“
„Ja ja, schon gut. Du musst nicht versuchen mich zu überzeugen. Ich hatte sowieso vor dein Angebot anzunehmen, es ist mir nur komplett entfallen, weil du so unwichtig und langweilig bist, kleiner Doni.“ entgegnete sie ohne Rücksicht auf ihn zu nehmen und grinste dabei frech. Gegenüber Leuten die sie nicht für ihre Arbeit brauchte, sagte sie einfach immer das, was sie gerade dachte, und im Moment, waren das so ziemlich alle Leute außer Naruz. Theresia hielt ihm die geöffnete Handfläche entgegen, murmelte kurz etwas und aus dem Nichts erschien ein kleiner, silberner Ring in den schwarze Runen eingraviert waren. Gelangweilt warf sie ihm das kleine Schmuckstück zu. „Hier, nimm das. Damit solltest du in der Lage sein die Bibliothek zu betreten. Geh einfach zu dem Platz auf dem sich die Nachbildung des Gaia Kristalls befindet und danach in eine kleine Gasse neben Davos Bestattungsunternehmen. Drücke den Ring direkt am Anfang der Gasse an die Wand, warte eine Weile bis die Runen anfangen rot zu leuchten und das wars. Am besten du versuchst es Nachts, damit dich niemand sieht. Auf dem zentralen Platz ist zwar immer so viel los das niemand etwas mitkriegt, aber manchmal fällt es trotzdem auf wenn jemand einfach so verschwindet.“ als Theresia ihre Ausführungen beendet hatte, seufzte sie verzweifelt, da der Doni sie nur verwirrt und ratlos anstarrte. Genervt setzte sie ihre Erklärung fort. „Der Ring löst einen Portalzauber aus der dich dann in unsere Bibliothek bringt. Es ist ganz einfach, so einfach, das selbst jemand wie du dazu in der Lage sein sollte.“
„Ist das dein Ernst? Der Eingang befindet sich also in aller Öffentlichkeit?“
„Wir Akashi waren noch nie besonders begabt darin Dinge zu verstecken, also, haben wir uns dazu entschieden den Eingang einfach direkt in Navea zu platzieren.“
„Und wohin bringt der Zauber mich?“ hakte er misstrauisch nach und betrachtete den Ring mit einer Mischung aus Neugier und Unwillen. Es gefiel ihm nicht an irgendeinen Ort gebracht zu werden der am Ende der Welt liegen konnte.
„Das darf ich dir leider nicht sagen, kleiner, niedlicher Doni.“ erwiderte sie belustigt „Der genaue Ort an dem unsere Bibliothek liegt ist geheim. Ich würde dir raten nicht zu versuchen die Bibliothek durch eine der Türen auf normalem Weg zu verlassen. Um das Gebäude herum erwarten dich magische Wachen in denen angeblich die Ahnen unserer Vorfahren leben. Jedes Oberhaupt hat weitere, noch mächtigere Wächter hinzugefügt, und sie dürften mittlerweile selbst für dich eine Gefahr darstellen.“ Theresia schenkte ihm einen kritischen Blick „Und ich denke, dass ich ganz gut einschätzen kann wie stark du bist, auch wenn du sonst fast jeden täuschen kannst, also leg es lieber nicht darauf an die Wächter zu verärgern. Das du nicht zu unserer Familie gehörst, wird sie schon mehr als genug aufregen. Jedenfalls, wenn du wieder zurück willst, dann geh mit dem Ring zurück an die Stelle an der du angekommen bist und benutze ihn noch ein Mal auf die exakt gleiche Art und Weise. Damit solltest du sicher zurückkehren. Es ist alles ziemlich einfach und simpel, selbst für jemanden wie dich.“
„Schon gut, ich werde es mir merken.“ murmelte er nachdenklich als Antwort.
„Dann viel Glück. Du wirst es brauchen falls die Wächter dich bemerken und erkennen das du kein Akashi bist. Manchmal haben sie einen schlechten Tag und durchstreifen sogar die Bibliothek selbst.“ Damit ließ sie den Doni hinter sich zurück und machte sich mit schnellen Schritten wieder auf den Weg zum Bladellianwesen. Es gab wichtigeres als den Verrückten, auch wenn es sie irgendwie interessierte was genau er zu finden hoffte. Als eine der drei großen Familien unterhielten die Doni selbst eine gigantische Bibliothek in der sich das Wissen von Jahrhunderten befand. Zum Glück musste sie nicht noch einmal anhalten, um sich mit jemandem zu unterhalten, sondern betrat ohne weitere Zwischenfälle Naruz Zimmer. Ohne anzuklopfen platzte sie hinein. „Gut geschlafen, Paladin?“
„Nicht du schon wieder...“ murmelte ein sichtlich müder Naruz, der gerade damit fertig geworden war sich anzuziehen und bereits wieder neben seinem Schreibtisch stand um in einem Buch über Magie zu blättern. Aleyandra war bereits weg gewesen als er aufwachte, anscheinend hielt sie es inzwischen nicht einmal mehr ein paar Stunden mit ihm aus.
„Wie lange, willst du mir eigentlich noch aus dem Weg gehen, Naruz?“ fragte sie neugierig, schloss die Tür hinter sich und ging langsam auf ihn zu „Und ich Dummerchen dachte, uns beide verbindet inzwischen etwas besonderes. Etwas das mehr ist als nur die Arbeit, eine Verbindung, die tiefer geht und uns einander näher bringt. Immerhin haben wir in dieser Nacht viel miteinander geteilt.“
„Uns verbindet rein gar nichts.“ giftete er sie entnervt an. Genau das was er neben all den Problemen mit Luca und Aleyandra noch gebrauchen konnte, eine weitere verrückte Verehrerin.
„Reg dich doch nicht gleich so auf, das war nur ein kleiner Scherz. Warum bist du überhaupt so mies gelaunt?“ Theresia runzelte die Stirn. Zwar ging er ihr seit der Nacht aus dem Weg, aber immerhin blieb er sonst höflich zu ihr. Plötzlich begann sie breit übers ganze Gesicht zu grinsen. Aleyandra. Daran lag es. Jeder in der Einheit konnte spüren wie zwischen den beiden seit einigen Tagen die reinste Eiszeit herrschte. Ein Streit zwischen den Beiden, wäre die perfekte Gelegenheit, um sich wieder ein wenig mit dem Paladin zu vergnügen. „Hattest du eine aufregende Nacht mit deiner Freundin? Ich nehme an sie ist nach dem Essen gestern noch geblieben.“
„Das geht dich nichts an.“ murmelte Naruz und klappte seufzend das Buch zu, als er merkte, dass sie nicht einfach wieder gehen würde. Mit einem fast schon zornigen Funkeln in den Augen, wandte Naruz sich ihr endlich zu. „Was willst du hier?“
„Weißt du, wenn du willst, dann könnte ich dafür sorgen, dass deine Laune sich wieder etwas hebt. So wie du im Moment drauf bist kann man dich nicht auf den Rest der Einheit loslassen. Ich glaube selbst der Schattenritter würde...“
„Nein.“ unterbrach er sie sofort, als ihm klar wurde, worauf sie schon wieder hinaus wollte.
„War es denn so furchtbar für dich mit mir zu schlafen?“ fragte sie beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust. Das war nicht ganz die Reaktion auf die sie gehofft hatte.
„Nein, das war es nicht.“ flüsterte Naruz wahrheitsgemäß, auch wenn er lieber gelogen hätte. Es fiel ihm nur schwer zu lügen, wenn es um diese Nacht ging. Er wusste nicht genau wie Theresia es angestellt hatte, aber er war sich ziemlich sicher diese Nacht nicht so schnell zu vergessen. Die Akashi schien zu wissen was sie tat, immerhin das musste er ihr lassen. „Aber du weißt ganz genau, wie ich dazu stehe. Noch einmal wird Aleyandra es mir sicher nicht verzeihen. Ich werde sie niemals für dich verlassen, das weißt du. Am besten du versuchst es mal bei Salvatore oder irgendwem anders, denn bei mir wirst du nichts finden. Ich habe Aleyandra, und bleibe auch mit ihr zusammen.“
„Ach, hör auf mit dem Unsinn, Naruz.“ zischte sie ihn genervt an. Sein Gerade irritierte sie. Glaubte er wirklich, dass sie jetzt eine Hochzeit erwartete? „Ich habe kein Interesse an einer wirklichen Bindung mit dir. Ich will dich nicht heiraten oder deine Freundin vertreiben, das ist einfach nicht mein Stil und würde mir nichts als Ärger bringen. Ich würde nur gerne diese eine Nacht endlich wiederholen, und zwar noch oft, sehr oft. Wenn ich schon für die Kirche den angeblich mächtigsten Magier der Welt jagen muss, und dabei vermutlich bald draufgehe, dann will ich wenigstens dabei noch etwas Spaß haben.“ Sie ging mit anmutigen Schritten auf ihn und wollte sich in seine Arme fallen lassen „Ich hatte halt noch niemals einen Botschafter Gaias, das macht dich zu etwas besonderem.“ Theresia wollte die Arme um ihn legen und ihren Kopf auf seiner Brust ruhen lassen, aber Naruz wehrte sie erstaunlich energisch ab. Enttäuscht wich Theresia von ihm zurück und setzte trotz aller Verwirrung über sein kaltes Verhalten ihr verführerischstes Lächeln auf. „Bist du dir ganz sicher, Naruz? Das ist vielleicht deine letzte Chance mit mir etwas Zeit zu verbringen.“
Naruz kommentierte das mit einem abfälligen Schnauben und musste an sich halten, um nicht in lautes Gelächter auszubrechen. „Meine letzte Chance? Das glaubst du doch wohl selbst nicht. Spätestens morgen stehst du wieder hier und bietest mir schon wieder das gleiche an. Ich bin gerade nicht in der Stimmung für deine albernen Spielchen, also verschwinde endlich, ich habe zu tun und keine Zeit mich auch noch gegen dich verteidigen zu müssen.“
„Pff, wenn du meinst.“ beleidigt machte Theresia auf dem Absatz kehrt und ging zur Tür. Sobald sie draußen war und die Tür hinter ihr zufiel, blinzelte sie verwirrt in den Flur hinaus. Verdutzt starrte sie eine Weile vor sich hin, bis sie resigniert seufzte. Damit durfte dieser verfluchte Paladin nicht davonkommen! Niemand schlief mit ihr und warf sie dann nach einer einzigen Nacht weg, das wertete sie als gemeinen Angriff auf ihre Fähigkeiten. „Na schön, damit wird das ganze hier persönlich.“ schoss es Theresia genervt durch den Kopf und ihr angekratzter Stolz meldete sich mal wieder zu Wort. Niemand schlief mit ihr und weigerte sich dann wenn es um Runde Nummer zwei ging, das war einfach völlig inakzeptabel.
Naruz seufzte genervt auf, sobald er bemerkte, dass sie den Raum schon wieder betrat, auch wenn er ihre Schritte kaum hören konnte. Gerade erst hatte er sich wieder seinem Schreibtisch und dem Buch zugewandt. Es war ein Fehler gewesen der unverschlossenen Tür den Rücken zuzudrehen. Sie schien sich langsam an ihn heranzuschleichen, vielleicht hoffte sie, dass er sie nicht beachtete, wenn sie sich vorsichtig herantastete.
„Ich sagte doch du sollst endlich ver...“ abrupt verstummte Naruz sobald er sich umgedreht hatte. Theresia hatte sich an ihn angeschlichen und stand direkt vor ihm. Während er noch neben sich stand, überwand sie den letzten Schritt der sie voneinander trennte. Unsicher schluckte Naruz, als er gegen seinen Willen an der zufrieden lächelnden Theresia heruntersah. Sie stand splitternackt vor ihm und drückte sich gegen seine Brust. Ihre gesamte Kleidung lag irgendwo vor der Tür. Durch sein dünnes Hemd konnte er ihre Wärme an seinem ganzen Körper spüren. Egal wie sehr er versuchte sie dieses mal auch wieder abzuwehren, er brachte es einfach nicht fertig. Insgeheim fürchtete er sich sogar davor sie anzufassen und von sich wegzuschieben während sie nichts weiter als dieses siegessichere Lächeln trug. Eine ihrer Hände legte sich auf seinen Oberschenkel und wanderte von dort aus ungehindert wo immer sie hin wollte. Immerhin wusste sie im Gegensatz zu Aleyandra immer genau was sie wollte, schoss es Naruz durch den knallroten Kopf.
„Willst du mich etwa wirklich so auf die Straße setzen? Das wäre grausam, meinst du nicht auch?“ hauchte sie ihm leise zu, während ihr Gesicht sich seinem näherte. Ihr Atem ging schnell und alleine der Gedanke diese eine Nacht zu wiederholen schien die Akashi bereits fast so sehr zu erregen wie Naruz.
„Was...ähm...was?“ stammelte er und starrte sie einfach nur an. Theresia bemerkte seine Erregung und wie er sie anstarrte, jeden Zentimeter ihres Körpers Mit einem triumphierenden Grinsen ließ sie jedoch plötzlich von ihm ab, wandte sich um, und ging langsam und mit aufreizenden Schritten in Richtung Bett. Sie konnte seine Blicke hinter sich spüren, was ihr einen wohligen Schauer über den Körper jagte. Er hätte sie nicht so brüsk abweisen sollen, jetzt musste sie schwere Geschütze auffahren. Theresia legte sich auf die Decke und sah ihn von dort aus erwartungsvoll an, während sie sich so drehte, dass sie auf dem Rücken lag. „Wie lange willst du da eigentlich noch wie angewurzelt stehen bleiben? Keiner von uns hat den ganzen Tag Zeit, wir müssen noch arbeiten und du musst dich um Luca kümmern, also hör endlich auf den Unnahbaren zu spielen und komm zu mir ins Bett.“
Ungeduldig sah sie ihn vom Bett aus an. Seit sie miteinander geschlafen hatten, schien es fast so, als wären sämtliche Masken von der Akashi abgefallen. Sie gab sich keine große Mühe mehr in ihrer Rolle zu bleiben, über diesen Punkt war sie bei Naruz inzwischen längst hinaus. Ab diesem Zeitpunkt vertraute sie mehr auf ihre offensichtlichen Reize, als auf ihre schauspielerischen Künste. Außerdem kümmerte die Aufgabe, die ihr Kyosuke gegeben hatte, sie im Moment kaum. Sie tat das nicht nur, um dem Paladin den Kopf zu verdrehen und ihn leichter behindern zu können, sie tat es, weil sie es wollte und inzwischen gerne Zeit mit Naruz verbrachte. Zumindest solange Naruz bereit war sich von ihr einwickeln zu lassen, und könnte sie in Naruz Kopf sehen, würde sie wissen, dass sein Widerstand bröckelte. Zu sehen wie sie sich nackt auf dem Bett räkelte und dabei mit den Händen über ihren Körper fuhr, half ihm nicht gerade dabei sich zu beruhigen.
Im Prinzip...sprach nicht wirklich etwas dagegen noch einmal mit ihr zu schlafen, dachte Naruz, während er sich in dem Anblick verlor. Aleyandra hatte es sogar mehrmals selbst vorgeschlagen und ihm erlaubt mit der Akashi zu tun was immer er wollte. Letztendlich lebte in ihm ja auch noch immer ein Dämon der Lust, falls Asmodäus überhaupt noch am Leben war. Aber wenn er noch irgendwo in ihm war, dann würde der stark geschwächte Dämon sicherlich Nahrung brauchen. Der Dämon konnte möglicherweise sogar Luca helfen, so wie er Severina geholfen hatte. Wahrscheinlich war Asmodäus nur im Moment noch zu schwach, um sich wieder normal mit ihm zu verständigen. Die Nacht mit Theresia hatte dem Dämon sicherlich geholfen, aber seit dem hungerte Asmodäus schon wieder seit einer ganzen Weile, vor allem, da Aleyandra nicht gerade in der Stimmung zu sein schien ihn mit Lust zu füttern. Falls Asmodäus noch lebte, konnte er mehr Kraft sicher gut gebrauchen, um endlich wieder Kontakt zu ihm aufnehmen zu können. Wenn Aleyandra wirklich nicht böse auf ihn war und die ganze Zeit die Wahrheit sagte, dann tat er hier im Moment nichts schlimmes. Sie schien immerhin fast schon zu wollen dass er sich eine Geliebte nahm, damit sie in Ruhe schlafen und sich ausruhen konnte. Langsam ging er einen Schritt auf sie zu, und versuchte seine Gedanken wenigstens ein bisschen zu ordnen, auch wenn es ihm nicht wirklich gelang. Alles wirkte so...unwirklich um ihn herum. Hatte Theresia irgendetwas mit ihm angestellt, oder drehte er einfach nur durch? Naruz schüttelte den Kopf, in der Hoffnung in irgendwie wieder etwas freier zu bekommen. Lag es an Asmodäus? Konnte der Dämon seine nächste Mahlzeit bereits spüren und lauerte voller Vorfreude darauf sich weiter zu stärken, um bald wieder in der Lage zu sein mit ihm zu reden?
„Kommst du jetzt, oder nicht?“ durchdrang Theresia ungehalten seine nebeligen Gedanken, und er ging tatsächlich weiter auf sie zu. Davon sich zu viele Sorgen zu machen hatte er nichts. Aleyandra musste nichts davon erfahren, und selbst wenn, würde es ihr anscheinend nicht viel ausmachen, aber es würde das letzte Mal sein...vielleicht...möglicherweise...
Zuletzt geändert von Vanidar am 13. Mai 2015 23:31, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 5. Mai 2015 21:50

Kapitel 51 - Fest der Liebe: (Öffnen)
Kapitel 51 – Fest der Liebe:


Naruz ging gerade noch einen weiteren Schritt auf Theresia zu als urplötzlich die Tür zu seinem Zimmer aufflog und jemand eintrat, mit dem er eigentlich überhaupt nicht gerechnet hätte.
„Naruz.“ sagte Aynaeth tonlos, ignorierte die nackte Akashi die sie verwirrt ansah und ging auf den Paladin zu.
„Aynaeth? Was machst du hier?“
„Luca ist aufgewacht.“ meinte die Hexe, packte Naruz an der Hand und zog ihn in Richtung Tür davon.
„Was? Wirklich?“
„Ja, ich habe mir gedacht dass du gleich mit ihm reden willst... übrigens, vor deiner Tür lagen ein paar Sachen rum. Ich habe sie von ein paar Dienern aufräumen und in die Bibliothek bringen lassen.“
„Du hast was gemacht?!“ fragte Theresia vollkommen verblüfft, wurde jedoch ignoriert. Aynaeth zog Naruz einfach weiter in Richtung Tür und der Paladin stolperte ihr unbeholfen hinterher.
„Ähm... ja... wir, ähm, sehen uns Morgen Theresia, ich muss nach meinem Bruder sehen.“ murmelte Naruz zum Abschied und ehe Theresia noch etwas sagen konnte fiel die Tür zu Naruz' Zimmer zu und ließ sie alleine zurück. „Wann ist Luca aufgewacht?“ fragte Naruz, kaum dass sie das Zimmer verlassen hatten.
„Nicht lange her, vielleicht zehn Minuten, oder fünfzehn.“ antwortete die Hexe und schielte aus den Augenwinkeln zu Naruz hinüber. „Ich hoffe ich habe nicht bei etwas wichtigem gestört.“
„Nein... im Gegenteil, ich glaube du hast mich damit gerettet. Du scheinst irgendwie ein Talent dafür zu haben... erst Mizore und jetzt auch noch Theresia.“ meinte Naruz seufzend. „Ich weiß einfach nicht wie ich mit ihr fertig werden soll.“ fügte er hinzu und schüttelte den Kopf. Wenn Aynaeth nicht gewesen wäre hätte er sich wahrscheinlich nicht mehr zurückhalten können und etwas getan was er auf jeden Fall bereut hätte, schon lange war er nicht mehr so froh darüber gewesen die Hexe zu sehen.
„Mhm... hier, geh rein. Ich bin mir sicher er wartet schon auf dich.“ sagte Aynaeth als sie Lucas Zimmer erreicht hatten.
„In Ordnung, danke dass du mir... Moment. Woher wusstest du eigentlich, dass Luca aufgewacht ist? Warst du etwa bei ihm?“
Aynaeth nickte. „Retia und ich waren bei ihm als er aufgewacht ist. Da sie seine Verlobte ist dachte ich mir dass es besser ist wenn ich dich hole.“
„Verstehe, dann noch einmal: danke dass du mir Bescheid gesagt hast, und danke dass du auf ihn aufgepasst hast.“ sagte Naruz und betrat dann das Zimmer.
Tatsächlich saß Luca auf seinem Bett, mit Retia an seiner Seite und lächelte Naruz schwach an als dieser in das Zimmer eintrat. Das linke Auge von Luca war mit einem Verband verdeckt, ebenso wie sein linker Arm der beim Fall verletzt wurde. So sah Luca eigentlich recht in Ordnung aus, aber sobald man den Verband abnahm sah man, wie groß der Schaden eigentlich war. Das linke Auge war vollkommen verschwunden, es hatte sich ganz einfach in eine Blutfontäne verwandelt und nicht einmal ein paar Nervenstränge zurückgelassen. Für die meisten die von dem Vorfall wussten ein unerklärliches Phänomen, für Naruz und Luca nur ein Anzeichen von dem was noch kommen musste. „Guten Morgen, Naruz.“ murmelte er leise und wandte schnell den Blick ab, als er die strenge Miene seines Bruders sah.
„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“ fragte Naruz, zog einen Stuhl heran und setzte sich neben Retia hin. „Du wusstest das so etwas früher oder später passieren würde! Warum hast du mir nichts gesagt?“
„Ich...“ Luca zögerte kurz und kaute auf seiner Unterlippe herum, ehe er den Kopf hob und Naruz in die Augen sah. „Ich wollte dir nur helfen.“ sagte er dann schließlich. „Ich hatte Angst das, wenn ich dir die Wahrheit sage... dass du mich dann rauswerfen und mir verbieten würdest dir zu helfen. Oder dass du dich viel zu sehr auf mich konzentrierst und deine Arbeit dabei vergisst.“
„Natürlich! Du bist mein Bruder! Da kann ich doch nicht einfach mit ansehen wie du dich selber umbringst!“ rief Naruz aufgebracht und sprang von seinem Stuhl auf. „Du wirst jetzt erstmal im Bett bleiben und zwar solange bis ich mir sicher bin dass du nicht auseinander fällst sobald du aufstehst, hast du mich verstanden?“
„Ja...“ antwortete Luca leise und strich über den Verband an seinem Kopf.
„Ähm... Verzeihung, aber worüber redet ihr da eigentlich?“ fragte Retia und sah verwirrt zwischen den beiden Brüdern hin und her. „Heißt das etwa du weißt, was mit Luca los ist, Naruz?“
Der Paladin zögerte kurz, nickte dann jedoch. „Ja, ich weiß es und Luca weiß es auch. Wenn du es wissen willst musst du ihn aber selber fragen, ich werde nicht sein Geheimnis verraten, wenn er nicht darüber reden will.“
„Das ist es nicht... ich will nur nicht das alle sich Sorgen machen.“ meinte Luca seufzend, sah dann jedoch zu Retia hinüber. „Ich... ich weiß nicht wie ich es sagen soll, aber mein Körper wird von meiner Magie langsam aber sicher vernichtet und aufgelöst.“ sagte er dann schließlich, woraufhin Retia schockiert die Augen aufriss.
„Was? Aber das ist doch...“
„Ich weiß, eigentlich ist so etwas unmöglich, bislang hat man noch nie zuvor davon gehört, aber es ist so... Naruz? Könntest du Retia und mich alleine lassen?“ fragte er an seinen Bruder gewandt. „Ich würde ihr gerne unter vier Augen alles erzählen.“
Naruz zögerte kurz, als er jedoch den besorgten Gesichtsausdruck von Retia sah nickte er und wandte sich zum gehen. Sein Bruder schien dem Mädchen viel zu bedeuten, sie hatte es verdient die Wahrheit zu erfahren und vielleicht wäre es wirklich besser wenn sie dabei alleine wären. „Na gut, ich gehe dann... aber ich komme später noch einmal vorbei um dich zu untersuchen, verstanden?“
„Natürlich, danke Naruz.“
„Ach ja, noch etwas...“ meinte Naruz als er die Tür bereits erreicht hatte und warf noch einen Blick zu Luca hinüber. „Denke daran dass es noch jemanden gibt, der du die Wahrheit sagen musst.“ Dann verließ Naruz das Zimmer ohne auf eine Antwort seines Bruders zu warten.

Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen atmete Naruz laut aus und lehnte sich mit geschlossenen Augen gegen die Tür.
„Du scheinst ziemlich gestresst zu sein.“ erklang da plötzlich eine Stimme in seinem Kopf und Naruz riss die Augen auf.
„Asmodäus? Du lebst noch?“
„Ja, mir geht es sogar sehr gut. Du hast mir wirklich geholfen.“
antwortete der Dämon mit sanfter Stimme. „Tut mir leid, dass ich mich eine Weile lang nicht gemeldet habe, aber ich hatte noch etwas zu tun gehabt. Demir hat verstärkt versucht mich zu vernichten, er mag es wirklich nicht wenn wir miteinander reden, also musste ich mich gegen ihn wehren. Jetzt dürfte es aber vorerst keine Probleme geben.“
„Du... hast du Demir getötet?“
„Was? Nein! Keine Sorge, ihn gibt es noch, aber er dürfte es vorerst nicht mehr schaffen mich anzugreifen.“
„Verstehe, ich hatte schon befürchtet dass meine, ähm, Hilfe zu spät kam.“
sagte Naruz und seufzte erleichtert. Der Dämon lebte also noch und es schien ihm besser zu gehen als je zuvor, zumindest konnte Naruz seine Anwesenheit weit deutlicher spüren als früher.
„Die kam gerade rechtzeitig.“ erwiderte der Dämon lachend. „Ich habe nebenbei übrigens auch eine... andere Nahrungsquelle gefunden.“
„Wie bitte?“ fragte Naruz und runzelte die Stirn. „Ich dachte du lebst in mir, wie kannst du da eine andere Quelle gefunden haben?“
„Oh, ich lebe wirklich in dir, aber ich habe doch nie gesagt dass ich mich ausschließlich von dir ernähren kann, wenn ich mächtig genug bin kann ich auch die Lust aus Personen in deiner Nähe ziehen. Aber genug davon, was hast du wegen Helonia unternommen?“

Ah ja, Helonia. Asmodäus' Warnung hatte Naruz nicht vergessen, obwohl viel passiert war spukte sie ihm immer wieder im Hinterkopf herum, bis er letztendlich Schritte eingeleitet hatte um die Situation aufzuklären. „Mizore und Nikodemus sind mit ein paar Templern auf dem Weg um sich die Situation im Dorf anzusehen.“ sagte Naruz und biss sich nervös auf die Unterlippe. Am liebsten wäre er selber gegangen, aber dann war Luca verletzt worden und er sah sich gezwungen in Navea zu bleiben. Also entschied er sich dafür Mizore mit den Templern zu schicken, zum einen weil er sich dann nicht mehr gegen ihre Annäherungsversuche wehren musste, und zum anderen weil er wusste dass sie stark war und sich im Notfall verteidigen konnte.
„Ah... also bist du nicht selber gegangen. Nun, ich kann dich verstehen, immerhin bereitet dein Bruder dir ziemliche Probleme. Dir ist bewusst, dass er es nicht mehr lange durchhält, oder?“
„Natürlich weiß ich das!“ fauchte Naruz und schlug mit der Faust gegen die Wand. Er wusste sehr gut, dass die Siegel seiner Mutter Luca nicht mehr viel länger am Leben erhalten würden, aber was sollte er machen? Er verbrachte schon so viel Zeit wie er konnte neben seiner Arbeit als Paladin damit einen Weg zu finden Luca zu heilen... was sich aber als schwieriger erwies als er dachte, vor allem weil Lucas Problem war das sein Körper nicht einmal mit seiner eigenen Magie zurechtkam.

Bevor Naruz noch weiter darüber nachdenken, oder Asmodäus ihm antworten konnte wurde er von der Seite angesprochen. „Ist alles in Ordnung?“
Der Paladin zuckte zusammen und drehte sich um, woraufhin er Aynaeth sah. Die Hexe stand direkt neben ihm und schien sich nicht von der Stelle bewegt zu haben, seit sie ihn zum Zimmer begleitet hatte. „Aynaeth! Ähm... wolltest du etwa noch was von mir?“
„Mit wem hast du gesprochen?“ Aynaeth ignorierte Naruz' Frage und sah ihn mit einer Spur von Neugier in den Augen an. Allerdings schien sie auch noch eine wichtigere Frage zu haben, denn sie sah ein wenig nervös aus. Generell zeigte die Hexe in letzter Zeit viel mehr Gefühle und Emotionen... entweder das, oder Naruz konnte sie mittlerweile nur besser verstehen als noch vor ein paar Monaten.
„Ich? Mit niemandem.“ murmelte er hastig und schüttelte den Kopf. „Ich... war nur ein wenig müde. Worüber wolltest du mit mir reden?“ fügte er schnell hinzu und lächelte Aynaeth an, so gut er konnte.
Die Hexe musterte ihn zwar misstrauisch, zuckte dann jedoch mit den Schultern. „Also gut. Naruz?“
„Ja, Aynaeth?“
„Du bist mein fester Freund.“
Naruz blinzelte Aynaeth kurz ungläubig an, sah sich im Gang um, rieb sich die Augen und räusperte sich. „Nochmal bitte? Ich glaube, ich habe dich gerade nicht richtig verstanden.“
„Du musst mein fester Freund werden... autsch.“ murmelte Aynaeth und rieb sich den Hinterkopf. Grimm war auf einmal an ihrer Seite erschienen und hatte der Hexe einen leichten Schlag mit seinem Schweif verpasst. „Das hat wehgetan Grimm.“ sagte Aynaeth mit vorwurfsvollem Tonfall.
„Selber Schuld, wenn du den Großteil der Information weglässt.“ meinte Grimm und seufzte, ehe er sich an Naruz wandte. „Naruz, entschuldige meine kleine Botschafterin, du weißt ja dass sie keinerlei soziale Kompetenz hat. Es geht hierum.“ erklärte der Drache und rollte ein Plakat aus, welches er bis eben in seinen Krallen gehalten hatte.
Naruz nahm es entgegen und überflog es. „Ah, das Fest der Liebe.“ murmelte er und gab das Plakat zurück. Das Fest würde am nächsten Tag beginnen und dann knapp eine Woche lang anhalten, gefeiert wurde es in Lunarin... aber das erklärte noch immer nicht Aynaeths seltsame Worte. „Und... warum bin ich jetzt plötzlich Aynaeths Freund?“
„Hast du es überhaupt gelesen?“ fragte Grimm und schüttelte den Kopf. „Die Hauptattraktion des Fests ist ein riesiger Markt, auf dem es hunderte von Stände gibt, mindestens die Hälfte davon bietet verschiedenste Süßigkeiten an.“
„Ah.“ murmelte Naruz, dem langsam klar wurde worum es ging. „Aber?“
„Aber man darf nur als Paar auf das Fest.“ sagte Aynaeth und ihre Stimme zitterte tatsächlich vor Wut. Ihre Augen sahen so aus, als wenn sie jederzeit vor Wut kleine Blitze verschießen könnten. Alles in allem wirkte sie so wütend dass Naruz befürchtete sie würde den Organisator des Festes, der für diese Regel verantwortlich war jagen und umbringen, wenn sie es nicht schaffte daran teilzuhaben.
„Jetzt verstehe ich was du von mir willst.“ sagte Naruz lachend. „Aber ich glaube nicht dass es eine so gute Idee ist, wenn ich so tue als wenn ich dein Freund bin. Wenn Aleyandra das hört wird das nur für unnötige Missverständnisse sorgen und...“ Naruz brach ab als Aynaeth ihm ein Blatt Papier vor die Nase hielt und dabei so aussah als wenn sie unglaublich stolz auf sich wäre. „Was ist das?“ fragte er verwirrt, während er das Papier entgegennahm und es sich durchlas.

Hiermit erkläre ich, Aleyandra, dass ich kein Problem damit habe wenn mein Freund, Naruz Bladelli, so tut als wenn er mit der tollsten und genialsten Hexe der Welt, der unglaublichen und fantastischen Aynaeth Vaas, zusammen ist damit sie zusammen auf das Fest der Liebe gehen können, wo er haufenweise Süßigkeiten für Aynaeth kaufen kann.
Aleyandra Moraevion


Der Brief selber war eindeutig von Aynaeth geschrieben worden, aber die Unterschrift stammte mit ziemlicher Sicherheit wirklich von Aleyandra. „Du denkst wirklich an alles wenn es um Süßigkeiten geht, oder?“ fragte Naruz und schüttelte breit grinsend den Kopf.
„Aber natürlich, immerhin bin ich...“
„Die genialste Hexe die es gibt. Ich weiß.“ meinte Naruz lachend und zerzauste Aynaeth das Haar. „Also gut, ich gebe auf. Von mir aus können wir zusammen auf das Fest gehen.“
„Und du bezahlst?“ fragte die Hexe mit großen Augen.
„Ja... zu irgendwas muss das ganze Geld, das ich von der Kirche bekommen habe ja gut sein.“ sagte Naruz und zuckte mit den Schultern. Nach seiner Ernennung zum Paladin und der ganzen Aufregung hatte man fast vergessen warum er überhaupt zum Paladin gemacht wurde. Letztendlich war es Salvatore gewesen, der darauf hinwies dass Naruz einen gefährlichen Erzdämon getötet und somit eine Belohnung verdient hatte. Eine Belohnung die weit höher war als die, die es damals für Sonjuno gegeben hatte wie sich herausstellte.
„Das... das werde ich dir nie vergessen.“ murmelte die Hexe und umarmte Naruz, der nicht ganz wusste wie er darauf reagieren sollte. „Dann können wir Morgen dahin, oder?“ fragte sie mit drängendem Unterton in der Stimme und starrte Naruz in die Augen.
„Ähm... also...“ Eigentlich hatte Naruz vorgehabt noch ein ernstes Wort mit Luca zu reden und ein paar Dokumente durchzugehen... aber Aynaeths Blick hatte etwas an sich, das es ihm nicht erlaubte 'nein' zu sagen. „Natürlich, wir können Morgen zum Fest.“
„Wuhu.“ sagte Aynaeth und streckte ihre Arme in die Höhe. „Du bist der beste Naruz den es gibt.“
„Ja... vielen Dank, Aynaeth. Aber jetzt solltest du lieber schlafen gehen, ansonsten sind wir die letzten die ankommen.“
„Mhm... gute Idee.“ murmelte die Hexe, gähnte und rieb sich die Augen während sie von Naruz zurücktrat.
„Gute Nacht, Aynaeth, gute Nacht Grimm.“
„Gute Nacht.“ antwortete der Drache, ehe er einfach dorthin verschwand, wo Eidolons nun einmal hin verschwanden wenn sie nicht gebraucht wurden.
„Gute Nacht Naruz, ich freue mich schon auf Morgen.“ sagte Aynaeth, winkte Naruz zum Abschied und ging dann in Richtung Bibliothek davon.
Naruz sah ihr eine Weile lang lächelnd nach, dann drehte er sich zu Lucas Tür und dachte darüber nach noch einmal hineinzugehen, ließ es dann aber bleiben. Retia war noch immer nicht nach draußen gekommen, also war das Gespräch der beiden wahrscheinlich noch nicht beendet. Mit einem Seufzen beschloss Naruz Luca fürs erste eine weitere Predigt zu ersparen und schlug den Weg in Richtung seines Zimmers ein. Auf halbem Weg kam er jedoch darauf, dass es nicht vollkommen undenkbar war dass Theresia noch immer dort wartete. Deshalb machte Naruz kehrt, ging in eines der vielen Gästezimmer der Villa und ließ sich dort ins Bett fallen. Da er die letzten Tage kaum wirklich geschlafen hatte dauerte es auch nicht lange bis er ins Reich der Träume eintrat und einschlief.



Einige Stunden zuvor kam Aleyandra gerade Nachhause, wurde vor der Haustür jedoch von einer mehr als gut gelaunten Analisa abgefangen.
„Aleyandra!“ rief die Schmiedin begeistert und hüpfte regelrecht die letzten Schritte zu ihr hinüber. Analisas Gesicht war vollkommen rußverschmiert und in ihren Armen hielt sie einen länglichen Gegenstand der in ein violettes Tuch eingewickelt war. „Wie geht es der Freundin meines liebsten Versuchskaninchens?“ fragte sie, vollführte eine kleine Pirouette vor Aleyandra und starrte sie aus großen, freudestrahlenden Augen an.
„Ähm... ganz gut, denke ich.“ sagte Aleyandra und zwang sich zu einem Lächeln, um sich nicht anmerken zu lassen wie schlecht sie sich eigentlich fühlte, seit Naruz ihr seinen... 'Ausrutscher' mit Theresia gestanden hatte. „Du scheinst ja auch ganz gut gelaunt zu sein.“ fügte sie schnell hinzu, um Analisa keine Zeit zu geben weiter nachzufragen.
„Oh? Findest du? Hm...“ Die Schmiedin drehte sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf der Stelle und hielt dabei den eingewickelten Gegenstand über ihren Kopf. „Kann man so sagen, nach Wochen harter Arbeit bin ich endlich fertig!“ rief sie begeistert. „Was mich zu meiner eigentlichen Frage führt... ist Saeca da?“
„Sie müsste eigentlich da sein.“ meinte Aleyandra und musterte das Päckchen. „Ist das ihr Schwert?“
„Hehe! Japp, ist es! Und ohne mich selbst loben zu wollen... es ist die beste Waffe die ich jemals angefertigt habe, was vor allem den Vorlagen zu verdanken ist! So gutes Material hatte ich noch nie... eine Schande dass Saeca mir nicht sagen konnte woraus die Waffen gefertigt waren. Die Waffe hier ist noch besser als Excalibur, ich wollte ihr zwar eigentlich einen Namen geben... aber Saeca hatte schon einen für sie. Wie auch immer, darf ich mit reinkommen? Ich möchte sehen ob ihr das Schwert auch gefällt.“
„Aber natürlich, komm mit... also schön! Wie zum Teufel machst du das?“ fauchte Aleyandra erschrocken, als sie sah dass die Tür zu ihrem Haus plötzlich offen stand und ein lächelnder Levion sie und Analisa begrüßte. Die Schmiedin war durch das plötzliche und unbemerkte Auftauchen von Saecas Bruder noch viel überraschter als Aleyandra und war erschrocken ein paar Schritte nach hinten gesprungen.
„Wie schaffe ich was?“ fragte Levion und richtete seine geschlossenen Augen auf Aleyandra, der es dabei kalt den Rücken hinunter lief.
„So lautlos aufzutauchen, oder zu verschwinden! Das ist jetzt das dritte Mal! Vier, wenn man dein Verschwinden beim Konzert mitzählt!“
„Es tut mir leid wenn ich dich und deine Freundin damit erschreckt habe.“ sagte Levion und deutete eine Verbeugung in Richtung Analisa an. „Aber ich habe gemerkt wie sich zwei zwielichtige Gestalten vor der Tür versammelt hatten und wollte nachsehen um wen es sich dabei handelte.“
„Zwielichtige Gestalten? Ich wohne hier!“ rief Aleyandra empört.
„Aber genug davon.“ meinte der Shinobi und trat einen Schritt zur Seite um die beiden ins Haus zu lassen. „Tretet doch ein, Saeca und ihre Gäste befinden sich gerade in der Küche.“
„Ich. Wohne. Hier!“ wiederholte Aleyandra und bebte vor Wut. Dann ging ihr jedoch auf was Levion da eigentlich gesagt hatte und sie sah ihn verwirrt an. „Hast du gerade etwas von Gästen gesagt?“
„Ich dachte Saeca hat dir davon erzählt. Ihr... Lehrer und ein paar seiner Freunde sind hier um sie zu besuchen und mit ihr zu reden. Verzeihung, falls das ungelegen kommt, wir werden auch nicht mehr lange bleiben.“
„Oh... jetzt wo du es sagst, Saeca hat vielleicht etwas in die Richtung erwähnt.“ murmelte Aleyandra und trat zusammen mit Analisa ins Haus ein.

In der Küche sahen sie auch sofort die Gäste von denen Levion geredet hatte und einen von ihnen erkannte Aleyandra sofort wieder. „Du?!“ rief sie überrascht und deutete auf einen jungen Mann mit schwarz-roten Haaren und einem Hemd das auf einer Seite ärmellos war, während es auf der anderen sogar seine Hand verdeckte.
„Verzeihung, kennen wir uns?“ fragte der Mann freundlich lächelnd und sah Aleyandra fragend an. Er saß direkt gegenüber von Saeca, die ihren Kopf drehte um zu sehen wer da gerade angekommen war.
„Oh! Hallo, Onee-chan!“ rief sie fröhlich und sprang auf um Aleyandra zu umarmen.
„Hallo, Saeca... und ähm, wir kennen uns nicht wirklich, aber... du warst doch derjenige der nach Saeca auf dem Konzert gesungen hat, oder?“
„Ah, du hast meinen Auftritt gesehen.“ sagte der Mann lachend und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Es war nicht meine Idee, aber...“
„Was? Du hast auf dem Konzert gesungen, Sensei?“ fragte Saeca mit großen Augen. „Ich hätte doch ein wenig länger bleiben sollen.“ fügte sie dann murmelnd hinzu.
„Saeca? Meinst du, dass du mich mit deinen Gästen bekannt machen könntest?“
„Was? Oh, natürlich! Das hier ist... Sensei, er ist mein Lehrer und Hohepriester vom Tempel des Mimir.“ sagte Saeca und deutete auf den jungen Mann.
„Ah ja, und wie darf ich dich nennen... Sensei?“
„Nenne mich einfach Mimir.“ sagte der Mann lächelnd. „Es ist Tradition dass die Hohepriester unseres Dorfes die Namen der Götter übernehmen denen sie dienen.“
„Verstehe.“ murmelte Aleyandra. Sie würde Armani und ihre Traditionen zwar niemals wirklich verstehen... aber das musste ja keiner wissen.
„Das hier ist... Vanidar. Meine kleine, ähm, Cousine und Hohepriester... Hohepriesterin vom gleichnamigen Tempel.“ sagte Mimir und warf einen unsicheren Blick nach Rechts. Dort saß ein Mädchen, ungefähr in Aleyandras Alter, mit silbernen Haaren die zu zwei Zöpfen gebunden waren. In ihren Armen hielt sie ein Kuscheltier in Form eines schwarzen Hasen und sah desinteressiert zu Mimir hinüber. „Und das ist eine alte Freundin von mir, Ritsu. Ebenfalls eine Hohepriesterin.“ erklärte der junge Mann und nickte zur letzten Person hinüber, ein Mädchen mit kurzen Haaren, welches gerade tief in ein Buch versunken zu sein schien.
„Freut mich euch alle kennenzulernen.“ sagte Aleyandra und zwang sich zu einem Lächeln. Irgendwie sah keiner von ihnen so aus wie sie sich einen Hohepriester vorstellte... aber in letzter Zeit war sowieso nichts mehr so wie es schien.
„Und mich freut es dich kennenzulernen, Aleyandra. Saeca hat mir viel von dir erzählt.“ erwiderte Mimir und lächelte erneut, auch wenn es dieses mal deutlich kälter und aufgesetzter wirkte als zuvor. „Es tut mir leid, aber wir müssen auch schon wieder gehen.“ sagte er dann plötzlich und stand auf. „Ansonsten vermisst man uns noch... und das würde ich gerne vermeiden.“ murmelte er und schüttelte sich, ebenso wie Vanidar.
„Ähm, was? Ihr geht alle schon?“ fragte Aleyandra verwirrt.
„Ja, wir waren jetzt zwei Stunden hier und ich sehe dass es sowieso keinen Sinn mehr hat weiterzureden.“ meinte Mimir und erhob sich, ebenso wie die anderen Hohepriester. „Es hat mich gefreut dich noch einmal zu sehen, Saeca.“ flüsterte er dann während er sich der Tür näherte. „Ich werde für dich die Sache mit den Karten überprüfen und dich wissen lassen was ich herausfinde. Ich wünsche dir noch viel Spaß hier in Navea und hoffe dass du deine Entscheidung nicht bereust.“
„Das werde ich nicht.“ sagte Saeca voller Überzeugung und drückte sich aus irgendeinem Grund fest an Aleyandra.
„Wenn du meinst.“ sagte Mimir, zuckte mit den Schultern und verließ die Küche. Er hielt nur kurz an um Analisa und das Schwert in ihren Armen zu mustern. „Das ist also Masamune... hättest du jemals gedacht, dass du es eines Tages sehen würdest?“ fragte er an Vanidar gewandt, die den Kopf schüttelte.
„Hätte ich nicht, und ich fasse es als persönliche Beleidigung auf, dass mein Kusanagi...“
„Das wars dann, wir gehen!“ rief Mimir, hielt Vanidar den Mund zu und ging in Richtung Tür davon.
„Du nimmst Masamune nicht mit?“ fragte Saeca, woraufhin Mimir sich tatsächlich noch ein letztes mal umdrehte.
„Das Schwert gehört dir, Saeca. Du wurdest dazu auserwählt es zu führen und nichts was ich sage kann etwas daran ändern, auch wenn ich deine Entscheidung nicht gutheiße.“ Nach diesen Worten verließen die drei jedoch endgültig das Haus und ließen Saeca, Aleyandra, Analisa und Levion alleine zurück... zumindest dachte Aleyandra das. Aber der Shinobi war ebenfalls spurlos verschwunden. Langsam fing sie an zu glauben, dass Levion einfach nur ein Hirngespinst war, das sie sich einbildete und das niemand außer ihr sehen konnte.

„Also... was ist hier los?“ fragte Analisa schließlich und sah fragend zwischen Aleyandra und Saeca hin und her.
„Das ist eine sehr gute Frage. Saeca? Was ist hier los?“
„Oh... nichts besonderes.“ meinte die Armani, grinste Aleyandra an und umarmte sie wieder. „Ich habe doch gesagt, dass ich Besuch erwarte, oder Onee-chan? Das ist der Besuch gewesen.“
„Ja, das habe ich mir schon gedacht.“ sagte Aleyandra und sah Saeca verwirrt an. Dieses Verhalten war selbst für Saeca ein wenig seltsam.
„Ich habe Sensei übrigens wegen der Karten gefragt, die du gezogen hast.“ sagte Saeca plötzlich und sah Aleyandra aus ernsten Augen an.
„Karten?“ fragte Aleyandra und runzelte nachdenklich die Stirn.
„Sag bloß, du hast es schon vergessen! Die Karten mit denen man die Zukunft von Menschen lesen kann!“
„Ach ja, natürlich.“ Aleyandra lächelte Saeca schwach an. „Ich erinnere mich.“ Wenn sie ehrlich war hatte sie die Karten bereits vollkommen vergessen, sie hatte irgendwie Schwierigkeiten damit daran zu glauben dass Saeca mit Karten die Zukunft vorhersagen konnte.
„Jedenfalls... ähm, Sensei war sich selber nicht ganz sicher was es damit auf sich hat.“ murmelte sie und runzelte die Stirn. „Entweder das, oder er wollte es mir nicht sagen.“ fügte sie hinzu.
„Verstehe. Und was war das für eine Entscheidung von der ihr gesprochen habt?“
„Oh...“ Saeca ging einen Schritt nach hinten und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. „Also... es ging darum dass ich mich dafür entschieden habe noch eine Weile hier zu bleiben.“ sagte sie dann schließlich, schluckte nervös und richtete den Blick auf Aleyandra. „Sensei hat mir angeboten mich zurück in mein Dorf zu bringen, da mein Auftrag hier beendet ist. Ich habe aber gesagt, dass ich lieber noch in Navea bleiben würde.“ plapperte sie hastig vor sich hin und sah Aleyandra aus irgendeinem Grund vollkommen nervös an. „Du... du hast doch nichts dagegen, wenn ich noch eine Weile bleibe, oder Onee-chan?“
„Was? Natürlich nicht, ich freue mich dass du noch bleibst!“ sagte Aleyandra und drückte Saeca wieder an sich.
„Ähm... ja, ich störe ja nur ungern bei eurem... was auch immer es ist, aber ich bin auch noch hier.“ sagte Analisa plötzlich und die beiden Mädchen drehten sich zu ihr um.
„Tut mir leid, ich hatte dich ganz vergessen.“ sagte Saeca und ging einen Schritt auf die Schmiedin zu. Ihre Augen schienen dabei förmlich zu strahlen und hatten sich auf das eingewickelte Schwert in Analisas Armen gerichtet. „Dann ist das also Masamune?“
„Ganz genau!“ rief die Schmiedin begeistert und wickelte die Waffe endlich aus dem Tuch. Das Schwert war wie ein Katana geformt, ungefähr halb so groß wie Saeca und hatte einen langen, schwarzen Griff. Die Klinge bestand aus einem rubinroten Material und glänzte im Sonnenlicht, welches durch ein Fenster in das Zimmer fiel. „Seht und staunt! Das größte Meisterwerk, welches ich je vollbracht habe! Es vereint die Magie des Schwerts Kusanagi und der Axt Vajra, sowie die Magie die auch Excalibur innewohnt! Es ist die perfekte Waffe gegen Dämonen, Vampire, Geister und... na ja, Wälder, wenn man es nicht vorsichtig benutzt.“ erklärte Analisa und hielt Saeca die Waffe hin.
Die Armani nahm sie ehrfürchtig entgegen und hielt sie in die Höhe um sie zu betrachten. „Das ist unglaublich.“ murmelte Saeca und strich mit einem Finger sanft über die Schneide der Waffe. „Sie sieht genauso aus wie in den Legenden.“ fügte sie hinzu und legte die Waffe auf den Küchentisch. Dann verneigte sie sich tief vor Analisa. „Vielen Dank, ohne dich hätte Masamune niemals das Licht der Welt erblickt.“
„Ach, kein Problem. Ich helfe doch immer gerne.“ meinte Analisa und strahlte übers ganze Gesicht. „Aber es freut mich, dass du mit meiner Arbeit zufrieden bist.“ fügte sie hinzu und gähnte. „Ich werde die nächsten Tage noch eine Scheide für das Schwert bauen. Aber erstmal muss ich schlafen.“ Die Schmiedin streckte sich während sie das sagte und rieb sich danach die Augen. „Irgendwie habe ich in letzter Zeit viel zu viel Arbeit.“
„Ich kann warten, gar kein Problem!“ sagte Saeca sofort und sprang Analisa an um sie zu umarmen, womit sie die Schmiedin beinahe zu Boden warf. „Noch einmal: vielen Dank für deine Hilfe!“
„Wie gesagt, es war kein Problem für mich. Du kannst immer zu mir kommen wenn du eine Waffe, Rüstung, oder ähnliches haben willst. Das selbe gilt auch für dich, Aleyandra.“ fügte Analisa hinzu und lächelte die beiden Mädchen an. „Und jetzt... bin ich weg, ich muss wirklich dringend ins Bett. Gute Nacht ihr zwei.“
„Gute Nacht, Analisa-sama!“
„Gute Nacht, Analisa.“ Die Schmiedin winkte den beiden zum Abschied und verließ dann das Haus, woraufhin Saeca und Aleyandra alleine zurückblieben. „Es freut mich für dich, dass alles in Ordnung ist mit deinen Waffen.“
„Danke, Onee-chan.“ sagte Saeca, sah Aleyandra jedoch mit einem besorgten Gesichtsausdruck an. „Ist... ist alles in Ordnung mit dir, Onee-chan?“ fragte sie dann plötzlich und Aleyandra zuckte zusammen.
„W-was? Natürlich, mir geht es gut! Gar kein Problem!“ log sie schnell und zwang sich zu einem Lächeln.
„Mhm... wenn du meinst.“ murmelte Saeca, sah jedoch nicht sehr überzeugt aus. „Aber denke immer daran, Onee-chan, wenn etwas los ist kannst du mit mir reden!“ sagte sie und sah Aleyandra vollkommen ernst an. „Ich mache jetzt erstmal Tee für uns beide... ist Grüner Tee in Ordnung für dich?“
„Ja... danke, Saeca.“ murmelte Aleyandra und während sie der Armani dabei zusah wie diese anfing den Tee zu kochen fragte sie sich, ob es nicht vielleicht doch besser wäre sich ihr anzuvertrauen, anstatt einfach alles für sich zu behalten.



„Das... das muss das Paradies sein. Es gibt keine andere Möglichkeit.“ sagte Aynaeth und sah sich mit strahlenden Augen um. Es war der Tag nachdem Luca aufgewacht war und Naruz befand sich zusammen mit Aynaeth in Lunarin. Seit seinem letzten Besuch hatte das Dorf sich ziemlich verändert, was vor allem an den schier unendlichen Mengen von Ständen lag, die auf einer großen Fläche vor dem Dorf aufgebaut worden waren und an den ganzen Menschen die hier umher liefen. Naruz und Aynaeth waren alleine, weder Grimm noch Serif hatten die beiden begleitet und die Hexe hielt sich die ganze Zeit an Naruz' Hand fest, weshalb die beiden tatsächlich wie ein richtiges Paar aussahen, zumindest auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick merkte man dann, dass es Naruz war, der Aynaeths Hand umklammert hielt um sie daran zu hindern sich sofort auf den erstbesten Süßigkeiten-Stand zu stürzen. Naruz hatte für diesen Anlass mal wieder seine Paradeuniform ausgepackt, während Aynaeth ein eng anliegendes, schwarzes Kleid mit goldenen Stickereien trug, dessen Seiten an den Beinen offen war. Zusätzlich trug die Hexe schwarze Strümpfe aus Seide die ihr bis zu den Oberschenkeln gingen und, vergleichsweise gewöhnliche, flache Schuhe. „Naruz... sind wir gestorben und im Paradies gelandet?“ fragte die Hexe und sah sich beinahe schon ehrfürchtig um.
„Nein.“ meinte Naruz seufzend, lächelte dann jedoch. „Wir sind einfach nur auf dem Fest, wo du unbedingt hin wolltest.“
„Es ist wundervoll.“ hauchte Aynaeth und wischte sich eine imaginäre Träne aus dem Augenwinkel. „Wo sollen wir zuerst hin?“ fragte sie dann und ließ ihren Blick von einem Stand zum nächsten wandern.
„Hm? Ich habe keine Ahnung, du wolltest unbedingt hier hin, ich bin einfach nur deine Begleitung.“ meinte Naruz und zuckte mit den Schultern, Aynaeth schüttelte jedoch energisch mit dem Kopf.
„Nein, ich... ich werde auch so schon noch an Süßigkeiten kommen, es hat keinen Sinn wenn ich dich mitschleppe und du einfach nur gelangweilt hinter mir her läufst und alles bezahlst.“ murmelte Aynaeth, schielte aber sehnsüchtig in Richtung eines Standes, wo gebrannte Mandeln verkauft wurden.
„Aynaeth... bist du etwa erwachsen geworden?“ fragte Naruz und sah die Hexe erstaunt an.
„Was soll das heißen?“ Aynaeth sah Naruz leicht beleidigt an und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
„Oh, keine Sorge, ich mache nur Spaß.“ meinte Naruz und lachte. „Also gut, fangen wir doch damit an.“ fügte er dann hinzu und ging mit Aynaeth auf den Stand zu, den diese eben so sehnsüchtig beäugt hatte. „Warst du eigentlich letztes Jahr auf dem Fest?“
Aynaeth schüttelte mit dem Kopf. „Es findet nicht jährlich statt, sondern in unregelmäßigen Abständen.“ sagte sie dann und seufzte. „Das letzte mal war angeblich vor zehn Jahren!“
„Ah... jetzt verstehe ich warum du unbedingt hierher wolltest.“ meinte Naruz und fügte mit einem Seitenblick auf die ganzen Stände hinzu „Also, abgesehen von den offensichtlichen Gründen.“
„Solche Feste gab es in Vo Astur überhaupt nicht... Danke.“ sagte Aynaeth, als Naruz ihr eine Tüte voller Mandeln gab und schob sich sofort eine davon in den Mund. „Sie heißt nicht umsonst 'die graue Stadt'.“ fügte sie dann hinzu und schüttelte den Kopf. „Trist und langweilig, da ist Navea schon viel fröhlicher.“
„Ähm... Aynaeth? Ich will dir nicht zu nahe treten aber, du sitzt die ganze Zeit in der Bibliothek. Wie kannst du da überhaupt etwas von Navea mitbekommen.“
„Das ist eine bösartige Unterstellung.“ behauptete Aynaeth und schnippte Naruz eine der Mandeln gegen die Stirn. „Ich war schon öfters draußen und habe dabei sehr viel von Navea gesehen.“
„Weil du dich verlaufen hast.“
„Ich wüsste nicht, was das hier für eine Rolle spielt.“ murmelte die Hexe und wandte den Blick ab.
„Also habe ich Recht. Du hast wirklich den schlechtesten Orientierungssinn aller Zeiten.“
„Was kann ich denn dafür wenn in Navea alles gleich aussieht?“
„Hast du nicht eben gesagt dass es fröhlich und toll ist?“
„Trotzdem sieht alles gleich aus.“
„Aber natürlich.“ meinte Naruz und lachte leise. „Hm... was ist das denn?“ fragte er dann plötzlich und ging auf einen der Stände zu, mit Aynaeth im Schlepptau.

„Willkommen ihr zwei!“ rief der Besitzer des Standes, ein Zwerg dessen Gesicht vollkommen in einer Kapuze verhüllt war, und begrüßte die beiden mit einer überschwänglichen Verbeugung. „Habt ihr Lust euer Glück zu versuchen?“ fragte er dann und deutete mit dem Daumen nach hinten. „Es ist ein Spiel für Leute die Magie benutzen können und wird zu zweit gespielt. Kleine Zielscheiben werden auf der Bahn da erscheinen und ihr müsst sie mit einem Zauber umklappen, wenn ihr keine Magie benutzen könnt... na ja, dann tut es mir leid, aber das Spiel ist dann nichts für euch.“
„Scheint ein recht spezielles Spiel zu sein.“ meinte Naruz und sah sich die 'Bahn' an, wo die Zielscheiben erscheinen sollten.
„Kann man so sagen.“ antwortete der Zwerg und zuckte mit den Schultern. „Es ist zwar das Fest der Liebe, aber trotzdem ist es ein Spiel wo man gegeneinander antritt. Die meisten anderen Aktivitäten hier laufen darauf hinaus das man zusammen arbeitet, ich wollte einfach mal was anderes machen.“
„Mhm... man spielt also gegeneinander?“ fragte Naruz und warf einen Blick zu Aynaeth. In ihren Augen sah er, dass sie genau das selbe dachte wie er.
„Oh ja, ich zähle persönlich wer von euch wie viele Treffer gelandet hat, weswegen ich darum bitten würde dass eure Zauber kleine Bälle aus Magie sind, die unterschiedliche Farben haben. Der Gewinner darf sich dann einen Preis aussuchen, je nachdem wie viele Punkte er oder sie bekommen hat. Also? Was sagt ihr?“
„Wir machen es.“ sagten Aynaeth und Naruz gleichzeitig.
„Ich nehme rot.“ fügte die Hexe hinzu und legte die Tüte mit den Mandeln zur Seite.
„Ich blau... wie viel kostet das Spiel?“
„Nicht viel, nur eine kleine Silbermünze.“ meinte der Verkäufer, woraufhin Naruz zwar die Stirn runzelte, aber nichts sagte, sondern die geforderte Münze auf die Theke warf. Für ein einfaches Spiel auf einem Fest war das schon ein stolzer Preis... aber wahrscheinlich war es nicht leicht gewesen den Mechanismus zu bauen, der die Zeile erscheinen lassen würde, zumindest vermutete Naruz, dass es sich um einen Mechanismus handeln musste, nach dem was der Zwerg erzählt hatte. „Wunderbar, dann könnt ihr anfangen sobald ich runtergezählt habe... ach ja, eine Warnung noch, die Zielscheiben bewegen sich sehr schnell, also ist viel Konzentration gefordert.“
„Kein Problem.“ meinte Aynaeth und richtete ihren Blick auf die Bahn, ebenso wie Naruz.
„Also gut. Drei... zwei... eins... los!“ rief der Zwerg und beinahe sofort erschien die erste Zielscheibe. Sie hatte sich noch keine Sekunde lang gezeigt, als auch schon zwei Bälle aus Magie die Mitte der Scheibe trafen und sie zurück klappte. „Ähm...“ machte der Zwerg, der sich nicht ganz sicher war, wem er hier den Punkt geben sollte. Allerdings hatte er keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn schon erschienen die nächsten drei Zielscheiben, welche jedoch beinahe gleichzeitig von roten und blauen Bällen getroffen wurden und wieder verschwanden.
„Hoho... du bist besser als ich dachte, Naruz.“ sagte die Hexe, während sie vier Bälle auf Zielscheiben schoss, die gerade erschienen waren.
„Du hast mich unterschätzt.“ meinte Naruz grinsend während er auf die selben Ziele schoss wie Aynaeth, und im selben Augenblick die Hand dorthin richtete, wo er die nächste Zielscheibe vermutete. Tatsächlich erschien sie kurz darauf auf der Bahn und mit einem siegessicheren Grinsen im Gesicht feuerte Naruz seinen Energieball ab. Das Grinsen wurde jedoch durch einen verblüfften Ausdruck ersetzt, als er sah wie ein roter Ball die Scheibe vor seinem Angriff traf und sie zurück klappte, woraufhin seine Magie ins Leere ging.

„Mag sein, aber du hast trotzdem keine Chance gegen mich.“ behauptete Aynaeth und nickte, wie um ihre Worte zu bestätigen.
„Ach ja? Das werden wir ja noch sehen.“ murmelte Naruz und konzentrierte sich dann wieder vollkommen auf auf das Spiel. Fünf Minuten später hatten sie den Zwerg endgültig in die Verzweiflung getrieben. Nicht eine Zielscheibe hatten sie verfehlt und es herrschte Gleichstand zwischen ihnen, was der Reaktion des Standbesitzers zufolge noch nie zuvor passiert war.
„Letzte Zielscheibe.“ verkündete der Zwerg dann plötzlich und Naruz sah, wie das Ziel sich praktisch direkt vor im erhob. Er richtete seine Hand auf die Scheibe und wollte gerade seinen Zauber losschicken, als er aus dem Augenwinkel sah, wie Aynaeth sich plötzlich auf Zehenspitzen stellte und zu ihm hinüber streckte. Kurz darauf spürte Naruz wie ihre Lippen seine Wange berührten, woraufhin er erstarrte, vollkommen rot anlief und seinen Zauber in die falsche Richtung schickte, wodurch er beinahe den Zwerg traf. Noch ehe er sich wieder fangen konnte traf eine rote Kugel die Zielscheibe und beendete somit das Spiel. „Das wars!“ rief der Zwerg, wenn auch nicht ganz so enthusiastisch wie man es vielleicht erwartete. „Gewinnerin ist... die nette, junge Dame im schwarzen Kleid.“ murmelte er und legte ein kleines Medaillon auf die Theke auf der eine große '1' zu sehen war.
„Gewonnen.“ sagte Aynaeth, mit einer Spur von Stolz in der Stimme, und nahm eine Siegerpose direkt vor Naruz ein.
„Du hast geschummelt.“ murmelte Naruz, leicht beleidigt und fuhr mit seiner Hand über die Stelle, wo Aynaeth ihn geküsst hatte.
„Der Standbesitzer hat nicht gesagt, dass es gegen die Regeln ist.“ widersprach Aynaeth schulterzuckend, ehe sie sich wieder zum Stand drehte und ihren Blick über die Preise schweifen ließ, die der Zwerg gerade aufgestellt hatte. „Ich nehme... das da.“ sagte sie dann und deutete, sehr zu Naruz' Überraschung, nicht auf eine große Schachtel die mit Schokolade gefüllt zu sein schien, sondern auf ein Plüschtier.
„Du hast genug Punkte um zwei davon zu kriegen.“ sagte der Zwerg und es klang so, als wenn er sich beherrschen musste um nicht zu weinen. Wahrscheinlich hätte er niemals damit gerechnet, dass irgendjemand mehr als drei oder vier Scheiben traf und Naruz konnte das durchaus verstehen, so schnell wie die Ziele sich bewegt hatten. „Es gibt verschiedene Sorten, hier.“ fügte er hinzu und holte die verschiedenen Auswahlmöglichkeiten hervor.
„Mhm... das und das.“ sagte Aynaeth, ohne lange nachzudenken und deutete auf zwei Plüschtiere. Das eine sah aus wie eine Eule und war ungefähr so groß wie Naruz' Kopf, das zweite war etwas kleiner und war ganz eindeutig ein Pinguin.
„In Ordnung, hier.“ meinte der Zwerg und fügte dann hinzu „Viel Spaß noch auf dem Fest... ich hoffe ihr nehmt es mir nicht übel, aber ich hoffe ihr kommt nie wieder zu mir.“

Nachdem sich Naruz und Aynaeth ein wenig vom Stand entfernt hatten hielt die Hexe plötzlich an und drückte Naruz den Pinguin in die Hand. „Hier, der ist für dich.“ sagte sie, als Naruz sie fragend ansah. „Als Dankeschön dafür, dass du mit mir zum Fest gegangen bist.“
„Ach, das ist nicht nötig.“ murmelte Naruz, machte jedoch keinerlei Anstalten ihr den Pinguin zurückzugeben. Wenn es um diese niedlichen Tiere ging konnte er einfach nicht ablehnen. „Die Eule... die ist für Naleya, oder?“
Aynaeth nickte. „Sie wird sehr wütend auf mich sein, weil ich mich zum Fest der Süßigkeiten geschlichen habe, da ist es wichtig etwas zu haben um sie zu beruhigen.“
„Mit anderen Worten: Naleya weiß nicht dass du hier bist?“
Wieder nickte die Hexe. „Sie denkt, dass ich mit dir auf einer wichtigen Mission bin... was ja auch stimmt. Nur ist diese Mission nicht unbedingt in Navea.“
„Ach ja? Und was ist unsere Mission?“
„Hm? Musst du das noch fragen? Jeden Stand zu besuchen den es hier gibt natürlich.“ sagte Aynaeth mit vollkommen ernster Miene, packte Naruz an der Hand und zog ihn hinter sich her, in Richtung eines Standes wo Schokolade verkauft wurde.
„Darauf hätte ich eigentlich selber kommen können.“ meinte Naruz seufzend und schüttelte den Kopf. „Ich glaube es gibt keinen Menschen auf der Welt, der mehr auf Süßigkeiten steht als du.“
„Ich bin kein Mensch.“ sagte Aynaeth und legte den Kopf schief. „Ich bin eine Halb-Alfar, hast du das schon vergessen?“
Naruz blinzelte kurz überrascht, ehe ihm einfiel, dass die Hexe Recht hatte. Sie war wirklich eine halbe Alfar und er hatte es vollkommen vergessen! „Jetzt wo du es sagst... stimmt. Moment! Hängt deine Liebe für Süßigkeiten etwa damit zusammen?“
„Nicht wirklich.“ meinte Aynaeth und zuckte mit den Schultern. „Aber ich wollte es trotzdem nur noch einmal erwähnen... aber das heißt also, dass du es tatsächlich vergessen hast?“
„Ähm... ja, tut mir leid.“ murmelte Naruz und zuckte mit den Schultern. „Für mich warst du halt immer... Aynaeth, die lustige, geniale Hexe und meine Freundin.“
„Wir sind an der Reihe.“ sagte Aynaeth plötzlich und wandte beinahe schon fluchtartig den Blick von Naruz ab. „Die Schlange hinter uns wird schon ungeduldig.“ fügte sie hinzu, als Naruz sie nur fragend ansah. Dann schüttelte er jedoch den Kopf und kaufte die Schachtel Schokolade, auf die Aynaeth zuvor gedeutet hatte.
„Hier, bitte.“
„Danke.“
„Also... wo wollen wir als nächstes hin?“

Knapp fünf Stunden später, als die Sonne bereits im Begriff war unterzugehen und die Gegend in ein rötliches Licht tauchte, saßen Naruz und Aynaeth nebeneinander auf einer Bank und sahen dabei zu wie die Besitzer ihre Stände für die Nacht schlossen und sich dann zu einer riesigen Ansammlung von Zelten begaben, die ganz in der Nähe war. Aynaeth hielt einen großen Paradiesapfel in der Hand und knabberte mit einem sichtlich zufriedenem Gesichtsausdruck daran, während Naruz sich erschöpft zurückgelehnt hatte und in den Himmel starrte.
„Was für ein Tag.“ murmelte er und seufzte. Er konnte es kaum glauben dass sie es tatsächlich geschafft hatten jeden einzelnen der Stände zu besuchen und, was noch viel wichtiger war, dort auch noch etwas zu kaufen. Es war schon lange her dass Naruz an einem Tag so viel Geld verbraucht hatte, aber als er sah wie glücklich und zufrieden Aynaeth zu sein schien störte es ihn nicht weiter.
„Mhm...“ kam es von Aynaeth, die über das Karamell des Apfels leckte und dann zu Naruz hinüber sah. „Hat es dir Spaß gemacht?“
„Was? Ob es mir Spaß gemacht hat?“ fragte Naruz verdutzt und als Aynaeth nickte dachte er kurz darüber nach. „Ja.“ sagte er dann schließlich. „Hat es, sehr viel Spaß sogar.“
„Verstehe, dann war die Sache ja ein voller Erfolg.“
„Was meinst du damit?“
„Du sahst in letzter Zeit so gestresst und niedergeschlagen aus, da dachte ich mir, dass es vielleicht mal wieder an der Zeit ist, dass du dich ein wenig entspannst und... na ja, nicht nur an deine Arbeit denkst.“ erklärte die Hexe und lächelte Naruz an.
„Soll das heißen der Tag hier war genauso für mich gedacht, wie für dich?“
„Natürlich... also, ich wollte zwar unbedingt hier hin, aber wenn ich nicht der Meinung gewesen wäre dass es dir gefallen würde, hätte ich jemand anderen gefragt.“
„Aynaeth... ich glaube ich habe dich bislang ein wenig falsch eingeschätzt.“ sagte Naruz und schüttelte den Kopf. Er mochte die Hexe zwar, aber er hatte sie eigentlich immer für sehr exzentrisch und ein wenig selbstsüchtig gehalten, er hätte nie erwartet, dass sie sich wirklich Sorgen um ihn machen würde, geschweige denn dass sie merken würde dass er gestresst war.
„Wirklich?“ fragte Aynaeth und legte den Kopf schief. „Weißt du... Anya und du, ihr seid so ziemlich die ersten Freunde die ich jemals hatte, Grimm nicht mitgezählt.“ sagte Aynaeth plötzlich, rückte näher an Naruz heran und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Ihr habt mich beide überrascht, ihr wart immer nett und freundlich zu mir, egal was ich gemacht habe.“ fügte sie hinzu und wedelte nachdenklich mit dem Apfel in der Luft herum. „In dem Punkt seid ihr euch eigentlich ziemlich ähnlich... ich hätte mir denken sollen dass ihr verwandt seid.“
Naruz wusste nicht ganz was er dazu sagen sollte, also blieb er einfach still. Einen Augenblick lang zögerte er, dann legte er jedoch den Arm um Aynaeths Schulter und drückte sie ein wenig fester an sich, sah sie jedoch nicht an.
Dadurch entging ihm, dass die Hexe tatsächlich ein wenig rot wurde und ihn überrascht ansah. Dann lächelte Aynaeth jedoch, legte den Apfel zur Seite und schloss die Augen. „Mhm... ich glaube, ich kann Aleyandra verstehen.“ murmelte sie dann plötzlich und kuschelte sich ein wenig enger an Naruz.
„W-was hast du da gesagt?“ fragte Naruz und richtete seinen Blick wieder auf Aynaeth. Doch die Hexe antwortete nicht mehr, sondern schien tief und fest zu schlafen. Einen Augenblick lang sah Naruz sie noch an, beschloss dann jedoch dass er sich verhört haben musste, schloss kopfschüttelnd die Augen und schlief ein. Und zum ersten mal seit einer gefühlten Ewigkeit versank er in einem tiefen und ruhigen Schlaf, ohne sich großartig Sorgen um irgendetwas zu machen.



Später an diesem Tag, es war bereits vollkommen dunkel und der Mond stand hoch am Himmel, hatte Salvatore die Bibliothek der Akashi betreten. Er hatte beschlossen auf Theresias Rat zu hören und sie Nachts zu besuchen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Außerdem hatte er auf seine Marionetten verzichtet. Est, Mashiro und Sanae begleiteten ihn zwar als Geister, würden aber im Notfall nicht eingreifen können, was diesen nicht wirklich gefiel aber Salvatore hatte darauf bestanden.
„Hm... das ist also die Bibliothek der Akashi.“ murmelte Est, die auf Salvatores Rücken hockte und sich neugierig umsah. „Interessant, ich wollte schon immer mal... Mashiro? Was machst du da?“ fragte sie, als sie sah wie die Akashi sich einfach zu einem Bücherregal begab und es interessiert musterte.
„Oh, nichts besonderes.“ meinte diese, zuckte mit den Schultern und kehrte zu den anderen zurück. „Ich wollte nur mal sehen wie es inzwischen hier aussieht.“
„Du warst schon einmal hier?“
Mashiro nickte. „Vor langer Zeit, mit meinem Vater. Leider weiß ich nicht wo welche Bücher sind, daher kann ich nicht wirklich helfen.“
„Das macht nichts.“ sagte Salvatore während er sich umsah. So viele vollgestopfte Bücherregale hatte er bislang noch nirgendwo gesehen, und er befand sich gerade einmal in der Eingangshalle! Wenn die Akashi diese Bibliothek öffentlich machen würden, wer weiß wie viel man aus dieser Sammlung lernen könnte.
„Ach? Und wie willst du dann die Bücher finden nach denen du suchst?“ fragte Sanae, die das ganze hier zu langweilen schien.
„Intuition?“ fragte Salvatore grinsend, fügte unter dem bohrenden Blick des purpurhaarigen Geistes jedoch hinzu „Keine Sorge, die Bücher werden schon irgendwie sortiert sein. Ich muss einfach den Teil der Bibliothek finden, in dem es um die Legenden der Armani geht.“
Wie es sich herausstellte war das jedoch leichter gesagt als getan, die Bibliothek war weit größer als Salvatore erwartet hatte und es gab dutzende, wenn nicht sogar hunderte Räume in denen sich Bücherregale befanden, ganz zu schweigen von den Gängen welche ebenfalls mit Büchern, Schriftrollen und diversen Textblättern zugestopft waren. Je mehr Zeit Salvatore hier verbrachte, desto größer wurde seine Neugier darauf, wo sich die Bibliothek eigentlich befand. So ein riesiges Gebäude konnte man nicht einfach irgendwo unauffällig verstecken, am wahrscheinlichsten war, dass sie sich irgendwo in einem der abgeschiedenen und ruhigeren Gebiete befand, das sich unter der Kontrolle der Akashi befand und wo niemals jemand danach suchen würde.
„So... viele... Bücher...“ murmelte Salvatore, vollkommen überwältigt und schüttelte den Kopf.
„Ach, du gibst schon auf?“ fragte Sanae, mit einem spitzen Unterton in der Stimme. „Weißt du, wenn wir die Marionetten mitgenommen hätten, könnten wir dir dabei helfen zu suchen und zu lesen... aber so können wir leider keine Bücher anfassen und...“
„Gefunden.“ sagte Est plötzlich und deutete auf ein Bücherregal zu Salvatores Linken.
„Hm? Ah, tatsächlich! Gut gemacht, Est.“ sagte Salvatore und tätschelte den Kopf des Mädchens, das zufrieden lächelte. „Mal sehen was wir hier haben.“ murmelte der Doni und zog eines der Bücher hervor, welches in einem Regal stand das mit 'ARMANI' beschriftet war.

Das erste Buch gab Salvatore jedoch nicht wirklich die Information auf die er aus war, es war einfach nur eine geschichtliche Abhandlung über die Armani, vor über zweihundert Jahren von einem Inquisitor geschrieben. Das zweite und dritte Buch waren nicht viel besser, das vierte auch nicht wirklich und nach dem fünften war Salvatore kurz davor die ganze Sache einfach abzublasen und die Bibliothek wieder zu verlassen. Dann fand er jedoch das, was er gesucht hatte, eine Sammlung von diversen Legenden und Sagen der Armani, die ein Priester vor beinahe fünfhundert Jahren geschrieben hatte. Es war zwar alt, aber das war nicht schlimm, im Gegenteil. Je älter das Buch, desto wahrscheinlicher dass die ältesten und seltsamsten Legenden der Armani dabei waren. Also nahm Salvatore das Buch zu einem nahen Stuhl, setzte sich und fing an zu lesen. Und tatsächlich, nach ungefähr einhundert Seiten, die er größtenteils nur überflogen hatte, stieß Salvatore auf eine Geschichte, die sich mit dem sogenannten 'Maou' befasste.
Laut dieser Geschichte war der Maou ein König der Dämonen, welcher eines Tages auf der Welt erscheinen, und sie in den Abgrund stürzen würde. Angeblich war der Maou so mächtig wie die Götter der Armani und würde viel Leid und Schmerz über die Welt bringen, die einzigen Möglichkeiten ihn aufzuhalten, war entweder etwas welches in der Geschichte lediglich als 'Schlüssel' bezeichnet wurde, oder ihn umzubringen, bevor er zum Maou wurde, was die Schlussfolgerung nahelegte, dass der Maou als gewöhnliche Person geboren wurde.
Salvatore ließ ein leises „Tch“ hören und verzog das Gesicht. Die Informationen halfen ihm nicht wirklich weiter, so viel hätte er sich schon aus dem was Jezebeth gesagt hatte zusammenreimen können. Er wollte das Buch schon enttäuscht zuklappen und weglegen, als sein Blick auf einen Kommentar fiel, den der Priester selber der Geschichte hinzugefügt hatte.
„Tohsaka, die Hohepriesterin des Mimir, welche mir diese Geschichte erzählte berichtete außerdem, dass es vor langer Zeit einen Mann der Kirche in ihr Dorf gekommen sei und behauptete, dass er mehr über den Maou wüsste und zwar wo genau die Person geboren wird, die eines Tages zu diesem Dämonenkönig werden würde. Die Armani schenkten ihm keinerlei Glauben und wollten seine Geschichte nicht hören, also weiß ich nicht wie genau seine Theorie aussieht, aber ich habe zumindest den Namen des Mannes erfahren: Skandia Akashi, der Bruder des legendären Gründers der mächtigsten Familie von...“
Salvatore klappte nun endgültig das Buch zu und packte es zurück in das Regal, während ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Skandia Akashi. Jetzt wo er den Namen gelesen hatte erinnerte er sich, warum ihm der Name von Naruz' Heimatdorf so bekannt vorkam. Langsam aber sicher bekam er ein sehr ungutes Gefühl bei der ganzen Sache. „Weiß einer von euch wo ich etwas über Skandia Akashi finden kann?“ fragte er an die Geistmädchen gewandt, die sich unsichere Blicke zuwarfen.
„Nicht wirklich.“ sagte Mashiro und zuckte mit den Schultern. „Bestimmt irgendwo in den vielen Räumen die für die Geschichte der Akashi gedacht sind, aber selbst da wird man nicht viel finden. Er war zwar eine Art Prophet, aber trotzdem gab es nie viele Aufzeichnungen. Seine berühmteste Prophezeiung war die über einen großen Helden, der eines Tages an dem Ort geboren wird, der heutzutage Skandia heißt. Das Dorf wurde nach ihm benannt, zu Ehren der Prophezeiung die er dort auf Steintafeln hinterlassen hat. Die Tafeln wurden übrigens vor kurzer Zeit von einer jungen Forscherin wiederentdeckt.“
„Worum genau ging es in der Prophezeiung?“ fragte Salvatore, mit einem drängenden Unterton in der Stimme, woraufhin die Mädchen ihn besorgt ansahen.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, wenn du willst kann ich...“ begann Mashiro, brach jedoch ab und richtete ihren Blick den Gang hinab, ebenso wie die anderen Mädchen und der Inquisitor.
„Salvatore, es kommt... etwas.“ sagte Est und schwebte vor ihm in Position, wie als wenn sie ihn vor einem möglichen Angriff schützen wollte.
„Ich weiß, ich kann es auch spüren.“ sagte der Doni und nahm Gungnir von seinem Rücken. „Ihr drei verschwindet, sofort.“
„Was? Aber...“
„Ihr verschwindet, holt die Marionetten und wartet beim Portal zur Bibliothek auf mich, sofort! Im Kampf könnt ihr eh nicht helfen.“
Die Mädchen sahen zwar so aus als wenn sie widersprechen wollten, nickten dann jedoch. „Pass auf dich auf Salvatore.“ sagte Sanae und kurz darauf waren die drei Mädchen spurlos verschwunden.
„Oh? Ich hätte nicht gedacht, dass du mich bemerken würdest, wirklich beeindruckend, mein kleiner, niedlicher Doni.“ ertönte eine spöttische, männliche Stimme direkt vor Salvatore und kurz darauf erschien auch ihr Besitzer. Salvatore wusste nicht ganz, was genau er da vor sich hatte und musterte sein Gegenüber mit ruhigem, kalkulierendem Blick. Es war eine Gestalt in Form eines Menschen, der Hörner aus dem Kopf zu wachsen schienen und deren Hände in Krallen übergingen. Viel mehr ließ sich jedoch nicht sagen, denn die Gestalt sah aus als wenn sie aus Schatten bestehen würde und war einfach nur vollkommen schwarz. Sie hatte weder ein erkennbares Gesicht, noch eine wirkliche Augenfarbe, selbst einen Mund schien sie nicht zu haben. Wenn sie sprach, dann schien die Stimme aus dem Nichts zu kommen und überall um sie herum in der Luft zu sein. „Du bist schlauer als ich zuerst gedacht habe, hinter dir scheint doch mehr zu stecken als du zeigst.“
„Danke für das Kompliment, aber ich denke da irrst du dich.“ sagte Salvatore und setzte ein dümmliches Lächeln auf. „Ich bin einfach nur...“ Der Fremde ließ Salvatore nicht ausreden, er schoss urplötzlich und ohne Vorwarnung nach vorn. Schneller als Salvatore erwartet hätte schlug die Gestalt mit ihren Klauen nach ihm und der Doni schaffte es geradeso nach hinten zu springen und dem Angriff auszuweichen, zumindest halbwegs. Die Klauen hinterließen fünf große, deutliche Spuren auf der Robe des Inquisitors, der alarmiert seine Kleidung herabsah.
„Nicht schlecht, wirklich nicht schlecht. Ich sehe schon, es war klug von mir dich etwas genauer im Blick zu behalten.“ sagte die Gestalt, während Salvatore nervös schluckte und eine Kampfhaltung einnahm. Der Angriff des Fremden eben gerade hatte sich überhaupt nicht für die Verteidigungszauber interessiert, die auf seiner Robe lagen, wobei diese eigentlich die perfekte Verteidigung waren. Das Kreuz des Longinus neutralisierte finstere Magie und die Zauber selbst fingen physische Angriffe an, um beides einfach so zu ignorieren musste man schon ein sehr starker Magier sein.

„Du sagst ja gar nichts mehr, Salvatore.“
„Verzeihung, kennen wir uns?“
„Ich kenne dich... du darfst mich Aeshma nennen, wenn du unbedingt einen Namen brauchst.“ sagte die Gestalt und deutete eine Verbeugung an. „Mein Meister war der Meinung dass du keine Gefahr bist... aber ich wollte dich trotzdem ein wenig genauer im Auge behalten.“
„Dein Meister? Der Maou, nicht wahr?“
„Maou?“ fragte die Gestalt und legte den Kopf schief. „Nennt man ihn hier so?“
„Hier?“ Salvatore runzelte kurz die Stirn, zeigte dann jedoch ein leichtes Lächeln. „Verstehe, du bist nicht von hier.“
„Ach, das hast du auch schon herausgefunden? Ich...“ dieses mal war es Salvatore der seinem Gegner keine Zeit ließ um auszureden. Er rannte auf den Feind zu, ging kurz vor ihm in die Hocke und stach mit Gungnir nach der Brust von Aeshma. Der Speer bohrte sich in die schattenhafte Gestalt, aber diese schien sich nicht großartig darum zu kümmern. Es gab kein Blut und auch keinen Schmerzensschrei, selbst dann nicht als Salvatore die Waffe ruckartig aus der Wunde riss und einen Schritt zurücksprang. „Das ist alles?“ fragte Aeshma gelangweilt. „Wenn du einen Dämon umbringen willst musst du dich schon mehr anstrengen.“
„Du bist also ein Dämon, gut zu wissen.“ murmelte Salvatore, ehe er erneut zum Angriff überging. Dieses mal zielte er auf den Kopf des Dämons, als dieser jedoch keinerlei Anzeichen machte auszuweichen, änderte Salvatore im letzten Augenblick sein Ziel und Gungnir bohrte sich stattdessen in die linke Schulter von Aeshma. Im selben Augenblick spürte der Doni einen stechenden Schmerz in seiner linken Schulter, schrie auf und sprang erneut zurück, behielt dabei jedoch seinen Speer in der Hand.
„Ha! Du hast nochmal Glück gehabt, bist wirklich ein kluges Köpfchen!“ rief der Dämon lachend und schüttelte den Kopf.
„Was... war das?“ fragte Salvatore mit schmerzverzerrtem Gesicht und sah nach links. Seine Schulter blutete stark, als wenn... als wenn sie gerade mit einem Speer durchbohrt worden war.
„Gefällt es dir? Das ist meine Spezialität, ein netter, kleiner Zauber der unsere Körper verbindet. Was mit dem Körper des einen passiert, passiert auch dem des anderen.“ sagte Aeshma lachend und hob seine Krallenhand. Dann bohrte er sie ohne zu zögern in seine rechte Schulter.
Salvatore keuchte sofort schmerzerfüllt auf und ließ seinen Speer zu Boden fallen, ehe er sich mit einem weiteren Sprung nach hinten weiter vom Dämon entfernte. „Das wird dir nichts bringen.“ meinte der Dämon spöttisch, hob den Speer hoch und musterte ihn. „Eine nette Waffe, aber nicht sonderlich stabil.“ sagte er dann und schloss seine Hand um den Speer, der daraufhin von schwarzen Flammen umschlungen wurde und... in tausend kleine Teile zerfiel. „Tja, das wars dann wohl. Deine Arme kannst du nicht mehr bewegen.“ sagte Aeshma und als Salvatore versuchte seinen rechten Arm zu heben musste er feststellen, dass der Dämon Recht hatte. „Aber mach dir keine zu starken Vorwürfe, ich habe deinen Kampf mit Jezebeth beobachtet, du hattest nie eine Chance gegen mich.“
„Hört sich ziemlich eingebildet an.“ sagte Salvatore und sah nicht sonderlich beeindruckt aus, was den Dämon stutzen ließ.
„Wie bitte?“
„Dann nehme ich mal an, dass du mir sagen willst das du stärker als Jezebeth bist?“
„Solltest du nicht mittlerweile in Panik verfallen?“ fragte Aeshma und schien ein wenig beleidigt zu sein. „Du kannst deine Arme nicht benutzen, bist vollkommen alleine und es ist niemand in der Nähe der dir helfen könnte.“
„Hm? Es ist niemand in der Nähe? Mit anderen Worten... es gibt keine Zeugen?“
„Was?“ Aeshma klang nun vollkommen verwirrt. Das war die letzte Frage mit der er gerechnet hatte.
„Dann vertraue ich dir einfach mal, wenn du das sagst.“ meinte Salvatore grinsend und im nächsten Augenblick war er verschwunden. Dann stand er plötzlich direkt vor dem Dämon und rammte ihm sein Knie in den Bauch, ehe er ihm einen Tritt gegen den Kopf verpasste, der den Dämon ein paar Schritte nach hinten schleuderte, ohne dass Salvatore das selbe widerfuhr.
„Was... wie?“ fragte der Dämon verwirrt und stand auf. Im Gegensatz zu den Angriffen mit dem Speer hatten diese Tritte ihm wehgetan, er hatte zum ersten mal seit Jahrhunderten echte Schmerzen verspürt! Irgendetwas stimmte hier überhaupt nicht und als Aeshma sah, wie goldenes Licht den Körper des Doni umspielte verstand er auch was hier los war. „Du! Das... das ist heilige Magie!“ rief Aeshma schockiert. „Ich dachte der Erzbischof ist der einzige, der sie benutzen kann ohne die Gebete zu sprechen!“
„Dann hast du falsch gedacht.“ sagte Salvatore tonlos und seine Augen schienen in einem unnatürlichen Blau zu leuchten. „Scheint so, als wenn meine Vermutung richtig war, du kümmerst dich nicht wirklich um körperliche Schäden. Aber Angriffe gegen deinen Geist scheinen sogar sehr gut zu funktionieren. Und gehe ich richtig in der Annahme, dass meine Seele und mein Geist nicht mit deinem verbunden ist?“ Ehe der Dämon antworten konnte stand Salvatore auch schon hinter ihm und trat ihm in die Kniekehle, ehe ein riesiges Schwert aus goldenem Licht erschien und sich durch den Brustkorb des Dämons bohrte. Salvatores Brust fing daraufhin an zu bluten und er krümmte sich vor Schmerz, aber es war bei weitem nicht so schlimm wie der Schrei, den der Dämon hören ließ. Salvatore hatte absichtlich sämtliche Organe verfehlt um sich nicht selbst umzubringen, und wie es aussah hatte er richtig geraten: er spürte nicht annähernd den selben Schmerz in seinem Inneren, den der Dämon verspürt haben musste.
„Du... du warst bei weitem nicht so schnell als du gegen Jezebeth gekämpft hast.“ keuchte der Dämon, stand auf und wich vor Salvatore zurück.
„Ich weiß.“ sagte Salvatore und grinste Aeshma an. „Eine schöne Überraschung, findest du nicht auch?“
„Du verdammter Bastard! Du... du hast dich zurückgehalten? Du hast gegen einen Erzdämon gekämpft, und hast dich zurückgehalten?!“
„Nicht so laut bitte, es mag sein das niemand in der Nähe ist, aber man kann sich nie zu sicher sein.“ sagte Salvatore, verzog jedoch das Gesicht und sah an sich herab. Es mochte zwar sein, dass seine Seele keinerlei Schaden nahm... aber der Blutverlust war trotzdem ein Problem. Mit anderen Worten, es war an der Zeit diesen Kampf zu beenden. Wie auf ein unsichtbares Kommando hin erschienen knapp fünf Dutzend der goldenen Schwerter rund um den Dämon herum und zielten mit ihren Spitzen auf ihn.
„W-wie ist das möglich? So viel heilige Magie... was bist du?“
„Salvatore Doni, Erbe der Doni Familie und Inquisitor... Großinquisitor der Kirche. Mit anderen Worten, du hast dir den falschen Gegner ausgesucht, Dämon.“ sagte Salvatore, ging jedoch auf Grund des Blutverlusts in die Knie und kniff das rechte Auge zusammen. Die goldenen Schwerter kamen währenddessen ein wenig näher an den Dämon heran und schienen kurt davor zu stehen ihn zu durchbohren.
„W-warte!“ rief der Dämon panisch und richtete seinen Kopf nervös auf eines der vielen Schwerter. „Wenn du mich umbringst, wirst du auch selber sterben! Ich... ich kann dich heilen! Ich heile dich, hebe den Zauber auf und verschwinde dann! Ich schwöre dir, du siehst mich nie wieder!“
„Netter Versuch, Dämon.“ meinte Salvatore und schüttelte mit dem Kopf. „Aber es ist umsonst. Bevor es die Inquisition gab... bevor es die Kirche gab waren wir es, die Doni, die diese Lande vor Gesindel wie dir beschützt haben. Wenn wir eines gelernt haben, dann das man einem Dämon nicht vertrauen kann. Und wenn wir sterben müssen um einen von euch loszuwerden... so sei es.“ Bevor der Dämon noch etwas sagen konnte schossen die Schwerter vor und durchbohrten Aeshma, zeitgleich fing Salvatore an am gesamten Körper aus dutzenden Wunden zu bluten. Er hatte sich zwar erneut Mühe gegeben keine lebensgefährlichen Verletzungen zu verursachen, machte sich aber trotzdem keine allzu großen Hoffnungen das ganze hier zu überleben. Immerhin erging es ihm besser als dem Dämon, denn dieser schrie gerade wie am Spieß, während seine finstere Seele von der heiligen Magie regelrecht in Stücke gerissen wurde. Nur wenige Augenblicke später verstummte Aeshma und brach in sich zusammen. Er rührte sich nicht mehr und schien auch nicht mehr zu atmen, der Dämon war tot. Salvator kniete noch eine Weile auf dem Boden, ehe er hinter sich Schritte hörte. Als er sich umdrehte verschwamm jedoch die ganze Welt vor seinen Augen und er konnte nur noch undeutlich erkennen, dass sich ihm eine Gestalt näherte. „Wie lange... wie lange warst du schon da?“ murmelte er, mehr zu sich selbst als zur Person, sollte jedoch keine Antwort mehr bekommen. Der Blutverlust und die Wunden waren zu viel für ihn, seine Augen fielen zu und alles um Salvatore herum wurde vollkommen schwarz.
Zuletzt geändert von Mimir am 19. Mai 2015 17:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 19. Mai 2015 16:38

52. Himmlische Bonbons (Öffnen)
52. Himmlische Bonbons


„Lange genug.“ antwortete Theresia Akashi dem benommenen Doni in einem Tonfall, der zwischen widerwilliger Bewunderung und gespielter Verachtung hin und her schwang. Missmutig betrachtete sie den toten Dämon. Wie konnte diese Kreatur an den Wache vorbei bis in die geheime Bibliothek ihrer Familie gelangen? Nicht einmal der Erzbischof wusste, wo sich die Bibliothek befand. Um genau zu sein, wusste es selbst Theresia nicht genau und so ging es auch den meisten anderen Mitgliedern der Akashi. „Idiot. Was machst du für einen Unsinn?“ wandte sie sich wieder ungehalten an Salvatore und funkelte ihn wütend an „Kann mich dich nicht einmal alleine in eine friedliche Bibliothek gehen lassen ohne dass du sofort tot umfällst?“ Trotz ihrer unsanften Wortwahl, ging sie rasch neben ihm in die Knie, um sich die Verletzungen genauer anzusehen. Von Heilmagie hatte sie noch nie besonders viel gehalten, aber zu ihrer Ausbildung gehörten Grundlagen in den meisten Spielarten der Magie. Zum Glück musste sie ihn nicht vollständig heilen, es würde schon reichen, ihn genug zu stabilisieren, damit sie ihn zurück nach Navea bringen konnte. Dem Idioten heimlich in die Bibliothek zu folgen, stellte sich inzwischen als die beste Idee heraus, die sie seit langer Zeit hatte. Es war offensichtlich gewesen dass der Doni es irgendwie schaffte sich in Schwierigkeiten zu bringen, selbst an einem Ort, der angeblich sicherer war als alles andere im Süden. Ihr Blick richtete sich auf den erschlagenen Dämon. Der Doni schuldete ihr auf jeden Fall einige Antworten, sie wollte wissen, worum es ihm wirklich ging und was hier eigentlich los war, denn so langsam hatte sie dass Gefühl den Überblick zu verlieren. In der Zwischenzeit waren Salvatore vor Erschöpfung die Augen zugefallen, sein Atem ging flach und stoßweise. So viel Blut zu verlieren setzte dem Schattenjäger zu. Später war sicher noch genug Zeit sich über ihn zu beschweren, jetzt musste sie ihn erst einmal von hier wegbringen, auch wenn er es sicher verdient hätte etwas zu leiden.
Theresia entschloss sich dazu nicht länger Zeit mit diesen Gedanken zu verlieren und zog von irgendwoher einen schmalen Dolch hervor, um damit seine Kleidung zu zerschneiden und die Verletzungen freizulegen. Kurz betrachtete sie das ganze Ausmaß des Schadens, den der Dämon angerichtet hatte bevor es Salvatore gelang ihn auszuschalten. Es sah schlimm aus. Ohne Hilfe wäre er hier innerhalb der nächsten Minuten verblutet. Konzentriert murmelte Theresia ein paar Worte vor sich hin, ihr blieb keine Zeit den Zauber besonderes geschickt oder aufwendig zu weben, also beeilte sie sich. Nach einigen Sekunden leuchteten goldene Runen entlang des Dolches auf. Die glühende Klinge schmiegte sich an die größte seiner Wunden, legte sich genau auf das hervorsprudelnde Blut und begann ein warmes, helles Licht auszusenden, welches in den Körper des Doni zu fließen schien. Von einem Augenblick zum nächsten, stoppte die Blutung. Der klaffende Schnitt schloss sich zwar nicht, aber zumindest stoppte die Blutung. Zu mehr sah sich Theresia nicht in der Lage. Das ganze stellte keine dauerhafte Lösung dar, doch es würde dem Doni helfen wenigstens noch für eine Weile durchzuhalten, lange genug, um ihn zu jemandem zu bringen der sich auf echte Heilmagie verstand. Während Theresia noch darüber nachdachte, wie sie den Doni am einfachsten zurück zum Teleporter bringen konnte und in Gedanken ein paar Zauber durch ging, die ihr vielleicht helfen würde. Lust ihn zu tragen verspürte sie ehrlich gesagt keine.
„Theresia!“ erklang hinter ihr auf einmal eine durchdringende, weibliche Stimme, der es gelang noch genervter zu klingen, als Theresia sich im Augenblick fühlte. Missmutig drehte Theresia sich um und wünschte sich plötzlich, die Fähigkeit zu besitzen sich in Luft aufzulösen. Das schummrige Dämmerlicht in dem langen Gang wurde nach und nach von einem dutzend Magier in gleißendes Licht getaucht. Die Männer und Frauen trugen schwarze Umhänge mit dunkelblauen Runen. Akashi Magier. An ihrer Spitze aber eilte eine verärgerte Lyaena auf Theresia zu. Man sah dem neuen Oberhaupt deutlich an, dass es gerade überall lieber wäre als hier. „Was ist hier passiert?“ fuhr sie Theresia ungehalten an und durchbohrte sie mit finsteren Blicken, welche die Attentäterin kalt ließen. Sie kannte Lyaena schon als diese noch ein kleines, nervtötendes Gör war, und würde sich sicher nicht von ihrem neuen Titel einschüchtern lassen. Soweit es Theresia betraf, musste Lyaena erst noch unter Beweis stellen, ob sie den Respekt und das Vertrauen der Familie auch wirklich verdiente.
„Wie hast du so schnell davon erfahren? Normalerweise interessiert dich die Bibliothek doch kein bisschen.“ überging Theresia schroff die Fragen ihrer Cousine.
„Stimmt, und ich wünschte ich hätte das hier auch ignorieren können. In diesen Wänden sind hunderte Zauber eingewoben, unter anderem welche, die uns verrieten, dass es jemand gewagt hat in der Bibliothek Magie einzusetzen, viel Magie. Das ganze hat einige unserer Magier ziemlich in Aufruhr versetzt, und sie kamen sofort zu mir gerannt. Ehe ich überhaupt wusste was los war, haben diese überdrehten, aufgescheuchten Hühner mich hierher geschleppt.“ Lyaena machte eine genervte Handbewegung in Richtung der Magier, die sie am liebsten alle verbannen würde für diese unpassende Ablenkung. Es gab so vieles, worum sie sich kümmern musste, aber diese Witzfiguren hatten nichts besseres zu tun als sie wegen eines angeblichen Notfalls zu entführen. Sie starrte die unbeeindruckten Magier zornig an und gab sich erst gar keine Mühe ihre Wut zu unterdrücken. „Obwohl sie ganz genau wissen, dass ich im Moment andere, wichtigere Dinge zu tun habe. Ganz genau wie sie selbst.“ fügte Lyaena spitz hinzu. Eigentlich sollten ihre Magier dabei helfen nach Teleya zu suchen und sich nicht um unwichtige Kleinigkeiten kümmern. Ihre Schwester hatte sich mithilfe von Magie aus dem Staub gemacht, oder eher durch die Hilfe von Teregion, auch wenn sie das nicht beweisen konnte. „Aber da ich jetzt einmal hier bin...wer ist das da?“ Lyaena zeigte bei diesen Worten auf den am Boden liegenden Doni. Desinteressiert musterte sie kurz das Gesicht des Bewusstlosen. Für das ganze Blut hatte sie keinen einzigen Blick übrig, wenn er wirklich in Gefahr wäre, würde Theresia keine Zeit haben noch sinnlose Fragen zu stellen, sondern würde darauf bestehen ihn zu versorgen. „Irgendwo habe ich ihn schon einmal gesehen. Sein Gesicht kommt mir zumindest bekannt vor. Ist er aus Navea?“
„Sein Name ist Salvatore Doni, Herrin.“ erklärte Theresia erstaunlich leise und wirkte mit einem mal überraschend betreten. Die Bibliothek der Akashi, gehörte zu ihren größten Geheimnissen. Außenstehenden war es verboten das Gebäude ohne ausdrückliche Erlaubnis eines Akashi zu betreten, und normalerweise musste jeder Akashi mit dem Oberhaupt reden, bevor er die Erlaubnis erhielt einen Fremden in ihr verstecktes Heiligtum zu bringen. Theresia hatte es allerdings nicht für nötig gehalten zu ihrer Cousine zu rennen, wofür man sie theoretisch hart bestrafen konnte.
„D-der Erbe der Doni Familie?“ Damit gewann Salvatore für Lyaena plötzlich enorm an Bedeutung, zumindest genug um ihm besorgte Blicke zuzuwerfen und zu hoffen dass er überlebte. Die Beziehungen zwischen den großen Familien waren schon angespannt genug.
„Er hat mich darum gebeten ihm die Bibliothek zu zeigen. Er schien etwas zu suchen, also habe ich ihm einen Ring überlassen. Immerhin ist er ähm...unser Verbündeter, irgendwie.“ versuchte Theresia schwach ihre Entscheidung zu verteidigen. Etwas besseres fiel ihr im Moment nicht ein. „Ich weiß nicht genau wonach er gesucht hat und ich bin ihm in die Bibliothek gefolgt. Auf meinem Ring lag ein Zauber, der mich warnte sobald Salvatore ihn benutzte. Selbstverständlich hätte ich niemals einen Außenstehenden alleine in die Bibliothek gelassen. Jedenfalls wurde er anscheinend während seiner Suche von einem Dämon angegriffen.
„Unmöglich und das weißt du auch, Theresia. Niemand kann diese Bibliothek ohne den Willen der Akashi betreten Ohne deine Hilfe wäre auch Doni bei dem Versuch hier einzudringen gestorben. Die Wächter hätten jeden sofort in Stücke gerissen der versucht sich Zutritt zu verschaffen.“
„Es sei denn der Eindringling hat fortschrittlichere und mächtigere Magie benutzt, um unsere Sicherheitsvorkehrungen außer Kraft zu setzen, zumindest die tödlichsten. Nichts gegen die Wächter, aber es sind uralte, magische Kreaturen, die hier bereits seit Jahrhunderten herumstehen. Es ist unwahrscheinlich dass die Wächter noch immer unbesiegbar sind. Außerdem, naja, das dort ist eindeutig ein Dämon.“ erklärte sie langsam und betonte jedes Wort als würde sie mit einem kleinen, einfältigen Kind sprechen, wobei sie beiläufig auf die nicht zu übersehende Leiche zeigte „Also tippe ich einmal auf den Schattenritter. Als Akashi dürfte er ungefähr wissen, wo sich die Bibliothek befindet und auch welche Zauber sie schützen. Ich bin sicher er kann jederzeit in die Bibliothek falls er es für nötig hält.“ Theresia zuckte resigniert mit den Schultern. Für sie machte es wenig Sinn darüber nachzudenken wer es gewesen sein könnte, Hauptsache Lyaena kümmerte sich schnell wieder um ihre eigenen, kleinen Probleme. „Wer immer den Dämon geschickt hat, wir sollten lieber erst einmal den Doni in Sicherheit bringen, oder nicht? Wenn er inmitten von einem Dutzend Akashi verblutet wird das unserem Ruf nicht wirklich helfen, oder?“
Lyaena beachtete ihre Cousine gar nicht. Sie hatte dem langweiligen Vortrag kein bisschen zugehört. Schattenritter, Dämonen, Doni, Wächter...das alles interessierte sie kein bisschen. Derzeit gab es nur zwei Dinge, die ihr wichtig waren und keines davon hatte mit der Bibliothek zu tun. Als erstes musste sie eine Weg finden Luca zu helfen, damit es ihm schnell wieder besser ging und er an ihrer Seite sein konnte. Wenn er bei ihr war, fiel es ihr vielleicht leichter sich endlich zu einer Entscheidung durchzuringen. Viel Zeit blieb ihr sowieso nicht mehr dafür, der Hochzeitstermin stand fest. Bis dahin musste sie es endlich schaffen sich für einen zu entscheiden und das würde deutlich einfacher, wenn sie einen gesunden Luca um sich wusste, der ihr mit seiner Stärke beistehen konnte. Außerdem musste sie natürlich auch noch ihre rebellische Schwester aufspüren. Teleya konnte nicht einfach mit ihrer Magie unbehelligt durch Navea ziehen, am Ende stellte sie noch irgendetwas an oder noch schlimmer, sie fiel Silberblatt in die Hände. Vor allem von ihrem Verlobten wollte sie Teleya im Moment auf jeden Fall fernhalten. Wenn jemand Teregion die Wahrheit über Luca erzählte, dann war sie das, oder eher Luca während sie sich hinter seinem Rücken versteckte.
„Lyaena? Hallo? Hast du mich gehört? Der Doni stirbt wenn wir ihn nicht endlich zu einem Heiler bringen.“ durchbrach Theresia ungeduldig ihre abwesend wirkende Cousine. Es schien hier niemanden wirklich zu stören das direkt vor ihnen ein Verletzter lag.
„Mhm? Was?“ fragte Lyaena leise und ohne sie überhaupt anzusehen. Von einem Moment auf den anderen, wirkte sie aber immerhin wieder etwas wacher und widmete einen Teil ihrer Aufmerksamkeit dem verletzten Doni. „Oh, ach so...tut mir leid, ich war etwas abgelenkt. Ähm, bring den Doni von hier weg. Meine Magier werden dir helfen ihn hinzubringen wo immer du willst und sich dabei schon einmal um seine Wunden kümmern.“ mit sicherer und lauterer Stimme wandte sie sich an die wartenden Akashi „Sobald ihr sicher seid dass der Doni nicht mehr in Lebensgefahr ist, werdet ihr weiter nach meiner Schwester suchen und diesmal toleriere ich keinerlei Ablenkungen mehr, ganz egal für wie wichtig ihr es haltet. Es gibt nichts wichtigeres als Teleya zu finden!“
„Wenn du sonst keine Probleme hat.“ sagte Theresia leise zu sich selbst und beobachtete stirnrunzelnd wie Lyaena rasch davon rauschte. Oberhaupt zu sein schien ihrer Cousine nicht gut zu bekommen, oder es lag einfach an ihren auffällig vielen Besuchen bei dem verletzten Luca. So oder so, das alles ging sie nichts an. Mit Salvatore hatte sie schon genug Probleme. Die Magier ließen den leblosen Körper des Doni neben sich her schweben, während sie sich seiner Verletzungen annahmen. Sobald es Salvatore wieder besser ging, würde sie ein ernstes und sehr sehr langes Gespräch mit ihm führen müssen. Er suchte etwas in der größten Bibliothek des Landes und rein zufällig tauchte im selben Moment ein Dämon auf? Hier, im Herzen des Reiches der Akashi? Theresia verschränkte die Arme im Nacken und trottete genervt seufzend hinter den Magiern her. Wenn sie wenigstens etwas hätte um sich abzulenken, aber ihre beste Ablenkung wurde immer besser darin ihr aus dem Weg zu gehen. Naruz schien sich wirklich vorgenommen zu haben ihr aus dem Weg zu gehen, oder es lag an seiner schlechten Laune. Seine Stimmung würde sich jedenfalls nicht bessern sobald sie noch einen weiteren Verletzten in die Villa der Bladelli brachte. Ein anderer Ort fiel ihr leider nicht ein, also blieb ihr nichts anderes übrig, als ebenfalls dabei zu helfen das Anwesen langsam aber sicher in ein Krankenhaus zu verwandeln.



Aleyandra stand in ihrem Schlafzimmer und versank in Selbstmitleid während sie sich auszog. Naruz schien ihr aus dem Weg zu gehen. Derzeit wusste sie allerdings selbst nicht genau ob sie das wirklich störte. In letzter Zeit fühlte sie sich in seiner Gegenwart immer nur seltsam und unwohl. Vielleicht lag es einfach nur an ihrer übertriebenen Angst von ihm verlassen zu werden sobald er erfuhr wie schlecht es ihr wirklich ging. Genervt schüttelte sie diese Gedanken ab und wandte sich stattdessen an die Armani, welche neben ihr wartete. Da die Wohnung eigentlich darauf ausgelegt war hier alleine zu leben, gab es auch nur ein Schlafzimmer und die beiden teilten es sich. Aleyandra mochte es mit Saeca eine Art Extrakissen zu haben, außerdem beruhigte die Nähe des seltsamen Mädchens sie irgendwie. Zwar nicht so sehr wie es Naruz immer gekonnt hatte, aber dafür war mit ihm alles sehr viel...schwieriger. Jedenfalls wollte sie im Moment einfach nur noch schlafen und an nichts mehr denken müssen, aber das konnte sie nicht. Saeca´s Anblick rief ihr wieder die seltsame Szene mit ihrem Besuch in Erinnerung.
„Wir müssen reden, Saeca.“ flüsterte Aleyandra plötzlich und beide hielten darin inne sich bettfertig zu machen. Saeca sah sie neugierig, beinahe erwartungsvoll, an.
„Ja? Worum geht es, Nee-chan?“
„Ich...es war...ich habe...ähm...“ begann sie zusammenhanglos drauf los zu stammeln, ohne wirklich zu wissen was genau sie sagen wollte. Um ihre eigene Verwirrung zu überspielen, fuhr Aleyandra erst einmal damit fort ihr Kleid auszuziehen. Während sie es sich über den Kopf zog, dachte sie darüber nach, worauf sie überhaupt hinaus wollte. Sobald sie zögerlich in ihrer Unterwäsche neben dem Bett stand, setzte sie langsam dazu an weiterzureden, auch wenn nicht viel dabei herauskam außer Unsinn. „Es war in letzter Zeit nicht besonders leicht für mich, also eigentlich wie immer wenn ich ehrlich bin. Wann ist jemals alles einfach nur gut gelaufen seit ich in Navea bin?“ Aleyandra brach wieder ab. Dieses sinnlose Gequassel wollte sie eigentlich nicht loswerden, aber es sprudelte einfach so aus ihr heraus ganz egal was sie eigentlich sagen wollte. „I-ist ja auch egal, es geht hier gerade gar nicht um mich, sondern um dich. Meine eigenen Probleme haben mich zu sehr abgelenkt, um zu bemerken, was du im Moment durchmachen musst. Bist du dir sicher dass du dein Dorf und deine Familie aufgeben willst nur um bei mir zu bleiben?“
„Jap, ganz sicher.“ erwiderte Saeca bestimmt und unbeeindruckt von ihrer unsicheren Frage. Statt sich davon aus der Ruhe bringen zu lassen, nickte Saeca nur bestätigend vor sich hin und lächelte sie glücklich an.
„W-wie kannst du das so einfach sagen!?“ regte sie sich verärgert auf. Aleyandra verstand das alles nicht. Naruz tat sein bestes um von ihr loszukommen und nichts mehr mit ihr zu tun zu haben, genauso wie fast jeder andere den sie kannte. Niemand mochte sie wirklich oder würde gerne mit ihr zusammen sein, niemand. Doch die Armani wirkte glücklich und zufrieden damit in ihrer Nähe zu sein...wieso konnte Naruz nicht etwas mehr wie Saeca sein? „Wie kannst du einfach so, alles was du hattest wegwerfen und das nur für mich? Wieso kannst du alles aufgeben um mit mir zusammen zu sein?“
„Ich kann es halt einfach. Solange ich bei Nee-chan bin, wird es mir sicher gut gehen.“ antwortete die Armani mit einem gleichgültigen Schulterzucken „Außerdem wird es einfach funktionieren müssen, denn wenn ich einmal einen Pfad eingeschlagen habe, dann muss ich ihn auch bis zum Ende gehen, eine andere Wahl habe ich nicht mehr. Aber das ist egal. Ich habe meine Entscheidung getroffen.“
„Heißt das du kannst nicht mehr zurück in dein Dorf, selbst wenn du es willst?“
„D-das ist nicht wichtig!“ wehrte Saeca rasch ab und wedelte hektisch mit den Armen, während sie eilig weiter redete. Das letzte was sie wollte war Aleyandra ein schlechtes Gewissen einzureden. „Ich habe nicht vor zurückzugehen! Solange ich bei dir bin braucht mich mein Dorf nicht mehr zu kümmern.“ Saeca brach verlegen ab, bevor sie zögerlich lächelte und leiser fortfuhr „Du brauchst mich und ich brauche dich, so einfach ist das. Alles andere bedeutet nichts und ist unwichtig, richtig?“
„Saeca...“ wisperte Aleyandra gerührt vor sich hin „Danke. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es für dich gewesen sein muss deine Heimat aufzugeben.“
„Das heißt, falls du mich überhaupt hier haben willst und ich dir nicht zur Last falle oder auf die Nerven gehe.“
„Ja! Ich brauche dich!“ rief Aleyandra, warf sich gegen die überraschte Armani und riss sie von den Beinen. Zusammen landeten sie eng umschlungen auf dem Bett. Aleyandras Wangen färbten sich rosa, aber dann war es ihr egal und sie drückte Saeca nur noch fester an sich. Es tat einfach gut diese Worte zu hören, vor allem jetzt. „Ähm...tut mir leid, ich bin gerade etwas...seltsam.“ murmelte sie vor sich hin, ließ Saeca aber noch immer nicht los.
„S-schon gut...denke ich...vielleicht.“ stammelte Saeca unsicher, versuchte aber nicht sich zu befreien, obwohl sie sich unwohl fühlte, als Aleyandra ihr Gesicht gegen ihre Brust drückte „Auch wenn ich damit vielleicht die ganze Stimmung ruiniere, aber...“ Saeca brach kurz ab und schaffte es tatsächlich sich etwas aus Aleyandras Griff zu befreien. Ihr ganzes Gesicht glühte rot, als sie daran dachte dass ihre Nee-chan gerade halbnackt war, das war im Moment eindeutig zu viel für Saeca, also wechselte sie rasch das Thema „Es ist offensichtlich dass es dir schlecht geht, egal wie sehr du versuchst es vor mir zu verheimlichen. Liegt es an Naruz? Habt ihr euch wieder gestritten?“
„So etwas in der Art.“ murmelte Aleyandra unwillig vor sich hin. Lustlos blieb sie neben Saeca liegen und sah die Armani deprimiert an „Es ist irgendwie fast so, als wollte Gaia nicht, dass ich mit ihm glücklich werde. Langsam glaube ich wirklich dass die Göttin selbst gegen meine Beziehung ist. Egal was passiert, irgendwie geht es immer nur weiter bergab und weiter und weiter, selbst dann, wenn ich denke dass endlich einmal alles in Ordnung ist. Was habe ich falsch gemacht, Saeca? Ich habe wirklich versucht mir Mühe zu geben, alles zu sein was er will, aber es reicht anscheinend nicht.“
„Was hat Naruz denn diesmal angestellt?“
„Er...Naruz hat...Naruz hat mich mit Theresia betrogen.“ würgte Aleyandra hervor und sofort spürte sie wieder Wut in sich aufsteigen „Nach allem was in den letzten Monaten passiert ist befanden wir uns endlich wieder auf dem richtigen Weg, dachte ich zumindest. Bis er mir gesteht dass er mit dieser aufdringlichen Akashi geschlafen hat.“
„N-naruz-senpai hat das wirklich getan!?“ rief Saeca ungläubig und wäre fast von dem Bett aufgesprungen, wenn Aleyandra sie nicht festgehalten hätte „Wie kann er es wagen dich zu hintergehen! Was ist los mit ihm!?“ wütend funkelte sie ihre Onee-chan an und drängte sie dazu weiterzureden „Erzähl mir alles und dann denken wir gemeinsam darüber nach, wie wir es ihm heimzahlen können!“ rief Saeca mit inbrünstiger Leidenschaft, die sich während Aleyandra redete nach und nach in Luft auflöste, um von schierer Fassungslosigkeit ersetzt zu werden. „Wie kannst du ihm eigentlich erlauben jederzeit wieder mit diesem Monster zu schlafen!?“ fragte Saeca aufgebracht, als Aleyandra damit fertig war, ihr das gesamte Gespräch in allen Einzelheiten zu schildern. „Wie kannst du so reagieren, wenn er dich hintergangen hat? Du solltest wütend auf ihn sein und dich mit ihm streiten! Du solltest ihm verbieten Theresia jemals wieder zu sehen, oder irgendeine andere Frau!“
„Es war vielleicht nicht meine beste Idee.“ gab das weißhaarige Mädchen widerwillig zu.
„Nicht deine beste? Es war völlig absurd!“ Aleyandra schrumpfte neben der Armani in sich zusammen und presste ihre Arme fest an sich. Wenn selbst Saeca ihre ganze Reaktion auf Naruz Verrat für absurd hielt, dann würde Naruz sicher genauso denken. Er hielt sie sicher für noch verrückter.
„Ich wollte ja wütend sein und ihn dafür anschreien...aber ich konnte es nicht, nicht diesmal. Ich habe, seit ich Naruz kenne, immer alles versucht, um ihn für mich ganz alleine zu haben und wo hat es uns beide hingeführt? In eine Sackgasse, in der wir beide unglücklich und deprimiert sind. Er ist nicht glücklich mit mir, dabei will ich nur dass er glücklich ist. Wenn Theresia, Anya oder Mizore ihn glücklicher machen können als ich, dann ist es halt so. Ich wünschte nur er würde sich endlich einmal entscheiden ob er diese verfluchte Beziehung weiterführen oder lieber mit seinem Harem aus Schattenjägern herumziehen will. Am meisten nervt mich im Moment die Ungewissheit. Ich weiß, dass er mich früher oder später verlassen wird, also soll er es am besten jetzt gleich tun, solange ich noch wütend auf ihn bin.“ unsicher brach Aleyandra ab und blinzelte die Armani an „Vielleicht wäre es am besten von hier zu verschwinden.“
„Wovon redest du da?“ Saeca hatte eindeutig gerade den Faden verloren und starrte ihre Nee-chan nur verständnislos aus großen Augen an.
„Davon Navea zu verlassen. Ich denke schon länger darüber nach, ehrlich gesagt schon seit meinem ersten Auftrag für die Kinder Gaias, seit...seit Yuki.“ brachte Aleyandra mühsam hervor. Alles in ihr sträubte sich dagegen an Yuki zu denken. Ihre Augen wanderten unbemerkt zu einer kleinen Kommode an der Wand. Darauf ruhte der Anhänger aus Silber mit dem gigantisch wirkenden Rubin. Direkt am Tag nach dem Ball, hatte sie versucht den Anhänger an ihren Großmeister zurückzugeben, aber er wollte nichts davon wissen. Wenn sie es wirklich versuchte, könnte sie den Orden und die Kirche vielleicht wirklich verlassen. Silberblatt war ziemlich vernarrt in sie und würde sicher dabei helfen, aber dazu müsste sie versuchen ihn zu verführen, oder irgendetwas in der Richtung. Zwar hatte sie mit so etwas keinerlei Erfahrung, aber Silberblatt wirkte nicht so, als würde er es ihr besonders schwer machen. Doch dafür müsste sie vorher Naruz verlassen, von sich aus. „Will Naruz das möglicherweise sogar?“ murmelte sie gedankenverloren vor sich hin, ohne auf Saecas verwirrte Blicke zu achten „Vielleicht will er mich ja loswerden, weil ich ihm die ganze Zeit auf die Nerven gehe. Ich bin sicher Naruz wäre viel glücklicher ohne mich.“
„Wenn du wirklich wissen willst, wie viel du ihm bedeutest, dann solltest du vielleicht versuchen ihn für eine Weile zu ignorieren. Beachte Naruz mal eine Zeit lang nicht und sieh ob er von alleine zu dir kommt. Wenn er dich wirklich braucht und vermisst, dann wird er nach ein paar Tagen sehnsüchtig vor deiner stehen, wenn nicht, dann hast du deine Antwort und weißt wie wichtig du ihm bist.“
„Klingt...interessant, und ziemlich gewagt. Naruz ignorieren...“ unsicher versuchte Aleyandra sich an einem vorsichtigen Lächeln „Ist das überhaupt erlaubt? Darf ich das denn? I-ich meine wir sind immer noch zusammen und ich muss für ihn da sein...oder?“
„Er ist im Moment sowieso sehr beschäftigt mit den Schattenjägern und seinem Bruder. Das dürfte die perfekte Zeit sein die Leine ein wenig lockerer zu lassen und ihm etwas Freiraum zu geben. Wer weiß? Vielleicht merkt er ja wie sehr du ihm fehlst und steht bald bettelnd vor deiner Tür.“
„Klingt nicht schlecht.“ bestätigte Aleyandra nachdenklich. Es gab nur eine winzige Schwachstelle in dem ganzen Plan: Naruz konnte den Freiraum einfach dazu benutzen sich mit den ganzen hübschen Mädchen in seiner Umgebung zu vergnügen und sie endgültig zu ersetzen. Andererseits würde das früher oder später sowieso passieren, also warum den ganzen Vorgang nicht etwas beschleunigen?
„Das ist doch noch nicht alles, oder?“ durchbrach Saeca plötzlich die gelöste Stimmung. Es tat ihr zwar leid diesen kurzen Augenblick der Ruhe mit Gerede über Probleme und Sorgen zu zerstören, aber sie musste es einfach wissen, es ließ ihr keine Ruhe.
„Ja...da ist noch etwas. Nichts wichtiges, aber ich schätze es wird gut tun es endlich einmal jemandem zu sagen. Seit Candeo fühle ich mich krank. Ich weiß nicht was für eine Krankheit es sein soll oder was mit mir los ist, aber ich merke das etwas nicht stimmt. Es ist, als würden messerscharfe Krallen versuchen mich von Innen heraus in Stücke zu reißen und meinen Körper Stück für Stück zu zerlegen.“ als sie Saeca´s schockierten Blick bemerkte, versuchte Aleyandra beruhigend zu lächeln, was ihr aber nicht wirklich gelang. Es fühlte sich in Wahrheit noch viel schlimmer an. Ihr ganzer Körper fühlte sich an als würde er jeden Augenblick in Stücke zerspringen. „Ich weiß nicht was das alles soll, aber es macht mich fertig. Die Schmerzen lassen mich oft nicht schlafen, lassen mich keinen einzigen klaren Gedanken mehr fassen. Wenn ich einmal nicht diese Schmerzen spüre, dann bin ich erschöpft und völlig am Ende, solange bis die Schmerzen wieder einsetzen und mir auch noch das letzte bisschen Kraft rauben.“
„Das klingt nicht gut, Nee-chan.“ murmelte Saeca unsicher vor sich hin, wobei sie sich Mühe geben musste nicht in Panik zu verfallen. Das klang sogar ziemlich schlecht. Sie hatte gewusst das etwas nicht stimmte, aber nicht das es so ernst war. „Wir müssen damit zu Naruz, und zwar sofort. Du hast das ganze jetzt lange genug vor dich hergeschoben, in der Hoffnung, dass es von alleine wieder besser wird. Aber egal wie lange du wartest, es geht dir nur immer schlechter das wird sich auch nicht ändern! Wir müssen dich untersuchen lassen, um herauszufinden was mit dir nicht stimmt.“
„Nein, nicht Naruz.“ flüsterte Aleyandra und streckte die Hand aus um Saeca sanft durch die braunen Haare zu streichen „Er hat genug um die Ohren. Sein Bruder ist auch krank und braucht seine Hilfe dringender. Ich will ihm nicht zur Last fallen, das tue ich sowieso schon oft genug. Versprich mir dass du Naruz nichts davon erzählen wirst.“
„Aber...“ begann Saeca, und brach dann sofort ab, als sie in Aleyandras flehende Augen sah „Na gut, ich verspreche es. Aber dann müssen wir dich zu irgendwem anders bringen! Es gibt doch genug Heilmagier in Navea, irgendeiner kann dir sicher helfen. Wir müssen einfach nur...“
„Bitte, Saeca. Lass uns nicht weiter darüber reden, ja?“ hauchte Aleyandra leise vor sich hin, kuschelte sich fest an Saeca und legte ihren Kopf auf die Brust der Armani „Ich bin müde. Lass mich einfach schlafen, bitte.“
„Onee-chan?“ fragte Saeca leise nach, aber Aleyandra antwortete nicht mehr. Das weißhaarige Mädchen hatte die Augen geschlossen und schlief bereits tief und fest, wobei sie schwer atmete. Sie wirkte bleich und ausgelaugt, fast schon geisterhaft. Im Schlaf, ließ sie ihre gesamte Fassade und letzten Verteidigungswälle fallen. Jetzt wirkte ihre Onee-chan einfach nur noch zerbrechlich, zerbrechlich und hilflos. Was auch immer gerade in Aleyandras Körper vorging, es zerstörte sie langsam aber sicher. Es schien schleichend zu passieren und trotzdem unaufhaltsam. Saeca blieb dabei, sie sollten sich nach guten Heilmagiern umsehen wenn Naruz wegfiel. Obwohl sie auf ihrer Meinung beharrte, sagte Saeca nichts mehr, sondern strich Aleyandra sanft eine weiße Strähne aus der Stirn, wobei sie den kalten Schweiß bemerkte. Der Anblick ließ sie gegen ihren Willen lächeln. Es war eine gute Entscheidung gewesen in Navea zu bleiben. Aleyandra brauchte sie mehr als ihr Dorf. Zuhause kam man auch ohne sie zurecht, aber Aleyandra hatte nur noch sie. Naruz war ja schließlich alles wichtiger als Aleyandra, selbst jemand wie Theresia schien ihm mehr zu bedeuten, was Saeca einfach nicht nachvollziehen konnte. Vorsichtig legte sie ihre Arme um Aleyandra und versuchte ebenfalls zu schlafen, auch wenn sie vor Sorge kein Auge zubekam.



Der ständig gleiche Blick aus dem offenen Fenster, begann langsam aber sicher an Severinas Verstand zu nagen. Sie war es nicht gewohnt so lange tatenlos an einem Ort zu bleiben. Ständig saß sie einfach nur auf ihrem Bett herum und starrte aus dem Fenster. Der Blick aus dem Anwesen der Bladelli war zwar alles andere als eintönig, aber selbst der Anblick des geschäftigen Naveas brachte sie nicht einmal mehr dazu müde zu lächeln. Naruz half ihr so gut er konnte, auch wenn er seine eigenen Probleme zu haben schien. Doch egal wie sehr er sich mit anderen Dingen beschäftigte, er fand immer die Zeit sie ab und an zu besuchen um sich kurz mit ihr zu unterhalten. Außer Naruz hatte sie nur mit einigen Dienern Kontakt, ansonsten besuchte sie niemand. Solange er nicht vorbei kam, fühlte sich das Zimmer mehr und mehr wie eine Gefängniszelle an. Dabei sollte sie sich eigentlich etwas entspannen. Laut dem Paladin, war sie inzwischen immerhin kein Gefangener mehr. Es stand ihr angeblich frei jederzeit zu gehen.
Ihre Augen wanderten bei dem Gedanken deprimiert ihren Körper herab. Sie würde liebend gerne gehen, aber sie konnte nicht. Ohne Hilfe würde sie nicht überleben und es gab außerhalb dieses Anwesens niemanden, der bereit war sich um sie zu kümmern. Es gab nur noch sie und ihren Bruder, aber Severin saß noch immer im Kerker fest. Damit blieb ihr gar keine andere Wahl als hierzubleiben. Severina zuckte zusammen, als sie sich mal wieder bei dem Versuch ertappte einfach aufzustehen. Ihr Verstand wollte sich nicht an den Verlust der Gliedmaßen gewöhnen und gaukelte ihr vor das alles in Ordnung war. Wenigstens ging es Severin gut, so viel wusste sie dank Naruz, welcher sie immer auf dem laufenden hielt.
Ja, Severin hatte ja nur den ganzen verfluchten Kampf angezettelt, aber Hauptsache es geht wenigstens ihm gut, während von dir nur noch die Hälfte übrig ist erklang eine genervte, beißende Stimme in ihrem Kopf, vor der sie erschrocken zurückwich. Es passierte nicht zum ersten mal dass sich diese bohrende, unnachgiebige Stimme zu Wort meldete. Sie war anscheinend der Teil von ihr, der Severin nicht so einfach verzeihen konnte und langsam aber sicher gab Severina ihr insgeheim recht. Ich habe darauf vertraut, darauf dass er wusste was er tat. Ich habe ihm mein Vertrauen geschenkt, meine Liebe und meine Zukunft, aber er hat das alles riskiert nur um seinen Willen durchzusetzen. Er hat unser beider Leben weggeworfen, für nichts, absolut nichts.
Severina schüttelte energisch den Kopf und hätte sich am liebsten beide Ohren zugehalten, auch wenn es nichts weiter als eine leere Geste gewesen wäre. Die Stimme würde sicher bald wieder verstummen wenn es ihr besser ging, oder sobald Severins grinsendes Gesicht vor diesem Fenster auftauchte. Er würde mit Sicherheit kommen um sie zu holen.
Oder er flieht aus dem Kerker, versuchte die stichelnde Stimme es noch einmal und wirkte diesmal fast schon belustigt als Severina sich gegen die Worte sperren wollte Wer sagt uns das er nicht schon längst abgehauen ist? Wenn Severin eines kann, dann sich aus dem Staub zu machen sobald es kritisch wird. Wenn er Probleme sieht dann rennt er vor ihnen davon und ganz Navea ist inzwischen ein einiges Problem für ihn. Navea und auch du. Wie sollte er aus der Stadt entkommen, mit einem wertlosen Krüppel an seiner Seite? Diese Worte bohrten sich tief in Severina hinein, fraßen sich bis in ihr Innerstes vor und hinterließen tiefe, schmerzhafte Wunden. Es stimmte. Ihr Bruder rannte vor Problemen lieber davon, das tat er ständig, aber mit ihr...mit ihr konnte er nicht mehr wegrennen. Sie war nicht mehr dazu in der Lage mit ihm mitzuhalten. Was für eine Wahl blieb ihm als sie zurückzulassen? Entweder er floh aus Navea, oder blieb den Rest seines Lebens eingesperrt, vielleicht richtete man ihn sogar hin. Aber er würde trotzdem alles tun um sie zu retten, immerhin liebte er sie. Sie gehörten zusammen, das war ihr Schicksal.
Keine Sorge, ich bin sicher er wird bald Ersatz für dich finden bohrte die Stimme zufrieden weiter und stieß immer weiter in die Wunde vor Wie oft hast du einsam in einem leeren Zimmer auf ihn gewartet, während er sich bei irgendwelchen fremden Mädchen herumtrieb? Und wie lange hat er es jemals bei einem von ihnen ausgehalten? Seine längste Beziehung dauerte keine Woche und du dachtest er würde bis in alle Ewigkeit mit dir zusammenbleiben? Etwas naiv, findest du nicht? Das alles, diese ganzen albernen Zukunftspläne und lächerlichen Träume, sie waren nichts weiter als naives Wunschdenken. Du wolltest deinen Bruder unbedingt so sehen wie du ihn sehen wolltest, aber das wird er niemals sein. Er hatte seinen Spaß mit dir und jetzt wird er dich wegwerfen, so wie er es schon oft getan hat. Was kümmert es ihn schon, ob er ein weiteres Mädchen wegwirft nachdem er es benutzt hat? Du bist gebrochen und zerstört, wertlos für ihn, nur noch eine Belastung.
Severin hatte bereits dutzende Mädchen im ganzen Land gehabt, zu glauben dass er sie wirklich ehrlich liebte, war vielleicht wirklich nichts weiter als reines Wunschdenken. Ihre wirren Gedankengänge wurden nach einer Weile unterbrochen, als einer der Schmetterlinge aufdringlich ihr Gesicht umschwirrte.
„Was starrst du mich so an?“ fauchte die junge Akashi zornig in Richtung ihres Schmetterlings und bedauerte es sofort. Ihre kleinen Freunde konnten nichts dafür, die magischen Wesen hatten genauso viel durchgemacht wie sie selbst. Gerade wollte sie sich zu einem freundlichen Lächeln zwingen und sich entschuldigen, aber so weit kam Severina nicht mehr. Verdutzt wich sie vor ihren eigenen Kreaturen zurück. Etwas stimmte nicht mit ihnen! Das blaue Muster hatte sich dunkelrot verfärbt. Statt schwarz-blau schimmerten ihre Schmetterlinge plötzlich schwarz-rot, während sie aufgeregt um sie herum flatterten. Irgendetwas hatte sie in Aufruhr versetzt, irgendetwas, was sie nicht erkennen konnte.
„Schhhh, beruhigt euch wieder.“ flüsterte Severina sanft und strich vorsichtig über die zerbrechlichen Flügel ihrer Begleiter, die wild um sie herum flatterten. Es dauerte eine ganze Weile, bis es ihr gelang die Schmetterlinge zu beruhigen, aber immerhin verdrängte diese Beschäftigung das ständige Sticheln der düsteren Stimme, zumindest für eine Weile.



Aynaeth hockte in ihrer Bibliothek und las in einem Buch. Ich weiß, was für eine Überraschung, aber diesmal wurde sie bei ihrer Lieblingsbeschäftigung gestört. Genervt sah sie von ihrem Buch auf, als sich die Tür öffnete und Theresia Akashi vorsichtig ihr kleines Heiligtum betrat.
„Ah, hallo Theresia. Wie geht es dir?“ durchbrach sie die Stille und ließ die Akashi erschrocken zusammenzucken. Mit einem angedeuteten Lächeln schlug Aynaeth ihr Buch zu und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf Theresia. Normalerweise wäre ihr das Buch wichtiger, aber sie ahnte worum es ging.
„Nicht gut und das weißt du auch ganz genau!“ fauchte Theresia als Antwort und verzog verärgert das Gesicht, während sie die Hände zu Fäusten ballte.
„Oh, was ist denn los? Bist du etwa krank?“
„Du hast mir meine Sachen geklaut!“ erinnerte die Akashi sie, noch lauter fauchend, und steigerte sich langsam in ihren Zorn hinein. Dank Aynaeth hatte sie nackt durch die ganze verfluchte Villa laufen müssen! Jeder hätte sie sehen können, sogar jemand wie Salvatore! Das hätte sie nicht überlebt, gut, sie hätte es ohne Probleme überlebt, aber das heißt dass ihr die Situation deswegen besser gefallen hätte. Sie wollte Naruz verführen, nicht ein ganzes Haus voller unwichtiger Nebencharaktere die keinerlei Bedeutung für sie besaßen.
„Geklaut? Sie lagen mitten auf dem Flur herum. Ich habe sie nur in Sicherheit gebracht, damit niemand sie stehlen konnte, war das etwas falsch?“ fragte Aynaeth mit zuckersüßer Stimme nach und setzte eine unschuldige Miene auf „Außerdem hast du sie doch schon längst wieder, obwohl es noch immer so aussieht als hättest du nichts an.“
„Ändert nichts daran, dass ich von Naruz Zimmer aus bis in die Bibliothek laufen musste...und zwar nackt! Was wäre wenn mich einer der Diener so gesehen hätte!?“
„Dann hätte es dir sicher nichts ausgemacht, immerhin bist du auch bei Naruz nackt gewesen, warum auch immer.“ erwiderte Aynaeth schlagfertiger als erwartet und musterte die Akashi jetzt mit einer Mischung aus Ablehnung und Misstrauen.
„D-das...das war etwas völlig anderes!“ behauptete Theresia entschieden, aber mit erstaunlicherweise leicht rosa Wangen. Normalerweise würde sie so etwas niemals aus der Ruh bringen, doch diesmal war es anders. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Sie wollte Naruz wirklich. Zwar würde sie nicht so weit gehen und behaupten dass sie ihn liebte oder etwas für ihn empfand, aber sie...sie mochte es mit ihm zusammen zu sein. Er war kein schlechter Liebhaber und noch dazu einflussreich genug um selbst ihre hohen Ansprüche zu erfüllen. Wenn es jemanden gab an den sie sich vielleicht fester binden könnte, dann ihn. Immerhin besser als den eigenartigen Erben der Doni, aus dem sie nach wie vor nicht schlau wurde. „Was solls, deswegen bin ich nicht hier.“ murmelte die Akashi düster vor sich hin. Diese ungewohnten Gedanken, die ihr durch den Kopf schossen, sobald sie an Naruz denken musste, ließen ihre Laune nur noch weiter ins Bodenlose sinken. Ungeduldig schüttelte sie Naruz für den Augenblick ab und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf die wartende Hexe. „Ich bin hier um Frieden mit dir zu schließen und dir ein Versöhnungsgeschenk anzubieten. Ich weiß das die ganze Szene in Naruz Zimmer seltsam ausgesehen haben muss, aber es ähm war ganz anders als es aussah...irgendwie.“
„Ein Geschenk? W-wirklich?“ hakte Aynaeth zögerlich nach. Den halbherzigen Versuch die Sache in Naruz Zimmer zu vertuschen ignorierte sie dabei völlig. Sie hatte ab dem Wort ´Versöhnungsgeschenk` nichts mehr wahrgenommen, sondern starrte die Akashi nur noch erwartungsvoll und ungeduldig an.
„Sogar ein ganz besonderes Geschenk.“ verkündete Theresia mit dem Anflug eines Lächelns. Die kindliche Vorfreude der Hexe ließ sogar sie kurzzeitig ihre Wut vergessen. Auch wenn sie es Aynaeth verdankte das aus dem schönen Morgen mit Naruz nichts mehr wurde, fand sie trotzdem irgendwie Gefallen an der Hexe. Immerhin wusste Aynaeth sich durchzusetzen, irgendwie, meistens indem sie alles andere ignorierte. Es gab schlimmere Mitglieder der Schattenjäger und da Aynaeth mit Sicherheit zu den ranghöchsten innerhalb der Einheit gehörte, konnte es nicht schaden sich etwas einzuschleimen. Hinter ihrem Rücken holte sie eine große, braune Schachtel hervor und überreichte sie der Hexe mit einem geheimnisvollen Lächeln im Gesicht „Die legendären Bonbons der schwarzen Akashi. Eines der größten Geheimnisse meines Ordens. Es heißt ihr Geschmack übertrifft den jeder anderen Süßigkeit auf der Welt. Jeder der sie einmal gekostet hat schwört dass sie lecker genug sind um dafür zu sterben.“
„Ich...ich habe schon davon gehört...“ behauptete Aynaeth und nickte bestätigend vor sich hin. Mit Süßigkeiten kannte sie sich aus. Sie kannte die Spezialitäten der drei großen Familien was Süßes anging und hatte es sich zum Ziel gesetzt alles zu probieren was sie finden konnte. Die Spezialitäten der Akashi standen auch auf ihrer Liste, allerdings war es selbst ihrem Süßigkeitensklaven Teregion nicht gelungen welche zu besorgen. Nur die schwarzen Akashi kannten das Geheimnis ihrer Zubereitung, und von diesem uralten Orden existierte nur noch Theresia, womit Theresia ihrer Meinung nach zur wichtigsten Person innerhalb der Akashi wurde, vielleicht sogar von ganz Navea!
„Viel Spaß mit ihnen. Sie sind etwas ganz besonders.“ meinte Theresia zwinkernd. Auf Gift hatte sie verzichtet und dafür Alkohol dazugegeben, sehr viel Alkohol, fast genug damit die Bonbons wieder tödlich wurden. Es würde die Hexe schon nicht umbringen, aber vielleicht ein wenig für den Diebstahl bestrafen. „Das war auch schon alles was ich wollte. Auf Wiedersehen.“
„Theresia?“ fragte Aynaeth plötzlich und schaffte es sich von der Schachtel in ihren Händen loszureißen.
„Ja?“
„Ich habe keine Ahnung, was du mit Naruz planst, aber er hat keine Zeit für dich und deine Verführungsversuche.“ verkündete Aynaeth, mit erstaunlich ernster Miene, so ernst, dass Theresia ihr sogar zuhörte „Lass ihn bitte in Ruhe. Sein Bruder braucht ihn. Ihn und seine ganze Konzentration. Wenn du die ganze Zeit nackt oder halbnackt vor ihm stehst, dann wird er niemals in der Lage sein seinen Pflichten nachzukommen und Luca zu helfen. Danke für die Bonbons, nur...lass ihn in Ruhe, ja? Wenigstens für eine Weile, bis alles wieder...normaler ist, einverstanden?“
„Wir werden sehen.“ erwiderte Theresia unbeeindruckt und rauschte mit geballten Fäusten davon. Sie schien Aynaeths Worte nicht wirklich ernst nehmen zu wollen, trotzdem nahm sie sich das eben Gehörte zu Herzen. Vielleicht war es nicht unbedingt die beste Zeit, um den Paladin zu verführen. Ihre Arbeit als Spionin der Akashi konnte sie sicher auch so erledigen, immerhin gehörte sie zu den wenigen Schattenjägern die tatsächlich irgendetwas taten. Damit verließ sie das Anwesen, während die Worte der kleinen Hexe noch immer in ihrem Kopf umherkreisten und sie mehr aufwühlten, als sie bereit war zuzugeben.
Aynaeth nickte zufrieden vor sich hin, sie hatte sicher etwas erreicht, daran glaubte sie fest. Zufrieden mit sich selbst und auch mit Theresia, öffnete sie die Schachtel und ihr Blick fiel auf kleine, runde Bonbons. Es handelte sich um dutzende und sie alle schimmerten in einem dunklen violett. Gerade wollte sie eines probieren, als sie auch schon unterbrochen wurde. Denn Kaum war Theresia auf und davon, als auch schon der nächste Akashi zur Tür hereinschneite. Es handelte sich um einen Besuch, mit dem sie insgeheim schon gerechnet hatte. Aynaeth hatte sich sogar fast schon danach gesehnt, denn dieser Besuch, bedeutete auch die Erlösung von der bücherfressenden Landplage, welche seit kurzem das Anwesen unsicher machte.
„Sind das etwa Bonbons?“ fragte Teregion zur Begrüßung, der sofort alarmiert zu sein schien bei dem Anblick. Theresia hatte direkt vor ihm die Bibliothek verlassen, was ihn schlimmes ahnen ließ.
„Jap, was dagegen?“ fragte Aynaeth kurz angebunden und verwirrt von seinem eigenartigen Auftreten. Hasste Silberblatt etwa Bonbons? Vielleicht fürchtete er sich sogar vor ihnen.
„Ein bisschen.“ antwortete er nervös und streckte langsam eine Hand nach der Schachtel aus, um sie der Hexe wegzunehmen bevor noch jemand verletzt wurde oder starb „Vielleicht...vielleicht sollten wir die lieber wegwerfen, ja? Glaub mir, es ist am besten für dich wenn wir sie einfach...“
Aynaeth schlug ihm auf die Hand und sprang danach hastig von ihm weg. Mit trotziger Miene presste sie die Schachtel so fest sie konnte an sich und versuchte sie vor den gierigen Fingern des Akashi zu beschützen. Ein leises Knurren entwich ihrer Kehle, als sie sich fühlte wie eine blutrünstige Bärenmutter, die ihre Jungen beschützen musste. Sollte der Akashi auch nur einen Schritt auf sie und die Bonbons machen, dann würde er es bitter bereuen. „Nicht anfassen. Meine Bonbons, such selber welche.“ zischte sie leise vor sich hin und streichelte dabei sanft die Schachtel, als wäre es ein lebendiges Wesen das ihre ganze Aufmerksamkeit und Liebe erforderte „Ich werde sie niemals hergeben, niemals. Wenn du an meine Bonbons willst, dann musst du sie meinen kalten, leblosen Händen entreißen. Verstanden? Sie gehören mir alleine, immerhin waren sie ein Geschenk, sie sind zu mir gekommen, sie sind mein Schatz!“ rief sie aufgebracht und zeigte dabei mehr Emotionen als selbst in der Schlacht. Misstrauisch funkelte sie den völlig perplexen Silberblatt an, welcher nicht genau wusste, wie er damit umgehen sollte „Außerdem bist du selbst ein Akashi, du kannst jederzeit welche kriegen, du brauchst meine nicht, sei nicht so gierig und besorge dir deine eigenen.“ versuchte sie ihn ein wenig zu belehren. Gier war niemals gut, niemals...außer es ging um ihre Süßigkeiten, das war etwas anderes, da durfte sie gierig sein. Teregion hatte ihr immerhin oft etwas süßes geschenkt, sogar erstaunlich viel, also würde sie ihm möglicherweise irgendwann ein Bonbon abgeben, oder ein halbes...oder gar keins.
„Ganz sicher nicht, immerhin will ich nicht sterben.“ murmelte er undeutlich vor sich hin und ließ dabei die Schachtel keine Sekunde aus den Augen. Lauter und noch immer alarmiert fuhr er fort.„Weißt du was so besonders an den Bonbons der schwarzen Akashi ist? Sie sind köstlich, aber mindestens genauso tödlich. Ich habe keine Ahnung welchen...Sinn diese Süßigkeiten wirklich erfüllen, aber die Mitglieder des Ordens essen sie vermutlich um ihre Körper resistent gegen Gifte zu machen. Aber egal warum sie diese Bonbons erfunden haben, wichtig ist nur, dass du auf gar keinen Fall eines davon isst! Egal was passiert lass die Finger von ihnen, wirf am besten gleich die ganze Schachtel weg, oder wir verbrennen sie.“
„Unsinn, Gift würde ich sofort spüren.“ behauptete Aynaeth mit einer Spur Überheblichkeit. Mit Süßigkeiten kannte sie sich aus, besser als jeder andere. Silberblättchen musste verrückt geworden sein, wenn er wirklich glaubte, dass sie freiwillig diese Bonbons wieder hergab. „Warte, ich beweise es dir.“ ohne sich um seine panischen Blicke zu sorgen, fischte Aynaeth eines der Bonbons hervor und stopfte es sich rasch in den Mund, bevor er noch auf die Idee kam sie irgendwie aufzuhalten. Unter den entgeisterten Augen Silberblatts, lutschte sie das Bonbon und ließ es langsam in ihrem Mund zergehen. Anfangs zeigte sich Erstaunen auf ihrem Gesicht, dann Fassungslosigkeit und dann himmlisches Vergnügen. „Das war...großartig...“ hauchte sie atemlos, als das erste Bonbon leider verschwunden war und nichts als gähnende Leere zurückließ. Sofort schnappte sie sich das nächste und warf es sich in den Mund. Theresia musste ihr noch viel viel mehr davon besorgen! Schnell!
„D-du lebst noch, oder?“ fragte er unsicher nach, wobei er kurz davor zu stehen schien einen Heilzauber auf sie zu wirken, sollte Aynaeth auf nur das kleinste Anzeichen von Schmerz zeigen.
„Ja, mir geht es gut, denke ich...“ flüsterte Aynaeth, während sie sich das zweite Bonbon genauso genüsslich auf der Zunge zergehen ließ. Der Geschmack schien sie beinahe umzuwerfen, aber zum Glück nur beinahe. Triumphierend wandte Aynaeth sich jetzt wieder mit lauter, fester Stimme an den Akashi. „Siehst du? Ich lebe noch! Es ist alles in Ordnung mit den Bonbons! Sie sind sogar einfach nur wundervoll!“
Teregion musterte die Hexe misstrauisch. Ihre Wangen hatten sich rot verfärbt, zumindest ein wenig. Konnte das eine Wirkung des Gifts sein? Unsicher schüttelte er seinen Kopf und verwarf diese Gedanken. Theresia´s Gifte töteten auf der Stelle und ohne irgendwelche Symptome. Wenn die Attentäterin den Tod der Hexe gewollt hätte, dann wäre Aynaeth auf der Stelle tot umgefallen. Außerdem hätte die schwarze Akashi sicher nicht so offensichtlich gezeigt das sie hinter dem Mord steckt, das passte nicht zu der Gründlichkeit, mit der sie sonst bei ihren Morden vorging. „Na schön, dann kannst du die Bonbons meinetwegen behalten, aber falls du dich seltsam fühlst oder dir schlecht wird oder irgendetwas anderes merkwürdiges passiert, dann behalte es nicht für dich. Theresia hat dir sicher nicht aus reiner Nächstenliebe Süßigkeiten geschenkt. Sie plant sicher irgendetwas und...“
„Sie plant rein gar nichts. Verstehst du denn nicht, worum es hier geht!?“ fragte Aynaeth begeistert und sah ihn an als hätte er keine Ahnung von nichts „Theresia hat mir ein Opfer dargebracht! Ein wundervolles, großartiges, fantastisches Opfer! Das ist die beste Opfergabe die ich jemals bekommen habe! Sie ist die beste!“
Sprachlos beobachtete Teregion, wie die weißhaarige Hexe ein Bonbon nach dem anderen verschlang. Nachdem er eine angemessene Zeit über schockiert gewesen war, riss Silberblatt sich endlich wieder zusammen. Theresia plante sicher etwas, Theresia plante immer irgendetwas, sie war eine hinterlistige Schlange. Was immer es war, es schien jedenfalls nichts zu sein, was Aynaeth schaden konnte. Erleichtert wandte er seine Aufmerksamkeit von den Bonbons ab. „Wie auch immer, ich bin nicht wegen den Bonbons hier, sondern wegen meiner Cousine. Ich nehme an Teleya ist sicher bei euch angekommen?“
„Natürlich, aber das weißt du auch selbst.“ Aynaeths großartige Laune wich kurz und sie starrte ihn durchdringend an „Wir haben ihr ein eigenes Zimmer gegeben, damit sie nicht anfängt meine arme Bibliothek zu zerlegen. Naleya kümmert sich um sie, und darum, dass sie dieses Zimmer niemals wieder verlässt und den Rest des Hauses unsicher macht.“ langsam griff sie nach einem weiteren Bonbon und überlegte dabei, wie sie es ihm sagen sollte ohne ihn oder Teleya zu beleidigen „Ich meine, verstehe mich bitte nicht falsch. Ich mag deine Cousine. Sie ist nett und ähm aufgeweckt, aber wenn sie noch ein Buch bedroht, dann hätte ich sie verhexen oder rauswerfen müssen. Sie ist eine Naturkatastrophe und...“
„Und vor allem aber, ist sie nicht mehr hier.“ unterbrach Naleya ihre große Schwester deprimiert. Die angehende Hexe hatte während ihres Gespräches leise die Bibliothek betreten und seitdem geschwiegen. Es schien auch nicht so, als wenn sie unbedingt darauf erpicht wäre etwas zu sagen, sondern versuchte sich davor zu drücken. Unsicher und mit gesenktem Blick blieb sie am Eingang stehen und hoffte das man sie schnell wieder vergaß.
„Was soll das heißen? Was meins du damit dass sie nicht hier ist? Das kann nicht sein!“ rief Teregion und ging auf sie zu „Ich habe ihr gesagt dass sie genau hier warten soll! Sie war hier und ich bin so schnell gekommen wie ich konnte!“
„Ja, aber es ändert nichts daran dass sie weg ist!“ erwiderte Naleya genauso laut und mit zitternden Lippen. Sie hasste es zu versagen und sie hatte versagt, dabei wollte sie doch auf ihre tollpatschige Freundin aufpassen, immerhin verfügte auch Teleya über große magische Macht, womit sie gut miteinander auskamen. „I-ich habe sie vorhin nur ganz kurz aus den Augen gelassen und dann ist sie plötzlich verschwunden.“ erklärte sie mit erstickter Stimme „Ich wollte uns etwas zu Essen holen. Als ich zurückkam da...da...da stand das Fenster offen das Zimmer war leer! Sie ist einfach verschwunden!“
„Verflucht.“ sagte er leise zu sich selbst und ballte die Fäuste zusammen. Jetzt durfte er wirklich nach ihr suchen, genauso wie Lyaena es wollte. Er schluckte seinen Ärger herunter und lächelte Naleya aufmunternd an. „Es ist nicht deine Schuld. Teleya hat nun einmal ihren eigenen Willen. Wie alle Akashi macht sie einfach, was sie für richtig hält, ganz egal wie dämlich es ist. Vermutlich hatte sie es satt auf mich zu warten und irrt jetzt durch Navea, ständig auf der Suche nach mir, so ist sie halt.“ Teregion wandte sich wieder an Aynaeth und neigte kurz den Kopf, um eine Verbeugung anzudeuten „Danke dass ihr sie bei euch aufgenommen habt. Ich hätte euch wirklich vorher um Erlaubnis fragen sollen, aber dafür war keine Zeit. Sie musste kurzfristig irgendwo unterkommen und sich verstecken.“
„Ist das jetzt nicht vollkommen egal? Wir müssen sie finden!“ rief Naleya, bevor ihre ältere Schwester etwas erwidern konnte „Was hast du jetzt vor?“
„Ich werde sie suchen, gemeinsam mit meinen Kindern Gaias. Wir finden sie schon, weit kann sie schließlich nicht gekommen sein. Letztendlich ist sie noch immer nur ein kleines Mädchen ohne Geld oder einen Plan, ich finde sie schon.“
„Und wenn sie verschwunden bleibt, was dann? Was machst du, wenn Teleya nicht wieder auftaucht?“
„Falls ich sie nicht finde dann...“ die nächsten Sätze kamen ihm nur widerwillig über die Lippen, aber eine Teleya in den Händen ihrer Schwester war noch immer besser als eine verschwundene Teleya „dann wird mir keine andere Wahl bleiben, als mich mit Lyaena zu beraten. So sehr Lyaena aus irgendeinem Grund auch derzeit gegen Teleya arbeitet, die beiden sind noch immer Schwestern und das verbindet sie, hoffe ich.“
„Die Schattenjäger und Bladelli könnten bei der Suche helfen.“ schlug Aynaeth zögerlich vor. Sie hatten zwar genug zu tun, aber den Akashi verdankte sie viele Süßigkeiten...außerdem gab es in Navea viele hilflose Bücher die man vor Teleya beschützen musste „Ich kann auch mit ein paar Zaubern versuchen sie aufzuspüren, obwohl ich nichts versprechen kann.“
„Ihr habt eure eigenen Probleme und ich habe euch schon genug mit den Problemen meiner Familie belästigt.“ wehrte Teregion entschieden ab, lächelte zuversichtlich und ging auf die Tür zu. Es wurde Zeit seine Kinder Gaias wieder einmal von der Leine zu lassen. Seit Luca Bladelli seinen persönlichen Feldzug gegen den Orden führte, hatten die meisten Mitglieder sich von Navea ferngehalten, aber das würde sich jetzt wieder ändern müssen. Luca befand sich zum Glück eh nicht in der Verfassung ihnen Probleme zu machen, wenigstens etwas wofür er Severin danken musste, auch wenn sein idiotischer Cousin sonst nur Ärger brachte.
Zuletzt geändert von Vanidar am 20. Mai 2015 12:37, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 19. Mai 2015 23:19

Kapitel 53 - Tränen eines Paladin: (Öffnen)
Kapitel 53 – Tränen eines Paladin:


Während die Akashi verzweifelt nach Teleya suchten und Naruz sich mit seinem Gewissen und der 'Krankheit' seines Bruders herumschlug, erhielt das Gefängnis in dem Severin Akashi gefangen gehalten wurde unerwarteten Besuch. Zwei Templer, bewaffnet mit Hellebarden und mit dem Wappen von Hochgeneral Andrés Elitetruppe, hielten vor der Eingangstür zum Zellentrakt Wache und starrten stur geradeaus, als der ungebetene Gast erschien.
Es handelte sich um eine äußerlich junge Frau mit sehr blassem Gesicht und langen, schwarzen Haaren. Erst bei genauerem Hinschauen fiel den Templern auf, dass sie eine Art Schleier trug, der den Großteil ihres Gesichts mit einem violetten Tuch verdeckte. Gekleidet war sie außerdem in eine lange, schwarze Robe ohne irgendwelche Muster oder Verzierungen, zusätzlich trug sie hochhackige Schuhe und an ihren Hüften ruhten zwei Säbel, die sofort die Aufmerksamkeit der Wachen erregten.
„Halt!“ rief der eine Templer sofort und richtete seine Hellebarde auf die Fremde. „Wer seid Ihr, und was sucht Ihr hier?“
„Mein Name ist Luxuria.“ antwortete die Fremde und nickte den Templern zu. „Und ich bin hier um für meinem Meister jemanden abzuholen.“
Die Templer sahen sich kurz fragend an, ehe der erste von ihnen wieder das Wort ergriff. „Mir ist nichts von einem Transfer der Gefangenen gesagt worden, wen wollt Ihr abholen? Und wer ist Euer Meister?“
„Keine Ahnung wie der arme Kerl heißt, ich weiß nur in welcher Zelle er sitzt.“ meinte die Fremde und zuckte mit den Schultern, während sie näher auf die Templer zuging. „Wer mein Meister ist darf ich euch nicht sagen, aber das ist eh uninteressant für euch.“ sagte sie und plötzlich zeichnete sich ein kaltes Lächeln auf ihrem Gesicht ab. „Immerhin seid ihr schon tot.“
Ehe die Templer auf diese Drohung reagieren konnten gab es ein lautes Knirschen und Krachen, kurz darauf lagen die beiden Männer tot auf dem Boden des Gefängnisses, von ihren eigenen Rüstungen zerquetscht.
Luxuria seufzte und schüttelte den Kopf, während sie mit ihrer Magie den Eingang zum Zellentrakt aufbrach. Womit hatte sie das verdient? Vor langer, langer Zeit war es ihrem Meister genommen sie und sechs andere vor dem Untergang zu bewahren, er hatte sie mitgenommen und somit ihr Leben gerettet, und wozu? Damit er sie jetzt sinnlos herumkommandieren und in den Tod schicken konnte?
Die Dämonin biss sich auf die Unterlippe um ihre Wut zu unterdrücken, gegen ihren Meister würde sie nicht vorgehen können, ganz egal wie sehr sie es hasste von ihm als Botin missbraucht zu werden. Trotzdem würde sie sich nicht damit abfinden einfach blindlings alles zu tun was er sagte, schon gar nicht nachdem er Aeshma, ihren Geliebten, in den Tod geschickt hatte, nur weil er in seiner Paranoia dachte dieser seltsame Doni wäre eine ernsthafte Bedrohung für ihn und seine Pläne. „Vollkommen lächerlich!“ fauchte sie und trat in den Gang hinter der bewachten Tür ein. Dort erwarteten sie vier weitere Templer, die gar nicht erst großartig Fragen stellten sondern sofort zum Angriff übergingen. Drei von ihnen rannten mit ihren Hellebarden auf sie zu, der vierte hielt eine dieser komischen Pistolen in der Hand und zielte direkt auf Luxuria.
Hinter ihrem Schleier rollte die Dämonin genervt mit den Augen, zückte ihre Säbel und ging ebenfalls zum Angriff über. Sie sprang in die Luft, stieß sich an einer der Wände des Gefängnisses ab und landete somit hinter den Templern, zwei von ihnen hatte sie noch während sie in der Luft war enthauptet, dem Dritten rammte sie einen ihrer Säbel von hinten ins Herz, der Stahl ihrer Waffe fraß sich problemlos durch die minderwertige Rüstung, welche die Menschen produzierten.
Der Templer mit der Pistole schoss noch im selben Augenblick, in dem Luxuria das Säbel aus dem toten Mann zog. Eine rote, leuchtende Kugel aus Magie raste direkt auf die Dämonin zu, die jedoch mit einem Salto nach hinten auswich, in die Knie ging und dann auf den letzten Wächter zuschoss, nicht mal eine Sekunde später bohrten sich ihre Klingen in seinen Brustkorb und beendeten das Leben des Mannes.
„Reinste Zeitverschwendung.“ murmelte sie vor sich hin, säuberte die Klingen ihrer Säbel und hielt dann direkt auf eine der Zellen zu. Ein erneuter Zauber brach die Tür auf und sie trat ein. „Severin Akashi?“ fragte sie in das Dunkel der Zelle und sah sich um. Im Gegensatz zu den meisten anderen Dämonen konnte sie im Dunkel nicht sonderlich gut sehen, aber es reichte doch aus um den blonden Schopf eines jungen Mannes auszumachen, der sich verwirrt aufsetzte.
„Ja?“
„Ich bin gekommen um dich zu holen, mein Meister will dass du befreit wirst. Also los, beeile dich, wir hauen von hier ab.“
„Was? Aber wieso? Wer bist du überhaupt? Und was ist mit den Templern?“
„Abhauen, du und ich. Weil mein Meister es sagt. Luxuria. Tot.“ antwortete die Dämonin in genervtem Tonfall. „Sonst noch Fragen?“
„Ich... ich kann nicht einfach so abhauen. Wenn ich von hier verschwinde, dann könnte es sein dass meine Schwester hingerichtet wird! Das kann ich nicht riskieren!“
„Sie wird nicht hingerichtet werden.“ sagte Luxuria, die langsam aber sicher ihre Geduld verlor, um welche es ohnehin nicht besonders gut bestellt war. „Der Paladin hat sie begnadigt, man gibt ganz alleine dir die Schuld an dem Attentat. Deswegen wirst du auch schon bald hingerichtet werden, der Paladin will deinen Kopf haben.“ fügte sie schulterzuckend hinzu. „Ohne deine Schwester wärst du wahrscheinlich schon längst tot, der Paladin hat Mitleid mit ihr und auf ihr Bitten hin hat er deine Hinrichtung verschoben, aber nicht aufgehoben. Also, lass uns von hier verschwinden. Am besten verziehst du dich sofort aus Navea, die Stadt ist viel zu gefährlich für dich.“
Severin zögerte, ihm war die ganze Sache überhaupt nicht geheuer. „Warum will dein Meister dass ich am Leben bleibe.“
„Gute Frage!“ fauchte Luxuria ihn an, ging einen Schritt auf ihn zu und zerrte ihn auf die Beine. „Vielleicht dachte er dass du noch einmal nützlich sein kannst, oder etwas in der Art. Mir ist es ehrlich gesagt egal, wichtig ist nur dass mein Auftrag lautet dich zu befreien, und das mache ich jetzt auch!“
Ohne ein weiteres Wort verließ sie die Zelle und zog den Akashi dabei hinter sich her. Als dieser die Leichen im Gang sah riss er die Augen auf. „Das waren alles bestens ausgebildete Templer! Was bei allen Dämonen Pandämoniums bist du?“
„Nichts was dich interessieren dürfte. Wir hauen ab, und zwar jetzt. Ich bringe dich zu den Toren Naveas, von da aus kannst du dann alleine abhauen.“
„Nein.“
„Wie, 'nein'? Willst du lieber hierbleiben und sterben?“
„Das meinte ich nicht!“ sagte Severin ungehalten und riss sich von seiner Retterin los. „Wir müssen zuerst zu Severina und sie holen. Ich werde nicht ohne sie fliehen.“
„Daraus wird nichts. Deine Schwester wird nirgendwo hin fliehen können. Tsubaki, das Eidolon der Bladelli, hält Wache in der Villa, sollte man dich dort erwischen und dabei entdecken wie du deine Schwester mitnimmst wird man ihr die Schuld an deinem Ausbruch geben. Man würde euch beide hinrichten lassen, egal was der Paladin sagt.“
Severin presste die Lippen zusammen und ballte die Fäuste. „Ich kann sie nicht einfach so hier zurücklassen! Sie braucht mich!“
„Keine Sorge, ich werde für dich auf sie aufpassen.“ sagte Luxuria und rollte erneut mit den Augen, nur gut dass der Akashi es nicht sehen konnte. „Zusammen mit meinen Freunden, das verspreche ich dir. Immerhin ist sie sehr wichtig für meinen Meister.“
„Wie bitte? Warum ist Severina wichtig für deinen Meister? Was geht hier vor sich?“
„Nichts worüber du dir deinen hübschen, kleinen Kopf zerbrechen musst. Alles was für dich wichtig ist, ist folgendes: haue von hier ab, lasse dich nicht fangen oder töten und halte dich von deiner Schwester fern. Wenn du das tust werdet ihr schon bald wieder ein glückliches Leben zusammen führen können, vertraue mir und meinem Meister.“
Severin zögerte. Er war nicht gerade die Sorte von Mensch, die einer fremden Mörderin und ihrem mysteriösen Meister vertraute, einfach weil sie es von ihm verlangte. Aber andererseits schien diese Luxuria ihn wirklich retten zu wollen, und half ihm aus dem Gefängnis zu entkommen. Ein kleines bisschen Vertrauen war da vielleicht doch angebracht. „Also gut, Luxuria... ich werde Navea so schnell wie möglich verlassen.“ sagte er schließlich leise und senkte den Blick.
„Ohne Severina zu besuchen?“ fragte die Dämonin misstrauisch.
„Wenn... wenn es wirklich zu ihrem besten ist... dann ja, ich werde Navea verlassen ohne zu ihr zu kommen. Aber du kannst ihr doch bestimmt etwas ausrichten, oder?“
Luxuria nickte. „Natürlich kann ich das, wenn ich sie sehe werde ich ihr sagen, was auch immer du willst.“
„Dann sage ihr, dass mir alles leid tut, dass ich sie nie in Gefahr bringen wollte, dass ich sie über alles in der Welt liebe und dass ich kommen werde um sie zu holen, sobald die Zeit reif ist.“
„Wird gemacht, und jetzt gehe bitte vor. Ich habe noch etwas zu erledigen.“ sagte Luxuria und ging auf eine der anderen Zellen zu.
„Wirst du etwa noch jemanden retten?“
„Nein. Aber es darf keine Zeugen deiner Flucht geben, das Risiko dass sie unser Gespräch mitgehört haben ist dafür zu groß.“
„Was? Du wirst doch wohl nicht etwa...“ bevor Severin ausreden konnte erklang aus jeder besetzten Zelle ein lauter, schmerzerfüllter Schrei.
„Das wars, wir verschwinden von hier.“ sagte Luxuria und verließ den Zellentrakt.
Severin wartete noch einen Augenblick und warf dann einen Blick in eine der Zellen, woraufhin ihm ein Schaudern über den Rücken lief und er Luxuria mit zögerlichen Schritten folgte. Während er das Gefängnis und die restlichen Gefangenen, welche von den Gitterstäben ihrer eigenen Zellen aufgespießt worden waren, verließ fragte der Akashi sich immer wieder, ob es nicht vielleicht doch eine schlechte Idee gewesen war, sich von der seltsamen Fremden retten zu lassen.



„Das ist also Helonia... hätte nicht gedacht dass ich mal eines Tages hier sein würde. Ich habe nicht gerade viel gutes über das kleine Städtchen gehört.“ murmelte Nikodemus, mehr zu sich selbst als seiner Gesprächspartnerin, während er den Ort betrachtete, der nur wenige hundert Meter vor ihnen lag. Nikodemus marschierte zusammen mit Mizore und Shirayuki an der Spitze einer kleinen Truppe von Templern auf Helonia zu, auf Befehl von Naruz hin.
Nikodemus wusste nicht ganz wieso, aber er schien vollkommen überzeugt davon zu sein dass dem Städtchen Gefahr drohte, oder das zumindest etwas nicht stimmte. Normalerweise hätte sich niemand dafür interessiert, ob Helonia in Gefahr war oder nicht, aber da es in der Nähe von Skandia lag war es durchaus verständlich, dass Naruz sich Sorgen machte. Ein Dutzend Templer hatte er zusammen mit ihnen losgeschickt, was wahrscheinlich zwölf mehr waren als man in den letzten Dekaden in der Nähe von Helonia gesehen hatte.
„Wir sollten uns beeilen.“ murrte Mizore ungehalten, sie war schon die ganze Reise über verdrießlich gestimmt gewesen, je weiter sie sich von Navea und Naruz entfernt hatten, desto schlimmer wurde es. „Wenn wir noch weiter hier im Süden herumschleichen könnte es dieser eifersüchtigen, silberhaarigen Diebin vielleicht doch noch gelingen mir Naruz zu klauen.“
Nikodemus seufzte, verzichtete jedoch Mizore darauf hinzuweisen dass Aleyandra Naruz' Freundin war, und das wenn überhaupt sie selber hier als Diebin fungierte.
„Irgendetwas stimmt nicht.“ sagte plötzlich einer der Templer, und als sie sich Helonia noch ein wenig mehr näherten nickte Nikodemus zustimmend.
„Es ist zu still.“ sagte er und zog sein Schwert, die Templer und Mizore taten es ihm gleich. „Kein Geschrei vom Marktplatz, keine Hunde die bellen, es sind nicht einmal Fischerboote auf dem Wasser zu sehen.“
„Ich spüre... das ist nicht gut.“ murmelte Shirayuki plötzlich und schüttelte den Kopf. „Ich spüre nur wenige, lebende Personen in Helonia. Sie sind alle irgendwo im Zentrum versammelt.“
Nikodemus fluchte. Waren sie etwa zu spät? Hatte es tatsächlich jemand gewagt Helonia anzugreifen?
„Bleibt zusammen.“ sagte Mizore da plötzlich und übernahm das Kommando über die Truppe. Ihr Gesichtsausdruck war jetzt vollkommen ernst und sie spuckte den Stiel des Lutschers aus, den sie bis eben im Mund gehabt hatte. Nikodemus' Erfahrung nach tat sie das nur, wenn die Situation ernst wurde. „Deckt euch gegenseitig den Rücken und achtet auf die Dächer und Gassen.“ fügte die Schwerttänzerin dann hinzu.
„Ihr habt Mizore gehört, Formation einnehmen!“ rief Nikodemus, woraufhin die Templer einen Kreis bildeten, mit Shirayuki in der Mitte und Nikodemus und Mizore als Vorhut. „Also los, Marsch! Aber vorsichtig!“ fügte er dann im Befehlston hinzu und sie alle setzten sich in Bewegung.
„Wir werden beobachtet.“ murmelte Mizore, kaum dass sie die Stadt betreten und die erste Gasse passiert hatten.
„Ich weiß. Aber ich kann nicht erkennen wer oder was es ist.“
„Ich auch nicht, aber bleibe auf der Hut, was auch immer hier los war, es gefällt mir überhaupt nicht.“
Kein weiteres Wort fiel danach, bis die Gruppe den Marktplatz erreichte. „Bei Gaia!“ entfuhr es Nikodemus und ihm wurde augenblicklich schlecht, als er sah was dort vor ihm war.
„Das müssen die Einwohner von Helonia sein.“ murmelte Mizore und trat einen Schritt näher an den gewaltigen Berg aus Leichen heran, der sich mitten auf dem Marktplatz auftürmte.
„Seid... seid ihr Templer?“ erklang da auf einmal eine Stimme und alle Blicke wandten sich in die Richtung aus der sie kam. Eine junge, hübsche Frau mit kurzen, braunen Haaren und violetten Augen kniete mit zerfetzten Kleidern direkt neben dem Berg. Ihre Hände waren an einen Pflock aus Eisen gebunden, den man hier in den Boden gerammt hatte und sie sah die Neuankömmlinge aus ängstlichen Augen an. „Gaia sei Dank! Ihr seid Templer!“ rief sie erleichtert und kroch etwas näher zu ihnen. „Mein Name ist Alesia Cambeli, ich... ich bin die einzige Überlebende.“ flüsterte sie dann und warf einen Blick zu den Leichen.
„Was ist hier passiert? Wer ist dafür verantwortlich?“ fragte Nikodemus, während er sich vorbeugte und mit einem Schlag seines Schwertes die Fesseln der Frau durchtrennte.
„Das dürfte ich sein.“ meldete sich auf einmal eine weitere Stimme und direkt vor Nikodemus' Augen sprang eine Frau vom Dach eines nahen Hauses. „Mein Name ist Erica Bladelli, und ich muss sagen dass ich schwer enttäuscht bin.“ sagte die Frau, die ein schwarzes Kleid trug und Nikodemus und Mizore missbilligend ansah. „Mir wurde versprochen dass mein Sohn kommen würde, wenn ich Helonia angreife, anscheinend ist er aber zu beschäftigt um selber nachzusehen was hier los ist.“ murmelte sie und schüttelte den Kopf.
Plötzlich erschienen links und rechts von ihr zwei Gestalten, die Nikodemus sehr bekannt vorkamen. „Ihr! Ihr seid die Alfar die uns schon einmal angegriffen haben!“ rief er und richtete seine Klinge auf die beiden Môrkalfar.
„Hm... bist du nicht der Soldat der von Naruz gerettet wurde?“ fragte Rhael, vollkommen desinteressiert und zuckte mit den Schultern. „Ist ja auch egal, Herrin? Das hier sind Freunde Eures Sohnes, wenn Ihr sie tötet, wird er garantiert keine andere Wahl haben als selbst zu Euch zu kommen. Er kann Eure Einladungen nicht ewig ignorieren.“
„Tatsächlich? Dann verlasse ich mich darauf dass du Recht hast, Rhael.“ sagte Erica und schnippte mit den Fingern. Sofort erschienen auf den umliegenden Dächern elf weitere Frauen, allesamt mit gewöhnlichen Schwertern bewaffnet, abgesehen von einer Armani, die ein Katana in den Händen hielt.
Da sie mit Naruz gerechnet hatte, war Erica kein Risiko eingegangen und hatte sämtliche ihrer Körper mit nach Helonia gebracht, was mehr als genug sein sollte um mit den Eindringlingen fertigzuwerden.
„Nikodemus, nimm dir Alesia und beschütze sie.“ sagte Mizore. „Die Templer und ich kümmern uns um die Feinde.“
Nikodemus zögerte zwar kurz, nickte dann jedoch. „In Ordnung, ich passe auf sie auf.“ meinte er dann, nahm Alesia an die Hand und zog sie mit sich in den Kreis aus Templern. „Bitte bleibt bei mir, hier seid Ihr am sichersten.“ sagte er noch, ehe er sich auf den Kampf konzentrierte, der hier vor seinen Augen entbrannte.

Die Frauen von den Dächern setzten sich gleichzeitig in Bewegung, acht von ihnen griffen die Templer und Nikodemus an, die vier anderen hatten es auf Mizore und ihr Eidolon abgesehen.
„Tz, Shirayuki? Wir werden unterschätzt.“ murmelte die Schwerttänzerin und richtete Durendal auf die Armani mit dem Katana. Sie wusste nicht was es mit diesen seltsamen Frauen auf sich hatte, aber sie bemerkte sofort dass sie sich größtenteils bewegten wie Marionetten die aus der Ferne gesteuert wurden, lediglich die Bewegungen der Armani waren anders, erfahrener, sicherer und bedrohlicher.
„Scheint so, ich kümmere mich um die drei anderen, konzentriere du dich auf die Armani, sie ist gefährlich.“
„Ich weiß.“ sagte Mizore und nahm die Kampfstellung der Schwerttänzerinnen ein, den Oberkörper leicht vornüber gebeugt, das Schwert parallel zu ihrem Gesicht mit der Spitze auf die Armani gerichtet. „Hm? Das ist... unerwartet.“ fügte sie plötzlich hinzu als sie sah, wie ihr Gegenüber die exakt selbe Kampfhaltung einnahm. Entweder die Armani wollte sie verunsichern... oder sie war ebenfalls eine Schwerttänzerin, in dem Fall kannte Mizore sie jedoch überhaupt nicht.
Dann ging die Armani zum Angriff über, und Mizore hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken, wer oder was ihr Gegenüber eigentlich war. Das Katana und Durendal prallten aufeinander, berührten sich den geringsten Bruchteil einer Sekunde lang ehe sie sich wieder trennten, und erneut aufeinander trafen. Mizore parierte drei Schläge der Armani, wirbelte dann herum und schlug mit Durendal nach dem Kopf ihrer Gegnerin, die sich jedoch blitzschnell duckte und so auswich. Noch im selben Augenblick schoss ihr Katana in die Höhe und zielte auf Mizores Brust, weshalb die Botschafterin zurückweichen musste um dem Stich zu entgehen.
Dadurch verlor sie sofort jegliche Initiative, die sie nach ihrem Angriff gehabt hatte und wurde wieder in die Defensive gedrängt. Der kalte, emotionslose Blick und das ausdruckslose Gesicht machten Mizore währenddessen eines klar, ihr Gegenüber lebte schon lange nicht mehr, es handelte sich wahrscheinlich nur noch um eine Leiche die von irgendjemandem gesteuert wurde, so halbwegs zumindest. Die Armani schien nämlich noch einen gewissen Grad der Selbstkontrolle zu haben und konnte daher vollständig auf ihre Fähigkeiten zurückgreifen. Das war die zweite Sache, die Mizore beunruhigte, denn sie war sich mittlerweile sicher dass sie ihrer Gegnerin vollkommen unterlegen wäre, wenn diese noch am Leben wäre und sich von alleine bewegen würde. So waren sie zwar ungefähr auf einem Niveau, aber trotzdem musste Mizore sich vollkommen auf den Schwertkampf konzentrieren und hatte keine Zeit ihre Magie zu nutzen, selbst der Fluch in Durendal brauchte Zeit um benutzt zu werden, Zeit die sie nicht hatte.
Es kostete Mizore ihr gesamtes Können und sämtliche Kraft um sich gegen die Armani zu behaupten, und als diese plötzlich in die Knie ging und erneut direkt auf Mizore zuschoss ging ihr auf, mit wem sie es hier zu tun hatte. Anfänglich sah es wie ein gewöhnlicher Stich aus, der auf Mizores Kehle zielte, die Botschafterin jedoch wusste, dass es in Wahrheit drei Stiche waren die innerhalb von wenigen Augenblicken... nein, nahezu zeitgleich ausgeführt wurden. Sie schaffte es zwei der Stiche zu parieren und dem letzten soweit auszuweichen, dass er ihr lediglich eine Schramme an der Schulter verpasste, dann trennten die beiden Kämpferinnen sich voneinander und starrten sich eine Weile lang an.
Plötzlich drehte die Armani sich zu Erica Bladelli um und öffnete den Mund, während kurzzeitig etwas wie... Trauer über ihr Gesicht huschte.
„Oh? Du da, mit den violetten Haaren!“ rief Erica plötzlich und entfernte sich einen Schritt von den beiden Alfar die sie bewachten. „Die Armani möchten wissen wie du heißt.“
„Mizore Vaas, Schwerttänzerin des Sonnenordens. Mittlerweile auch Hohetemplerin.“ erwiderte Mizore und nutzte die kurze Pause um sich ein wenig zu erholen. „Ich weiß übrigens auch wer die Leiche hier vor mir ist.“ fügte sie dann hinzu.
„Ach, tatsächlich?“ fragte Erica erstaunt.
„Yozora von den Armani, ehemalige Schwerttänzerin des Sonnenordens die der Ketzerei angeklagt und zu den Erben Valquez' verbannt wurde. Ihr haben wir den Schwertstil zu verdanken, der heute von sämtlichen Schwerttänzerinnen verwendet wird.“
„Wie niedlich. Ist das nicht wunderschön, Yozora? Selbst nach deinem Tod erinnert man sich noch an dich! Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt dass du die jüngste Schwerttänzerin aller Zeitn warst, und dann auch noch eine Armani... aber egal, wir haben genug geredet. Töte sie.“
Yozora zögerte kurz, ging dann jedoch zum Angriff über. Mizore aber hatte genug Zeit gehabt um sich einen kleinen Vorteil zu verschaffen. Kurz bevor die Armani sie erreichte, trat Mizore einen Schritt zurück und zog mit dem Fuß eine unsichtbare Linie über den Boden vor sich, woraufhin im nächsten Augenblick dutzende Eisspeere aus dem Boden wuchsen und sich der angreifenden Armani entgegen reckten.
Deren Reflexe retten sie davor aufgespießt zu werden, denn noch bevor sie auf die Speere traf stieß Yozora sich vom Boden ab, sprang über das Eis und landete direkt vor Mizore, erstarrte jedoch mit aufgerissenen Augen als diese ihr sanft die Klinge ihres Schwerts gegen die Brust drückte.
„Es tut mir leid dass es so enden muss. Ruhe in dem Wissen, dass dein Körper nicht länger als Spielzeug für diese Hexe dienen wird.“ sagte Mizore und legte der Armani eine Hand auf die Schulter. „Erblühe, Durendal.“ fügte sie flüsternd hinzu und die Klinge ihres Schwerts leuchtete eisblau auf. Als Mizore Durendal von der Brust der Armani entfernte prangte dort, wo es Yozora berührt hatte eine kleine, glänzende Blume aus Eis.
Urplötzlich klärte der Blick der Armani sich auf und sie sackte zu Boden, dann richtete sie ihren Kopf in die Höhe und lächelte Mizore schwach an. „Dan...ke...“ sagte sie mit schwacher Stimme, ehe sie, anscheinend vollkommen durcheinander, in fragendem Tonfall hinzufügte „Luca?“
„Luca? Luca Bladelli? Du kennst ihn?“
Ein Lächeln war die Antwort auf Mizores Frage.
„Es geht ihm gut.“ murmelte Mizore schließlich, die nicht ganz wusste was sie sonst sagen sollte.
Ein letztes Mal lächelte Yozora noch, dann schlossen sich ihre Augen und sie fiel tot zu Boden. Der Fluch der Skadi hatte sich zu allen Organen der Armani durchgefressen und ihr Inneres in eine Eisskulptur verwandelt, selbst wenn sie dadurch nicht gestorben wäre, so hätte sie sich doch nicht bewegen können, da ihre Muskeln eingefroren waren.
„Ein trauriges Ende für so eine große Kriegerin!“ rief Erica plötzlich in theatralischem Tonfall, ehe sie lachte. „Ich muss sagen, ihr seid alle viel stärker als ich dachte, ihr habt mich schon fünf Körper gekostet.“ fügte sie dann zerknirscht hinzu, woraufhin Mizore sich umsah. Tatsächlich, bislang war noch kein einziger Templer gefallen, mit Nikodemus als Befehlshaber hatten sie es sogar geschafft zwei Angreifer zu erledigen, während Shirayuki zwei weitere in Statuen aus Eis verwandelt hatte. „Es ist wirklich nicht mein Tag... na ja, immerhin werde ich hiernach drei neue Körper haben, du und dein Eidolon passt perfekt in meine Sammlung, hübsch genug seid ihr jedenfalls.“

„Wie bitte? Drei Körper?“ fragte Nikodemus, leicht verwirrt. Sämtliche Templer die sie begleitet hatten waren Männer, oder zählte die verrückte Hexe etwa Alesia mit?
„Ganz genau, drei.“ erklang auf einmal eine Stimme hinter Nikodemus und im nächsten Augenblick verspürte er einen stechenden Schmerz in seinem Rücken. Als er seinen Blick an sich hinunter wandern ließ sah er einen langen, schwarzen Stachel der durch seinen Brustkorb ragte, direkt unter seinem Herz.
Dem Templer lief Blut aus dem Mundwinkeln und sein Schwert entglitt seinen Händen und fiel zu Boden. Ganz langsam und mit aller Kraft die er noch aufbringen konnte drehte Nikodemus seinen Kopf nach hinten und starrte direkt in das grinsende Gesicht von Alesia. Der Schatten des Mädchens hatte sich zu einem Stachel geformt, der nun mitten in Nikodemus steckte und ihn daran hinderte sich zu bewegen.
„Oh, großer, starker Templer, könnt ihr mich nicht bitte retten?“ fragte sie lachend und schnippte mit den Fingern. Auf dieses Signal hin erhoben sich auf einmal die Schatten der Templer und durchbohrten diese hinterrücks, ohne dass ihnen eine Möglichkeit blieb sich dagegen zu wehren. „Das ist fantastisch!“ rief Alesia begeistert, drehte sich einmal um sich selbst und ging dann auf Erica zu, während sich der Schatten aus Nikodemus zurückzog und ihn zu Boden fallen ließ.
„Die kleine Überraschung war eigentlich für Naruz gedacht.“ sagte Erica lächelnd und strich Alesia sanft über den Kopf. „Er schien das Mädchen hier jedenfalls zu mögen. Die Helonier waren allesamt Volltrottel, keiner von ihnen hat bemerkt was für Potenzial in ihr schlummerte. Nachdem mein Sohn Helonia verlassen hatte war das Leben nicht leicht für sie. Sie wurde zum Gespött der Stadt und hat viele ihrer Freundinnen und Bewunderer verloren, selbst ihr eigener Vater wurde immer strenger mit ihr. Es fiel ihr nicht gerade schwer sich für mich über ihre Heimat zu entscheiden. Armes, kleines Mädchen.“ fügte sie kopfschüttelnd hinzu, ehe sie Alesia über die Wange strich, woraufhin diese glücklich lächelte.
„Der Dämon bereitet mir mittlerweile überhaupt keine Probleme mehr!“ verkündete sie voller Stolz. „Er mag mich sogar! Er sagt das ich viel hübscher und besser bin als Luxuria... wo ist die eigentlich? Ich dachte sie sollte uns hier helfen.“
„Luxuria wird momentan woanders gebraucht.“ sagte Erica und legte Alesia einen Finger auf den Mund. „Und jetzt schweig, wir wollen schließlich nicht dass du noch ausversehen verrätst wem wir hier eigentlich dienen.“
„Dem Schattenritter?“ warf Mizore ein, die inzwischen bei den Templern angelangt war und zusammen mit Shirayuki neben Nikodemus kniete. Die anderen Templer waren alle tot, aber Nikodemus hatte Glück gehabt. Mit einer Berührung von Durendal fror sie die Wunde des Templers ein und verhinderte somit dass er verblutete, alles weitere würde die Zeit heilen... wenn sie es schaffen sollten von hier zu entkommen.
„Hm? Dem alten Trottel? Tz, vergiss es!“ sagte Erica und wedelte abwehrend mit der Hand in der Luft herum. „Anfangs habe ich darüber nachgedacht... wenn ich mich richtig erinnere haben wir sogar eine Art Bündnis, aber das ist nichts wert. Er ist ein Stümper und elender Anfänger wenn es um die größeren Geheimnisse der Magie geht. Der Meister jedoch ist anders! Er ist ein Genie, nein, er ist ein Gott! Ein Gott der Magie der sich mit unserer Hilfe zum Herrscher der Welt aufschwingen wird!“ rief Erica begeistert und riss ihre Arme in die Höhe. „Oh was war ich doch naiv! Als ich noch Jünger, unerfahrener war, wollte ich nichts weiter als meinem Sohn die Seele von Nidhöggr einzupflanzen um einen Gott zu schaffen... aber seit ich den Meister kennengelernt habe weiß ich, wie töricht dieser Plan war. Nein, mein Sohn wird nur eine Seele in sich aufnehmen und zwar die des Meisters, wenn es soweit ist können wir endlich...“
„Es komme die Dunkelheit, Yamion!“
Jeder war mehr als nur ein wenig überrascht als es Morrigan war, die Alfar welche unter Erica diente, die diesen Zauberspruch benutzte und die Schatten gegen ihre Herrin und ihren Bruder schickte.
„Morrigan! Bist du verrückt geworden?!“ fluchte Rhael und wich dem Angriff aus, während Erica und Alesia lediglich einen Schutzschild errichteten, der den Angriff abfing.
„Mich würde auch interessieren, was du dir dabei denkst, Morrigan.“ sagte Erica mit kühlem Tonfall und musterte die Alfar. „Verrat? Das hätte ich dir nicht zugetraut.“
„Ich habe Euch nur gedient weil ich dachte, dass es das beste für Naruz wäre.“ stellte die junge Alfar klar und sah sich nervös um, während die Marionetten ihrer Herrin immer näher kamen.
„Oh, aber es ist doch das beste für ihn! Was kann es für eine größere Ehre geben, als zu einem Gott erhoben zu werden?“
„Flieg! Flieg schwarzer Pfeil des Todes, Yârakh! Lasse es Tod und Verderben regnen, Bellûz!“ rief Morrigan als einzige Antwort, woraufhin ein riesiger Hagel von magischen Pfeilen auf Erica, Rhael und Alesia niederging, die jedoch kaum Schwierigkeiten hatten sich dagegen zu wehren.
„Was geht hier eigentlich vor sich?“ fragte Mizore vollkommen verwirrt.
„Keine Zeit jetzt alles zu erklären, wir müssen von hier verschwinden. Wenn ihr mir vertraut, und auf Naruz' Seite steht kann ich euch an einen Ort bringen der weit von hier entfernt ist und den sie nicht finden werden. Einverstanden?“
Mizore zögerte eine Weile lang, warf dann jedoch einen Blick auf den verletzten Nikodemus und nickte zustimmend. „Also gut, bring uns von hier weg.“
„Wird gemacht.“
„Glaube ja nicht, dass wir dich einfach so entkommen lassen.“ sagte Alesia grinsend und warf einen fragenden Blick zu Erica. „Darf ich?“
„Aber natürlich.“
„Danke sehr! Also gut, wache auf Lilith, wir werden noch einmal gebraucht!“ rief Alesia begeistert, woraufhin die Schatten sich bedrohlich aufrichteten und auf Mizore, Shirayuki, Nikodemus und Morrigan zeigten. Doch es war bereits zu spät.
„Erhöre das Gebet deiner Diener und rette sie vor dem Untergang! Bringe sie in Sicherheit, erlöse sie von allem Übel, Yggdrasil!“ rief Morrigan und im nächsten Augenblick wurden sie und ihre neuen Kameraden von einem riesigen Baum umschlungen, der aus dem Boden spross und sich zu beachtlicher Größe entfaltete. Als der Baum nur wenige Augenblicke später verschwand, war auch von Mizore und den anderen keine Spur mehr zu sehen.
„Oh, Verzeihung Herrin.“ murmelte Alesia und starrte beschämt auf den Boden. „Sie sind mir entkommen.“
„Ich weiß, aber das macht nichts. Mit Morrigans Verrat konnten wir nicht rechnen, und niemand in der Kirche wird wissen worum es hier eigentlich geht. Es ist nur ein kleiner Rückschlag, nichts weiter.“ meinte Erica seufzend. „Egal, wir sollten uns zurückziehen... ich will nicht noch mehr Körper unnötig verlieren und ich muss dem Meister noch Bericht erstatten.“
„Was ist mit diesem Professor und seiner Assistentin?“
„Sobald der Meister wiedergeboren wurde und seine Macht zeigt werden sie schon noch auf unsere Seite wechseln und diesen Nichtsnutz von Schattenritter vergessen.“ sagte die Hexe voller Überzeugung. „So mächtig er auch sein mag, er ist nur ein Mensch. Und was kann ein Mensch schon gegen einen Gott ausrichten?“



Als Salvatore blinzelnd die Augen aufschlug wusste er im ersten Augenblick überhaupt nicht wo er war. Er lag auf einem Bett in einem ihm völlig unbekannte Zimmer und auch als er sich aufrichtete gab das keinen wirklichen Aufschluss über seinen Aufenthaltsort.
„Bin ich... im Himmel?“ fragte er und rieb sich die Augen.
„Gaia sei Dank bist du es nicht!“ rief da auf einmal eine Stimme und urplötzlich war der Doni von seinen drei Geisterfreundinnen umringt.
„Weißt du eigentlich wie viele Sorgen wir uns gemacht haben?!“ rief Sanae empört, während Est und Mashiro zustimmend nickten. „Als die Akashi mit dir aufgetaucht ist dachten wir schon du wärst tot!“
„Bitte tue uns so etwas nie wieder an.“ fügte Est flüsternd hinzu, woraufhin Salvatore tatsächlich so etwas wie ein schlechtes Gewissen hatte.
„Tut mir leid... aber das war ja auch nicht wirklich geplant. Das nächste mal werde ich vorsichtiger sein, das verspreche ich.“
„Das sagst du ständig.“ murmelte Est, schien jedoch mit der Antwort zufrieden zu sein.
„Also gut... wo bin ich hier eigentlich?“
„Der Villa der Bladelli.“
Salvatores Blick wanderte zur Tür des Zimmers wo Theresia Akashi gerade eintrat und ihn eingehend musterte. „Die... Bladelli Villa?“
„Richtig, Naruz hat sich Sorgen um dich gemacht, leider hatte er kaum Zeit um dich zu heilen, weshalb es ein wenig gedauert hat bis deine Wunden sich geschlossen haben, ein paar Narben werden wohl zurückbleiben.“
„Ich schätze du warst diejenige, die mich gerettet und hierher gebracht hat?“
„Ja, das war ich.“
Salvatore lächelte erleichtert. „Oh, Gaia sei Dank! Danke, dass du mich vor dem Dämon gerettet hast, wenn du nicht gewesen wärst dann...“
„Spar dir das!“ faucht Theresia ihn an und stemmte ihre Hände in die Hüften. „Ich habe alles gesehen.“
„Alles?“
„Alles.“
„Also... wirklich alles?“
„Ja! Wirklich alles! Und du hast einiges zu erklären!“
Salvatore seufzte, schlug die Decke zur Seite und stand auf. Dabei bemerkte er dass sein Oberkörper größtenteils in Verband eingewickelt war und er ansonsten lediglich eine Unterhose trug. „Meine Sachen sind...?“ fragte er und ließ seinen Blick suchend durch das Zimmer wandern.
„Ziemlich hinüber, von deiner Robe konnten wir kaum etwas retten, außer die Reliquie. Da liegt eine neue Robe für dich.“ sagte Theresia und deutete auf einen nahen Stuhl. „Und glaube ja nicht du kannst einfach so das Thema wechseln! Ich will noch immer Antworten haben.“
„Ja, ja, schon klar.“ murmelte Salvatore während er die Robe in die Hand nahm und sie kritisch musterte. „Und wo soll ich anfangen?“
„Am besten erklärst du mir wie dieser Dämon in die Bibliothek eindringen konnte, und wer es überhaupt war.“
„Das selbe wollte ich eigentlich dich fragen.“ meinte Salvatore und zuckte mit den Schultern. „Der Dämon hat mir gesagt dass er Aeshma heißt, wo er herkommt weiß ich aber nicht. Du hattest mir immerhin gesagt das kaum jemand weiß wo die Bibliothek ist.“
„Dessen bin ich mir bewusst.“ erwiderte Theresia zerknirscht. „Also hast du wirklich keine Ahnung wer der Dämon war? Oder für wen er arbeitete?“
Der Doni zögerte einen Augenblick. „Ich... habe zumindest eine Theorie. Wenn ich mich nicht irre arbeitete Aeshma für einen mächtigen Dämonenkönig, der in einer Legende der Armani lediglich als 'Maou' bezeichnet wird.“
„Ein Dämonenkönig?“ fragte Theresia ungläubig. „Eligos? Oder ein anderer Fürst aus Pandämonium?“
„Nein.“ erwiderte Salvatore kopfschüttelnd. „Wenn ich mich nicht irre kommt dieser Dämon nicht aus Pandämonium.“
Theresia sah Salvatore skeptisch an, ließ sich dann jedoch auf einem Stuhl nieder und schlug ihre Beine übereinander. „Das klingt nach einer langen Geschichte, also fasse dich so kurz wie möglich. Und wenn du versuchst mich zu verarschen wird es dir leid tun!“
Salvatore lächelte schwach. „Ich würde dich niemals anlügen, zumindest nicht wenn es darum geht. Dafür ist das alles viel zu riskant, zumindest wenn ich mich nicht irre. Und leider irre ich mich nur selten.“
„Salvatore, die Geschichte.“
„Natürlich. Also, es fing alles in Candeo an. Während des Kampfes mit Jezebeth...“
„Während dem du dich zurückgehalten hast?“ unterbrach Theresia den Doni und sah ihn fragend an.
„Haltlose Anschuldigungen! Ich habe wirklich mein aller, aller bestes gegeben als ich gegen die Harpyie gekämpft habe!“ protestierte Salvatore, wirkte dabei jedoch nicht wirklich überzeugend. „Gut, vielleicht nicht alles... aber ich musste vorher gegen einen Vampir kämpfen! Das hat mich geschwächt.“
„Ah ja, natürlich.“ erwiderte die Akashi tonlos.
„Wie auch immer... während des Kampfes hat Jezebeth erwähnt dass sie versagt hat, nicht etwa weil Candeo ihrem Angriff widerstanden hat, sondern weil es ihr nicht gelungen ist die Geburt des Maou zu verhindern. Bevor sie mehr sagen konnte ist sie gestorben, aber das ganze hat mich neugierig und nervös gemacht. Also habe ich beschlossen ein wenig Nachforschung zu betreiben und meine Kontakte bei den Armani... ähm... ich meine, ich habe Saeca gefragt und die sagte mir, dass es bei den Armani eine uralte Legende über den Maou gibt, die sie mir jedoch nicht erzählen kann, weil sie die nicht wirklich kennt. Aber sie wusste zumindest dass die Dorfältesten der Armani den Schattenritter für den Maou halten.“
„Du denkst aber etwas anderes.“ stellte Theresia fest und Salvatore nickte.
„Jezebeth hat für den Schattenritter gekämpft, ich habe seine Untergebenen kurz nach der Schlacht entdeckt, ebenso wie den Schattenritter selbst. Es würde keinen Sinn für sie machen für ihn zu kämpfen, wenn er der Maou wäre und dann zu behaupten sie wolle die Geburt des Maou verhindern. Deswegen habe ich weiter Nachforschungen betrieben, ohne jedoch wirklich etwas zu finden... außer einen Hinweis auf die Existenz einer großen, geheimen Bibliothek der Akashi. Womit ich dann zu dir gekommen bin, auch wenn ich mir erst nicht sicher war ob ich dich wirklich fragen sollte.“
„Weil du denkst dass die Akashi da mit drinstecken?“
„Nein, weil ich es nicht mag andere Leute in Schwierigkeiten zu bringen, schon gar nicht welche die ich mag. Und ich dachte mir dass du vielleicht Schwierigkeiten kriegen würdest, wenn du mich in die Bibliothek lässt, letztendlich warst du jedoch meine einzige Möglichkeit. Jedenfalls habe ich in der Bibliothek selber auch nicht viel gefunden, abgesehen von der Legende über den Maou, die jedoch nicht wirklich aufschlussreich war. Na ja, von einer kleinen Sache mal abgesehen die mich sehr nervös macht und von der ich dir noch nichts erzählen will, jedenfalls nicht bevor ich es überprüft habe. Aus diesem Grund muss ich mich jetzt auch verabschieden.“ sagte Salvatore und ging auf die Tür zu.
„Einen Augenblick bitte! Du kannst nicht einfach so abhauen, ich habe noch immer Fragen!“
„Genau wie ich.“ antwortete Salvatore und schüttelte mit ernster Miene den Kopf. „Ich werde erst Antworten auf diese Fragen finden müssen, bevor ich irgendetwas anderes mache, tut mir leid Theresia. Ich vertraue niemanden der sich länger in dieser Villa aufhält, zumindest vorerst nicht.“
„Moment! Die Bladelli haben damit zu tun?“
„Wenn sich meine Befürchtungen bestätigen, dann ja. Deswegen würde ich dich darum bitten mit niemandem über das zu reden, was ich dir gerade erzählt habe.“
„Nicht einmal mit Naruz?“
Salvatore zögerte. „Vor allem nicht mit Naruz.“ sagte er dann schließlich leise. „Ich muss mich vorbereiten, kennst du den Laden von Ricardo Doni?“
„Der Waffenhändler? Ja, kenne ich. Warum?“
„Triff mich in drei Tagen da, Nachts, nach Ladenschluss. Dann werde ich dir sagen wo ich hingehe und wenn du willst nehme ich dich mit. Bis dahin wirst du dich noch gedulden müssen.“ mit diesen Worten öffnete Salvatore die Tür und ließ Theresia alleine im Zimmer zurück. Kurz darauf drehte er sich jedoch noch einmal um. „Ach ja, ich habe dir ja ein Geheimnis der Doni versprochen, für deine Hilfe mit der Bibliothek. Wenn sich eine andere meiner Vermutungen bestätigt stammen die Vampire Pandämoniums von meiner Familie ab.“ sagte er leichthin. „Und wenn dir einfällt wie ich dir dafür danken kann dass du mein Leben gerettet hast lass es mich wissen.“ fügte er noch hinzu, winkte zum Abschied und ließ eine vollkommen verwirrte Theresia zurück.



„Ich verstehe nicht warum du so spät unbedingt noch in die Bibliothek musstest.“ murmelte Grimm genervt, während er neben Aynaeth durch die Gänge der Tempelbibliothek flatterte. „Ich habe schon so schön geschlafen.“ fügte er gähnend hinzu, wurde jedoch weiterhin ignoriert.
Es war bereits mitten in der Nacht und vor knapp einer Stunde hatte Aynaeth ihn geweckt, damit er ihr den Weg zeigen konnte.
„Du solltest langsam anfangen dir die Wege selber zu merken, dann brauchst du mich nicht ständig.“ versuchte der Drache es noch einmal.
„Ich mag es Gesellschaft beim lesen zu haben.“
„Hah! Der war gut! Wenn es jemanden gibt der es hasst wenn man ihn beim lesen stört bist du das!“
„Ich habe gesagt ich mag es Gesellschaft zu haben, nicht dass man währenddessen mit mir spricht.“
„Ah ja, natürlich. Was hat dich eigentlich dazu bewegt mitten in der Nacht die Villa zu verlassen?“
„War nicht müde.“ meinte Aynaeth schulterzuckend, während sie ein Bücherregal entlang ging und dabei mit dem Finger über die Bücherrücken fuhr.
„Das meinte ich nicht. Warum sind wir überhaupt hier?“
„Weil es hier manche Bücher gibt, die man sonst nirgendwo finden kann. Vielleicht gibt es hier etwas mit dem man Luca helfen kann.“
„Moment! Du willst Luca helfen? Du verlässt freiwillig die Villa, streifst durch die Stadt und machst dir selber Arbeit um jemandem zu helfen?“ Grimm blinzelte ungläubig. „Bist du krank?“
„Ich... weiß es nicht ganz.“ murmelte Aynaeth und sah Grimm, sehr zu dessen Überraschung, unsicher an. „In letzter Zeit fange ich an zu denken dass...“ sie zuckte hilflos mit den Schultern.
„Dass es ganz nett ist Freunde zu haben, und etwas mit ihnen zu unternehmen?“
Aynaeth nickte. „Genau. Ich hätte nie gedacht dass es so viel Spaß machen würde.“
„Wo wir gerade bei Spaß sind, ich habe dich noch nie so fröhlich gesehen wie nach deinem Date mit Naruz.“
„Es war wirklich lustig, auch wenn Naruz... seltsam ist.“
„Inwiefern seltsam?“
„Er ist nett, hilfsbereit und warmherzig, aber gleichzeitig geht von ihm eine Kälte und Finsternis aus die ich nirgendwo zuvor gespürt habe.“
„Wie bitte? Davon höre ich gerade zum ersten mal!“ entfuhr es Grimm erstaunt und er sah ein wenig schockiert aus.
„Soll das heißen, dass du es nicht spüren kannst?“
„Nein, überhaupt nicht. Er fühlt sich einfach wie ein normaler Botschafter der Gaia an.“
„Hm...“ machte Aynaeth, sagte jedoch nicht weiter. Konnte es sein, dass sie sich irrte? Unwahrscheinlich, sie war eine der besten, wenn nicht sogar die beste, Hexe die es gab. Das sie sich irrte war ausgeschlossen. Aber was waren die Alternativen? Die einzige die Aynaeth einfiel war, dass Naruz in Wahrheit ein Dämon war... und das wäre noch viel unwahrscheinlicher. Auch wenn es natürlich einige Hinweise darauf gab, das Naruz kein Mensch war, angefangen bei den Problemen die es gab als ihm das Auge Pandämoniums eingesetzt wurde.
Aynaeth seufzte und schüttelte den Kopf, es hatte keinen Sinn darüber zu spekulieren. Selbst wenn Naruz ein Dämon wäre, er war noch immer Naruz. Einer der wenigen Freunde die sie in dieser Welt hatte, nichts würde daran etwas ändern können.
„Du siehst so aus als wenn du über irgendetwas nachdenken würdest.“ meinte Grimm plötzlich und flatterte vor ihr Gesicht. „Worüber denkst du nach?“
„Nichts besonderes.“
„Hm? Also denkst du gerade nicht an Naruz?“
„So halbwegs vielleicht, warum?“
„Weil ich mir in letzter Zeit die Frage stelle... verbringst du nicht erstaunlich viel Zeit mit ihm? Ihr redet viel miteinander, backt Kuchen zusammen, geht auf das Fest der Liebe... kann es sein dass du dich in ihn verliebt hast?“ fragte der Drache scherzhaft.
Aynaeth antwortete jedoch nicht sofort, sondern sah so aus als wenn sie ernsthaft über die Frage nachdenken würde, bis sie schließlich mit den Schultern zuckte. „Vielleicht.“
„Was?“ Grimm blinzelte sie ungläubig an. Er hatte eigentlich damit gerechnet dass sie ihm sagen würde, er solle aufhören solche Scherze zu machen, diese unsichere Antwort passte nicht zu Aynaeth.
„Ich habe gesagt 'vielleicht', ich bin mir nicht sicher. Ich... mag Naruz. Ich mag es mit ihm zu reden und ich war wirklich glücklich als er mir beigebracht hat wie man einen Kuchen backt.“
„Das ist nicht etwas worüber man unbedingt überglücklich sein sollte.“ warf Grimm murmelnd ein, wurde jedoch ignoriert.
„Und es hat mir gefallen mit ihm auf das Fest zu gehen. Ich... als wir dieses seltsame Spiel an dem einen Stand gespielt haben da habe ich mich so frei wie noch nie zuvor gefühlt. Und auf der Bank... ich wollte einfach nur noch neben ihm sitzen bleiben und nichts anderes mehr machen.“
„Warum erzählst du mir erst jetzt davon? Ich bin dein Eidolonpartner! Du hast mir so was zu sagen sobald es passiert! Ich weiß anscheinend überhaupt nichts über dich!“
„Du übertreibst, wir...“ Aynaeth brach ab und legte das Buch weg, welches sie eben gerade aus dem Regal genommen hatte. „Das ist nicht gut.“ sagte sie dann leise und drei Grimoire begannen um sie herumzuschwirren. „Wir kriegen Besuch.“
„Ich weiß.“ knurrte Grimm, fletschte die Zähne und sah in die selbe Richtung, in die auch Aynaeth starrte.

Kurz darauf öffnete sich an der Stelle ein knisterndes, schwarzes Portal und zwei Dämonen traten hervor. Aynaeth identifizierte sie sofort als potenzielle Erzdämonen und wusste das sie Probleme haben würde, wenn die beiden auf Ärger aus waren. Eine Todesfee und ein Anubite traten ihr und Grimm entgegen.
„Das... kommt unerwartet.“ sagte der Anubite überrascht und zückte sein Schwert. „Eigentlich sollte um diese Zeit niemand in der Bibliothek sein.“ fügte er dann hinzu und musterte Aynaeth abschätzend. „Astarte, wir haben ein Problem. Die Hexe ist stark, wir werden nicht genug Zeit haben die Bibliothek zu durchsuchen bevor man uns bemerkt und die Magier auf den Hals hetzt.“
Die Todesfee seufzte. „Habe ich mir schon gedacht. Also die Zeugen aus dem Weg räumen und wieder abhauen?“
„Genau, einer unserer Agenten kann uns dann stattdessen die Informationen besorgen die wir brauchen.“ meinte der Anubite und trat einen Schritt vor. „Ich übernehme die Hexe, du den Drachen.“
„Wie bitte? Sollte ich nicht lieber gegen die Hexe kämpfen?“
Der andere Dämon schüttelte mit dem Kopf. „Die Hexe ist zu stark für dich, kümmere dich um den Drachen und...“ ehe er aussprechen konnte schoss eine riesige Feuerwand auf ihn zu, der er geradeso mit einem Sprung zur Seite ausweichen konnte. Bevor die Flammen jedoch auf die Bücher trafen und diese verbrannten erloschen sie und ließen nur ein wenig Rauch zurück.
„Tch.“ machte Aynaeth, von deren Grimoiren ebenfalls Rauch aufstieg. „Grimm, die Todesfee.“
„Wird gemacht!“ rief der Drache enthusiastisch und ging zum Angriff über.
„Pff, wie ich es hasse die Drecksarbeit zu erledigen.“ meinte die Todesfee namens Astarte kopfschüttelnd. „Ich darf mich also mit einem kleinen Babydrachen herumschlagen.“ fügte sie hinzu und streckte gelangweilt ihren Arm aus, als Grimm einen Feuerball in ihre Richtung schickte. Sehr zu ihrer Überraschung durchbrach die Kugel jedoch ihren magischen Schutzschild und traf die Todesfee mitten in der Brust, woraufhin sie mehrere Schritte nach hinten geschleudert wurde und gegen eine Wand knallte.
„Ich sage es dir gleich, ich bin kein Babydrache.“ sagte Grimm, der die Dämonin mit kalkulierendem Blick anstarrte und Dampf aus seinen Nüstern stieß. „Ich werde dir ein kleines Geheimnis verraten, wenn es nach dem Alter geht, bin ich einer der Urdrachen.“ fügte er dann hinzu.
„Verstehe...“ keuchte die Todesfee während sie sich aufrappelte und Grimm einen wutentbrannten Blick zuwarf. „Du musst Grimm sein, wir in Pandämonium kennen dich als 'Drache der ewigen Jugend', es heißt du hast so viel Magie wie kaum ein anderes Eidolon gespeichert.“
„Freut mich das zu hören, ich kenne dich auch, Astarte. Du giltst als mächtigste Todesfee die je gelebt hat, wird Zeit es unter Beweis zu stellen!“ rief Grimm und ließ eine riesige Feuerbrunst auf die Todesfee zurollen. Diese konterte mit einer gewaltigen Wand aus Wasser die aus dem Nichts erschien, sich dann zu tausenden Eiszapfen formte und auf den Drachen zuflog.
Grimm wich dem magischen Gegenangriff ohne Probleme aus und flog direkt vor die Todesfee, wo er ihr einen Schlag mit seinem Schweif verpasste, der sie erneut gegen die Wand knallen ließ.
„Dein Partner ist mächtiger als ich dachte.“ sagte der Anubite währenddessen und ging mit seinem Schwert zum Angriff über. Aynaeth parierte indem sie zwei Golems aus einem ihrer Grimoire beschwor die den Schlag abwehrten. Der Anubite vernichtete jedoch ihre Kerne und machte sie somit nutzlos, dann griff er wieder an, musste jedoch zurückweichen als ein violetter Blitz von der Decke kam und direkt vor ihm einschlug.
Die Hexe beschwor währenddessen immer mehr Grimoire die um sie herum in der Luft schwebten und scheinbar von selbst Zauber wirkten, aber davon ließ sich der Anubite nicht täuschen. Er wusste dass die Hexe sämtliche Zauber selber benutzte und er wusste auch wie viel Talent man brauchte um so viele Grimoire gleichzeitig zu kontrollieren.
Eis, Feuer, Wasser und Blitze schossen dann gleichzeitig auf den Dämon zu, der nur mit einer akrobatischen Einlage entkommen konnte, selber angreifen war ihm jedoch nicht mehr möglich, er kam nicht nah genug an die Hexe heran um mit seiner Waffe einen Treffer zu landen.
„Mein Name ist Bhelvion, König der Anubiten.“ sagte er plötzlich, als er einem weiteren Feuerball auswich und erschöpft in die Knie ging. „Du bist eine würdige Gegnerin.“ fügte er dann hinzu, erhielt jedoch keine Antwort. Normalerweise wäre er davon ausgegangen dass sein Gegenüber sehr unhöflich war, weil es sich weigerte ebenfalls seinen Namen zu nennen, aber in diesem Fall konnte er es verstehen. Die Hexe kontrollierte mittlerweile über dreißig Grimoire und nutzte die verschiedensten Zauber, so dass sie kaum Zeit hatte um ihm höflich zu antworten.
Obwohl die Hexe seine Feindin war konnte Bhelvion nicht anders als sie zu respektieren, er wusste wie viel Konzentration und Macht man benötigte um auch nur ein halbes Dutzend Grimoire zu kontrollieren, das Mädchen vor ihm war ein Naturtalent. Außerdem war sie anscheinend auch noch eine Botschafterin der Gaia und hatte ein sehr mächtiges Eidolon an ihrer Seite.
Astarte schien nämlich große Probleme mit dem kleinen Drachen zu haben, sie war ebenso wie Bhelvion in die Defensive gedrängt worden, auch wenn die Angriffe des Eidolons immer schwächer wurden, anscheinend hatte er seine gesamte Kraft in die ersten Zauber und Feuerkugeln gelegt in der Hoffnung den Kampf schnell zu beenden und seiner Botschafterin danach zur Hilfe eilen zu können. Da Astarte diese Attacken überstanden hatte war zumindest noch nicht alle Hoffnung verloren, auch wenn Bhelvion bereits merkte dass er an einen Gegner geraten war der ihm überlegen war.
Ein weiterer Blitz schoss auf ihn zu, gefolgt von zwei Golems und... einer Schlange aus Eis die sich gleichzeitig auf ihn stürzten. Bhelvion zögerte kurz und ließ seinen Kopf sinken. Als er ihn wieder hob loderte ein fanatisches Feuer in seinen Augen und alles schien für ihn in Zeitlupe abzulaufen. Er wich den Zaubern mühelos aus, stürmte auf die Hexe zu, die erschreckend langsam reagierte und stieß mit seinem Schwert direkt nach der Kehle des Mädchens.
Nur eine Fingerbreit von ihr entfernt erstarrte er jedoch und wagte es nicht sich weiter zu bewegen. Ein einzelner Schweißtropfen lief seine Stirn hinab und er schielte kurz nach unten, wo ein Dutzend Eislanzen direkt auf seine Brust gerichtet waren, bereit ihn zu durchbohren wenn er auch nur den geringsten Muskel bewegte.
Aynaeth war ebenso erstarrt wie der Dämon und sah mit kaltem Blick zur Klinge hinab, die kurz vor ihrem Hals schwebte, auch Grimm und Astarte hatten ihre Kampfhandlungen eingestellt und wichen voreinander zurück.
„Du kanntest die Geheimwaffe der Anubiten.“ stellte Bhelvion nüchtern fest.
„Natürlich, ich bin die beste Hexe von ganz Vo Astur, es gibt niemanden der mehr über Dämonen und Grimoire weiß als ich.“
Bhelvion schnaubte, widersprach jedoch nicht. Es war eindeutig dass die Hexe Recht hatte, es war eigentlich ein gut gehütetes Geheimnis, dass Anubiten die Fähigkeit hatten sich für kurze Zeit so schnell zu bewegen, dass man es kaum wahrnehmen konnte. Aber das Mädchen hier hatte es nicht nur gewusst, sie hatte es auch noch geschafft die Möglichkeit mit einzuberechnen und einen Zauber dagegen zu wirken, während sie damit beschäftigt war einen Angriff von drei Grimoiren zu koordinieren, sie war wirklich eine meisterhafte Hexe.
„Und wie regeln wir das ganze jetzt?“ fragte Bhelvion, noch immer ohne sich zu bewegen. „So wie ich das sehe kann keiner von uns den anderen töten, ohne dass er selbst dabei draufgeht. Wenn du stirbst verschwindet auch dein Eidolon, also könnte zumindest Astarte fliehen, ich habe weniger zu verlieren als du.“
„Sehe ich nicht so.“ erwiderte Aynaeth. „Du bist der stärkere von euch beiden, ihr dient dem Schattenritter, so viel ist klar. Dich zu töten wäre ein schwerer Schlag für ihn und seine Pläne.“
„Und dein Tod wäre ein schwerer Schlag für Vo Astur... aber mit der Stadt der Hexer sind wir nicht verfeindet, im Gegenteil. Es ist einer der wenigen Orte wo unsereins willkommen ist.“
„Du bist ungewöhnlich freundlich für einen Dämon.“
„Ehre ist uns Anubiten sehr wichtig. Wir mögen Dämonen sein, aber das heißt nicht dass wir alles gutheißen was andere Dämonen tun.“
„Verstehe...“ murmelte Aynaeth und dachte kurz nach. „Unentschieden?“ fragte sie dann und legte ihren Zeigefinger zwischen Bhelvions Schwert und ihre Kehle. „Wir lassen euch abhauen, ihr überlebt, ich überlebe, alle sind glücklich.“
Bhelvion zögerte kurz, nickte dann jedoch vorsichtig. „In Ordnung... aber zuerst entfernst du die Eislanzen.“
„Höre nicht auf ihn, egal was Dämonen sagen, man kann ihnen nicht trauen.“ knurrte Grimm misstrauisch, wurde jedoch ignoriert und stöhnte leise auf als er sah, wie Aynaeth tatsächlich ihren Zauber auflöste.
„Zu freundlich von dir.“ murmelte der Anubite... und zog seine Schwert zurück, ehe er es in die Scheide an seinem Gürtel steckte.
„Tch, du hättest sie töten sollen.“ murrte die Todesfee, zog sich jedoch ebenso wie der Anubite ein paar Schritte zurück.
„Ein Anubite hält was er verspricht.“ sagte Bhelvion und schüttelte mit dem Kopf, ehe er sich wieder an Aynaeth wandte. „Dann war es das also? Wir sind hier fertig? Astarte und ich verschwinden, und wir verschieben unseren Kampf auf ein anderes mal?“
Aynaeth nickte.
„Also gut... ich kann nicht sagen, dass ich Probleme damit habe.“
„Aber ich.“ erklang auf einmal eine Stimme hinter Aynaeth.
„Pass auf, kleine Hexe!“ rief Bhelvion und trat einen Schritt nach vorn, aber es war zu spät. Zwei lange, krumme Säbel ragten aus der Brust der Hexe, die ungläubig nach unten sah und fassungslos ihren blutenden Brustkorb anstarrte.
„Nein!“ schrie Grimm, dann packte ihn ein unerträglicher Schmerz und riss ihn zu Boden, während Aynaeth keuchend in die Knie ging. Sie schaffte es geradeso ihren Kopf zu drehen und sah ihren Angreifer, eine junge Frau mit einem Schleier vor den Augen, gekleidet in eine schwarze Robe.
„Wer bist du und wie kannst du es wagen einen ehrenwerten Zweikampf zu unterbrechen?!“ schrie Bhelvion empört und ging einen Schritt auf die Fremde zu, die jedoch schnell einen Schritt nach hinten sprang.
„So aggressiv! Glaube mir, das war nichts persönliches.“ sagte sie und hob beschwichtigend ihre Hände. „Aber meinem Meister gefällt es nicht, wie sich die Situation hier und in Helonia entwickelt, er hielt es für nötig nachzuhelfen, deswegen musste das Mädchen sterben.“
„Du verdammte...“
„Ah, ah, ah! Du willst mich doch nicht etwa angreifen, oder Anubite? Die Templer und ihre Magier werden bald hier sein, du hast keine Zeit mich zu verfolgen... außerdem habe ich dir und deinem Herrchen einen großen Gefallen getan, oder etwa nicht? Ein Problem weniger um das ihr euch kümmern müsst! Aber genug davon, ich muss mich verabschieden, man erwartet mich.“ sagte die Fremde, verneigte sich und... verschwand so plötzlich wie sie aufgetaucht war, als würde sie einfach mit den Schatten der Umgebung verschmelzen.
„Bhelvion... sie hat Recht wir müssen von hier abhauen.“ sagte Astarte nervös und sah sich um, der Anubite hörte jedoch nicht auf sie.
Mit ausdruckslosem Gesicht ging er neben der Hexe in die Knie, ihr Gesicht war schmerzverzerrt und sie atmete abgehackt und stoßweise während Blut aus ihren Mundwinkeln lief. „Es tut mir leid, kleine Hexe. Es gibt nichts mehr was ich für dich tun kann.“ murmelte der Anubite und legte ihr eine Hand auf die Schulter, während er sie mit der anderen stützte. „Ich... es tut mir leid, ich hätte sie bemerken müssen. Es ist meine Schande das es soweit gekommen ist. Wenn du willst... wenn du willst werde ich dein Leiden schnell beenden.“ bot er der Hexe an, doch diese schüttelte den Kopf.
„Noch... nicht...“ stöhnte sie leise. „Wichtige... Dinge... muss... erledigen...“ fügte sie keuchend hinzu und hustete, woraufhin eine beträchtliche Menge Blut auf den Armen des Anubiten landete und sie sich vor Schmerzen krümmte.
„Bist du dir sicher?“
Die Hexe nickte.
„Wenn es dein Wunsch ist... dann werde ich dich diese Dinge erledigen lassen.“ sagte er und schüttelte den Kopf. „Du bist ein tapferes Mädchen... wie heißt du?“ fragte er dann plötzlich.
„Bhelvion! Du wirst doch wohl nicht etwa...“
„Doch! Und du wirst es tun, Astarte.“ sagte der Anubite, ohne den Blick von Aynaeth abzuwenden. „Bitte, erweise mir die Ehre und sage mir deinen Namen.“
„Aynaeth... Vaas.“
„Ich werde mich für den Rest meines Lebens an dich erinnern, Aynaeth Vaas.“ sagte der Anubite und neigte respektvoll seinen Kopf.
„Wozu... brauchst du ihren Namen?“ fragte Grimm misstrauisch und schaffte es trotz der Schmerzen die er spürte sich aufzurichten.
„Es ist eine Tradition der Anubiten.“ erklärte Astarte tonlos und schüttelte den Kopf. „Gegner die sie respektieren... entweder wegen ihrer Kampfkunst, ihres Mutes, oder ihrer Intelligenz, fragen sie nach ihren Namen. Diese Namen brennen sie sich dann auf ihrer eigenen Haut ein, auf dass sie ihre Gegner niemals vergessen werden. Es ist die größte Ehre auf dem Körper eines Königs der Anubiten verewigt zu werden, du kannst stolz auf deine Partnerin sein. Kann ich dir noch einen Wunsch erfüllen, Drache der Jugend?“
„Ja... du kannst mich zu... Aynaeth tragen.“ keuchte der Drache, woraufhin Astarte ihn zwar fragend ansah, ihn dann jedoch in die Höhe hob und sanft auf die Brust der Hexe legte. Der Anubite ließ das Mädchen währenddessen ebenso sanft zu Boden gleiten.
„Wir können leider nicht bleiben... wir müssen verschwinden.“ sagte Bhelvion, mit echter Trauer in der Stimme und erhob sich, während sich hinter ihm knisternd ein Portal öffnete. „Ich werde für deine Seele beten, Aynaeth Vaas, auf dass du ewigen Frieden finden wirst.“ sagte er noch, dann verschwanden er und Astarte durch das Portal und ließen die Botschafterin und ihr Eidolon alleine zurück.

„Dieses mal... sitzen wir wirklich tief in der Tinte, nicht wahr?“ fragte Grimm und lachte leise. Während er das sagte nutzte er die Reste seiner Magie und übertrug sie an Aynaeth, um die Schmerzen der Hexe zu lindern und ihre Wunde zu schließen, wobei er zumindest mit ersterem Erfolg hatte.
„Kannst du so sagen.“ flüsterte Aynaeth leise und schloss müde die Augen, während sie spürte wie ihre Kräfte schwanden, aber immerhin ließen die Schmerzen nach. „Aber wir brauchen uns nicht zu verstecken, wir haben es mit zwei Erzdämonen aufgenommen und fast gewonnen, wir sind schon ein tolles Team, nicht wahr Grimm?“
„Ja... ja, das sind wir.“ erwiderte der Drache, während er Aynaeths Brustkorb empor kroch. Als er ihr Gesicht erreicht hatte stupste er sie sanft mit seiner Schnauze an und leckte ihr das Blut vom Gesicht. „Aber du darfst noch nicht schlafen, du hast noch etwas zu tun.“
„Wofür hältst du mich?“ fragte Aynaeth und lächelte tatsächlich, während sie mit letzter Kraft eine Art Amulett in die Höhe hob. „Hier... ist alles wichtige drinnen. Nur Naleya kann es öffnen... sie wird wissen was zu tun ist.“
„Ha! Du bist wirklich genial.“ murmelte Grimm und sackte sichtlich in sich zusammen, während Aynaeth angestrengt ihren Arm hob und über den Kopf des Drachen streichelte.
„Grimm?“
„Ja?“
„Wie... wie fühlt es sich an zu sterben? Du bist ein altes Eidolon... du musst es schon ein paar mal durchgemacht haben.“
„Hast du Angst?“
„Ein wenig.“
Grimm nickte sachte. „Verständlich... aber keine Sorge. Sterben ist leicht, fast so wie einschlafen, und es ist schmerzlos. Oder tut dir noch etwas weh?“
„Nein.“ murmelte die Hexe und schaffte es geradeso den Kopf zu schütteln.
„Dann ist ja alles gut... gibt es noch etwas, das du sagen willst?“
Aynaeth zögerte, schüttelte dann jedoch erneut den Kopf. „Nein. Ich... bereue nichts, ich hatte ein gutes Leben auch wenn es... kurz war.“ sagte sie, und im nächsten Augenblick rannen ihr ein paar Tränen über die Wange. „Aber...“
„Aber?“
„Ich... ich hätte gerne noch mehr Zeit mit... Naruz und... Anya verbracht. Die beiden werden so hilflos ohne mich sein.“
„Ha... das kannst du... laut sagen.“ flüsterte Grimm schwach und schloss seine Augen, während er sich auf Aynaeths Brustkorb zusammenrollte. „Weißt du... du bist von allen meinen Botschafterinnen diejenige, die ich am meisten vermissen werde.“ sagte Grimm, um Aynaeth davon abzulenken, was er gerade tat. An dem leisen Kichern und dem sanften Streicheln auf seinem Kopf merkte er, dass es ihm nicht gelang, sie merkte alles und wusste ganz genau was vor sich ging.
„Grimm, es hat keinen Sinn. Du opferst deine Magie umsonst, ich kann nicht mehr gerettet werden.“
„Ich weiß.“
„Du brauchst nicht mehr auf mich aufpassen, es ist zu spät.“
„Ich weiß.“
„Wenn du deine Magie weiterhin so verschwendest... dann wirst du... auch...“
„Ich weiß. Aber das macht nichts. Auch ich hatte ein gutes und vor allem erfülltes Leben. Außerdem bin ich diesen ewigen Teufelskreis satt, ich will nicht dauernd wiedergeboren werden, als Eidolon eines anderen, nur um ihn oder sie dann unweigerlich wieder zu verlieren.“
„Du bist... ein dummer... Drache.“ murmelte Aynaeth, erhielt jedoch keine Antwort. Kurz darauf fing sie an am gesamten Körper zu zittern und merkte wie der Druck, der bis eben auf ihrem Brustkorb gewesen war verschwand. „Grimm... mir ist kalt...“ flüsterte sie. Keine Antwort. Vorsichtig tastete Aynaeth auf ihrem Brustkorb herum, fand jedoch nichts. „Ah... ich verstehe. Du bist schon... vorgegangen.“ sagte sie und lächelte schwach. „Danke, Grimm... du bist wirklich ein guter Freund gewesen... du mächtigster... aller... Drachen...“
Dies waren die letzten Worte welche die Hexe Aynaeth Vaas jemals sagen sollte. Als zwei Minuten später Hochgeneral André und seine besten Magier und Templer am Ort des Geschehens ankamen, war sie bereits verstorben. Alles was André und seine Männer noch machen konnten war hilflos das friedliche, lächelnde Gesicht des Mädchens anzusehen, und den Befehlshaber ihrer Einheit zu informieren.

„Das... das soll doch wohl ein Scherz sein, oder?“
Kaum eine Stunde war vergangen, seit André in der Tempelbibliothek eingetroffen war, und Naruz hatte eben gerade den Raum betreten, in dem der Kampf stattgefunden hatte. Außer ihm waren nur seine Eidolons, Anya und André anwesend, der Rest wartete vor dem Zimmer. Der junge Paladin ging wie in Trance auf Aynaeth zu, die regungslos auf dem Boden lag und ging neben ihr in die Knie, hinter sich hörte er wie Anya leise schluchzte, aber das blendete er vollkommen aus. Immerhin war das ganze hier entweder ein schlechter Scherz, oder ein sehr böser Traum, anders konnte man das gar nicht erklären.
„Hey, Aynaeth... Aynaeth, wach auf. Du kannst nicht... hier...“ Naruz brach ab und schloss die Augen. Seine Lippen bebten und seine Fäuste ballten sich, während er zeitgleich spürte wie heiße Tränen seine Wangen hinunter rannen. „Aynaeth... bitte wach auf.“ flüsterte er leise und strich der Hexe eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Das Blut auf ihrer Brust ignorierte er vollkommen, er hatte die Wunden geschlossen und mit Magie geheilt sobald er angekommen war. Jetzt dürfte Aynaeth jeden Augenblick aufwachen... immerhin war er der mächtigste Magier den die Bladelli jemals gesehen hatten, vielleicht sogar der Kirche. Kein Heiler in Navea konnte es mit ihm aufnehme, wenn er jemanden heilte, dann konnte die Person nicht sterben, nicht wahr? Er war immer rechtzeitig da um diejenigen zu retten die ihm nahestanden. Er hatte es geschafft Luca zu heilen und auch Salvatore, da war doch diese lächerliche Wunde, die nicht einmal verflucht gewesen war, kein Problem.
„Aynaeth, tu mir das nicht an.“ sagte er und beugte sich tiefer über das Gesicht der Hexe, woraufhin seine Tränen auf sie hinab tropften. „Nicht so... du darfst nicht so sterben.“ Aynaeth war immer für ihn dagewesen. Als die Alfar auf dem Fest des Akashi erschienen waren hatte sie ihn und sein Team gerettet, in Candeo hatte sie beinahe im Alleingang die Sarpa abgewehrt, bis Aleyandra deren Anführerin töten konnte, und sie hatte ihr bestes getan um ihn in seiner Arbeit als Schattenjäger zu unterstützen, obwohl es dafür überhaupt keinen Grund gab. Sie war immer für ihn da gewesen... es konnte einfach nicht sein das er jetzt, wo es ausnahmsweise einmal sie war die ihn brauchte, zu spät kam. Es durfte einfach nicht sein!
„Was ist mit Grimm?“ fragte Naruz mit belegter Stimme, an niemand bestimmtes gewandt.
„Ich... ich kann ihn nicht mehr spüren.“ sagte Serif kopfschüttelnd und musste mit sich kämpfen um nicht ebenfalls in Tränen auszubrechen.
„Was soll das heißen 'Ich kann ihn nicht spüren'? Er ist ein Eidolon! Er kann nicht einfach so sterben!“
„Das... stimmt nicht ganz.“ sagte Sigrun leise und ging neben Naruz in die Knie. „Ein Eidolon kann sterben, wenn es seine gesamte Magie aufbraucht. Ich vermute das Grimm eben dies getan hat, wahrscheinlich um Aynaeths Schmerzen zu lindern.“
„Das kann nicht sein!“ rief Naruz aufgebracht. „Es ist Aynaeth! Sie ist die beste Hexe und talentierteste Magierin die ich kenne! Sie... sie muss einen Notfallplan gehabt haben! Irgendetwas, mit dem sie sich retten konnte, sie denkt immer vier Schritte voraus! Sie kann nicht einfach so gestorben sein, das ist unmöglich!“
„Naruz...“ sagte Anya und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich... ich kann verstehen wie du dich fühlst. Aber es bringt nichts sich der Wahrheit zu verweigern. Aynaeth ist...“
„Wage es ja nicht es auszusprechen!“ rief Naruz und sah Anya verzweifelt an. „Aynaeth ist nicht tot! Sie... tut nur so, sie lebt noch! Hey, Aynaeth! Komm schon, wach auf! Du kannst nicht einfach so schlafen! Wir machen uns schon alle Sorgen um dich! Ah! Ich weiß, wenn wir wieder in der Villa sind backen wir wieder einen Kuchen zusammen, wie klingt das?“
„Es tut mir leid, Paladin.“ murmelte André plötzlich und verpasste Naruz dann ohne Vorwarnung einen harten Schlag mit der Handkante ins Genick, woraufhin dieser kurz aufkeuchte, und dann ohnmächtig zusammensackte.
„Warum habt Ihr das getan?“ fragte Anya, überrascht und schockiert.
„Wir werden bald mehr Zuschauer haben.“ sagte der Hochgeneral kopfschüttelnd. „Wenn noch irgendjemand den Paladin in diesem Zustand sieht wird es ein schwerer Schlag für die Moral sämtlicher Kirchentruppen sein. Ich bitte Euch, bringt ihn zurück in die Villa... und sorgt dafür dass er sie erst wieder verlässt, wenn er sich beruhigt hat.“
Anya nickte leicht. „Serif, Sigrun... helft ihr mir?“
„Natürlich.“ sagte Serif traurig und schwebte zu Naruz hinüber. „Tut mir leid Partner... und auch bei dir möchte ich mich entschuldigen, Aynaeth. Ich wünschte ich wäre hier gewesen um zu helfen.“ flüsterte er und schüttelte mit dem Kopf, dann hoben er, Anya und Sigrun Naruz in die Höhe und machten sich daran die Bibliothek zu verlassen.
„Ich danke Euch, für Eure Hilfe, ehrenwerte Eidolons, und Lady Bladelli. Sobald der Paladin aufwacht sagt ihm, dass ich nichts unversucht lassen werde um diese Sache hier aufzuklären. Ich werde den Verantwortlichen finden, und wenn es mich das Leben kostet.“
Zuletzt geändert von Mimir am 1. Juni 2015 23:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 1. Juni 2015 22:45

54. Ein Spielzeug für Succubi (Öffnen)
54. Ein Spielzeug für Succubi


Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend klopfte Theresia an die Tür zu dem Zimmer über dem Waffenladen von Ricardo Doni. Anscheinend wusste man unten von ihrem Besuch, denn der Eigentümer hatte nicht versucht sie aufzuhalten. Nachdem sie eine gedämpfte Stimme aus dem Zimmer hörte, öffnete sie rasch die Tür und schlüpfte hinein. Salvatore lächelte sie angespannt an. Er saß auf einem Bett am anderen Ende des Raumes und schien damit beschäftigt zu sein seine Sachen zu packen.
„Nett hier...irgendwie.“ begann sie leise ohne sich überhaupt genauer umzusehen. Unaufgefordert ließ sie sich neben ihm auf dem Bett nieder und setzte sich direkt an seine Seite.
„Es ist nur vorübergehend, genauer gesagt, ist es nur noch für heute.“ erklärte er abwesend, in Gedanken ging er noch immer durch was er alles für seine kleine Reise brauchte und seine Augen huschten immer wieder zu seinem Gepäck und durch das ganze Zimmer „Morgen breche ich auf. Ich habe schon mehr als genug Zeit verloren.“
„Wo soll es überhaupt hingehen? Bisher hast du mir rein gar nichts über dein Ziel verraten, oder worum es wirklich geht.“
„Ja, und das ist auch besser so.“ erwiderte er abgelenkt.
„Wieso? Vertraust du mir etwa nicht?“ beleidigt verschränkte sie die Arme vor der Brust und funkelte ihn bedrohlich an.
„Dir? Natürlich nicht. Wieso sollte ich ausgerechnet einer Spionin vertrauen?“ fragte er belustigt und sah sie zum ersten Mal richtig an, wobei sein Lächeln nicht über die Besorgnis in seinen Augen hinwegtäuschen konnte „Ich vertraue dir mehr als den meisten anderen, ansonsten wärst du nicht hier. Du spionierst zwar für die Akashi, aber das kann mir egal sein. Es sind nicht die Akashi um die ich mir Sorgen mache. Außerdem hast du mich in der Bibliothek genau vor dem gerettet, wogegen ich versuche zu kämpfen. Wenn ich jemandem vertrauen kann, dann dir.“ er seufzte und streckte sich müde „Trotzdem werde ich dir nicht alles erzählen können, zu deiner eigenen Sicherheit. Das letzte was ich will ist zu riskieren, dass man dir ebenfalls einen Dämon auf den Hals hetzt. Du kannst auf dich aufpassen, das weiß ich und ich glaube du hättest nicht einmal Angst vor einem echten Dämon, aber das solltest du. Wenn der Maou dich tot sehen will, dann hast du keine Chance gegen ihn oder seine Diener. Es ist am besten wenn du dich bedeckt hältst solange ich weg bin und niemanden gegenüber etwas von unserem Gespräch erzählst. Solange es keine allzu offensichtliche Verbindung zwischen uns gibt wird man nicht versuchen meinen Aufenthaltsort aus dir herauszukriegen und dich nicht verdächtigen.“
„Um etwas aus mir herauszukriegen, müsste ich erst einmal irgendetwas wissen. Willst du mir jetzt sagen wohin du möchtest oder nicht? Wenn du mir angeblich vertraust, dann zeig es auch, ansonsten kann ich genauso gut entscheiden dass dein ganzes Gerede nichts weiter als sinnloser Mist ist.“ Theresia klang aggressiver als sie es gewollt hatte, dabei wollte sie ihm seinen letzten Tag in Navea nicht komplett ruinieren, sie hasste es nur etwas nicht zu wissen.
„Mein Ziel ist Skandia.“ offenbarte er ihr ruhig und überging ihre gereizte Art.
„Skandia? Ist das nicht irgendein langweiliges Nest an der Küste? Ohne den Paladin würde ich nicht einmal wissen das Skandia existiert! Was soll es da so interessantes oder tolles geben? Du verschwendest nur deine Zeit. Versuche lieber herauszufinden woher der Dämon kam der dich angegriffen hat, damit würdest du viel mehr erreichen!“
„Nein, das wäre alles nichts weiter als Zeitverschwendung. Ich habe hier in Navea bereits alles getan was ich konnte, jetzt ist es an der Zeit mich woanders umzusehen. In eurer Bibliothek habe ich etwas gelesen. Eine Prophezeiung von einem Akashi namens Skandia. Am besten du weißt nicht alles über meine Pläne, das ist sicherer für uns beide.“
„Wie ist es eigentlich so weit gekommen dass ich mit dir zum Teil irgendeiner seltsamen Verschwörung gegen einen eingebildeten Dämonenkönig geworden bin?“
„Ganz einfach.“ ernst musterte er sie kurz, bevor er mit einem leisen Lachen den Kopf schüttelte und anfing sich etwas zu entspannen „Du hast den Dämon in der Bibliothek gesehen, aber noch viel wichtiger, du glaubst mir. Dein ganzes Leben ist darauf ausgerichtet zu schauspielern und zu lügen, damit dürfte es dir leicht fallen mich zu durchschauen und vor allem weißt du wann ich die Wahrheit sage und wann nicht.“
Theresia ließ ein leises, genervtes „Pff.“ hören, bevor sie seine Worte überging, denn sie wusste dass er recht hatte, ausnahmsweise. „Na schön, ich glaube dir wirklich. Wenn ich eines gelernt habe, dann mich auf meine Instinkte zu verlassen und sie sagen mir dass du die Wahrheit sagst. Es ist nur...“ sie seufzte und kramte in ihrem Kopf nach den richtigen Worten „Willst du wirklich ausgerechnet jetzt verschwinden? Du weißt was mit Aynaeth passiert ist. Die Schattenjäger brauchen dich jetzt mehr als sonst, deine Freunde brauchen dich. Vor allem Naruz.“
„Seit wann interessierst du dich für die Schattenjäger oder meine Freunde? Ich dachte du bist nur bei uns, um dein Oberhaupt über jeden unserer Schritte auf dem laufenden zu halten.“
„I-ihr interessiert mich auch nicht, kein bisschen, aber ich mag Naruz. Mit ihm kann man Spaß haben und das interessiert mich am meisten.“ schränkte sie sofort ein, auch wenn sie langsam keine Lust mehr auf die Spielchen mit Naruz hatte. Er ging ihr noch immer aus dem Weg, was sie im Moment sogar verstehen konnte, aber auf Dauer würde sie ihm das nicht mehr durchgehen lassen. Doch jetzt würde sie erst einmal versuchen sich von ihm fernzuhalten und ihre Annäherungsversuche einzustellen. Sie hatte Aynaeth zu sehr gemocht um Naruz ausgerechnet jetzt zu verführen. Der kleinen Hexe war es zwar gelungen sie zur Weißglut zu treiben, aber trotzdem hatte sie Aynaeth gemocht. Es war schwer jemanden zu finden der freiwillig die Bonbons der schwarzen Akashi probierte. Aynaeth hatte es ohne zu zögern getan und sich noch am selben Tag überschwänglich bei ihr bedankt.
„Tja wie auch immer du dazu stehst, es bleibt dabei dass ich weg muss. Es lässt sich nicht weiter hinauszögern. Ich würde gerne noch zur Beerdigung bleiben und versuchen mit Naruz zu reden, aber ich kann nicht. Wenn ich jetzt zurück zu Naruz gehe, dann kann es sein dass ich niemals wieder die Gelegenheit erhalte zu verschwinden. Entweder ich setzte mich jetzt ab oder warte darauf das man mir den nächsten Dämon auf den Hals hetzt, ohne das ich irgendetwas herausfinden oder verändern kann.“ Salvatore musterte sie eindringlich und versuchte herauszufinden was genau in der undurchsichtigen Akashi vor sich ging. Er hatte bisher angenommen dass sie ihn nicht mochte, zumindest nicht annähernd so sehr wie sie Naruz zu mögen schien, und doch war sie bisher noch nicht zu Naruz gerannt um ihm alles zu erzählen. „Wenn du willst kannst du mich begleiten, dann könnte ich dir auch mehr erzählen, weil ich mir dann sicher bin dass ich auf dich aufpassen kann.“
„Tut mir leid, das darf ich nicht tun. Mein Oberhaupt hat mir einen Auftrag gegeben und den muss ich erfüllen. Es ist meine Aufgabe bei den Schattenjägern zu bleiben, damit ich den Schattenritter finden kann. Wenn ich jetzt einfach verschwinde wird meine Familie mich verstoßen und verbannen weil sie denken dass ich eine Verräterin bin.“ rechtfertigte Theresia sich betreten und wusste nicht einmal wieso sie sich überhaupt vor dem albernen Doni rechtfertigen musste, irgendwie erschien es ihr einfach richtig zu sein.
„Bedauerlich, aber vorhersehbar. Ich habe noch nie einen schwarzen Akashi getroffen, immerhin gibt es nicht mehr viele von euch, aber es heißt ihr steht treu zu eurem Clan, bis zum Ende und über den Tod hinaus.“ Salvatore zuckte nur unbeteiligt mit den Schultern und versuchte sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Danach sagte er nichts mehr, sondern begnügte sich damit sie anzulächeln. Irgendwie gefiel es ihm einfach nur neben ihr zu sitzen und sie anzusehen. Es gab schlechtere Ausblicke, deutlich schlechtere und ganz sicher schlechtere Gesellschaft.
„Ich mag dich.“ platze es plötzlich und ohne Vorwarnung aus der eben noch stummen Akashi heraus. Sofort wurde sie für ihren kleinen, ungewollten Ausbruch mit einem verdutzten Blick belohnt. Salvatore starrte sie mit offenem Mund an, zu sprachlos, um zu einer Gegenantwort anzusetzen, es gelang ihm nicht einmal daran zu denken etwas zu erwidern. Hatte er sich gerade verhört...vielleicht wurde er ja wahnsinnig, oder die ganzen Kämpfe und Ereignisse der letzten Zeit raubten ihm langsam aber sicher den Verstand. Kurz hielt Theresia seinem Starren stand, bevor sie rasch den Blick abwandte und ihre Füße betrachtete. Stammelnd fuhr sie fort und versuchte dabei ihre gewohnte Selbstsicherheit zurückzubringen. „N-nicht das was du jetzt denkst! Ich mag dich aber gleichzeitig ähm...ich mag dich nicht...also...du...du nervst mich und ähm...das mag ich...v-vielleicht...“ sagte sie mit rosa Wangen und verfluchte sich im gleichen Augenblick selbst für den Unsinn, den sie vor sich hin stammelte „Ich mag deine Art, irgendwie. Du wirkst nicht so wie die meisten Adeligen, außerdem bist du erstaunlich gut darin deine wahren Fähigkeiten zu verstecken, das können nur wenige, vor allem, wenn sie als Erbe einer großen Familie ständig im Rampenlicht stehen. Ich will einfach nur wissen was alles hinter dieser Fassade lauert und bist immerhin interessant, auf deine eigene Art und Weise.“ Theresia beendete ihren kleinen Vortrag und funkelte ihn jetzt in ihrer üblichen Art an „Glaub ja nicht das du deswegen irgendetwas tolles oder besonderes für mich bist oder ich mich in dich verliebt habe. Das ist es nämlich nicht was ich versuche zu sagen. Ich könnte mich niemals in so eine nutzlose Nervensäge verlieben, niemals. Moment...was genau wollte ich eigentlich sagen?“ unsicher brach sie ab, musterte den völlig verwirrten Doni kurz und seufzte dann genervt. Je länger sie redete, desto sinnloser wurde ihr Geschwafel. Letztendlich reichte es Theresia, und sie gab auf irgendetwas erklären zu wollen. Stattdessen knöpfte sie, genervt vor sich hinmurmelnd, ihre Bluse auf und zog sie aus. Mit freiem Oberkörper saß sie neben Salvatore und reckte herausfordernd das Kinn nach Oben. „Also, was ist? Ziehst du dich jetzt endlich aus oder nicht?“
„Ähm...was?“ seine Augen hefteten sich stumpf auf ihre Brüste. Das ganze war einfach viel zu plötzlich passiert um darauf reagieren zu können. Salvatore, der sonst alles andere als auf den Mund gefallen war, wusste gerade nicht einmal ansatzweise was er sagen oder tun sollte.
„Ich werde das kein zweites Mal sagen, also entweder du nutzt diese Chance oder ich gehe wieder.“ zischte Theresia, die sich allmählich dumm vorkam, weil sie halbnackt neben dem Doni saß und sich angaffen ließ. Kurz bevor sie ihn noch einmal anfauchen konnte, beugte er sich zu ihr herüber, küsste sie leidenschaftlich und drückte sie auf das Bett. Seine Hände wanderten über ihren Körper, schienen gar nicht genug von ihr kriegen zu können und fuhren über ihre Haut. Theresias Überraschung legte sich schnell wieder und sie erwiderte seine Liebkosungen zufrieden. Für eine Sekunde bedauerte sie es dass sie sich für eine ganze Weile nicht mehr sehen würden. Wenn sie sich sowieso nach einem Ersatz für Naruz umsehen musste, dann stellte der Doni die beste Möglichkeit dar. Er gefiel ihr sogar, vielleicht sogar mehr als Naruz wenn sie genauer darüber nachdachte. Doch mehr Zeit um wirklich genauer darüber nachzudenken sollte sie nicht mehr bekommen, denn Salvatore schien sich vorgenommen zu haben sie in seiner letzten Nacht in Navea im Sturm für sich zu erobern.



„Und? Was machen wir jetzt mit ihr?“ fragte Syrenia nachdenklich in die Stille hinein und rutschte ungeduldig auf dem Bett herum. Die beiden Succubus-Schwestern, hockten jetzt schon seit einer gefühlten Ewigkeit in Asturian´s kleinem Versteckt, wobei die elendig lange Warterei sie von Tag zu Tag gefährlicher werden ließ. Mit Langeweile konnten sie noch nie gut umgehen, also mussten sie sich etwas als Beschäftigung suchen, und sie hatten tatsächlich etwas gefunden. Vor den Beiden, am Kopfende des Bettes, lehnte eine leblos wirkende Teleya Akashi an der Wand. Sie hatte die Beine weit von sich gestreckt und starrte aus weit aufgerissenen Augen geradeaus. Nicht die kleinste Bewegung durchlief ihren Körper, sie blinzelte nicht einmal.
„Na was wohl, wir spielen mit ihr!“ rief Aleyna laut aus und klatschte sich dabei begeistert in die Hände. Die Succubus mit den kürzeren Haaren konnte ihre unverhohlene Aufregung kaum zügeln. Das hier, war das beste, was seit ihrer Ankunft in Navea passiert war. Nur Teleya teilte ihre grenzenlose Begeisterung nicht, und inzwischen hielt sogar Syrenia es nicht mehr für die beste Idee aller Zeiten.
„Aber was ist wenn Rotauge hier auftaucht?“ dämpfte ihre Schwester unruhig die stürmische Begeisterung Aleyna´s. Die andere Succubus war nicht ganz so überzeugt von dem genialen Plan. Bedrückt wanderte sie mit einer Hand zu den Flügeln auf ihrem Rücken, oder eher zu dem Flügel auf ihrem Rücken, dort wo ihr anderer sein sollte ragte nur ein blutiger Stumpf aus ihrem Rücken hervor. Wie immer hatten sie es maßlos übertrieben, als sie Asturian ärgerten. Unter dem Einfluss der Droge nahm er wieder einmal Rache an ihnen, allerdings traf es diesmal nicht Aleyna, sondern sie. Inmitten der ganzen Nacht voller Leidenschaft und gefangen in seinem Wahn, hatte Asturian ihr einen Flügel ausgerissen. Zwar begann ihr verlorener Flügel bereits nachzuwachsen und in ein paar Wochen konnte sie sicher wieder fliegen, aber das ließ noch lange nicht die Schmerzen verschwinden, welche Syrenia seit dieser Nacht durchzuckten. So sehr sie es auch liebte Asturian zu quälen und mit ihm zu spielen, wenn sie es übertrieben, würde er sie töten, da war sie sich sicher. „Es wird ihm nicht gefallen dass du die Akashi entführt hast.“ fügte sie nachdenklich hinzu und hätte am liebsten den Lähmungserscheinung aufgehoben der Teleya gefangen hielt. Das blonde Mädchen war bei vollem Bewusstsein, auch wenn sie wie tot wirkte.
„Ach der soll sich mal nicht so anstellen. Er kümmert sich ja schließlich nicht um uns, also müssen wir uns woanders nach einer Beschäftigung umsehen.“ behauptete Aleyna unbekümmert und musterte ihre Beute eindringlich, in Gedanken ging sie bereits durch, was sie alles damit anfangen konnte „Hör zu, ich weiß dass du aus irgendeinem Grund Angst vor Rotauge hast, und ich kann es auch verstehen nach allem was in der Nacht passiert ist, aber du darfst niemals vergessen das er unser Onii-chan ist. Er gehört zu unserer Familie, egal wie sehr er versucht sich dagegen zu wehren. Selbst im Rausch seines Blutes könnte er uns niemals ernsthaft verletzten oder umbringen. Du machst dir einfach zu viele Sorgen. Er wird sich damit abfinden dass die Akashi jetzt uns gehört. So, da wir das endlich geklärt haben wird es Zeit mit den Vorbereitungen anzufangen, wir haben schon genug Zeit verschwendet.“
„Ich bin mir noch immer nicht sicher ob das so eine großartige Idee ist. Wir sollten den Zauber vielleicht aktiv lassen...allerdings wäre das langweilig.“ meinte die andere Succubus vorsichtig. Sie schluckte ihre unbegründeten Sorgen herunter, verdrängte sie in die hintersten Ecken ihres Verstandes, und rief sich wieder in Erinnerung wie viel Spaß sie mit dem Mädchen haben konnten. Alleine die Vorstellung reichte aus, um sie von allem anderen abzulenken. Begeisterter und mit mehr Enthusiasmus fuhr sie fort, wobei sie Teleya gierig anstarrte. „Andererseits ist es langweilig wenn sie nicht in der Lage ist sich zu wehren. Sollten wir uns an einem Zauber versuchen der sie zum schweigen bringt? Ich habe so etwas noch niemals versucht, aber rein theoretisch sollte es möglich sein.“
„Oder wir schneiden ihr die Stimmbänder durch. Dann kann sie zwar noch etwas röcheln, aber damit kommen wir klar, oder stört es dich wirklich so sehr wenn sie etwas Krach macht? Ich persönlich finde ja, dass die verzweifelten Schreie und das erbärmliche Flehen immer am besten sind. Das ist ein wichtiger Teil, ohne macht es nur noch halb so viel Spaß.“
„Es geht nicht darum dass ihr Geschrei stört, sondern darum dass sie unnötig Aufmerksamkeit auf uns zieht. Die Wände hier sind dünn, viel zu dünn, und es leben noch mehr Menschen in dem Gebäude. Denk doch ein einziges Mal mit! Was glaubst du wie lange es dauert, bis irgendein besorgter Nachbar die Stadtwache oder sogar die Templer vorbeischickt? Sobald wir anfangen zu spielen wird das Mädchen die halbe Stadt aufwecken mit ihrem Geschrei.“
„Mhm da ist was dran, du hast recht.“ murmelte Aleyna nachdenklich vor sich hin und stand dabei vom Bett auf, um beim nachdenken im Zimmer auf und ab zu gehen. Dabei sprach sie leise vor sich hin. „Aber die Lösung ist nicht besonders schwer. Wir verzaubern die Wände und sorgen dafür das kein einziges Geräusch dieses Zimmer verlässt. Es wird uns zwar etwas mehr Energie kosten als uns lieb ist, aber durch den Spaß mit ihr erhalten wir mehr als genug zurück, da bin ich mir sicher.“ Als Succubi zogen sie ihre magische Kraft aus dem was sie gerne schlicht als „Spaß“ bezeichneten. Seit der Nacht ihrer Ankunft, hatten sie allerdings keine Gelegenheit mehr gehabt Spaß zu haben. Asturian mied sie wie die Pest und sie wagten es nur selten den winzigen Raum zu verlassen. Zwar drängte alles in ihnen danach die Stadt unsicher zu machen, doch das Risiko erwies sich als zu groß. Sollten die Templer sich auf ihre Fährte heften, würden sie aus Navea fliehen müssen. Also vegetierten sie hier vor sich hin und verloren mit jedem Tag der verging mehr an Energie. Der Aufwand das ganze Zimmer abzuschirmen und schalldicht zu machen hielt sich zum Glück in Grenzen. Sie mussten nur die Wände mit einigen Runen versehen und ein paar Zauber wirken. „Das kriegen wir schon hin. Eine, vielleicht zwei Stunden und wir sind fertig. Bis dahin können wir sie ja noch gelähmt lassen damit sie uns keinen Ärger macht. Wir können auch jetzt schon anfangen mit ihr zu spielen, damit wir wenigstens etwas Kraft aus ihr ziehen.“ damit endete die Erklärung ihres neuen Plans und beide Succubi warfen sofort begierige Blicke auf Teleya „Sie wirkt wie eine der Puppen mit denen wir als Kinder gespielt haben.“
„So wie ich dich kenne reißt du ihr bestimmt ganz aus Versehen einen Arm aus...“
„Ach was, an so etwas drastisches dachte ich jetzt eigentlich noch gar nicht. Dafür ist später noch Zeit, wenn sie in der Lage ist sich zu wehren, ansonsten wird es langweilig und wir können gleich eine Puppe nehmen.“ belehrte Aleyna sie besserwisserisch und wurde dafür mit einem eifrigen Nicken belohnt „Ich dachte eher daran sie wenigstens schon einmal auszuziehen und vorzubereiten, dann sind wir für die Arbeit deutlich motivierter und haben nebenbei immerhin noch etwas zum ansehen, richtig? Also dann, fangen wir an. Erst etwas Vergnügen, dann die Arbeit und danach noch sehr sehr viel mehr Vergnügen!“
„Wenn du von Vergnügen sprichst, dann kann das nichts gutes bedeuten.“ erklang von der Tür aus eine genervte, erschöpfte Stimme. Asturian hatte das Zimmer betreten und schob gerade seine Kapuze zurück, um einen Schwall silbriger Haare zu entlassen. Er trug einen dunkelbraunen Kapuzenumhang, seine leuchtende Rüstung war viel zu auffällig für seine normalen Aufgaben in Navea. Plötzlich riss er die müden Augen weit auf, sobald sie auf das reglose Mädchen auf dem Bett fielen.
„Onii-chan! Du bist zurück! Wir haben dich schrecklich vermisst! Wo warst du die ganze Zeit!? Wir sind fast gestorben ohne dich!“ rief Aleyna begeistert und hüpfte aufgeregt auf ihn zu, bis sie direkt vor ihm stand und glücklich strahlend zu ihm aufblickte.
„Was macht das Mädchen hier bei euch?“ blaffte er sie so wütend an, dass die Succubus erschrocken zusammenzuckte und beleidigt einen Schritt zurückwich.
„Was denn? Kein Kuss zur Begrüßung?“ schmollte sie betrübt und ignorierte seine Frage komplett „Warum auf einmal wieder so kalt? Ich hatte gehofft wir könnten jetzt endlich diese wundervolle Nacht wiederholen, du weißt schon, die Nacht unserer Wiedervereinigung als glückliches Trio.
„Du meinst die Nacht, in der ihr mich unter Drogen gesetzt und gequält habt?“
„Ja, ganz genau! Siehst du, du erinnerst dich auch noch an diesen wundervollen Augenblick der uns für immer verbinden wird!“
„Kannst du endlich aufhören von diesem Schwachsinn zu reden und mir sagen warum Teleya hier ist?“
„Pff, wenn es unbedingt sein muss.“ Aleyna verschränkte eingeschnappt die Arme vor der Brust und bedachte ihn eine Weile mit schmollenden Blicken. Ihre Schwester sah ihnen schweigend zu, während sie probierte sich so klein wie möglich zu machen und Asturian keine Möglichkeit zu bieten an ihren verbleibenden Flügel zu gelangen. „Mir war langweilig, also wollte ich mir einmal das Hauptquartier dieses neuen, tollen Paladins ansehen. Ich weiß nicht genau warum, aber irgendetwas geht von ihm aus. Syrenia spürt es auch, diese seltsame Ausstrahlung. Sie erfüllt die ganze Stadt. Syrenia hat es auch gemerkt und jammert seitdem nur noch rum weil sie mal wieder vor irgendetwas Angst haben muss. Ihr Menschen seid nur leider zu unfähig so etwas wahrzunehmen, aber uns hat seine Macht angezogen wie das Licht die Motten, ein sehr heißes und zerstörerisches Licht. Auf Dauer konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, also bin ich hingeflogen. Syrenia blieb zurück, da sie ja dank dir im Moment nicht mehr fliegen kann, wie du selber gut genug weißt...“ Aleyna verstummte um ihn vorwurfsvoll anzusehen, dabei wusste sie genau dass so etwas passieren würde sobald man ihn unter Einfluss des Blutes ärgerte.
„Lenke nicht vom Thema ab. Ich habe Syrenia nichts angetan, was sie nicht verdient hat und wenn du so weitermachst bist du als nächste dran. Sei froh das ich dich noch nicht rausgeworfen habe.“ antwortete er ungeduldig auf ihren Vorwurf, ohne das kleinste bisschen Schuld in der Stimme. Wenn es etwas gab das ihm ganz sicher nicht leid tat, dann war es das. Am liebsten würde er sein Schwert nehmen und die beiden Succubi auslöschen, zumindest im Moment, denn selbst in seinen schrecklichsten Albträumen hätte er sich niemals ausgemalt das Aleyna so weit gehen würde eine Akashi zu entführen.
„Das könntest du nicht, selbst wenn du es wolltest. Vergiss lieber nicht dass du seit dieser Nacht keine Dosis mehr hattest und auch keine neue mehr bekommen wirst solange du so verflucht stur und trotzig bist. Sei endlich wieder ein braves Rotauge und tu was man dir sagt!“ fauchte sie genervt. Er sollte sich über ihren Fang freuen und von sich aus anbieten ihnen zu helfen, das erwartete sie von ihrem Diener. „Aber egal, kommen wir zurück zu der Akashi. Sie saß an einem offenen Fenster und starrte trübsinnig vor sich hin, genau in dem Augenblick bin ich vorbeigeflogen. Wir sahen einander, erschraken uns kurz und begannen dann ein kleines Gespräch. Sie wirkte nett, also habe ich sie gelähmt und mit hierher geschleppt, wo sie hingehört.“
„Mit anderen Worten: Du bist endgültig absolut wahnsinnig geworden.“
„Ich sehe das Problem nicht. Sie sieht doch hinreißend und niedlich aus, oder?“ mischte Syrenia sich erstaunlich energisch ein, nachdem sie ihre anfängliche Scheu gegenüber Asturian überwunden hatte und wieder anfing sich normal zu benehmen „Wir brauchen etwas zum spielen und sie ist perfekt. Hübsch, unschuldig und alle denken sie wäre weggelaufen, was will man mehr?“
„Außerdem solltest du uns lieber dankbar sein, Rotauge. Du wolltest doch einen Krieg zwischen den Akashi und Bladelli anzetteln, stimmts? Tja, das hier ist die beste Gelegenheit die du kriegen wirst. Eine von Kyosuke´s geliebten Töchtern befindet sich hier, in unserer Gewalt, und wir können mit ihr tun und lassen was immer wir wollen. Sobald wir fertig sind verteilen wir ihre Einzelteile einfach irgendwo bei den Bladelli. Immerhin wurde sie zuletzt im Anwesen der Bladelli gesehen, das ist die beste Gelegenheit die du jemals kriegen wirst!“
„Du hast das alles also nur getan, um Teleya´s Tod auf die Bladelli zu schieben und mir bei meinem längst gescheiterten Plan zu helfen?“ fragte er misstrauisch nach. Den Plan hatte er schon seit Monaten aufgegeben und das wussten die beiden auch. Ein Krieg zwischen den großen Familien würde es nicht geben, dafür besaßen Paolo und Kyosuke zu viel Selbstbeherrschung.
„Natürlich nicht, sei nicht albern.“ zerschmetterte Aleyna selbst ihre kleine Lüge mit abfälliger Stimme „Selbstverständlich geht es nur darum Spaß zu haben, aber keine Angst, wir haben dich in unseren Plan mit einbezogen. Immerhin sollte sie nicht sterben ohne einmal bei einem Mann gelegen zu haben und du bist der einzige in Navea den wir kennen und dem wir vertrauen, also hast du unsere Erlaubnis mitzumachen. Solange du dich an unsere Befehle hältst darfst du bleiben.“
„Ihr habt keine Ahnung worauf ihr euch da einlasst!“ wütend ging er auf sie zu und versuchte die gelassene Succubus in Grund und Boden zu starren, leider wusste jeder von ihnen das seine Drohungen nichts als leeres Gerede waren „Das ist die dämlichste Idee, die du jemals hattest, und das heißt schon einiges, aber es reicht diesmal. Wenn ihr dem Mädchen etwas antut werde ich euch aus der Stadt jagen. Du wirst mit jetzt endlich zuhören und...“
„Nein, du hörst mir diesmal zu, Asturian.“ zischte Aleyna und erwiderte sein zorniges Starren auf die selbe Art und Weise, nur dass sie bereits sicher wusste diesen Streit zu gewinnen „Eigentlich sollten wir schon längst im Hochland von Triatio sein und unseren Auftrag erfüllen, doch stattdessen sind wir noch immer hier und machen rein gar nichts. Und weißt du auch warum?“ sie legte eine dramatische Pause ein und funkelte ihn herausfordernd an, was er nur mit Schweigen beantwortete „Weil wir nett zu dir sind, viel zu nett. Wir wissen dass du hier noch einige Dinge zu erledigen hast und nehmen Rücksicht auf dich, sehr viel mehr Rücksicht als du für dieses bockige Verhalten verdient hast. Sei gefälligst dankbar dafür dass wir dich nicht hinter uns her bis ins Triatio Hochland schleifen, sondern freundlich genug sind und warten. Wir werden auch weiterhin warten, denn wir brauchen dich und deine Rüstung, aber wie wir warten, liegt alleine an uns, das ist ganz alleine unsere Sache. Wenn du schon von uns erwartest in Navea zu bleiben, dann musst du auch damit leben wenn wir ab und zu etwas Spaß haben wollen. Finde dich endlich damit ab, je eher desto besser.“ energisch zeigte sie auf Teleya und ihr Gesicht zeigte deutlich das sie keinerlei weiter Widerworte dulden würde „Wir behalten das Mädchen und werden damit tun und lassen was wir für richtig halten. Du hast jetzt die Wahl, versuche sie zu befreien, und wir berichten unserem Vater von deinem Verrat, oder leb damit dass wir die Akashi als kleine Ablenkung benutzen. Du hast so lange überlebt. Willst du das jetzt alles wirklich für dieses dumme, kleine Mädchen wegwerfen? Wer interessiert sich schon für sie! Ihre eigene Familie hat sie weggeworfen und verraten. Es gibt niemanden der sie vermissen oder um sie trauern würde, und selbst wenn es jemanden gäbe, würde es nichts ändern. Sie gehört jetzt uns, solange bis wir uns dazu entscheiden ihre Überreste über die ganze verfluchte Stadt zu verteilen! Hast du das jetzt endlich verstanden?“
„Macht was ihr wollt, es ist mir egal.“ kam es nach einer Weile leise von Asturian. Er ballte die Fäuste und wandte betreten den Blick von Teleya ab. Er konnte die Succubi nicht einmal einfach umbringen und es auf die Templer schieben. Der Schattenritter hatte seine Töchter sicher nicht ohne Sicherheitsvorkehrungen nach Navea geschickt, sie mussten mit Zaubern übersät sein. „Aber eines Tages wird man euch für eure Taten bestrafen. Eines Tages wird der Schattenritter nicht mehr da sein um euch vor mir zu beschützen.“
„Eines Tages, vielleicht, aber jetzt und heute gibt es niemanden der uns aufhalten kann.“
„Wenn du meinst.“ murmelte er undeutlich zu sich selbst. Missmutig wandte Asturian sich von ihnen ab und versuchte die weit offenen Augen von Teleya zu ignorieren, auch wenn er spüren konnte, wie sie sich verzweifelt in seinen Rücken zu bohren schienen.
„Ach ja, da ist noch eine Kleinigkeit, Asturian.“ erklang plötzlich hinter ihm wieder die zufriedene Stimme Aleyna´s. Die Succubi stand direkt hinter ihm, stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm ins Ohr. „Hast du Aleyandra inzwischen aufgespürt? Ich weiß dass du noch immer nach ihr suchst und hoffst sie hier in Navea zu finden. Wie läuft die Suche?“
„Es gibt keine Suche. Aleyandra ist tot, das weißt du genauso gut wie ich. Meine Suche ist bereits seit Jahren vorbei, auch wenn du in deinem paranoiden Verfolgungswahn etwas anderes glaubst. Sie ist weder hier in Navea noch irgendwo anders, außer vielleicht auf dem Grund des Meeres.“ zischte er sie wütend an, aber blieb trotzdem stehen, um zu hören wie sie darauf reagieren würde. Wenn er jetzt einfach so verschwand kam sie vielleicht auf die Idee dass er vor ihren Fragen flüchtete, womit sie auch vollkommen richtig lag.
„Das ist wirklich schade.“ kommentierte sie seinen zornigen Ausbruch mit einem finsteren Grinsen im Gesicht, während sie sich neben ihn stellte und an seiner Schulter anlehnte „Aber sollte sie trotz allem noch immer am Leben sein und eines Tages wieder auftauchen, hoffe ich doch, dass du sie zum spielen mitbringst.“ bei diesen Worten lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken und er zuckte unwillkürlich zusammen, vor allem als Aleyna begann zufrieden zu kichern und sogar Syrenia im Hintergrund leise anfing zu lachen „Es würde sicher Spaß machen mit euch beiden gemeinsam zu spielen. Ich kenne sie leider nur aus deinem ganzen Gejammer.“
„Ich glaube sie wäre inzwischen etwas zu alt für Spielchen.“ presste er angespannt hervor.
„Man ist nie zu alt für etwas Spaß oder für unsere Art von Spiel.“ warf Syrenia vom Bett aus ein „Und auch nie zu jung, nicht wahr, meine kleine Akashi?“ aufgewühlt von diesen Worten drehte Asturian sich zu ihr um und bemerkte wie die Succubus inzwischen direkt neben der regungslosen Teleya saß. Sie hielt die Akashi in ihren Armen und gab ihr einen beiläufigen Kuss auf die Wange.
„Du kannst jetzt verschwinden, Rotauge.“ erinnerte ihn Aleyna und entließ ihn damit endgültig in die Freiheit, auch wenn sie ihn nur widerwillig losließ und sich von seiner Seite entfernte. Am liebsten würde sie ihn sofort hierbehalten, aber es würde sicher auch Spaß machen erst etwas mit ihrer Schwester und der Akashi alleine zu spielen. „Ach ja, wir brauchen etwas Zeit alleine mit ihr. Komm morgen Abend wieder, dann darfst du mitmachen. Wir geben dir auch eine extra große Portion von deinem geliebten Blut.“
„Und wenn ich morgen Abend nicht auftauche, sondern euch stattdessen ignoriere?“
„Dann wirst du das bitter bereuen, Onii-chan.“ meldete sich Syrenia mit fester Stimme zu Wort. Angesteckt vom Enthusiasmus ihrer Schwester und der Vorfreude auf den ganzen Spaß den sie haben würden „Vergiss lieber nicht dass du ohne das Blut leiden und letztendlich sterben wirst. Du hast einmal einen Monat ohne ausgehalten, aber ein weiteres Mal wird dein Körper das nicht durchstehen und das weißt du auch. Du wirst morgen Abend wieder hier auftauchen und mit dem was von der Akashi übrig ist tun was immer wir verlangen, ansonsten vernichten wir alle Vorräte die wir mitgebracht haben und du gehst jämmerlich Zugrunde. Das würde mir wirklich leid tun, also versuche da zu sein, bitte.“
„Am besten wir geben dir morgen noch eine doppelte Dosis von dem Blut, dann ist es dir sowieso egal und du wirst es sogar genießen die Akashi mit uns gemeinsam zu vernichten.“ behauptete Aleyna zuversichtlich und grinste dabei übers ganze Gesicht. Asturian ließ sich gar nicht erst zu einer Antwort herab, sondern ging diesmal auf die Tür zu ohne sich noch einmal aufhalten zu lassen und verschwand wortlos. Kaum war er verschwunden, brachen die dämonischen Schwestern auch schon in schallendes Gelächter es. „Ich liebe es ihn fertigzumachen, es gibt einfach nichts besseres als mit seinen armen, kleinen Gefühlen zu spielen.“ brachte Aleyna zwischen ihrem Lachanfall prustend hervor. Sie hatte Asturian wirklich vermisst. Im Norden konnten sie niemanden ärgern, zumindest niemanden der sich so fantastisch ärgern ließ wie Rotauge.
„Willst du ihm morgen wirklich so viel von dem Blut geben? Was passiert wenn er ausrastet und sich lieber auf uns stürzt als auf das Mädchen? Letztendlich scheint er uns diesmal wirklich zu hassen. Zu viel Blut könnte gefährlich sein und am Ende sind wir es mit denen gespielt wird...ich habe nichts dagegen wenn er mit uns spielt, ganz sicher nicht, aber was wenn er es übertreibt? Vergisst nicht dass er stärker ist als wir. Ohne Vater und das Blut hätten wir nichts um ihn unter Kontrolle zu halten, und im Rausch vergisst er vielleicht seine Angst vor Vater.“
„Fängst du schon wieder mit dem Unsinn an? Ich dachte wir hätten das ein für allemal geklärt! Du machst dir einfach zu viel Sorgen.“ fauchte Aleyna ungehalten. Ihre großartige Stimmung wurde von den vorsichtigen, beinahe schon ängstlichen, Kommentaren ihrer Schwester deutlich gedämpft. Sie sollten keine Angst vor Asturian haben, wenn dann sollte er Angst vor ihnen haben! „Er braucht das Blut. Ohne genug von dem Zeug wird er niemals tun was wir verlangen und versuchen sich dagegen zu wehren. Oder glaubst du wirklich er hilft uns dabei das Mädchen umzubringen während er bei klarem Bewusstsein ist? Wenn wir wirklich tollen Spaß zu viert haben wollen brauchen wir das Blut, Ende. Also finde dich damit ab und hoffe einfach das er dir nicht auch noch deinen letzten Flügel ausreißt. Wenn alles gut geht lässt er es sowieso an Teleya aus, nicht an uns.“



Saeca rannte so schnell wie noch nie zuvor in ihrem Leben, und trotzdem fiel sie mehr und mehr hinter Aleyandra zurück. Das weißhaarige Mädchen nahm gerade keine Rücksicht auf die Armani, sondern hielt geradewegs auf das Anwesen der Bladelli zu. Sie wirkte wie ein Wirbelwind, während sie unaufhaltsam durch die Straßen von Navea raste. Nach einer Weile hatte Aleyandra sich endgültig von ihr abgesetzt und erreichte das Anwesen mit einem gigantischen Vorsprung. Ohne anzuklopfen stieß sie mithilfe ihrer überlegenen Kraft als Botschafter Gaias die Tür auf, wobei diese fast aus den Angeln sprang. Schlitternd kam sie im Flur zum Stillstand, direkt vor einer verwirrt blinzelnden Anya. Etwas außer Atem blieb Aleyandra vor ihr stehen und versuchte sich erst einmal wieder zu sammeln.
„Ich nehme an du bist hier um Naruz zu sehen?“ fragte Anya zur Begrüßung. Für Höflichkeiten war derzeit niemand hier in der Stimmung also verzichtete sie darauf. Geduldig wartete sie bis Aleyandra wieder zu Atem kam und in sich in der Lage sah zu antworten.
„Nicht nur. Ich bin hier weil ich das von Aynaeth gehört habe!“ rief Aleyandra aufgebracht und Anya bedauerte ihre Frage noch im selben Moment „Silberblatt hat es mir vorhin erzählt, auch wenn er dafür viel zu lange gebraucht hat.“ Trotz der ganzen Situation musste Aleyandra sich ein freundliches Lächeln verkneifen, wenn sie an den Besuch von Teregion dachte. Ihr Großmeister stand plötzlich vor der Tür, zornig und voller Wut. „Er war völlig außer sich und brauchte eine Weile um mir überhaupt zu sagen was passiert ist, anscheinend dachte er ich müsste es schon längst wissen. Wenn ich es richtig verstanden habe will er das unser Orden bei der Suche nach dem Mörder hilft so gut wir können. Er selbst will sich den Ort ansehen an dem...an dem es passiert ist und versuchen mehr herauszufinden.“ Aleyandra verstummte kurz und dachte darüber nach, wie sie das folgende sagen sollte ohne beleidigt und trotzig zu klingen. Sie wusste das sie sich kleinlich verhielt und trotzdem gelang es ihr nicht sich zurückzuhalten. Es dauerte eine Weile, aber letztendlich brach es aus ihr heraus, sie konnte diese Beleidigung nicht einfach so herunterschlucken, nicht nach allem was in letzter Zeit passiert war. Man schloss sie einfach wieder einmal aus allem aus, fast als würde sie weder zu Naruz, noch zu dessen Freunden gehören und das regte sie auf. „Allerdings dachte er, dass ich als einer der Ersten von Aynaeths Tod erfahren würde, immerhin stehen Naruz und ich uns nahe, aber niemand kam, absolut niemand sagte mir ein einziges Wort von der ganzen Sache. I-ich will niemandem einen Vorwurf machen, aber ich hätte euch vielleicht helfen können! Ich kann verstehen das Naruz nicht vorbeigekommen ist aber wieso hat er niemanden vorbeigeschickt? Ansonsten wäre ich schon viel früher hier gewesen!“
„Silberblatt kümmert was passiert ist? Tatsächlich?“ hakte Anya überrascht nach und überging damit gekonnt Aleyandras Gejammer. Hoffentlich verschonte sie Naruz mit irgendwelchen Vorwürfen. Den Paladin plagten derzeit andere Probleme als seine hysterische Freundin, die sich darüber aufregte, dass niemand es für nötig gehalten hatte ihr Bescheid zu geben. Tatsächlich hatte niemand auch nur kurz daran gedacht zu Aleyandra zu gehen. Sie gehörte nicht zu den Schattenjägern, nicht zu ihnen. Sie war einfach nur...ein Anhängsel von Naruz, mehr nicht. Es überraschte Anya dass Aleyandra sich überhaupt für Aynaeths Tod interessierte. Das war sogar noch überraschender als Silberblatts Reaktion, der hatte immerhin ab und zu mit Aynaeth zu tun gehabt und schien sie gemocht zu haben. „Ich hätte nicht gedacht, dass er sich so für Aynaeth einsetzen würde.“
„Er mochte sie wirklich, allerdings sind die meisten Kinder Gaias mit der Suche nach seiner Cousine beschäftigt. Die Akashi werden es nicht gerne sehen, wenn er plötzlich anfängt seine Leute auf die Jagd nach dem Mörder zu schicken, anstatt sich um Teleya zu kümmern. Aber andererseits sind die Kinder Gaias nicht das persönliche Werkzeug der Akashi und herauszufinden wer das getan hat, dürfte wichtiger für die Kirche sein als irgendein verschwundenes Mädchen.“ erklärte Aleyandra und fragte sich dabei, mit für ihre Verhältnisse erstaunlich viel Weitsicht, welche Auswirkungen die ganze Angelegenheit auf lange Sicht noch haben würde. Die Botschafterin von Vo Astur und eine der mächtigsten Hexen der grauen Stadt, ermordet im Zentrum des Kirchenstaates, inmitten des sichersten Teils von Navea. Wenn man wirklich wollte konnte man sicher einen Weg finden und sich eine Verschwörung der Kirche gegen Vo Astur einbilden.
„Gibt es eigentlich schon Neuigkeiten von Teleya? Sie ist immerhin aus unserem Anwesen verschwunden, also sind wir ebenfalls für sie verantwortlich und mein Großvater würde gerne auf dem Laufenden gehalten werden.“
„Nein, leider nicht. Sie ist einfach spurlos verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Es gibt nicht einmal den kleinsten Hinweis auf ihren Aufenthaltsort. Silberblatt wird langsam ungeduldig und vor allem besorgt, ich glaube er macht sich inzwischen wirklich Sorgen um sie. Aber wie auch immer, sind wir jetzt fertig mit der Fragestunde? Nichts für ungut, aber ich bin nicht in der Stimmung für diesen ganzen Unsinn.“ erklärte Aleyandra mit einem Anflug von Überheblichkeit in der Stimme. Es fiel ihr noch immer nicht leicht in der Nähe von Naruz Cousine zu sein. Insgeheim glaubte sie weiterhin dass er sie nicht nur mit Theresia sondern auch mit der Bladelli betrog, daran glaubte sie mit jeder Faser ihres Körpers. „Wo ist Naruz? Und noch viel wichtiger, wie geht es ihm?Ich will ihn sehen, sofort. Er braucht mich und wartet sicher schon die ganze Zeit.“
„Ähm...das dürfte etwas schwierig werden glaube ich.“ begann Anya vorsichtig, etwas verunsichert von Aleyandras forschem Tonfall und auch vielleicht davon dass das weißhaarige Mädchen sie ansah als wäre sie eine Kakerlake. „Naruz hat sich in der Bibliothek eingeschlossen, gleich an dem Tag nach Aynaeth´s Tod. Soweit ich weiß hat er den Raum nicht wieder verlassen. Wir stellen ihm ab und zu etwas zu Essen vor die Tür, aber ansonsten wissen wir nicht wie es ihm geht. Wenn du ihn da rausholen könntest würde uns das wirklich helfen.“
„Gut, ich kümmere mich um ihn und hole ihn da raus.“ versprach Aleyandra unbekümmert und voller Zuversicht. Im selben Augenblick schneite hinter ihr eine schwer atmende und verschwitzte Armani durch die Tür hinein. Aleyandra betrachtete sie kurz verwirrt, bis ihr wieder einfiel das Saeca ja irgendwo hinter ihr gewesen war. „Oh, Saeca, du bist auch endlich da. Warte hier, ich bin gleich wieder zurück, muss nur schnell Naruz holen!“ Mit diesen wenigen Worten machte sie sich im Eiltempo auf den Weg zur Bibliothek, raste an Saeca vorbei und war nach einigen Sekunden spurlos verschwunden.
„Alles in Ordnung, Saeca?“ fragte die Bladelli besorgt nach, als sie mit ansah wie Saeca sich erschöpft an die Wand lehnte und abgehackt japste.
„Wasser...Dangos...Wasser...Dangos...Wasserdangos...Dangowasser...Hilfe...“ stammelte die Armani sinnlos vor sich hin und fühlte sich, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen. Ein Sprint durch die ganze verfluchte Stadt war nichts für sie. Noch dazu hatte sie sich verlaufen sobald sie Aleyandra aus den Augen verlor. Anya lächelte sie mit einem Anflug von Belustigung an und machte sich daran die fertige Saeca in die Küche zu bringen.
Während Saeca haarscharf an einem Zusammenbruch vorbeischrammte, war es Aleyandra gelungen in Rekordzeit die Strecke bis zur Bibliothek zurückzulegen. Nervös stand sie vor der Tür und fragte sich was sie sagen sollte oder ob es überhaupt etwas gab was sie sagen konnte um ihn von allem was passiert war abzulenken. „Naruz? Ich bin es, Aleyandra. Öffne bitte die Tür, damit wir uns unterhalten können.“ sie wartete angespannt einige Minuten, doch nichts passierte. Unsicher rang sie sich dazu durch noch ein weiteres Mal zu klopfen. Naruz musste dort drin sein, es sei denn die Bladelli erlaubte sich einen schlechten Scherz mit ihr. „Hörst du mich, Naruz? Ich will mit dir reden, bitte lass mich rein.“ Versuchte sie es erneut, doch die Tür blieb verschlossen. Stirnrunzelnd sandte sie ihre Kräfte aus und tatsächlich spürte sie auf der anderen Seite der Bibliothek die Aura eines Botschafters der Gaia. Es musste Naruz sein, daran bestand kein Zweifel für sie. Sie hatte so viel Zeit damit verbracht ihn zu verfolgen dass sie ganz genau wusste wie er sich anfühlte, also traute sie sich noch mal zu klopfen, diesmal deutlich lauter. „Weißt du, als Aynaeth zu mir kam, und mich bat mit dir ausgehen zu dürfen, da habe ich nicht lange überlegt oder auch nur daran gedacht eifersüchtig zu werden. Stattdessen habe ich sofort unterschrieben, ohne zu zögern. Sie wirkte so...aufgeregt und schien sich so sehr auf den Tag mit dir zu freuen. Ich konnte sie einfach nicht enttäuschen. Ich mochte sie und bereue es dass ich nicht mehr Zeit mit ihr verbringen konnte. Du brauchst jetzt etwas Zeit für dich, das verstehe ich. Aynaeth und du, ihr standet euch nahe, sehr nahe sogar. Ich weiß dass du sie wirklich gemocht hast. Ich lasse dir deine Zeit, aber so schnell wirst du mich übrigens nicht los, Naruz. Ich werde auf dich warten, darauf das du bereit bist mit mir zu reden und dich nicht mehr versteckst.“ Damit beendete sie ihren kleinen Vortrag und entschied sich dazu es gut sein zu lassen. In dem Moment, in dem sie alles gesagt hatte was sie sagen wollte, verließ sie das letzte bisschen Kraft. Naruz brauchte sie, nur deswegen war es ihr überhaupt gelungen den Weg bis hierher hinter sich zu bringen. Erschöpft rutschte sie an der Wand hinab nach unten, bis sie mit bleischweren Knochen auf dem Boden neben der Tür sitzen blieb. In den letzten Tagen hatte sie bereits kurz davor gestanden mit Naruz über ihre Krankheit zu reden. Auf Drängen Saeca´s war sie bei einigen Heilmagiern gewesen, doch niemand konnte ihr weiterhelfen. Naruz schien wirklich ihre einzige Option zu sein. Doch nicht jetzt. Nicht so kurz nach Aynaeth´s Tod, das konnte sie nicht. Er brauchte jetzt sie und nicht umgekehrt, sie musste für ihn da sein und das würde sie auch. Mit den Gedanken daran wie sie Naruz trösten konnte, fielen ihr die schweren Augenlider zu und sie sank in einen traumlosen Schlaf.
Viele Stunden später, schreckte Aleyandra aus ihrem tiefen Schlaf auf, als sie etwas an der Schulter berührte. Rasch riss sie die Augen auf und blinzelte in Anyas Gesicht, welche sie beruhigend anlächelte. Die Bladelli kniete neben ihr auf dem Boden. Gerade war sie damit fertig geworden einen Teller und Besteck vor Aleyandra abzulegen.
„Tut mir leid dich wecken zu müssen, aber ich dachte du könntest etwas zu Essen vertragen, immerhin wartest du schon ziemlich lange auf ihn.“ begann Anya mit einem entschuldigenden Lächeln und rutschte vorsichtig ein Stück von ihr weg. Dann bemerkte sie plötzlich etwas in Aleyandras Gesicht und starrte sie verwirrt an. „Was hast du da?“
„Mhm? Was?“ verschlafen folgte Aleyandra den Augen der Bladelli und merkte, dass Anya direkt auf ihren Mund starrte. Benommen wischte sie sich mit der Hand über die Mundwinkel und zuckte zusammen als sie das Blut an ihren Fingern sah. Es lief ihr aus den Mundwinkeln heraus über ihr Kinn, nicht viel, aber genug damit Anya es sogar im halbdunkel des Ganges bemerkte. „D-das ist nichts, absolut nichts. Vergiss es einfach schnell wieder. Ich habe mir nur im Schlaf auf die Zunge gebissen, das ist alles.“ versuchte sie rasch abzulenken und wischte sich dabei das ganze Blut ab, dann begann sie einen verzweifelten Versuch das Thema zu wechseln „Oh, es ist ja schon dunkel. Habe ich wirklich so lange geschlafen...das kann nicht sein...“
„Es ist schon lange dunkel und mitten in der Nacht. Bis eben war ich noch mit meiner Arbeit für die Schattenjäger beschäftigt. Ohne Naruz gibt es viel zu tun, jemand muss sich um seine Aufgaben kümmern. Ich wollte dich nicht wecken, also habe ich dafür gesorgt das jemand Saeca zu euch Nachhause bringt. Sie hat sich zwar eine Weile geweigert dich zurückzulassen, aber dann eingesehen dass es gemein wäre dich zu wecken. Du wirktest so, als könntest du etwas Schlaf gut gebrauchen.“ erklärte Anya ruhig. Noch immer musterte sie Aleyandra misstrauisch. Da war viel zu viel Blut gewesen, die Moraevion log ihr etwas vor. Doch sie hatte mit Naruz, Aynaeth und dem verschwundenen Salvatore schon mehr als genug zu tun, da musste sie sich nicht auch noch in Aleyandras Probleme einmischen. Wenn nötig konnte sie Naruz später danach fragen, sobald er endlich aufhörte sich zu verkriechen. Statt nachzuhaken schob Anya den Teller näher an Aleyandra heran und warf ihr ein aufforderndes Lächeln zu. „Es ist nicht viel, da das Abendessen schon längst vorbei ist, aber ich habe mitgebracht was ich finden konnte. Wenn du noch etwas brauchst dann naja, du weißt wo die Küche ist, bedien dich.“
„Warum tust du das? Wir sind nicht gerade die besten Freunde, oder? Solltest du nicht lieber darauf hoffen dass ich verhungere?“
„Richtig, vielleicht sollte ich das, aber ich kann es nicht. Du machst dir Sorgen um Naruz, genau wie ich, und du bist hier, um dich um ihn zu kümmern, dabei will ich dir helfen. Wenn jemand zu ihm durchdringen kann dann sicherlich du. Er wird auf dich hören und fühlen, dass du für ihn da bist. Deine Nähe wird ihm mehr helfen als alles andere, also werde ich dich dabei unterstützen so gut ich kann.“
Aleyandra antwortete Anfangs nichts, sondern wandte sich erst einmal ihrem Essen zu. Nach ein paar kleinen Bissen, fügte sie ein zögerliches „Danke.“ hinzu, wobei sich ihre Wangen rosa verfärbten. Ausgerechnet bei Anya wollte sie sich nicht bedanken, aber ihr blieb keine andere Wahl. Rasch wandte Aleyandra verlegen den Blick ab, um sich wieder voll und ganz ihrem Essen zu widmen.
Eine Weile sah Anya ihr lächelnd beim essen zu, bevor sie aufstand. „Willst du eigentlich hier übernachten? Wenn du willst kannst du dir eines der Zimmer aussuchen, wir haben mehr als genug Platz. Nimm dir einfach eines das dir gefällt. Naruz Zimmer ist auch noch frei.“
„Sehr großzügig, aber ich hatte eigentlich darauf gehofft...naja ich...dachte...“ Aleyandra räusperte sich verlegen und kam sich dabei unglaublich dumm vor. Sie wirkte sicher wieder einmal wie eine anhängliche Idiotin. „Ich dachte daran hier zu schlafen, vor der Bibliothek. Ich möchte Naruz jetzt nicht alleine lassen. Er könnte jeden Augenblick rauskommen und dann will ich da sein.“
„Oh verstehe. Ich veranlasse dass die Diener dir einige Kissen und Decken bringen, damit du es dir gemütlich machen kannst.“
„W-wirklich? I-ich darf wirklich hierbleiben?“ stammelte sie und starrte ihre rothaarige Konkurrentin aus großen Augen ungläubig an.
„Natürlich.“ Anya nickte zur Bestätigung und spielte sogar kurz mit dem Gedanken es Aleyandra gleichzutun, verwarf diesen aber sofort wieder. Aleyandra würde das sicher nur wieder falsch auffassen und am Ende versuchen sie umzubringen, es war am sichersten sie alleine zu lassen. „Also dann, sag mir bitte Bescheid sobald Naruz die Bibliothek verlässt. Gute Nacht.“
„Gute Nacht.“ murmelte Aleyandra ihr zu, wobei sie versuchte so freundlich wie möglich zu klingen. Anya war wirklich nett zu ihr gewesen, das hätte sie niemals erwartet. Noch eine Weile sah sie der Bladelli unsicher hinterher, bevor sie sich zaghaft lächelnd der Tür zur Bibliothek zuwandte. „Ich hoffe es geht dir gut, Naruz. Nimm dir so viel Zeit wie brauchst, ich werde für dich da sein so gut ich kann, auch wenn ich keine Ahnung habe, was ich tun kann um dir zu helfen. Am liebsten würde ich deinen Schmerz teilen oder gleich ganz in mich aufnehmen, aber das kann ich nicht, so gerne ich es auch würde.“ sie seufzte, legte ihren Kopf an die Tür und summte eine Weile leise vor sich hin, bis sie spürte wie die Müdigkeit sie wieder übermannte „Schlaf gut, Naruz.“ flüsterte Aleyandra noch, bevor sie wieder einschlief. Sie bekam nicht einmal mehr mit wie Diener der Bladelli sie zudeckten und Kissen um sie herum verteilten.



„Hier, für dich.“ Retia stellte etwas zu Essen auf dem Nachttisch neben Severinas Bett ab und lächelte ihr zaghaft zu. Es war der Morgen nach Aleyandras stürmischen Auftritt und jeder im Anwesen wusste bereits das man den Flur vor der Bibliothek lieber mied. Aleyandra hockte noch immer dort, eingehüllt in haufenweise Decken, und starrte jeden der es auch nur wagte sich der Tür zu nähern in Grund und Boden. „Tut mir leid dass sich in letzter Zeit niemand wirklich um dich gekümmert hat. Alle sind im Moment etwas...abgelenkt.“ versuchte sie es der Akashi zu erklären, auch wenn sie dabei gewaltig untertrieb. Sie bezweifelte das irgendwer schon den Tod von Aynaeth verkraftet oder auch nur wirklich realisiert hatte. Sie selbst kannte die Hexe kaum und wurde von Lucas tödlicher Krankheit genug abgelenkt, deshalb fiel es ihr zu dafür zu sorgen das Severina nicht verhungerte.
„Verstehe. Sie hat allen hier viel bedeutet.“ murmelte die Akashi leise als Antwort, während sie auf ein Platt Papier in ihren Händen starrte. Die drückende, deprimierte Ausstrahlung die über dem ganzen Anwesen lag nahm anscheinend selbst sie mit. Severina versuchte sich aus dem ganzen herauszuhalten so gut sie konnte. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, dann erinnerte sie sich nicht einmal mehr daran wie diese Aynaeth aussah. Trotzdem fühlte sie irgendwie, wie die Traurigkeit selbst auf sie übersprang. Es gefiel ihr, dass die Schattenjäger und Bewohner der Villa sich benahmen wie eine kleine Familie. Wenn sie jetzt sofort tot umfiel, gab es sicher nicht so viele Leute die um sie trauerten. Kein Akashi würde sich jemals für ihr Schicksal interessieren. Sie konnte hier und jetzt sterben, und niemand außer ihrem Bruder würde auch nur daran denken eine Träne für sie zu vergießen...vielleicht nicht einmal mehr er. Ihr Gesicht verdüsterte sich, während sie sich fester an das Stück Papier klammerte und ihre Finger in dem Pergament verkrallte.
„Was hast du da?“ fragte Retia beiläufig.
„Nichts wichtiges, nur eine Nachricht von Andre.“
„Der Kommandant? Was schreibt er denn? Geht es um deine Begnadigung?“
„Nein, aber so wie es aussieht, ist mein Bruder vor einigen Tagen aus dem Gefängnis geflohen und niemand weiß wie. Andre versichert mir in dem Schreiben dass ich nicht dafür verantwortlich gemacht werde. Sie glauben nicht dass ich in der Lage gewesen wäre meinem Bruder zu helfen, also ändert sich für mich nichts.“ antwortete Severina schwerfällig und wirkte etwas benommen. Die Nachricht von seiner Flucht war das beste was sie seit langem gehört hatte. Jetzt konnte er sie retten, sie konnten noch immer gemeinsam aus Navea fliehen, genauso wie geplant. Nachdenklich musterte sie die überraschte Magierin. Eigentlich sträubte sich alles in ihr dagegen die folgenden Worte auszusprechen, aber andererseits musste sie etwas riskieren. Das Anwesen war gut geschützt, das hatten sie und Severin bereits am eigenen Leib erfahren müssen. Von ihr konnte er sie vielleicht nicht befreien, vor allem da sie ihm keine große Hilfe sein konnte, also blieb ihr keine andere Wahl als diese Frage zu stellen. „Kannst du mir einen kleinen Gefallen tun, Retia? Ich weiß wir kennen uns kaum und du wirkst nicht so, als hättest du große Lust im Moment irgendetwas zu unternehmen, aber mir fällt sonst niemand ein. Außer dich kenne ich hier nur Naruz und er hat sich nicht mehr sehen lassen seit die Hexe umgebracht wurde. Ich kann verstehen das er wichtigeres zu tun hat und will ihn nicht belästigen, also...könntest du mir bitte helfen? Bitte.“
„Worum geht es denn?“ fragte sie vorsichtig nach. Es stimmte dass sie derzeit nicht gerade viel Frohsinn versprühte und erst recht keine Lust hatte hier zu sein oder für jemanden etwas zu erledigen. Normalerweise gerne, doch Luca kreiste ihr noch immer im Kopf herum. Würde er wirklich sterben? Seine Verfassung wirkte schlimm genug damit sie ihm ohne nachzudenken glaubte, doch sie wusste auch wie mächtig Naruz sein konnte und wie sehr der Paladin nach einer Lösung suchte. Gefangen in ihren eigenen Gedanken vergaß sie die Akashi, wofür sie sich sofort schuldig fühlte. Severina hatte genug durchgemacht und bedauerte ihren Angriff auf Luca ehrlich, vielleicht verdiente sie wenigstens etwas Hilfe.
„Kannst du mich an einen besonderen Ort bringen? E-es ist auch nicht weit und dauert nicht lange, versprochen! Wir müssen nur aus dem Militärbezirk raus und dann ein paar Straßen weiter. Ich würde nicht fragen, wenn es nicht wichtig wäre. Es geht um...“ Severina brach ab
„Na gut wenn es unbedingt sein muss.“ stimmte Retia zögerlich zu und musterte die Akashi kurz mit einem vorsichtigen Lächeln. Sie war sich nicht ganz sicher, wie sie die Frage formulieren sollte, die ihr gerade im Kopf umherschwirrte, vor allem, da ihre Augen wie von alleine auf das fehlende Bein des blonden Mädchens schwenkten. „Stellt sich nur noch eine Frage...soll ich dich tragen?“

„Nützlicher Zauber.“ murmelte Retia nachdenklich vor sich hin, während sie versuchte so unbeteiligt wie möglich zu wirken. Die Magierin trug Severina auf ihrem Rücken durch die Straßen, bisher waren sie noch keine halbe Stunde unterwegs und die Akashi wurde immer aufgeregter mit jedem Schritt. Sie hing zwar hilflos und unbeweglich auf Retia´s Rücken, aber alleine endlich einmal wieder ihr Bett zu verlassen hob ihre angeschlagene Laune an. Dabei gab sie sich Mühe Retia so wenig wie möglich zur Last zu fallen, was ihr nicht besonders schwer fiel. Durch einen Zauber, wog sie im Moment beinahe nichts und war leicht wie eine Feder. Einer ihrer Schmetterlinge flog um die, von Sekunde zu Sekunde genervter werdende, Retia herum und zog die neugierigen Blicke der Passanten auf sich. Sie bewunderten die glühenden, roten Runenmuster auf den pechschwarzen Flügeln des übergroßen Schmetterlings, und wäre Retia in einer besseren Stimmung, würde sie das gleiche tun.
„Eigentlich ist es nichts besonders. Ich wende einen ähnlichen Zauber an mit dem ich dafür sorge das meine Vampirfalter mich in der Schlacht unterstützen können. Wir beide sind im Moment auf ähnliche Art und Weise miteinander verbunden, ein Zauber, den ich manchmal auf zusammen mit meinem Bruder gewirkt habe. Im Prinzip wiege ich noch immer genauso viel wie vorher, aber ich komme dir leichter vor, weil du um ein vielfaches stärker geworden bist, zumindest für ein paar Minuten.“ nachdenklich hielt Severina inne und sah sich mit einem aufgeweckten Lächeln in der Stadt um, bevor sie mit einem Schmunzeln im Gesicht fortfuhr „Theoretisch trage ich mich selbst und nicht du.“ Mit dem Satz entlockte sie Retia ein abfälliges Schnauben, was sie mit verhaltenem Gekicher belohnte. Normalerweise neigte sie nicht dazu andere zu ärgern oder sich so übertrieben zu benehmen, aber das Gefühl endlich wieder irgendwohin unterwegs zu sein ließ ihre Laune in die Höhe schießen. Vor allem wenn sie an das dachte, was sie an ihrem Ziel erwarten würde. „Leider sind ich und meine kleinen Freunde noch zu geschwächt für größere Zauber, ansonsten könnte ich mich von ihnen tragen lassen oder schweben.“
„Vielleicht hättest du dann warten sollen bis du wieder zu Kräften gekommen bist anstatt mich als Packesel einzuspannen.“ schnaubte die Magierin gereizt. Zauber hin oder her, ihrer Meinung nach war die Akashi noch immer verflucht schwer. „Sind wir eigentlich bald da? Ich muss mich noch um etwas wichtiges kümmern und würde gerne vor Sonnenuntergang zurück im Hauptquartier sein.“
„Ja, ja mach nicht so einen Stress. Wir sind ja fast da.“ wehrte Severina unbekümmert ihre schlechte Laune ab und verdrängte die düstere Stimmung, welche schon seit einer ganzen Weile von Retia ausging. Plötzlich richtete sie sich auf dem Rücken der Magierin auf und zeigte überschwänglich mit ihrem verbliebenen Arm auf eine kleine Seitenstraße rechts von ihnen. Dabei gelang es ihr, trotz ihrer Zauber, Retia beinahe aus dem Gleichgewicht zu bringen. „Da vorne! In diese Gasse müssen wir!“ ihre Stimme quoll über vor Enthusiasmus je länger sie sprach und sie überschlug sich vor Freude, als Retia sich widerwillig auf den Weg in die Gasse machte. Ungeduldig sah die Magierin sich um und erkannte nichts besonders. Gerade wollte sie sich mithilfe ihrer Magie etwas genauer umsehen, als Severina sich auf einmal fester an sie klammerte und begann ihr eindringlich ins Ohr zu flüstern. „Warte hier und verhalte dich ganz ruhig. Wenn du jetzt deine Magie einsetzt, könnte es einige unserer Fallen aktivieren, die wir zur Abwehr von anderen Magiern platziert haben.“
„Keine Sorge, ich weiß schon was ich tue und renne ganz sicher nicht in irgendwelche Fallen.“ erwiderte Retia zuversichtlich, auch wenn sie diese angeblichen Fallen nicht einmal spüren konnte, was sie etwas beunruhigte.
„Du würdest in Stücke gerissen wenn du es auch nur versuchst. Benutze jetzt deine Magie und es bleiben nichts als winzige Fetzen von dir übrig.“ warnte die Akashi sie noch einmal eindringlich und gab nebenbei ihrem einsamen Schmetterling per Gedankenkraft einen kurzen Befehl. Ihr Vampirfalter machte sich augenblicklich auf den Weg an ihnen vorbei tiefer in die Gasse hinein.
„Fürchtest du nicht dass ihr mit euren Fallen Unschuldige verletzten könntet die sich in diese Gasse verirren? Ihr könnt nicht einfach mitten in der Stadt solche gefährlichen Zauber wirken und
„Ach was. Diese Gasse liegt so abgelegen, dass sich hier selten Magier hin verirren und selbst wenn, müssten sie erst einmal versuchen ihre Magie auch zu benutzen, wofür es hier keinen wirklichen Grund gibt. Es sei denn du glaubst hier findet in nächster Zeit eine Schlacht zwischen Magiern und einer Dämonenarmee statt, die sich alle in diese Gasse zwängen. Navea war schon immer unser Hauptquartier und wir brauchten einen sicheren Ort inmitten der Stadt. Es hat mich viel Kraft gekostet diesen Ort zu verstecken, aber es hat sich gelohnt. Niemand außer mir und meinem Bruder sollte in der Lage sein ihn aufzuspüren, sogar du hast nicht einmal einen Hauch von Magie gespürt.“ Severina verlor sich etwas in ihrem Stolz, als sie schilderte, welche Sicherheitsvorkehrungen sie getroffen hatte und wie schwierig es war in einer Stadt voller Magier und Templer ein sicheres Versteck zu organisieren. Retia auf der anderen Seite hörte ihr schon seit langem gar nicht mehr zu, sondern gab sich Mühe nicht einmal an den Einsatz von Magie zu denken. Dafür ruhten ihre Augen auf dem magischen Schmetterling, welcher langsam die Hauswand direkt vor ihnen abflog und mit seinen Flügeln immer wieder sacht über den Stein strich. Nach einer Weile, als auch Severina endlich verstummte, löste sich die Wand vor ihnen urplötzlich in Luft auf und offenbarte eine einfache Tür. „Auch ein eigentlich ganz simpler Zauber, nicht viel mehr als eine Illusion in Verbindung mit einem starken, magischen Kraftfeld. Allerdings reagiert es nur auf meine Schmetterlinge oder die Silbermagie meines Bruders. Würde jemand anderes versuchen sich Zutritt zu verschaffen...nun, sagen wir einfach es wäre nicht mehr viel von ihm übrig, außer etwas Asche.“ sie ignorierte wie Retia sich unter ihr unruhig wand und kurz davor stand die Gasse lieber wieder zu verlassen, stattdessen rief sie voller Leidenschaft: „Also dann, gehen wir! Aber vergiss nicht dich mit deiner Magie zurückzuhalten wenn du an deinem Leben hängst, da drin kann es noch einmal gefährlich für dich werden falls du versuchst Zauber zu wirken.“
„Schon gut, schon gut. Ich habe es verstanden, du musst es nicht andauernd wiederholen.“ mehr sagte Retia nicht, während sie die Tür aufstieß und Severina in den kleinen, schlicht eingerichteten Raum. Darin befand sich nichts weiter als ein Bett, ansonsten war er völlig leer, was bei Severina dafür sorgte, dass ihre gute Laune in sich zusammenbrach. Anscheinend hatte sie deutlich mehr von diesem Geheimraum erwartet.
„Es ist leer.“ wisperte die fassungslose Akashi vor sich hin. Retia ließ sie auf das Bett sinken und streckte sich erleichtert. Zauber zur Steigerung ihrer Stärke hin oder her, sie war es nicht gewohnt jemanden durch die halbe Stadt zu tragen. Severina rutschte panisch auf dem Bett hin und her, während sie sich ruckartig in dem Zimmer umsah. „Es ist alles weg. Jede einzelne Münze ist verschwunden. Eigentlich sollten hier ein halbes dutzend Truhen stehen, randvoll mit allem was wir in unserem Leben bisher gestohlen haben oder als Belohnung für unsere Aufträge bekamen. Es war ein Vermögen, genug um den Rest unseres Lebens niemals wieder etwas stehlen oder arbeiten zu müssen. Wir...“ ihre schwache Stimme erstarb nach einer Weile und ihr gingen die Worte aus. Sie hatte so sehr gehofft das er hier war. Daraus bestand immerhin ihr gesamter Notfallplan. Sollte jemals einer von ihnen geschnappt werden, würde der andere in ihrem Versteck warten. Hatte Severin nicht daran geglaubt dass sie kommen würde? Dabei hatte sie extra die Magierin für ihre Dienste eingespannt, nur um hier auf ihn zu treffen und gemeinsam zu fliehen. Seine Flucht aus dem Gefängnis war noch nicht so lange her, er müsste noch hier sein und sich ausruhen, ausruhen und dabei auf sie warten. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Das er nicht hier war konnte sie noch verkraften. Vielleicht suchte er gerade nach einem Weg sie zu retten, weil er dachte das man sie ebenfalls gefangenhielt. Das war nicht das Problem...aber ihre Schätze! Was hatte er mit ihren Schätzen getan! Wenn er in der Lage war ihren Schatz in Sicherheit zu bringen, wieso dann nicht auch sie? Die Truhen konnten schließlich auch nicht laufen. „Wir haben geplant nach dem Kampf gegen Luca aus Navea zu verschwinden und mit dem Geld irgendwo weit weg ein neues Leben anzufangen.“
„Sieht aus als hätte dein Bruder sich mit eurem Schatz aus dem Staub gemacht.“ erklärte Retia gedankenverloren und ohne über ihre Worte großartig nachzudenken. In Gedanken befand sie sich bei Luca, überlegte was sie wegen ihm unternehmen konnte. Erst nach einer Weile voller angespannten Schweigens fiel ihr auf, was sie gerade gesagt hatte. Rasch wandte sie sich mit einem entschuldigenden Blick an die verzweifelte Akashi und gab sich Mühe ihre Worte von eben wieder auszulöschen, was unmöglich war, denn sie hatten sich bereits tief in Severina´s Kopf eingebrannt. „T-t-tut mir leid, das habe ich nicht so gemeint. Es gibt sicher einen guten Grund dafür dass euer Geld weg ist. Vielleicht haben die Templer das Versteck aufgespürt und alles konfisziert.“ Retia merkte dass ihre Worte keinerlei Wirkung erzielten und gab es auf. Dieser ganze Ausflug war eine schlechte Idee gewesen, eine sehr schlechte. Das hier war es nicht was Severina derzeit brauchte, sie brauchte Ruhe und Frieden, sie durfte sich nicht aufregen. „Gehen wir zurück, ja?“ fragte sie zaghaft nach.
„Zurück...gehen?“ wisperte Severina abwesend vor sich hin ohne sie überhaupt wahrzunehmen.
„Ja, genau. Zurück in das Anwesen, ich bringe dich in dein Zimmer und du schläfst erst einmal, danach geht es dir sicher besser. Komm, lass uns gehen.“ Retia näherte sich ihr langsam und mit einem beruhigenden Lächeln im Gesicht, doch sobald sie versuchte die Akashi wieder Huckepack zu nehmen und wegzubringen, begann Severina plötzlich sich mit Hand und Fuß gegen sie zu wehren.
„Fass mich nicht an!“ schrie Severina sie schrill an, umklammerte sich mit ihrem Arm und kauerte sich auf dem Bett zusammen „Lass mich einfach in Ruhe und verschwinde! Hau ab! Lass mich alleine!“
„Na gut, wie du willst. Dann bleib halt hier wenn es dir so sehr gefällt.“ erwiderte Retia gereizt „Ich sage den Bladelli dass sie jemanden vorbeischicken sollen, um in der Gasse zu warten. Wenn du bereit bist zurückzugehen und dich zu beruhigen, dann schicke einfach einen deiner Schmetterlinge und man wird dich holen, verstanden?“ Retia wartete auf eine Antwort, die sie nicht bekommen sollte, und fragte sich, ob sie gerade das richtige tat. Angeblich sollte Severina begnadigt werden, womit sie ein freier Mensch war und sich so dumm verhalten konnte wie sie wollte, aber andererseits galt sie zumindest für den Moment noch immer als Gefangene der Bladelli. Das hier konnte auch alles zu einem Plan gehören um zu fliehen, auch wenn Retia es bezweifelte, dafür wirkte die Verzweiflung zu echt. Die Akashi sah immerhin nicht so aus, als würde sie jeden Augenblick aufstehen und einfach weggehen. „Hast du mich verstanden, Severina?“ fragte die Magierin vorsichtshalber noch einmal nach, um ihr wenigstens diesmal irgendeine Reaktion zu entlocken.
„Verstanden.“ flüsterte die Akashi, jetzt wieder ruhiger aber noch immer nicht wirklich ansprechbar.
„Hör zu, es wäre mir wirklich lieber, wenn du mit zurückkommen würdest.“ setzte sie zu einem letzten halbherzigen Versuch an, doch die Akashi schüttelte nur energisch mit dem Kopf bis Retia resigniert seufzte und es gut sein ließ. Teilnahmslos zuckte sie mit den Schultern und wandte sich von dem Bett ab. „Schön, wie du willst. Ich habe alles versucht was ich konnte. Wie gesagt, ich schicke jemanden vorbei der sich um dich kümmert und dich von hier wegbringt, versuche bis dahin einfach nichts anzustellen.“ Damit verließ Retia den versteckten Raum und ließ Severina alleine zurück. Es dauerte nicht lange, bis die Akashi sich auf das Bett warf und mit einem stumpfen, leeren Ausdruck im Gesicht die Wand anstarrte. Sie würde hier auf Severin warten, ganz egal wie lange es dauerte, sie würde auf ihn warten und er würde kommen. Früher oder später würde er auftauchen. Vielleicht brachte er nur gerade ihre Schätze aus der Stadt heraus und bereitete ihre endgültige Flucht in die Freiheit vor. Wo auch immer er war, er würde sie nicht zurücklassen, da war sie sich sicher.
Zuletzt geändert von Vanidar am 2. Juni 2015 22:31, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 2. Juni 2015 18:53

Kapitel 55 - Skandias Prophezeiung: (Öffnen)
Kapitel 55 – Skandias Prophezeiung:


Nachdem Retia Severina alleine in dem Versteck zurückgelassen hatte verging nicht einmal eine ganze Stunde, ehe die junge Akashi urplötzlich den Kopf in Richtung Tür wandern ließ und nervös dorthin starrte, während ihr Schmetterling aufgeregt um sie herum flatterte.
„Wer ist da?“ fragte sie, leicht nervös, und sah sich suchend um, wobei sie sich mehr denn je wünschte noch in der Lage zu sein richtig kämpfen zu können. Sie hatte ganz eindeutig jemanden gespürt... aber wen oder was konnte sie nicht sagen. „Ich weiß dass du da bist, komm raus!“ versuchte sie es erneut und dieses mal reagierte der Neuankömmling auf sie. Severina ließ einen erschreckten Laut hören als die Schatten vor ihren Füßen auf einmal anfingen sich in seltsamen Schlangenlinien zu bewegen und eine junge Frau aus ihnen stieg. „Wer... wer bist du?“ fragte die Akashi nachdem sie sich wieder gefangen und beruhigt hatte und musterte die Fremde misstrauisch, immer bereit einen Zauber gegen sie zu schicken, falls sie hier war um sie anzugreifen.
„Du bist Severina Akashi?“ fragte die Fremde mit freundlicher, sanfter Stimme, die Severina zumindest etwas von ihrem Misstrauen nahm. Zwar konnte sie kaum etwas an der Frau erkennen, denn sie trug ein schwarzes Kleid welches den Großteil ihres Körpers verdeckte, sowie einen Schleier der ihr Gesicht versteckte, aber... wer so freundlich klang konnte doch gar nicht böse sein, und aus irgendeinem Grund sagte eine Stimme in ihrem Inneren ihr, dass diese Frau eine Freundin war und es nur gut mit ihr meinte, auch wenn sie zwei bedrohlich wirkende Säbel an der Hüfte trug.
„Ähm... ja, ich bin Severina.“ murmelte die Akashi, als sie merkte dass die Fremde sie fragend anstarrte.
„Sehr gut, genau dich habe ich gesucht.“ sagte die Frau und ging, sehr zu Severinas Überraschung, vor ihr in die Knie. „Erlaube mir mich vorzustellen, ich bin Luxuria die Schattentänzerin, oberste Leibwächterin und Jägerin des Ewigen Prinzen. Ich bin die Wächterin der Sieben Türme, Mörderin vom Sohn des Stolzes und Erzdämonin der Lust und des Leids... aber du darfst mich einfach Luxuria nennen.“ stellte die Fremde sich vor und senkte den Kopf.
Severina blinzelte sie eine Weile lang vollkommen verwirrt an, ehe sie der Dämonin antwortete. „Ähm... danke?“ versuchte sie es unsicher und wurde wieder nervöser. Wenn die Frau hier wirklich eine Dämonin war, dann schwebte Severina in großer Gefahr, da war sie sich ganz sicher, auch wenn da noch immer diese Stimme in ihrem Kopf war die beruhigend auf sie einredete. „Und was will die großartige Wächterin des Ewigen Prinzen von mir? Und wer ist der Ewige Prinz überhaupt?“
„Wächterin der Sieben Türme.“ warf die Dämonin ein, mit einem leicht beleidigten Unterton in der Stimme, was Severina noch mehr verwirrte. Luxuria benahm sich nicht so wie sie sich Dämonen immer vorgestellt hatte, schon gar keine Erzdämonen, sondern eher wie... na ja, ein normaler Mensch. „Der Ewige Prinz ist mein Herr und Meister, in der Vergangenheit herrschte er über ein gewaltiges Königreich, welches ganze Kontinente überspannte und...“
„Warum war er dann Prinz und kein König?“
Die Dämonin knurrte genervt aufgrund der Unterbrechung, ließ sich jedoch trotzdem zu einer Antwort herab. „Weil sein Vater noch lebte und solange der König lebt bleibt ein Prinz nun einmal ein Prinz und wird nicht selber König! Darf ich jetzt fortfahren?“ fauchte Luxuria, wartete jedoch nicht einmal auf eine Antwort ehe sie weiter redete. „Jedenfalls befindet sich der Ewige Prinz zur Zeit hier in dieser Welt und er hat... Interesse an dir gefunden.“ meinte Luxuria seufzend. „Er hat mir gesagt ich soll mit dir reden und dich so behandeln als wärst du... das ist jetzt nicht wichtig. Jedenfalls bin ich hier um dir zu helfen und mit dir zu reden.“
„Ah ja...“ murmelte Severina, die langsam wieder misstrauisch wurde, das ganze klang einfach zu seltsam und unglaubwürdig für sie. „Womit habe ich denn bitte das Interesse dieses Prinzen geweckt?“
„Er hat deinen und Severins Kampf gegen Luca Bladelli beobachtet, und dein Opfer hat ihn beeindruckt. Du hast ohne zu zögern dein Leben riskiert um deinen Bruder zu retten, das hat meinen Herren tief berührt, er weiß wie es ist wenn man alles dafür geben würde das Leben eines geliebten... Menschen zu retten.“ erklärte Luxuria, erhob sich und richtete ihren Blick auf das Bett. „Darf ich mich zu dir setzen?“
„Was? Ach ja, natürlich.“
„Vielen Dank.“ sagte Luxuria, lächelte freundlich und ließ sich neben Severina nieder. „Wie ich bereits sagte, mein Herr hat mir gesagt ich soll dir helfen. Er hatte Mitleid mit dir und deinem Bruder, deswegen bin ich vor ein paar Tagen in das Gefängnis eingebrochen und habe deinen Bruder befreit.“
„Was? Du hast Severin gerettet?“ fragte Severina und war schlagartig begeistert und aufgeregt. „Dann weißt du wo er ist? Wie es ihm geht? Wann kommt er um mich zu holen? Und was...“ Severina verstummte als sie sah wie Luxuria traurig mit dem Kopf schüttelte.
„Ich fürchte was ich dir sagen werde wird dir nicht gefallen.“ sagte sie leise und mit niedergeschlagener Stimme. „Aber... du hast es verdient die Wahrheit zu wissen.“ sagte sie dann seufzend. „Als ich ihn aus dem Gefängnis befreit habe sagte er mir, ich solle ihn bis hier hin begleiten, er wollte hier auf dich warten und dann mit dir aus Navea fliehen... zumindest hat er das behauptet. Dann ist er eines Tages plötzlich verschwunden, während ich geschlafen habe. Da ich noch immer meinen Auftrag hatte habe ich natürlich nach ihm gesucht, ihn jedoch nicht gefunden, bis ich hier her zurückgekehrt bin. Severin hat mich nicht bemerkt, aber ich habe gesehen wie er mit einer jungen Frau ein wenig... Spaß hatte. Ich weiß nicht ob dir die Beschreibung etwas hilft... jung, wunderschön, lange, dunkelrote Haare, große Brüste, blaue Augen und eine leichte, kaum erkennbare Narbe an der Stirn. Jedenfalls, nachdem die beiden fertig waren haben sie damit angefangen die Schätze wegzuschaffen, als ich daraufhin auf mich aufmerksam gemacht habe und Severin fragte was er da eigentlich macht meinte er, dass er es sich nicht leisten konnte noch länger in Navea zu bleiben, es sei zu riskant für ihn. Und dann... dann ist er verschwunden, er hat mir nur noch das in die Hand gedrückt und gesagt ich soll es dir geben.“ meinte Luxuria, zögerte und zeigte Severina dann eine einzige, glänzende Münze. „Außerdem soll ich dir ausrichten dass es ihm wirklich leid tut, aber...“ die Dämonin brach ab und schüttelte den Kopf. „Nein, das brauchst du nicht zu wissen.“ murmelte sie dann leise.
„Was?“ flüsterte Severina, der bei Luxurias Geschichte Tränen in die Augen gestiegen waren. „Was 'aber'?!“ fuhr sie die Dämonin an, als diese noch immer nichts sagte.
„Aber er sagt, dass er keine Zeit dafür hat sich um einen... Krüppel zu kümmern.“ sagte Luxuria leise.
„Du... du lügst!“ zischte Severina die Dämonin an, die jedoch nicht antwortete. „Du musst lügen! Severin er... er liebt mich! Er würde mich nie einfach so zurücklassen... er würde niemals...“ Die Akashi verstummte und biss sich auf die Unterlippe während sie versuchte ihre Tränen zurückzuhalten.
„Du musst mir natürlich nicht glauben und ich kann verstehen, wenn du mir nicht vertraust... aber mein Herr und ich, wir wollen wirklich nur das beste für dich.“ meinte Luxuria mit sanfter Stimme und legte eine Hand auf Severinas Schulter.
„Fass mich nicht an!“ rief diese und schüttelte die Hand ab. „Bitte... lass mich einfach... auf Severin warten. Er wird bald hier sein und... und...“ erneut brach die Akashi ab und dieses mal konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. Sie fing an zu weinen und schluchzte Lauthals, woraufhin Luxuria ihren Arm um die Akashi legte und sie an sich drückte, dieses mal ließ Severina es geschehen. „Er hat mich verlassen... natürlich hat er das.“ flüsterte sie leise, während sie weinte und verkrallte eine ihrer Hände im Kleid der Dämonin. „Ich bin nichts mehr wert für ihn... ich bin einfach nur ein wertloser, nerviger Krüppel und nichts weiter. Ich bedeute Severin nichts und auch sonst keinem Menschen.“
„Da irrst du dich, zumindest so halbwegs.“ sagte Luxuria, woraufhin Severina sich ein wenig von ihr drückte und sie fragend ansah.
„Was meinst du damit?“
„Es mag vielleicht stimmen dass du keinem Menschen etwas bedeutest, aber Menschen sind nicht die einzigen Bewohner der Welt.“ erklärte Luxuria freundlich und strich Severina sanft eine Träne von der Wange. „Ich sagte es bereits, der Meister hat Mitleid mit dir und ist an dir interessiert, für ihn spielt es keine Rolle ob du ein Krüppel bist oder nicht. Außerdem weiß ich dass er dich sehr attraktiv findet... aber das hat hiermit nicht viel zu tun. Was ich eigentlich sagen wollte: du solltest einmal versuchen mit dem Meister zu reden. Er ist allen gegenüber aufgeschlossen und freundlich, er diskriminiert nicht und er ist sehr, sehr gütig. Wenn er jemanden mag erfüllt er denjenigen auch ihre Wünsche, sofern es in seiner Macht liegt.“ fuhr die Dämonin fort und strich Severina durchs Haar, ehe sie sich vorbeugte und der Akashi ins Ohr flüsterte. „Wenn du willst... wenn du es wirklich willst und auch mit ihm sprichst, dann könnte er dir vielleicht sogar deinen Arm und dein Bein zurückgeben.“
Als sie das hörte riss Severina die Augen auf. „W-wirklich? Nein... nein, das kann nicht stimmen. Naruz... der Paladin höchstselbst hat es versucht und keine Lösung dafür gefunden! Auch die anderen Heiler von Navea können da nichts machen!“
„Das mag sein, aber der Meister ist nicht der Paladin und auch keiner der anderen Heiler. Letztere sind Stümper, dämliche Amateure, nein, noch nicht einmal das, wenn man sie mit dem Meister vergleicht! Der Prinz hat schon früh gelernt dass Magie einem alles ermöglicht! Wenn man weiß wie kann man sie nutzen um sich zu einem Gott zu erheben! Ein paar verlorene Gliedmaßen zu ersetzen wäre ein Kinderspiel für ihn!“
„Du... du lügst mich nicht an?“
„Was hätte ich denn davon? Glaubst du ich renne aus Spaß durch die Gegend und lüge Leute an um ihnen falsche Hoffnungen zu machen?“ fragte Luxuria, leicht empört. Dann seufzte sie jedoch und fuhr mit ihren Händen zum Schleier. „Versprich mir dass du nicht schreist, ja?“ Ohne auf eine Antwort zu warten nahm sie den Schleier ab und wandte ihr Gesicht Severina zu. Diese schrie zwar nicht, riss den Mund jedoch vor Erstaunen weit auf und starrte die Dämonin an. Sie hatte kein Gesicht! Besser gesagt, sie hatte einen Mund, aber alles darüber war einfach nicht existent, nur reine, flache, bleiche Haut. Keine Augen, keine Nase, einfach nichts. Anscheinend zufrieden mit Severinas Reaktion setzte Luxuria sich den Schleier wieder auf.
„Was... aber... wie kannst du sehen?“ fragte Severina vollkommen verwirrt, was die Dämonin lächeln ließ.
„Wie ich bereits sagte, mit Magie ist alles möglich. Meine Unterart der Dämonen ist schon immer eine der schwächsten Gewesen, weil wir nichts sehen konnten, aufgrund unserer Anatomie. Der Meister hatte Mitleid mit mir und rettete mich, als mehrere, stärkere Dämonen auf mich losgingen. Danach gab er mir die Gabe anhand von Schatten meine Umgebung besser wahrzunehmen als wenn ich Augen hätte. Er hat einem Wesen dem es von den Göttern verboten war zu sehen etwas gegeben was dem was ihr als ganz natürlich empfindet so nahe kommt, dass es so wirkt als wenn ich tatsächlich Augen hätte. Der Meister hat gegen die Regeln der Götter verstoßen und sie haben es nicht gewagt ihn dafür zu bestrafen, so mächtig ist der Ewige Prinz. Dir einen neuen Arm und ein neues Bein zu geben dürfte ein Kinderspiel werden.“
Severina schwieg eine Weile, ehe sie Luxuria erneut misstrauisch äugte. „Und... was müsste ich dafür zahlen? Was ist sein Preis?“
„Ich sagte doch bereits dass der Meister gütig und nett ist. Wenn du mit ihm redest und ihn kennenlernst wirst du das auch merken. Und wenn du ihn darum bittest wird er dir helfen, ohne Gegenleistung. Er wird nichts von dir fordern, sondern dir einfach so helfen.“
„Einfach so? Aus Herzensgüte?“
„Ganz genau.“
Wieder schwieg Severina, ehe sie leise seufzte und Luxuria mit einer Mischung aus Zweifel und Hoffnung ansah. „Und wie kann ich mit dem... Prinzen reden?“
„Ganz einfach.“ sagte Luxuria und legte eine Hand auf Severinas Brust über deren Herzen, woraufhin diese zwar zusammenzuckte aber den Impuls unterdrückte die Hand der Dämonin zurückzuschlagen. „Er befindet sich bereits in dir, du hast genaugenommen sogar schon mit ihm gesprochen. Du musst dich einfach beruhigen, tief in dich gehen und nach ihm suchen, dann wird er sich dir offenbaren.“ sagte die Dämonin lächelnd und nahm dann ihre Hand zurück. „Aber zuerst... na ja, ich denke es wäre besser wenn du davor zu den Bladelli gehst, bevor du hier noch zusammenbrichst oder etwas in der Art. Ich kann dich leider nicht dorthin bringen, aber werde hier warten bis Hilfe kommt. Ich denke du verstehst dass ich zur Zeit lieber nicht in die Nähe der Kirchendiener gehen sollte... nicht nachdem ich deinen Bruder gerettet habe.“
„Ja... natürlich. Ich werde einen Schmetterling losschicken um Hilfe zu holen.“ murmelte Severina und war in Gedanken schon ganz woanders, schaffte es jedoch noch einmal sich zusammenzureißen und Luxuria noch etwas zu sagen. „Ähm... Frau Wächterin?“
„Luxuria reicht vollkommen aus.“
„Also gut, Luxuria... danke für alles.“
„Kein Problem. Du wirst schon sehen, der Meister wird dir helfen und am Ende werden wir beide die besten Freundinnen sein.“



„Hm... interessant, das ist also Skandia.“
Salvatore stand auf einem kleinen Hügel in einiger Entfernung der Küste und sah von dort auf das kleine, friedliche Dorf hinab wo Naruz einen großen Teil seines Lebens verbracht hatte. Der Doni und Großinquisitor war bislang nicht gerade oft außerhalb von Navea gewesen, geschweige denn soweit im Süden und auch kleinere Dörfer hatte er eher selten besucht. Trotzdem war er sich ziemlich sicher dass dieses Dorf hier besser verteidigt und beschützt war als die meisten, schon alleine weil es eine Palisadenmauer gab und man vor dem Tor zwei Männer in Rüstungen erkennen konnte. Aber das war eh alles egal, denn das Dorf selber interessierte Salvatore überhaupt nicht, ihm ging es um die Höhle die sich hinter ihm befand und von der eine seltsame Präsenz auszugehen schien. Die meisten würden sie nicht spüren... aber für einen Totenläufer brannte die gesamte Höhle wie ein helles Leuchtfeuer in der Gegend. Weswegen Salvatore sich die Frage stellte was eigentlich mit Naruz los war, wenn er wirklich ein Totenläufer war, und der Fakt dass er Sanae auf dem Fest von Tougou Akashi gesehen hatte war ein eindeutiger Beweis dafür, hätte er die Höhle auch bemerken müssen, aber er hatte es nie für nötig gehalten sie zu erwähnen, weder gegenüber Salvatore, noch irgendeinem anderen Menschen. Salvatore war sich da sehr sicher, denn er hatte einiges von seiner kostbaren Zeit dafür aufgewandt um alles über Naruz herauszufinden was es so zu wissen gab. Und wo er gerade an seine Geisterfreundinnen dachte...
„Wollte ihr nicht auch einmal etwas dazu sagen?“ fragte er seufzend an seine Marionetten gewandt die hinter ihm standen. Seit seinem Aufbruch aus Navea hatten die drei kein Wort mehr mit ihm gewechselt und Salvatore ahnte weshalb... auch wenn es ihm vollkommen lächerlich erschien. Letztendlich war es Est die sich dazu erbarmte etwas zu sagen, und dabei Salvatores Verdacht zu bestätigen.
„Hm? Oh, du redest mit uns.“ sagte sie kühl, während ihre Marionette die Arme verschränkte. „Tut uns leid, wir dachten du redest mit deiner tollen, neuen, blonden Sexfreundin.“
„Höre ich da eine winzig kleine Spur Wut aus deiner Stimme?“ fragte Salvatore seufzend, lächelte jedoch als er an die Nacht mit Theresia zurückdachte. Er glaubte zwar nicht wirklich daran dass sie ihn tatsächlich mochte oder dass sie wirklich nervös gewesen war, aber trotzdem fand er ihr Auftreten ziemlich niedlich und hätte nichts dagegen gehabt etwas mehr Zeit mit ihr zu verbringen. Vielleicht wenn das ganze vorbei war... aber vorher musste er sich mit seinen eifersüchtigen Geistern herumschlagen.
„Aber nein, keinesfalls.“ antwortete das Mädchen und jedes ihrer Worte war von einer Kälte durchdrungen die Salvatore schaudern ließ.
„Ihr seid doch nicht wirklich wütend weil ich mit Theresia eine Nacht verbracht habe, oder?“
„Du hättest uns warnen können.“ warf Sanae murmelnd ein. „Nach dem was ich gesehen habe... ich werde niemals heiraten können.“
„Wir sind Geister, wir können sowieso nicht mehr heiraten.“ warf Mashiro ein.
„Darum geht es nicht! Sanae hat Recht, Salvatore hätte uns warnen können! So etwas... unanständiges direkt vor den Augen eines kleinen Mädchens zu tun ist einfach widerlich!“ empörte Est sich, woraufhin Salvatore mit den Augen rollte.
„Und wen meinst du mit 'kleines Mädchen'? Doch nicht etwa dich, oder? Darf ich dich daran erinnern, dass du mittlerweile Mitte zwanzig...“ ehe Salvatore ausreden konnte schoss die kleine Marionette nach vorn und rammte dem Doni eine Faust in den Bauch. „Schon... gut...“ keuchte dieser mit tränenden Augen und rieb sich den Bauch nachdem Est einen Schritt zurück getreten war. „Du bist... ein niedliches... zehn Jahre altes... Mädchen.“
Est nickte zufrieden und damit schien das Thema für sie beendet zu sein... ebenso wie die Schweigestrafe welche die Mädchen über ihn verhängt hatten.
„In der Höhle ist jemand.“ warf Mashiro ein, von der Salvatore sich eigentlich ziemlich sicher war dass sie gar kein Problem damit gehabt hatte, was in der Nacht vor dem Aufbruch vorgefallen war. Sie hatte ihn wahrscheinlich nur angeschwiegen weil sie keine Lust hatte zu reden, so wie immer eigentlich. „Ich weiß nicht genau wer oder was... aber starke Magie geht von diesem Ort aus.“
„Ich weiß, aber leider muss ich trotzdem rein, eine andere Wahl habe ich nicht.“ meinte Salvatore seufzend, wandte sich der Höhle zu und betrat sie.
Rein vom Aussehen her gab es nichts besonderes, aber die seltsame Präsenz die über der Höhle lag war noch immer überall deutlich spürbar und je tiefer sie in die Höhle vordrangen, desto nervöser wurden die Geistermädchen. Sie sagten zwar nichts, aber Salvatore spürte trotzdem ihre Unruhe und das machte ihn wiederum nervös, nicht sehr, aber zumindest ein wenig. Knapp vier Minuten später endete der Gang der Höhle in etwas das wie eine uralte Ritualkammer, oder ein Altar aussah und von Fackeln erhellt war. Eine Statue in Form eines jungen Mädchens stand direkt an einer Wand und seltsame Runen waren überall auf dem Boden aufgemalt, aber das war es nicht was Salvatores Blick anzog, sondern eine nahezu gigantische Steintafel auf der in einer uralten, fast vergessenen Variante der Sprache von Süd-Midgard ein ellenlanger Text geschrieben stand.
„Wer ist da?!“ erklang auf einmal eine Stimme aus den Schatten in der Nähe und Salvatore spürte wie sich ihm jemand näherte. Sofort wirbelte er herum... und erstarrte als er sah wer dort vor ihm stand. Mizore Vaas sah ihn aus kalten Augen an und hielt ihm die Klinge ihres Heiligen Schwerts an die Kehle. Als sie ihn erkannte weiteten sich ihre Augen und sie zog ihre Waffe zurück. „Was zum... Salvatore?“
„Gut erkannt. Hallo, Mizore. Wusstest du schon dass du, Nikodemus und die Templer bereits vermisst werden?“ sagte Salvatore in Plauderton, während er versuchte die Situation hier zu verarbeiten. Wie zum Teufel kam Mizore hier her? Gut, Helonia war nicht allzu weit von Skandia entfernt, aber warum? Was machte sie hier? Und wo war der Rest ihrer Truppe?
„Oh... Salvatore, schön dich zu sehen.“ erklang da auf einmal eine weitere Stimme und Nikodemus trat ebenfalls aus den Schatten... begleitet von einer jungen Frau mit orangeroten Haaren und einer Alfar die Salvatore nur allzu bekannt vorkam.
„Na wenn das mal nicht meine gute, alte Freundin aus dem Blutenden Turm ist.“ murmelte Salvatore und seufzte. „Ich ahne eine lange Geschichte hinter der ganzen Sache hier. Gaia weiß dass meine es ist.“ fügte er dann hinzu und kratzte sich am Hinterkopf. „Wie wäre es also wenn ihr mir erzählt was in Helonia passiert ist? Dann könnte ihr mir sagen wieso ihr mit dieser Alfar hier seid und wer die nette, junge Dame ist.“ meinte er mit einem Nicken in Richtung der Fremden.
„Mein Name ist Flower... und ich arbeite mit der örtlichen Hexe zusammen, ich habe mich auf diese Ruinen und die Schriften spezialisiert die sich hier finden lassen. Ich weiß auch nicht so ganz was ich hiermit zu tun habe, aber ich war gerade dabei den dreien hier meinen neuesten Fund zu erklären. Liege ich richtig wenn ich denke dass du ebenfalls an den Schriften von Skandia Akashi interessiert bist?“
„Kann man so sagen, aber zuerst würde ich gerne die Geschichte von Mizore hören.“
„Natürlich, ich kann warten.“ meinte Flower und lächelte schwach. „Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht dass meine Forschungen so einen großen Anklang finden würden. Wie auch immer, ich würde auch gerne hören wie ihr drei überhaupt hier her gekommen seid, viel gesagt habt ihr mir ja nicht.“
„Also gut.“ sagte Mizore seufzend, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die Höhlenwand. „Dann hört mir gut zu, ich will das nicht mehrmals erzählen müssen. Es fing alles an, als wir Helonia erreichte hatten, es war vollkommen still und nirgendwo war auch nur eine Menschenseele zu sehen...“

„... und dann habe ich sie mithilfe eines Portalzaubers hier her gebracht. Heute Morgen ist dann plötzlich Flower aufgetaucht.“ beendete Morrigan den Bericht den Mizore begonnen hatte und seufzte. „Ich weiß, als wir uns das letzte mal begegnet sind war ich vielleicht nicht unbedingt nett... aber das war auch bevor ich wusste was Erica mit Naruz vorhatte. Damals dachte ich noch dass sie ihn einfach nur zu einem mächtigen Magier und ihrem Erben machen wollte, ich hätte nie gedacht dass sie versuchen würde ihn in einen Dämon zu verwandeln.“ fügte sie niedergeschlagen hinzu.
„Naruz scheint dir viel zu bedeuten.“
Morrigan zögerte kurz, nickte dann jedoch. „Er ist wie ein Bruder für mich... ein richtiger Bruder, der für seine Schwester da ist und ihr hilft. Nicht so wie Rhael, für den ich nichts weiter bin als ein nützliches, aber trotzdem unwichtiges Werkzeug.“
„Ich verstehe.“ meinte Salvatore und sah sich in der Höhle um. „Ihr seid also schon seit acht Tagen hier... warum habt ihr diese Höhle gewählt?“
„Man merkt es vielleicht nicht, aber diese Höhle ist Heiliger Boden.“ erklärte Morrigan. „Das heißt, selbst wenn Erica weiß dass wir hier sind kann sie uns nichts anhaben. Wie bereits gesagt hat sie einen Weg gefunden mit Magie ihr Leben zu verlängern und den Tod auszutricksen, mit Dunkler Magie. Heiliger Boden vertreibt solche Magie und vernichtet sie restlos, deswegen kann sie die Höhle nicht betreten.“
„Hm... das ist also die Präsenz die ich spüre.“ murmelte Salvatore und richtete seinen Blick auf das Mädchen namens Flower. „Du siehst so aus als wenn dich etwas schockiert hätte, dürfte ich wissen was?“
„Dieser Name... habt ihr gerade 'Naruz' gesagt?“
„Ah, ja. Du kennst ihn?“
Flower nickte. „Der Botschafter aus Skandia, er... er hat mir geholfen, als ich gerade angefangen habe die Ruinen zu erforschen. Er hat für mich eine Steintafel mit altem Text in einer fremden Sprache gefunden die ich übersetzt habe. Zuerst dachte ich es wäre eine Prophezeiung, aber als ich diese Höhle hier gefunden habe wurde mir klar, dass es lediglich die Interpretation der richtigen Legende war, die ein Forscher vor mir geschrieben hat. Ähm... zurück zu Naruz, geht es ihm gut? Wir haben schon seit einiger Zeit nicht mehr von ihm gehört, das letzte was wir gehört haben war, dass sein Team aufgelöst werden sollte.“
„Naruz geht es... nicht wirklich gut, aber dazu später mehr. Vorerst solltest du nur wissen dass er mittlerweile Paladin ist und man ihm eine wichtige Aufgabe anvertraut hat. Kommen wir lieber zurück zur Höhle und der Legende, das erscheint mir nämlich wichtiger. Warum ist diese Höhle Heiliger Boden? Wenn ich raten müsste würde ich sagen, dass Skandia hier begraben wurde und er vor seinem Tod von Gaia höchstselbst gesegnet wurde.“
Flower sah ihn vollkommen erstaunt an und nickte sachte. „Das... stimmt. Woher wusstest du das? Ich habe selber ewig gebraucht um es herauszufinden!“
„Ähm... versprecht ihr mir alle dass ihr niemandem verratet was ich gleich sage?“ Alle vier Anwesenden nickten und Salvatore seufzte. Eigentlich verriet er niemandem gerne seine Geheimnisse... aber die vier hier waren möglicherweise seine einzigen Verbündeten für das was bevorstand, also sollte er ihnen vielleicht ein wenig Vertrauen entgegenbringen. „Also gut, ich bin ein Totenläufer und kann Geister sehen und spüren, aber nicht nur Geister, auch heilige und finstere Energien kann ich spüren, und dieser Ort hier sprüht vor heiliger Energie geradezu über. Aber gut, bevor wir zur Sache kommen und über die Prophezeiung reden, wegen der ich übrigens hier bin...“ meinte er und nickte Flower zu „... werde ich noch kurz sagen was zur Zeit in Navea vor sich geht und glaubt mir, schlimmer kann es kaum noch werden. Zuerst eine gute Nachricht, dank des Berichts eines unbekannten Spions konnte eine Rebellion in Tyren verhindert werden und die Verantwortlichen wurden von der Kirche verhaftet... aber das wars auch schon an guten Nachrichten.“ Salvatore zögerte kurz, holte dann tief Luft und sah Mizore direkt in die Augen. „Als ich aufgebrochen bin war Navea ziemlich in Aufruhr. Mizore, deine Cousine... Aynaeth sie ist... Aynaeth ist ermordet worden.“ sagte er schließlich leise und senkte seinen Blick. Auch ihn hatte der Tod der jungen Hexe getroffen, sie hatten zwar hin und wieder ihre Probleme, aber trotzdem mochte er Aynaeth, so wie fast jeder der sie richtig gekannt hatte.
„Was? Das... das kann nicht sein!“ rief Mizore bestürzt und ging einen Schritt auf Salvatore zu. „Du musst dich irren! Aynaeth würde niemals...“
„Es tut mir wirklich leid, aber so ist es.“ unterbrach Salvatore die Schwerttänzerin und legte ihr seine Hände auf die Schultern. „Heute wird ihr... Körper abgeholt damit man ihn in Vo Astur beisetzen kann, die Hexer haben entschieden dass es so am besten wäre. Naleya ist ebenfalls nach Vo Astur aufgebrochen, man kann es den Einwohnern der Grauen Stadt nicht gerade verübeln sie jetzt zurückzuholen wo sie sicherer ist als in Navea.“
„Warum bist du dann hier?“ fragte Mizore leise und warf ihm einen misstrauischen Blick zu. „Solltest du nicht lieber in Navea sein und Naruz helfen? Oder etwas in der Art?“
„Würde ich gerne, aber die Sache hier ist zu wichtig um sie zu verschieben...“ sagte Salvatore und schüttelte den Kopf. „Brauchst du noch ein wenig Zeit? Immerhin war Aynaeth deine Cousine und...“
„Nein... stelle Flower ruhig deine Fragen. Mir... mir geht es gut.“ murmelte Mizore, auch wenn sie nicht danach aussah. Es wirkte eher so als wenn sie gleich in Tränen ausbrechen würde. Salvatore wusste nichts über das Verhältnis zwischen den beiden Cousinen, außer dass sie sich in der Villa der Bladelli hin und wieder unterhalten hatten. Eigentlich würde er ihr wirklich gerne mehr Zeit lassen sich zu beruhigen und damit warten das Gespräch schon in eine andere Richtung zu lenken... aber irgendwie hatte Salvatore das Gefühl, dass sie jederzeit unterbrochen werden könnten.
„Also, Flower. Erzähle mir bitte von der Prophezeiung, die ausführliche Kurzform, falls es so etwas gibt.“
„Was? Oh... natürlich.“ murmelte das Mädchen, das vollkommen verwirrt aussah und sich räusperte. „Also, Skandia schreibt von einer alten Legende der Armani, dem Maou. Angeblich ein mächtiger Dämonenkönig der unsere Welt in ein Reich der Verzweiflung und des Leids verwandeln wird. Die Armani vermuten einen einfachen Menschen hinter der Maske des Maou, aber Skandia schreibt dass ihm die Göttin eine Vision geschickt hat, in der er mehr über den Maou erfuhr. Das Zeitalter in dem der Dämonenkönig erscheint wird das Zeitalter sein in dem uns aufgeht dass unsere Welt nicht die einzige ist. Mit anderen Worten, Skandia sagt dass der Maou nicht aus unserer Welt oder Pandämonium kommt.“ erklärte Flower und zuckte mit den Schultern. „Ehrlich gesagt ist es ein Wunder dass man ihn nicht für vollkommen verrückt erklärt hat... aber zurück zum Thema. Weiterhin heißt es dass in Skandia... also, ähm, dem Dorf hier, das Gefängnis des Maou 'gebaut' werden wird. Was genau das heißt weiß ich nicht, aber er schreibt dass, wenn das Gefängnis für den Rest seines Lebens in Skandia verbleibt keine Gefahr droht. Von daher gehe ich davon aus, dass das 'Gefängnis' ein Mensch ist, und solange dieser Mensch in Skandia bleibt ist alles in Ordnung. Es heißt jedoch auch dass das Gefängnis, wenn es Skandia verlässt, zwei Schlüssel finden wird, beide in silberner Färbung, einer mit rotem Muster, der zweite mit violetten. Die Schlüssel können das Gefängnis jedoch nicht öffnen, sondern nur verschließen und solange sie da sind und das Gefängnis verschlossen bleibt wird der Maou eine Quelle des Lichts und der Freude für die Menschen sein. Wenn jedoch einer der Schlüssel zerstört wird öffnet sich das Gefängnis und großes Leid und Dunkelheit wird über die Welt einbrechen.“ fuhr Flower fort und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich habe noch immer keine Ahnung was mit diesen Schlüsseln gemeint sein soll... aber wenn die Prophezeiung wahr ist sollte man vielleicht dafür sorgen dass sie nicht kaputtgehen.“
„Ich fürchte dafür ist es schon zu spät.“ flüsterte Salvatore, der vollkommen bleich geworden war und nervös schluckte. Er hatte einen sehr schrecklichen Verdacht. 'Silberne Schlüssel mit roten und violetten Mustern'... wenn man davon ausging, dass das Gefängnis schon ein Mensch war, wäre es nicht weit hergeholt zu denken dass die Schlüssel auch welche waren. Und wenn man dann noch, so wie Salvatore, den Verdacht hatte dass Naruz das Gefängnis war, fiel es nicht schwer sich zu denken wer die beiden Schlüssel waren. Soweit Salvatore wusste gab es nur zwei Mädchen in der Nähe des Paladin, deren Aussehen man so interpretieren könnte, Aleyandra Moraevion und... Aynaeth Vaas. „Sagen wir einer der Schlüssel wurde vernichtet... sagt die Prophezeiung etwas davon wie man den Maou wieder verschließen kann?“
„Was? Oh... ähm, ja. Eine Möglichkeit gibt es und zwar indem man 'das Geschenk der Göttin an das Kind des Lichts' benutzt, was auch immer das heißen soll.“
Salvatore fluchte. „Natürlich! Es kann ja nichts einfach sein.“ murmelte er und schüttelte den Kopf. „Aber somit ist immerhin nicht sämtliche Hoffnung verloren.
„Was? Wovon redest du da?“ mischte Mizore sich endlich wieder ins Gespräch ein. „Weißt du etwa was mit diesem Geschenk gemeint ist?“
„Mhm, kann man so sagen. 'Kind des Lichts'... wenn man das in die alte Sprache der Doni übersetzt bedeutet es so viel wie 'Longinus', wir brauchen also nur das Geschenk, welches Gaia meinem Vorfahren gemacht hat.“
„Von so etwas habe ich noch nie gehört. Wenn die Doni eine Reliquie der Gaia hätten wüsste man doch davon.“
„Nicht wenn sie noch von vor der Zeit der Kirche stammt und die Doni sie geheim gehalten haben... aber dazu später mehr, wir kriegen Besuch.“ meinte Salvatore und richtete seinen Blick auf den Höhleneingang.

„Oh, beachtet mich überhaupt nicht. Redet ruhig weiter, ich kann warten.“ erwiderte die Gestalt die dort stand und lachte leise. Es war ein äußerlich junger Mann mit schneeweißer Haut und kalten, grauen Augen der die Anwesenden überheblich anlächelte. Seine Haare waren ebenso weiß wie seine Haut und in seiner Hand hielt er eine pechschwarze Sense, die farblich perfekt zu seiner Lederrüstung passte, und zu den Flügeln die aus seinem Rücken wuchsen. „Auch wenn ich überrascht bin, ich sollte eigentlich nur diejenigen töten die aus Helonia geflohen sind, hätte nie gedacht dass ich auch noch den Mörder von Aeshma hier antreffe.“
Salvatore stöhnte leise auf, während Morrigan, Mizore und Nikodemus ihre Waffen zogen und Flower langsam zurückwich. „Schon wieder ein Dämon? Kann man mir nicht einfach ein wenig Ruhe und Frieden lassen?“
„Oh, ich bin kein Dämon, aber das dürfte für euch keine Rolle spielen. Ich bin nämlich trotzdem ein treuer Diener des Ewigen Prinzen und der einzige, gefallene Engel an seinem Hof.“ sagte der Fremde und verbeugte sich. „So, da wir uns jetzt alle miteinander bekannt gemacht haben, hätte ich eine einfache Bitte an euch alle. Wäret ihr so freundlich und sterbt jetzt auf der Stelle? Würde mir einiges an anstrengender Arbeit ersparen.“
„Du scheinst dir ja ganz schön sicher zu sein dass du gegen uns vier gewinnen kannst.“ meinte Salvatore und lächelte schwach. „Hast du nicht gesagt dass das hier Heiliger Boden ist?“ fügte er flüsternd an Flower gewandt hinzu.
„J-ja, ist es.“
„Wie kommt es dann dass dieser Dämon... gefallene Engel, oder was auch immer einfach so hier rein spazieren kann?“
„Natürlich bin ich mir sicher.“ meinte der gefallene Engel lachend, noch bevor Flower darauf reagieren konnte. „Ihr seid nicht unbedingt schwach, aber ich habe schon ganz andere Gegner getötet.“
„Bin mir sicher das hat Aeshma sich auch gedacht.“
„Mag sein, aber Aeshma war schwächer als ich und er hat dich unterschätzt. Aber gut, genug geredet. Nach dem was ihr so sagt gehe ich mal davon aus, dass ihr euch nicht einfach so umbringen lassen werdet.“ sagte der Engel seufzend, verschwand urplötzlich und tauchte direkt vor Salvatore wieder auf. Dieser schaffte es geradeso nach hinten zu springen und der Sense auszuweichen, noch bevor der Schwung jedoch wirklich vollendet war, verschwand der Engel erneut und stand neben Salvatore. Erneut wich dieser aus und ging mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Knie, während er sich an den Brustkorb fasste. Eine seiner Wunden war wieder aufgeplatzt und Blut tränkte seine neue Robe. Der Engel wollte gerade wieder zum Angriff übergehen, als Mizore sich endlich gesammelt zu haben schien, ihr Schwert zog und auf den Fremden losging. Der Engel parierte ihre Schwertschläge ohne Probleme mit der Klinge seiner Sense und rammte Nikodemus, der sich von der Seite genähert hatte, das stumpfe Ende der Waffe in die Magengegend, woraufhin der Templer aufstöhnte und in die Knie ging.
„Shirayuki! Jetzt!“ rief Mizore und kurz darauf erschien ihr Eidolon hinter dem Engel und ließ einen Hagel aus spitzen Eiszapfen auf diesen losgehen. Bevor sie ihn jedoch erreichten trafen sie auf eine fast durchsichtige, magische Barriere mit schwarzem Rand, welche die Eiszapfen zu Dampf werden ließ.
„Oh, welch Aggressivität ihr doch an den Tag legt, ist das nicht ein wenig extrem?“ fragte der Engel, wirbelte mit der Sense in der Luft herum und verursachte damit einen mächtigen Windstoß, welcher alle Anwesenden ein paar Schritte nach hinten schleuderte.
„Das Dunkel ist überall und verschlingt jeden, der sich ihm in den Weg stellt, Yamion-Koraz!“ rief Morrigan plötzlich und die Schatten der Höhle formten sich zu Drachenköpfen, ehe sie auf den Engel zurasten und so aussahen als wollten sie ihn verschlingen. Doch wieder einmal wurde daraus nichts, das magische Schild fing auch diesen Angriff ab und ließ den Engel den Kopf schütteln.
„Ihr macht das ganze schwerer als es sein müsste, eigentlich braucht ihr nur stillzustehen und warten dass ihr dran seid. Es wird nicht wehtun und euch bestimmt gefallen, glaubt mir. Ich weiß wovon ich rede, immerhin war ich einst ein Todesengel in Diensten von Gaia.“ meinte der Engel und verneigte sich erneut. „Azrael der Name, angenehm euch alle kennenzulernen.“
„Gaia?“ fragte Salvatore und verzog misstrauisch das Gesicht. „Ich dachte du und dein Herr kommt aus einer anderen Welt.“ murmelte der Doni und bereute im selben Augenblick das Geschwafel eines lange toten, verrückten Akashi geglaubt zu haben.
„Oh, das tun wir auch. Aber wer behauptet denn, dass Gaia von Azuria stammt?“ fragte Azrael grinsend und legte den Kopf schief. „Egal, genug geredet. Zeit für euch zu sterben.“ sagte er dann und richtete seine Sense auf Salvatore, der sehr zu Azraels Verwunderung lächelte.
„Hast du mitgehört, dass das hier Heiliger Boden ist?“ fragte Salvatore und richtete sich langsam auf, während goldenes Licht ihn zu umspielen schien.
„Hm? Ja, habe ich. Warum?“
„Deiner Reaktion entnehme ich, dass du keine Ahnung hast was Heiliger Boden eigentlich tun kann. Wenn ein mächtiger Priester, Kleriker oder Lichtmagier seine Zauber auf einem gesegneten Gebiet wirkt, vervielfacht sich die Wirkung dieser Zauber, wenn der Erzbischof zum Beispiel hier stehen würde, könnten ihn wahrscheinlich nicht einmal die mächtigsten Erzdämonen etwas entgegensetzen.“ erklärte Salvatore, während sich das Licht zu einem Speer formte, den er in die Hand nahm und auf den Engel richtete. „Es würde mich aber einiges an Kraft kosten die stärksten Zauber zu wirken und dich zu töten... und ich kann darauf verzichten wieder ohnmächtig zu werden und sonst wo hingeschleppt zu werden. Also... was hältst du von einem Unentschieden? Du verschwindest und kommst nicht wieder, und ich lasse dich am Leben, wie klingt das für dich?“
Azrael zögerte und betrachtete nervös den Speer in Salvatores Hand. Er schien eine Weile lang ernsthaft und angestrengt nachzudenken, nickte dann jedoch schließlich sachte. „Ich... bin einverstanden. Ich kann gut darauf verzichten selber zu den Toten zu gehen.“ sagte er seufzend und zuckte mit den Schultern. „Aber nächstes mal wenn wir uns treffen wird es nicht auf Heiligem Boden sein! Und dann wird dich nichts retten können, Salvatore Doni.“ fügte er in drohendem Tonfall hinzu, ehe er seinen Blick zu Mizore wandern ließ. „Und ich habe eine Bedingung dafür zu gehen.“
„Was wäre das für eine Bedingung?“ fragte Salvatore und malte sich bereits die absurden Forderungen aus, die der Engel stellen würde.
„Einer dieser komischen Bonbons mit Stiel... gib mir so einen.“ sagte Azrael fordernd an Mizore gewandt, woraufhin ihn alle ungläubig anblinzelten.
„Ähm... hier?“ meinte Mizore und warf dem Todesengel die geforderte Süßigkeit zu.
„Vielen Dank. Also dann, man sieht sich!“ meinte Azrael, verneigte sich erneut und verließ die Höhle.
Als er fünf Minuten später noch immer nicht wieder aufgetaucht war atmete Salvatore erleichtert auf und sank zu Boden. „Was für ein Glück! Ich dachte schon der wird uns alle umbringen!“ rief er erleichtert und schüttelte den Kopf.
„Salvatore... du hast einiges zu erklären.“ sagte Mizore plötzlich und sah ihn streng an. „Was geht hier eigentlich vor? Wer ist dieser Aeshma von dem erzählt wurde? Und wer ist Azrael? Kennst du ihn? Was geht hier eigentlich vor, und warum wolltest du unbedingt von Skandias Prophezeiung wissen?“
Salvatore seufzte, versuchte jedoch gar nicht erst sich herauszureden. „Also gut, ich erkläre ja schon. Es fing alles an, als Naruz und ich in Candeo waren...“



„Meinst du nicht, es ist langsam an der Zeit damit aufzuhören hier Trübsal zu blasen und endlich etwas zu tun?“ Es war nicht das erste mal innerhalb der letzten Tage, dass Asmodäus Naruz diese Frage gestellt hatte, und zuerst sah es so aus, als wenn er wie immer ignoriert werden würde. Der Mord an Aynaeth war nun schon mehr als eine Woche her und noch immer saß der junge Paladin in der Bibliothek und sprach mit niemandem, weder mit den Dienern, seinem Team, seiner Freundin und auch nicht mit Asmodäus oder Demir, die beide versucht hatten mit ihm Kontakt aufzunehmen, auch wenn Demir nach zwei Tagen aufgegeben und sich nicht wieder gemeldet hatte.
Naruz saß beinahe den ganzen Tag am Tisch in der Bibliothek, mit heruntergelassenen Vorhängen und starrte stumpf auf das Pinguinplüschtier, welches Aynaeth ihm auf dem Fest der Liebe geschenkt hatte. Die einzige der er etwas gesagt hatte war Naleya gewesen, als diese vom Tod ihrer Schwester erfahren hatte und weinend zu Naruz gegangen war um ihn zu fragen ob es der Wahrheit entsprach. Dabei hatte er ihr das Amulett gegeben, welches man in Aynaeths Hand gefunden hatte. Auf ihm lag ein Zauber der sehr deutlich machte, dass es für Naleya bestimmt war. Wenn Naruz gewollt hätte, hätte er den Zauber auflösen und das Amulett öffnen können um ihm seine Geheimnisse zu entziehen, aber das hatte er nicht über sich gebracht. Es schien Aynaeths letzter Wunsch gewesen zu sein, dass dieses Amulett ihre Schwester erreichte und diesen Wunsch würde Naruz ehren.
Asmodäus seufzte bereits innerlich und bereitete sich darauf vor erneut einen Tag in Stille und Langeweile zu verbringen, als Naruz schließlich doch noch reagierte. „Was willst du, Asmodäus?“
„Endlich! Ich dachte schon du würdest gar nicht mehr mit mir reden! Was machst du hier für einen Unsinn? Ich weiß, dass Aynaeth dir viel bedeutet hat, aber wäre es dann nicht besser nach demjenigen zu suchen der sie umgebracht hat, anstatt hier zu sitzen und stumm vor dich hin zu trauern und den anderen im Haus Sorgen zu bereiten?“
„Wir haben alle unterschiedliche Wege mit Trauer umzugehen.“
warf Naruz ausweichend ein, woraufhin Asmodäus lediglich schnaubte.
„Mehr als sieben Tage sind vergangen! Sieben Tage in denen du deine Freunde alleine gelassen hast! Es wird höchste Zeit dass du deine Arbeit als Paladin wieder aufnimmst und die Schattenjäger antreibst!“
„Ehrlich gesagt habe ich darüber nachgedacht zurückzutreten und die Einheit aufzulösen.“
erwiderte Naruz mit tonloser Stimme.
Wie bitte? Machst du Witze?“
„Nein, keinesfalls. Ich meine, sie dir doch an was passiert ist! Seit die Schattenjäger existieren gab es ein Unglück nach dem anderen! Luca wird schwer verletzt, Salvatore wird schwer verletzt und verschwindet, Mizore und Nikodemus verschwinden ebenfalls spurlos und von Helonia ist nur noch ein Geisterdorf voller Leichen übrig! Und Aynaeth... Aynaeth ist tot.“
„Das ist alles ohne Zweifel ein schwerer Rückschlag, aber in solchen Augenblicken muss man Stärke beweisen und mit einem guten Beispiel vorangehen! Es hilft rein gar nichts sich zu verkriechen und aufzugeben! Wer soll ihre Mörder fangen, wenn nicht du?“
„Sei still! Was verstehst du schon davon, was es heißt jemanden zu verlieren der dir nahe steht? Du bist doch nur...“
fauchte Naruz in seinem Kopf, brach jedoch ab und biss sich auf die Lippe.
„Ja? Ich bin doch nur ein was? Ein Hirngespinst von dir? Oder nur ein Dämon?“ erwiderte Asmodäus und klang beleidigt, seufzte dann jedoch und strahlte eine Welle von Wärme in Naruz aus, welche diesen schwach lächeln und seine Schmerzen über Aynaeths Tod ein wenig verblassen ließ. „Also gut, ich werde dir eine kleine Geschichte erzählen. Ich habe gesagt dass ich ein Dämon bin, und das war auch nicht gelogen, aber ich bin bei weitem kein gewöhnlicher Dämon, und auch kein gewöhnlicher Erzdämon. Von meiner Art gab es in Cordius nur sechs andere. Wir waren die Verkörperungen dessen, was die... Menschen von Cordius als 'Todsünden' bezeichnet hatten. Wir entstanden, als sich der König der Götter nach einem Streit mit seiner launischen Tochter sieben... Emotionen herausriss und ihnen Form gab, nämlich den sieben Dingen, die seine Tochter am meisten an ihm kritisiert hatte. Wie bereits gesagt waren wir insgesamt zu siebt, ich war die Verkörperung der Wollust, Lucifer der Stolz, Belphegor die Trägheit, Beelzebub die Völlerei, Mammon die Gier, Behemia der Neid und Satía der Zorn. Wir waren mit Abstand die mächtigsten Dämonen und jeder von uns herrschte über ein eigenes Königreich, auch wenn niemand von uns jemals den Titel des Königs trug, da wir unseren... Vater, den König der Götter, nicht verärgern wollten. Wie dem auch sei, in meinem Reich gab es eine gewaltige, wunderschöne Kathedrale die zu meinen Ehren errichtet worden war und in ihr diente die schönste Frau die ich je gesehen hatte. Ihr Name war Levi und selbst ein Dämon wie ich konnte nicht anders, als sich in sie zu verlieben. Es dauerte nicht lange bis sie meine Hohepriesterin war, meine Prophetin, mein Herold... und meine Geliebte. Eine Zeit lang war alles perfekt und wir waren überglücklich, doch dann schlug eines meiner Geschwister zu. Lucifer ließ Levi entführen und lockte mich damit in eine Falle, als ich am Ort ankam wo sie gefangen gehalten wurde ermordete er sie und startete ein Ritual, welches mir den Großteil meiner Macht nahm. Erst dadurch bin ich so schwach geworden, dass Demir mich problemlos besiegen und meine Seele verschlingen konnte. Um es kurz zu machen, ich weiß wie du dich fühlst, denn auch ich habe jemanden verloren der mir sehr nahe stand. Also würde ich dich darum bitten nicht zu sagen ich hätte keine Ahnung.“ beendete Asmodäus seine Geschichte und Naruz schwieg eine Weile lang.
„Tut mir leid.“ sagte er schließlich und schüttelte den Kopf. „Ich... ich wollte nicht so gemein zu dir sein, aber...“
„Schon gut. Ich habe dir doch gerade gesagt, dass ich weiß wie man sich in einer solchen Situation fühlt. Bei mir brauchst du dich nicht zu entschuldigen, aber bei den Menschen die dich lieben solltest du es tun, denn ich glaube nicht dass sie das selbe durchgemacht haben wie ich.“
„Menschen? Du meinst Aleyandra, oder?“
„Nicht nur, sie ist nicht die einzige die dich liebt.“
„Wen meinst du?“
„Hör auf dich dumm zu stellen, damit beleidigst du sowohl mich, als auch Anya. Du weißt doch schon lange, dass sie in dich verliebt ist.“
„Ich... sie ist meine Cousine, natürlich mag sie mich, aber...“
„Naruz!“

Der Paladin seufzte. „Schon gut, schon gut... ich habe mir schon gedacht dass sie mich vielleicht etwas mehr mag, als man vermuten könnte. Aber ich habe es ignoriert, immerhin wollte ich nicht dass Aleyandra einen Aufstand deswegen macht. Sie hat schon versucht Anya umzubringen als sie nur dachte sie liebt mich... ach, lass uns bitte nicht mehr darüber reden, ja?“
„Von mir aus, aber früher oder später wirst du dich darum kümmern müssen.“
„Ich weiß... nur bitte nicht jetzt. Sag mir stattdessen ob du weißt was Demir gemeint hatte, als er vor ein paar Tagen mit mir gesprochen hat.“
„Was genau meinst du?“
„Er hat mir gesagt ich solle aufhören 'ihn' zu füttern, und dass mein Leid und meine Trauer 'ihn' stärker werden lassen. Weißt du wer gemeint war?“
„Hm... ich habe dir ja schon erzählt wie Dämonen in Cordius funktionieren und das ich zum Beispiel durch... na ja, Lust stärker werde. Was Demir sagt könnte auf einen Dämon des Leids hindeuten. In Cordius gab es einen Erzdämon der als 'Ewiger Prinz' bezeichnet wurde, er war ein Dämon des Leids und eines zweiten, unbekannten Elements und herrschte über einen großen Teil der Dämonenwelt. Zumindest bis er Lucifer zum Opfer fiel. Es könnte vielleicht sein, dass er genauso wie ich die Vernichtung von Cordius überlebt hatte und geflohen ist.“
„Wie bitte? Ich dachte außer dir und Demir haben nur noch ein paar Weltenwanderer überlebt.“
„Das stimmt nicht ganz, zum Beispiel haben auch die meisten anderen Todsünden überlebt, gestorben sind soweit ich weiß lediglich Mammon, Beelzebub und Behemia, die anderen haben es überstanden und müssten noch immer irgendwo in dieser komischen Portaldimension herumschwirren, wenn sie denn nicht schon freigekommen sind. Abgesehen davon habe ich es noch geschafft ein paar meiner Untergebenen vor dem Untergang zu retten."
Asmodäus zögerte, räusperte sich dann jedoch und fuhr fort. „Ähm... ich hätte dir vielleicht früher davon erzählen sollen, aber als ich deinen Körper genutzt habe um Severina zu heilen, da habe ich ein kleines, magisches Signal in die Portaldimension gesendet und somit meine Diener auf mich aufmerksam gemacht, und diese sind dann nach und nach hier auf Azuria angekommen.“
„Wie bitte?! Du hast mich benutzt um Dämonen hierher zu rufen?“
fragte Naruz schockiert.
„Ja, und es tut mir leid dass ich es dir vorenthalten habe... aber ich hatte Angst dass du vielleicht nicht damit einverstanden wärst und sie jagen würdest, das wollte ich nicht riskieren.“
„Ich hoffe du hast einen sehr guten Grund dafür sie gerufen zu haben.“
„Das habe ich! Sie haben mir geholfen... und somit auch dir. Es geht um Aynaeths Mörder, ich weiß wer es getan hat.“

„Was? Wie lange wolltest du damit warten mir das zu sagen?!“ rief Naruz empört und vergaß dabei vollkommen nur in seinem Kopf zu reden. Als er sich einigermaßen beruhigt und tief Luft geholt hatte, stellte er die Frage erneut. „Seit wann wusstest du es? Und warum sagst du es mir erst jetzt?“
„Ich weiß es seit zwei oder drei Tagen, und ich wollte es dir sagen! Aber du hast mich ja ignoriert und nicht mit mir geredet! Egal, eine meiner Dienerinnen hat die Mörder gefunden und weiß auch, wo sie hinwollen. Bhelvion und Astarte, zwei Erzdämonen in Diensten des Schattenritters, sie haben Severin Akashi aus seinem Gefängnis befreit, Aynaeth ermordet und sich dann mit einem Spion innerhalb der Kirche getroffen. Danach sind sie ins Triatio Hochland aufgebrochen... dort wollen sie eine Pyramide erforschen, die vor Urzeiten von Nidhöggr erschaffen wurde. Du erinnerst dich? Das Eidolon welches in mir... in Demir lebt?“
„Ja, ich erinnere mich, aber das ist gerade uninteressant. Sie haben Severin befreit? Warum? Warum haben die Dämonen einen Akashi befreit? Das macht keinen Sinn, er... die Kinder Gaias... Silberblatt!“
fauchte Naruz erneut in Gedanken und knallte mit der Faust auf den Tisch. „Dieser verdammte Bastard! Er steckt da irgendwie mit drinnen! Seine Kinder Gaias haben ihre Finger im Spiel... natürlich! Erst ermorden sie Aynaeth... vielleicht weil sie kurz davor stand etwas wichtiges herauszufinden, und dann beteiligt er seinen Orden an der Suche nach ihrem Mörder um Spuren verwischen zu können!“
„Das klingt plausibel.“
bestätigte Asmodäus. „Aber...“
„Ja, ich weiß. Die Akashi werden ihn decken und niemals akzeptieren dass ich ihn ohne Beweise zur Rechenschaft ziehe. Aber ich werde ihn trotzdem nicht einfach so tun lassen was er will! Er arbeitet mit dem Schattenritter zusammen, ich weiß es! Es ist an der Zeit, dass ich mich ein wenig in die Angelegenheiten von ihm und den anderen Akashi einmische, wenn sie es schon für nötig halten mich bei meiner Arbeit zu behindern... danke, Asmodäus. Ich werde zum nächsten Kriegsrat gehen und dafür sorgen, dass die Akashi eine unangenehme Überraschung erleben... und dann werde ich Aynaeths Mörder finden!“
sagte er und seine innere Stimme brannte dabei vor Wut und Überzeugung. „Ich werde nicht ruhen, ehe diese Monster tot sind!“
„Naruz!“ rief da auf einmal eine Stimme direkt am Ohr des Paladin und übertönte Asmodäus' Antwort.
Naruz selber zuckte beim Ruf zusammen und fiel beinahe vom Stuhl, als er den Kopf nach rechts drehte sah er, sehr zu seiner Überraschung, Anya die vor ihm stand und ihn besorgt ansah. „Anya? Was machst du hier?“
„Das selbe könnte ich dich fragen! Erst redest du tagelang mit niemandem von uns, und dann höre ich plötzlich wie du hier drinnen mit dir selber redest!“ rief Anya und sah ihn streng an. „Es tut mir leid das zu sagen, aber irgendjemand muss es ja tun!“ fügte sie hinzu und holte tief Luft. „Du bist nicht der einzige, der um Aynaeth trauert!“ sagte sie dann streng, auch wenn ihr dabei Tränen in die Augen traten. „Sie war nicht nur deine Freundin! Ihr Tod hat uns alle schwer getroffen, selbst Aleyandra! Trotzdem haben wir alle versucht uns zu beherrschen und unsere Arbeit zu machen, aber das ist verdammt schwierig wenn wir uns noch nebenbei um dich Sorgen machen müssen! Luca hat schon darauf bestanden die Tür hier aufzusprengen und dich heraus zu zerren, und ich war geneigt ihm zuzustimmen! Wir alle machen uns Sorgen um dich! Aleyandra schläft schon seit Tagen vor der Tür und wartet darauf, dass du endlich rauskommst!“ während Anya sprach steigerte sie sich immer mehr in ihren Vortrag hinein und sah dabei immer niedergeschlagener und trauriger aus. „Sie will für dich da sein, so wie wir alle! Du kannst nicht einfach alles alleine in dich hineinfressen und denken, das alles gut wird! Du brauchst uns, Naruz! Und wir brauchen dich... ich brauche dich!“ rief sie letztendlich und wirkte leicht verzweifelt, während sie ihre Fäuste auf Naruz' Schultern legte und den Kopf senkte. „Ich habe in den letzten Tagen versucht so gut wie möglich weiterzumachen, aber ich komme mit dem Großteil der Berichte und Informationen nicht zurecht! Und es gibt noch immer keine einzige Spur die uns zum Mörder führen könnte! Und dann sperrst du dich auch noch weg und sagst kein Ton, die letzten Tage hast du nicht einmal etwas gegessen! Ich dachte schon du hättest dich hier drinnen umgebracht! Bitte, Naruz, bitte komm zurück zu uns!“ endete Anya und zuckte zusammen als sie merkte wie Naruz seine Arme um sie legte und sie an sich drückte und ihr durchs Haar strich. „W-w-was m-m-machst du da?“ fragte Anya stotternd und lief rot an.
„Tut mir leid, dass ich euch so viel Ärger gemacht habe.“ meinte Naruz flüsternd und mit geschlossenen Augen, während er Anya noch immer an sich drückte. Ihr Haar roch nach Erdbeeren, so wie früher, als sie noch Kinder waren... Naruz lächelte schwach und dachte an seine Kindheit zurück, als alles noch so viel leichter war. Damals gab es nur ihn, Luca, Anya und Morrigan... früher war alles weit weniger kompliziert und schmerzvoll gewesen. Nach einer Weile ließ er Anya los und sah ihr lächelnd in das hochrote Gesicht, während diese nicht ganz wusste wo sie hinsehen sollte. „Ich verspreche dir, dass ich mein bestes tun werde um das alles wieder gutzumachen.“ sagte er dann leise und stand auf. „Ich habe mir bereits vorgenommen am nächsten Kriegsrat teilzunehmen... außerdem denke ich, dass ich eine Spur zu Aynaeths Mörder habe.“ fügte er dann hinzu und setzte wieder eine grimmige Miene auf, während er sich anschickte die Bibliothek zu verlassen.
„W-was? Aber wie kannst du hier drinnen... hey! Wo willst du jetzt eigentlich hin?“
„Etwas essen gehen, und baden. Ich war schon lange nicht mehr so hungrig.“ meinte Naruz seufzend, ohne sich umzudrehen.
Kaum verließ er die Bibliothek hielt er jedoch inne und lächelte erneut. Direkt vor der Tür lag Aleyandra und schlief tief und fest. Sie war in einen Schlafsack gerollt und sah so aus, als wenn sie seit Tagen in dieser Stellung gelegen hatte.
Als Anya an seiner Seite erschien lächelte sie ebenfalls. „Sie hat jetzt schon knapp eine Woche lang hier übernachtet, sie wollte unbedingt hier sein, in deiner Nähe. Sie wollte wirklich die erste sein, die dich tröstet sobald du die Bibliothek verlässt... ich fürchte das habe ich ihr jetzt leider ein wenig vermasselt.“ murmelte Anya und senkte betreten den Blick.
„Nicht ganz.“ meinte Naruz und bückte sich zu Aleyandra hinunter. „Immerhin ist sie wirklich die erste außerhalb der Bibliothek.“ fügte er hinzu und zwinkerte. „Hm...“ machte er dann und legt den Kopf schief während er überlegte, wie er Aleyandra wohl am besten aufweckte. Dann strich er ihr das Haar aus dem Gesicht, und gab ihr einen sanften Kuss auf den Mund, während er ihr gleichzeitig leicht in die Wange zwackte.
„Mhm?“ kam es von einer verschlafenen Aleyandra, die gähnte und sich müde streckte, während sie die Augen öffnete. Als sie dann halbwegs wach war und sah, wer da über ihr hockte erstarrte sie und sprang hastig auf, ohne aus ihrem Schlafsack zu steigen, wodurch sie im Stehen hin und her schwankte und Gefahr lief, wieder hinzufallen. „N-naruz! Was machst du denn hier? Ähm, ich meine...“ begann sie nervös, brach jedoch ab als sie die lächelnde Anya sah, die hinter Naruz stand und die ihr zur Begrüßung zunickte.
„Ist etwas?“ fragte Naruz verwirrt während er aufstand und merkte, wie Aleyandra ihn finster anfunkelte.
„Oh ja, in der Tat. Du hast einiges zu erklären!“ zischte sie ihn wütend an, woraufhin Naruz sie jedoch nur verständnislos anblinzelte.
„Wie bitte? Was meinst du denn? Habe ich etwas falsches gemacht?“ fragte Naruz und bereute es noch im selben Augenblick, denn Aleyandras Gesichtsausdruck sagte ihm, dass er in der Tat etwas falsches getan hatte, und sich einen ausführlichen Vortrag darüber anhören durfte, was genau es war...
Zuletzt geändert von Mimir am 10. Juli 2015 18:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Vanidar » 6. Juli 2015 18:05

56. Aleyandra sieht rot


„Willst du das wirklich wissen, Naruz?“ fragte Aleyandra mit einem bedrohlichen Unterton, der nichts Gutes ahnen ließ. Ihre roten Augen versuchten ihn alleine mit bedrohlichen Blicken wieder zurück in die Bibliothek zu treiben. Gerne hätte Naruz in diesem Moment den Befehl der Augen befolgt und sich versteckt bis es vorbei war, aber das würde alles nur noch verschlimmern. Was auch immer er falsch gemacht hatte, eine Entschuldigung würde sicher nicht schaden.
„Ehrlich gesagt lieber nicht, aber ich glaube nicht dass ich eine Wahl habe.“ murmelte er verwirrt als Antwort und fügte dann ein leises, kaum hörbares „Tut mir leid, was auch immer es ist.“ hinzu, einfach in der Hoffnung den aufziehenden Streit damit noch umgehen zu können.
„Richtig, hast du auch nicht!“ fuhr sie ihn unwirsch an, überging seine halbherzige Entschuldigung und nahm sie nicht ernst, womit sie ausnahmsweise einmal richtig lag. Dann warf sie einen letzten zornigen Blick auf die überraschte Bladelli, bevor sie Naruz am Arm packte und hinter sich her zog. Der Paladin war genauso verwirrt wie Anya und dachte nicht daran Widerstand zu leisten, also ließ er Anya vorerst vor der Bibliothek zurück und wappnete sich innerlich schon einmal auf das was kommen würde. Was auch immer Aleyandra jetzt schon wieder für ein Problem hatte, eines war sicher: Es würde gleich einen riesigen Streit geben, er wusste nur noch nicht genau warum.
Es dauerte nicht lange bis Aleyandra ihn in sein Zimmer gezerrt hatte und die Tür hinter ihnen zuwarf. Wütend funkelte sie ihn, mit vor der Brust verschränkten Armen, an.
„Sagst du mir jetzt was eigentlich los...“ begann Naruz langsam, kam jedoch nicht besonders weit, bevor Aleyandra anfing ihn so laut anzuschreien dass er glaubte die Wände würden erzittern.
„Was bildest du dir überhaupt ein! Seit einer geschlagenen Woche sitze ich vor dieser Tür! Jeden einzelnen Tag habe ich versucht mit dir durch die Tür zu reden, dich gebeten mir zu antworten, dich sogar angefleht einfach nur irgendein winziges Lebenszeichen von dir zu geben damit ich weiß dass es dir gut geht! Aber du hast mich ignoriert!“ mit geballten Fäusten und Funken sprühenden Augen stand sie direkt vor ihm um ihn von Unten böse anzustarren. Das ganze erinnerte Naruz wieder daran, dass sie ohne Tigerius jetzt einen Blutrausch hätte, anfangen würde auf ihn zu schießen oder die ganze Villa zu zerstören. Noch nie zuvor, war er einem Eidolon so dankbar gewesen wie in diesem Moment. Aleyandra wirkte trotz Tigerius Zauber so, als wollte sie ihn gleich in Stücke reißen und seine Einzelteile übers ganze Zimmer verteilen. „Es war dir egal was ich gemacht habe, alles! Doch kaum kommt Anya, fällst du ihr in die Arme und lässt dich von ihr aus deiner ach so geliebten Bibliothek holen! Alles was sie brauchte waren ein paar Worte, damit sie mehr erreichen konnte als ich in einer ganzen Woche!“
„Beruhige dich erst einmal wieder, Aleyandra. Du verstehst das alles falsch, wie immer. Lass es mich in dir in Ruhe...“ setzte er, nachsichtig lächelnd, zu einer beruhigenden Erklärung an. Auch wenn er kein bisschen in der Stimmung für diesen Streit war, wollte er nicht ebenfalls rumschreien und es vorerst mit ruhigen Argumenten versuchen...ein Fehler, denn Argumente halfen bei Aleyandra nur selten weiter.
„Weißt du, ich frage mich ob sie dich wirklich nur mit Worten rausgeholt hat oder mit etwas anderem, etwas ganz anderem.“ unterbrach sie ihn erneut, diesmal mit einem kalten Lächeln im Gesicht, bei dem die ganze Atmosphäre des Raumes augenblicklich kühler und düsterer wirkte.
„Wovon redest du jetzt schon wieder?“ fragte er deutlich genervt nach und rieb sich die schmerzende Stirn. Von ihrem Gejammer bekam er Kopfschmerzen. Vor allem aber, verschwendete sie seine wertvolle Zeit. Ohne sie könnte er jetzt schon längst schlafen, um sich danach auf die Spur von Aynaeths Mörder zu machen. Nach einer Woche in der Bibliothek brauchte er erstmal wieder ein richtiges Bett, ansonsten würde er sich sofort auf die Suche machen. Aber noch mehr als ein paar Stunden Schlaf, verzögerte vor allem Aleyandra seine Rachepläne und das konnte er ihr nicht verzeihen.
„Von was schon? Von der einen Sache, die du ständig mit deinen ganzen ´Freundinnen` machst sobald ich nicht hinsehe. Dafür existiert diese ganze dämliche Einheit schließlich! Dafür dich mit irgendwelchen Huren zu versorgen, die dich dann...“
„Das reicht, Aleyandra.“ dieses Mal, war es an Naruz, sie genervt zu unterbrechen und finster anzufunkeln. Es reichte ihm. Wenn sie Streit wollte, dann sollte sie ihn auch kriegen. Er hatte es freundlich versucht und war damit gescheitert. Mit dem ersten Anflug von schlecht unterdrücktem Zorn in der Stimme fuhr er fort: „Falls du es nicht bemerkt hast, ich habe andere Probleme als deine üblichen Eifersuchtsanfälle. Jemand hat Aynaeth getötet und rennt noch immer ungestraft dort draußen umher. Jede Sekunde, die du mit diesem sinnlosen Eifersuchtsmist verschwendest, ist eine Sekunde mehr, in der ich nicht nach ihm suchen kann. Ich habe mit meiner Trauer schon genug Zeit verschwendet, noch eine weitere Zeitverschwendung kann ich jetzt nicht brauchen, also lass mich jetzt gehen.“
„Das kannst du auch, aber erst wenn wir das hier geklärt haben! Ich warte seit einer Woche auf dich und dieses Mal lasse ich mich nicht wieder abwimmeln oder mit fadenscheinigen Ausreden abspeisen! Dieses Mal, wirst du mir sagen was los war und wie diese verlogene Hure es geschafft dich hat aus der Bibliothek zu locken!“
„Nenne Anya nicht so, verstanden? Sie war immer freundlich zu dir, egal ob du es verdient hattest oder nicht. Nach allem was passiert ist, kannst du froh sein, dass sie dich nicht schon vor einer Woche aus dem Anwesen geworfen hat.“ zischte Naruz zurück, inzwischen ohne Rücksicht auf ihre Gefühle. Das hatte er lange genug probiert und es funktionierte ja anscheinend nicht besonders gut. Dazu kam, dass er ihren Hass auf Anya niemals nachvollziehen würde. Das alles zusammen, brachte seine Zunge dazu, etwas unglaublich dämliches zu sagen. Eigentlich dachte er darüber nach, was er so von sich gab, vor allem in Aleyandras Nähe, aber diesmal, war er dafür zu aufgebracht und redete einfach drauf los. „Was verstehst du schon davon wie es mir nach Aynaeth´s Tod ging? Woher willst du wissen wie ich mich die letzten Tage gefühlt habe oder was in mir vorging? Richtig, du kannst es nicht wissen! Und genau deswegen musste erst Anya kommen, um zu tun, wozu du nicht in der Lage warst, weil du keine Ahnung hast was du dafür sagen musst! Du hättest nichts sagen können um mich aus der Bibliothek zu holen! Nichts! Selbst wenn du noch ein Jahr da gesessen hättest! Also sei Anya einfach dankbar und hör auf zu jammern, dafür hat niemand im Moment Zeit oder Geduld übrig!“
„Willst du damit etwa behaupten dass ich dich nicht richtig kenne? Dass ich nicht genug über dich und deine Gefühle weiß um dich aufzuheitern oder dir zu helfen?“ fauchte sie zornig zurück und wie automatisch wanderten ihre Hände dorthin, wo normalerweise ihre Pistolen hingen.
„Ja, ganz genau das wollte ich damit sagen!“ stimmte er ohne nachzudenken zu und begab sich weiter und weiter auf seinen Weg ins Verderben „Eigentlich weißt du das alles doch selbst ganz genau. Wir beide sind seit Monaten nur dabei uns ständig zu streiten, zu trennen und wieder zu versöhnen, nur um wieder von Vorne anzufangen. Du weißt rein gar nichts über mich und kennst mich nicht einmal ansatzweise so gut wie Anya! Immerhin bin ich mit ihr aufgewachsen, du tauchst nur ab und zu mal auf um dich mit mir zu streiten. Warum also überrascht es dich so sehr dass ausgerechnet Anya mich aus der Bibliothek geholt hat und nicht du?“ fragte Naruz mit einem abfälligen Schnauben und gab sich inzwischen ganz seiner Wut über ihr Verhalten hin. Zu jedem anderen Zeitpunkt, hätte er versucht den Streit zu schlichten und die Situation zu entschärfen, aber nicht dieses Mal. „Was immer du fühlst, es ist ganz sicher keine echte Liebe, sondern einfach nur sinnlose Besessenheit von einer Traumvorstellung. Aber das weißt du selbst genauso gut wie ich.“ Noch im selben Moment, in dem er diese Worte aussprach, bereute Naruz sie auch schon. Überrascht über sich selbst, verstummte er endlich und wagte es nicht ihr direkt ins Gesicht zu sehen. Als er sich doch traute die Auswirkungen seinen Worte zu begutachten, zuckte er schuldbewusst zusammen.
„V-verstehe...“ flüsterte Aleyandra leise vor sich hin. Ihre Wut schien verraucht zu sein und wurde von einem überwältigenden Gefühl der Leere ersetzt. Sie schien sich zurückhalten zu müssen um nicht vor ihm in Tränen auszubrechen. Trotzdem musste sie sich kurz mit dem Handrücken über die Augen fahren. Naruz bemerkte, wie ihre Hand dabei unnatürlich stark zitterte. Lag das an dem Schock über seine Worte oder war sie noch immer krank? Immerhin hatte sie ihm niemals wirklich erzählt was ihr fehlte oder ob sie schon wieder gesund war. Wenn er daran dachte, dass sie möglicherweise schwer krank eine Woche in dem Flur gesessen hatte nur um bei ihm zu sein, fühlte er sich erst recht schuldig.
Danach sagte keiner von ihnen noch etwas. Naruz überlegte was gerade eigentlich in ihn gefahren war, während Aleyandra so wirkte als wollte sie jeden Moment die Flucht ergreifen und einfach nur vor ihm und seinen Worten davonrennen. Zerknirscht und wütend auf sich selbst, versuchte Naruz den entstandenen Schaden so gut wie möglich wieder zu reparieren, falls das noch möglich war. „Entschuldigung. Ich...ich bin zu weit gegangen, das wollte ich nicht. Bitte vergiss einfach alles was ich gesagt habe, es war nicht so gemeint.“
„Doch, das war es.“ kam es leise und mit erschüttertem Gesicht von ihr. Sie wollte nicht zeigen wie sehr sie diese Worte trafen. Am meisten schmerzte sie eigentlich nur, dass Naruz wirklich recht hatte. Alles was er sagte stimmte. Kannten sie einander überhaupt? Anya kannte ihn sicherlich besser. Die beiden lebten zusammen, spielten gemeinsam als Kinder und arbeiten auch gemeinsam. Aleyandra dagegen übernachtete nur ab und zu bei ihm, oder ging ihm auf die Nerven. Waren sie überhaupt wirklich zusammen? Sie biss sich auf die Unterlippe und kaute nervös darauf herum, während sie mit halbwegs gefasster Stimme weitersprach. „Und du hast recht, mit allem. Ich bin einfach nur eine durchgeknallte Irre, die sich in etwas verrannt hat, was sie, dämlich wie sie ist, als Beziehung bezeichnet. I-ich meine...wäre ich nicht so besessen von dir wären wir nicht einmal zusammen. Es wäre am besten für dich wenn ich einfach verschwinde und dich in Ruhe dein Leben leben lasse.“
„Das wäre es nicht! Vergiss bitte was ich gesagt habe. Das hier...das ist einfach kein guter Moment für einen Streit. Ich wollte dich nicht verletzen und nichts was ich gesagt habe war ernstgemeint oder hat etwas mit meinen richtigen Gefühlen zu tun.“
„Beantworte mir eine Frage, dann glaube ich dir und werde dich niemals wieder mit Anya, Mizore oder etwas anderem belästigen, niemals wieder.“ Das hatte Aleyandra zwar schon ein paar Mal versprochen aber ähm dieses mal war es ihr ernst! Also, ernster sogar noch als sonst. Wenn er ihr dieses Mal glaubhaft antwortete, würde sie ihn niemals wieder mit Anya belästigen. Niemals wieder, für mindestens zwei Wochen. „Empfindest du etwas für Anya? Liebst du sie?“ fragte sie angespannt. Alles in ihrem Innersten zog sich zusammen, kaum dass ihr die Frage über die Lippen gekommen war.
„Ich...ich...“ setzte Naruz zerstreut zu einer Antwort an, aber ihm gingen gleich zu Beginn die Worte aus. So sehr er auch über die Frage nachdachte, er fand keine Antwort darauf, zumindest keine, die Aleyandra zufriedenstellen würde. „Es wäre leicht für mich jetzt einfach zu lüge, aber du hast die Wahrheit verdient, und die Wahrheit ist dass ich...es nicht weiß. Ich weiß es einfach nicht, tut mir leid. Ich kann dir keine Antwort darauf geben.“ brachte er wahrheitsgemäß hervor. Anya bedeutete ihm viel, aber bedeutete sie ihm mehr als Aleyandra? Das war einfach eine Frage, auf die er keine klare Antwort wusste. In diesem Moment, würde er alle dafür geben, die beiden Mädchen Freundinnen werden zu lassen. Wenn sie nur in der Lage wären sich zu vertragen. Zumindest Anya probierte es mit Aleyandra auszukommen und das obwohl diese es ihr alles andere als leicht machte.
„Das hast du gerade schon.“ erwiderte sie verbittert und senkte ihren Blick, um nicht mehr mitanzusehen, wie Naruz ratlos vor ihr stand und nach einer Antwort rang. Sie hatte es schon immer gewusst. Da gab es wirklich etwas zwischen Anya und ihm, zwar war es vermutlich weitaus harmloser, als alles, was sie sich vorgestellt hatte, aber das diese Verbindung existierte reichte schon aus.
„Können wir bitte später darüber reden? Sobald wir beide den Kopf frei haben? Wir sind derzeit alle erschöpft und mitgenommen von Aynaeths Tod. In so einem Zustand sollten wir uns nicht streiten, bitte. Dabei kann jetzt nichts gutes herauskommen.“ schlug er rasch vor. Ein verzweifelter Versuch, dieses unselige Gespräch zu beenden, bevor ihre Beziehung endgültig daran zerbrach. Er mochte Anya, vielleicht etwas mehr als er sollte, aber das war noch lange kein Grund für Aleyandra so durchzudrehen. So sah er das jedenfalls. Sie vertrat mit Sicherheit eine andere Meinung.
„Ja, natürlich. Reden wir später.“ murmelte Aleyandra, wobei sie geistesabwesend wirkte und ihn gar nicht zu hören schien. Ihre Stimme klang tonlos und belegt, während sie ihren eigenen Gedanken nachhing, welche Naruz nur zu gerne gekannt hätte. Dann könnte er sich vielleicht darauf vorbereiten, falls sie wieder etwas anstellte. „Reden wir morgen darüber.“
„Du bist sicher müde. Wenn du willst, kannst du auch hier schlafen.“ bot er ihr, mit einem zaghaften Lächeln im Gesicht, an.
„Nein...nein, danke.“ lehnte sie schnell ab und zwang sich ebenfalls zu einer Art Lächeln, um wenigstens so zu wirken, als würden seine Worte sie nicht mehr verletzen „Ich muss zurück nach Hause. Nichts gegen dieses Haus, aber lange halte ich es hier nicht mehr aus, außerdem muss ich mir vorher erst einmal wieder die Beine vertreten und einen kleinen Spaziergang machen. Eine Woche vor einer Tür zu hocken ist anstrengender als ich dachte.“ fügte sie mit einem schwachen Lächeln hinzu.
„Gut, aber pass auf dich auf und lass deinen Spaziergang nicht zu lang werden. Saeca macht sich bestimmt schon wieder Sorgen um dich und wenn ich du wäre würde ich mir Sorgen um meine Wohnung machen. Nach einer Woche uneingeschränkter Saeca Herrscht wartet vermutlich nur noch eine rauchende Ruine auf dich.“
„Saeca ist erwachsen genug um nichts anzustellen, aber trotzdem danke für deine Sorge.“ schmetterte sie seinen schwächlichen Versuch, sie mit einem Witz aufzuheitern, eiskalt ab. Ihr stand gerade nicht der Sinn nach belanglosem Gerede, sie wollte nur noch weg. „Wie auch immer, ich muss jetzt los. Kann es kaum erwarten endlich wieder in ein richtiges Bett zu fallen.“
„Aber vergiss nicht, wir reden später, ja!?“ rief Naruz ihr noch, als sie sich nach diesen letzten Worten so schnell wie möglich umdrehte und das Zimmer verließ. Doch er erhielt keine Antwort mehr. Entweder war sie in ihrer Eile bereits zu weit weg oder ignorierte ihn absichtlich. Er tippte auf letzteres. Dieses ganze Gespräch war etwas aus dem Ruder gelaufen und er wusste nicht einmal ansatzweise, wie Aleyandra´s Reaktion dazu ausfallen würde. Wenn er in ihrer gemeinsamen Zeit eines gelernt hatte, dann dass er jederzeit mit allem rechnen musste. Hoffentlich ging sie auf schnellstem Weg nach Hause. Saeca war sicher in der Lage sie etwas zu beruhigen, dafür schien die Armani ein gewisses Talent zu besitzen.
Während er noch eine Weile über das Ende ihres Streits grübelte, befand sich Aleyandra natürlich nicht auf direktem Weg zu ihrer Wohnung, sondern stolperte erschöpft durch die Straßen Navea´s. Es gelang ihr kaum einen Fuß vor den anderen zu setzen und überhaupt auf den Beinen zu bleiben erforderte bereits ihre gesamte Kraft. Nur für Naruz hatte sie sich die letzte Woche zusammengerissen. Zu wissen, dass es ihm wieder gut ging und er die Bibliothek verlassen hatte, ließ sie erleichtert aufatmen aber sorgte gleichzeitig dafür dass sie sämtliche Selbstbeherrschung gleiten ließ. Die Schmerzen hatten sie die ganze Woche über begleitet und jetzt versuchten sie Aleyandra endgültig um den Verstand zu bringen. Wäre sie nicht so fertig, hätte sie niemals diesen lächerlichen Streit angefangen. Sie wusste nicht was mit ihr los war. Naruz beste Freundin war gestorben und sie hatte nichts besseres zu tun als zu jammern? Sie hätte ihm stürmisch um den Hals fallen und ihn küssen sollen. Wann lernte sie endlich ein einziges mal nachzudenken bevor sie den Mund aufmachte? Bei dem Gedanken daran was Naruz jetzt tun würde, jagte eine heftige Panikattacke durch ihren ohnehin schon gepeinigten Körper.
Schwer atmend schleppte Aleyandra sich in eine menschenleere Gasse, um sich dort an die Wand zu lehnen. Ihre Lungen verkrampften sich, versagten ihr die Luft die sie zum atmen brauchte und ließen sie angestrengt röcheln. Als sie schon glaubte zu ersticken, merkte sie, wie etwas neben ihr die Gasse betrat. Nahezu lautlos, schien es vom Nachthimmel herab neben sie zu schweben. Noch bevor sie es erkennen konnte, erschien direkt vor ihr grelles, silbernes Licht. Es hüllte sie komplett ein aber strahlte keinerlei Wärme aus, im Gegenteil, es strich kühl wie der Nachtwind über ihre Haut. Linderte ihre Schmerzen, nahm den quälenden Druck von ihrer Brust und ließ nichts als entspannte Leere zurück, in der sie sich nach und nach verlor. Dann gab es nur noch dieses Licht. Alles andere verblasste hinter dem silbernen Strahlen, trat zurück hinter einem Vorhang aus Mond- und Sternenlicht, welcher sich sanft über sie legte, bis ihr erschöpft die Augen zufielen.



Während Aleyandra sich immer weiter im Wahnsinn des Mondlichtes verlor, wanderte noch jemand in seinen eigenen Wahnvorstellungen umher. Zumindest hielt Severina das was sie gerade vor sich sah für eine reine Wahnvorstellung oder für einen sehr gemeinen Traum. Sie stand in einem leichten, hellblauen Kleid auf einer endlos weiten Wiese. So weit ihr Blick reichte sah sie mit Gras bedeckte Ebenen, aus denen bunte Blumen und hin und wieder vereinzelte Bäume hervorragten. Die Gegend kannte sie bereits, daher zog etwas anderes ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich: der Umstand dass sie ohne Probleme oder Hilfe aufrecht mitten auf der Wiese stehen konnte. Verwirrt betastete sie ihren rechten Arm, welcher genau wir ihr Bein wieder ganz normal da war, sich normal anfühlte und normal bewegen ließ. Als wären die ganzen letzten Wochen nichts als ein einziger Alptraum gewesen. Rasch wandte sie die Augen von ihren zurückgekehrten Gliedmaßen ab und ließ sie suchend über die Wiese streifen. Jeden Momente rechnete sie damit ihren Bruder zu sehen, wie er über das Gras auf sie zurannte und sie in die Arme nahm. Aber stattdessen fiel ihr Blick auf einen Mann, welcher nicht weit entfernt wartete. Als er ihre Blicke bemerkte, lächelte er und ging langsam auf sie zu. Misstrauisch beäugte sie ihn. Wen immer sie vor sich hatte, er war ganz sicher kein Mensch, so viel konnte sie jetzt schon mit Sicherheit sagen.
Der Fremde hatte kurze, blonde Haare und violette Augen, die sie genauso neugierig musterten wie ihre Augen ihn. Eine Weile blieb ihr Blick verdutzt an dem Geweih aus Holz und Ästen auf seinem Kopf hängen. Letztendlich entschied sie sich dafür dass sie schon seltsameres gesehen hatte, zuckte kurz mit den Schultern. Trotzdem brachte sie kein Wort heraus und starrte den Mann einfach nur stumm an. Es ging etwas von ihm aus, was ihr die Sprache verschlug und sie still warten ließ, obwohl alles an ihr danach schrie ihn mit Fragen zu bombardieren.
„Ein schöner Ort.“ eröffnete der Unbekannte das Gespräch und bei dem Klang seiner fließenden, ruhigen Stimme bekam sie eine Gänsehaut. Was immer hier vor ihr stand, dieses Wesen verfügte über mehr Macht als sie jemals gespürt hatte, mehr als sie jemals für möglich gehalten hätte und dabei konnte sie sich als Magierin ziemlich viel vorstellen. Als er weitersprach zuckte sie kurz erschrocken zusammen. In Gedanken war ihr die kurze Pause wie eine Ewigkeit vorgekommen. „Gefällt mir hier, es ist schön idyllisch. Wo sind wir?“
„W-wer bist du?“ brachte sie stockend hervor und kam sich tierisch dumm vor, weil ihr nichts besseres einfiel, als ihm eine langweilige Gegenfrage zu stellen. Jetzt hielt er sie bestimmt für zurückgeblieben oder etwas langsam.
„Asmodäus.“ antwortete er freundlich und zwinkerte ihr kurz zu „Du kennst mich vielleicht eher unter meinem Titel als unter meinem Namen. Ich bin der ewige Prinz, auch wenn ich Asmodäus natürlich bevorzuge.“
„Die seltsame Dämonin meinte dass er sich mit mir in Verbindung setzen würde, aber ich hätte nicht erwartet dass es, naja, so passiert.“ sinnierte sie murmelnd vor sich hin und lief rot an, als ihr auffiel, dass sie dabei war in Selbstgesprächen zu versinken. Eine schlechte Angewohnheit, wenn sie nicht mit Severin zusammen war. Lauter fuhr sie fort: „Falls es dich wirklich interessiert. Wir befinden uns weit im Süden des Kirchenstaates, fast schon an der Küste. Das ganze Land hier gehört meiner Familie und befindet sich seit ewigen Zeiten im Besitz der Akashi. Severin und ich sind hier aufgewachsen.“ Severina machte eine weit ausholende Geiste, mit der sie die Ebene umfasste und versank dabei verträumt in ihren Erinnerungen „Nur hier leben auch die seltenen Vampirfalter. Meine Familie hat schon früh herausgefunden über welche nützlichen Eigenschaften sie verfügen und sogar angefangen sie zu züchten. Meine Schmetterlinge kommen auch von hier, aber nicht aus der Zucht. Ich habe sie selbst gefangen, auf genau diesen Wiesen. Wilde Vampirfalter sind schwer zu fangen, davon sie zu zähmen und an sich zu binden will ich gar nicht erst anfangen. Wenn man es schafft lohnt es sich, denn die wilden Exemplare sind denen aus unserer Zucht deutlich überlegen. Die Akashi verfügen über ein paar Dutzend Schmetterlingsmagier, aber niemand ist auch nur annähernd so mächtig wie ich. Aber das ähm...das interessiert dich sicher nicht.“ schloss sie ihren kleinen Vortrag ab und richtete ihren Blick verlegen auf den Boden. Wie kam sie dazu einen mächtigen Dämonenherrscher mit so einem Unsinn zu langweilen? Wenn sie so weitermachte würde er ihr ganz sicher nicht helfen und sie heilen.
„Keine Sorge, das tut es. Ich wusste wirklich nicht, wo wir uns hier befinden, immerhin bin ich nur ein Gast. Von daher, danke für die Erklärung, Severina.“ der ewige Prinz deutete eine Verbeugung an, mit der er die Akashi noch tiefer in ihre Verlegenheit stürzte „Aber dafür weiß ich, warum du so verwirrt bist und ständig panische Blicke auf deinen Arm und dein Bein wirfst. Erwartest du jeden Augenblick zur Seite wegzuknicken weil eines deiner Beine sich in Luft auflöst und sich alles nur als Traum herausstellt?“
„Ist es denn kein Traum? Fühlt sich nämlich verdammt nach einem an wenn ich es mir recht überlege.“
„Es ist ein Traum.“ bestätigte er ihre Vermutung ohne Umschweife. Es war recht offensichtlich und sie hatten vielleicht nur begrenzt Zeit, je nach dem, wie lange er bleiben konnte. „Aber ich denke deine Gliedmaßen behältst du, bis der Traum endet und du aufwachst. Allerdings bin ich überrascht. Ich hätte erwartet deinen Bruder hier zu sehen, immerhin bedeutet er dir mehr als dein eigenes Leben, wenn du dich ohne weiteres rettend vor ihn wirfst.“
„Die wahrscheinlich dümmste Idee meines Lebens.“ kommentierte sie sarkastisch und hasste sich im selben Moment dafür. Ohne diese dumme Idee, wäre ihr Bruder jetzt tot...und würde sie nicht hintergehen können.
„Das sagst du jetzt zwar, aber ich kann keinerlei echte Reue, kein echtes Bedauern in dir spüren. Du stehst zu deiner Entscheidung und würdest dich jederzeit wieder so verhalten. Egal was Severin jetzt gerade tut, du bereust deine Entscheidung nicht, du würdest sie nicht rückgängig machen, falls du es könntest.“ seine Stimme klang inzwischen bewundernd, fast schon erhrfürchtig, was Severina unbehaglich fühlen ließ. Ein so machtvolles Wesen...bewunderte etwas an ihr, das stürzte sie erst recht in heillose Verwirrung. „Ganz genau das ist es was ich an dir und deinem Geist beeindruckend finde. Nach allem was Severin dir angetan hat, nach allem was passiert ist und nachdem er dich hintergangen und verraten hat, stehst du trotzdem noch immer zu ihm, stärkst ihm den Rücken und hofft das er bald auftaucht. Selbst jetzt noch würdest du dich ohne zu zögern für ihn opfern. Das bewundere ich, es zeigt mir was für ein Mensch du bist, wie besonders du bist. Und genau weil du so ein besonderer Mensch bist, habe ich mich dazu entschlossen dir zu helfen so gut ich es kann oder sagen wir, so gut die Umstände es erlauben.“
„Und was für Umstände sind das?“
„Ich...lebe derzeit im Körper eines Menschen, wodurch meine Macht vielleicht etwas verringert wurde. Dank einiger unglücklicher Zufälle, bin ich an ihn gefesselt und er ist freundlich genug, mich bei sich leben zu lassen. Falls du es genau wissen willst, es ist der Körper des Paladins.“ offenbarte Asmodäus ihr freimütig sein kleines Geheimnis, ohne sich großartig Sorgen darum zu machen. Er konnte bis tief in ihr Herz blicken und keine Gefahr für sich entdecken.
„N-naruz? D-du bist N-naruz Bladelli? Aber...“ stotterte sie verständnislos drauf los ohne wirklich über seine Worte nachzudenken
„Ich bin nicht wirklich Naruz, aber ja, ich teile mir derzeit seinen Körper mit ihm, und der Paladin weiß auch davon Bescheid. Wir haben uns mehrmals unterhalten. Außerdem lebt ein Teil von mir auch noch in deinen Schmetterlingen. Eine ähm kleine Nebenwirkung die aufgetreten ist, als ich sie für den Paladin heilen sollte. Das ganze war nicht einfach in meinem geschwächten Zustand, also habe ich vielleicht den ein oder anderen Fehler gemacht.“ gab er zerknirscht zu und verschwieg, das er absichtlich darauf gehofft hatte, dass sein Zauber so etwas auslösen konnte „Bist du deswegen wütend? Ich habe versucht es rückgängig zu machen, aber das ist schwerer als erwartet. Wenn meine Seele ein Mal mit etwas verbunden ist, kann ich sie nicht mehr ohne weiteres lösen.“
„Ach schon gut. Du hast meine Freunde gerettet, dafür bin ich dir ewig dankbar. Was macht es schon, ob ein Stück deiner Seele sich hierher verirrt hat? Das ist derzeit mein kleinstes Problem.“ erwiderte sie mit ehrlicher Dankbarkeit und jetzt war es an ihr sich vor ihm zu verbeugen. Am liebsten, wäre sie dem Fremden um den Hals gefallen. Das hätte sie auch bei Naruz getan, um sich für die Rettung zu bedanken, nur konnte sie es außerhalb dieses Traums nicht mehr. „Hätte ich mich niemals mit ihm einlassen sollen?“ murmelte sie plötzlich zu sich selbst und schreckte aus ihren Gedanken auf, als sie merkte, dass sie es laut ausgesprochen hatte.
„Nun ja, er ist immerhin dein Bruder, auch wenn du das anscheinend gerne vergisst.“
„W-was meint Ihr damit?
„Genau das was ich sage, er ist dein Bruder. Wie sollte eine Beziehung funktionieren, die von Anfang an unnatürlich und falsch war? Von der jeder, selbst ihr beide, wusste dass es ein Fehler war und niemals ein gutes Ende nehmen könnte.“ erklärte er, seine Stimme blieb dabei frei von Vorwürfen oder Anklagen. Er nannte einfach nur die Tatsachen, aber das reichte Severina schon, um ihn deprimiert anzusehen und sich wieder beiläufig über ihren Arm strich.
„Was weiß irgendein Geist schon von wahrer Liebe? Ohne Severin wäre mein Leben nichts mehr wert. Dabei ist es mir egal, was er ist oder nicht ist.“ widersprach sie, mit erstaunlich wenig Enthusiasmus und wirkte nicht so, als wollte sie deswegen einen Streit beginnen. Vielleicht lag der ewige Prinz damit sogar richtig. Severin und sie, das hätte niemals gut gehen können.
„Ich weiß nicht wie die Beziehung zwischen dir und Severin aussieht oder was ihr fühlt, doch ich weiß sehr wohl wie man liebt. Wie es sich anfühlt Hals über Kopf in jemanden verliebt zu sein, für diese Person ganze Nationen in Kriege zu stürzen. Als ich noch in meiner Welt lebte, fand sich in meinem Reich eine Priesterin.“ setzte Asmodäus zu seiner Geschichte an, die er vor kurzem erst dem Paladin erzählt hatte „Aber es ging nicht lange gut mit uns, fast wie bei dir und deinem Bruder. Sie geriet während meiner Kämpfe und Kriege in die Schusslinie. Es ist eine etwas längere Geschichte und ich habe sie erst vor kurzem jemandem erzählt. Noch einmal in so kurzer Zeit...habe ich einfach keine Lust dazu.“ kam er rasch zum Ende und räusperte sich kurz. Dieser kurze Moment der Unsicherheit hinterließ bei Severina noch mehr Eindruck als die ganze Macht die er ausstrahlte. Sein Gesicht zeigte ihr deutlich, dass sich in diesem ewigen Prinzen anscheinend wirkliche Gefühle befanden, oder er war nur ein guter Schauspieler.
„Verstehe, das tut mir leid. Ihr müsst nicht darüber reden wenn Ihr nicht wollt. Auch wenn ich...auch wenn ich gerne wissen würde wie sie so war. Eine Frau der es gelingt Euer Herz zu erobern muss etwas besonderes gewesen sein.“
„Sie war dir sehr ähnlich, habe ich das schon erwähnt?“ meinte er lächelnd und musste leise lachen, als er sah, wie sie ihn verdutzt anstarrte.
„Nein, habt Ihr nicht.“ meinte sie kopfschüttelnd und kam sich schon wieder dumm vor, als sie daran dachte, wie sie wirken musste falls man sie beobachtete „Sah sie mir denn wirklich so ähnlich?“
„Kein bisschen. Was das Aussehen angeht seid ihr etwas weit auseinander, nicht allzu weit, aber es gibt doch mehr als genug Unterschiede.“ in seinem Gesicht spiegelte sich wieder, wie sehr diese Erinnerungen ihm zu schaffen zu machen schienen, egal wie gut er darin war es zu verbergen. Vor Naruz hatte er sich zurückgehalten, aber Severina ließ in ihm wieder alles hervorkommen. „Es ging mir auch eher um etwas anderes. Ich entdeckte genau die Eigenschaften an dir, die ich bei ihr so sehr liebte und für die ich sie verehrt habe. Grenzenlose Treue, unerschütterliche Liebe und pure Entschlossenheit.“
„Wirke ich denn im Moment wirklich noch wie eine ewig treue Geliebte? Immerhin denke ich seit meinem Gespräch mit Luxuria nur noch darüber nach ob es nicht besser wäre meinen Bruder zu verlassen. Besser für uns beide...falls ich ihn überhaupt noch verlassen muss und er mich noch nicht verlassen hat.“ Severina verzog ihr Gesicht zu einer Art Grimasse und fragte sich kurz, ob Asmodäus sie mit diesen Worten aufziehen wollte. Vor der Sache mit Luca, hätte sie ihm zugestimmt aber jetzt fühlte sie sich eher so, als würde man sich über sie lustig machen.
„Ja, denn selbst jetzt noch liebst du ihn und würdest ihm verzeihen, falls er mit seinem üblichen Grinsen im Gesicht zum Fenster reingeklettert käme. Nach allem was passiert ist, und obwohl du jeden Grund hättest ihn zu hassen, würdest du dich trotzdem noch immer vor ihn werfen um sein Leben zu retten. Das ist es was ich wahre Treue nenne, wahre Liebe, und genau deswegen rede ich überhaupt mit dir. Aber so wundervoll und strahlend Menschen mit diesen reinen Gefühlen auch sind, sie haben eine große Schwäche. Sie erkennen einfach nicht wenn man sie und ihre einzigartigen Gefühle ausnutzt. Und genau das hat Severin getan, das weißt du tief in deinem Herzen auch selber ganz genau.“
„Was denn jetzt? Weiß ich tief in meinem Herzen was für ein Arschloch er ist oder wie sehr ich ihn liebe?“ ließ sie sich zu einer gereizten Antwort hinreißen, für die sie am liebsten ihre Zunge verschluckt hätte.
„Du bist immerhin auf einem guten Weg es zu erkennen und eines Tages wirst du vielleicht sehen, was für ein Mensch dein Bruder wirklich ist, wie wenig du ihm bedeutest, wie wenig ihm generell irgendjemand bedeutet. Alles was für jemanden wie ihn zählt, ist er selbst.“ Asmodäus zuckte leicht mit seinen Schultern, um zu signalisieren, dass er Severin nicht gut genug kannte, um noch weiter Spekulationen anzustellen „Aber genug davon. Ich nehme an du hast bereits genug mit deinen eigenen Gedanken und Zweifeln zu tun die dir den ganzen Tag im Kopf herumschwirren. Da brauchst du ganz sicher nicht auch noch einen sentimentalen Dämon, der mit dir über dein Gefühlsleben reden will.“
„Richtig, das brauche ich jetzt ganz sicher nicht. Ich brauche weder weitere Zweifel noch jemanden der mir sagt dass mein Bruder mich vielleicht hintergangen hat. Das erkenne ich alles auch von alleine, schließlich bin ich nur verkrüppelt und nicht blind. Dafür brauche ich keine Stimme, die sich in meinem Kopf einnistet.“
„In deinen Schmetterlingen.“ korrigierte Asmodäus sie belustigt und fing sich dafür einen finsteren Blick ein „Ich kann verstehen dass du keine Lust hast über dieses Thema zu reden, musst du auch nicht. Eigentlich bin ich wegen etwas anderem hier.“ er nickte in ihre Richtung und zeigte dann kurz auf ihre unversehrten Arme und Beine „Ich bin hier, um dir ein Angebot zu machen das dein Leben wieder zu dem machen wird, was es vor dem Kampf gegen Luca war.“
„D-du meinst du...du könntest...?“ stammelte sie fassungslos, als ihr klar wurde, was er ihr gerade anbot.
„Ja, ich biete dir an deine Gliedmaßen wiederherzustellen. Es wären nicht wieder deine alten Gliedmaßen, aber ich könnte neue für dich erschaffen, falls du es willst. Mithilfe von Magie lässt sich einiges erreichen, vor allem wenn es um Magie geht, die selbst mit der Macht Gaias mithalten kann. Wenn du willst dass ich ein neues Bein und einen neuen Arm schaffe, musst du es nur sagen. Ich erwarte keine Gegenleistung dafür, also brauchst du dir keine Sorgen darum zu machen.“
„Keine Gegenleistungen, keine Forderungen, keine Gefallen?“ hakte sie misstrauisch nach, während sie sich mit der der linken Hand, noch immer ohne es zu merken, über ihren rechten Arm fuhr „Ganz sicher dass du nicht doch noch irgendetwas vergessen oder ausgelassen hast und ich in Wahrheit meine Seele an dich verkaufe?“
„Ganz sicher, ich irre mich da selten.“ erwiderte der Dämon mit einem Hauch von Belustigung in der Stimme. Eigentlich sollte ihn dieses Misstrauen ärgern, aber wie sie ihn argwöhnisch anfunkelte, erinnerte ihn im Moment einfach zu sehr an seine erste Begegnung mit Levi. Auch damals hatte es etwas gedauert, bis sie ihm vertraute. „Sieh es als Belohnung für deine Treue an. Solche selbstlosen Taten werden nur selten vom Schicksal belohnt. Das Schicksal ist eben unfair, aber ich bin es nicht und deswegen biete ich dir Hilfe an.“
„Sagen wir ich nehme an...muss ich dann irgendetwas dafür tun oder bei dem Zauber helfen oder...?“
„Ganz ruhig, du musst gar nichts tun. Ich kümmere mich um alles was nötig ist.“ versprach Asmodäus und redete mit beruhigender Stimme auf sie ein „Es kann allerdings eine Weile dauern. Die Materialien die ich brauche befinden sich leider nicht hier in Navea, doch ich bin dabei sie aufzuspüren und suchen zu lassen.“
„Ist das nicht etwas viel Aufwand, nur um jemanden für so etwas simples wie Treue zu belohnen?“
„Simpel ist es vielleicht für dich, und genau deswegen musst du dafür auch belohnt werden. Es gibt nur wenige Menschen, für die so etwas selbstverständlich ist und ich will nicht das eines dieser seltenen Exemplare vor Traurigkeit eingeht.“
„Wenn du das alles ehrlich meinst und du wirklich mit dem Paladin verbündet bist dann...dann nehme ich dein Angebot gerne an ähm Asmodäus...Herr...Dämon...Prinz, was auch immer.“
„Gut, du wirst es nicht bereuen, das verspreche ich dir. Und du kannst mich einfach Asmodäus nennen, zumindest vorerst. Derzeit habe ich nicht wirklich viel Anrecht auf meine Titel, immerhin besitze ich weder ein eigenes Reich noch bin ich in dieser Welt ein Prinz.“ Asmodäus verstummte, ein sinnierendes Lächeln auf den Lippen und sah sie eine Weile an, bevor er ein leises, kurzes „Danke.“ von sich gab, mit dem Severina nichts anzufangen wusste.
„W-wofür denn? Ich habe doch gar nichts getan außer dumme Fragen zu stellen und mit Misstrauen um mich zu werfen!“ wehrte sie sein Danke ab, während sie verwirrt blinzelte.
„Danke für das Gespräch. Du glaubst gar nicht wie selten ich dazu komme, mich mit jemandem zu unterhalten. Falls du das gerne einmal wiederholen möchtest, nimm einfach Kontakt zum Geist des roten Schmetterlings auf, ich werde höchstwahrscheinlich da sein. Falls nicht warte einfach darauf dass ich mich wieder melde. Es kann noch eine Weile dauern bis alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, aber schon bald wirst du wieder ganz sein und normal durch die Gegend laufen, wie vor diesem unglücklichen Kampf.“ Gerade wollte sie noch zu einer Antwort ansetzen und sich verabschieden, da endete ihr Traum auch schon abrupt. Als Severina die Augen aufschlug befand sie sich wieder im Anwesen der Bladelli. Alles war wieder wie vorher. Sie war alleine, nur umgeben von ihren reglosen, schlafenden Schmetterlingen und konnte noch immer nicht aus eigener Kraft aufstehen. Doch etwas hatte sich verändert. Hellwach starrte sie den roten Schmetterling an. Ja, etwas hatte sich definitiv verändert, denn jetzt musste sie das alles nicht mehr alleine ertragen. Jetzt gab es jemanden, der ihren Schmerz nicht nur teilte, sondern sogar mindern konnte. Wenn er die Wahrheit sagte, dann konnte sie schon bald wieder laufen, so wie in dem Traum eben. Auch wenn sie vermutlich einen riesigen Fehler beging, war sie dennoch bereit dem ewigen Prinzen zu vertrauen. Im Moment würde sie alles tun nur um in der Lage zu sein aufzustehen und nach ihrem Bruder zu suchen, dafür ging sie sogar bereitwillig einen Pakt mit einem Dämon ein. Sie musste einfach herausfinden ob Luxuria die Wahrheit gesagt hatte. Ob Severin sie wirklich im Stich gelassen hatte.



Es war mitten in der Nacht. Anya Bladelli befand sich gerade auf dem Rückweg zum Anwesen ihrer Familie. Den ganzen Tag über hatte sie bei den Templern und im Militärbezirk verbracht, um so viel wie möglich über den kommenden Kriegsrat herauszufinden. Naruz wollte dort vorsprechen, jede noch so winzige Information über die Teilnehmer konnte ihm sicher helfen. In Wahrheit hatte sie nur die Flucht aus dem Anwesen ergriffen. Aleyandra war sicher vorbeigekommen um sich für den Streit zu entschuldigen und die beiden hatten sich versöhnt, wie immer. Lange konnten sie einander wohl nie böse sein. Gerade jetzt feierten sie sicher ihre Versöhnung in Naruz Zimmer. Alleine bei dem Gedanken daran verdüsterte sich Anyas Stimmung deutlich. Sie wünschte den beiden alles gute, von ganzem Herzen, aber trotzdem gefiel es ihr irgendwie nicht. Anya seufzte, genervt über ihre eigenen Gedanken. Die beiden waren glücklich miteinander, das zählte. Alles andere durfte sie nicht interessieren. Victoria hatte einfach zu viel auf sie eingeredet, aber das hatte jetzt ein Ende. Sie war Naruz Freundin, mehr nicht, das würde auch Aleyandra bald noch erkennen.
Wieder etwas besser gelaunt, beschleunigte sie ihre Schritte um so schnell wie möglich in ihr Bett zu schlüpfen. Mit Sicherheit hatten die Beiden sich schon längst vertragen. Bedauerlicherweise, kam Anya nicht mehr dazu, sich selbst von der Versöhnung zu überzeugen. Von einem Herzschlag auf den nächsten, ging ein heftiger Ruck durch ihren Körper. Hände verkrallten sich in ihre Kleidung am Rücken, rissen sie nach ohne Anstrengungen nach Oben und plötzlich hob sie in die Lüfte ab.
„Halt dich gut fest und vertrau mir, Anya!“ erklang Aleyandras laute Stimme direkt über ihr. Als Anya es gelang sich etwas umzusehen erkannte sie, dass es tatsächlich Aleyandra war, die sie über die Stadt trug. Anya fügte sich ihrem Schicksal, auch wenn sie vorsichtshalber die Hand an ihrem Schwert behielt. Unter ihr raste Navea dahin und sie entfernten sich immer weiter vom Militärbezirk. Einige Minuten vergingen, bis sie sich schon den Mauern der Stadt näherten. Vor ihnen erhob sich der Himmelsturm, dann der See direkt daneben und die kleinen Inseln, welche aus dem Wasser ragten. Auf einer dieser Inseln ließ Aleyandra sie vorsichtig zu Boden. Anya landete auf beiden Beinen im Gras und blinzelte verwirrt. Das war alles bisher deutlich harmloser und netter abgelaufen als sie erwartet hatte seit ihr klar war wer sie eigentlich durch die Luft trug. Ihre Entführerin landete gegenüber von ihr und stellte sich direkt vor ihr auf. Aleyandra trug ein langes, weißes Kleid das im Licht des Mondes zu leuchten schien. Anya hatte es noch nie gesehen. Blinzelnd kniff sie die Augen etwas zusammen, als das Licht begann sie mehr und mehr zu stören. Das Mondlicht schien von dem Kleid gespiegelt zu werden und wurde von Sekunde zu Sekunde greller.
„Puh, ich dachte für einen Moment schon du würdest mich einfach irgendwo über der Stadt fallen lassen.“ begann Anya scherzhaft und hielt sich die Hand vor die Augen, als das Licht begann sie zu sehr zu stören. Zum Glück ließ das Leuchten nach einer Weile nach und sie atmete erleichtert auf, doch noch immer gab Aleyandra keinen Laut von sich. Unsicher nahm Anya die Hand weg und sah ihre regungslose Konkurrentin unsicher an. „Dumm von mir, ich sollte nicht so misstrauisch sein, tut mir leid. Aber was soll das hier eigentlich werden? Wieso hast du mich entführt? Gibt es etwas wichtiges worüber wir reden müssen oder...oh, darum geht es, richtig?“ ungeduldig trat Anya auf der Stelle, als sie selbst jetzt noch keine Antwort bekam. Aleyandras rote Augen starrten sie nur unbeweglich an, ohne ein einziges Mal zu blinzeln oder eine Gefühlsregung zu zeigen. Nachdem es einige Minute so weiterging, wurde die Bladelli langsam nervös. Ihre rechte Hand wanderte wieder instinktiv zum Griff ihres Schwertes, auch wenn sie bezweifelte dass sie es wirklich brauchte, trotzdem hatte sie gelernt vor Aleyandra lieber auf der Hut zu sein. „Hör zu, ich habe gerade wirklich keine Zeit dafür. Wir müssen den Mörder von Aynaeth finden, aber danach können wir uns gerne unterhalten. Das müssen wir vermutlich sowieso, denn anscheinend hast du noch immer ein Problem mit mir obwohl ich gerne die Feindschaft zwischen uns beenden würde, endgültig.“ „Naruz hat mit von eurem Streit erzählt, zumindest ein bisschen. Aleyandra, du musst mir glauben dass ich niemals deine Beziehung gefährden will. Ich würde mich nie zwischen euch drängen. Es stimmt dass ich Naruz mag, doch er liebt dich und das wissen wir beide ganz genau, er hat sich für dich entschieden und damit kann ich leben. Lass uns bitte versuchen nicht mehr zu streiten oder aneinanderzugeraten.“ Anya lächelte sie an und streckte ihr eine Hand entgegen „Frieden?“ fragte sie so freundlich wie sie konnte. Zu ihrem eigenen Erstaunen, bewegte sich Aleyandras rechter Arm tatsächlich in ihre Richtung. Doch nich um einzuschlagen. Aleyandras Hand zuckte ruckartig nach vorne und traf auf Anyas linke Schulter. Da die Bladelli mitten in Navea keine Rüstung trug, fuhren die Finger des weißhaarigen Mädchens wie durch Butter. Angetrieben von der unmenschlichen Kraft einer Botschafterin Gaias, bohrte ihre Hand sich mühelos tief in die Schulter und traf auf der anderen Seite wieder heraus. „W-w-was?“ hauchte Anya abgehackt und sah verstört mit an, wie Aleyandra zufrieden lächelte und dabei die Hand in der Verletzung drehte, bis Anya ihre Verwunderung überwand und einen lauten Schmerzensschrei von sich gab. Es klang wie lieblicher Gesang in Aleyandras Ohren. Mit einem heftigen Ruck riss sie ihren Arm aus Anyas Schulter. Blut spritze hervor, landete auf dem weißen Kleid, während Anya schwach zurücktaumelte. Aleyandra kicherte bei dem Anblick vor sich hin und begann dann sich einen Finger nach dem anderen in den Mund zu stecken. Im selben Moment leuchteten ihre roten Augen hell auf und strahlten die völlig verwirrte und schmerzerfüllte Bladelli gierig an.
„Nicht schlecht. Schmeckt besser als erwartet.“ schmatze sie, während sie damit beschäftigt war das Blut der Bladelli zu schlucken. Sie wich ein kleines Stück zurück, um in Ruhe den Moment zu genießen. Zufrieden fuhr ihre Zunge über die blutgetränkten Finger bis sie sauber waren und ein wohliger Schauer durchlief ihren Körper. „Erinnert mich etwas an das von Naruz, also vom Geruch her. Seines konnte ich leider noch nicht schmecken, das müssen wir noch nachholen, später, denn wir verschieben immer alles auf später, weil immer alles wichtiger ist als ich, sogar eine Hure wie du.“ meinte sie und der Geruch von Bladelliblut drang ihr in die Nase, brachte sie dazu überglücklich zu Grinsen. Das klaffende Loch in Anyas Schulter half natürlich auch dabei ihre Stimmung in ungeahnte Höhen steigen zu lassen. Fast hätte sie dieser Zustand das Leben gekostet, denn die Bladelli hatte nicht vor sich kampflos zu ergeben. Sie zog ihr Schwert, ignorierte das Blut das aus ihrer Schulter strömte und stürmte mit einem Kampfschrei auf den Lippen auf Aleyandra zu. Da Aleyandra sich noch in ihrem blutigen Höhenflug befand, bemerkte sie ihre Angreiferin fast zu spät. Einen normalen Menschen, hätte Anyas Schwertstreich getroffen, aber keinen Botschafter Gaias. Aleyandra wich ihr aus und eine ihrer Hände klammerte sich um Anyas rechtes Handgelenk. Dann drückte sie mit ihrer übermenschlichen Stärke zu. Zufrieden hörte sie, wie Anyas Knochen unter der Kraft zerschmettert wurden, bis das Schwert aus der kraftlosen Hand viel. Anya stolperte zurück, betrachtete entsetzt ihre verdrehte Hand.
„Ach bitte, hast du wirklich geglaubt das würde funktionieren? Ich bin enttäuscht von dir, eigentlich hätte ich erwartet du würdest dich deiner verdienten Strafe beugen und nicht noch versuchen einen langweiligen Kampf abzuliefern den du sowieso nicht gewinnen kannst.“ kam es unter hämischem Gelächter von Aleyandra. Geschickt fischte sie das Schwert der Bladelli vom Boden auf und setzte jetzt selbst zum Angriff an. Anyas eigenes Schwert grub sich von Oben in ihren Oberschenkel und durchdrang ihn spielend leicht. Auch ihr anderes Bein wurde kurz danach durchstochen, bevor Aleyandra tänzelnd zurücksprang und grinsend beobachtete, wie ihre Kontrahentin Mühe hatte sich auf de Beinen zu halten. Schwankend sackte die Bladelli in sich zusammen, ging geschwächt vom Blutverlust in die Knie und hielt sich die Löcher in Schulter und Oberschenkel. „Erbärmlich, einfach nur erbärmlich. Ich bin eine Botschafterin Gaias, eine heilige Dienerin der Göttin. Glaubst du es gibt einen Weg, wie du gegen mich gewinnen könntest?“ fragte Aleyandra gehässig nach. Im selben Moment, sprang sie wieder auf Anya zu und setzte dazu an, ihr eine ganze Reihe von flacheren und tieferen Schnittwunden zu verpassen. Immer wieder schlug sie mit dem Schwert zu. Ließ die Klinge über den Körper ihrer Herrin schlagen, riss einen tiefen Schnitt nach dem anderen in Anyas Körper. Zerfetzte Kleidung, Haut und Fleisch gleichermaßen, während Anya sich nur schützend die Arme vors Gesicht hielt und anfing vor Schmerzen zu schreien. „Oh, was für ein süßer Schrei aus einem so widerwärtigen Maul. Seit wann kannst du denn so niedlich sein, Anya? Und ich habe immer gedacht du kannst nur hässliche Lügen verbreiten und Naruz den Kopf verdrehen, aber du kannst auch wundervoll leiden.“ Letztendlich blieb Anya schwer atmend vor ihr liegen, bewegte sich kaum noch und wenn dann nur um leise zu schreien oder verzweifelt zu versuchen die Blutungen zu stoppen. „Mhm, der Kampf war zwar etwas einseitig aber wenn wir ehrlich sind...wer hätte etwas anderes erwartet? Es war von Anfang an klar wie ein Duell zwischen der strahlenden Heldin und der bösen Hexe ausgeht.“ Aleyandra stand triumphierend über ihrer besiegten Gegnerin und reckte stolz ihr neues Schwert gen Nachthimmel. Endlich! Sie hatte es endlich geschafft und gesiegt!
„A-aleyandra...i-ich...e-e-es...“ brachte Anya mühsam hervor. Alles an ihrem Körper schmerzte, brannte höllisch und brachte sie dazu mühsam ihr Schluchzen zu unterdrücken. Als sie das ganze Blut sah das an ihrem Körper herab rann wurde ihr schwindelig und sie stand kurz davor das Bewusstsein zu verlieren. Trotzdem gelang es ihr mit purer Willenskraft ein paar Worte hervorzubringen, mit denen sie diese verzweifelte Situation noch zu retten hoffte.
„Sei still, Hure!“ zischte Aleyandra zornig, als Anya es wagte ihr diesen wundervollen Augenblick des Triumphs zu ruinieren. Als Strafe dafür ließ sie ihren Fuß gegen Anyas Seite krachen, schleuderte die Bladelli ein paar Meter über die Insel und hörte zufrieden ein befriedigendes Knacken, als die ersten Rippen der Hure unter der Wucht brachen. Manchmal hatte es schon einige Vorteile ein Botschafter Gaias zu sein. Selbst einfachste Schläge und Tritte von ihr konnten Knochen zermalmen und Fleisch aufreißen. Aleyandra ging auf die Bladelli zu, bis sie wieder neben ihr stand. „Es ist mir vollkommen egal was du zu sagen hast, Hexe, es wird nichts mehr an meiner Entscheidung ändern! Ich habe mich dazu entschieden das ganze ein für alle mal zu beenden und genau das werde ich tun! Du hast dich lange genug zwischen mich und Naruz gestellt, das hört jetzt endlich auf!“ rief Aleyandra mit neu entfachtem Zorn und trat wie eine Wahnsinnige auf Anya ein. Ihre Schuhe krachten gegen Anyas Körper, brachen weitere Rippen, traten auf Finger um sie zu brechen und am Ende sogar mitten in Anyas Gesicht. Die Nase der Bladelli gab unter der Wucht genauso nach wie vorher schon alles andere und bedeckte Anyas Gesicht mit einem riesigen Schwall aus Blut. „Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen Naruz nie begegnet zu sein!“ schrie sie zwischendurch wieder und wieder, während sie sich immer weiter in ihre Raserei hineinsteigerte.
Es dauerte nicht lange bis Aleyandra ihre wilden Attacken einstellen musste. Die Templerin war zwar widerstandsfähig aber trotzdem würde sie so eine Behandlung nicht ewig durchhalten und Aleyandra war noch nicht so weit die Hexe gehen zu lassen. Der Tod sollte ihre Belohnung sein, keine Strafe. „So, damit nähern wir uns dem Ende der kleinen Vorstellung und natürlich auch deinem Ende.“ offenbarte Aleyandra ihr zufrieden und musste aus irgendeinem unersichtlichen Grund anfangen wie eine Wahnsinnige zu kichern. Es dauerte eine Weile, bis sie sich von diesem Lachanfall erholte und wieder zu Atmen kam. Neugierig musterte sie die verletzte Anya eingehend, untersuchte mit ihren Augen prüfend jeden Zentimeter des geschundenen Körpers. „Ich werde vorher noch etwas dein Gesicht bearbeiten müssen, und ich finde du hast noch mehr Verletzungen verdient, aber ich bezweifle das du noch besonders lange aufnahmefähig bist, also erzähle ich dir lieber gleich wie das ganze hier enden wird.“ sie ging neben ihrem Opfer in die Knie und fuhr Anya überraschend sanft durch die langen, roten Haare. Gleichzeitig flüsterte sie der Bladelli mit aufgeregter Stimme etwas zu. „Ich werde deine Arme und Beine mit diesem hübschen Schwert abschneiden, damit ich sie später einem Rudel Straßenköter zum Fraß vorwerfen kann. Danach schlitze ich dich von Oben bis Unten auf da ich schon immer wissen wollte was in deinem Innersten so vor sich geht. Leider kann ich deine Gefühle und Gedanken nicht aufschneiden, also muss das reichen. Ich weide dich aus, bis du nichts weiter bist als eine Leere Hülle. Sobald ich damit fertig bin deinen widerlichen Körper angemessen zu verstümmeln, werde ich deinen Schädel mit diesem hübschen Schwert aufbrechen und dein Inhalt auf deinen Überresten verteilen. Was dann noch von dir übrig ist, pflanze ich auf einen Pfahl, direkt vor das hübsche Anwesen deiner Familie. Wenn Naruz morgen früh das Haus verlässt, wird deine zerfetzte Leiche auf einem Spieß das erste sein was ihn anlächelt und einen wundervollen Tag wünscht. Da er ein naiver Trottel ist, wird er um den Tod einer verkommenen Hexe trauern, sogar weinen.“ sie ballte die Fäuste so fest sie konnte zusammen. Ihr Gesicht verzerrte sich vor Hass. Naruz liebte Anya. Naruz liebte Anya. Dieser eine Satz, wiederholte sich wieder und wieder in ihrem Kopf, wollte ihn nicht mehr verlassen oder aus ihr verschwinden. Dieser eine Gedanke, war alles, was sich hinter dem roten Schleier ihres Blutrausches befand und er half nicht dabei, dass sie sich wieder beruhigte. „Aber das ist schon gut, ich verzeihe ihm diese Beleidigung und verzeihe ihm, dass er um ein Stück Dreck wie dich heult. Er hat viel durchgemacht, weißt du? Vor allem in letzter Zeit. Du hast es vermutlich nicht mitbekommen, weil du ständig damit beschäftigt warst mit deinen Brüsten zu wackeln, die ich dir nebenbei gesagt als erstes abschneiden werde, aber Naruz hat sehr gelitten unter dem Tod seiner Freundin. Nach allem was passiert ist gönne ich es ihm sogar um so eine Schlampe zu weinen, er wird immerhin nicht lange traurig sein müssen, dafür sorge ich schon, keine Angst. So kurz nach Aynaeth jetzt auch noch seine Lieblingshure zu verlieren, das wird ihn endgültig fertigmachen. Er wird einen noch schlimmeren Zusammenbruch haben und diesmal werde nur ich da sein um ihn vor sich selbst und seinen Depressionen zu retten. Ich werde für ihn da sein, ihn trösten, ihm dabei helfen dich zu vergessen. In ein paar Wochen oder Monaten wird er deinen Namen vergessen haben. Für ihn werde nur noch ich existieren, alles andere muss verschwinden, muss vernichtet und ausgelöscht werden.“ Damit erhob sie sich langsam und hob ihr neues Schwert an. Bevor Aleyandra ihre Drohung jedoch in die Tat umsetzen konnte, flog aus der Dunkelheit ein scharfer Wurfdolch heran und bohrte sich tief in ihre Schulter. Mehr vor Überraschung als vor Schmerz musterte sie das Kunai und zog es dann genervt aus ihrem Fleisch heraus, wobei sich jetzt auch ihr eigenes Blut auf dem Kleid verteilte um es noch mehr zu besudeln. Das Schwert flog ihr aus der Hand. Mehr überrascht als verletzt, drehte sie sich in die Richtung, aus der man sie beworfen hatte. Am anderen Ende der Insel, stand Tsubaki. Das Wächtereidolon der Bladelli Familie, und es war noch nicht fertig. Weitere Wurfgeschosse flogen dem weißhaarigen Mädchen entgegen, welches sich davon nicht aus der Ruhe bringen ließ. Aleyandra versuchte gar nicht erst den Geschossen auszuweichen. Jedes einzelne traf sein Ziel und bohrte sich tief in ihren zierlichen Körper. Doch das hielt sie nicht davon ab das Eidolon mit voller Wucht wieder und wieder anzugreifen. Sie schlug und trat wild um sich. Landete dabei sogar mehrere Treffer und konnte was Schnelligkeit und Kraft anging ohne Probleme mit dem Eidolon mithalten. Auf Dauer war jedoch klar wer dieses Duell gewinnen würde. Selbst der übernatürliche Hass welcher Aleyandra derzeit antrieb würde ihren Körper irgendwann nicht mehr auf den Beinen halten können, und selbst wenn, irgendwann würde ihr das Blut ausgehen oder sie konnte sich nicht mehr bewegen, weil sie am ganzen Körper mit Kunai gespickt wäre.
So lange dauerte der Kampf zwischen Eidolon und Botschafter allerdings nicht mehr an. Noch bevor einer von ihnen in der Lage war den entscheidenden Treffer zu landen, wurden sie von einer lauten und völlig verwirrten Stimme unterbrochen.
„Hey, warte! Tsubaki, nicht so schnell! Was ist überhaupt los!“ rief Naruz, in dem Moment, in dem er ein Stück von den Kämpfenden entfernt landete. Seine Augen wanderten ungläubig zwischen der am Boden liegenden Anya und der blutbesudelten Aleyandra hin und her. In Aleyandra steckten zwar gut ein dutzend Wurfmesser, aber irgendwie glaubte er nicht daran dass das ganze Blut von ihr stammte. „Ernsthaft...was um alles in der Welt ist hier los?“
„N-naruz?“ stammelte Aleyandra vor sich hin und das grelle Leuchten in ihren Augen schien langsam nach und nach schwächer zu werden. Als das Licht in ihren Augen gänzlich erloschen war, drückte sie sich ohne zu zögern vom Boden ab und flog so schnell davon, dass Naruz nur noch verwirrt blinzeln konnte bevor sie auch schon außer Sichtweite verschwand.
„War das gerade wirklich Aleyandra oder habe ich es mir nur eingebildet?“ fragte er entsetzt. Sie war voller Blut gewesen. Hatte man sie und Anya angegriffen? Ein weiterer Angriff von Dämonen oder Dienerin des Schattenritters?
„Darüber kannst du später nachdenken, Paladin! Jetzt hast du wichtigeres zu erledigen!“ unterbrach Tsubaki ungeduldig seine Gedankengänge „Komm endlich her und heile sie, bevor sie noch verblutet.“
Naruz setzte sich so schneller konnte in Bewegung und ging neben der reglosen Anya in die Knie, um sich die dutzenden Verletzungen anzusehen. „Hat...hat Aleyandras getan?“ fragte er leise und wirkte dabei schon Magie, um die schlimmsten Wunden zu schließen.
„Du hast sie doch eben gesehen, oder? Sie war von oben bis unten mit Anya´s Blut besudelt, trug ihr Schwert und wollte mich umbringen. Brauchst du wirklich eine Erklärung um zu kapieren was hier passiert ist?“ erwiderte Tsubaki ungehalten und in ihren Augen funkelte etwas, was er noch nie bei ihr erlebt hatte: Zorn. Der Angriff auf Anya schien sie schwer mitzunehmen. „Ich habe gespürt dass ein Mitglied eurer Familie sich ganz in der Nähe in Gefahr befindet. Schade das meine Nachricht dich ein paar Minuten zu spät erreichte, ansonsten hätten wir die Irre vielleicht noch geschnappt und du hättest sie selbst fragen können wieso zur Hölle sie ein verfluchtes Blutbad angerichtet hat.“
„Anya wird uns sagen was passiert ist.“ murmelte Naruz zerstreut zu sich selbst und musterte seine bewusstlose Cousine besorgt „Ich kriege sie schon wieder hin, keine Sorge.“



„Ich sagte es doch schon ungefähr hundert Mal alleine in den letzten paar Minuten...Nein!“ rief Teregion genervt aus und unterdrückte dabei den Drang sich verzweifelt die Hand vors Gesicht zu halten. Lange hielt er das nicht mehr aus. Ganz egal was er sagte, Severin wollte einfach nicht verschwinden. Der andere Akashi, stand vor ihm in seinem Arbeitszimmer und redete seit einer halben Ewigkeit auf ihn ein.
„Erwartest du etwas dass ich es gar nicht erst versuche?“ erwiderte Severin genauso energisch und aufgebracht „Wenn wir ihr nicht helfen, wird sie...“
„Sie wird rein gar nichts außer begnadigt. Hast du das noch immer nicht kapiert? Die Bladelli wollen deinen Kopf, nicht den deiner Schwester! Für die bist du der Schuldige und sie eine Heilige, die aus Versehen an einen Idioten geraten ist.“ Teregion wollte nicht so hart zu ihm sein, aber im Moment hatte er ganz andere Probleme, als die Zwillinge. Sie hatten sich selbst in Schwierigkeiten gebracht, jetzt sollten sie sehen, wie sie da wieder rauskamen. „Das war es doch was du wolltest, oder? Du wolltest dass sie begnadigt wird und man dir die Schuld gibt. Tja, genau das ist passiert, alles ist in Ordnung und so wie du es wolltest.“
„Ja...da hast du irgendwie recht.“ murmelte der andere Akashi nachdenklich vor sich hin, wenigstens kurz abgelenkt von seiner Wut über Silberblatts Unverständnis.
„Verschwinde aus der Stadt, das ist am besten für euch beide.“ beschwörte Teregion ihn, wenn auch mit wenig Hoffnung auf Erfolg. Es war zwar am besten für alle, aber das hatte Severin noch nie gekümmert.
„Niemals. Hast du mich verstanden, Silberblatt? Niemals! Ich verlasse Navea nicht ohne sie. Eher lasse ich mich von dem verfluchten Schoßhund der Bladelli in Stücke reißen als sie in den Händen dieser Leute zu lassen! Begnadigung hin oder her, sie ist noch immer eine Gefangene unserer Feinde! Eine Geisel der Bladelli!“
„Soweit ich weiß geht es ihr bei den Bladelli gut. Sie wird wie ein Gast behandelt und es mangelt ihr an nichts.“
„Aber mir.“ erklärte Severin, endlich mit ruhiger, fast schon deprimierter Stimme. Er musste endlich zu ihr, ansonsten verlor er noch den Verstand. „Ich bin sicher es geht ihr genauso, das fühle ich. Wir sind durch mehr verbunden als nur unser Band als Zwillinge, wir sind ein Paar, wir gehören zusammen. Sie braucht mich und ich brauche sie. Ohne Severina kann ich mich auch gleich vom Himmelsturm stürzen.
Silberblatt legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter und konzentrierte sich wenigstens kurz auf Severins Probleme, da seine eigenen ihn noch nicht genug zu beschäftigen schienen. „Lass sie eine Weile in Ruhe. Sie braucht Zeit um sich von ihren Verletzungen zu erholen, außerdem kümmert man sich dort bestens um sie. Dazu kommt dass du keine Ahnung hast wie du sie befreien sollst ohne dabei draufzugehen. Selbst wenn du wie durch ein Wunder die Verteidigung der Bladelli durchbrichst, ihrem Eidolon entkommst und bis zu Severina gelangst...was dann? Wie willst du mit ihr vor den Bladelli und der ganzen verfluchten Kirche fliehen? Hast du auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht wie du das anstellen willst?“ Severins ratlose Miene zeigte ihm alles, was er wissen musste „Ah, das hast du nicht, natürlich nicht. Du denkst wie immer nur an dich selbst. Du brauchst Severina? Tja, sie braucht jemanden der auf sie Rücksicht nimmt und wenn du sie in ihrem derzeitigen Zustand in eine Verfolgungsjagd mit den Templern ziehst, wird sie daran sterben.“
„Du hast recht, es tut mir leid.“ murmelte der Zwilling zerknirscht vor sich hin. Logische Argumente, wie er sie doch hasste. Er brauchte Severina...aber nicht, wenn er sie dafür in Gefahr brachte, da war es nicht wert. „I-ich weiß nicht was in mich gefahren ist. Selbst wenn ich einen Plan hätte und alles perfekt laufen sollte, dann würde es noch immer nichts ändern. Sie kann nicht mit mir fliehen, man würde uns fangen und dann ist ihre Begnadigung im Eimer. „Aber ich verlasse Navea trotzdem nicht. Wenn es meiner Schwester besser geht werde ich sie holen, das schwöre ich!“ fuhr er mit entschlossener Stimme fort und wenigstens von diesem Plan, würde Silberblatt ihn niemals abbringen können.
„Ja, ja. Wie auch immer, mach was du willst, aber halte dich endlich von mir fern. Ich habe genug Probleme dank deiner dämlichen Aktion. Der durchgeknallte Paladin ist sicher mal wieder hinter mir her weil er denkt ich hätte dich aus dem Kerker geholt. Und jetzt, tschüss.“ damit bugsierte Silberblatt ihn bis zur Tür und warf ihn mehr oder weniger raus. Hoffentlich versteckte dieser Idiot sich wenigstens vernünftig und mit vernünftig meinte Teregion sehr weit weg. In ihrer derzeitigen Situation wäre es besser, wenn keine weitere Verbindung zwischen ihnen existierte. Vermutlich würde man ihn sowieso für den Ausbruch verantwortlich machen, aber das war ihm egal. Viel mehr interessierte ihn, wer Severin eigentlich aus den Kerkern geholt hatte. So sehr er den eigenwilligen Zwilling auch mit Fragen bestürmt hatte, er bekam keine Antwort. Irgendetwas verheimlichte Severin ihm und er hoffte nur dass es sich nicht um etwas wichtiges handelte. Der Ausbruch, fand in derselben Nacht statt, wie Aynaeths Ermordung. Es wäre nachlässig anzunehmen dass die beiden Ereignisse nichts miteinander zu tun hatten.
Aynaeths Ermordung...Teleyas Verschwinden...zwei von drei Menschen, die er in dieser Stadt mochte, waren damit entweder tot oder verschwunden. Was Teleya anging, so klammerte er sich noch immer an einen baldigen Erfolg von Lyaenas Suchmannschaften. Er selbst widmete sich gemeinsam mit den Kindern Gaias der Jagd nach Aynaeths Mördern. Am liebsten würde er sich um beides kümmern, aber Lyaena ließ ihn überwachen. Dem neuen Oberhaupt gefiel Teregions Mittäterschaft bei Teleyas Flucht nicht, wofür sie ihm verbat bei der Suche zu helfen. Fast, als wollte Lyaena ihre Schwester gar nicht finden. Mit einem resignierten Seufzer wollte er sich zurück an seine Arbeit machen, als er von einem zaghaften Klopfen an der Tür gestört wurde. Genervt verdrehte Teregion die Augen, während er zur Tür ging und sie energisch aufriss. „Severin! Ich habe dir doch eben erst gesagt...“ verdutzt verstummte er, als er seinen Besuch sah. Vor ihm stand nicht Severin, sondern jemand anderes. „Aleyandra?“ fragte er fassungslos nach, weil er sich selbst nicht ganz sicher war. Aleyandra trug ein Kleid das mit getrocknetem Blut befleckt war und an kaum einer Stelle noch weiß wirkte. Frisches Blut floss aus einer ganzen Reihe von tiefen Wunden die in ihrem Fleisch klafften. Sie sah wortlos an ihm vorbei. Ihre leeren, gebrochenen Augen starrten an ihm vorbei, nahmen ihn gar nicht erst wahr. Plötzlich kippte sie nach vorne um und fiel ihm direkt in die ausgestreckten Arme. Überrascht fing er sie auf, sie landete direkt in seinen Armen und blieb dort kraftlos liegen. Ohne noch mehr Zeit damit zu verschwenden sich in seiner Verwirrung zu verlieren, trug er sie zu seinem Bett und begann ihre Blutungen Mithilfe von Magie zu stoppen. Für Fragen war später noch Zeit, jetzt musste er sie erst einmal retten.

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Re: [AAR] Kawaii Kingdom

Beitragvon Mimir » 10. Juli 2015 18:03

Kapitel 57 – Streit und Zwietracht:


„Sie hat dich verraten und reingelegt, ich muss zugeben ich hätte nie erwartet dass sie zu so etwas fähig wäre.“
Naruz zuckte zusammen als er Asmodäus' Stimme in seinem Kopf hörte und öffnete blinzelnd die Augen. Er saß in der Villa, am Krankenbett neben Anya, zusammen mit Luca und Retia. Sein Bruder schlief tief und fest auf einem Stuhl mit der jungen Magierin direkt neben ihm. Ihr Kopf lag auf seiner Schulter und sie sahen so friedlich aus, dass Naruz gar nicht anders konnte als zu lächeln. Vor allem Retia sah weit ruhiger aus als sonst, wenn sie wach war verbrachte sie die meiste Zeit damit ihm und Luca mitleidige, traurige Blicke zuzuwerfen, die Naruz ein wenig nervös machten, auch wenn er in letzter Zeit nicht wirklich die Möglichkeit hatte darauf zu achten.
Auf dem Bett vor Naruz lag Anya und schlief ebenfalls, zwei Tage waren vergangen seit Aleyandra sie angegriffen hatte und ihre Wunden waren vollständig verheilt, sie war sogar schon in der Lage gewesen von der Nacht zu erzählen. Naruz hatte es erst nicht glauben wollen, aber Anyas Geschichte ließ keinerlei Zweifel daran offen dass Aleyandra endgültig durchgedreht war und versucht hatte sie umzubringen.
„Wovon redest du?“ fragte er den Dämon in Gedanken, auch wenn er sehr wohl wusste worauf er hinaus wollte.
„Tu nicht so dumm, du bist schlau und weißt worauf ich hinaus will. Es ist an der Zeit es einzusehen, Naruz, ihre unschuldige, naive Art war einfach nur eine Maske die Aleyandra aufgesetzt hat um dich zu täuschen. Sie war von Anfang an eine treue Dienerin von Silberblatt und führt jeden seiner Befehle aus, ohne zu zögern. Wenn er verlangen würde dass sie dich umbringt, würde sie es tun ohne mit der Wimper zu zucken.“
„Was hat Silberblatt damit zu tun?“
„Naruz, entweder bist du dümmer als ich dachte, oder so verliebt in das Mädchen gewesen dass du die Wahrheit nicht einsehen willst. Ist es nicht eindeutig was hier vor sich geht? Seit du in den Rang eines Paladin erhoben wurdest und die Schattenjäger gegründet wurden gingen die Akashi gegen dich vor. Erst indem sie dir eine Sekretärin schicken, deren Aufgabe es ist dich zu behindern und abzulenken, dann indem sie ihre privaten Attentäter benutzen; die Kinder Gaias. Zwei Attentäter des Ordens greifen deinen Bruder an, verletzten ihn schwer und setzen ihn lange außer Gefecht, wodurch sich die Effektivität deiner Truppe verringert. Dann verschwindet Salvatore spurlos und ohne ein Wort, nachdem er schwer verletzt aus der Bibliothek der Akashi geborgen wurde. Was passiert als nächstes? Mizore und Nikodemus verschwinden und haben bis heute noch nicht von sich hören lassen, zufälligerweise war zur Zeit der gesamte Orden außerhalb der Stadt und niemand weiß wo er sich aufhielt, vielleicht im Hinterhalt nahe Helonia? Und am selben Tag, an dem einer der Angreifer deines Bruders aus dem Kerker entkommt tauchen zwei mächtige Dämonen in Navea auf und töten Aynaeth, bin ich der einzige der findet dass so viele Zufälle unmöglich sind?“
„Das... das heißt trotzdem nicht dass Aleyandra da mit drinnen steckt. Sie hatte früher auch Aussetzer, einen Blutrausch, vielleicht hat ihre Eifersucht auf Anya ihn wieder aktiviert, obwohl Tigerius ihn eigentlich versiegelt hat.“
„Aber natürlich! Sie war nur eifersüchtig! Deswegen hat sie es auf deine Cousine, mit der du nichts hattest, und eine Bladelli abgesehen, und nicht auf die Akashi der Truppe mit der du tatsächlich ein Verhältnis hattest. Siehe es ein, Naruz, sie hat dir von Anfang an etwas vorgespielt, es würde mich nicht einmal überraschen wenn der Blutrausch nur eine Erfindung von ihr ist damit du Mitleid mit ihr hast. Ich verwende nur ungern deine Worte gegen dich... aber kennst du Aleyandra überhaupt? Was weißt du über sie, abgesehen von dem was sie dir gesagt hat? Hast du Beweise dafür, dass sie nicht schon von Anfang an eine Attentäterin war, die in Helonia auf dich gewartet hat?“
„Ich...“
begann Naruz, brach dann aber ab und biss sich auf die Unterlippe. Was Asmodäus sagte stimmte, außer Aleyandras Wort hatte er keinerlei Beweise dafür dass ihre Geschichte stimmte, er hatte nie einen der Einwohner Helonias gefragt ob sie die Wahrheit sagte... und jetzt war jeglicher Kontakt zu Helonia abgebrochen. „Du glaubst wirklich dass sie mir die ganze Zeit etwas vorgespielt hat?“
„Das tue ich, ihre ganze Eifersucht ist ebenfalls gespielt. Denke einmal darüber nach, kein normaler Mensch würde ständig jemanden verdächtigen fremdzugehen, nur weil er einmal mit einer Frau geschlafen hatte, obwohl er zu der Zeit keine Freundin hatte. Aleyandra ist schuldig, sie ist eine bösartige Mörderin die den Schoßhund für Silberblatt spielt... und wenn die Kinder Gaias die Schattenjäger behindern, heißt das nicht dass sie für den Schattenritter arbeiten?“
„Aleyandra arbeitet nicht für den Schattenritter! Das ist Unsinn! Sie hat in Candeo gegen ihn gekämpft!“
„Ach ja? Hat sie das? Die Sarpa in Candeo waren mit Jezebeth verbündet, und wenn ich mich richtig erinnere war diese nicht gerade begeistert vom Ritter. Hat sie ihm nicht eher einen Gefallen getan, und eine mögliche Rebellion verhindert indem sie die Anführerin der Sarpa ausgeschaltet hat?“
„Du redest Schwachsinn, die Kinder Gaias und Silberblatt mögen verrückte Mörder und Arschlöcher sein, aber sie kämpfen für die Kirche.“
„Natürlich! Deswegen werden unschuldige kleine Mädchen getötet, oder Massenmörder gejagt! Letzteres ist eine Aufgabe für Templer, ersteres für kranke, bösartige Menschen. Was haben die Kinder Gaias jemals für die Kirche getan? Für das Reich? Für den Krieg gegen die Alfar? Haben sie es geschafft den Schattenritter aufzuspüren? Haben sie seine fähigsten Generäle, Statthalter, Taktiker oder Magier ausgeschaltet? Seine Forscher? Siehe es ein, die Kinder Gaias kämpfen nicht für, sondern gegen die Kirche.“
„Ich... ich will nicht mehr darüber reden.“
„Tut mir leid Naruz, aber dieses mal kann ich dich nicht in Ruhe lassen, das ganze ist zu wichtig und der Kriegsrat steht vor der Tür. Wenn du die falschen Entscheidungen triffst wird das ganze sehr böse für die Kirche enden.“
„Die Alfar haben einen Waffenstillstand vorgeschlagen.“
warf Naruz halbherzig ein. „Sie sind Kriegsmüde und wollen nicht mehr gegen uns kämpfen.“
„Laut den Berichten der Spione der Kirche... welche über Silberblatt laufen.“

Naruz zögerte eine Weile lang, seufzte dann jedoch leise. „Ich werde darüber nachdenken, in Ordnung?“
„Wenn du wirklich darüber nachdenken wirst, dann ja. Aber gut, ich habe sowieso schon zu viel von deiner Zeit beansprucht, sieht so aus als wenn Anya aufwacht.“
sagte Asmodäus und kurz darauf verstummte seine Stimme in Naruz' Kopf.

Beinahe zeitgleich öffnete Anya sachte die Augen und sah sich kurz um, ehe sie Naruz sah und ihn müde anlächelte. „Guten Morgen.“ murmelte sie leise und richtete sich auf.
„Guten Morgen.“ erwiderte Naruz und lächelte ebenfalls. „Wie geht es dir? Sind deine Wunden wirklich verheilt? Du hast keine Schmerzen mehr?“ fragte er dann, ein wenig nervös.
„Nein, alles in Ordnung.“ sagte die Templerin und schüttelte den Kopf. „Du und Tsubaki, ihr habt mir das Leben gerettet.“ sagte sie dann leise und senkte den Kopf. „Ich... ich habe mich noch nicht wirklich dafür bedankt, das letzte mal konnte ich dir ja nur erzählen was passiert ist, bevor ich eingeschlafen bin, aber ich will dass du weißt, dass ich...“
„Ganz ruhig, Anya.“ sagte Naruz und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Du hast mir schließlich auch einmal das Leben gerettet, nach der Sache mit Sonjuno, du brauchst dich nicht zu bedanken.“
„Das war etwas anderes! Ich bin nur angekommen nachdem der Dämon tot war und habe dich kurz geheilt! Du hingegen... du musstest mit ansehen wie Aleyandra von Tsubaki verletzt wurde und vor dir geflohen ist.“ meinte Anya und schüttelte den Kopf. „Es war schrecklich.“ murmelte sie dann und schauderte. „Als wenn... als wenn Aleyandra von einem Dämon besessen war. Ich weiß nicht was genau vorgefallen ist, nach eurem Streit... aber irgendetwas muss passiert sein. Aleyandra war so... blutrünstig und dämonisch, sie hatte überhaupt nichts mehr mit dem Mädchen von sonst gemeinsam, selbst als sie mich damals gewürgt hatte nach eurer Trennung wirkte sie noch halbwegs menschlich, aber jetzt...“ Anya brach ab und zuckte mit den Schultern, hatte allerdings einen Tonfall angeschlagen der Naruz ziemlich überraschte.
„Du klingst so als wenn du Mitleid mit Aleyandra hast.“ sage Naruz und runzelte verwirrt die Stirn. Er hatte eigentlich mit mehr Hass und Abneigung gegenüber Aleyandra gerechnet und nicht damit.
„Ich... ich glaube es war nicht ihre Schuld.“ flüsterte Anya leise und schüttelte den Kopf. „Ihre Augen und wie sie gesprochen hat... das war nicht die Aleyandra die ich kenne! Irgendetwas war los mit ihr, hat sie durcheinander gebracht. Ich bin mir sicher, wenn wir mit ihr reden werden wir herausfinden was los ist.“ sagte Anya und stürzte Naruz damit in noch tiefere Verwirrung.
„Wie bitte?“
„Wenn wir mit ihr reden lässt sich das alles klären, da bin ich mir sicher.“ meinte Anya, richtete ihren Blick auf Naruz und zwang sich zu einem Lächeln. „Ihr zwei wart in letzter Zeit doch so glücklich miteinander, da kann ich mir nicht vorstellen dass Aleyandra absichtlich so etwas tut. Wenn wir ihr sagen, dass zwischen uns wirklich nichts ist und du keinerlei Gefühle für mich hast, dann... warum siehst du mich so an?“ fragte sie verwirrt, als sie Naruz' ungläubigen Gesichtsausdruck bemerkte.
„Anya... zwingst du dich etwa dazu Ausreden für Aleyandras Verhalten zu finden, nur weil du unbedingt willst dass ich ihr vergebe?“
„W-was? Nein, natürlich nicht! E-es ist nur so... und na ja, weißt du? I-ich will nur dass du glücklich bist und, Moment! Nein, vergiss das letzte wieder!“ rief Anya, lief rot an und senkte wieder ihren Blick.
„Anya, deine Idee würde nicht funktionieren.“ meinte Naruz seufzend und schüttelte den Kopf.
„Warum nicht?“
„Erstens, weil ich mir mittlerweile nicht einmal mehr sicher bin ob Aleyandra mich überhaupt liebt, und das ganze ein einziges, riesiges Schauspiel gewesen sein könnte. Und zweitens...“ Naruz zögerte kurz, nahm dann jedoch seinen Mut zusammen und drehte Anyas Kopf sanft so, dass sie ihm wieder in die Augen sah. „Und zweitens... habe ich Gefühle für dich.“ sagte er leise. „Du bist mehr für mich, als nur meine Cousine, ich mag dich, sehr sogar, und... und ich glaube ich...“
„Ahem! Könntet ihr das vielleicht woanders machen?“ erklang auf einmal Lucas Stimme, woraufhin sowohl Naruz als auch Anya zusammenzuckten, rot anliefen und voneinander weg rückten.
„Luca! Ähm... wie lange warst du schon wach?“ fragte Naruz, hüstelte nervös und bemühte sich nicht auf das grinsende Gesicht seines Bruders zu achten.
„Och, nicht besonders lange.“ antwortete dieser während Retia an seiner Seite langsam aufwachte und sich müde die Augen rieb. „Um ehrlich zu sein erst zu dem Zeitpunkt an dem du dich vorgebeugt hast um Anya zu küssen. Ich finde es zwar ganz nett dass ihr euch endlich näher kommt, aber ich finde du solltest ein wenig warten, immerhin wurde sie gerade eben erst von deiner verrückten Freundin angegriffen.“
„I-ich wollte sie nicht küssen!“ protestierte Naruz und warf dabei einen Seitenblick auf Anya, welche noch röter geworden war und sich mit ihrem Zeigefinger nervös über ihre Lippen fuhr. „Ähm, also... zumindest nicht jetzt... warte! Ich meinte, ähm...“
„D-du wolltest mich w-wirklich küssen?“
„Ähm... also... ich...“
In diesem Augenblick wurde Naruz durch die Ankunft von Victoria gerettet, welche ohne anzuklopfen die Tür zum Zimmer öffnete und eintrat.
„Naruz, ein Gast für dich.“ sagte sie knapp und rückte ihre Brille zurecht. Sie war zwar schon immer eher still und kalt gewesen, aber seit dem Verschwinden von Mizore und Nikodemus wirkte sie viel missmutiger als sonst, wahrscheinlich fehlte ihr der immer fröhliche und übertrieben positive Templer als Ausgleich zu ihrer ruhigen Art.
„Ein Gast?“ fragte Naruz, und war sofort wieder er selbst. „Was für ein Gast?“
„Ein Armani, er nennt sich Levion und...“ begann Victoria und bevor sie überhaupt ausreden konnte war Naruz aufgesprungen und stürzte auf die Tür zu.
„Tut mir leid, Anya, wir reden später weiter!“ rief er noch über seine Schulter, ehe er die Treppe hinunter rannte und zum Gästezimmer im Erdgeschoss ging. Der Bruder von Saeca... seit dem Konzert hatte Naruz ihn nicht mehr gesehen und nichts von ihm gehört, und er hatte ein paar sehr dringende Fragen an ihn.
Kaum betrat Naruz das Zimmer sah er auch schon den Shinobi, der an einem Tisch saß und Naruz ein kaltes, emotionsloses Lächeln schenkte. „Ah, Paladin! Wie schön Euch zu sehen.“ sagte er, stand auf und verneigte sich leicht, ehe er sich wieder setzte. „Ich bin froh dass Ihr so schnell Zeit für mich gefunden habt.“
„Ja... freut mich auch dich zu sehen Levion.“ murmelte Naruz und ließ sich ihm gegenüber nieder. „Wie gut dass du hier bist, ich habe eine Frage an dich.“
„Oh, kaum bin ich hier schon werden mir Fragen gestellt.“ meinte der Shinobi und klang amüsiert. „Wie kann ich helfen?“
„Der Maou... du hast gesagt dass ich vorsichtig sein soll, wenn ich ihm das nächste mal begegne. Was meintest du damit?“
„Genau das was ich gesagt habe, der Maou ist ein mächtiger Mann... nein, ein mächtiges Wesen. Wenn du nicht vorsichtig bist wird er deine Seele verschlingen und du wirst dazu gezwungen dem Untergang deiner Welt beizuwohnen.“ sagte Levion, ehe er mit den Schultern zuckte und erneut lächelte. „Zumindest sagt man sich das so bei uns, meist in Geschichten die man Kindern erzählt um sie zu erschrecken. Aber in letzter Zeit sind viele unserer Stammesführer, Schamanen und Priester davon überzeugt dass es den Maou wirklich gibt, und zwar in Form des Schattenritters. Da Eure Einheit damit beschäftigt ist ihn zu jagen hielt ich es für das beste Euch zu warnen, und wenn es nur mit der Moral einer Kindergeschichte ist.“ erklärte Levion.
„Ich glaube dir kein Wort.“
„Sehr gut, Ihr seid misstrauisch. Das macht es schwerer für den Maou. Aber deswegen bin ich nicht gekommen, ich bin wegen dem Kriegsrat hier, der in zwei Tagen stattfindet.“
„Woher weißt du davon? Der Kriegsrat ist geheim!“
„Sagen wir einfach die Spione der Armani sind besser als die der Kirche.“ sagte Levion, mit einer Spur von Stolz in seiner Stimme. „Ich wollte zuerst einmal nachfragen ob meine Informationen geholfen haben.“
„Deine Informationen?“ fragte Naruz und runzelte verwirrt die Stirn, ehe ihm aufging worüber Levion sprach. „Du bist Leviathan, nicht wahr?“
„Das ist ein Name den die anderen Shinobi benutzen, aber ja.“ sagte Levion und nickte. „Von mir kam die Information über die bevorstehende Rebellion in Tyren, wie ich hörte wurde sie verhindert und die Schuldigen verhaftet.“
„Ja.“ murmelte Naruz leise und schüttelte den Kopf. „Seither nervt man mich die ganze Zeit damit woher ich die Informationen hatte, da der gesamte Geheimdienst der Kirche nichts in die Richtung gefunden hat... woher hast du eigentlich die Information? Sag bloß ihr konntet einfach irgendwo einbrechen und den Brief stehlen.“
„Nicht ganz so einfach, aber nahe dran. Sagen wir einfach dass wir Shinobi ein Talent dafür haben Freunde zu finden... Freunde die jeder unterschätzt und die weit hilfreicher sein können als die reichsten Adligen. Mehr sage ich nicht dazu.“
„Von mir aus. Also gut, was willst du mit mir über den Kriegsrat besprechen? Soll ich irgendetwas für die Armani tun? Ein gutes Wort für euch einlegen?“
„Nein, das wird nicht nötig sein. Sobald der Krieg beginnt werden die Armani zeigen auf wessen Seite sie stehen.“ meinte Levion und schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin gekommen um dir Informationen zu geben, die du für den Rat und den Krieg brauchen wirst.“
„Was für ein Krieg? Die Alfar wollten einen Waffenstillstand, und die Kirche hat keine Lust auf einen Krieg! Wir sammeln zwar noch immer unsere Truppen... aber die Krise ist überstanden, wie es scheint hat der Schattenritter seinen Einfluss auf die Republik verloren und kann sie nicht mehr für seine Pläne nutzen.“
„Ist das der Grund, weshalb vor einer Woche ein Heer von 7.500 Dämonen aus Pandämonium in Vanaheim erschienen sind? Und warum vor fünf Tagen die Werften von Muspelheim wieder aufgebaut wurden? Warum eine Flotte aus 200 Dráugr in den Gewässern nahe Nudaka kreist? Oder warum ein Heer angeführt von einem Vampirlord die Wüstenfestung von Sanknie überrannt und danach in die Republik zurückgekehrt ist?“ fragte Levion, mit ehrlichem Interesse in der Stimme, während er einen wahren Berg aus Dokumenten vor Naruz aufhäufte. „Glaube mir, die Alfar sind so Kriegsmüde wie ein Golem der aufs Kämpfen eingestellt wurde, sie wollen Blut, angetrieben durch den Schattenritter, und sie werden nicht ruhen ehe Navea brennt.“
Während Levion noch sprach überflog Naruz einige der Dokumente und schüttelte fassungslos den Kopf. „Das... das ist unglaublich.“ murmelte er leise und richtete den Blick wieder auf Levion. „Die Geheimdienste der Kirche können das nicht alles übersehen haben! Das ist vollkommen unmöglich!“
„Wer sagt dass sie es übersehen haben?“ fragte Levion, mit finsterer Miene und deutete auf eines der Dokumente. Das ist ein Bericht eines Kirchenspions aus Vanaheim, es berichtet sehr detailliert von der Ankunft der Dämonen, der Zusammensetzung der Truppen und ihrer Anzahl. Wir haben den Bericht einer Frau abgenommen, nachdem diese den Spion am vorgesehenen Treffpunkt ermordet und den Bericht an sich gebracht hatte. Sie tötete sich selbst ehe wir sie befragen konnten woher sie kam, aber sie war eine ausgebildete Kämpferin und hätte fast einen der Shinobi mit in den Tod gerissen. Jemand hat einige Spione der Kirche verraten und lässt sie jetzt jagen und umbringen, und ihre Berichte verschwinden. Die Informationen über die Wiederaufnahme der Werften von Muspelheim und der Flotte nahe Nudaka, welche sich in magischem Nebel versteckt, kostete siebzehn Männer der Kirche und vier Shinobi ihr Leben. Ich überlasse Euch die Informationen, Paladin, weil ich Euch vertraue... zumindest soweit man einem Diener der Kirche vertrauen kann. Macht damit was immer Ihr wollt, aber ich rechne damit dass Ihr sie weise verwenden werdet.“ sagte Levion und stand dann von seinem Platz auf. „Wie dem auch sei, ich werde noch anderswo gebraucht. Ich hoffe wenn wir uns das nächste mal sehen ist es unter fröhlicheren Umständen.“
„Ähm... ja, ich auch.“ murmelte Naruz leise, rang sich dann jedoch dazu durch aufzustehen und Levion die Hand zu geben, auch wenn es ihm widerstrebte jemanden zu berühren der so... leer und abweisend wirkte wie Levion. „Und vielen Dank für deine Hilfe.“
„Ich helfe immer gerne, solange Ihr auf der richtigen Seite steht könnt Ihr Euch auch weiterhin auf mich verlassen.“ erwiderte Levion, und verließ das Zimmer.
Naruz stand noch eine Weile lang stumm da, ehe er sich wieder setzte und die Berichte und Dokumente ein weiteres mal überflog.
„Das ist nützlicher als du dir vielleicht vorstellen magst, Naruz.“ erklang da auf einmal wieder Asmodäus' Stimme und Naruz stöhnte leise auf.
„Asmodäus... ich dachte wir hatten das hinter uns, ich werde über deine Worte nachdenken!“
„Darum geht es gerade nicht, mit diesen Informationen hast du die Chance die ganze Sache in deine eigenen Hände zu nehmen! Höre mir zu, und sage mir dann wie mein Plan für dich klingt...“




Zwei Tage später saß Naruz an einem halbrunden Tisch, in einem großen Zimmer in der Kathedrale von Navea und ließ missmutige Blicke auf den Platz sich gegenüber schweifen. Neben Naruz waren zwölf weitere Personen anwesend, vierzehn wenn man die beiden stummen Hohetempler mitzählte die neben der Tür Wache standen. In der Mitte des Tisches saß der Erzbischof, mit Gus zu seiner Rechten und André zu seiner Linken. Neben André folgten dann am Flügel des Tisches, der Reihe nach, Paolo Bladelli, zwei Vertreter der Doni, Admiral Namtez von der ersten Südflotte und Naruz. Auf der anderen Seite saßen Silberblatt, zwei Akashi deren Namen Naruz schon wieder vergessen hatte, Erzmagus Daharl von der Rubin-Gilde und Oberhaupt der Magier-Gilden von Navea, sowie General Kensei Akashi.
Der Kriegsrat war bereits seit knapp fünf Stunden im Gang und näherte sich langsam seinen Ende, und zwar mit einer kurzen Zusammenfassung von Gus.
„... somit können wir uns also darauf einigen, dass das III. und IV. Regiment der I. Legion von Fort Erebus abgezogen wird um Candeo zu verstärken und mögliche Überreste der Sarpa zu jagen. Weiterhin wird die Hälfte der X. Legion in Nudaka abgezogen, um die Alfar nicht unnötig zu provozieren, außerdem werden drei Regimenter der Doni in Nudaka durch zwei der Akashi ersetzt. Da stellt sich nur noch die Frage... was ist mit dem I. Regiment der I. Legion, den Prätorianern?“ meinte Gus und ließ seinen Blick suchend durch die Runde wandern.
„Was soll schon damit sein?“ fragte General Kensei und seufzte. „Team Harpyie der Inquisition hat sie abkommandiert um in Triatio zu helfen, da kann man nichts machen.“
„Das stimmt.“ meinte einer der Akashi seufzend und zuckte mit den Schultern. „Aber gut, damit sind wir fertig, oder?“
„Ich denke schon.“ murmelte Gus und überflog ein paar Dokumente vor sich. „Das wichtigste wurde besprochen und...“
„Und alles was besprochen wurde ist verdammter Schwachsinn.“ unterbrach Naruz den Berater des Erzbischofs und meldete sich damit zum ersten mal während des Kriegsrates wirklich zu Wort.
„Habt Ihr ein Problem mit dem Kriegsrat, Paladin?“ fragte Gus, höflich und respektvoll wie immer, obwohl er gerade unterbrochen wurde.
„Der hat immer ein Problem.“ murmelte Silberblatt leise, wurde jedoch ignoriert.
„Ja, habe ich.“ sagte Naruz und fing plötzlich an die Dokumente vor sich herumzureichen. „Ich würde den Kriegsrat darum bitten sich einmal diese Dokumente hier anzusehen, die mir von einem meiner... Kontakte zugespielt wurden.“ sagte er und heftete danach seinen Blick auf Silberblatt. „Und dann würde ich gerne wissen wieso dermaßen wichtige Informationen nicht vom Oberhaupt der Kinder Gaias angesprochen wurden.“ meinte er, und fügte dann mit einem Blick auf einen der Doni hinzu: „Oder vom Großinquisitor des Geheimdienstes.“
„Was sollen das jetzt wieder für lächerliche Sticheleien sein?“ fragte Silberblatt genervt. „Erzbischof, könntet Ihr den Paladin vielleicht dazu bringen nicht ständig gegen seine Mitstreiter innerhalb der Kirche zu hetzen?“ meinte er, aber der Erzbischof war derzeit damit beschäftigt einen der Berichte zu lesen, weshalb Silberblatt einfach nur seufzte und darauf wartete bis die Dokumente ihn erreichten. Da er der letzte der Anwesenden war, welcher alles las spürte er förmlich wie alle Blicke an ihm klebten und man seine Reaktion abwartete. Je mehr er las, desto finsterer wurde sein Gesichtsausdruck, und als er das letzte Dokument überflogen hatte presste er die Lippen zusammen und legte die Papiere zur Seite.
„Verzeiht mir, Großmeister...“ begann André und zog damit die Aufmerksamkeit auf sich. „Aber mich würde es ebenfalls interessieren, wie so wichtige Informationen weder von den Kindern Gaias, noch von unseren Spionen aufgeschnappt, oder hier im Kriegsrat erwähnt wurden.“ sagte er und ließ seinen Blick zwischen Silberblatt und dem Doni hin und her schweifen.
„Mich würde es eher interessieren weshalb der Paladin bis zum Ende damit gewartet hat diese Informationen zu teilen.“ warf Erzmagus Daharl ein und runzelte die Stirn, wodurch sie noch faltiger wurde als sie ohnehin schon war. Er strich sich langsam und nachdenklich durch seinen grauen Spitzbart und musterte Naruz eine Weile lang, ehe er fortfuhr. „Versteht mich nicht falsch, ich bin ebenso überrascht wie jeder hier, dass die Informationen ausgerechnet vom Paladin kommen müssen... aber ich würde trotzdem gerne wissen weshalb er es nicht früher getan hat.“
„Und ich werde es Euch natürlich sagen.“ meinte Naruz und nickte dem Magier respektvoll zu. „Ich tat es aus einem einfachen Grund, damit weder Großmeister Silberblatt, noch Großinquisitor Campeio sagen können, dass sie die Informationen selber noch teilen wollten und ich ihnen lediglich zuvorgekommen bin.“
Der Magier seufzte. „Ihr habt das ganze abgezogen, damit Ihr besser dastehen könnt als die beiden? Reicht es Euch denn nicht ein Paladin zu sein?“
„Ihr missversteht mich, ich wollte dass sie es nicht sagen können, um folgendes machen zu können; ich stelle einen Misstrauensantrag gegen Großmeister Silberblatt und die Kinder Gaias, und verlange dass die Inquisition eine Untersuchung gegen sie einleitet.“
Eine Weile lang herrschte Schweigen. Dann fing Silberblatt an leise zu lachen und schüttelte den Kopf. „Das kann doch nicht Euer Ernst sein, Paladin.“ sagte er und lächelte Naruz überheblich an. „Ich gebe zu, uns müssen irgendwo Fehler unterlaufen sein, dass uns so etwas entgangen ist, aber das ist noch lange kein Grund für eine Untersuchung durch die Inquisition.“
„Ich habe noch mehr Gründe.“ sagte Naruz mit kaltem Tonfall. „Wenn Ihr erlaubt, Erzbischof?“ fragte er an Belenus gewandt.
Der alte Mann zögerte kurz, nickte ihm dann jedoch zu.
„Vielen Dank, hier ist ein Bericht, von mir verfasst, der genauestens erklärt warum ich die Inquisition die Kinder Gaias untersuchen und befragen lassen will.“ sagte er, und verteilte erneut einige Dokumente. „Wie Ihr den Berichten entnehmen könnt, Erzbischof, besteht bei mir nicht nur der dringende Verdacht dass sie wissentlich Informationen vorenthalten und die Spionageaktionen des Geheimdienstes in der Republik sabotieren, sondern auch dass sie hinter den vermehrten Anschlägen auf die Schattenjäger stecken, welche meine Einheit stark mitgenommen haben. Zumindest in den Fällen von Luca und Anya Bladelli waren Mitglieder der Kinder Gaias direkt involviert. Einen der Schuldigen haben wir bereits in der Villa unter Aufsicht, wie Ihr sicherlich bereits wisst.“ fuhr Naruz fort. „Severina Akashi, ihr Bruder war bis vor kurzem noch in den Kerkern von Hochgeneral André... bis er auf mysteriöse Art und Weise entkam, zufälligerweise am selben Tag an dem Dämonen in Navea eindrangen und...“ Naruz machte eine Pause und richtete den Blick zu Boden, ehe er wieder aufsah und leise fortfuhr „... und Aynaeth Vaas umbrachten. Dass es Dämonen waren steht ebenfalls in diesem Bericht, eine meiner Quellen hat mir die Information vermittelt.“
„Ich habe gehört dass Anya Bladelli angegriffen wurde.“ warf Gus ein und sah vom Bericht auf den er las. „Aber ich habe bislang noch nicht gehört wer dahinter steckte, ich nehme an es steht auch in dem Bericht?“
„Es war Aleyandra Moraevion.“ sagte Naruz, ohne mit der Wimper zu zucken und mit kalter Stimme. „Meine... Freundin. Sie hat Anya vor zwei Tagen auf dem Weg nachhause auf eine der Inseln gebracht und sie dort gefoltert und fast umgebracht, wenn Tsubaki nicht gewesen wäre, hätte sie es wahrscheinlich geschafft sie zu ermorden. Tsubaki kann sicher bezeugen, dass es Aleyandra war, sie ist ein Eidolon dem Ehre viel bedeutet und ich bin mir sicher man kann ihrem Wort trauen. Deswegen würde ich die Kinder Gaias um Zusammenarbeit bei dieser Untersuchung bitten, und würde gerne dass sie Aleyandra zu mir schicken, damit man sie dazu... befragen kann, wie es zu der ganzen Sache gekommen ist, und wer ihr den Auftrag erteilt hat Anya anzugreifen.“
„Das ganze ist doch absurd!“ rief Silberblatt empört. „Das ist alles nur eine dumme Intrige um meinen Orden anzugreifen!“
„Ist es das?“ meldete sich Admiral Namtez zu Wort und hielt Naruz' Bericht in die Höhe. „Ich finde das ganze sieht nach ein klein wenig mehr aus. Egal ob sie mit magischem Nebel versteckt wurde, eine riesige Flotte zu übersehen halte ich trotzdem für unmöglich.“
„Falls diese Flotte überhaupt existiert!“ zischte Silberblatt und warf Naruz einen hasserfüllten Blick zu.
„Ich denke das tut sie.“ warf Großinquisitor Campeio Doni ein. „Dieser Bericht stammt von einem meiner Spione, ich kenne ihn seit Jahren und vertraue seinem Wort... weshalb es mich beunruhigte dass er seit über zwei Wochen keinen Kontakt mehr zu uns aufnahm. Wenn ich mich recht erinnere habe ich Euch sogar davon informiert, dass ich einige Spione vermisse, Großmeister.“
„Ich erinnere mich.“ murmelte Silberblatt und warf dem Großinquisitor einen säuerlichen Blick zu.
„Letztendlich ist es nicht an uns das ganze zu entscheiden.“ warf André ein und richtete den Blick auf den Erzbischof. „Eure Heiligkeit? Wie entscheidet Ihr in dieser Situation?“

Mehrere Minuten vergingen in denen der Erzbischof schwieg, die Berichte überflog und seinen Blick immer wieder zwischen den beiden Seiten des Tisches hin und her wandern ließ. Letztendlich seufzte er und erhob sich von seinem Stuhl.
„Ich gebe dem Ersuchen von Paladin Naruz Bladelli statt, ich werde eine neutrale Einheit der Inquisition zusammenstellen, welche die Anschuldigungen des Paladins genauestens untersuchen wird. Sie werden entscheiden, ob die Anschuldigungen des Paladins der Wahrheit entsprechen, es sich tatsächlich nur um eine Reihe von Zufällen handelt... oder das ganze eine Intrige des Paladins gegen den Großmeister ist.“ verkündete der Erzbischof und setzte sich wieder. „Ich denke, das ist zu Eurer Zufriedenheit?“ fragte der Erzbischof sowohl an Naruz, als auch Silberblatt gewandt.
„Natürlich, Erzbischof.“ sagte Naruz und verneigte sich leicht.
„Selbstverständlich.“ presste Silberblatt zwischen zusammengekniffenen Zähnen hervor. „Solange sie unsere Arbeit nicht behindern sind die Inquisitoren willkommen. Wir werden gerne dabei helfen die haltlosen Anschuldigungen des Paladins als genau das zu entlarven.“
„Eine Sache wäre da noch.“ warf Naruz ein und ignorierte Silberblatts Worte vollkommen. Er war sich sicher, dass er recht hatte, dass Asmodäus recht hatte, als er vor zwei Tagen mit ihm redete. Er war sich sicher, dass Silberblatt hinter den ganzen Übergriffen auf die Schattenjäger steckte, dass Aleyandra mit ihm gemeinsame Sache machte und Naruz von Anfang an etwas vorgespielt und ihn angelogen hatte.
Es war ihm nicht leicht gefallen, aber je mehr er darüber nachdachte und je mehr er mit Asmodäus am folgenden Tag darüber sprach, desto sicherer wurde er sich in seiner Entscheidung. Alles was Asmodäus sagte stimmte, außerdem hatte der Dämon ihn bislang nicht belogen und ihm sogar geholfen, also war es nur richtig, dass Naruz jetzt seine Pläne durchsetzte.
„Und was?“ fragte General Kensei, als Naruz keine Anstalten machte fortzufahren.
„Verzeihung, ich dachte das sei offensichtlich gewesen. Ich rede natürlich davon Aleyandra Moraevion an die Schattenjäger auszuliefern, oder an die Inquisition.“
„Das ist vollkommen unmöglich.“ sagte Silberblatt sofort und schüttelte den Kopf.
„So viel zum Thema die Kinder Gaias tun was sie können um zu helfen.“ meinte Naruz mit spöttischem Unterton in der Stimme.
„Wir werden tun was wir können, aber es ist uns nicht möglich jemanden auszuliefern, von dem wir nicht wissen wo er oder sie sich befindet.“ erwiderte der Großmeister und zuckte mit den Schultern.
„Ach? Der Großmeister der Kinder Gaias hat also so wenig Kontrolle über seinen Orden, dass er nicht einmal weiß wo seine Attentäter sich herumtreiben, oder wen sie umbringen?“ fragte Naruz und tat so als wenn er kurz nachdenken würde. „Nun, das erklärt zumindest warum der Orden in letzter Zeit so außer Kontrolle geraten ist und wahllos Diener der Kirche angreift.“
„Nein, darauf wollte ich eigentlich nicht hinaus.“ erwiderte Silberblatt trocken. „Aleyandra kam vor zwei Tagen blutverschmiert und schwer verletzt zu mir, so viel gebe ich gerne zu, aber sie ist sofort wieder verschwunden nachdem ich sie geheilt habe. Ich konnte sie nicht aufhalten und sie hat mir nicht gesagt wo sie hin will, also kann ich leider niemandem zu ihr führen.“
Naruz musterte Silberblatt eine Weile lang, seufzte dann jedoch und schüttelte den Kopf. „Ich glaube dir kein Wort.“ stellte er fest, ehe er sich an den Rest des Rats wandte. „Aber das spielt keine Rolle, ich bin mir sicher wir werden sie aufspüren und dann kann sie uns sagen was sie dazu getrieben hat Anya anzugreifen. Wie auch immer, ich bin zufrieden mit der Entscheidung des Erzbischofs und danke ihm vielmals für sein Vertrauen in meine Worte.“ sagte Naruz und verneigte sich erneut. „Was mich zu einem anderen Thema führt... ebenfalls in einem der Berichte zu lesen. Dieser kam nicht von einem Spion, sondern von einem Hauptmann in Nudaka, mehreren Hauptmännern in Nudaka, um genau zu sein. Er hat Navea nie erreicht, weil er in einem bürokratischen Sumpf der Akashi untergegangen ist, aufgrund des Inhalts bleibt uns natürlich nichts anderes übrig als es für einen weiteren, dummen Zufall zu halten.“
„Was soll das jetzt wieder heißen?“ fragte Kensei ungehalten und ballte die Fäuste auf dem Tisch.
„Nichts, ich finde es nur sehr merkwürdig dass ein so wichtiges Schreiben einfach verschwindet und nicht weitergeleitet wird. Es ist drei Monate alt, und wenn Ihr es Euch anseht, General, werdet Ihr feststellen warum es mich dermaßen beunruhigt. Sieben von neun hochrangigen Hauptmännern in Nudaka sind der Meinung, dass die Festung einem Angriff der Alfar nicht standhalten würde, und dass der Kommandant, Hayase Akashi, nicht geeignet ist eine so große Garnison zu befehligen, ganz davon zu schweigen dass er Gerüchten zufolge mehr als ein wenig korrupt ist und Geschäfte mit den Alfar abwickelt.“
Er wartete eine Weile bis alle Anwesenden den Bericht gelesen hatten, ehe er fortfuhr. „Das ist nicht der einzige Bericht, der auf diese oder ähnliche Art und Weise verschwunden ist. Unter anderem gibt es mehrere besorgte Stimmen unter den Heerführern der Kirche, dass Fort Erebus nicht ausreichend gesichert ist. Deswegen würde ich vorschlagen sämtliche Dinge die im Kriegsrat beschlossen wurden abzuändern. Die Regimenter in Erebus bleiben, und werden mit einem der Regimenter der Akashi verstärkt, welche die Doni in Nudaka ersetzen sollten. Die Doni und X. Legion bleiben vollzählig in Nudaka, das letzte Akashi-Regiment wird nach Candeo gehen um es ausreichend zu sichern, ich bezweifle dass dort noch genug blutrünstige Sarpa sind um einem Regiment der Akashi etwas entgegenzusetzen, wenn sie mit den dortigen Templern zusammenarbeiten. Außerdem sollten die Prätorianer schleunigst vom Hochland abgezogen werden und in den Norden gebracht werden, wo man sie wirklich braucht.“
„Was Ihr sagt... macht Sinn.“ murmelte Kensei nach einer Weile, und überraschte damit alle Anwesenden. „Allerdings dürft Ihr nicht vergessen warum die Prätorianer dort sind. Die Riesen und Zyklopen in Triatio rebellieren und belagern mittlerweile sogar eine der Kleinstädte dort, es gab sogar richtige Kampfhandlungen. Die Prätorianer werden gebraucht um die Situation unter Kontrolle zu halten, weswegen Inquisitorin Leana ihnen befohlen hat die Stadt zu halten.“
„Und genau da liegt der Fehler.“ sagte Naruz und schüttelte den Kopf. „Die Prätorianer sind die Elite der Kirche, sie werden nicht dafür gebraucht um eine Rebellion in Schach zu halten, das kann jedes Regiment der Templer übernehmen! Die Prätorianer sind dafür da Probleme zu lösen! Wenn man sie richtig einsetzen würde, hätten sie die Rebellion schon längst niedergeschlagen. Leider ist Inquisitorin Leana vollkommen unerfahren wenn es um Kriegsführung geht, was nicht weiter verwunderlich ist. Sie hat die falsche Mentalität für diese Situation. Aber dazu gleich mehr, es ist nämlich an der Zeit dass die Schattenjäger in Aktion treten, nachdem wir seit unserer Gründung Dokumente analysiert und unsere Wunden geleckt haben.“ sagte Naruz und seufzte. „Ich stimme dafür dass Hochmarschall Paolo Bladelli zusammen mit Erzmagus Daharl nach Nudaka reist und das Kommando über die Festung übernimmt, ich bin mir sicher unter ihrer Führung hätte Nudaka weitaus bessere Chancen einem Angriff der Alfar zu widerstehen.“
Nach diesem Vorschlag wanderten alle Blicke zu Paolo, der eine Weile lang überlegte bevor er antwortete. „Ich würde mich geehrt fühlen diese Aufgabe zu übernehmen.“ sagte er schließlich.
„Ich ebenfalls.“ sagte Daharl und lächelte. „Es ist schon zu lange her, dass ich außerhalb von Navea war, es ist an der Zeit meine Zauber mal wieder an ein paar Alfar oder Dämonen auszuprobieren.“
„Ich stimme dem Antrag zu, allerdings unter einer Bedingung.“ warf General Kensei ein. „Ich will Hochmarschall Paolo und Erzmagus Daharl nach Nudaka begleiten. Wenn die Anschuldigungen stimmen und Hayase wirklich so viel Schande über die Familie gebracht hat, ist es meine Pflicht es wiedergutzumachen.“
„Ich habe nichts dagegen.“ meinte Paolo und Daharl nickte.
„Ich auch nicht.“ sagte Naruz und zuckte mit den Schultern.
Nach und nach stimmten auch die anderen Anwesenden Naruz' Antrag zu, lediglich Silberblatt und einer der anderen Akashi enthielten sich ihrer Stimme.
„Damit wäre die Situation von Nudaka geklärt.“ sagte Naruz und blätterte durch den Dokumenthaufen der noch immer vor ihm lag. „Bleiben noch Erebus und das Triatio Hochland. Bei Erebus gibt es stark gespaltene Meinungen, und manche meinen die Berichte über den Zustand des Forts seien übertrieben. Deshalb werde ich zwei Beobachter aus den Reihen der Schattenjäger nach Erebus schicken, wenn sie mir sagen dass dort alles in Ordnung ist werde ich die ganze Sache nicht weiter verfolgen, aber wenn sie mir sagen dass die Berichte stimmen und es so schlecht um Erebus steht wie man mir erzählt hat werde ich die Sache noch einmal hier im Rat ansprechen. Irgendwelche Einwände?“
„Keine, wie es scheint.“ sagte Gus nachdem eine Weile lang geschwiegen wurde. „Dann also das Hochland, ja? Was wisst Ihr über die dortige Situation, Paladin?“
„Leider nicht viel mehr als der Rest.“ sagte Naruz kopfschüttelnd. „Ich bin mir aber sicher dass der Schattenritter hinter dem Aufstand steckt. Die Truppen der Zyklopen und Riesen hatten sich an einem Punkt versammelt, wo man erst vor kurzem eine interessante Entdeckung machte.“
„Bei der Pyramide?“ fragte André, und Naruz nickte.
„Richtig, allerdings haben meine Nachforschungen ergeben dass es weit mehr als nur irgendeine Pyramide ist, wie man sie normalerweise in der Sternensandwüste sieht. Diese Pyramide ist mehr eine uralte Festung, eine Festung über die einst das Eidolon Nidhöggr geherrscht hatte. Zumindest glauben die Leute des Schattenritters das.“
„Das ist vollkommen absurd!“ sagte Großinquisitor Campeio und schüttelte den Kopf. „Nidhöggrs Festungen wurden allesamt vernichtet, nach seinem Verrat. Es kann unmöglich etwas davon überstanden haben.“
„Vielleicht nicht, aber trotzdem sind zwei der mächtigsten Diener des Schattenritters aufgebrochen um die Pyramide zu untersuchen. Deswegen werde ich selber mit einem Regiment der IX. Legion zum Hochland aufbrechen und das Kommando über die Prätorianer übernehmen. Zusammen mit ihnen wird es mir gelingen die Rebellen zurückzuschlagen und bis zur Pyramide vorzudringen. Dort wird sich dann zeigen was es mit ihr auf sich hat.“
„Das wird Leana nicht gefallen.“ meinte Daharl und seufzte. „Aber es lässt sich nicht ändern, denke ich. Ihr hattet recht als Ihr sagtet dass sie die falsche Mentalität dafür hat eine Rebellion niederzuschlagen. Werden sämtliche Schattenjäger Navea verlassen?“
„Nein, Victoria Courtis und Theresia Akashi werden bleiben um die Berichte durchzugehen die uns während meiner Abwesenheit erreichen sollten, Anya wird mich begleiten. Sie ist eine bessere Kämpferin als Victoria und, um ganz ehrlich zu sein, ich vertraue ihr mehr als Theresia.“
Nachdem alles wichtige besprochen worden war versank der Kriegsrat in einer kleinen Diskussion über ein paar unwichtige Details, wie zum Beispiel welche Familie die Ehre haben sollte den Admiral der Westflotte zu ersetzen, oder welche Händler genau man darum bitten würde die Truppen im Norden zu versorgen.
Als man sich endlich halbwegs geeinigt hatte wurde der Kriegsrat beendet und alle verließen das Zimmer, Naruz als einer der letzten. Auf dem Weg zurück zur Villa hatte er die ganze Zeit ein leichtes Lächeln im Gesicht, und freute sich bereits auf den Tag, an dem die Inquisition Silberblatt für schuldig befand und er auf einem hübschen Scheiterhaufen brennen würde.



Ungefähr zur selben Zeit als der Kriegsrat zu Ende ging, gab es im Labor von Dârthallion unter der Akademie von Vanaheim eine lautes Knallen und einen ebenso lauten, spitzen Schrei. Beides war von der Assistentin des Professors verursacht worden, Cora, welche nun rücklings auf dem Boden lag und mit vor Zorn rotem Gesicht die Decke des Labors anstarrte.
„Du verdammtes, dreckiges Mistding... weigerst dich meinen Befehlen zu folgen.“ grummelte sie vor sich hin, während sie aufstand und auf einen Gegenstand in der Mitte des Labors zuging. Dabei handelte es sich um die Kopie des Würfels der Gaia welche Dârthallion aus Demarech geborgen hatte. Vor zwei Tagen erhielt sie endlich die Erlaubnis von ihm ebenfalls mit der Kopie zu experimentieren, und sie für ihre Forschungen zu nutzen. Cora war so stolz wie noch nie zuvor gewesen, weil der Professor sie endlich für gut und würdig genug hielt einen der kompliziertesten, magischen Gegenstände in der gesamten Welt zu benutzen. Gleichermaßen fühlte sie sich auch so frustriert wie nie zuvor, weil sie einfach nicht voran kam und es ihr nicht gelingen wollte den Würfel ihrem Willen zu unterwerfen und seine Macht richtig zu nutzen.
In letzter Zeit hatte sie sich noch mehr in ihre Experimente hineingesteigert als sonst, seit knapp drei Tagen aß sie kaum noch und schlief nur noch vier oder fünf Stunden. Den Rest ihrer Zeit verbrachte sie damit wie eine Besessene an ihren Forschungen zu arbeiten.
„Ich schwöre dir, wenn du nicht bald machst was ich dir sage wird das böse für dich enden!“ zischte sie den Würfel an, ehe sie ihren Blick an sich herunter wandern ließ und seufzte. Die kleine Explosion von eben hatte das Hemd welches sie trug vollkommen zerfetzt und verdreckt, so sehr dass sie stark bezweifelte es noch retten zu können. „Wir reden noch einmal miteinander wenn ich mich umgezogen habe.“ murmelte sie an den Würfel gewandt, ehe sie sich umdrehte und in Richtung Bett und Kleiderschrank ging. Wütend vor sich hin murmelnd zog sie sich das zerfetzte Hemd aus und schleuderte es in eine Ecke, dicht gefolgt von ihrem kurzen Rock der ebenfalls einiges an Schaden davongetragen hatte.
Es war unglaublich wie viel Energie in einer bloßen Kopie des Würfels steckte, und wie schwer es dadurch bereits war ihn zu benutzen. Cora wollte sich gar nicht erst vorstellen wie es sein musste mit dem Original zu arbeiten.
Grundsätzlich änderte sich nicht viel an ihren Experimenten, sie versuchte sich noch immer darin Homunkuli für den Kampf zu erschaffen und veränderte auch nicht wirklich viel an der Vorgehensweise, außer dass sie die Energien des Würfels nutzte, um die Homunkuli stärker, schneller und rundherum besser zu machen. Außerdem dürfte es möglich sein den Kreaturen mehr Fähigkeiten zu verleihen, wenn man so viel Magie zur Verfügung hatte.
„Habe ich also doch richtig gehört, es scheint eine kleine Explosion gegeben zu haben.“ ertönte auf einmal die Stimme von Dârthallion hinter Cora, woraufhin diese zusammenzuckte und sich umdrehte.
„Ähm... Hallo, Professor. Wie geht es Euch?“ fragte sie und trat nervös von einem Bein aufs andere. Sie mochte es nicht wenn der Professor sie sah, wenn gerade eines ihrer Experimente fehlgeschlagen war, sie kam sich dann immer so unendlich dumm und unfähig vor, dass sie sich wünschte im Erdboden versinken zu können.
„Besser, jetzt wo ich dich sehe.“ meinte Dârthallion lächelnd und beugte sich vor um Cora zu küssen, wobei er seine Hände an ihre Hüften legte. „Es ist wirklich anstrengend sich mit Maja herumzuschlagen.“ sagte er, nachdem er seine Lippen von denen der Assistentin gelöst hatte. „Du ahnst gar nicht wie viel Stress die Dämonen machen.“ fügte er hinzu während er seinen Blick belustigt über den Körper des Mädchens wandern ließ. Sie trug nichts weiter als knappe, weiße Unterwäsche und lange, blaue Seidenstrümpfe die ihr bis zu den Oberschenkeln gingen. „Wie ich sehe haben die Zauber funktioniert.“ sagte er und strich mit einer Hand über Coras linken Oberschenkel, wobei seine Finger zur Innenseite wanderten und Cora leicht erschaudern ließen.
„J-ja.“ sagte sie, nachdem sie sich kurz gesammelt hatte und strahlte über das ganze Gesicht. „Als nächstes werde ich versuchen sie auf meine Hemden und Westen zu übertragen, danach auf die Haut der Homunkuli. Wenn alles klappt wird es dafür sorgen dass wir überhaupt keine Rüstungen mehr brauchen! Wir könnten einfach jeden Krieger mit diesen Zaubern belegen und ihn besser schützen als jede Stahlplatte!“ rief sie begeistert und mit unvermindertem Stolz in der Stimme.
Durchaus zurecht, wie Dârthallion neidlos zugeben musste. Sie war diejenige gewesen die diese Schutzzauber entdeckt und zum ersten mal verwendet hatte. Gut, der Professor war vielleicht nicht ganz neidlos, es ärgerte ihn tatsächlich ein wenig dass er nicht auf die Idee gekommen war, aber zu sehen wie sehr Cora sich über ihren Erfolg freute war es dann doch wert.
„Du hast dich in den letzten Wochen wirklich sehr gesteigert, Cora. Deswegen werde ich dich als meine Assistentin entlassen... und dich dafür zu meiner Partnerin machen. Was sagst du dazu?“ fragte Dârthallion und lächelte als er die großen, strahlenden Augen des Mädchens sah.
„M-meint Ihr das wirklich ernst, Professor?“ hauchte sie ungläubig und der Alfar nickte.
„Aber natürlich, du bist eine gute Forscherin geworden, besser als viele Alfar die Jahre unter mir studiert haben, du bist ein Naturtalent. Es ist nur richtig, wenn ich dich als ebenbürtig ansehe, findest du nicht auch?“
„I-ich... danke.“ flüsterte Cora, lächelte und presste ihr Gesicht gegen den Brustkorb des Alfar.
„Es gibt nichts zu danken, Cora. Es ist ganz alleine dein Verdienst. Allerdings habe ich eine Bedingung, wenn wir Partner sind ist es nur angebracht dass du mich nicht länger mit 'Professor' anredest, sondern mit 'Dârthallion', verstanden?“
„Ich bin mir nicht sicher ob ich das machen kann...“ begann Cora zögerlich „... aber ich werde es versuchen.“
„Sehr gut, mehr wollte ich gar nicht.“ meinte der Professor und küsste Cora erneut, während er sie zum Bett geleitete und sie ihr Liebesspiel begannen.

Knapp drei Stunden später lagen die beiden nebeneinander im Bett und der Professor fuhr Cora mit einem Grinsen im Gesicht durch die Haare. „Du stöhnst so niedlich im Bett.“ flüsterte er ihr lächelnd ins Ohr. „Ich habe dir wohl richtig gefehlt, was?“
„Ich hasse dich.“ murmelte Cora leise nachdem sie sich sein Sperma aus dem Gesicht gewischt hatte, lächelte dabei jedoch und schmiegte sich eng an den Professor.
„Das würde mich sehr erschüttern, ich habe noch nie jemanden so sehr geliebt wie dich.“ flüsterte Dârthallion ihr ins Ohr, woraufhin Cora schlagartig rot anlief und versuchte ihr Gesicht zu verstecken indem sie es gegen die nackte Brust des Alfar drückte. „Übrigens... wir werden zusammenpacken müssen.“ sagte er nach einer Weile und strich dem Mädchen durch die kurzen Haare.
„Was? Wieso denn?“ fragte Cora verwirrt.
„Sagen wir es so, ich habe mich ein wenig mit Erica Bladelli unterhalten und bin zu dem Schluss gekommen dass wir weitaus größere Fortschritte erzielen würden, wenn wir unser Labor bei ihr aufschlagen.“ flüsterte der Professor mit ernster Miene. „Wir werden von hier verschwinden und nur das wichtigste mitnehmen... unter anderem die Kopie des Würfels.“
„Du willst den Schattenritter verraten?!“ fragte Cora ungläubig und musste sich Mühe geben ihre Stimme nicht zu laut werden zu lassen.
„Sagen wir ich würde es bevorzugen mit jemandem zusammenzuarbeiten der mir wirklich helfen kann bei meinen Forschungen.“ sagte Dârthallion und zwinkerte Cora zu. „Wirst du mich begleiten?“
„Natürlich!“ sagte Cora sofort und nickte heftig. „Ich werde dich überall hin begleiten, Dârthallion, und wenn es in die Tiefen Pandämoniums ist! Ich werde immer an deiner Seite stehen!“ rief sie enthusiastisch, ehe ihr aufging was sie da gerade gesagt hatte und ihr Gesicht wieder versteckte.
„Das freut mich.“ sagte der Professor und lachte leise. „Lass uns aber hoffen, dass unsere Reise uns nicht ganz so weit weg führt, ich für meinen Teil kann gut darauf verzichten den Rest meines Lebens irgendeinem Dämon zu dienen...“



„Oh bei Gaias heiligem Licht! Das kann doch verdammt nochmal nicht wahr sein!“ rief Salvatore genervt und hielt sein Pferd an. Er, Nikodemus, Mizore, Morrigan und Flower waren vor knapp drei Tagen zu Pferd aus Skandia aufgebrochen, um so schnell wie möglich nach Navea zu gelangen und dort mit Naruz zu reden. Vor einem Tag hatte die Môrkalfar dann von ihnen getrennt, angeblich um 'Verbündete' zu holen. Salvatore wollte ihr nicht wirklich trauen, aber Mizore und Nikodemus waren anderer Meinung, weshalb er sie hatte gehen lassen ohne weitere Fragen zu stellen.
Sie hatten gerade eine Kreuzung erreicht, von der aus Wege nach Navea und Helonia führten, und hier erwartete sie ein alter Bekannter, auf dessen Anwesenheit Salvatore getrost verzichten konnte. „Was machst du denn hier?!“ fauchte der Doni die Gestalt an, welche ihn und die anderen von einem großen Stein aus überheblich anlächelte.
„Habt ihr mich schon vermisst?“ fragte Azrael, spreizte seine Flügel und sprang vom Stein, wodurch er direkt vor der Gruppe landete. Salvatore, Mizore und Nikodemus waren bereits abgestiegen und hatten ihre Waffen gezogen, in Salvatores Fall einen Speer den er in Skandia gekauft hatte, und richteten diese drohend auf den Todesengel.
„Shirayuki, pass auf Flower auf.“ sagte Mizore, ohne den Blick von Azrael zu nehmen und spuckte den Lutscher aus, den sie wie immer im Mund hatte.
„Wird gemacht!“ rief das Eidolon, welches wie aus dem Nichts erschienen war und sich jetzt neben Flowers Pferd stellte.
„Ich dachte wir haben uns darauf geeinigt dass du uns in Ruhe lässt.“ knurrte Salvatore den Engel an.
„Falsch, wir haben uns darauf geeinigt dass ich aus der Höhle verschwinde, davon euch in Ruhe zu lassen war nie die Rede... und ich habe dir auch gesagt dass du sterben wirst, wenn wir uns das nächste mal begegnen und nicht auf heiligem Boden befinden. Aber gut, genug geredet, lass uns anfangen.“ sagte Azrael und stürmte auf die Gruppe zu. Seine Sense schwang durch die Luft und zielte direkt auf Nikodemus' Kopf. Der Templer konnte seinen Zweihänder nicht schnell genug heben um den Schlag abzuwehren, aber zu seinem Glück erschien eine Wand aus Eis zwischen ihm und der Waffe, welche den Angriff abfing.
Mizore, welche für die Eiswand verantwortlich war, nutzte die Möglichkeit aus und ging sofort zum Angriff über, ein schneller Schwung mit ihrem Schwert sollte dem Engel die Brust aufschlitzen, Azrael konnte jedoch geradeso ausweichen und entkam sogar dem Stich, welcher dem ersten Angriff folgte. Zeitgleich parierte er mit der Klinge seiner Sense einen Angriff von Salvatores Speer und verursachte mit seiner freien Hand einen gewaltigen Windstoß der die zwei Marionetten des Doni die ihn im Nahkampf angriffen zurückwarf und den Armbrustbolzen abwehrte, welchen die dritte verschossen hatte.
Dann löste er sich mit einer schnellen Drehung von seinen Gegnern und hielt seine Sense hoch in die Luft. Salvatore starrte auf die Klinge der Waffe, und konnte sich urplötzlich nicht mehr rühren. Seine Beine und Arme schienen vollkommen steif zu sein und ließen sich nicht mehr bewegen, weswegen er nicht reagieren konnte, als die Sense auf ihn zuraste um ihn in der Mitte zu teilen.
Beinahe gleichzeitig sprangen Nikodemus und die Marionette von Est in den Weg, um den Angriff mit ihren schweren Zweihändern abzublocken. Der Aufprall der Waffen verursachte jedoch einen starken Windstoß, welcher Nikodemus, Est und Salvatore mehrere Schritte nach hinten schleuderte, wodurch sich Mizore und Azrael alleine gegenüberstanden.
„Was war das?“ murmelte Nikodemus während er sich langsam aufrichtete und zusah wie Mizore und Azrael sich umkreisten.
„Irgendein Illusionszauber, denke ich... er hat mich jedenfalls ziemlich in seinen Bann gezogen.“ sagte Salvatore und schüttelte den Kopf.
„Ich habe gehört du bist eine fähige Schwertkämpferin, ich würde mich gerne selber davon überzeugen.“ sagte Azrael an Mizore gewandt, und noch ehe sie, oder einer der anderen etwas sagen konnte, ging er zum Angriff über. Seine Sense zielte direkt auf Mizores Hals, welche sich tief duckte und dem Schlag damit entging, dafür bekam sie jedoch einen Tritt ab der sie nach hinten taumeln und auf dem Boden landen ließ, im nächsten Augenblick war auch wieder die Sense heran und hätte sie durchbohrt, wenn Mizore nicht Durendal rechtzeitig hochgerissen hätte um den Schlag abzuwehren. Schnell benutzte sie die Magie ihres Schwerts um riesige Eiszapfen aus dem Boden auf den Engel schießen zu lassen, wodurch dieser nach hinten sprang und damit direkt in ein Kreuzfeuer der Marionetten geriet, welche ihre Arme aufgeklappt hatten aus denen nun dutzende, giftiger Nadeln schossen, aus dem Mund der größten Marionette ragte sogar eine Art Pistole und feuerte ein Schrapnell auf den Engel.
Aber nicht eines der Geschosse erreichte Azrael, der Todesengel stieß mit seiner Sense auf den Boden und verursachte damit einen kleinen Wirbelwind, der sämtliche Projektile anhielt und um sich herum zu Boden fallen ließ.

Plötzlich ließ Salvatore ein genervtes Seufzen hören, und im nächsten Augenblick erschienen ein Dutzend magischer Lichtschwerter um Azrael herum und versuchten ihn zu durchbohren. Während der Todesengel damit beschäftigt war den Waffen auszuweichen und dabei gezwungen war etwas aufzuführen was wie ein kleiner Tanz aussah, richtete Mizore ihren Blick stirnrunzelnd auf Salvatore.
„Du kannst das Gebet der Heiligen Schwerter benutzen? Ohne es aufzusagen?“
„Nicht jetzt, ja?“ murmelte Salvatore und verfluchte den Engel innerlich dafür ihn dazu gezwungen zu haben ernsthaft zu kämpfen.
Azrael hatte es währenddessen geschafft sämtlichen Schwertern zu entkommen und hielt erneut seine Sense in die Höhe, woraufhin alle Anwesenden schnell den Blick abwandten, um nicht wieder durch den Seltsamen Zauber gefangen zu werden. Damit schien der Engel jedoch gerechnet zu haben, denn er verursachte einen erneuten Wirbelsturm der alle Mitglieder der Gruppe erfasste und sie nach hinten warf, dann stand er plötzlich vor Mizore und schlug mit seiner Sense zu.
Die Schwerttänzerin und Shirayuki ließen gleichzeitig einen lauten, schmerzerfüllten Schrei hören und gingen beide in die Knie. Eine große Wunde zog sich quer über den Oberkörper der Schwerttänzerin und das Blut floss unaufhaltsam aus ihr heraus.
„Tut mir leid dass es so enden musste.“ sagte Azrael und schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich mag dich, jemand der Süßigkeiten mag kann gar kein schlechter Mensch sein... aber na ja, ein Auftrag ist ein Auftrag.“ sagte er und schlug erneut zu.
Sehr zu seiner Überraschung gelang es Mizore jedoch den Schlag zu parieren und eine Eissäule aus dem Boden wachsen zu lassen, welche Azrael direkt an der Brust traf und ihn zurückstieß.
„Ich bin noch nicht tot!“ zischte Mizore, während sie ihre Magie nutzte um ihre Wunde ein wenig zu schließen und die Blutung halbwegs zu stoppen.
„Alles in Ordnung, Mizore?“ fragte Salvatore und trat an ihre Seite.
„Nicht wirklich... aber es wird eine Weile gehen.“ murmelte die Schwerttänzerin.
„Wir müssen uns etwas einfallen lassen.“ warf Nikodemus ein. „Kann irgendjemand etwas gegen diesen magischen Wirbelsturm unternehmen?“
„Keine Ahnung, ich weiß nicht einmal wirklich wie er funktioniert.“ meinte Salvatore und zuckte mit den Schultern. Dann griff Azrael auch schon wieder an und beendete das Gespräch. Salvatore parierte den ersten Schlag der Sense und wurde dadurch wieder ein paar Schritte davon geschleudert, Nikodemus bekam gleich direkt einen Windangriff des Engels ab, ebenso wie die drei Marionetten, die versucht hatten Azrael von hinten anzugreifen.
Erneut standen Azrael und Mizore sich alleine gegenüber, und Mizore wusste dass sie unterlegen war. Es gab vielleicht eine Möglichkeit für sie zu gewinnen... aber dafür brauchte sie höchste Konzentration. Also schloss Mizore die Augen und atmete tief ein und aus.
„Was wird das? Hast du aufgegeben?“ fragte Azrael amüsiert, wartete jedoch nicht auf eine Antwort sondern ging zum Angriff über.
Als er den ersten Schritt auf Mizore zu tat öffnete diese urplötzlich die Augen. Zwei weitere Schritte des Engels und sie trat einen vor, noch ein Schritt von Azrael... und Mizore schlug mit ihrem Schwert zu. Für jeden Anwesenden war es ein einziger, gewöhnlicher Schlag gewesen, für jeden außer Mizore und Azrael. Die beiden kamen hintereinander zu stehen, beinahe Rücken an Rücken und beide atmeten schwer, während Shirayuki erneut einen Schrei hören ließ und ohnmächtig umfiel.
Erst schien es so als wenn nichts passiert wäre, dann bemerkte Nikodemus jedoch vier längliche Schnitte, die über den Oberkörper und linken Arm des Engels gingen und seine Rüstung regelrecht zerfetzt hatten.
Ohne ein Wort ging Azrael plötzlich in die Knie, stützte sich dabei auf seine Sense und fing an zu lachen, während das Blut aus seinen Schnitten quoll. „Unglaublich... einfach unglaublich!“ rief er, schüttelte den Kopf und richtete seinen Blick auf Mizore, die hinter ihm ebenfalls in die Knie gegangen war. „Ich habe von Yozora gehört, die es geschafft hat drei Schläge und Stiche so auszuführen, dass sie wie einer aussehen... aber sieben? Das ist wirklich... eine gute Leistung.“ sagte er schwer atmend und richtete sich langsam auf. Mizore hingegen ließ ihr Schwert fallen, und sackte in sich zusammen. Sie schaffte es geradeso sich auf den Rücken zu drehen und da erst bemerkten alle anderen dass sich ein zweiter, tiefer Schnitt auf dem Oberkörper der Schwerttänzerin zeigte und zusammen mit der anderen Wunde eine Art 'X' bildete.
„Du bist... ein Monster...“ murmelte Mizore schwach, woraufhin der Engel erneut lachte. Sie hatte das unmögliche vollbracht, etwas wovon ihre Meister immer sagten dass niemand es schaffen konnte. Sieben Schwertstreiche, welche für das Auge aller Menschen wie ein einzelner aussahen. Aber Azrael hatte es nicht nur geschafft sie zu sehen und drei von ihnen zu parieren, er hatte es außerdem geschafft einen Gegenangriff zu starten, und Mizore schwerer zu verletzen als sie ihn.
„Mag sein, aber wenn ich ein Monster bin, dann bist du verdammt nahe dran eines zu werden.“ sagte Azrael kopfschüttelnd, und zur Überraschung aller Anwesenden beugte er sich über Mizore und verschloss ihre Wunden, ehe er die seinen heilte. „Ich finde das war genug Kampf für heute.“ sagte er und streckte sich. „Meine Aufgabe wurde erfüllt, ich habe euch lange genug aufgehalten.“ meinte er dann und lächelte. „Ihr werdet den Paladin nicht mehr in Navea vorfinden.“ fügte er hinzu.
„Was? Was soll das heißen?“ fragte Salvatore, erhielt jedoch nur ein Kopfschütteln als Antwort.
„Das spielt keine Rolle... viel wichtiger ist meine Frage, willst du den Ewigen Prinzen aufhalten?“
„Wie bitte?“
„Beantworte einfach die Frage... der Maou, willst du den Maou aufhalten?“
„Will Naruz gerne einen Paizuri haben? Natürlich will ich den Maou aufhalten!“
„Sehr gut, dann wirst du Hilfe brauchen.“ sagte der Engel und warf Salvatore eine Schriftrolle zu, welche dieser verdutzt auffing.
„Was soll das sein?“
„Lies es einfach sobald ihr in Sicherheit seid und eure Ruhe habt, darin wird alles erklärt, zumindest das wichtigste. Vorerst lass dir nur gesagt sein, dass ich dem Ewigen Prinzen zwar dienen muss, aber nicht sonderlich begeistert von ihm bin.“ mit diesen Worten schwang Azrael sich in die Lüfte und flog davon, während die Gruppe um Salvatore, Nikodemus, Mizore und Flower vollkommen verwirrt zurückblieb.
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Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
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Die Goldene Faust, Thera AAR
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